Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 1 AL 185/13
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 192/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bei der Ablehnung eines Vergütungsantrages eines Vermittlers nach § 45 Abs. 6 SGB III handelt es sich um einen Verwaltungsakt m Sinne von § 31 Satz 1 SGB X.
2. Bei dem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein handelt es sich im Verhältnis zwischen der Bundesagentur für Arbeit und dem Arbeitsuchenden um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X.
3. Einem Vermittler steht ein Vergütungsanspruch gegen die Bundesagentur für Arbeit nicht aus dem dem Arbeitsuchenden erteilten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein zu, sondern aus einem unmittelbaren gesetzlichen Leistungsanspruch gegen die Bundesagentur für Arbeit.
4. Ein privater Arbeitsvermittler ist vom Erlass eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines nur mittelbar betroffen. Er bestitzt damit keine Anfechtungsbefugnis in Bezug auf diesen Gutschein.
5. Im Rahmen des Abrechnungsverfahrens zwischen dem Vermittler und der Bundesagentur für Arbeit können die Voraussetzungen für die Erteilung des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines selbst nicht zur Überprüfung gestellt werden.
2. Bei dem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein handelt es sich im Verhältnis zwischen der Bundesagentur für Arbeit und dem Arbeitsuchenden um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X.
3. Einem Vermittler steht ein Vergütungsanspruch gegen die Bundesagentur für Arbeit nicht aus dem dem Arbeitsuchenden erteilten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein zu, sondern aus einem unmittelbaren gesetzlichen Leistungsanspruch gegen die Bundesagentur für Arbeit.
4. Ein privater Arbeitsvermittler ist vom Erlass eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines nur mittelbar betroffen. Er bestitzt damit keine Anfechtungsbefugnis in Bezug auf diesen Gutschein.
5. Im Rahmen des Abrechnungsverfahrens zwischen dem Vermittler und der Bundesagentur für Arbeit können die Voraussetzungen für die Erteilung des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines selbst nicht zur Überprüfung gestellt werden.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. August 2013 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt die Verurteilung der Beklagten zur Auszahlung einer Vermittlungsvergütung in Höhe von 1.000,00 EUR aus einem der Beigeladenen erteilten Vermittlungsgutschein.
Am 5. November 2012 erteilte die Beklagte der Beigeladenen einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 und Abs. 7 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch (SGB III). Die Förderzusicherung für die Arbeitsvermittlung in einer versicherungspflichte Beschäftigung umfasste den Zeitraum vom 5. November 2012 bis zum 4. Februar 2013 für die Auswahl eines Arbeitsvermittlers innerhalb von 200 km um den Wohnort und für die Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung innerhalb von 200 km um den Wohnort.
Am 6. November 2012 schloss die Beigeladene mit dem Kläger einen Vermittlungsvertrag. Am 27. November 2012 schloss sie einen Arbeitsvertrag mit der Y GmbH ( P ) für die Zeit vom 27. November 2012 bis zum 26. November 2013.
Den Antrag des Klägers vom 9. Januar 2013 auf Zahlung einer Vergütung in Höhe von zunächst 1.000,00 EUR lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 4. März 2013 unter Hinweis auf die Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb der im Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein festgelegten regionalen Beschränkung ab. Den Widerspruch des Klägers vom 4. April 2013 verwarf sie mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 2013, zur Post aufgegeben am 18. April 2013, als unzulässig. Das Schreiben vom 4. März 2013 stelle keinen Verwaltungsakt dar. Eine Entscheidung über den Rechtsanspruch des Klägers sei nicht getroffen worden. Es handele sich nicht um einen Verwaltungsakt, da keine eigenständige Regelung getroffen werde. Dem Kläger werde lediglich mitgeteilt, dass die Rechnung vom 9. Januar 2013 nicht beglichen werde.
Die Klage vom 21. Mai 2013 hat das Sozialgericht mit Urteil vom 29. August 2013 abgewiesen. Die Beklagte habe im Ergebnis zu Recht den Antrag auf Auszahlung der Vermittlungsvergütung abgelehnt. Zwar handele es sich – entgegen der Ansicht der Beklagten – bei dem Schreiben vom 4. März 2013 um einen Verwaltungsakt. Die Beigeladene habe aber entgegen der Vorgaben dieses Verwaltungsaktes ihre versicherungspflichtige Beschäftigung nicht innerhalb von 200 km um den Wohnort aufgenommen. Aus §§ 652 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) i. V. m. §§ 296, 297, 45 SGB III folge, dass ein gegen die Beklagte gerichteter Zahlungsanspruch nur bestehe, wenn die Vermittlung innerhalb der Voraussetzungen des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines Erfolg habe. Der Kläger habe zur Bezahlung der Vermittlungsdienstleistung den ihm vorgelegten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein akzeptiert. Dieser sei jedoch ausdrücklich auf einen Bereich "innerhalb von 200 km um den Wohnort" regional begrenzt. Der Arbeitsort der Beigeladenen, P , liege über 400 km vom Wohnort der Beigeladenen entfernt. Die räumliche Einschränkung sei auch nicht willkürlich, da die Beigeladene bei der Arbeitssuche regionale Einschränkungen geltend gemacht habe.
