Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 11 KA 254/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KA 10/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Vertragsarztangelegenheiten
zur Streitwertfestsetzung bei Stufenklagen betreffend den Einbehalt zur Förderung der integrierten Versorgung
Sind im Falle einer Stufenklage, mit der die Darlegung der Verwendung des Einbehalts zur Förderung der integrierten Versorgung gemäß § 140d Abs. 1 Satz 4 SGB V a.F. und die Auszahlung ggf. nicht verwendeter Mittel gemäß § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. verlangt wird, keine Angaben oder Anhaltspunkte ersichtlich, die eine Schätzung der (Mindest-) Höhe des Zahlungsanspruchs erlauben, ist der Streitwert auf den Auffangstreitwert (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 52 Abs. 2 GKG) festzusetzen, auch wenn der Einbehalt, auf
den sich der Auskunftsanspruch bezieht und der die Höhe des möglichen Zahlungsanspruchs nach oben begrenzt, einen wesentlichen höheren Betrag betrifft (hier über 1,9 Mio. EUR).
zur Streitwertfestsetzung bei Stufenklagen betreffend den Einbehalt zur Förderung der integrierten Versorgung
Sind im Falle einer Stufenklage, mit der die Darlegung der Verwendung des Einbehalts zur Förderung der integrierten Versorgung gemäß § 140d Abs. 1 Satz 4 SGB V a.F. und die Auszahlung ggf. nicht verwendeter Mittel gemäß § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. verlangt wird, keine Angaben oder Anhaltspunkte ersichtlich, die eine Schätzung der (Mindest-) Höhe des Zahlungsanspruchs erlauben, ist der Streitwert auf den Auffangstreitwert (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 52 Abs. 2 GKG) festzusetzen, auch wenn der Einbehalt, auf
den sich der Auskunftsanspruch bezieht und der die Höhe des möglichen Zahlungsanspruchs nach oben begrenzt, einen wesentlichen höheren Betrag betrifft (hier über 1,9 Mio. EUR).
I. Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 4. März 2016 abgeändert und der Streitwert für das Verfahren vor dem Sozialgericht endgültig auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
II. Kosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erstattet.
Gründe:
I.
Die beschwerdeführende Beklagte wendet sich gegen eine Streitwertfestsetzung.
Die klagende Kassenärztliche Vereinigung hat mit ihrer am 22. Dezember 2011 zum Sozialgericht Dresden (SG) erhobenen Klage beantragt, die beklagte Krankenkasse zu verurteilen, eine umfassende Auskunft gemäß § 140d Abs. 1 Satz 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der seit 1. April 2007 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstär¬kungs¬¬ge¬set¬zes vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378; nachfolgend a.F.) über die Verwendung der nach § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. einbehaltenen Mittel der Gesamtvergütung zur Förderung der integrierten Versorgung zu erteilen und nach der Auskunft gemäß § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. die weder für Verträge zur integrierten Versorgung einbehaltenen noch zur Förderung der integrierten Versorgung verwendeten Mittel auszuzahlen. Vorgerichtlich habe die Beklagte zwar mitgeteilt, dass lediglich eine mit ihr fusionierte Krankenkasse einbehaltene Mittel in Höhe von 1.705,58 EUR nicht verbraucht habe. Diesen Betrag habe die Beklagte aber zum einen noch nicht gezahlt, zum anderen schulde sie detaillierte Angaben zur Verwendung aller einbehaltenen Mittel. Die Beklagte hat erwidert, dass die Klägerin nicht eine Auskunft im begehrten Umfang verlangen könne. Die Beteiligten haben – nach Hinweis des SG, dass eine umfassende Auskunft zu erteilen sei – im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2014 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, nach dem die Beklagte zur vollumfänglichen Erledigung des Rechtsstreits an die Klägerin 30 Prozent der einbehaltenen Mittel in Höhe von 1.941.180,85 EUR – d.h. 582.354,25 EUR – zu zahlen und 70 % der Verfahrenskosten zu übernehmen hat.
