Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 SF 4235/15 E
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Vergütung des Antragstellers wird auf 591,70 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
In dem beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg geführten Berufungsverfahren L 9 R 3248/14 streiten die Beteiligten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Mit gerichtlicher Verfügung vom 17.02.2015 wurde der Antragsteller gemäß § 118 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz in Verbindung mit §§ 402 ff. Zivilprozessordnung zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und um die Erstattung eines Gutachtens auf Grund ambulanter Untersuchung der Klägerin gebeten. Nachdem die Klägerin sich zunächst geweigert hatte, sich einer Begutachtung durch den Antragsteller zu unterziehen, hob das Gericht den Gutachtensauftrag auf. In der Folge erklärte die Klägerin dann aber doch, für eine Begutachtung zur Verfügung zu stehen. Der Antragsteller wurde mit gerichtlicher Verfügung vom 16.04.2015 deshalb erneut mit der Erstattung eines Gutachtens über die Klägerin beauftragt. Dieser bestellte die Klägerin für den 18.06.2015 zur Untersuchung ein. Am 17.06.2015 teilte der Lebensgefährte der Klägerin dem Antragsteller mit, die Klägerin habe einen Suizidversuch unternommen und könne deshalb nicht zur Untersuchung erscheinen. Mit an den Antragsteller gerichteten Schreiben vom 31.08.2015 hob das Gericht den Gutachtensauftrag (erneut) auf.
Mit Schreiben vom 09.09.2015 hat der Antragsteller eine Vergütung in Höhe von 948,70 EUR in Rechnung gestellt. Abgerechnet hat er dabei vier Stunden zu je 75,00 EUR für "Terminfreihaltung am 18.06.2015", 6,5 Stunden zu je 75,00 EUR für Aktenstudium mit Diktat der Aktenlage und 9,73 EUR für Portoauslagen. Die Kostenbeamtin hat die Vergütung mit Schreiben vom 18.09.2015 auf 591,70 EUR herabgesetzt. Hierbei hat sie abweichend vom Antrag des Klägers nur den geltend gemachten Zeitaufwand von 6,5 Stunden für das Aktenstudium mit Diktat der Aktenlage, nicht aber die in der Rechnung veranschlagten vier Stunden für Terminfreihaltung berücksichtigt. Für die Terminfreihaltung könne keine Entschädigung gewährt werden. Angesichts der rechtzeitig am Vortag erfolgten Absage sei es möglich gewesen, die für den Begutachtungstermin angesetzten vier Stunden anderweitig zu nutzen.
Mit Schreiben vom 21.09.2015, beim LSG eingegangen am 23.09.2015, hat der Antragsteller um Überprüfung gebeten. Er habe für die Begutachtung der Klägerin ein Zeitfenster von vier Stunden freigehalten. Bei einer Absage am Vortag der geplanten Untersuchung sei es ihm unmöglich, noch Behandlungstermine für Patienten zu vergeben. Auch andere Begutachtungstermine könnten derart kurzfristig nicht anberaumt werden. Die für die Begutachtung der Klägerin vorgesehenen vier Stunden hätten von ihm zwar anderweitig genutzt werden können, damit sei jedoch keinerlei geschäftlicher Vorteil verbunden gewesen.
Die Kostenbeamtin hat dem Antrag nicht abgeholfen und die Sache dem Kostensenat vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.
II.
Über den Antrag auf richterliche Festsetzung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG entscheidet der Senat nach § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG durch den Berichterstatter; Gründe für eine Übertragung des Verfahrens auf den Senat liegen nicht vor.
Die Vergütung des Antragstellers ist auf 591,70 EUR festzusetzen.
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Kostenfestsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung hinfällig wird. Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Kostenfestsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (Bayerisches LSG, Beschluss vom 08.05.2014 – L 15 SF 42/12 – m.w.N.; Beschluss des erkennenden Senats vom 28.05.2015 – L 12 SF 1072/14 E – beide in juris).
