Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 16 RS 897/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RS 88/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Geltendmachung zusätzlicher Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien
Den Zufluss und die Höhe geltend gemachter Jahresendprämien hat die Klägerin durch Vorlage schriftlicher Zeugenerklärungen u.a. des ehemaligen Generaldirektors des Kombinats glaubhaft gemacht.
Den Zufluss und die Höhe geltend gemachter Jahresendprämien hat die Klägerin durch Vorlage schriftlicher Zeugenerklärungen u.a. des ehemaligen Generaldirektors des Kombinats glaubhaft gemacht.
I. Die Berufung der Beklagten wird unter folgender Maßgabe zurückgewiesen: Das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 16. Januar 2014 wird neu gefasst: Die Beklagte wird unter Abänderung des Feststellungsbescheides vom 7. Dezember 2000, zuletzt in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 14. Februar 2012, dieser in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2012 verurteilt, weitere Arbeitsentgelte im Rahmen der festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben festzustellen: Zuflussjahr Höhe 1973 648,51 1974 744,20 1975 739,15
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Wege des Überprüfungsverfahrens darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für den verstorbenen Ehemann der Klägerin im Zeitraum 1973 bis 1975, der als Zeit seiner Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) anerkannt ist, höhere Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von Jahresendprämien festzustellen.
Die Klägerin ist Witwe und Rechtsnachfolgerin des am 23. November 2006 verstorbenen G B (Versicherter). Sie bezieht eine große Witwenrente aus dessen Versicherung.
Der Versicherte ist am 15. Juni 1977 dem Zusatzversorgungssystem für Mitarbeiter des Staatsapparates beigetreten. In den Jahren 1973 bis 1975 war er als Kombinatsdispatcher im VEB Braunkohlekombinat G , einem Kombinatsbetrieb des Volkseigenen Braunkohlekombinats (VE BKK) S , beschäftigt (vgl. Sozialversicherungsausweis, Anlage zur Verwaltungsakte [VA] der Beklagten). Mit Feststellungsbescheid vom 7. Dezember 2000 (Bl. 17 VA) stellte die Beklagte die Zeiträume 16. September 1968 bis 3. Mai 1970 und 1. November 1971 bis 14. Juni 1977 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz, den Zeitraum 15. Juni 1977 bis 31. März 1979 als Zeit der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates und den Zeitraum 1. April 1979 bis 30. Juni 1990 wiederum als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz mit entsprechenden Arbeitsentgelten fest. Auf mehrere Überprüfungsanträge des Versicherten bzw. der Klägerin, mit denen die Berücksichtigung von Jahresendprämien begehrt wurde, fasste die Beklagte den Feststellungsbescheid unter dem 8. September 2009 (Bl 48 VA) und 10. März 2010 (Bl. 99 VA) neu. Auf den Überprüfungsantrag der Klägerin vom 18. Mai 2011, mit dem sie die Berücksichtigung von Bergmannsprämien begehrte, fasste die Beklagte den Feststellungsbescheid unter dem 13. Juli 2011 wiederum neu, wobei sie dem Begehren der Klägerin teilweise entsprach. Auf den Widerspruch der Klägerin stellte sie mit Feststellungsbescheid vom 11. Oktober 2011 (Bl. 142 VA) höhere Arbeitsentgelte fest. Hiergegen erhob sie erneut Widerspruch mit der Begründung, die Jahresendprämie sei im Jahr 1977 noch nicht zutreffend berücksichtigt worden. Neben dem Widerspruch bat sie um Feststellung höherer Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von Jahresendprämien für die Jahre 1973 bis 1975 laut der im Parteibuch ausgewiesenen höheren Mitgliedsbeiträge, das sie in Kopie vorlegte (Bl. 20 ff. VA). Dem Widerspruch half die Beklagte mit neuerlichem Feststellungsbescheid vom 14. Februar 2012 ab, wobei sie das zusätzliche Begehren der Klägerin – Feststellung höherer Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von Jahresendprämien in den Jahren 1973 bis 1975 – unberücksichtigt ließ. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 25. April 2012 zurück. Höhere Arbeitsentgelte in den Jahren 1973 bis 1975 seien weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.
Mit ihrer am 22. Mai 2012 vor dem Sozialgericht Dresden erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie habe die Zahlung von Jahresendprämien an den Versicherten in den Jahren 1973 bis 1975 glaubhaft gemacht. Die Klägerin hat eine eidesstattliche Erklärung des ehemaligen Generaldirektors des VE BKK S , H P , vom 26. April 2010 sowie des ehemaligen Direktors für Sozialökonomie, Dr. D W , vom 11. April 2010 und eine (ebenfalls eidesstattlich versicherte) Ergänzung vom 13. Februar 2012 vorgelegt. Mit Urteil vom 16. Januar 2014 hat das Sozialgericht Dresden die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2012 verurteilt, für den verstorbenen Ehemann der Klägerin die jeweils im Kalendermonat März ausgewiesenen zusätzlichen Parteibeiträge anhand er Beitragstabelle vom 1. August 1971 umzurechnen und als glaubhaft gemachten Verdienst zu fünf Sechsteln zu berücksichtigen. Die Klägerin habe Zufluss und Höhe der Jahresendprämien glaubhaft gemacht.
Gegen das am 27. Januar 2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29. Januar 2014 Berufung eingelegt. Parteibeiträge seien generell nicht geeignet, Arbeitsverdienste festzustellen. Eine verlässliche Rückrechnung von dem erhöhten Parteibeitrag auf die zugeflossenen Verdienstbestandteile sei nicht möglich. Ein Parteibuch könne mithin kein Mittel der Glaubhaftmachung für Jahresendprämien sein.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 16. Januar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Dem Gericht lagen die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte beider Rechtszüge vor, worauf zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte, ohne mündlich zu verhandeln, entscheiden, weil die Beteiligten hiermit einverstanden sind, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Sozialgericht Dresden hat die Beklagte mit Urteil vom 16. Januar 2014 unter Änderung des Bescheides vom 14. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2012 (allerdings fehlerhaft nicht unter Änderung des Feststellungsbescheides vom 7. Dezember 2000) zu Recht verurteilt, höhere Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von in den Jahren 1973, 1974 und 1975 gezahlten Jahresendprämien (zu 5/6) festzustellen. Der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2000 in der letzten Fassung des Bescheides 14. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2012 ist (insoweit) rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Die Beklagte hat den Überprüfungsantrag der Klägerin nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu Unrecht abgelehnt, soweit sie damit die Berücksichtigung weiterer Entgelte für die Zuflussjahre 1973 bis 1975 in Höhe von 5/6 des durchschnittlichen Monatsbruttoentgeltes begehrt. Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Diese Voraussetzungen liegen teilweise vor. Der Feststellungsbescheid vom 7. Dezember 2000, zuletzt in der Fassung vom 14. Februar 2012, ist dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1973 bis 1975 aufgrund zu berücksichtigender Jahresendprämien höhere Arbeitsentgelte im tenorierten Umfang festzustellen sind.
Gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversor-gungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volksei-genen und ihnen gleichgestellten Betrieben zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) ähnlichen und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführenden (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. Juli 1996 - 4 RA 7/95 - SozR 3-8570 § 8 Nr. 2) Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat die Beklagte mit Feststellungsbescheid vom 7. Dezember 2000, zuletzt in der Gestalt des Feststellungsbescheides vom 14. Februar 2012, für den Versicherten die Zeiten vom 16. September bis 3. Mai 1970 und 1. November 1971 bis 14. Juni 1977 als solche der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz, den Zeitraum 15. Juni 1977 bis 31. März 1979 als Zeit der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates und den Zeitraum 1. April 1979 bis 30. Juni 1990 wiederum als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Weitere Entgelte in Form von Jahresendprämien in den Zuflussjahren 1973 bis 1975 hat sie (in Höhe von 5/6) zu Unrecht nicht berücksichtigt.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeits-entgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist dabei dem Entgeltbegriff im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG der bundesdeutsche Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne von § 14 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) zugrunde zu legen (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R –, SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 – juris Rn. 25 m.w.N.)
1. Arbeitsentgelt in diesem Sinne sind nach der Rechtsprechung des BSG auch die in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlte Jahresendprämien, weil es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die von dem Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt, dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig gewesen ist (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 – juris Rn. 21 ff.). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) unter anderem das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt nach den Ausführungen des BSG im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 S. 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten, die im Regelfall mit dem Betriebsergebnis verknüpft waren und eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben sollten. Lohn und Prämien waren "Formen der Verteilung nach Arbeitsleistung" (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007, a.a.O. Rn. 30 unter Verweis auf: Arbeitsrecht - Lehrbuch, herausgegeben von einem Autorenkollektiv, Staatsverlag der DDR, Berlin 1983, S. 193). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert, wobei die Voraussetzungen ihrer Gewährung in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden mussten. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR [AGB-DDR]) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 AGB-DDR). Sie diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben, war bezogen auf das Planjahr und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie. Nach § 117 Abs. 1 AGB-DDR bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebs war (BSG, Urteil vom 23. August 2007, a.a.O. Rn. 31).
Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämie gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger die Voraussetzungen der §§ 117, 118 AGB-DDR erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast. Mithin wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Der Kläger hat, um eine Feststellung zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen, also tatsächlich gezahlt worden ist.
Nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht hierbei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Dabei ist neben dem Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden, wonach, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt wird (st. Rspr. des 5. Senats des LSG Chemnitz, vgl. u.a. Urteile vom 21. Juli 2015 – L 5 RS 668/14 –, vom 12. Mai 2015 – L 5 RS 424/14 – und vom 28. April 2015 – L 5 RS 450/14 – sowie LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Oktober 2014 – L 33 R 151/13 – juris Rn. 38).
Die Klägerin hat den Zufluss und die Höhe von an den Versicherten ausgezahlten Jahresendprämien in den Jahren 1973 bis 1975 (für die Beschäftigungsjahre 1972 bis 1974) zwar nicht nachgewiesen, jedoch glaubhaft gemacht.
a) Die Klägerin verfügt nicht über Quittungen, auf denen die (Bar-)Auszahlung der jeweiligen Prämie bestätigt wird. Nachweise zu an den Versicherten gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, wie sich aus den Schreiben der Firmen Rhenus Office Systems GmbH vom 13. Juli 2009 und den Bescheinigungen der Vattenfall Europe Mining AG vom 22. Juni und 20. September 2011 ergibt. Die ehemals die Lohn- und Betriebsunterlagen des Beschäftigungsbetriebes des Versicherten verwaltende Archivfirma Rhenus Office Systems GmbH hatte im Rahmen des Verwaltungsverfahrens mitgeteilt, dass keine Unterlagen für die Prämienzahlungen (mehr) vorhanden sind. Die von der Firma Vattenfall Europe Mining AG übersandten Bescheinigungen über Arbeitsentgelte wurden von der Beklagten berücksichtigt. Die im Streit stehenden Jahresendprämien waren nicht darunter.
Der Nachweis ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin vorgelegten Kopien des Parteibuches. Denn darin ist für die streitigen Zuflussjahre 1973 bis 1975 – anders als in anderen Jahren – gerade nicht die Höhe der zugeflossenen Jahresendprämie konkret vermerkt. Auch ist die Behauptung, die im Mitgliedsbuch eingetragen erhöhten Beiträge beruhten auf gezahlten Jahresendprämien, ist nicht geeignet, ihren Zufluss nachzuweisen oder – für sich genommen – glaubhaft zu machen, wenn den Beitragseinträgen nicht entnommen werden kann, auf welchen konkreten Lohnbestandteil die erhöhten Beiträge entrichtet wurden (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Urteile vom 7. August 2012 - L 5 RS 45/10 - juris Rn. 26 ff., vom 21. August 2012 - L 5 RS 480/11 – juris Rn. 29 ff. – L 5 RS 572/11 – juris Rn. 29 ff. – und L 5 RS 88/10 – juris Rn. 28 ff.). Zwar sind in den Zuflussjahren 1973 bis 1975 jeweils im Monat März erhöhte Parteibeiträge im SED-Mitgliedsbuch eingetragen. Woraus diese allerdings resultieren, ist daraus weder ersichtlich noch explizit vermerkt.
