Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 37 RS 1878/09
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RS 762/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Geltendmachung zusätzlicher Arbeitsentgelte in Form von Mütterunterstützung, Schwangeren- und Wochengeld
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten als Verdienst das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Während der Zeiten des Bezuges von Mütterunterstützung, Schwangeren- und Wochengeld wurde keine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt, weshalb es sich nicht um Einkommen handelt, das dem Berechtigten "aufgrund" seiner Beschäftigung zugeflossen ist. Es handelt sich um Sozialleistungen, die als Lohnersatz erbracht werden und kein Arbeitsentgelt darstellen.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten als Verdienst das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Während der Zeiten des Bezuges von Mütterunterstützung, Schwangeren- und Wochengeld wurde keine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt, weshalb es sich nicht um Einkommen handelt, das dem Berechtigten "aufgrund" seiner Beschäftigung zugeflossen ist. Es handelt sich um Sozialleistungen, die als Lohnersatz erbracht werden und kein Arbeitsentgelt darstellen.
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 3. September 2013 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Wegen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger der Freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates verpflichtet ist, für die Zeiträume Juni bis September 1973, Juni bis August 1976, September bis Dezember 1985, Januar bis Dezember 1986 sowie Januar bis April 1987 weitere Arbeitsentgelte, insbesondere unter Berücksichtigung der Zeiten der Mütterunterstützung, nach §§ 5, 8 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) festzustellen.
Die 1949 geborene Klägerin war ab dem 1. Dezember 1971 beim Rat des Bezirkes D und ab dem 16. Juni 1984 bei der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik beschäftigt. Sie zahlte freiwillige Beiträge zur zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates. Mit Formular vom 1. März 2004 bescheinigte das Regierungspräsidium D für die Zeiträume 1. Dezember 1971 bis 20. September 1973 sowie 1. April 1974 bis 15. Juni 1984 bzw. die Allianz Versicherung AG (mit einem Formular unbekannten Datums) für die Zeiträume 1984, 1985 sowie 1987 bis Juni 1990 Arbeitsentgelte nach § 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG. Daraufhin stellte die Beklagte mit Feststellungsbescheid vom 23. Juli 2004 die Zugehörigkeit der Klägerin zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates für die Zeiträume 1. Dezember 1971 bis 10. Mai 1973, 15. bis 20. September 1973, 23. Juni 1974 bis 31. Dezember 1985 sowie 1. Januar 1987 bis 30. Juni 1990 mit den entsprechenden Arbeitsentgelten nach dem AAÜG fest. Mit Rentenbescheid vom 11. Februar 2009 gewährte die Deutsche Rentenversicherung Bund der Klägerin Altersrente für schwerbehinderte Menschen. In einem hiergegen gerichteten Widerspruch wandte sie sich u.a. gegen den Inhalt des Feststellungsbescheides vom 23. Juli 2004, weshalb er an die Beklagte weitergeleitet und von dieser als Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X ausgelegt wurde. Die Klägerin begehrte die Anerkennung höherer Arbeitsentgelte und machte u.a. geltend, auch während Zeiten der in Anspruch genommenen Mutterunterstützung freiwillige Beiträge geleistet zu haben. Zum Nachweis verwies sie auf ihre Beitragsnachweiskarte. Mit Bescheid vom 27. Mai 2009 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2009 lehnte die Beklagte die Feststellung höherer Entgelte aufgrund der entrichteten Beiträge ab. Die Höhe der eingezahlten Beiträge sei für das berücksichtigungsfähige Arbeitsentgelt unerheblich. Die während einer Unterbrechung der entgeltlichen Beschäftigung gezahlten Beiträge dienten lediglich der Erhaltung von Anwartschaften aus diesem Zusatzversorgungssystem.
Mit der am 22. Oktober 2013 vor dem Sozialgericht Dresden erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Während des Bezuges von Schwangeren- und Wochengeld seien weiterhin Beiträge vom Bruttoverdienst, das auch für diese Zeiträume fortgezahlt worden sei, entrichtet worden. Der Beitragsnachweiskarte sei zu entnehmen, dass die Klägerin auch nach der Geburt ihrer Kinder ein Bruttoarbeitsentgelt erhalten habe. Dies gelte insbesondere für das Jahr 1986, in dem sie nach der Geburt des dritten Kindes von ihrem Arbeitgeber sog. Mutterunterstützung erhalten habe. Hierbei handele es sich um ein Bruttoarbeitsentgelt, sie sei wie eine Entgeltfortzahlung zu behandeln. Nach § 246 des Arbeitsgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik (AGB-DDR) habe bis zum Ende des ersten Lebensjahres ein Anspruch auf Freistellung von der Arbeit und Zahlung von Mütterunterstützung bestanden. Im Übrigen ließen sich die berücksichtigten Arbeitsentgelte nicht in Einklang mit den Angaben auf der Beitragsnachweiskarte und den (übersandten) Lohnabrechnungen bringen. Während des Klageverfahrens hat die Klägerin einen Antrag auf Feststellung höherer Entgelte unter Berücksichtigung von Prämien gestellt, woraufhin die Beklagte mit Feststellungsbescheid vom 22. September 2011 höhere Entgelte unter Berücksichtigung (nachgewiesener) zusätzlicher Einkünfte festgestellt hat (Bl. 83 GA). Das entsprechende Teil-Anerkenntnis hat die Klägerin mit Schreiben vom 14. November 2011 angenommen und um Fortführung des Rechtsstreits hinsichtlich der mit der Klage geltend gemachten Arbeitsentgelte ersucht.