Daraufhin haben die Beteiligten übereinstimmend die Festsetzung des Streitwerts auf 5.000,00 EUR befürwortet. Die Beklagte hat hervorgehoben, dass sich nach Prüfung der betreffenden Verträge zur integrierten Versorgung und der Verwendungsnachweise unter Umständen kein Zahlungsanspruch oder ein Zahlungsanspruch deutlich unter der Vergleichssumme ergeben hätte. Es lägen keinerlei Anhaltspunkte für eine Bezifferung des Streitwerts vor. Insbesondere dem Vergleich habe keine präjudizielle Wirkung hinsichtlich eines rechtlich bestehenden Zahlungsanspruchs zukommen sollen. Vielmehr seien prozessökonomische Gründe für den Abschluss des Vergleichs maßgeblich gewesen.
Das SG hat indes mit Beschluss vom 4. März 2016 den Streitwert auf 582.354,25 EUR festgesetzt. Es sei zu berücksichtigen, dass der Zahlungsanspruch maximal den gesamten Einbehalt, also 1.941.180,85 EUR, hätte betreffen können. Hiervon sei zur Bemessung des Werts des Auskunftsanspruchs eine Reduzierung auf ein Drittel vorzunehmen, da die Auskunft für die Klägerin von wesentlicher Bedeutung gewesen sei. Eine Festsetzung des Streitwerts nach dem Auffangstreitwert würde der Bedeutung der Sache nicht gerecht.
Mit ihrer am 15. März 2016 erhobenen Beschwerde hat die Beklagte beantragt, den Streitwert auf 5.000,00 EUR abzusenken. Es sei willkürlich, wenn das SG von einem Drittel des höchstmöglichen Zahlungsanspruchs ausgehe. Anspruch und Streitwert richteten sich nach dem Betrag, der nicht weiter rechtmäßig einbehalten werden könne. Vorliegend seien aber nicht einmal die maßgeblichen Verträge dem Verfahrensstoff zugeführt worden. Das SG habe mithin überhaupt keine Anhaltspunkte für die Höhe des Zahlungsanspruchs gehabt.
Mit Verfügung vom 20. April 2016 hat das SG der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
1. Die Beschwerde hat in vollem Umfang Erfolg.
a) Zur Entscheidung über eine Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung des Sozialgerichts in den Fällen des § 155 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zwar nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) grundsätzlich der Berichterstatter als Einzelrichter berufen (Sächsisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 9. Juni 2008 – L 1 B 351/07 KR – juris Rn. 6 ff.; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16. Februar 2015 – L 9 KA 7/14 B – juris Rn. 8 ff.). Gleichwohl entscheidet im vorliegenden Fall der Senat, nachdem der Berichterstatter das Verfahren gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG wegen besonderer Schwierigkeiten rechtlicher Art dem Senat übertragen hat.
b) Die Beschwerde ist zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200,00 EUR (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 68 Abs. 1 GKG), da die nach dem gerichtlichen Vergleich vom 26. Februar 2014 zu 70 % zur Tragung der Gerichtskosten verpflichtete Beklagte anstrebt, dass bei der Kostenberechnung die Gebühr Nr. 7111 Kostenverzeichnis (Anlage 1 zum GKG) nach einem Streitwert von 5.000,00 EUR (1 Gebühr = 121,00 EUR gemäß Anlage 2 zum GKG in der Fassung vom 31. Juli 2013 [a.F.]) und nicht nach einem Streitwert von 582.354,25 EUR (1 Gebühr = 3.256,00 EUR gemäß Anlage 2 zum GKG a.F.) berechnet wird. Das Rechtsmittel ist ferner innerhalb von sechs Monaten eingelegt worden (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG).
c) Die Beschwerde ist auch begründet.
Nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 52 Abs. 1 GKG ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgebend ist grundsätzlich das wirtschaftliche Interesse am Ausgang des Verfahrens (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16. Juli 2014 – B 3 KS 3/13 R – juris Rn. 28). Im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung kann das Interesse auch im Rahmen einer Schätzung ermittelt werden, wenn dafür genügende Angaben oder Anhaltspunkte vorliegen (z.B. BSG, Beschluss vom 16. Januar 2012 – B 11 SF 1/10 R – juris Rn. 2; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. März 2012 – L 11 KA 134/11 B – juris 7; Dörndörfer, GKG – FamGKG – JVEG, 3. Aufl., § 52 Rn. 5).