b) Jedoch konnte die Klägerin den Zufluss und die Höhe der Prämien glaubhaft machen.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft gemacht anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun überwiegender Wahrscheinlichkeit, das heißt der guten Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (BSG, Urteil vom 22. September 1977 – 10 RV 15/77 – BSGE 45, 9 ff – juris Rn. 32, Urteil vom 17. Dezember 1988 – 12 RK 42/80 – BSG SozR 5070 § 3 Nr. 1 – juris Rn. 26 und Beschluss vom 10. August 1989 - 4 BA 94/89 – juris Rn. 7). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Vielmehr genügt es, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber einer das Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben – Vollbeweis und hinreichende Wahrscheinlichkeit – reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Gericht ist aufgrund der Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG grundsätzlich darin frei, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 V 23/01 B –, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4, SozR 3-1500 § 160a Nr. 33, SozR 3-1500 § 170 Nr. 9 – juris Rn. 5).
aa) Ausgehend von diesen Maßstäben hat die Klägerin glaubhaft gemacht, dass die oben genannten Voraussetzungen für den Bezug der Jahresendprämien durch den Versicherten vorlagen und er sie jeweils erhalten hat.
(1) Ausweislich der Eintragungen in seinem Sozialversicherungsausweis (vgl. Anlage zur VA) war er während der gesamten Jahre 1973 bis 1975 im VEB BKK G beschäftigt, was nach § 117 Abs. 1 Voraussetzung 3 AGB-DDR für den Anspruch auf Zahlung einer Jahresendprämie vorausgesetzt war.
(2) Glaubhaft gemacht ist auch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv, dem der Versicherte angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war sowie er und sein Arbeitskollektiv die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt haben, § 117 Abs. 1 Voraussetzungen 1 und 2 AGB-DDR.
Zum einen sprechen hierfür die in der DDR geltenden gesetzlichen Regelungen im AGB-DDR, das in den §§ 28 ff. einen eigenen Abschnitt für den Betriebskollektivvertrag enthielt. Nach § 28 Abs. 1 AGB-DDR war er zwischen dem Betriebsleiter und der Betriebsgewerkschaftsleitung abzuschließen, was mithin zwingend vorgesehen war. Nach Absatz 1 Satz 3 dieser Vorschrift sind darin u.a. die arbeitsrechtlichen Regelungen zu treffen, die "entsprechend den Rechtsvorschriften" in ihm zu vereinbaren sind, wozu nach § 118 Abs. 1 AGB-DDR auch die Voraussetzungen für die Gewährung und die Höhe der Jahresendprämien gehörten. Dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Jahresendprämien in den jeweiligen Betriebskollektivverträgen zwingend zu vereinbaren bzw. festzulegen waren, ergibt sich zudem aus den diese Festlegungen konkretisierenden Verordnungen. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahr 1972 - Prämienfond-VO 1972 – (GBl. DDR II S. 49), die durch die Zweite Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe vom 21. Mai 1973 (GBl. DDR I S. 293) geändert wurde, und § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 der Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe – Prämienfond-VO 1982 – (BGl. DDR I S. 595) ist die Verwendung des Prämienfonds in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren. Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972 bzw. § 8 Abs. 3 Satz 3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982 ist dabei u.a. zu vereinbaren, unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet werden.
Hierfür sprechen auch die schriftlichen Erklärungen der Zeugen H P (ehemaliger Generaldirektor des Kombinats) und Dr. D W (ehemaliger Direktor für Sozialökonomie des Kombinats) vom 11. und 26. April 2010 sowie die schriftliche Zusatzerklärung des Zeugen P vom 13. Februar 2012 in Verbindung mit den – ausschließlich als individuelles Indiz im hiesigen Einzelfall herangezogenen – Eintragungen in das SED-Parteibuch des Versicherten. Die Zeugen P und Dr. W erklärten unter anderem, dass in sämtlichen zum Kombinat (VE Braunkohlenkombinat S ) gehörenden Kombinatsbetrieben, und damit auch im explizit aufgeführten VEB Braunkohlewerk G K , an jeden Beschäftigten in den Jahren von 1969 bis 1989 jeweils eine Jahresendprämie gezahlt wurde, weil dies im Rahmenkollektivvertrag "als neue Form der persönlichen materiellen Interessiertheit" der Beschäftigten festgelegt war. In der schriftlichen Zusatzerklärung des Zeugen P vom 13. Februar 2012 führte dieser konkretisierend aus, oberstes Gebot für die Zuführung der Jahresendprämie im Kombinat über die Mindestgrenze hinaus, die jedem Beschäftigten im Kombinat zustand, sei stets die Planerfüllung des Vorjahres durch den einzelnen Betrieb gewesen. Die Planerfüllung des Kombinats sei grundsätzlich durch das übergeordnete Organ (bis 1971 die VVB Braunkohle C , seit 1972 bis 1990 das Ministerium für Kohle und Energie) bestätigt worden. Nach Bestätigung der Jahresendprämien sei die Auszahlung derselben meist in den Monaten Februar oder März des Folgejahres erfolgt. In Fällen geringerer Planerfüllung habe auf Antrag der Kombinatsleitung beim übergeordneten Organ immer nachträglich eine sog. Plankorrektur stattgefunden, sodass das Ist-Ergebnis zum Soll-Ergebnis erhoben wurde. Da der Anteil jedes Einzelnen an der Planerfüllung des Kombinats nicht exakt mess- bzw. nachweisbar und damit nicht bewertbar war, sei die Jahresendprämie quasi als 13. Monatsgehalt angesehen worden. Damit im Einklang stehend weisen die Eintragungen im SED-Parteibuch des Ehemannes der Klägerin jeweils im März der Jahre 1973, 1974 und 1975 höhere Mitgliedsbeiträge – "Zweiundfünzig 30/100" in den Jahren 1973 und 1974 bzw. "Sechsundfünfzig 30/100" im Jahr 1975 – als in den übrigen Monaten "Zwanzig .../100" aus. Dies allein ist für eine Glaubhaftmachung zwar – wie dargelegt – nicht ausreichend, kann jedoch als zusätzliches Indiz im konkreten Fall herangezogen werden.
bb) Die konkrete Höhe der Jahresendprämien konnte die Klägerin – da bereits der Nachweis ihres Zuflusses nicht gelang – nicht nachweisen, allerdings ebenfalls glaubhaft machen.