Mit Gerichtsbescheid vom 3. September 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Bei der streitigen staatlichen Unterstützung in Form von Wochengeld und Mütterunterstützung handele es sich um Sozialleistungen und nicht um vom Arbeitgeber gezahltes Arbeitsentgelt, das nur im Interesse der Verwaltungsvereinfachung vom Arbeitgeber ausgezahlt worden sei. Weder die Mütterunterstützung nach der Verordnung zur Sozialversicherung der DDR (SVO-DDR) noch das vergleichbare Erziehungsgeld in der Bundesrepublik hätten am 1. August 1991 der Steuerpflicht unterlegen. Die Eintragungen in der Beitragsnachweiskarte seien nicht in der bescheinigten Höhe berücksichtigungsfähig, weil sich hieraus nicht die Höhe des tatsächlich erzielten Entgeltes ergebe. Auch die übersandten Lohnstreifen seien nicht aussagekräftig. Gegen den am 3. September 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 2. Oktober 2013 Berufung eingelegt. Sie begehrt weiterhin die Feststellung, dass die im Klageantrag benannte Mütterunterstützung bei der Feststellung der Arbeitsentgelte nach dem AAÜG Berücksichtigung finde. Hierbei sehe sie die Besonderheit, dass sie auch während der Zeiten der gewährten Leistungen Beiträge zum Zusatzversorgungssystem gezahlt habe. Nach der Richtlinie zur Durchführung der Ordnung über die freiwillige zusätzliche Altersversorgung der Mitarbeiter des Staatsapparates vom 17. Juni 1975 sei es der Wille des Verordnungsgebers gewesen, dass auch während des Bezuges von Mütterunterstützung, Schwangerengeld etc. Beiträge entsprechend der erhaltenen Leistungen gezahlt würden, sodass diese Leistungen Teil der späteren Rentenberechnung geworden seien. Es sei nicht ersichtlich, dass die vom Arbeitgeber als Ausgleich des Lohnverlustes gezahlte Leistung kein Arbeitsentgelt sein solle.
Der Kläger beantragt (sinngemäß und sachdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 3. September aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2009 sowie unter Abänderung des Feststellungsbescheides vom 23. Juli 2004 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 22. September 2011 zu verurteilen, für die Beschäftigungszeiten Juni bis September 1973, Juni bis August 1976, September bis Dezember 1985, Januar bis Dezember 1986 sowie Januar bis April 1987 zusätzliche Arbeitsentgelte, insbesondere in Form der erhaltenen Mütterunterstützung, festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Sie sei an die Entgeltbescheinigungen des Arbeitgebers gebunden, wobei die Landesdirektion D mit Schreiben vom 20. Juli 2011 nochmals ausdrücklich deren Richtigkeit bestätigt habe. Mütterunterstützung, Schwangerschaftsgeld und andere Barleistungen der Sozialversicherung gehörten nicht zum berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelt.
Dem Gericht lagen die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte beider Instanzen vor, worauf zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte, ohne mündlich zu verhandeln, entscheiden, weil die Beteiligten hiermit einverstanden sind, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Dresden hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 3. September 2013 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten 27. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Beklagte hat den Überprüfungsantrag der Klägerin nach § 44 SGB X zu Recht abgelehnt, weil die Voraussetzungen von § 44 SGB X nicht vorliegen. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Dies ist nicht der Fall, weil kein Anspruch der Klägerin auf Feststellung höherer Arbeitsentgelte besteht.
Gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) ähnlichen und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführenden (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. Juli 1996 - 4 RA 7/95 - SozR 3-8570 § 8 Nr. 2) Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen und diese dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung mitzuteilen. Zu diesen Daten gehören die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem (§ 8 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 5 AAÜG) und die tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat der Versorgungsträger dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung durch Bescheid bekannt zu geben. Vorliegend hat die Beklagte mit Feststellungsbescheid vom 23. Juli 2004 in der Fassung des Bescheides vom 22. September 2011 Zeiten der Zugehörigkeit zur Freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates nach Nr. 19 der Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Weitere Entgelte hatte die Beklagte nicht zu berücksichtigen.
1. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeits-entgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist dabei dem Entgeltbegriff im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG der bundesdeutsche Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne von § 14 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) zugrunde zu legen (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R – juris Rn. 25 m.w.N.). Danach sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen. § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG definiert den Begriff des Arbeitsentgelts hingegen nicht. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG jedoch, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln muss, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. Insoweit ist (auch noch) zu erkennen, dass es sich um eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung handeln muss (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R – juris Rn. 19).