Wenn allerdings der Sach- und Streitstand nicht einmal genügende Anhaltspunkte für eine Schätzung bietet, ist der Streitwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,00 EUR festzusetzen. Eine Beweisaufnahme zum Zwecke der Streitwertfestsetzung oder zur Ermittlung von Anhaltspunkten für eine Schätzung ist in solchen Fällen – wie sich im Umkehrschluss aus § 52 Abs. 2 GKG ergibt – unzulässig (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – L 1 KR 75/15 B – juris Rn. 13; Dörndörfer, GKG – FamGKG – JVEG, 3. Aufl., Rn. 6). Der Gesetzeswortlaut ("ist [ ...] anzunehmen") bietet keine Grundlage für eine Abweichung vom vorgegebenen starren Auffangstreitwert und eröffnet anders als die allgemeine Regelung des § 52 Abs. 1 GKG oder § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz auch kein Ermessen. An den Betrag des Auffangstreitwerts mag zwar in besonderen Fallgruppen zur Abbildung eines angemessenen Werts pro Zeiteinheit angeknüpft werden (vgl. zum Streitwert in vertragsärztlichen Zulassungssachen z.B. BSG, Urteil vom 28. November 2007 – B 6 KA 26/07 R – juris Rn. 36: in Anlehnung an § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG drei Jahre mal vier Quartale mal 5.000,00 EUR, d.h. 60.000,00 EUR; nunmehr auch ohne Benennung des § 52 Abs. 2 GKG z.B. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2015 – B 6 KA 36/15 B – juris Rn. 20; Übersicht bei Wenner, NZS 2001, 57 ff.; ablehnend jedoch zu Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch z.B. BSG, Beschluss vom 5. März 2010 – B 12 R 8/09 R; Sächsisches LSG, Beschluss vom 28. Mai 2015 – L 1 KR 16/10 – juris Rn. 41). Ist aber in keiner Weise abschätzbar, ob und in welcher Größenordnung bzw. hinsichtlich welchen Geldbetrages ein wirtschaftliches Interesse der Klagepartei besteht, kann der Auffangwert – verstanden als abstrakte Größe anstelle eines im Einzelfall unbekannten Wertes – unter Wertgesichtspunkten weder geteilt noch vervielfältigt werden (so auch Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 27. August 2014 – L 5 KR 149/14 B ER – juris Rn. 17; anders aber wohl Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl., § 52 GKG Rn. 22: prozentuale Niedriger- oder Höherbewertung möglich).
Diesen Maßgaben zufolge ist der Streitwert gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 5.000,00 EUR festzusetzen.
Die Klage, mit der die Klägerin die Darlegung der Verwendung des Einbehalts zur Förderung der integrierten Versorgung gemäß § 140d Abs. 1 Satz 4 SGB V a.F. und anschließend die Auszahlung ggf. nicht verwendeter Mittel gemäß § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. verlangt hat, hat das SG zu Recht als Stufenklage gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 44 GKG aufgefasst, d.h. als Klage auf Rechnungslegung und Herausgabe (hier: Zahlung) desjenigen, was aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis geschuldet wird. Für die Wertberechnung ist nach § 44 GKG – abweichend vom Grundsatz des § 39 Abs. 1 GKG – der höhere der verbundenen Ansprüche maßgebend, wobei der Zahlungsanspruch bereits mit dem Auskunftsanspruch rechtshängig geworden (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. Mai 2012 – IX ZR 168/11 – juris Rn. 18 f.; dies hat die Verjährung gehemmt) und mithin auch gemäß § 40 GKG bei der Streitwertbestimmung zu berücksichtigen ist (LSG Nordrhein-West¬falen, Beschluss vom 13. August 2012 – L 11 KA 63/12 B – juris Rn. 16).
Der Zahlungsanspruch ist mit dem Auffangstreitwert zu bemessen; der Wert des Auskunfts- bzw. Rechnungslegungsanspruchs ist zumindest nicht höher zu bewerten.