Weder den Erklärungen der Zeugen noch den Eintragungen in das SED-Parteibuch kann die Höhe der Jahresendprämien mit an Sicherheit grenzender bzw. überwiegender Wahrscheinlichkeit entnommen werden. Sie wurde jedoch glaubhaft gemacht. So erklärten die Zeugen P und Dr. W , dass im Rahmenkollektivvertrag die Zahlung einer Jahresendprämie an die Beschäftigten festgelegt war und ausgehend von den im jeweiligen Jahr erzielten Produktionsergebnissen des Kombinates jeweils der zutreffende Prozentsatz zur Ermittlung der Jahresendprämie festgestellt wurde. Bezugsgröße dieses Prozentsatzes war dabei immer das durchschnittliche monatliche Bruttogehalt des Beschäftigten im Vorjahr, also ein Zwölftel des Jahresbruttoverdienstes des Vorjahres. Als verbindliche Prozentsätze wurden für die einzelnen Jahre (unter anderem) festgelegt: - für das Jahr 1972: 79,10 Prozent, - für das Jahr 1973: 88,30 Prozent, - für das Jahr 1974: 87,75 Prozent.
In seiner schriftlichen Zusatzerklärung vom 13. Februar 2012 führte der Zeuge P zudem aus, dass diese verbindlichen Prozentsätze durch den ehemaligen Hauptbuchhalter des VE BKK S , R E (bereits Anfang 2010 verstorben) akribisch aus den ehemaligen Betriebsunterlagen herausgearbeitet wurden.
Vor diesem Hintergrund kann im vorliegenden konkreten Einzelfall davon ausgegangen werden, dass dem Versicherten der konkrete Prozentanteil seines jeweiligen monatlichen Jahresdurchschnittsbruttolohnes als Jahresendprämie zugeflossen ist, weil an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen keine Zweifel bestehen. Der Generaldirektor und der Direktor für Sozialökonomie des Kombinates, die sich des ehemaligen Hauptbuchhalters des Kombinates bedienten, sind sachkundige Personen, die über die Erfüllung der Planziele und die kombinatsseitigen Festlegungen Auskunft geben können. Als Besonderheit in der zugrunde liegenden Sachverhaltskonstellation wurde, wie aus den Angaben der Zeugen übereinstimmend und nachvollziehbar hervorgeht, im Kombinat für alle Kombinatsbetriebe – ausgehend von der Planerfüllungsquote des Kombinates – ein konkreter Prozentsatz der Jahresendprämienzahlung festgelegt, der als geeigneter Maßstab herangezogen werden kann. Plausibel ist dies im vorliegenden Fall auch deshalb, weil nicht pauschal der durchschnittliche Bruttomonatslohn eines (jeden) Beschäftigten als Maßstab der Jahresendprämienzahlung behauptet wird, der nach dem Recht der DDR gerade nicht der Basis-, Ausgangs- oder Grundwert zur Berechnung einer Jahresendprämie war (vgl. dazu Sächsisches Landessozialgericht, Urteile vom 4. Februar 2014 - L 5 RS 462/13 – juris Rn. 45 ff., vom 28. April 2015 - L 5 RS 450/14 – juris Rn. 42 ff., vom 12. Mai 2015 - L 5 RS 382/14 – juris Rn. 47 ff., vom 12. Mai 2015 - L 5 RS 424/14 – juris Rn. 50 ff., vom 21. Juli 2015 - L 5 RS 668/14 – juris Rn. 54 ff., vom 27. Oktober 2015 - L 5 RS 80/15 – juris Rn. 49 ff., vom 10. November 2015 - L 5 RS 206/15 – juris Rn. 49 ff., vom 8. Dezember 2015 - L 5 RS 152/15 – juris Rn. 51 ff., vom 5. Januar 2016 - L 5 RS 158/15 – juris Rn. 51 ff. und vom 16. Februar 2016 – L 5 RS 758/13 - juris), sondern explizit die im jeweiligen Jahr erzielten Produktionsergebnisse des Kombinats.
Als jährlicher Basiswert der Prämienhöhe ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte der jeweils im Planungsjahr erzielte durchschnittliche Bruttomonatslohn zu Grunde zu legen, wie er sich aus dem Feststellungsbescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2000 ergibt. Spätere Fassungen des Feststellungsbescheids sind hingegen nicht heranzuziehen, weil in ihm bereits zusätzliche Zahlungen in Form von Jahresendprämien und zusätzlichen Belohnungen berücksichtigt wurden. Die Anknüpfung an den durchschnittlichen Bruttomonatslohn ist vor allem deshalb gerechtfertigt, weil auch die staatlichen Prämienverordnungen, die die in den Betriebskollektivverträgen festzulegenden Voraussetzungen für die Zahlung von Jahresendprämien konkretisierten, für die Höhe der Jahresendprämien an den durchschnittlichen Monatsverdienst anknüpften. So betrug die Jahresendprämie nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und 3 Prämienfond-VO 1972 mindestens ein Drittel und maximal das Zweifache des monatlichen Durchschnittsverdienstes des Werktätigen. Diese Anknüpfung wird durch die benannten Regelungen in den vorgelegten Betriebskollektivverträgen bestätigt. Von diesem Betrag ist ein Abschlag in Höhe eines Sechstel sachlich gerechtfertigt, weil die Klägerin bereits den Zufluss der Jahresendprämie lediglich glaubhaft machen konnte. Dies folgt aus dem Rechtsgedanken des § 6 Abs. 6 AAÜG, wonach der glaubhaft gemachte Teil eines Verdienstes nur in dieser Höhe berücksichtigt wird. Dies muss erst recht gelten, wenn lediglich der Zufluss des Verdienstes glaubhaft gemacht wurde.