An diesen Voraussetzungen fehlt es jedoch. Während der Zeiten des Bezuges von Mütterunterstützung, Schwangeren- und Wochengeld fehlt es bereits an einer (entgeltlichen) Beschäftigung.
a) Bei Sachverhalten, die sich historisch während und nach Maßgabe der Geltung von Bundesrecht entwickelt haben, beurteilt sich das Vorliegen einer Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Ausschlaggebende Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Beschäftigung sind die Tätigkeit nach Weisungen (Direktionsgewalt des Arbeitgebers) und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Unternehmens des Arbeitgebers. Bei der von § 5 AAÜG angeordneten Anwendung dieses Bundesrechts auf Sachverhalte und Ereignisse, die sich in der DDR zugetragen haben, ist jedoch stets zu beachten, dass die Betroffenen damals ihr Verhalten nicht nach dem Bundesrecht, sondern nach den Vorgaben der DDR ausgerichtet haben. Es ist deshalb stets wertend zu prüfen, ob ein solcher "DDR-Sachverhalt" in seinem wirtschaftlichen und sozialen Sinn und rechtlichen Gehalt der in einer Norm des Bundesrechts ausgeprägten (normativ gedachten) Wirklichkeit entspricht. Der in der DDR gegebene Sachverhalt kann also nicht unmittelbar unter einen Rechtsbegriff des Bundesrechts "subsumiert" werden. Vielmehr ist stets zu prüfen, ob dieser Rechtsbegriff auf einen solchen Sachverhalt nach Sinn und Zweck anwendbar ist und umgekehrt, ob ihm Sachverhalte in der DDR unterfallen. Da der Rechtsbegriff der Arbeitsverhältnisse im rechtlichen (nicht ideologischen) Kern übereinstimmte, ist die Feststellung, der früher Versorgungsberechtigte habe eine "Beschäftigung" ausgeübt, in der Regel unproblematisch zu treffen, wenn in der DDR ein Arbeitsverhältnis bestand, wobei es auch hier nicht auf die Bezeichnung, sondern auf den wirtschaftlichen und sozialen Inhalt ankommt (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2003 – B 4 RA 40/02 R –, juris Rn. 42 f.; Bayerisches LSG, Urteil vom 7. März 2012 – L 20 R 121/08 –, juris Rn. 48). Zwar bestand in den streitgegenständlichen Zeiträumen ein Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und des Rates des Bezirkes D bzw. der Staatlichen Versicherung der DDR. Allerdings hat die Klägerin während der Zeiten des Bezuges von Mütterunterstützung bzw. Schwangeren- und Wochengeld keine Beschäftigung für ihren Arbeitgeber ausgeübt. Sie war in dieser Zeit weder in den Arbeitsablauf des Arbeitgebers eingegliedert noch hat sie Tätigkeiten nach Weisung verrichtet. Sie war vielmehr – wie die Klägerin selbst vorträgt – für die Dauer des Bezuges von Mütterunterstützung und während des Schwangerschaftsurlaubs von der Tätigkeit für ihren Arbeitgeber freigestellt. Nach § 244 Abs. 1 Satz 1 AGB-DDR erhielten Frauen Schwangerschaftsurlaub für die Dauer von sechs Wochen vor der Entbindung und Wochenurlaub für die Dauer von 20 Wochen nach der Entbindung, wobei sie nach Absatz 4 der Vorschrift für die Dauer des Schwangerschafts- und Wochenurlaubs Schwangerschafts- und Wochengeld in Höhe des Nettodurchschnittsverdienstes von der Sozialversicherung erhielten. Nach § 246 Abs. 1 AGB-DDR waren Mütter auf Verlangen nach dem Wochenurlaub bis zum Ende des ersten Lebensjahres des Kindes von der Arbeit freizustellen, wobei sie während dieser Zeit unter bestimmten Voraussetzungen Mutterunterstützung von der Sozialversicherung erhielten, § 246 Abs. 4 Satz 1 AGB-DDR. Danach bestanden während dieser Zeiten keine Arbeitspflichten, denen die Klägerin im Übrigen auch nicht hätte nachkommen können. Insbesondere begründete die Zahlung von Schwangerschafts-, Wochengeld und Mütterunterstützung keine Arbeitspflichten, von diesen war die (werdende) Mutter gerade freigestellt. Erst recht übte die Klägerin während der Zeiten des Bezuges dieser Leistungen keine "entgeltliche" Beschäftigung aus. Die Erbringung von Arbeitsleistung gegen Entgelt war aber auch nach dem Arbeitsgesetzbuch der DDR gegenseitige Pflicht von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. So hat sich der "Werktätige" nach § 20 Abs. 2 AGB-DDR durch den Arbeitsvertrag verpflichtet, die Arbeitsaufgaben des vereinbarten Arbeitsbereiches zu erfüllen, sowie der Betrieb im Gegenzug, diesem Arbeitsaufgaben des vereinbarten Arbeitsbereiches zu übertragen und ihm Lohn nach seiner Leistung zu zahlen. Die Klägerin hat während dieser Bezugszeiten aber keine finanzielle Gegenleistung für eine ihrerseits dem Arbeitgeber erbrachte Leistung erhalten. Nach § 20 Abs. 2 AGB-DDR steht die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung des Lohnes nach Leistung des Arbeitnehmers im Gegenseitigkeitsverhältnis zu dessen Pflicht, die vereinbarten Arbeitsaufgaben zu erbringen. Da die Klägerin in den streitgegenständlichen Zeiträumen keine Arbeitsleistung in dem Sinne erbracht hat, stand ihr auch kein Anspruch auf Lohnzahlung zu. Dem entsprechend regeln § 244 Abs. 4 und § 246 Abs. 4 AGB-DDR im Falle der – hier vorliegenden – Freistellung von der Arbeit, dass – anstelle des vereinbarten Lohnes – ein Ausgleich in Form von Schwangerschafts-, Wochengeld und Mütterunterstützung gezahlt wird. Hierbei handelte es sich nicht um Lohnzahlungen als Gegenleistung für erbrachte Arbeit, sondern um ein Surrogat, das dem "besonderen Schutz der werktätigen Frau im Interesse der Mutterschaft" galt (vgl. Überschrift im 12. Kapitel des AGB-DDR vor §§ 242 ff.).