Gegen das ihm am 18. September 2013 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 15. Oktober 2013. Das Sozialgericht habe es rechtsfehlerhaft als erwiesen angesehen, dass eine räumliche Einschränkung auf Betreiben der Beigeladenen erfolgt sei. Die von der Beklagten behauptete Vereinbarung, auf der die räumliche Einschränkung folgen solle, sei "keinesfalls wirksam zustande gekommen".
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. August 2013 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2013 zu verurteilen, an den Kläger eine Vermittlungsvergütung in Höhe von 1.000,00 EUR aus dem der Beigeladenen erteilten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, dass der Widerspruch des Klägers zu Recht als unzulässig verworfen worden sei. Der Vortrag des Klägers, es sei vor der erfolgreichen Vermittlung nicht von den Einschränkungen im Vermittlungsgutschein in Kenntnis gesetzt worden, werde dies bestritten. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, könne dies allenfalls einen Schadensersatzanspruch gegenüber der Beigeladenen begründen, weil diese verpflichtet gewesen sei, den Kläger über den Inhalt des Vermittlungsgutscheines zu unterrichten. Im Übrigen seien die Einschränkungen im Vermittlungsgutschein nicht willkürlich vorgenommen worden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorganges sowie der Gerichtsakte beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
1. Die Klage war zulässig. Sie war insbesondere nicht verfristet.
Gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beginnt, wenn ein Vorverfahren stattgefunden hat, mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids (vgl. § 87 Abs. 2 SGG). Der in Streit stehende Widerspruchsbescheid wurde am 18. April 2013zur Post gegeben. Nach der gesetzlichen Zugangsfiktion in § 37 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Dritter Tag im Sinne dieser Regelung war hier der 21. April 2013. Nach Maßgabe von § 64 SGG begann damit die einmonatige Klagefrist am 22. April 2013 und endete am 21. Mai 2013. An diesem Tag wurde die Klage erhoben.
2. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zwar ist der Widerspruchsbescheid vom 17. April 2013, mit der der Widerspruch als unzulässig verworfen worden ist, rechtwidrig (a). Jedoch hat der Kläger keinen Anspruch auf die Zahlung der begehrten Vermittlungsvergütung (b).
a) Der Widerspruch des Klägers gegen die Ablehnung seines Vergütungsantrages war zulässig, weil es sich bei der Antragsablehnung – entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten – um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X handelt.
Die Regelungen über die Anspruchsgrundlage für den Vergütungsanspruch eines Vermittlers, der im Rahmen eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 und Abs. 7 SGB III tätig geworden ist, finden sich in § 45 Abs. 6 SGB III. Nach § 45 Abs. 6 Satz 1 SGB III richtet sich die Vergütung nach Art und Umfang der Maßnahme und kann aufwands- oder erfolgsbezogen gestaltet sein. Die Vergütung beträgt bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung 2.000,00 EUR (vgl. § 45 Abs. 6 Satz 3 SGB III). Bei dem in § 45 Abs. 6 Satz 4 SGB III genannten Personenkreis, dem die Beigeladene nicht angehörte, kann die Vergütung auf eine Höhe von bis zu 2.500,00 EUR festgelegt werden. Die Vergütung wird in Höhe von 1.000,00 EUR nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt (vgl. § 45 Abs. 6 Satz 5 SGB III). In § 45 Abs. 6 Satz 6 SGB III ist schließlich geregelt, wann eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeschlossen ist.
§ 45 SGB III wurde zum 1. April 2012 neu geregelt (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]). Die Vorgängerregelung fand sich, soweit es den Vermittlungsgutschein betraf, in § 421g SGB III in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (zuletzt geändert durch Artikel 1 Nr. 14 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]). Diese Vorgängerregelung ging in § 45 SGB III auf (vgl. BT-Drs. 17/6277, S. 92). Die Vergütungsregelungen aus § 421g SGB III a. F. wurden in § 45 Abs. 6 SGB III übernommen (vgl. BT-Drs. 17/6277, S. 94).