Den Zahlungsanspruch hat die Klägerin nach der gemäß § 40 GKG maßgeblichen Antragstellung nicht beziffert. Vielmehr hat sie gerade deshalb eine Stufen- bzw. zunächst eine Auskunftsklage erhoben, um die Höhe eines ggf. bestehenden Zahlungsanspruchs ermitteln zu können. Insbesondere hat sie auch nicht von vornherein behauptet, dass sie Anspruch auf Auszahlung des gesamten Einbehalts nach § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. in Höhe von 1.941.180,85 EUR habe (zu einem solchen Fall LSG Nordrhein-West¬falen, Beschluss vom 13. August 2012 – L 11 KA 63/12 B – juris Rn. 14). Vielmehr hat sie nur einen "etwaigen" Zahlungsanspruch geltend gemacht (Seite 3 des Schriftsatzes vom 14. November 2012), soweit der Einbehalt weder für Verträge zur integrierten Versorgung noch zur Förderung der integrierten Versorgung verwendet wurde. Auch unabhängig vom Klageantrag enthält der Sach- und Streitstand – worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat – keine Anhaltspunkte, nach denen der Wert des Zahlungsanspruchs geschätzt werden könnte. Vielmehr ist denkbar, dass die Beklagte eine Auskunft hätte erteilen können, auf deren Grundlage die Klägerin keinen Anlass zur Weiterverfolgung eines Zahlungsanspruchs nach § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. gehabt hätte – etwa wenn die einbehaltenen Mittel vollständig und nach den gesetzlichen Vorgaben für Verträge im Sinne des § 140a Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. verwendet wurden. In diese Richtung deutet auch, dass nach Mitteilung der Beklagten nur 1.705,58 EUR des Einbehalts von einer mit ihr fusionierten Krankenkasse – also ein Betrag unterhalb des Auffangstreitwerts – nicht benötigt worden seien.
Der Zahlbetrag gemäß dem gerichtlichen Vergleich in Höhe von 582.354,25 EUR eignet sich ebenfalls nicht als Grundlage für eine Schätzung der Höhe des Zahlungsanspruchs. Denn es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grunde die Beteiligten sich auf diesen Betrag geeinigt haben. Insbesondere hat die Beklagte vorgebracht, dass der Vergleich keine präjudizielle Wirkung hinsichtlich des Bestehens oder der Höhe eines Zahlungsanspruchs hat haben sollen und nur prozessökonomische Gründe für den Abschluss des Vergleichs maßgeblich gewesen seien. Dies ist nicht widerlegbar und von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt worden. Nach dem Vortrag der Beklagten ist beispielsweise denkbar, dass diese um einen hohen Preis von vornherein vor allem das Risiko einer kritischen gerichtlichen Überprüfung ihrer Selektivverträge hinsichtlich der Wahrung der Voraussetzungen des § 140a Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. – ggf. mit schwerwiegenden Nachteilen im Falle der Verneinung dieser Voraussetzungen (zu solchen Verfahren BSG, Urteil vom 6. Februar 2008 – B 6 KA 27/07 R – juris Rn. 13 ff.; SG Berlin, Urteil vom 29. August 2012 – S 36 KR 2137/10 – juris 74 ff.) – "nur" aus Anlass eines Streits mit der Klägerin über die Auszahlung eines Teils des Einbehalts nach § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. hat vermeiden wollen, ohne bereits Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit eines Vertrages zu haben.
Fehlt es also an jeglichen Angaben oder Anhaltspunkten, die eine Schätzung der Höhe oder auch nur der Mindesthöhe des Zahlungsanspruchs nach § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. erlauben, hätte also möglicherweise nach Erteilung der Auskunft überhaupt kein Interesse der Klägerin an einer Fortführung der Zahlungsklage bestanden, muss der Streitwert auf den Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,00 EUR festgesetzt werden, selbst wenn nicht ganz auszuschließen ist, dass die Beklagte äußerstenfalls zur Zahlung von über 1,9 Mio. EUR hätte verurteilt werden können. Insbesondere eine gegriffene Vervielfachung des Auffangstreitwerts mit Blick auf den in Rede stehenden Geldbetrag wäre unzulässig.