b) Einer Berücksichtigung der streitgegenständlichen Zahlungen als Arbeitsentgelte im Sinne der Rechtsprechung des BSG steht darüber hinaus entgegen, dass es sich – unabhängig von einer eventuellen Beitragspflicht in der Sozialversicherung der DDR oder der Beitragszahlung im Zusatzversorgungssystem – um Sozialleistungen gehandelt hat (vgl. im Hinblick auf die Zahlung von Krankengeld: BSG, Urteil vom 2. August 2000 – B 4 RA 41/99 R –, juris Rn. 18). Denn diese stellen bereits aufgrund ihrer Eigenschaft als Lohnersatzleistung kein Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB IV dar. Schwangeren- und Wochengeld sowie Mütterunterstützung wurden nach §§ 44 und 46 VO-SVO von der Sozialversicherung der DDR in Höhe des Nettodurchschnittsverdienstes bzw. in Höhe des Krankengeldes gezahlt, auf das die Mutter bei eigener Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit Anspruch hatte. Dahinstehen kann dabei, ob die Leistung vom Arbeitgeber oder von der Sozialversicherung ausgezahlt wurde. Auch wenn – wie die Klägerin vorträgt – Letzteres der Fall war, verliert die Zahlung allein durch die Art und Weise der Auszahlung nicht ihren Charakter als Lohnersatzleistung, und zwar unabhängig davon, wie sich dies der Klägerin subjektiv darstellte.
Eine andere Betrachtung folgt nicht aus der 2. Richtlinie zur Durchführung der Ordnung über die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates vom 17. Juni 1975 (2. FZAVR-StMitarb, in Aichberger II Nr. 209). Zwar zahlten nach § 7 Abs. 4 der 2. FZAVR-StMitarb Mitarbeiterinnen bei Bezug von Schwangeren- und Wochengeld Beiträge zur Altersversorgung abgeleitet von dem Bruttoverdienst, den sie im Monat vor Beginn der Zahlung dieser Leistungen erzielt haben (Satz 1), bzw. bei Zeiten der Freistellung von der Arbeit Beiträge in Höhe des Bruttoverdienstes, den sie bei voller Tätigkeit erzielt hätten (Satz 2). Aus dieser Vorschrift folgt jedoch nur, dass auch während des Bezuges von Lohnersatzleistungen Beiträge angelehnt an die Höhe der Leistung bzw. ihrer Bemessungsgrundlage zu zahlen waren. Auch dies ändert nichts daran, dass die (Ersatz-) Leistungen gerade nicht "aufgrund" einer Beschäftigung - als Gegenleistung für verrichtete Dienste - zugeflossen sind und damit kein Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB VI darstellen. Dass die Qualifizierung als Arbeitsentgelt unabhängig ist von einer Beitragszahlung im Zusatzversorgungssystem, hat das BSG in o.a. Entscheidung vom 2. August 2000 ausdrücklich ausgeführt (BSG, Urteil vom 2. August 2000 – B 4 RA 41/99 R –, juris Rn. 18).
2. Die Klägerin hat schließlich keinen Anspruch auf Feststellung von Arbeitsentgelten in der Höhe, die in ihrer Beitragsnachweiskarte aufgeführt sind.
