L 8 KA 16/14 ZVW

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 18 KA 250/06
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KA 16/14 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Beschränkung der Überweisung von Hochschulambulanzen an Vertragsärzte oder Medizinische Versorgungszentren

1. Die Abgeltungswirkung der Fallpauschale für die Behandlung in einer Hochschulambulanz steht einer Überweisung durch die Hochschulambulanz an externe Leistungserbringer nicht entgegen, wenn bei der betreffenden Leistung interne Überweisungen an andere Hochschulambulanzen derselben Hochschulklinik als eigener Behandlungsfall gelten.
2. Ob nach der Neufassung des § 117 SGB V durch das GKV- Versorgungsstärkungsgesetz vom 16.07.2015 (BGBl. I S. 1211) externe Überweisungen von Hochschulambulanzen noch zulässig sind, kann offenbleiben.
I. Das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 28. Juli 2010 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, unter Abänderung des Honorarbescheids vom 25. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Mai 2006 die Laborleistungen des von der Klägerin betriebenen Medizinischen Versorgungszentrums aufgrund von Überweisungen durch die Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums D zu vergüten und das Honorar für das Quartal II/2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 33.669,74 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist die Vergütung von Laborleistungen, die durch das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) eines Universitätsklinikums auf Überweisung von Hochschulambulanzen desselben Universitätsklinikums erbracht wurden.

Das klagende MVZ, das seit dem Quartal II/2005 mit drei angestellten Ärzten – zwei Allgemeinmedizinern und einem Laborarzt – an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, wird in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) geführt. Alleiniger Gesellschafter der GmbH ist das Universitätsklinikum C G C D an der Technischen Universität D. Dessen Hochschulambulanzen waren seit der Verselbständigung des Universitätsklinikums als Anstalt des öffentlichen Rechts durch das Sächsische Hochschulmedizingesetz vom 06.05.1999 (SächsGVBl. S. 207) zunächst befristet, dann seit dem 01.01.2001 unbefristet gemäß § 117 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zur ambulanten Behandlung gesetzlich Krankenversicherter in dem für die Forschung und Lehre erforderlichen Umfang ermächtigt (Beschluss des Zulassungsausschusses Ärzte D vom 25.09.2000).

Mit Honorarbescheid vom 25.10.2005 setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) das Honorar der Klägerin für das Quartal II/2005 auf 9.552,94 Euro fest. Bei der Berechnung des Honorars waren alle Laborleistungen, die die Klägerin auf Überweisung aus dem Universitätsklinikum erbracht hatte (1.825 Fälle) von der Honorarforderung abgesetzt worden. Zur Begründung dieser sachlich-rechne¬rischen Richtigstellung verwies die Beklagte auf einen Beschluss ihres Vorstandes, wonach Eingriffe in die Gesamtvergütung durch Überweisung aus dem Universitätsklinikum an das MVZ unterbunden werden sollten. Es bestehe der Verdacht, dass das MVZ vorrangig mit dem Ziel gegründet worden sei, aufgrund besserer Abrechnungsmöglichkeiten Leistungen in den vertragsärztlichen Bereich zu verschieben. Die Prüfung der Abrechnung des MVZ habe diesen Gestaltungsmissbrauch bestätigt.

Dem dagegen eingelegten Widerspruch half die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.05.2006 insoweit ab, als Laborleistungen, die nicht auf Überweisung der nach § 117 SGB V ermächtigten Hochschulambulanzen, sondern auf Überweisung von aus Sicherstellungsgründen ermächtigten Ärzten und Einrichtungen des Universitätsklinikums erbracht worden waren, nachvergütet wurden. Soweit die auf Überweisung der Hochschulambulanzen erbrachten Leistungen von der Honorarforderung der Klägerin abgesetzt worden waren, wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass die ermächtigten Hochschulambulanzen nicht befugt seien, Teilleistungen auf vertragsärztliche Leistungserbringer zu verlagern, weil dies Sinn und Zweck des Hochschulambulanzenvertrages zuwiderlaufe. Zudem seien Überweisungen durch eine ermächtigte Krankenhausfachambulanz gemäß § 24 Abs. 2 Satz 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä)/§ 27 Abs. 2 Satz 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) unzulässig, wenn die betreffenden Leistungen auch in der Einrichtung selbst oder in verselbstständigten Organisationseinheiten desselben Krankenhauses erbracht werden könnten. Dies sei hier der Fall, weil die Laborleistungen von dem Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin des Universitätsklinikums erbracht werden könnten.