Die Entschädigung ist im vorliegenden Fall nach Maßgabe des JVEG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz [2. KostRMoG]) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) festzusetzen. Nach der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG finden hier die Regelungen des JVEG in der ab dem 01.08.2013 geltenden Fassung Anwendung, denn der Antragsteller ist nach dem Inkrafttreten des 2. KostRMoG am 01.08.2013 (vgl. Art. 55 des 2. KostRMoG) herangezogen worden.
Grundlage des hier zu beurteilenden Vergütungsanspruchs sind die §§ 8 ff. JVEG. Handelt es sich wie hier um ein Zeithonorar nach § 9 Abs. 1 JVEG, hat der Sachverständige in der Kostenrechnung anzugeben, welcher Zeitaufwand für die Erbringung der Leistung notwendig war. Das JVEG sieht im Grundsatz keine Begrenzung der für eine Leistung benötigten Zeit vor. Eine Vergütung wird allerdings nur für die "erforderliche" und nicht für die tatsächlich aufgewendete Zeit gewährt, § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG. Die "erforderliche" Zeit ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen (Beschluss des erkennenden Senats vom 14.01.2014 – L 12 KO 4491/12 B – juris m.w.N.). Erforderlich ist die Zeit, die bei sachgerechter Abwägung von erfahrenen Sachverständigen in durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt wird. Hierbei geht die Rechtsprechung vielfach von Erfahrungssätzen aus, die aus einer Vielzahl von Gutachten ermittelt worden sind und die im Interesse einer Gleichbehandlung aller Sachverständigen notwendige objektive Beurteilung ermöglichen. Hieraus leitet sich auch die Kompetenz zur Überprüfung von Entschädigungsansprüchen ab, die mithin mit keinerlei Wertung hinsichtlich der Gutachten und ihrer Bearbeitung verbunden ist.
Grundsätzlich ist von der Richtigkeit der Angaben eines Sachverständigen zu seinem tatsächlichen Zeitaufwand auszugehen. Die Überprüfung zur Ermittlung der nach dem JVEG nur vergütungsfähigen erforderlichen Zeit erfolgt in der Regel mittels der vom Senat entwickelten Plausibilitätskriterien (grundlegend Beschluss des Senats vom 22.09.2004 - L 12 RJ 3686/04 KO-A - MedR 2006, 118, sowie in juris).
Zusammenfassend gestaltet sich die kostenrechtliche Prüfung demnach so, dass in einem ersten Schritt im Rahmen der Plausibilitätsprüfung des Gutachten und seine einzelnen Teile auf sogenannte Standardseiten mit 2700 Anschlägen je Seite umgerechnet wird und anhand von Erfahrungswerten (Blätter je Stunde im Falle der Aktendurchsicht bzw. Seiten je Stunde) für die jeweilige Tätigkeit (Aktendurchsicht, Diktat von Anamnese und Befunden, Beurteilung einschließlich Beantwortung der Beweisfragen, Korrektur) ein Zeitaufwand ermittelt wird, der im Falle eines Routinegutachtens zu erwarten ist. Überschreitet der Sachverständige mit seinem geltend gemachten Zeitaufwand das Ergebnis dieser Plausibilitätsprüfung (mehr als geringfügig, d. h. um mehr als 10 %), ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sich - insbesondere aus dem Gutachten selbst unter Berücksichtigung des tatsächlichen Zeitaufwandes und gegebenenfalls vom Sachverständigen dargelegter Umstände - Hinweise ergeben, die eine Abweichung vom Ergebnis der Plausibilitätsprüfung rechtfertigen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Sachverständige eine Kostenrechnung vorlegt, anhand derer eine solche Prüfung vorgenommen werden kann. Dies ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn der Sachverständige zum einen seinen tatsächlichen Zeitaufwand angibt und zum anderen - jedenfalls bei Routinegutachten ohne Besonderheiten - die Kostenrechnung entsprechend den Vorgaben verfasst, wie sie der Senat in seiner Rechtsprechung entwickelt hat und wie sie dem Sachverständigen im Hinweisblatt zusammen mit dem Gutachtensauftrag mitgeteilt worden sind, also insbesondere gegliedert nach den Arbeitsschritten: Aktendurchsicht einschließlich Diktat der Aktenlage; Untersuchung (gegebenenfalls einschließlich Diktat von Anamnese und Befunden); Diktat von Anamnese und Befunden (soweit nicht während der Untersuchung diktiert); Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen einschließlich Diktat; Korrektur (siehe zu dieser Aufteilung Beschluss des Senats vom 22.09.2004, a.a.O.).
Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist im Fall des Antragstellers für die Aktendurchsicht einschließlich Diktat des für das Gutachten erforderlichen Akteninhalts eine Zeitaufwand von 6,5 Stunden zu berücksichtigen. Dies entspricht im Grundsatz der Rechtsprechung des Senats (vgl. dazu grundlegend Senatsbeschluss vom 14.01.2014 – L 12 KO 4491/12 B – juris m.w.N.). Dass die Kostenbeamtin hier zusätzlich einen "Anpassungsbedarf" gesehen hat, weil in den übersandten Akten neben umfangreichen medizinischen Unterlagen drei Vorgutachten enthalten waren, die es zu berücksichtigen galt, ist nicht zu beanstanden. Der Senat hält diese Erwägungen für zutreffend und setzt deshalb ebenfalls 6,5 Stunden an, was im Ergebnis dem Ansatz des Antragstellers entspricht.
Nicht zu folgen ist dem Antragsteller jedoch insoweit, als er für die Freihaltung des Termins zur Untersuchung der Klägerin einen Zeitaufwand von weiteren vier Stunden in Rechnung gestellt hat. Für die Berücksichtigung eines solchen Zeitaufwandes fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG wird, soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, dieses für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt. Erforderlich bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die aufgewendete Zeit notwendig für die Erstattung des Gutachtens verwendet worden sein muss. Kommt es – wie hier – aus vom Sachverständigen nicht zu vertretenden Gründen nicht mehr zur Erstattung oder Fertigstellung des Gutachtens, hat der Sachverständigte gleichwohl noch einen Anspruch auf die Vergütung bereits erbrachter Vorbereitungs- und Teilarbeiten (Thüringer LSG, Beschluss vom 24.08.2009 – L 6 B 248/08 SF – NZS 2010, 588). Nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG gehören zum erforderlichen Zeitaufwand insoweit auch notwendige Wartezeiten. Demgegenüber kann der Sachverständige aber keine Vergütung für Leistungen verlangen, die er (zur Erstattung des Gutachtens) tatsächlich gar nicht mehr erbracht hat bzw. nicht mehr erbringen konnte. Eine solche Vergütung für entgangenen Gewinn oder Verdienstausfall sieht das Gesetz nicht vor. Dies gilt auch dann, wenn der Sachverständige wegen der beabsichtigten Leistungserbringung im Rahmen eines gerichtlichen Auftrags die restliche Tages- bzw. Arbeitszeit nicht mehr sinnvoll nutzen kann (Meyer/Bach/Höver, JVEG, 26. Auflage 2014, § 8 Rn. 18).
Im Ergebnis bleibt es deshalb bei einem Zeitaufwand von 6,5 Stunden (zur Rundung vgl. § 8 Abs. 2 Satz 2 JVEG). Unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 75,00 EUR, den die Kostenbeamtin hier zu Recht angesetzt hat, errechnet sich ein Zeithonorar von 487,50 EUR. Hinzu kommen die Portoauslagen (9,37 EUR) in der beantragten und von der Kostenbeamtin zutreffend festgesetzten Höhe. Die Vergütung ist somit insgesamt auf 591,70 EUR festzusetzen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei, außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Gründe:
I.