Nach § 259b Abs. 1 Satz 1 SGB VI wird für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem im Sinne des AAÜG bei der Ermittlung der Entgeltpunkte der Verdienst nach dem AAÜG zugrunde gelegt. Die Art der Überführung regelt § 6 AAÜG, nach dessen Absatz 1 Satz 1 den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz für jedes Kalenderjahr als Verdienst das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen höchstens bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zu legen ist. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gehört hierzu auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt des Berechtigten. Danach stellt der Versorgungsträger, hier die Beklagte, in dem eingangs beschriebenen Verfahren u.a. die erzielten Arbeitsentgelte fest. Hier hat die Landesdirektion D bzw. die Allianz Versicherung AG als Rechtsnachfolger der früheren Arbeitgeber der Klägerin die – jeweils um die Arbeitsausfalltage bereinigten – tatsächlichen Arbeitsentgelte für die streitigen Zeiträume bescheinigt. Diese Arbeitsentgelte hat die Beklagte im Bescheid vom 23. Juli 2004 in der Gestalt des Bescheides vom 22. September 2011 – im Letzteren erhöht um die während des erstinstanzlichen Verfahrens beantragten Prämienzahlungen – vollständig und zutreffend übernommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Jacobi Dr. Lau Schurigt
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Wegen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger der Freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates verpflichtet ist, für die Zeiträume Juni bis September 1973, Juni bis August 1976, September bis Dezember 1985, Januar bis Dezember 1986 sowie Januar bis April 1987 weitere Arbeitsentgelte, insbesondere unter Berücksichtigung der Zeiten der Mütterunterstützung, nach §§ 5, 8 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) festzustellen.
Die 1949 geborene Klägerin war ab dem 1. Dezember 1971 beim Rat des Bezirkes D und ab dem 16. Juni 1984 bei der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik beschäftigt. Sie zahlte freiwillige Beiträge zur zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates. Mit Formular vom 1. März 2004 bescheinigte das Regierungspräsidium D für die Zeiträume 1. Dezember 1971 bis 20. September 1973 sowie 1. April 1974 bis 15. Juni 1984 bzw. die Allianz Versicherung AG (mit einem Formular unbekannten Datums) für die Zeiträume 1984, 1985 sowie 1987 bis Juni 1990 Arbeitsentgelte nach § 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG. Daraufhin stellte die Beklagte mit Feststellungsbescheid vom 23. Juli 2004 die Zugehörigkeit der Klägerin zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates für die Zeiträume 1. Dezember 1971 bis 10. Mai 1973, 15. bis 20. September 1973, 23. Juni 1974 bis 31. Dezember 1985 sowie 1. Januar 1987 bis 30. Juni 1990 mit den entsprechenden Arbeitsentgelten nach dem AAÜG fest. Mit Rentenbescheid vom 11. Februar 2009 gewährte die Deutsche Rentenversicherung Bund der Klägerin Altersrente für schwerbehinderte Menschen. In einem hiergegen gerichteten Widerspruch wandte sie sich u.a. gegen den Inhalt des Feststellungsbescheides vom 23. Juli 2004, weshalb er an die Beklagte weitergeleitet und von dieser als Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X ausgelegt wurde. Die Klägerin begehrte die Anerkennung höherer Arbeitsentgelte und machte u.a. geltend, auch während Zeiten der in Anspruch genommenen Mutterunterstützung freiwillige Beiträge geleistet zu haben. Zum Nachweis verwies sie auf ihre Beitragsnachweiskarte. Mit Bescheid vom 27. Mai 2009 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2009 lehnte die Beklagte die Feststellung höherer Entgelte aufgrund der entrichteten Beiträge ab. Die Höhe der eingezahlten Beiträge sei für das berücksichtigungsfähige Arbeitsentgelt unerheblich. Die während einer Unterbrechung der entgeltlichen Beschäftigung gezahlten Beiträge dienten lediglich der Erhaltung von Anwartschaften aus diesem Zusatzversorgungssystem.
Mit der am 22. Oktober 2013 vor dem Sozialgericht Dresden erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Während des Bezuges von Schwangeren- und Wochengeld seien weiterhin Beiträge vom Bruttoverdienst, das auch für diese Zeiträume fortgezahlt worden sei, entrichtet worden. Der Beitragsnachweiskarte sei zu entnehmen, dass die Klägerin auch nach der Geburt ihrer Kinder ein Bruttoarbeitsentgelt erhalten habe. Dies gelte insbesondere für das Jahr 1986, in dem sie nach der Geburt des dritten Kindes von ihrem Arbeitgeber sog. Mutterunterstützung erhalten habe. Hierbei handele es sich um ein Bruttoarbeitsentgelt, sie sei wie eine Entgeltfortzahlung zu behandeln. Nach § 246 des Arbeitsgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik (AGB-DDR) habe bis zum Ende des ersten Lebensjahres ein Anspruch auf Freistellung von der Arbeit und Zahlung von Mütterunterstützung bestanden. Im Übrigen ließen sich die berücksichtigten Arbeitsentgelte nicht in Einklang mit den Angaben auf der Beitragsnachweiskarte und den (übersandten) Lohnabrechnungen bringen. Während des Klageverfahrens hat die Klägerin einen Antrag auf Feststellung höherer Entgelte unter Berücksichtigung von Prämien gestellt, woraufhin die Beklagte mit Feststellungsbescheid vom 22. September 2011 höhere Entgelte unter Berücksichtigung (nachgewiesener) zusätzlicher Einkünfte festgestellt hat (Bl. 83 GA). Das entsprechende Teil-Anerkenntnis hat die Klägerin mit Schreiben vom 14. November 2011 angenommen und um Fortführung des Rechtsstreits hinsichtlich der mit der Klage geltend gemachten Arbeitsentgelte ersucht.