Die dagegen am 28.06.2006 erhobene Klage hat das Sozialgericht Dresden (SG) mit Urteil vom 28.07.2010 (S 18 KA 250/06 – juris) abgewiesen. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung sei zu Recht erfolgt. Die Laborüberweisungen der Hochschulambulanzen und damit auch deren Ausführung und Abrechnung durch das MVZ der Klägerin verstießen gegen das Überweisungsverbot gemäß § 24 Abs. 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs. 2 Satz 4 EKV-Ä, da die Laborleistungen auch durch das nach § 117 SGB V ermächtigte Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin hätten erbracht werden können. Der Anwendungsbereich dieser bundesmantelvertraglichen Bestimmungen sei nicht auf poliklinische Einrichtungen im Sinne von § 311 SGB V beschränkt, sondern umfasse auch Hochschulambulanzen im Sinne von § 117 SGB V. Werde bei der Behandlung eines Versicherten in einer Hochschulambulanz eine weitere Diagnostik oder Therapie erforderlich, müsse diese weitere Leistung vorrangig in einer Hochschulambulanz der ermächtigten Hochschulklinik erbracht werden, ohne dass hierdurch die vom Forschungs- und Lehrauftrag vorgegebenen Grenzen der Ermächtigung verletzt würden. Die Klägerin, die an die Regelungen der Bundesmantelverträge gebunden sei, müsse das Überweisungsverbot gegen sich gelten lassen, ohne sich auf Vertrauensschutz berufen zu können.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 20.09.2010 Berufung eingelegt, mit der sie insbesondere die Unanwendbarkeit von § 24 Abs. 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs. 2 Satz 4 EKV-Ä auf Hochschulambulanzen geltend gemacht hat. Das Sächsische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung mit Urteil vom 14.11.2012 (L 8 KA 26/10 – juris) zurückgewiesen. Zu den "ermächtigten Krankenhausfachambulanzen" im Sinne von § 24 Abs. 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs. 2 Satz 4 EKV-Ä gehörten auch die Hochschulambulanzen, die nach § 117 Abs. 1 SGB V zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten ermächtigt seien. Denn unter "ermächtigten Krankenhausfachambulanzen" seien dem Wortsinn nach alle Ambulanzen an Krankenhäusern zu verstehen, die aufgrund einer Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnähmen und fachspezifisch seien. Alle diese Merkmale wiesen die Hochschulambulanzen auf. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei der Begriff der "ermächtigten Krankenhausfachambulanz" nicht untrennbar mit den fortbestehenden Einrichtungen des DDR-Gesundheitswesens nach § 311 Abs. 2 SGB V verbunden. Für ein wortlautgetreues Verständnis spreche der Zweck des Überweisungsverbots, die Einrichtung dazu anzuhalten, alle bei einem Versicherten im Krankheitsfall erforderlichen diagnostischen und therapeutischen Leistungen, zu denen sie in der Lage und berechtigt sei, selbst zu erbringen. Dass die Laborleistungen, die die Klägerin auf Überweisung von Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums D erbracht habe, auch durch das Universitätsklinikum selbst, nämlich durch sein Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin, hätten erbracht werden können, sei zwischen den Beteiligten unstreitig. Diese Hochschulambulanz sei zur Erbringung der Laborleistungen auch berechtigt gewesen. Die Unzulässigkeit der Überweisungen müsse die Klägerin gegen sich gelten lassen.