Hieraus ergeben sich folgende zu berücksichtigende Jahresendprämien:
Anspruchs- jahr Jahresarbeits-verdienst in Mark Monatsdurch-schnitts-verdienst in Mark JEP in Höhe der Glaubhaftmachung davon 5/6 in Mark Zuflussjahr 1972 11.805,94 983,83 79,10 % 778,21 648,51 1973 1973 12.136,47 1.011,37 88,30 % 893,04 744,20 1974 1974 12.129,58 1.010,80 87,75 % 886,98 739,15 1975
Der Tenor war (lediglich) insoweit abzuändern, dass die konkrete Höhe der glaubhaft gemachten Prämien ausdrücklich benannt wird und dass zusätzlich der Feststellungsbescheid vom 7. Dezember 2000, zuletzt in der Fassung des Bescheides vom 14. Februar 2012, geändert wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Jacobi Dr. Lau Schurigt
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Wege des Überprüfungsverfahrens darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für den verstorbenen Ehemann der Klägerin im Zeitraum 1973 bis 1975, der als Zeit seiner Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) anerkannt ist, höhere Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von Jahresendprämien festzustellen.
Die Klägerin ist Witwe und Rechtsnachfolgerin des am 23. November 2006 verstorbenen G B (Versicherter). Sie bezieht eine große Witwenrente aus dessen Versicherung.
Der Versicherte ist am 15. Juni 1977 dem Zusatzversorgungssystem für Mitarbeiter des Staatsapparates beigetreten. In den Jahren 1973 bis 1975 war er als Kombinatsdispatcher im VEB Braunkohlekombinat G , einem Kombinatsbetrieb des Volkseigenen Braunkohlekombinats (VE BKK) S , beschäftigt (vgl. Sozialversicherungsausweis, Anlage zur Verwaltungsakte [VA] der Beklagten). Mit Feststellungsbescheid vom 7. Dezember 2000 (Bl. 17 VA) stellte die Beklagte die Zeiträume 16. September 1968 bis 3. Mai 1970 und 1. November 1971 bis 14. Juni 1977 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz, den Zeitraum 15. Juni 1977 bis 31. März 1979 als Zeit der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates und den Zeitraum 1. April 1979 bis 30. Juni 1990 wiederum als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz mit entsprechenden Arbeitsentgelten fest. Auf mehrere Überprüfungsanträge des Versicherten bzw. der Klägerin, mit denen die Berücksichtigung von Jahresendprämien begehrt wurde, fasste die Beklagte den Feststellungsbescheid unter dem 8. September 2009 (Bl 48 VA) und 10. März 2010 (Bl. 99 VA) neu. Auf den Überprüfungsantrag der Klägerin vom 18. Mai 2011, mit dem sie die Berücksichtigung von Bergmannsprämien begehrte, fasste die Beklagte den Feststellungsbescheid unter dem 13. Juli 2011 wiederum neu, wobei sie dem Begehren der Klägerin teilweise entsprach. Auf den Widerspruch der Klägerin stellte sie mit Feststellungsbescheid vom 11. Oktober 2011 (Bl. 142 VA) höhere Arbeitsentgelte fest. Hiergegen erhob sie erneut Widerspruch mit der Begründung, die Jahresendprämie sei im Jahr 1977 noch nicht zutreffend berücksichtigt worden. Neben dem Widerspruch bat sie um Feststellung höherer Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von Jahresendprämien für die Jahre 1973 bis 1975 laut der im Parteibuch ausgewiesenen höheren Mitgliedsbeiträge, das sie in Kopie vorlegte (Bl. 20 ff. VA). Dem Widerspruch half die Beklagte mit neuerlichem Feststellungsbescheid vom 14. Februar 2012 ab, wobei sie das zusätzliche Begehren der Klägerin – Feststellung höherer Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von Jahresendprämien in den Jahren 1973 bis 1975 – unberücksichtigt ließ. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 25. April 2012 zurück. Höhere Arbeitsentgelte in den Jahren 1973 bis 1975 seien weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.
Mit ihrer am 22. Mai 2012 vor dem Sozialgericht Dresden erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie habe die Zahlung von Jahresendprämien an den Versicherten in den Jahren 1973 bis 1975 glaubhaft gemacht. Die Klägerin hat eine eidesstattliche Erklärung des ehemaligen Generaldirektors des VE BKK S , H P , vom 26. April 2010 sowie des ehemaligen Direktors für Sozialökonomie, Dr. D W , vom 11. April 2010 und eine (ebenfalls eidesstattlich versicherte) Ergänzung vom 13. Februar 2012 vorgelegt. Mit Urteil vom 16. Januar 2014 hat das Sozialgericht Dresden die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2012 verurteilt, für den verstorbenen Ehemann der Klägerin die jeweils im Kalendermonat März ausgewiesenen zusätzlichen Parteibeiträge anhand er Beitragstabelle vom 1. August 1971 umzurechnen und als glaubhaft gemachten Verdienst zu fünf Sechsteln zu berücksichtigen. Die Klägerin habe Zufluss und Höhe der Jahresendprämien glaubhaft gemacht.
Gegen das am 27. Januar 2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29. Januar 2014 Berufung eingelegt. Parteibeiträge seien generell nicht geeignet, Arbeitsverdienste festzustellen. Eine verlässliche Rückrechnung von dem erhöhten Parteibeitrag auf die zugeflossenen Verdienstbestandteile sei nicht möglich. Ein Parteibuch könne mithin kein Mittel der Glaubhaftmachung für Jahresendprämien sein.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 16. Januar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Dem Gericht lagen die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte beider Rechtszüge vor, worauf zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte, ohne mündlich zu verhandeln, entscheiden, weil die Beteiligten hiermit einverstanden sind, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Sozialgericht Dresden hat die Beklagte mit Urteil vom 16. Januar 2014 unter Änderung des Bescheides vom 14. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2012 (allerdings fehlerhaft nicht unter Änderung des Feststellungsbescheides vom 7. Dezember 2000) zu Recht verurteilt, höhere Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von in den Jahren 1973, 1974 und 1975 gezahlten Jahresendprämien (zu 5/6) festzustellen. Der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2000 in der letzten Fassung des Bescheides 14. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2012 ist (insoweit) rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Die Beklagte hat den Überprüfungsantrag der Klägerin nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu Unrecht abgelehnt, soweit sie damit die Berücksichtigung weiterer Entgelte für die Zuflussjahre 1973 bis 1975 in Höhe von 5/6 des durchschnittlichen Monatsbruttoentgeltes begehrt. Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Diese Voraussetzungen liegen teilweise vor. Der Feststellungsbescheid vom 7. Dezember 2000, zuletzt in der Fassung vom 14. Februar 2012, ist dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1973 bis 1975 aufgrund zu berücksichtigender Jahresendprämien höhere Arbeitsentgelte im tenorierten Umfang festzustellen sind.
Gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversor-gungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volksei-genen und ihnen gleichgestellten Betrieben zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) ähnlichen und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführenden (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. Juli 1996 - 4 RA 7/95 - SozR 3-8570 § 8 Nr. 2) Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat die Beklagte mit Feststellungsbescheid vom 7. Dezember 2000, zuletzt in der Gestalt des Feststellungsbescheides vom 14. Februar 2012, für den Versicherten die Zeiten vom 16. September bis 3. Mai 1970 und 1. November 1971 bis 14. Juni 1977 als solche der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz, den Zeitraum 15. Juni 1977 bis 31. März 1979 als Zeit der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates und den Zeitraum 1. April 1979 bis 30. Juni 1990 wiederum als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Weitere Entgelte in Form von Jahresendprämien in den Zuflussjahren 1973 bis 1975 hat sie (in Höhe von 5/6) zu Unrecht nicht berücksichtigt.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeits-entgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist dabei dem Entgeltbegriff im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG der bundesdeutsche Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne von § 14 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) zugrunde zu legen (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R –, SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 – juris Rn. 25 m.w.N.)
1. Arbeitsentgelt in diesem Sinne sind nach der Rechtsprechung des BSG auch die in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlte Jahresendprämien, weil es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die von dem Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt, dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig gewesen ist (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 – juris Rn. 21 ff.). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) unter anderem das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt nach den Ausführungen des BSG im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 S. 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten, die im Regelfall mit dem Betriebsergebnis verknüpft waren und eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben sollten. Lohn und Prämien waren "Formen der Verteilung nach Arbeitsleistung" (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007, a.a.O. Rn. 30 unter Verweis auf: Arbeitsrecht - Lehrbuch, herausgegeben von einem Autorenkollektiv, Staatsverlag der DDR, Berlin 1983, S. 193). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert, wobei die Voraussetzungen ihrer Gewährung in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden mussten. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR [AGB-DDR]) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 AGB-DDR). Sie diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben, war bezogen auf das Planjahr und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie. Nach § 117 Abs. 1 AGB-DDR bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebs war (BSG, Urteil vom 23. August 2007, a.a.O. Rn. 31).
Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämie gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger die Voraussetzungen der §§ 117, 118 AGB-DDR erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast. Mithin wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Der Kläger hat, um eine Feststellung zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen, also tatsächlich gezahlt worden ist.
Nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht hierbei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Dabei ist neben dem Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden, wonach, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt wird (st. Rspr. des 5. Senats des LSG Chemnitz, vgl. u.a. Urteile vom 21. Juli 2015 – L 5 RS 668/14 –, vom 12. Mai 2015 – L 5 RS 424/14 – und vom 28. April 2015 – L 5 RS 450/14 – sowie LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Oktober 2014 – L 33 R 151/13 – juris Rn. 38).
Die Klägerin hat den Zufluss und die Höhe von an den Versicherten ausgezahlten Jahresendprämien in den Jahren 1973 bis 1975 (für die Beschäftigungsjahre 1972 bis 1974) zwar nicht nachgewiesen, jedoch glaubhaft gemacht.
a) Die Klägerin verfügt nicht über Quittungen, auf denen die (Bar-)Auszahlung der jeweiligen Prämie bestätigt wird. Nachweise zu an den Versicherten gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, wie sich aus den Schreiben der Firmen Rhenus Office Systems GmbH vom 13. Juli 2009 und den Bescheinigungen der Vattenfall Europe Mining AG vom 22. Juni und 20. September 2011 ergibt. Die ehemals die Lohn- und Betriebsunterlagen des Beschäftigungsbetriebes des Versicherten verwaltende Archivfirma Rhenus Office Systems GmbH hatte im Rahmen des Verwaltungsverfahrens mitgeteilt, dass keine Unterlagen für die Prämienzahlungen (mehr) vorhanden sind. Die von der Firma Vattenfall Europe Mining AG übersandten Bescheinigungen über Arbeitsentgelte wurden von der Beklagten berücksichtigt. Die im Streit stehenden Jahresendprämien waren nicht darunter.
Der Nachweis ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin vorgelegten Kopien des Parteibuches. Denn darin ist für die streitigen Zuflussjahre 1973 bis 1975 – anders als in anderen Jahren – gerade nicht die Höhe der zugeflossenen Jahresendprämie konkret vermerkt. Auch ist die Behauptung, die im Mitgliedsbuch eingetragen erhöhten Beiträge beruhten auf gezahlten Jahresendprämien, ist nicht geeignet, ihren Zufluss nachzuweisen oder – für sich genommen – glaubhaft zu machen, wenn den Beitragseinträgen nicht entnommen werden kann, auf welchen konkreten Lohnbestandteil die erhöhten Beiträge entrichtet wurden (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Urteile vom 7. August 2012 - L 5 RS 45/10 - juris Rn. 26 ff., vom 21. August 2012 - L 5 RS 480/11 – juris Rn. 29 ff. – L 5 RS 572/11 – juris Rn. 29 ff. – und L 5 RS 88/10 – juris Rn. 28 ff.). Zwar sind in den Zuflussjahren 1973 bis 1975 jeweils im Monat März erhöhte Parteibeiträge im SED-Mitgliedsbuch eingetragen. Woraus diese allerdings resultieren, ist daraus weder ersichtlich noch explizit vermerkt.
b) Jedoch konnte die Klägerin den Zufluss und die Höhe der Prämien glaubhaft machen.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft gemacht anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun überwiegender Wahrscheinlichkeit, das heißt der guten Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (BSG, Urteil vom 22. September 1977 – 10 RV 15/77 – BSGE 45, 9 ff – juris Rn. 32, Urteil vom 17. Dezember 1988 – 12 RK 42/80 – BSG SozR 5070 § 3 Nr. 1 – juris Rn. 26 und Beschluss vom 10. August 1989 - 4 BA 94/89 – juris Rn. 7). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Vielmehr genügt es, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber einer das Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben – Vollbeweis und hinreichende Wahrscheinlichkeit – reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Gericht ist aufgrund der Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG grundsätzlich darin frei, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 V 23/01 B –, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4, SozR 3-1500 § 160a Nr. 33, SozR 3-1500 § 170 Nr. 9 – juris Rn. 5).
aa) Ausgehend von diesen Maßstäben hat die Klägerin glaubhaft gemacht, dass die oben genannten Voraussetzungen für den Bezug der Jahresendprämien durch den Versicherten vorlagen und er sie jeweils erhalten hat.