Mit Gerichtsbescheid vom 3. September 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Bei der streitigen staatlichen Unterstützung in Form von Wochengeld und Mütterunterstützung handele es sich um Sozialleistungen und nicht um vom Arbeitgeber gezahltes Arbeitsentgelt, das nur im Interesse der Verwaltungsvereinfachung vom Arbeitgeber ausgezahlt worden sei. Weder die Mütterunterstützung nach der Verordnung zur Sozialversicherung der DDR (SVO-DDR) noch das vergleichbare Erziehungsgeld in der Bundesrepublik hätten am 1. August 1991 der Steuerpflicht unterlegen. Die Eintragungen in der Beitragsnachweiskarte seien nicht in der bescheinigten Höhe berücksichtigungsfähig, weil sich hieraus nicht die Höhe des tatsächlich erzielten Entgeltes ergebe. Auch die übersandten Lohnstreifen seien nicht aussagekräftig. Gegen den am 3. September 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 2. Oktober 2013 Berufung eingelegt. Sie begehrt weiterhin die Feststellung, dass die im Klageantrag benannte Mütterunterstützung bei der Feststellung der Arbeitsentgelte nach dem AAÜG Berücksichtigung finde. Hierbei sehe sie die Besonderheit, dass sie auch während der Zeiten der gewährten Leistungen Beiträge zum Zusatzversorgungssystem gezahlt habe. Nach der Richtlinie zur Durchführung der Ordnung über die freiwillige zusätzliche Altersversorgung der Mitarbeiter des Staatsapparates vom 17. Juni 1975 sei es der Wille des Verordnungsgebers gewesen, dass auch während des Bezuges von Mütterunterstützung, Schwangerengeld etc. Beiträge entsprechend der erhaltenen Leistungen gezahlt würden, sodass diese Leistungen Teil der späteren Rentenberechnung geworden seien. Es sei nicht ersichtlich, dass die vom Arbeitgeber als Ausgleich des Lohnverlustes gezahlte Leistung kein Arbeitsentgelt sein solle.
Der Kläger beantragt (sinngemäß und sachdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 3. September aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2009 sowie unter Abänderung des Feststellungsbescheides vom 23. Juli 2004 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 22. September 2011 zu verurteilen, für die Beschäftigungszeiten Juni bis September 1973, Juni bis August 1976, September bis Dezember 1985, Januar bis Dezember 1986 sowie Januar bis April 1987 zusätzliche Arbeitsentgelte, insbesondere in Form der erhaltenen Mütterunterstützung, festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Sie sei an die Entgeltbescheinigungen des Arbeitgebers gebunden, wobei die Landesdirektion D mit Schreiben vom 20. Juli 2011 nochmals ausdrücklich deren Richtigkeit bestätigt habe. Mütterunterstützung, Schwangerschaftsgeld und andere Barleistungen der Sozialversicherung gehörten nicht zum berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelt.
Dem Gericht lagen die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte beider Instanzen vor, worauf zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte, ohne mündlich zu verhandeln, entscheiden, weil die Beteiligten hiermit einverstanden sind, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Dresden hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 3. September 2013 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten 27. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Beklagte hat den Überprüfungsantrag der Klägerin nach § 44 SGB X zu Recht abgelehnt, weil die Voraussetzungen von § 44 SGB X nicht vorliegen. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Dies ist nicht der Fall, weil kein Anspruch der Klägerin auf Feststellung höherer Arbeitsentgelte besteht.
Gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) ähnlichen und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführenden (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. Juli 1996 - 4 RA 7/95 - SozR 3-8570 § 8 Nr. 2) Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen und diese dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung mitzuteilen. Zu diesen Daten gehören die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem (§ 8 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 5 AAÜG) und die tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat der Versorgungsträger dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung durch Bescheid bekannt zu geben. Vorliegend hat die Beklagte mit Feststellungsbescheid vom 23. Juli 2004 in der Fassung des Bescheides vom 22. September 2011 Zeiten der Zugehörigkeit zur Freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates nach Nr. 19 der Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Weitere Entgelte hatte die Beklagte nicht zu berücksichtigen.
1. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeits-entgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist dabei dem Entgeltbegriff im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG der bundesdeutsche Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne von § 14 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) zugrunde zu legen (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R – juris Rn. 25 m.w.N.). Danach sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen. § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG definiert den Begriff des Arbeitsentgelts hingegen nicht. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG jedoch, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln muss, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. Insoweit ist (auch noch) zu erkennen, dass es sich um eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung handeln muss (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R – juris Rn. 19).