Die Klägerin hat die vom LSG zugelassenen Revision eingelegt und weiter geltend gemacht, Hochschulambulanzen seien keine ermächtigten Krankenhausfachambulanzen im Sinne von § 24 Abs. 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs. 2 Satz 4 EKV-Ä; dies ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte dieser Regelung und der Entwicklung des § 311 Abs. 2 SGB V. Mit Urteil vom 02.04.2014 (B 6 KA 20/13 R – juris) hat das Bundessozialgericht (BSG) das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die in den Bundesmantelverträgen getroffenen Regelungen zu Überweisungen seien entgegen der Auffassung der Klägerin nicht mangels ausreichender Ermächtigungsgrundlage unwirksam. Grundsätzlich nicht zu beanstanden sei § 24 Abs. 2 Satz 4 BMV-Ä in der seit dem 01.10.2013 geltenden Fassung. Danach seien Überweisungen durch ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen und ermächtigte Ärzte nur noch zulässig, soweit die Ermächtigung dies vorsehe; in der Ermächtigung seien die von der Überweisungsbefugnis umfassten Leistungen festzulegen. Auf diese Neufassung des BMV-Ä komme es im vorliegenden Fall, in dem Honorar für Leistungen im Quartal II/2005 streitig sei, nicht an. In der vor dem 01.10.2013 geltenden Fassung habe der BMV-Ä/EKV-Ä noch keine Vorschriften enthalten, die einer Überweisung durch Hochschulambulanzen an das klagende MVZ entgegenstünden. Die Bedeutung des Begriffs der Krankenhausfachambulanz in § 24 Abs. 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs. 2 Satz 4 EKV-Ä erschließe sich entgegen der Auffassung des LSG nicht aus der isolierten Betrachtung der Wortbestandteile "Krankenhaus", "Fach" und "Ambulanz". Vielmehr könne der Sinngehalt nur dem Zusammenhang, in dem das gesamte Wort verwendet werde, und dem historischen Kontext, in dem diese Regelung in den BMV-Ä eingefügt worden sei, entnommen werden. Danach könne der Begriff der Krankenhausfachambulanz nur dahin verstanden werden, dass die unselbstständigen "Fachambulanzen" an den ehemals staatlichen Krankenhäusern in den neuen Bundesländern gemeint seien. Zutreffend weise das LSG allerdings darauf hin, dass die Fachambulanzen, auf die sich § 311 Abs. 2 SGB V erstrecke, nicht ermächtigt, sondern kraft Gesetzes zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen seien. Allein hierauf könne es aber nicht entscheidend ankommen. Daraus dass die Bundesmantelverträge in der hier maßgebenden Fassung keine Regelung enthalten hätten, die einer Überweisung durch die Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums entgegenstünden, folge indessen nicht notwendig, dass die Überweisungen an das klagende MVZ zulässig gewesen seien. Vielmehr sei nicht auszuschließen, dass sich Überweisungsbeschränkungen aus dem Inhalt eines Vertrages nach § 117 Abs. 1 Satz 3 SGB V, aus der Ermächtigung gemäß § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB V oder aus der Vergütungsvereinbarung nach § 120 Abs. 3 Satz 1 SGB V ergäben. Dazu habe das LSG – von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht – keine Feststellungen getroffen.