(1) Ausweislich der Eintragungen in seinem Sozialversicherungsausweis (vgl. Anlage zur VA) war er während der gesamten Jahre 1973 bis 1975 im VEB BKK G beschäftigt, was nach § 117 Abs. 1 Voraussetzung 3 AGB-DDR für den Anspruch auf Zahlung einer Jahresendprämie vorausgesetzt war.
(2) Glaubhaft gemacht ist auch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv, dem der Versicherte angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war sowie er und sein Arbeitskollektiv die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt haben, § 117 Abs. 1 Voraussetzungen 1 und 2 AGB-DDR.
Zum einen sprechen hierfür die in der DDR geltenden gesetzlichen Regelungen im AGB-DDR, das in den §§ 28 ff. einen eigenen Abschnitt für den Betriebskollektivvertrag enthielt. Nach § 28 Abs. 1 AGB-DDR war er zwischen dem Betriebsleiter und der Betriebsgewerkschaftsleitung abzuschließen, was mithin zwingend vorgesehen war. Nach Absatz 1 Satz 3 dieser Vorschrift sind darin u.a. die arbeitsrechtlichen Regelungen zu treffen, die "entsprechend den Rechtsvorschriften" in ihm zu vereinbaren sind, wozu nach § 118 Abs. 1 AGB-DDR auch die Voraussetzungen für die Gewährung und die Höhe der Jahresendprämien gehörten. Dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Jahresendprämien in den jeweiligen Betriebskollektivverträgen zwingend zu vereinbaren bzw. festzulegen waren, ergibt sich zudem aus den diese Festlegungen konkretisierenden Verordnungen. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahr 1972 - Prämienfond-VO 1972 – (GBl. DDR II S. 49), die durch die Zweite Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe vom 21. Mai 1973 (GBl. DDR I S. 293) geändert wurde, und § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 der Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe – Prämienfond-VO 1982 – (BGl. DDR I S. 595) ist die Verwendung des Prämienfonds in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren. Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972 bzw. § 8 Abs. 3 Satz 3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982 ist dabei u.a. zu vereinbaren, unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet werden.
Hierfür sprechen auch die schriftlichen Erklärungen der Zeugen H P (ehemaliger Generaldirektor des Kombinats) und Dr. D W (ehemaliger Direktor für Sozialökonomie des Kombinats) vom 11. und 26. April 2010 sowie die schriftliche Zusatzerklärung des Zeugen P vom 13. Februar 2012 in Verbindung mit den – ausschließlich als individuelles Indiz im hiesigen Einzelfall herangezogenen – Eintragungen in das SED-Parteibuch des Versicherten. Die Zeugen P und Dr. W erklärten unter anderem, dass in sämtlichen zum Kombinat (VE Braunkohlenkombinat S ) gehörenden Kombinatsbetrieben, und damit auch im explizit aufgeführten VEB Braunkohlewerk G K , an jeden Beschäftigten in den Jahren von 1969 bis 1989 jeweils eine Jahresendprämie gezahlt wurde, weil dies im Rahmenkollektivvertrag "als neue Form der persönlichen materiellen Interessiertheit" der Beschäftigten festgelegt war. In der schriftlichen Zusatzerklärung des Zeugen P vom 13. Februar 2012 führte dieser konkretisierend aus, oberstes Gebot für die Zuführung der Jahresendprämie im Kombinat über die Mindestgrenze hinaus, die jedem Beschäftigten im Kombinat zustand, sei stets die Planerfüllung des Vorjahres durch den einzelnen Betrieb gewesen. Die Planerfüllung des Kombinats sei grundsätzlich durch das übergeordnete Organ (bis 1971 die VVB Braunkohle C , seit 1972 bis 1990 das Ministerium für Kohle und Energie) bestätigt worden. Nach Bestätigung der Jahresendprämien sei die Auszahlung derselben meist in den Monaten Februar oder März des Folgejahres erfolgt. In Fällen geringerer Planerfüllung habe auf Antrag der Kombinatsleitung beim übergeordneten Organ immer nachträglich eine sog. Plankorrektur stattgefunden, sodass das Ist-Ergebnis zum Soll-Ergebnis erhoben wurde. Da der Anteil jedes Einzelnen an der Planerfüllung des Kombinats nicht exakt mess- bzw. nachweisbar und damit nicht bewertbar war, sei die Jahresendprämie quasi als 13. Monatsgehalt angesehen worden. Damit im Einklang stehend weisen die Eintragungen im SED-Parteibuch des Ehemannes der Klägerin jeweils im März der Jahre 1973, 1974 und 1975 höhere Mitgliedsbeiträge – "Zweiundfünzig 30/100" in den Jahren 1973 und 1974 bzw. "Sechsundfünfzig 30/100" im Jahr 1975 – als in den übrigen Monaten "Zwanzig .../100" aus. Dies allein ist für eine Glaubhaftmachung zwar – wie dargelegt – nicht ausreichend, kann jedoch als zusätzliches Indiz im konkreten Fall herangezogen werden.
bb) Die konkrete Höhe der Jahresendprämien konnte die Klägerin – da bereits der Nachweis ihres Zuflusses nicht gelang – nicht nachweisen, allerdings ebenfalls glaubhaft machen.