An diesen Voraussetzungen fehlt es jedoch. Während der Zeiten des Bezuges von Mütterunterstützung, Schwangeren- und Wochengeld fehlt es bereits an einer (entgeltlichen) Beschäftigung.
a) Bei Sachverhalten, die sich historisch während und nach Maßgabe der Geltung von Bundesrecht entwickelt haben, beurteilt sich das Vorliegen einer Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Ausschlaggebende Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Beschäftigung sind die Tätigkeit nach Weisungen (Direktionsgewalt des Arbeitgebers) und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Unternehmens des Arbeitgebers. Bei der von § 5 AAÜG angeordneten Anwendung dieses Bundesrechts auf Sachverhalte und Ereignisse, die sich in der DDR zugetragen haben, ist jedoch stets zu beachten, dass die Betroffenen damals ihr Verhalten nicht nach dem Bundesrecht, sondern nach den Vorgaben der DDR ausgerichtet haben. Es ist deshalb stets wertend zu prüfen, ob ein solcher "DDR-Sachverhalt" in seinem wirtschaftlichen und sozialen Sinn und rechtlichen Gehalt der in einer Norm des Bundesrechts ausgeprägten (normativ gedachten) Wirklichkeit entspricht. Der in der DDR gegebene Sachverhalt kann also nicht unmittelbar unter einen Rechtsbegriff des Bundesrechts "subsumiert" werden. Vielmehr ist stets zu prüfen, ob dieser Rechtsbegriff auf einen solchen Sachverhalt nach Sinn und Zweck anwendbar ist und umgekehrt, ob ihm Sachverhalte in der DDR unterfallen. Da der Rechtsbegriff der Arbeitsverhältnisse im rechtlichen (nicht ideologischen) Kern übereinstimmte, ist die Feststellung, der früher Versorgungsberechtigte habe eine "Beschäftigung" ausgeübt, in der Regel unproblematisch zu treffen, wenn in der DDR ein Arbeitsverhältnis bestand, wobei es auch hier nicht auf die Bezeichnung, sondern auf den wirtschaftlichen und sozialen Inhalt ankommt (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2003 – B 4 RA 40/02 R –, juris Rn. 42 f.; Bayerisches LSG, Urteil vom 7. März 2012 – L 20 R 121/08 –, juris Rn. 48). Zwar bestand in den streitgegenständlichen Zeiträumen ein Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und des Rates des Bezirkes D bzw. der Staatlichen Versicherung der DDR. Allerdings hat die Klägerin während der Zeiten des Bezuges von Mütterunterstützung bzw. Schwangeren- und Wochengeld keine Beschäftigung für ihren Arbeitgeber ausgeübt. Sie war in dieser Zeit weder in den Arbeitsablauf des Arbeitgebers eingegliedert noch hat sie Tätigkeiten nach Weisung verrichtet. Sie war vielmehr – wie die Klägerin selbst vorträgt – für die Dauer des Bezuges von Mütterunterstützung und während des Schwangerschaftsurlaubs von der Tätigkeit für ihren Arbeitgeber freigestellt. Nach § 244 Abs. 1 Satz 1 AGB-DDR erhielten Frauen Schwangerschaftsurlaub für die Dauer von sechs Wochen vor der Entbindung und Wochenurlaub für die Dauer von 20 Wochen nach der Entbindung, wobei sie nach Absatz 4 der Vorschrift für die Dauer des Schwangerschafts- und Wochenurlaubs Schwangerschafts- und Wochengeld in Höhe des Nettodurchschnittsverdienstes von der Sozialversicherung erhielten. Nach § 246 Abs. 1 AGB-DDR waren Mütter auf Verlangen nach dem Wochenurlaub bis zum Ende des ersten Lebensjahres des Kindes von der Arbeit freizustellen, wobei sie während dieser Zeit unter bestimmten Voraussetzungen Mutterunterstützung von der Sozialversicherung erhielten, § 246 Abs. 4 Satz 1 AGB-DDR. Danach bestanden während dieser Zeiten keine Arbeitspflichten, denen die Klägerin im Übrigen auch nicht hätte nachkommen können. Insbesondere begründete die Zahlung von Schwangerschafts-, Wochengeld und Mütterunterstützung keine Arbeitspflichten, von diesen war die (werdende) Mutter gerade freigestellt. Erst recht übte die Klägerin während der Zeiten des Bezuges dieser Leistungen keine "entgeltliche" Beschäftigung aus. Die Erbringung von Arbeitsleistung gegen Entgelt war aber auch nach dem Arbeitsgesetzbuch der DDR gegenseitige Pflicht von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. So hat sich der "Werktätige" nach § 20 Abs. 2 AGB-DDR durch den Arbeitsvertrag verpflichtet, die Arbeitsaufgaben des vereinbarten Arbeitsbereiches zu erfüllen, sowie der Betrieb im Gegenzug, diesem Arbeitsaufgaben des vereinbarten Arbeitsbereiches zu übertragen und ihm Lohn nach seiner Leistung zu zahlen. Die Klägerin hat während dieser Bezugszeiten aber keine finanzielle Gegenleistung für eine ihrerseits dem Arbeitgeber erbrachte Leistung erhalten. Nach § 20 Abs. 2 AGB-DDR steht die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung des Lohnes nach Leistung des Arbeitnehmers im Gegenseitigkeitsverhältnis zu dessen Pflicht, die vereinbarten Arbeitsaufgaben zu erbringen. Da die Klägerin in den streitgegenständlichen Zeiträumen keine Arbeitsleistung in dem Sinne erbracht hat, stand ihr auch kein Anspruch auf Lohnzahlung zu. Dem entsprechend regeln § 244 Abs. 4 und § 246 Abs. 4 AGB-DDR im Falle der – hier vorliegenden – Freistellung von der Arbeit, dass – anstelle des vereinbarten Lohnes – ein Ausgleich in Form von Schwangerschafts-, Wochengeld und Mütterunterstützung gezahlt wird. Hierbei handelte es sich nicht um Lohnzahlungen als Gegenleistung für erbrachte Arbeit, sondern um ein Surrogat, das dem "besonderen Schutz der werktätigen Frau im Interesse der Mutterschaft" galt (vgl. Überschrift im 12. Kapitel des AGB-DDR vor §§ 242 ff.).