Die Klägerin bringt vor, unter Berücksichtigung der Hinweise des BSG hätten keine Überweisungsbeschränkungen für Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums D bestanden. Insbesondere seien die von ihr abgerechneten Laborleistungen nicht schon mit den Fallpauschalen der Hochschulambulanzen abgegolten gewesen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 28. Juli 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Honorarbescheides vom 25. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Mai 2006 zu verpflichten, die Laborleistungen aufgrund von Überweisungen durch die Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums D zu vergüten und das Honorar für das Quartal II/2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Fallpauschalen für die ambulante Behandlung durch die Hochschulambulanzen seien im Ganzen gezahlt worden und in diesem Ganzen seien auch Laborleistungen enthalten gewesen. Letztere zulasten der Gesamtvergütung in den vertragsärztlichen Bereich zu überweisen, sei daher rechtsmissbräuchlich gewesen. Als die Abrechnung der Hochschulambulanzen noch über sie – die Beklagte – erfolgt sei, seien in erheblichem Umfang Laborleistungen über die Fallpauschalen abgerechnet worden.

Dem Senat haben die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakten aller Rechtszüge vorgelegen. Hierauf und auf die in den Gerichtsakten enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten sowie den übrigen Akteninhalt – insbesondere auf die von der Beklagten und den Beigeladenen vorgelegten Vertragsunterlagen – wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist begründet. Der Honorarbescheid der Beklagten vom 25.10.2005 für das Quartal II/2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.05.2006 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit die Laborleistungen nicht vergütet wurden, die das von ihr betriebene MVZ auf Überweisung von Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums D erbracht hat.

Rechtsgrundlage des Honoraranspruchs der Klägerin ist § 85 Abs. 4 SGB V in der Fassung des GKV-Moderni¬sierungs¬gesetzes vom 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190). Danach steht jedem Vertragsarzt und gemäß § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V auch jedem Träger eines zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen MVZ ein Anspruch auf Teilhabe an den von den Krankenkassen entrichteten Gesamtvergütungen entsprechend Art und Umfang der erbrachten abrechnungsfähigen Leistungen nach Maßgabe der Verteilungsregelungen im Honorarverteilungsmaßstab zu. Die zur Geltendmachung dieses Anspruchs erstellten Honorarabrechnungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen hat die beklagte KÄV gemäß § 106a Abs. 2 Abs. 1 SGB V auf ihre sachlich-rech¬ne¬rische Richtigkeit zu prüfen. Diese gesetzlich vorgeschriebene Prüfung zielt auf die Feststellung, ob die ärztlichen Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts – mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots – erbracht und abgerechnet worden sind (BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 6 KA 20/13 R – juris RdNr. 13; Urteil vom 23.06.2010 – B 6 KA 7/09 R – juris RdNr. 26; Urteil vom 10.12.2008 – B 6 KA 37/07 R – juris RdNr. 15).

Zu Unrecht hat die Beklagte von der Honoraranforderung der Klägerin die Laborleistungen abgesetzt, die in deren MVZ auf Überweisung von Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums D im Quartal II/2005 erbracht worden sind. Unstreitig ist, dass für diese Laborleistungen – abgesehen von dem von der Beklagten behaupteten Überweisungsverbot – alle Abrechnungsvoraussetzungen erfüllt sind. Insbesondere hat sich das MVZ bei der Erbringung der Laborleistungen im Rahmen seines Zulassungsstatus bewegt und haben die gemäß § 13 Abs. 4 BMV-Ä/§ 7 Abs. 4 EKV-Ä für die Inanspruchnahme von Laborärzten erforderlichen Überweisungen vorgelegen. Entgegen der Auffassung der Beklagten stehen der Abrechenbarkeit der Laborleistungen keine Überweisungsbeschränkungen entgegen, die den Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums D auferlegt waren und die die Klägerin gegen sich gelten lassen muss.