Zum Vergütungsanspruch eines Vermittlers nach § 421g SGB III hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 23. Februar 2011, dass Gegenstand des Verfahrens die vom Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 und 4 SGG) geltend gemachte erste Rate der Vermittlungsvergütung sei (vgl. BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 10/10 R – juris Rdnr. 13). Bereits im Urteil vom 6. April 2006 hat es auf Grund der dortigen Verfahrenssituation auf § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG abgestellt (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2006 – B 7a AL 56/05 R – BSGE 96, 190 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 1= juris Rdnr. 10). Beide Regelungen in § 54 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG setzen voraus, dass ein Verwaltungsakt abgelehnt oder sein Erlass unterlassen worden ist. Daraus folgt, dass das Bundessozialgericht unter Geltung von § 421g SGB III a. F. die Ablehnung eines Antrages eines Vermittlers auf Vermittlungsvergütung als Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X qualifiziert hat. Im Hinblick darauf, dass sich durch die beschriebene Übernahme der Regelungen über den Vermittlungsgutschein einschließlich der Vermittlungsvergütung von § 421g SGB III a. F. in § 45 SGB III in der Sache nichts geändert hat, gilt die Rechtsprechung des Bundessozialgericht zur vorhergehenden Rechtslage auch nach der Gesetzesänderung fort (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Juni 2015 – L 25 AS 1835/14 – juris Rdnr. 34).
Wenn aber ein Verwaltungsakt vorliegt, ist vor der Erhebung einer Anfechtungsklage, auch – wie vorliegend – in Kombination mit einer Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG zwingend ein Vorverfahren durchzuführen (vgl. § 78 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Die Beklagte hat deshalb zu Unrecht den Widerspruch des Klägers als unzulässig verworfen.
Die Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2013 scheidet trotz der fehlerhaften Verwerfung des Widerspruches aus, weil die Sachentscheidung im Bescheid vom 4. März 2013 rechtmäßig ist.
b) Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Auszahlung eines Teilbetrages in Höhe von 1.000,00 EUR aus dem der Beigeladenen erteilten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nicht zu.
(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats handelte es sich bei einem Vermittlungsgutschein nach § 421g SGB III a. F. im Verhältnis zwischen der Bundesagentur für Arbeit und dem Arbeitsuchenden um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 18. März 2010 – L 3 AL 19/09 – juris Rdnr. 31; Sächs. LSG, Urteil vom 23. Januar 2012 – L 3 AL 135/10 – juris Rdnr. 16; Sächs. LSG, Urteil vom 26. April 2012 – L 3 AL 255/10 – juris Rdnr. 24). Dieser Rechtsauffassung haben sich unter anderem das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 18. Juni 2012 – L 18 AL 336/11 – NZS 2012, 797 f. = juris Rdnr. 20) und das Landessozialgericht Hamburg (Urteil vom 15. August 2012 – L 2 AL 7/11 – juris Rdnr. 25) angeschlossen (vgl. auch LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juni 2013 – L 9 AL 36/12 – NZS 2013, 835 ff. = juris Rdnr. 62). Das Bundessozialgericht hat die Frage nach der Verwaltungsaktseigenschaft eines Vermittlungsgutscheines im Beschluss vom 25. Oktober 2012 (Az. B 11 AL 34/12 B – juris) noch offen gelassen, sie dann aber im Urteil vom 11. März 2014 (Az. B 11 AL 19/12 R – BSGE 115, 185 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 5 = juris, jeweils Rdnr. 17 ff.) bejaht.
Beim Vermittlungsgutschein handelte sich um einen feststellenden Verwaltungsakt, auf dessen Erlass der Arbeitnehmer bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzung einen Rechtsanspruch hatte. Mit dem Vermittlungsgutschein wurde gegenüber dem Arbeitnehmer verbindlich festgestellt, dass er die Fördervoraussetzungen erfüllte, und dass er von seiner Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Vermittler freizustellen war (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2014, a. a. O., m. w. N.; so bereits Sächs. LSG, Urteil vom 18. März 2010, a. a. O., Sächs. LSG, Urteil vom 23. Januar 2012, a. a. O., Sächs. LSG, Urteil vom 26. April 2012, a. a. O.).
Dies gilt nach der Übernahme der Regelungen aus § 421g SGB III a. F. auch für den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein. Von der Verwaltungsaktseigenschaft ging im Übrigen auch der Gesetzgeber aus, weil es sich ausweislich der Gesetzesbegründung beim Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein um eine verbindliche Förderzusage handeln soll (vgl. BT-Drs. 17/6277, S. 93; hierauf verweist auch BSG, Urteil vom 11. März 2014, a. a. O., Rdnr. 19).
(2) Folge dieser rechtlichen Einstufung des Gutscheines ist, dass er, wie jeder andere Verwaltungsakt, mit dem Rechtsbehelf des Widerspruchs angegriffen werden kann (vgl. § 78 SGG). Wenn der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt wird, ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist (vgl. 77 SGG).
Da der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vom 5. November 2012 von der Adressatin, der Beigeladenen, nicht mit einem Widerspruch angefochten wurde, liegt eine Förderzusage – lediglich – für eine Arbeitsvermittlung in einer Beschäftigung innerhalb eines Umkreises von 200 km um den Wohnort der Beigeladenen vor. Aus dem Gutschein kann der vom Kläger geltend gemachte Anspruch damit nicht abgeleitet werden.