Weder den Erklärungen der Zeugen noch den Eintragungen in das SED-Parteibuch kann die Höhe der Jahresendprämien mit an Sicherheit grenzender bzw. überwiegender Wahrscheinlichkeit entnommen werden. Sie wurde jedoch glaubhaft gemacht. So erklärten die Zeugen P und Dr. W , dass im Rahmenkollektivvertrag die Zahlung einer Jahresendprämie an die Beschäftigten festgelegt war und ausgehend von den im jeweiligen Jahr erzielten Produktionsergebnissen des Kombinates jeweils der zutreffende Prozentsatz zur Ermittlung der Jahresendprämie festgestellt wurde. Bezugsgröße dieses Prozentsatzes war dabei immer das durchschnittliche monatliche Bruttogehalt des Beschäftigten im Vorjahr, also ein Zwölftel des Jahresbruttoverdienstes des Vorjahres. Als verbindliche Prozentsätze wurden für die einzelnen Jahre (unter anderem) festgelegt: - für das Jahr 1972: 79,10 Prozent, - für das Jahr 1973: 88,30 Prozent, - für das Jahr 1974: 87,75 Prozent.
In seiner schriftlichen Zusatzerklärung vom 13. Februar 2012 führte der Zeuge P zudem aus, dass diese verbindlichen Prozentsätze durch den ehemaligen Hauptbuchhalter des VE BKK S , R E (bereits Anfang 2010 verstorben) akribisch aus den ehemaligen Betriebsunterlagen herausgearbeitet wurden.
Vor diesem Hintergrund kann im vorliegenden konkreten Einzelfall davon ausgegangen werden, dass dem Versicherten der konkrete Prozentanteil seines jeweiligen monatlichen Jahresdurchschnittsbruttolohnes als Jahresendprämie zugeflossen ist, weil an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen keine Zweifel bestehen. Der Generaldirektor und der Direktor für Sozialökonomie des Kombinates, die sich des ehemaligen Hauptbuchhalters des Kombinates bedienten, sind sachkundige Personen, die über die Erfüllung der Planziele und die kombinatsseitigen Festlegungen Auskunft geben können. Als Besonderheit in der zugrunde liegenden Sachverhaltskonstellation wurde, wie aus den Angaben der Zeugen übereinstimmend und nachvollziehbar hervorgeht, im Kombinat für alle Kombinatsbetriebe – ausgehend von der Planerfüllungsquote des Kombinates – ein konkreter Prozentsatz der Jahresendprämienzahlung festgelegt, der als geeigneter Maßstab herangezogen werden kann. Plausibel ist dies im vorliegenden Fall auch deshalb, weil nicht pauschal der durchschnittliche Bruttomonatslohn eines (jeden) Beschäftigten als Maßstab der Jahresendprämienzahlung behauptet wird, der nach dem Recht der DDR gerade nicht der Basis-, Ausgangs- oder Grundwert zur Berechnung einer Jahresendprämie war (vgl. dazu Sächsisches Landessozialgericht, Urteile vom 4. Februar 2014 - L 5 RS 462/13 – juris Rn. 45 ff., vom 28. April 2015 - L 5 RS 450/14 – juris Rn. 42 ff., vom 12. Mai 2015 - L 5 RS 382/14 – juris Rn. 47 ff., vom 12. Mai 2015 - L 5 RS 424/14 – juris Rn. 50 ff., vom 21. Juli 2015 - L 5 RS 668/14 – juris Rn. 54 ff., vom 27. Oktober 2015 - L 5 RS 80/15 – juris Rn. 49 ff., vom 10. November 2015 - L 5 RS 206/15 – juris Rn. 49 ff., vom 8. Dezember 2015 - L 5 RS 152/15 – juris Rn. 51 ff., vom 5. Januar 2016 - L 5 RS 158/15 – juris Rn. 51 ff. und vom 16. Februar 2016 – L 5 RS 758/13 - juris), sondern explizit die im jeweiligen Jahr erzielten Produktionsergebnisse des Kombinats.
Als jährlicher Basiswert der Prämienhöhe ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte der jeweils im Planungsjahr erzielte durchschnittliche Bruttomonatslohn zu Grunde zu legen, wie er sich aus dem Feststellungsbescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2000 ergibt. Spätere Fassungen des Feststellungsbescheids sind hingegen nicht heranzuziehen, weil in ihm bereits zusätzliche Zahlungen in Form von Jahresendprämien und zusätzlichen Belohnungen berücksichtigt wurden. Die Anknüpfung an den durchschnittlichen Bruttomonatslohn ist vor allem deshalb gerechtfertigt, weil auch die staatlichen Prämienverordnungen, die die in den Betriebskollektivverträgen festzulegenden Voraussetzungen für die Zahlung von Jahresendprämien konkretisierten, für die Höhe der Jahresendprämien an den durchschnittlichen Monatsverdienst anknüpften. So betrug die Jahresendprämie nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und 3 Prämienfond-VO 1972 mindestens ein Drittel und maximal das Zweifache des monatlichen Durchschnittsverdienstes des Werktätigen. Diese Anknüpfung wird durch die benannten Regelungen in den vorgelegten Betriebskollektivverträgen bestätigt. Von diesem Betrag ist ein Abschlag in Höhe eines Sechstel sachlich gerechtfertigt, weil die Klägerin bereits den Zufluss der Jahresendprämie lediglich glaubhaft machen konnte. Dies folgt aus dem Rechtsgedanken des § 6 Abs. 6 AAÜG, wonach der glaubhaft gemachte Teil eines Verdienstes nur in dieser Höhe berücksichtigt wird. Dies muss erst recht gelten, wenn lediglich der Zufluss des Verdienstes glaubhaft gemacht wurde.
Hieraus ergeben sich folgende zu berücksichtigende Jahresendprämien:
Anspruchs- jahr Jahresarbeits-verdienst in Mark Monatsdurch-schnitts-verdienst in Mark JEP in Höhe der Glaubhaftmachung davon 5/6 in Mark Zuflussjahr 1972 11.805,94 983,83 79,10 % 778,21 648,51 1973 1973 12.136,47 1.011,37 88,30 % 893,04 744,20 1974 1974 12.129,58 1.010,80 87,75 % 886,98 739,15 1975
Der Tenor war (lediglich) insoweit abzuändern, dass die konkrete Höhe der glaubhaft gemachten Prämien ausdrücklich benannt wird und dass zusätzlich der Feststellungsbescheid vom 7. Dezember 2000, zuletzt in der Fassung des Bescheides vom 14. Februar 2012, geändert wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Jacobi Dr. Lau Schurigt
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