1. Wie das BSG in seinem Urteil vom 02.04.2014 – B 6 KA 20/13 R – für den Senat bindend (§ 170 Abs. 5 SGG) entschieden hat, kann aus § 24 Abs. 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs. 2 Satz 4 EKV-Ä in der im streitigen Zeitraum (Quartal II/2005) geltenden Fassung ein Überweisungsverbot für die Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums D nicht abgeleitet werden. Denn danach sind Hochschulambulanzen nicht als (ermächtigte) Krankenhausfachambulanzen im Sinne von § 24 Abs. 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs. 2 Satz 4 EKV-Ä anzusehen, sodass ihnen Überweisungen nicht untersagt waren, wenn die betreffenden Leistungen im organisatorischen Verbund des Krankenhauses (hier: von anderen Hochschulambulanzen der Hochschulklinik) hätten erbracht werden können (BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 6 KA 20/13 R – juris RdNr. 17 bis 26). Weitere Bestimmungen, die es Hochschulambulanzen verboten hätten, Leistungen an Leistungserbringer außerhalb der Hochschulklinik zu überweisen, enthielten die damaligen bundesmantelvertraglichen Regelungen nicht. Insbesondere war die vom BSG erwähnte Neufassung des § 24 Abs. 2 Satz 4 BMV-Ä (BSG a.a.O. juris RdNr. 16) noch nicht in Kraft, weshalb offen bleiben kann, ob diese ab 01.10.2013 geltende Fassung Überweisungen durch die Hochschulambulanzen an das MVZ der Klägerin entgegenstünde. Erst recht kann offen bleiben, ob nach der Neufassung des § 117 SGB V durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) vom 16.07.2015 (BGBl. I S. 1211) überhaupt noch externe Überweisungen von Hochschulambulanzen zulässig sind. Denn seither sind die Hochschulambulanzen kraft Gesetzes ermächtigt (§ 117 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der Fassung des GKV-VSG) und diese Ermächtigung enthält die bundesmantelvertraglich verlangte ausdrückliche Einräumung einer Überweisungsbefugnis nicht.

2. Ein Verbot externer Überweisungen lässt sich auch nicht aus dem Inhalt eines Vertrages nach § 117 Abs. 1 Satz 3 SGB V (dazu a), aus der Ermächtigung gemäß § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB V (dazu b) oder aus der Vergütungsvereinbarung nach § 120 Abs. 3 Satz 1 SGB V (dazu c) herleiten.

a) Derartige Überweisungsbeschränkungen konnten sich im Quartal II/2005 nicht aus einem Vertrag gemäß § 117 Abs. 3 Satz 1 SGB V ergeben. Denn die Wirksamkeit des Universitätspoliklinikenvertrages Sachsen vom 09.01.2002 (UPKV) – des letzten in Sachsen abgeschlossenen Vertrages gemäß § 117 Abs. 3 Satz 1 SGB V – endete nach seinem § 11 Abs. 1 am 31.12.2002. Der nachfolgende, mehrfach geänderte Hochschulambulanzenvertrag Ärzte Sachsen vom 17.04.2003 (HAmbV) ist ohne Beteiligung der beklagten KÄV abgeschlossen worden und ist schon deshalb kein Vertrag gemäß § 117 Abs. 3 Satz 1 SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 6 KA 20/13 R – juris RdNr. 33). Seit September 2003 strebte die Beklagte den Abschluss eines neuen Vertrags gemäß § 117 Abs. 1 Satz 3 SGB V mit den Krankenkassen und den Universitätskliniken an; die Vertragsverhandlungen sind jedoch bis zuletzt ergebnislos geblieben.

b) Ebenso wenig folgen Überweisungsbeschränkungen aus der Ermächtigung des Universitätsklinikums D gemäß § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB V.

Das Universitätsklinikum D ist durch Beschluss des Zulassungsausschusses Ärzte D vom 25.09.2000 mit Wirkung ab dem 01.01.2001 unbefristet gemäß § 117 SGB V zur ambulanten ärztlichen Behandlung gesetzlich krankenversicherter Patienten in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang ermächtigt worden. Einschränkungen der Befugnis zur Überweisung, wie sie das BSG in seinem Urteil vom 02.04.2014 (B 6 KA 20/13 R – juris RdNr. 34) erwogen hat, enthält der Ermächtigungsbescheid selbst nicht. Sie könnten sich allenfalls aus dem UPKV ergeben, der gemäß Ziff. 5 des Bescheides Bestandteil der Ermächtigung ist. Der UPKV seinerseits unterwirft Überweisungen durch die Hochschulambulanzen an externe Leistungserbringer keinen Einschränkungen. Überweisungen werden dort allein in § 4 Abs. 2 lit. b und § 7 Abs. 3 UPKV erwähnt. Dabei geht es aber nur um Überweisungen innerhalb der Hochschulklinik (begründen nach § 4 Abs. 2 lit. b UPKV keinen eigenen Behandlungsfall) und an die Hochschulambulanzen (nach 7 Abs. 3 UPKV Voraussetzung für deren Inanspruchnahme).