(3) Der Kläger ist nicht befugt, den der Beigeladenen erteilten Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines mit dem Ziel, die räumlichen Beschränkung in Bezug auf das Beschäftigungsverhältnis zu beseitigen, anzufechten. Ihm fehlt die hierfür erforderliche Rechtsposition.
Eine Anfechtungsbefugnis könnte möglicherweise bestehen, wenn im Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines eine Zusicherung im Sinne von § 34 SGB X enthalten wäre, aus der sich dann die Zahlungsverpflichtung der Beklagten ergebe. Dies hat das Bundessozialgericht jedoch zum Vermittlungsgutschein nach § 421g SGB III a. F. im Urteil vom 6. April 2006 mit eingehender Begründung verneint (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2006 – B 7a AL 56/05 R – BSGE 96, 190 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 1= juris Rdnr. 16 ff.). Vielmehr stehe dem Vermittlungsmakler ein unmittelbarer gesetzlicher Leistungsanspruch gegen die Bundesagentur für Arbeit zu (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2006, a. a. O., juris Rdnr. 16). Entsprechendes gilt für den Vergütungsanspruch des Vermittlers nach den hier maßgebenden Regelungen in § 45 Abs. 6 SGB III (ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Juni 2015 – L 25 AS 1835/14 – juris Rdnr. 33, m. w. N.; Hassel, in: Brand, SGB III [7. Aufl., 2015], § 45 Rdnr. 25; Rademacker, in: Hauck/Noftz, SGB III [Stand: Erg.-Lfg. Stand 4/15, Mai 2015], § 45 Rdnr. 136).
Eine Anfechtungsbefugnis ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger von dem der Beigeladenen erteilten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein betroffen ist. Zwar kennt auch das Sozialverwaltungsverfahren den sogenannten Verwaltungsakt mit Drittwirkung (vgl. hierzu Engelmann, in: von Wulffen/Schütze, SGB X [8. Aufl., 2014], § Rdnr. 47 ff.; Littmann, in: Hauck/Noftz, SGB X [Stand: Erg.-Lfg. 1/2015, Mai 2015], § 31 Rdnr. 35; Luthe, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X [2013], § 31 Rdnr. 54 ff.). Eine Möglichkeit der Anfechtung des Verwaltungsaktes besteht dann, wenn die betroffenen rechtlichen Interessen des Dritten durch eine Rechtsnorm, die auch seine Individualinteressen schützen soll, geschützt sind. Eine Drittwirkung im Sinne einer Rechtsbeeinträchtigung (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG) setzt mithin voraus, dass der Dritte in subjektiven Rechten betroffen ist. Eine faktische Betroffenheit im Sinne eines Rechtsreflexes reicht nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juli 1990 – 4 RAS 47/88 – BSGE 67, 143 ff. = SozR 3-1200 § 52 Nr. 1 = juris Rdnr. 28). Für einen privaten Arbeitsvermittler bedeutet dies, dass er vom Erlass eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nur mittelbar betroffen ist. Denn das Vorliegen eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein ist eine der Anspruchsvoraussetzungen für einen Vergütungsanspruch gegenüber der Bundesagentur für Arbeit. Die inhaltliche Ausgestaltung des Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein berührt den Vermittler jedoch nicht in seinen subjektiven Rechten.
Auch besteht keine Möglichkeit, im Rahmen des Abrechnungsverfahrens zwischen dem Vermittler und der Bundesagentur für Arbeit die Voraussetzungen für die Erteilung des Vermittlungsgutscheins selbst zur Überprüfung zu stellen. Dies hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 6. Mai 2008 zu § 421g SGB III a. F. entschieden (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2008 – B 7/7a AL 8/07 R – BSGE 100, 238 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 3 = juris Rdnr. 17). Die Überführung der Regelungen über den Vermittlungsgutschein in § 45 SGB III bieten keine Grundlage für eine anderweitige Beurteilung der Rechtslage. Damit kann ein Vermittler auch nicht eine aus seiner Sicht rechtwidrige Befristung oder regionale Beschränkung im Sinne von § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB III anfechten.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der vom Bundessozialgericht im Urteil vom 6. Mai 2008 formulierten Ausnahme. Danach soll der Ausschluss der Überprüfung im Rahmen des Abrechnungsverfahren nicht für die im Gutschein geäußerte falsche Rechtsansicht der Beklagten zu dem für die Vermittlung maßgeblichen Zeitpunkt gelten entschieden (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2008, a. a. O.). Der Fall des Klägers unterscheidet sich jedoch von dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall. Denn während im Verfahren vor dem Bundessozialgericht um die im dortigen Gutschein geäußerte Rechtsansicht gestritten wurde, wendet sich der Kläger vorliegend gegen eine regionale Beschränkung im Sinne von § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB III, mithin eine Nebenbestimmung im Sinne von § 32 SGB X. Wenn die Entscheidung des Bundessozialgerichtes nicht ihren Ausnahmecharakter verlieren soll, kann sie nicht erweiternd angewandt werden.