Der Wert des Auskunftsanspruchs übersteigt den Wert des Zahlungsanspruchs nicht. Ohnehin ist für Auskunftsverlangen regelmäßig der Auffangstreitwert zugrunde zu legen (z.B. BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 87/09 R – juris Rn. 26; für eine Viertelung des Auffangstreitwerts bei fehlenden Anhaltspunkten zur Höhe des Zahlungsanspruchs z.B. LSG Niedersachsen-Bremen, 22. April 2009 – L 1 KR 60/09 B – juris Rn. 14 f.). Im Übrigen richtet sich der Wert des Rechnungslegungsanspruchs gemäß § 44 GKG nach dem Interesse der Klagepartei, sich die Begründung des Zahlungsanspruchs zu erleichtern (Hartmann, Kostengesetze, 45. Auflage, § 44 GKG Rn. 5). Er ist daher regelmäßig nur mit einem Bruchteil des Zahlungsanspruchs zu bemessen; über dem Wert des Zahlungsanspruch kann er nicht liegen (vgl. BSG, Urteil vom 13. November 2012 – B 1 KR 24/11 R – juris Rn. 47). Gerade wenn bei einer Stufenklage – wie hier – keine Anhaltspunkte für eine Schätzung des Werts des Zahlungsanspruchs bestehen, ist nach § 52 Abs. 2 GKG auch der Auskunftsanspruch (höchstens) mit dem Auffangstreitwert zu bemessen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – L 1 KR 414/15 B – juris Rn. 10 ff.; nochmals BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 87/09 R – juris Rn. 26).
Insbesondere ist der Wert des Auskunftsanspruchs auch nicht ohne nähere Anhaltspunkte nach einem Bruchteil des Gesamtbetrags der Mittel zu bestimmen, auf den sich die Auskunft bezieht und der damit die Höhe des Zahlungsanspruchs nach oben begrenzt. Dies widerspräche schon dem Grundsatz, dass der Wert des Auskunftsanspruchs nicht höher als der Wert des Zahlungsanspruchs sein kann. Abgesehen davon sind vom Sach- und Streitstand losgelöste, gegriffene Schätzungen – wie vorstehend erläutert – mit den Regelungen des § 52 Abs. 1 und 2 GKG unvereinbar (vgl. nochmals z.B. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. De¬zem¬ber 2015 – L 1 KR 414/15 B – juris Rn. 10). Ungeachtet der Frage, ob bei krankenversicherungsrechtlichen Stufenklagen gegenüber Leistungserbringern zwecks Abrechnungsprüfung der Wert des Auskunftsanspruchs pauschal mit einem Drittel des Abrechnungsvolumens bemessen werden kann (so wohl BSG, Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KR 12/06 R – juris Rn. 31, hier bei Hinweisen auf möglicherweise fehlerhafte Abrechnungen; BSG, Urteil vom 28. November 2013 – B 3 KR 27/12 R – juris Rn. 54), gilt entgegen der Auffassung des SG Entsprechendes jedenfalls nicht auch für Auskunftsklagen nach § 140d Abs. 1 Satz 4 SGB V a.F., wenn noch keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich nach der Auskunft ein Zahlungsanspruch oberhalb des Auffangstreitwerts ergeben wird. Es hätten vielmehr konkrete Anzeichen dafür vorliegen müssen, dass der Zahlungsanspruch nach erteilter Auskunft in etwa auf einen Bruchteil (bzw. ein Drittel) des Gesamtbetrags der betreffenden Mittel beziffert worden wäre (vgl. zu einer Begründung z.B. SG Aachen, Urteil vom 8. Dezember 2009 – S 13 KR 136/07 – juris Rn. 69). Solche sind hier aber weder vom SG benannt worden noch ersichtlich.
Schließlich kommt auch nicht eine Vervielfältigung des Auffangstreitwerts nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 39 Abs. 1 GKG in Betracht. Die Klage hat nicht in Ansehung dessen, dass die Beklagte den Einbehalt für mehrere Verträge zur integrierten Versorgung verwendet haben will, mehrere Streitgegenstände zum Gegenstand gehabt. Denn der Auskunfts- bzw. Zahlungsanspruch nach § 140d Abs. 1 SGB V a.F. besteht nicht pro Vertrag, sondern jeweils als ein einheitlicher Anspruch – zumal nicht verbrauchte Mittel ggf. nicht vertragsbezogenen zuzuordnen sind und der Gesetzgeber auch selbst davon ausgegangen ist, dass nicht alle verbrauchten Mittel in den Verwendungsnachweisen vertragsbezogen zugeordnet werden können (vgl. BT-Drs. 16/3100, S. 153: "in der Regel" vertragsbezogen).