In dem beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg geführten Berufungsverfahren L 9 R 3248/14 streiten die Beteiligten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Mit gerichtlicher Verfügung vom 17.02.2015 wurde der Antragsteller gemäß § 118 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz in Verbindung mit §§ 402 ff. Zivilprozessordnung zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und um die Erstattung eines Gutachtens auf Grund ambulanter Untersuchung der Klägerin gebeten. Nachdem die Klägerin sich zunächst geweigert hatte, sich einer Begutachtung durch den Antragsteller zu unterziehen, hob das Gericht den Gutachtensauftrag auf. In der Folge erklärte die Klägerin dann aber doch, für eine Begutachtung zur Verfügung zu stehen. Der Antragsteller wurde mit gerichtlicher Verfügung vom 16.04.2015 deshalb erneut mit der Erstattung eines Gutachtens über die Klägerin beauftragt. Dieser bestellte die Klägerin für den 18.06.2015 zur Untersuchung ein. Am 17.06.2015 teilte der Lebensgefährte der Klägerin dem Antragsteller mit, die Klägerin habe einen Suizidversuch unternommen und könne deshalb nicht zur Untersuchung erscheinen. Mit an den Antragsteller gerichteten Schreiben vom 31.08.2015 hob das Gericht den Gutachtensauftrag (erneut) auf.
Mit Schreiben vom 09.09.2015 hat der Antragsteller eine Vergütung in Höhe von 948,70 EUR in Rechnung gestellt. Abgerechnet hat er dabei vier Stunden zu je 75,00 EUR für "Terminfreihaltung am 18.06.2015", 6,5 Stunden zu je 75,00 EUR für Aktenstudium mit Diktat der Aktenlage und 9,73 EUR für Portoauslagen. Die Kostenbeamtin hat die Vergütung mit Schreiben vom 18.09.2015 auf 591,70 EUR herabgesetzt. Hierbei hat sie abweichend vom Antrag des Klägers nur den geltend gemachten Zeitaufwand von 6,5 Stunden für das Aktenstudium mit Diktat der Aktenlage, nicht aber die in der Rechnung veranschlagten vier Stunden für Terminfreihaltung berücksichtigt. Für die Terminfreihaltung könne keine Entschädigung gewährt werden. Angesichts der rechtzeitig am Vortag erfolgten Absage sei es möglich gewesen, die für den Begutachtungstermin angesetzten vier Stunden anderweitig zu nutzen.
Mit Schreiben vom 21.09.2015, beim LSG eingegangen am 23.09.2015, hat der Antragsteller um Überprüfung gebeten. Er habe für die Begutachtung der Klägerin ein Zeitfenster von vier Stunden freigehalten. Bei einer Absage am Vortag der geplanten Untersuchung sei es ihm unmöglich, noch Behandlungstermine für Patienten zu vergeben. Auch andere Begutachtungstermine könnten derart kurzfristig nicht anberaumt werden. Die für die Begutachtung der Klägerin vorgesehenen vier Stunden hätten von ihm zwar anderweitig genutzt werden können, damit sei jedoch keinerlei geschäftlicher Vorteil verbunden gewesen.
Die Kostenbeamtin hat dem Antrag nicht abgeholfen und die Sache dem Kostensenat vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.
II.
Über den Antrag auf richterliche Festsetzung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG entscheidet der Senat nach § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG durch den Berichterstatter; Gründe für eine Übertragung des Verfahrens auf den Senat liegen nicht vor.
Die Vergütung des Antragstellers ist auf 591,70 EUR festzusetzen.
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Kostenfestsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung hinfällig wird. Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Kostenfestsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (Bayerisches LSG, Beschluss vom 08.05.2014 – L 15 SF 42/12 – m.w.N.; Beschluss des erkennenden Senats vom 28.05.2015 – L 12 SF 1072/14 E – beide in juris).