Auf die Frage, ob der Kläger rechtzeitig über die im Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vom 5. November 2012 enthaltenen regionalen Beschränkungen unterrichtet war, kommt es vorliegend nicht an. Denn da der Kläger in Bezug auf diesen Gutschein kein Drittbetroffener war, war die Beklagte nicht verpflichtet, ihm den Verwaltungsakt bekanntzugeben. Wenn aber eine Pflichtverletzung schon dem Grunde nach nicht gegeben sein kann, kann ein Zahlungsanspruch auch nicht aus einem Schadenersatzanspruch heraus bestehen, sei es aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch oder einem Amtshaftungsanspruch.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
III. Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe dafür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Dr. Scheer Krewer Höhl
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt die Verurteilung der Beklagten zur Auszahlung einer Vermittlungsvergütung in Höhe von 1.000,00 EUR aus einem der Beigeladenen erteilten Vermittlungsgutschein.
Am 5. November 2012 erteilte die Beklagte der Beigeladenen einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 und Abs. 7 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch (SGB III). Die Förderzusicherung für die Arbeitsvermittlung in einer versicherungspflichte Beschäftigung umfasste den Zeitraum vom 5. November 2012 bis zum 4. Februar 2013 für die Auswahl eines Arbeitsvermittlers innerhalb von 200 km um den Wohnort und für die Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung innerhalb von 200 km um den Wohnort.
Am 6. November 2012 schloss die Beigeladene mit dem Kläger einen Vermittlungsvertrag. Am 27. November 2012 schloss sie einen Arbeitsvertrag mit der Y GmbH ( P ) für die Zeit vom 27. November 2012 bis zum 26. November 2013.
Den Antrag des Klägers vom 9. Januar 2013 auf Zahlung einer Vergütung in Höhe von zunächst 1.000,00 EUR lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 4. März 2013 unter Hinweis auf die Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb der im Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein festgelegten regionalen Beschränkung ab. Den Widerspruch des Klägers vom 4. April 2013 verwarf sie mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 2013, zur Post aufgegeben am 18. April 2013, als unzulässig. Das Schreiben vom 4. März 2013 stelle keinen Verwaltungsakt dar. Eine Entscheidung über den Rechtsanspruch des Klägers sei nicht getroffen worden. Es handele sich nicht um einen Verwaltungsakt, da keine eigenständige Regelung getroffen werde. Dem Kläger werde lediglich mitgeteilt, dass die Rechnung vom 9. Januar 2013 nicht beglichen werde.
Die Klage vom 21. Mai 2013 hat das Sozialgericht mit Urteil vom 29. August 2013 abgewiesen. Die Beklagte habe im Ergebnis zu Recht den Antrag auf Auszahlung der Vermittlungsvergütung abgelehnt. Zwar handele es sich – entgegen der Ansicht der Beklagten – bei dem Schreiben vom 4. März 2013 um einen Verwaltungsakt. Die Beigeladene habe aber entgegen der Vorgaben dieses Verwaltungsaktes ihre versicherungspflichtige Beschäftigung nicht innerhalb von 200 km um den Wohnort aufgenommen. Aus §§ 652 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) i. V. m. §§ 296, 297, 45 SGB III folge, dass ein gegen die Beklagte gerichteter Zahlungsanspruch nur bestehe, wenn die Vermittlung innerhalb der Voraussetzungen des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines Erfolg habe. Der Kläger habe zur Bezahlung der Vermittlungsdienstleistung den ihm vorgelegten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein akzeptiert. Dieser sei jedoch ausdrücklich auf einen Bereich "innerhalb von 200 km um den Wohnort" regional begrenzt. Der Arbeitsort der Beigeladenen, P , liege über 400 km vom Wohnort der Beigeladenen entfernt. Die räumliche Einschränkung sei auch nicht willkürlich, da die Beigeladene bei der Arbeitssuche regionale Einschränkungen geltend gemacht habe.
Gegen das ihm am 18. September 2013 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 15. Oktober 2013. Das Sozialgericht habe es rechtsfehlerhaft als erwiesen angesehen, dass eine räumliche Einschränkung auf Betreiben der Beigeladenen erfolgt sei. Die von der Beklagten behauptete Vereinbarung, auf der die räumliche Einschränkung folgen solle, sei "keinesfalls wirksam zustande gekommen".