Ob die Zulassungsgremien nach der Änderung des § 117 SGB V durch das Fallpauschalengesetz (FPG) vom 23.04.2002 (BGBl. I S. 1412) zum 01.01.2003 das Recht hätten haben müssen, dem Universitätsklinikum D die nach alter Rechtslage unbefristet erteilte Ermächtigung abzuändern, um in dem Ermächtigungsbescheid selbst die Überweisung durch deren Hochschulambulanzen zu regeln (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 6 KA 20/13 R – juris RdNr. 34), kann dahinstehen. Denn eine entsprechende Entscheidung der Zulassungsgremien ist nicht ergangen. Stattdessen ist der UPKV, den sich der Ermächtigungsbescheid zu seinem Bestandteil macht, zum 31.12.2002 ausgelaufen, ohne von den Vertragsparteien verlängert oder durch einen Neuregelung ersetzt worden zu sein. Stattdessen sind wesentliche Regelungen des UPKV in den auf Grundlage des § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB V geschlossenen HAmbV überführt worden.

c) Aus der in der streitigen Zeit (Quartal II/2005) für die Hochschulambulanzen geltenden Vergütungsvereinbarung lässt sich ebenfalls kein Verbot externer Überweisungen herleiten.

(1) Solche Überweisungsbeschränkungen können nicht aus der Abgeltungswirkung der dem Universitätsklinikum D für die ambulante Behandlung in seinen Hochschulambulanzen gezahlten Fallpauschalen gefolgert werden.

Nach § 120 Abs. 3 Satz 1 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des FPG durfte die Vergütung von Leistungen der Hochschulambulanzen pauschaliert werden. Solche Pauschalierungen können bezogen auf die davon umfassten Leistungen wie ein Überweisungsverbot wirken (BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 6 KA 20/13 R – juris RdNr. 35). Wenn Laborleistungen, die zwar von der betreffenden Hochschulambulanz sich selbst, wohl aber hochschulklinikintern im Rahmen der Ermächtigung nach § 117 Abs. 1 SGB V erbracht werden können und dürfen, Gegenstand der vereinbarten Fallpauschale sind, kann die Abgeltungswirkung dieser Pauschale nicht dadurch umgangen werden, dass ein Teil der pauschal vergüteten Leistungen an externe Leistungserbringer überwiesen wird (BSG, a.a.O.).