Eine gesonderte Streitwertfestsetzung im Hinblick auf den gerichtlichen Vergleich ist nicht erforderlich, da dieser nicht gemäß Nr. 7600 Kostenverzeichnis (Anlage 1 zum GKG) über "nicht gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen" worden ist.
2. Gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 68 Abs. 3 Satz 1 und 2 GKG werden im Falle einer Streitwertbeschwerde Gebühren nicht erhoben und Kosten nicht erstattet.
3. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
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II. Kosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erstattet.
Gründe:
I.
Die beschwerdeführende Beklagte wendet sich gegen eine Streitwertfestsetzung.
Die klagende Kassenärztliche Vereinigung hat mit ihrer am 22. Dezember 2011 zum Sozialgericht Dresden (SG) erhobenen Klage beantragt, die beklagte Krankenkasse zu verurteilen, eine umfassende Auskunft gemäß § 140d Abs. 1 Satz 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der seit 1. April 2007 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstär¬kungs¬¬ge¬set¬zes vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378; nachfolgend a.F.) über die Verwendung der nach § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. einbehaltenen Mittel der Gesamtvergütung zur Förderung der integrierten Versorgung zu erteilen und nach der Auskunft gemäß § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. die weder für Verträge zur integrierten Versorgung einbehaltenen noch zur Förderung der integrierten Versorgung verwendeten Mittel auszuzahlen. Vorgerichtlich habe die Beklagte zwar mitgeteilt, dass lediglich eine mit ihr fusionierte Krankenkasse einbehaltene Mittel in Höhe von 1.705,58 EUR nicht verbraucht habe. Diesen Betrag habe die Beklagte aber zum einen noch nicht gezahlt, zum anderen schulde sie detaillierte Angaben zur Verwendung aller einbehaltenen Mittel. Die Beklagte hat erwidert, dass die Klägerin nicht eine Auskunft im begehrten Umfang verlangen könne. Die Beteiligten haben – nach Hinweis des SG, dass eine umfassende Auskunft zu erteilen sei – im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2014 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, nach dem die Beklagte zur vollumfänglichen Erledigung des Rechtsstreits an die Klägerin 30 Prozent der einbehaltenen Mittel in Höhe von 1.941.180,85 EUR – d.h. 582.354,25 EUR – zu zahlen und 70 % der Verfahrenskosten zu übernehmen hat.
Daraufhin haben die Beteiligten übereinstimmend die Festsetzung des Streitwerts auf 5.000,00 EUR befürwortet. Die Beklagte hat hervorgehoben, dass sich nach Prüfung der betreffenden Verträge zur integrierten Versorgung und der Verwendungsnachweise unter Umständen kein Zahlungsanspruch oder ein Zahlungsanspruch deutlich unter der Vergleichssumme ergeben hätte. Es lägen keinerlei Anhaltspunkte für eine Bezifferung des Streitwerts vor. Insbesondere dem Vergleich habe keine präjudizielle Wirkung hinsichtlich eines rechtlich bestehenden Zahlungsanspruchs zukommen sollen. Vielmehr seien prozessökonomische Gründe für den Abschluss des Vergleichs maßgeblich gewesen.
Das SG hat indes mit Beschluss vom 4. März 2016 den Streitwert auf 582.354,25 EUR festgesetzt. Es sei zu berücksichtigen, dass der Zahlungsanspruch maximal den gesamten Einbehalt, also 1.941.180,85 EUR, hätte betreffen können. Hiervon sei zur Bemessung des Werts des Auskunftsanspruchs eine Reduzierung auf ein Drittel vorzunehmen, da die Auskunft für die Klägerin von wesentlicher Bedeutung gewesen sei. Eine Festsetzung des Streitwerts nach dem Auffangstreitwert würde der Bedeutung der Sache nicht gerecht.
Mit ihrer am 15. März 2016 erhobenen Beschwerde hat die Beklagte beantragt, den Streitwert auf 5.000,00 EUR abzusenken. Es sei willkürlich, wenn das SG von einem Drittel des höchstmöglichen Zahlungsanspruchs ausgehe. Anspruch und Streitwert richteten sich nach dem Betrag, der nicht weiter rechtmäßig einbehalten werden könne. Vorliegend seien aber nicht einmal die maßgeblichen Verträge dem Verfahrensstoff zugeführt worden. Das SG habe mithin überhaupt keine Anhaltspunkte für die Höhe des Zahlungsanspruchs gehabt.