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. August 2013 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2013 zu verurteilen, an den Kläger eine Vermittlungsvergütung in Höhe von 1.000,00 EUR aus dem der Beigeladenen erteilten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, dass der Widerspruch des Klägers zu Recht als unzulässig verworfen worden sei. Der Vortrag des Klägers, es sei vor der erfolgreichen Vermittlung nicht von den Einschränkungen im Vermittlungsgutschein in Kenntnis gesetzt worden, werde dies bestritten. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, könne dies allenfalls einen Schadensersatzanspruch gegenüber der Beigeladenen begründen, weil diese verpflichtet gewesen sei, den Kläger über den Inhalt des Vermittlungsgutscheines zu unterrichten. Im Übrigen seien die Einschränkungen im Vermittlungsgutschein nicht willkürlich vorgenommen worden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorganges sowie der Gerichtsakte beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
1. Die Klage war zulässig. Sie war insbesondere nicht verfristet.
Gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beginnt, wenn ein Vorverfahren stattgefunden hat, mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids (vgl. § 87 Abs. 2 SGG). Der in Streit stehende Widerspruchsbescheid wurde am 18. April 2013zur Post gegeben. Nach der gesetzlichen Zugangsfiktion in § 37 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Dritter Tag im Sinne dieser Regelung war hier der 21. April 2013. Nach Maßgabe von § 64 SGG begann damit die einmonatige Klagefrist am 22. April 2013 und endete am 21. Mai 2013. An diesem Tag wurde die Klage erhoben.
2. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zwar ist der Widerspruchsbescheid vom 17. April 2013, mit der der Widerspruch als unzulässig verworfen worden ist, rechtwidrig (a). Jedoch hat der Kläger keinen Anspruch auf die Zahlung der begehrten Vermittlungsvergütung (b).
a) Der Widerspruch des Klägers gegen die Ablehnung seines Vergütungsantrages war zulässig, weil es sich bei der Antragsablehnung – entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten – um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X handelt.
Die Regelungen über die Anspruchsgrundlage für den Vergütungsanspruch eines Vermittlers, der im Rahmen eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 und Abs. 7 SGB III tätig geworden ist, finden sich in § 45 Abs. 6 SGB III. Nach § 45 Abs. 6 Satz 1 SGB III richtet sich die Vergütung nach Art und Umfang der Maßnahme und kann aufwands- oder erfolgsbezogen gestaltet sein. Die Vergütung beträgt bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung 2.000,00 EUR (vgl. § 45 Abs. 6 Satz 3 SGB III). Bei dem in § 45 Abs. 6 Satz 4 SGB III genannten Personenkreis, dem die Beigeladene nicht angehörte, kann die Vergütung auf eine Höhe von bis zu 2.500,00 EUR festgelegt werden. Die Vergütung wird in Höhe von 1.000,00 EUR nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt (vgl. § 45 Abs. 6 Satz 5 SGB III). In § 45 Abs. 6 Satz 6 SGB III ist schließlich geregelt, wann eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeschlossen ist.
§ 45 SGB III wurde zum 1. April 2012 neu geregelt (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]). Die Vorgängerregelung fand sich, soweit es den Vermittlungsgutschein betraf, in § 421g SGB III in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (zuletzt geändert durch Artikel 1 Nr. 14 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]). Diese Vorgängerregelung ging in § 45 SGB III auf (vgl. BT-Drs. 17/6277, S. 92). Die Vergütungsregelungen aus § 421g SGB III a. F. wurden in § 45 Abs. 6 SGB III übernommen (vgl. BT-Drs. 17/6277, S. 94).
Zum Vergütungsanspruch eines Vermittlers nach § 421g SGB III hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 23. Februar 2011, dass Gegenstand des Verfahrens die vom Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 und 4 SGG) geltend gemachte erste Rate der Vermittlungsvergütung sei (vgl. BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 10/10 R – juris Rdnr. 13). Bereits im Urteil vom 6. April 2006 hat es auf Grund der dortigen Verfahrenssituation auf § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG abgestellt (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2006 – B 7a AL 56/05 R – BSGE 96, 190 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 1= juris Rdnr. 10). Beide Regelungen in § 54 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG setzen voraus, dass ein Verwaltungsakt abgelehnt oder sein Erlass unterlassen worden ist. Daraus folgt, dass das Bundessozialgericht unter Geltung von § 421g SGB III a. F. die Ablehnung eines Antrages eines Vermittlers auf Vermittlungsvergütung als Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X qualifiziert hat. Im Hinblick darauf, dass sich durch die beschriebene Übernahme der Regelungen über den Vermittlungsgutschein einschließlich der Vermittlungsvergütung von § 421g SGB III a. F. in § 45 SGB III in der Sache nichts geändert hat, gilt die Rechtsprechung des Bundessozialgericht zur vorhergehenden Rechtslage auch nach der Gesetzesänderung fort (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Juni 2015 – L 25 AS 1835/14 – juris Rdnr. 34).