Vorliegend waren die vom MVZ der Klägerin erbrachten Laborleistungen nicht Gegenstand der für die zugrunde liegende ambulante ärztliche Behandlung in den Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums D gezahlten Fallpauschalen nach dem HAmbV und damit auch nicht mit diesen bereits abgegolten. § 8 Abs. 1 HAmbV bestimmte, dass die Leistungen der ambulanten ärztlichen Behandlung in den Hochschulambulanzen pauschaliert vergütet wird (Satz 1); die Höhe der Pauschale war in der Anlage 2 geregelt (Satz 2). Dort war eine Pauschale je Behandlungsfall und Quartal vorgesehen (Ziffer II Abs. 1 Anlage 2 HAmbV). Als Behandlungsfall galt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 HAmbV die "gesamte Untersuchung und Behandlung desselben Anspruchsberechtigten während eines Kalendervierteljahres in einer poliklinischen Einrichtung zu Lasten desselben Kostenträgers". Wenn eine Leistung von einer poliklinischen Einrichtung – d.h. einer Hochschulambulanz im Sinne des durch das FPG neu gefassten § 117 SGB V – nicht durchgeführt werden konnte und dann von dieser gemäß § 3 Abs. 1 HAmbV intern an eine andere Hochschulambulanz überwiesen wurde, handelte es sich nach § 4 Abs. 1 Satz 1 HAmbV um einen neuen Behandlungsfall, der mit einer eigenen Fallpauschale zu vergüten war. Denn dann lag nicht – wie § 4 Abs. 1 Satz 1 HAmbV voraussetzt – eine Untersuchung und Behandlung in "einer" der poliklinischen Einrichtungen vor, sondern in "mehreren" dieser Einrichtungen. Daran ändert der Umstand nichts, dass nach § 4 Abs. 1 Satz 1 HAmbV der Behandlungsfall die "gesamte" Untersuchung und Behandlung desselben Versicherten umfasst, da diese in "einer" Hochschulambulanz durchgeführt werden muss. Eine Ausnahme davon, dass interne Überweisungen weitere Behandlungsfälle begründen, macht § 4 Abs. 2 lit. a HAmbV. Danach zählen Leistungen, die ohne direkten Arzt-Patientenkontakt erbracht werden, nicht als Behandlungsfälle. Davon nimmt § 4 Abs. 2 lit. a HAmbV aber gerade Laboraufträge von innerhalb und außerhalb des Universitätsklinikums aus. Diese Gegenausnahme stellt klar, dass die interne Überweisung von Laborleistungen einen neuen Behandlungsfall begründet, der folglich mit einer eigenen Fallpauschale zu vergüten ist.

Dass die Laborleistungen nicht mit den Fallpauschalen für die zugrunde liegenden ambulanten ärztlichen Behandlungen in den überweisenden Hochschulambulanzen abgegolten waren, ergibt sich nicht nur aus Wortlaut und systematischem Zusammenhang von § 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 lit. a HAmbV, sondern auch aus dem Vergleich mit den Vorgängerregelungen. Während die Parallelvorschriften im UPKV vom 09.01.2002 wortgleich waren, wiesen die entsprechenden Bestimmungen in dem davor geltenden Universitätspoliklinikenvertrag Sachsen vom 14.07.1995 (UPKV 1995) bezeichnende Abweichungen auf: Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UPKV 1995 galt nämlich als Behandlungsfall "die gesamte Untersuchung und Behandlung desselben Anspruchsberechtigten während eines Kalendervierteljahres in einer oder mehreren Universitätspolikliniken". Ferner bestimmte § 4 Abs. 2 lit. a UPKV 1995, dass "Überweisungen innerhalb der Universitätspolikliniken" nicht als gesonderte Behandlungsfälle zählen. Folglich stellte § 4 Abs. 1 Satz 1 HAmbV nicht ohne Grund auf die Untersuchung und Behandlung in "einer" Hochschulambulanz ab. Vielmehr sollte in Abkehr von der Rechtslage nach dem UPKV 1995 mit der einzelnen Fallpauschale nicht mehr die gesamte Untersuchung und Behandlung eines Patienten in allen Hochschulambulanzen der Hochschulklinik abgegolten sein, sondern nur noch diejenige in der einzelnen Hochschulambulanz. Beredt ist auch der Vergleich von § 4 Abs. 2 lit. a HAmbV mit § 4 Abs. 2 lit. a UPKV 1995: Während nach § 4 Abs. 2 lit. a UPKV 1995 Überweisungen zwischen den Hochschulambulanzen nicht als eigene Behandlungsfälle zählten und folglich auch keine neuen Fallpauschalen auslösen konnten, war dies nach § 4 Abs. 2 lit. a HAmbV bei Laboraufträgen innerhalb des Universitätsklinikums gerade nicht mehr der Fall.