Die Entschädigung ist im vorliegenden Fall nach Maßgabe des JVEG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz [2. KostRMoG]) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) festzusetzen. Nach der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG finden hier die Regelungen des JVEG in der ab dem 01.08.2013 geltenden Fassung Anwendung, denn der Antragsteller ist nach dem Inkrafttreten des 2. KostRMoG am 01.08.2013 (vgl. Art. 55 des 2. KostRMoG) herangezogen worden.
Grundlage des hier zu beurteilenden Vergütungsanspruchs sind die §§ 8 ff. JVEG. Handelt es sich wie hier um ein Zeithonorar nach § 9 Abs. 1 JVEG, hat der Sachverständige in der Kostenrechnung anzugeben, welcher Zeitaufwand für die Erbringung der Leistung notwendig war. Das JVEG sieht im Grundsatz keine Begrenzung der für eine Leistung benötigten Zeit vor. Eine Vergütung wird allerdings nur für die "erforderliche" und nicht für die tatsächlich aufgewendete Zeit gewährt, § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG. Die "erforderliche" Zeit ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen (Beschluss des erkennenden Senats vom 14.01.2014 – L 12 KO 4491/12 B – juris m.w.N.). Erforderlich ist die Zeit, die bei sachgerechter Abwägung von erfahrenen Sachverständigen in durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt wird. Hierbei geht die Rechtsprechung vielfach von Erfahrungssätzen aus, die aus einer Vielzahl von Gutachten ermittelt worden sind und die im Interesse einer Gleichbehandlung aller Sachverständigen notwendige objektive Beurteilung ermöglichen. Hieraus leitet sich auch die Kompetenz zur Überprüfung von Entschädigungsansprüchen ab, die mithin mit keinerlei Wertung hinsichtlich der Gutachten und ihrer Bearbeitung verbunden ist.
Grundsätzlich ist von der Richtigkeit der Angaben eines Sachverständigen zu seinem tatsächlichen Zeitaufwand auszugehen. Die Überprüfung zur Ermittlung der nach dem JVEG nur vergütungsfähigen erforderlichen Zeit erfolgt in der Regel mittels der vom Senat entwickelten Plausibilitätskriterien (grundlegend Beschluss des Senats vom 22.09.2004 - L 12 RJ 3686/04 KO-A - MedR 2006, 118, sowie in juris).
Zusammenfassend gestaltet sich die kostenrechtliche Prüfung demnach so, dass in einem ersten Schritt im Rahmen der Plausibilitätsprüfung des Gutachten und seine einzelnen Teile auf sogenannte Standardseiten mit 2700 Anschlägen je Seite umgerechnet wird und anhand von Erfahrungswerten (Blätter je Stunde im Falle der Aktendurchsicht bzw. Seiten je Stunde) für die jeweilige Tätigkeit (Aktendurchsicht, Diktat von Anamnese und Befunden, Beurteilung einschließlich Beantwortung der Beweisfragen, Korrektur) ein Zeitaufwand ermittelt wird, der im Falle eines Routinegutachtens zu erwarten ist. Überschreitet der Sachverständige mit seinem geltend gemachten Zeitaufwand das Ergebnis dieser Plausibilitätsprüfung (mehr als geringfügig, d. h. um mehr als 10 %), ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sich - insbesondere aus dem Gutachten selbst unter Berücksichtigung des tatsächlichen Zeitaufwandes und gegebenenfalls vom Sachverständigen dargelegter Umstände - Hinweise ergeben, die eine Abweichung vom Ergebnis der Plausibilitätsprüfung rechtfertigen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Sachverständige eine Kostenrechnung vorlegt, anhand derer eine solche Prüfung vorgenommen werden kann. Dies ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn der Sachverständige zum einen seinen tatsächlichen Zeitaufwand angibt und zum anderen - jedenfalls bei Routinegutachten ohne Besonderheiten - die Kostenrechnung entsprechend den Vorgaben verfasst, wie sie der Senat in seiner Rechtsprechung entwickelt hat und wie sie dem Sachverständigen im Hinweisblatt zusammen mit dem Gutachtensauftrag mitgeteilt worden sind, also insbesondere gegliedert nach den Arbeitsschritten: Aktendurchsicht einschließlich Diktat der Aktenlage; Untersuchung (gegebenenfalls einschließlich Diktat von Anamnese und Befunden); Diktat von Anamnese und Befunden (soweit nicht während der Untersuchung diktiert); Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen einschließlich Diktat; Korrektur (siehe zu dieser Aufteilung Beschluss des Senats vom 22.09.2004, a.a.O.).
Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist im Fall des Antragstellers für die Aktendurchsicht einschließlich Diktat des für das Gutachten erforderlichen Akteninhalts eine Zeitaufwand von 6,5 Stunden zu berücksichtigen. Dies entspricht im Grundsatz der Rechtsprechung des Senats (vgl. dazu grundlegend Senatsbeschluss vom 14.01.2014 – L 12 KO 4491/12 B – juris m.w.N.). Dass die Kostenbeamtin hier zusätzlich einen "Anpassungsbedarf" gesehen hat, weil in den übersandten Akten neben umfangreichen medizinischen Unterlagen drei Vorgutachten enthalten waren, die es zu berücksichtigen galt, ist nicht zu beanstanden. Der Senat hält diese Erwägungen für zutreffend und setzt deshalb ebenfalls 6,5 Stunden an, was im Ergebnis dem Ansatz des Antragstellers entspricht.
Nicht zu folgen ist dem Antragsteller jedoch insoweit, als er für die Freihaltung des Termins zur Untersuchung der Klägerin einen Zeitaufwand von weiteren vier Stunden in Rechnung gestellt hat. Für die Berücksichtigung eines solchen Zeitaufwandes fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG wird, soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, dieses für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt. Erforderlich bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die aufgewendete Zeit notwendig für die Erstattung des Gutachtens verwendet worden sein muss. Kommt es – wie hier – aus vom Sachverständigen nicht zu vertretenden Gründen nicht mehr zur Erstattung oder Fertigstellung des Gutachtens, hat der Sachverständigte gleichwohl noch einen Anspruch auf die Vergütung bereits erbrachter Vorbereitungs- und Teilarbeiten (Thüringer LSG, Beschluss vom 24.08.2009 – L 6 B 248/08 SF – NZS 2010, 588). Nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG gehören zum erforderlichen Zeitaufwand insoweit auch notwendige Wartezeiten. Demgegenüber kann der Sachverständige aber keine Vergütung für Leistungen verlangen, die er (zur Erstattung des Gutachtens) tatsächlich gar nicht mehr erbracht hat bzw. nicht mehr erbringen konnte. Eine solche Vergütung für entgangenen Gewinn oder Verdienstausfall sieht das Gesetz nicht vor. Dies gilt auch dann, wenn der Sachverständige wegen der beabsichtigten Leistungserbringung im Rahmen eines gerichtlichen Auftrags die restliche Tages- bzw. Arbeitszeit nicht mehr sinnvoll nutzen kann (Meyer/Bach/Höver, JVEG, 26. Auflage 2014, § 8 Rn. 18).
Im Ergebnis bleibt es deshalb bei einem Zeitaufwand von 6,5 Stunden (zur Rundung vgl. § 8 Abs. 2 Satz 2 JVEG). Unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 75,00 EUR, den die Kostenbeamtin hier zu Recht angesetzt hat, errechnet sich ein Zeithonorar von 487,50 EUR. Hinzu kommen die Portoauslagen (9,37 EUR) in der beantragten und von der Kostenbeamtin zutreffend festgesetzten Höhe. Die Vergütung ist somit insgesamt auf 591,70 EUR festzusetzen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei, außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
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