Wenn aber ein Verwaltungsakt vorliegt, ist vor der Erhebung einer Anfechtungsklage, auch – wie vorliegend – in Kombination mit einer Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG zwingend ein Vorverfahren durchzuführen (vgl. § 78 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Die Beklagte hat deshalb zu Unrecht den Widerspruch des Klägers als unzulässig verworfen.
Die Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2013 scheidet trotz der fehlerhaften Verwerfung des Widerspruches aus, weil die Sachentscheidung im Bescheid vom 4. März 2013 rechtmäßig ist.
b) Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Auszahlung eines Teilbetrages in Höhe von 1.000,00 EUR aus dem der Beigeladenen erteilten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nicht zu.
(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats handelte es sich bei einem Vermittlungsgutschein nach § 421g SGB III a. F. im Verhältnis zwischen der Bundesagentur für Arbeit und dem Arbeitsuchenden um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 18. März 2010 – L 3 AL 19/09 – juris Rdnr. 31; Sächs. LSG, Urteil vom 23. Januar 2012 – L 3 AL 135/10 – juris Rdnr. 16; Sächs. LSG, Urteil vom 26. April 2012 – L 3 AL 255/10 – juris Rdnr. 24). Dieser Rechtsauffassung haben sich unter anderem das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 18. Juni 2012 – L 18 AL 336/11 – NZS 2012, 797 f. = juris Rdnr. 20) und das Landessozialgericht Hamburg (Urteil vom 15. August 2012 – L 2 AL 7/11 – juris Rdnr. 25) angeschlossen (vgl. auch LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juni 2013 – L 9 AL 36/12 – NZS 2013, 835 ff. = juris Rdnr. 62). Das Bundessozialgericht hat die Frage nach der Verwaltungsaktseigenschaft eines Vermittlungsgutscheines im Beschluss vom 25. Oktober 2012 (Az. B 11 AL 34/12 B – juris) noch offen gelassen, sie dann aber im Urteil vom 11. März 2014 (Az. B 11 AL 19/12 R – BSGE 115, 185 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 5 = juris, jeweils Rdnr. 17 ff.) bejaht.
Beim Vermittlungsgutschein handelte sich um einen feststellenden Verwaltungsakt, auf dessen Erlass der Arbeitnehmer bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzung einen Rechtsanspruch hatte. Mit dem Vermittlungsgutschein wurde gegenüber dem Arbeitnehmer verbindlich festgestellt, dass er die Fördervoraussetzungen erfüllte, und dass er von seiner Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Vermittler freizustellen war (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2014, a. a. O., m. w. N.; so bereits Sächs. LSG, Urteil vom 18. März 2010, a. a. O., Sächs. LSG, Urteil vom 23. Januar 2012, a. a. O., Sächs. LSG, Urteil vom 26. April 2012, a. a. O.).
Dies gilt nach der Übernahme der Regelungen aus § 421g SGB III a. F. auch für den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein. Von der Verwaltungsaktseigenschaft ging im Übrigen auch der Gesetzgeber aus, weil es sich ausweislich der Gesetzesbegründung beim Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein um eine verbindliche Förderzusage handeln soll (vgl. BT-Drs. 17/6277, S. 93; hierauf verweist auch BSG, Urteil vom 11. März 2014, a. a. O., Rdnr. 19).
(2) Folge dieser rechtlichen Einstufung des Gutscheines ist, dass er, wie jeder andere Verwaltungsakt, mit dem Rechtsbehelf des Widerspruchs angegriffen werden kann (vgl. § 78 SGG). Wenn der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt wird, ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist (vgl. 77 SGG).
Da der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vom 5. November 2012 von der Adressatin, der Beigeladenen, nicht mit einem Widerspruch angefochten wurde, liegt eine Förderzusage – lediglich – für eine Arbeitsvermittlung in einer Beschäftigung innerhalb eines Umkreises von 200 km um den Wohnort der Beigeladenen vor. Aus dem Gutschein kann der vom Kläger geltend gemachte Anspruch damit nicht abgeleitet werden.
(3) Der Kläger ist nicht befugt, den der Beigeladenen erteilten Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines mit dem Ziel, die räumlichen Beschränkung in Bezug auf das Beschäftigungsverhältnis zu beseitigen, anzufechten. Ihm fehlt die hierfür erforderliche Rechtsposition.