Waren somit die hier streitigen Laborleistungen, die in den überweisenden Hochschulambulanzen nicht erbracht werden konnten, nicht mit der Fallpauschale abgegolten, die jeweils von der Krankenkasse für die ambulante ärztliche Behandlung in der Hochschulambulanz entrichtet wurde, stellt sich die externe Überweisung dieser Laborleistungen an das MVZ der Klägerin auch nicht als rechtsmissbräuchlich dar.

(2) Ein Überweisungsverbot lässt sich auch sonst nicht dem HAmbV entnehmen. Aus dem Umstand, dass die von der Beklagten beanstandeten Laborleistungen ebenso gut auf interne Überweisungen nach § 3 Abs. 1 HAmbV vom Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin hätten erbracht werden und jeweils mit einer weiteren Fallpauschale gegenüber den Krankenkassen abgerechnet werden können, kann nicht geschlossen werden, dass der HAmbV externe Überweisungen in diesen Fällen ausschließen wollte.

Gerade wenn – wie hier nach § 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 lit. a HAmbV – die Abgeltungswirkung einer Fallpauschale nicht die erforderlichen Laborleistungen erfassen sollte, hätte es einer ausdrücklichen Regelung bedurft, dass bei Laborleistungen ausschließlich eine interne Überweisung an andere Hochschulambulanzen zulässig ist. Eine solche Regelung wäre schon deshalb erforderlich gewesen, weil ein Verbot externer Überweisungen von der aus § 24 BMV-Ä/§ 27 EKV-Ä folgenden grundsätzlichen Berechtigung aller vertragsärztlicher Leistungserbringer zur Überweisung (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 6 KA 20/13 R – juris RdNr. 14) abgewichen wäre, der in Übereinstimmung mit § 4 Abs. 1 Satz 2 BMV-Ä/§ 8 Abs. 3 EKV-Ä nach § 10 Abs. 1 HAmbV auch für Hochschulambulanzen galt.

Zudem waren die Vertragsparteien der Vergütungsvereinbarung schon lange vor Gründung des klagenden MVZ mit der Frage konfrontiert, ob den Hochschulambulanzen in Anlehnung an § 24 Abs. 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs. 2 Satz 4 EKV-Ä die externe Überweisung von Leistungen untersagt werden sollte, die innerhalb der Hochschulklinik erbracht werden können. Die Beklagte hatte mit Schreiben vom 25.09.2003 in den Verhandlungen zu einem neuen Vertrag nach § 117 Abs. 1 Satz 3 SGB V eine entsprechende Regelung vorgeschlagen (§ 3 Abs. 1 des Vertragsentwurfs: "Überweisungen durch eine Hochschulambulanz oder eines in dieser Einrichtung tätig gewordenen Arztes an zugelassene Ärzte [Vertragsärzte] sind nicht zulässig, wenn die betreffenden Leistungen an der Hochschulambulanz selbst erbracht werden können.") und auf dieser bis zum Abbruch der Verhandlungen bestanden. In Kenntnis dessen haben sich die Krankenkassen zu keiner Zeit um die Aufnahme eines entsprechenden Überweisungsverbots in den auf der Grundlage des § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB V und damit ohne die beklagte KÄV geschlossenen HAmbV bemüht.

Lässt sich demnach dem HAmbV ein Verbot der externen Überweisung von Laborleistungen, die auch intern hätten erbracht werden können, nicht entnehmen, stellt sich auch nicht die Frage, ob die Beklagte an der Berufung auf ein solches Überweisungsverbot durch eine davon abweichende einvernehmliche Vertragspraxis gehindert wäre (zu diesem Gedanken: BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 6 KA 20/13 R – juris RdNr. 36).

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Kosten der Beigeladenen sind nach § 162 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig.

III.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.

IV.

Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 47 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.

Dr. Wahl Kirchberg Stinshoff
Rechtskraft
Aus
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