b) Einer Berücksichtigung der streitgegenständlichen Zahlungen als Arbeitsentgelte im Sinne der Rechtsprechung des BSG steht darüber hinaus entgegen, dass es sich – unabhängig von einer eventuellen Beitragspflicht in der Sozialversicherung der DDR oder der Beitragszahlung im Zusatzversorgungssystem – um Sozialleistungen gehandelt hat (vgl. im Hinblick auf die Zahlung von Krankengeld: BSG, Urteil vom 2. August 2000 – B 4 RA 41/99 R –, juris Rn. 18). Denn diese stellen bereits aufgrund ihrer Eigenschaft als Lohnersatzleistung kein Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB IV dar. Schwangeren- und Wochengeld sowie Mütterunterstützung wurden nach §§ 44 und 46 VO-SVO von der Sozialversicherung der DDR in Höhe des Nettodurchschnittsverdienstes bzw. in Höhe des Krankengeldes gezahlt, auf das die Mutter bei eigener Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit Anspruch hatte. Dahinstehen kann dabei, ob die Leistung vom Arbeitgeber oder von der Sozialversicherung ausgezahlt wurde. Auch wenn – wie die Klägerin vorträgt – Letzteres der Fall war, verliert die Zahlung allein durch die Art und Weise der Auszahlung nicht ihren Charakter als Lohnersatzleistung, und zwar unabhängig davon, wie sich dies der Klägerin subjektiv darstellte.
Eine andere Betrachtung folgt nicht aus der 2. Richtlinie zur Durchführung der Ordnung über die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates vom 17. Juni 1975 (2. FZAVR-StMitarb, in Aichberger II Nr. 209). Zwar zahlten nach § 7 Abs. 4 der 2. FZAVR-StMitarb Mitarbeiterinnen bei Bezug von Schwangeren- und Wochengeld Beiträge zur Altersversorgung abgeleitet von dem Bruttoverdienst, den sie im Monat vor Beginn der Zahlung dieser Leistungen erzielt haben (Satz 1), bzw. bei Zeiten der Freistellung von der Arbeit Beiträge in Höhe des Bruttoverdienstes, den sie bei voller Tätigkeit erzielt hätten (Satz 2). Aus dieser Vorschrift folgt jedoch nur, dass auch während des Bezuges von Lohnersatzleistungen Beiträge angelehnt an die Höhe der Leistung bzw. ihrer Bemessungsgrundlage zu zahlen waren. Auch dies ändert nichts daran, dass die (Ersatz-) Leistungen gerade nicht "aufgrund" einer Beschäftigung - als Gegenleistung für verrichtete Dienste - zugeflossen sind und damit kein Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB VI darstellen. Dass die Qualifizierung als Arbeitsentgelt unabhängig ist von einer Beitragszahlung im Zusatzversorgungssystem, hat das BSG in o.a. Entscheidung vom 2. August 2000 ausdrücklich ausgeführt (BSG, Urteil vom 2. August 2000 – B 4 RA 41/99 R –, juris Rn. 18).
2. Die Klägerin hat schließlich keinen Anspruch auf Feststellung von Arbeitsentgelten in der Höhe, die in ihrer Beitragsnachweiskarte aufgeführt sind.
Nach § 259b Abs. 1 Satz 1 SGB VI wird für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem im Sinne des AAÜG bei der Ermittlung der Entgeltpunkte der Verdienst nach dem AAÜG zugrunde gelegt. Die Art der Überführung regelt § 6 AAÜG, nach dessen Absatz 1 Satz 1 den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz für jedes Kalenderjahr als Verdienst das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen höchstens bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zu legen ist. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gehört hierzu auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt des Berechtigten. Danach stellt der Versorgungsträger, hier die Beklagte, in dem eingangs beschriebenen Verfahren u.a. die erzielten Arbeitsentgelte fest. Hier hat die Landesdirektion D bzw. die Allianz Versicherung AG als Rechtsnachfolger der früheren Arbeitgeber der Klägerin die – jeweils um die Arbeitsausfalltage bereinigten – tatsächlichen Arbeitsentgelte für die streitigen Zeiträume bescheinigt. Diese Arbeitsentgelte hat die Beklagte im Bescheid vom 23. Juli 2004 in der Gestalt des Bescheides vom 22. September 2011 – im Letzteren erhöht um die während des erstinstanzlichen Verfahrens beantragten Prämienzahlungen – vollständig und zutreffend übernommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Jacobi Dr. Lau Schurigt
Rechtskraft
Aus
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FSS
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