Eine Anfechtungsbefugnis könnte möglicherweise bestehen, wenn im Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines eine Zusicherung im Sinne von § 34 SGB X enthalten wäre, aus der sich dann die Zahlungsverpflichtung der Beklagten ergebe. Dies hat das Bundessozialgericht jedoch zum Vermittlungsgutschein nach § 421g SGB III a. F. im Urteil vom 6. April 2006 mit eingehender Begründung verneint (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2006 – B 7a AL 56/05 R – BSGE 96, 190 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 1= juris Rdnr. 16 ff.). Vielmehr stehe dem Vermittlungsmakler ein unmittelbarer gesetzlicher Leistungsanspruch gegen die Bundesagentur für Arbeit zu (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2006, a. a. O., juris Rdnr. 16). Entsprechendes gilt für den Vergütungsanspruch des Vermittlers nach den hier maßgebenden Regelungen in § 45 Abs. 6 SGB III (ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Juni 2015 – L 25 AS 1835/14 – juris Rdnr. 33, m. w. N.; Hassel, in: Brand, SGB III [7. Aufl., 2015], § 45 Rdnr. 25; Rademacker, in: Hauck/Noftz, SGB III [Stand: Erg.-Lfg. Stand 4/15, Mai 2015], § 45 Rdnr. 136).
Eine Anfechtungsbefugnis ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger von dem der Beigeladenen erteilten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein betroffen ist. Zwar kennt auch das Sozialverwaltungsverfahren den sogenannten Verwaltungsakt mit Drittwirkung (vgl. hierzu Engelmann, in: von Wulffen/Schütze, SGB X [8. Aufl., 2014], § Rdnr. 47 ff.; Littmann, in: Hauck/Noftz, SGB X [Stand: Erg.-Lfg. 1/2015, Mai 2015], § 31 Rdnr. 35; Luthe, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X [2013], § 31 Rdnr. 54 ff.). Eine Möglichkeit der Anfechtung des Verwaltungsaktes besteht dann, wenn die betroffenen rechtlichen Interessen des Dritten durch eine Rechtsnorm, die auch seine Individualinteressen schützen soll, geschützt sind. Eine Drittwirkung im Sinne einer Rechtsbeeinträchtigung (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG) setzt mithin voraus, dass der Dritte in subjektiven Rechten betroffen ist. Eine faktische Betroffenheit im Sinne eines Rechtsreflexes reicht nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juli 1990 – 4 RAS 47/88 – BSGE 67, 143 ff. = SozR 3-1200 § 52 Nr. 1 = juris Rdnr. 28). Für einen privaten Arbeitsvermittler bedeutet dies, dass er vom Erlass eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nur mittelbar betroffen ist. Denn das Vorliegen eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein ist eine der Anspruchsvoraussetzungen für einen Vergütungsanspruch gegenüber der Bundesagentur für Arbeit. Die inhaltliche Ausgestaltung des Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein berührt den Vermittler jedoch nicht in seinen subjektiven Rechten.
Auch besteht keine Möglichkeit, im Rahmen des Abrechnungsverfahrens zwischen dem Vermittler und der Bundesagentur für Arbeit die Voraussetzungen für die Erteilung des Vermittlungsgutscheins selbst zur Überprüfung zu stellen. Dies hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 6. Mai 2008 zu § 421g SGB III a. F. entschieden (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2008 – B 7/7a AL 8/07 R – BSGE 100, 238 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 3 = juris Rdnr. 17). Die Überführung der Regelungen über den Vermittlungsgutschein in § 45 SGB III bieten keine Grundlage für eine anderweitige Beurteilung der Rechtslage. Damit kann ein Vermittler auch nicht eine aus seiner Sicht rechtwidrige Befristung oder regionale Beschränkung im Sinne von § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB III anfechten.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der vom Bundessozialgericht im Urteil vom 6. Mai 2008 formulierten Ausnahme. Danach soll der Ausschluss der Überprüfung im Rahmen des Abrechnungsverfahren nicht für die im Gutschein geäußerte falsche Rechtsansicht der Beklagten zu dem für die Vermittlung maßgeblichen Zeitpunkt gelten entschieden (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2008, a. a. O.). Der Fall des Klägers unterscheidet sich jedoch von dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall. Denn während im Verfahren vor dem Bundessozialgericht um die im dortigen Gutschein geäußerte Rechtsansicht gestritten wurde, wendet sich der Kläger vorliegend gegen eine regionale Beschränkung im Sinne von § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB III, mithin eine Nebenbestimmung im Sinne von § 32 SGB X. Wenn die Entscheidung des Bundessozialgerichtes nicht ihren Ausnahmecharakter verlieren soll, kann sie nicht erweiternd angewandt werden.
Auf die Frage, ob der Kläger rechtzeitig über die im Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vom 5. November 2012 enthaltenen regionalen Beschränkungen unterrichtet war, kommt es vorliegend nicht an. Denn da der Kläger in Bezug auf diesen Gutschein kein Drittbetroffener war, war die Beklagte nicht verpflichtet, ihm den Verwaltungsakt bekanntzugeben. Wenn aber eine Pflichtverletzung schon dem Grunde nach nicht gegeben sein kann, kann ein Zahlungsanspruch auch nicht aus einem Schadenersatzanspruch heraus bestehen, sei es aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch oder einem Amtshaftungsanspruch.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
III. Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe dafür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Dr. Scheer Krewer Höhl
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