Mit Verfügung vom 20. April 2016 hat das SG der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
1. Die Beschwerde hat in vollem Umfang Erfolg.
a) Zur Entscheidung über eine Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung des Sozialgerichts in den Fällen des § 155 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zwar nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) grundsätzlich der Berichterstatter als Einzelrichter berufen (Sächsisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 9. Juni 2008 – L 1 B 351/07 KR – juris Rn. 6 ff.; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16. Februar 2015 – L 9 KA 7/14 B – juris Rn. 8 ff.). Gleichwohl entscheidet im vorliegenden Fall der Senat, nachdem der Berichterstatter das Verfahren gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG wegen besonderer Schwierigkeiten rechtlicher Art dem Senat übertragen hat.
b) Die Beschwerde ist zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200,00 EUR (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 68 Abs. 1 GKG), da die nach dem gerichtlichen Vergleich vom 26. Februar 2014 zu 70 % zur Tragung der Gerichtskosten verpflichtete Beklagte anstrebt, dass bei der Kostenberechnung die Gebühr Nr. 7111 Kostenverzeichnis (Anlage 1 zum GKG) nach einem Streitwert von 5.000,00 EUR (1 Gebühr = 121,00 EUR gemäß Anlage 2 zum GKG in der Fassung vom 31. Juli 2013 [a.F.]) und nicht nach einem Streitwert von 582.354,25 EUR (1 Gebühr = 3.256,00 EUR gemäß Anlage 2 zum GKG a.F.) berechnet wird. Das Rechtsmittel ist ferner innerhalb von sechs Monaten eingelegt worden (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG).
c) Die Beschwerde ist auch begründet.
Nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 52 Abs. 1 GKG ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgebend ist grundsätzlich das wirtschaftliche Interesse am Ausgang des Verfahrens (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16. Juli 2014 – B 3 KS 3/13 R – juris Rn. 28). Im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung kann das Interesse auch im Rahmen einer Schätzung ermittelt werden, wenn dafür genügende Angaben oder Anhaltspunkte vorliegen (z.B. BSG, Beschluss vom 16. Januar 2012 – B 11 SF 1/10 R – juris Rn. 2; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. März 2012 – L 11 KA 134/11 B – juris 7; Dörndörfer, GKG – FamGKG – JVEG, 3. Aufl., § 52 Rn. 5).
Wenn allerdings der Sach- und Streitstand nicht einmal genügende Anhaltspunkte für eine Schätzung bietet, ist der Streitwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,00 EUR festzusetzen. Eine Beweisaufnahme zum Zwecke der Streitwertfestsetzung oder zur Ermittlung von Anhaltspunkten für eine Schätzung ist in solchen Fällen – wie sich im Umkehrschluss aus § 52 Abs. 2 GKG ergibt – unzulässig (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – L 1 KR 75/15 B – juris Rn. 13; Dörndörfer, GKG – FamGKG – JVEG, 3. Aufl., Rn. 6). Der Gesetzeswortlaut ("ist [ ...] anzunehmen") bietet keine Grundlage für eine Abweichung vom vorgegebenen starren Auffangstreitwert und eröffnet anders als die allgemeine Regelung des § 52 Abs. 1 GKG oder § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz auch kein Ermessen. An den Betrag des Auffangstreitwerts mag zwar in besonderen Fallgruppen zur Abbildung eines angemessenen Werts pro Zeiteinheit angeknüpft werden (vgl. zum Streitwert in vertragsärztlichen Zulassungssachen z.B. BSG, Urteil vom 28. November 2007 – B 6 KA 26/07 R – juris Rn. 36: in Anlehnung an § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG drei Jahre mal vier Quartale mal 5.000,00 EUR, d.h. 60.000,00 EUR; nunmehr auch ohne Benennung des § 52 Abs. 2 GKG z.B. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2015 – B 6 KA 36/15 B – juris Rn. 20; Übersicht bei Wenner, NZS 2001, 57 ff.; ablehnend jedoch zu Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch z.B. BSG, Beschluss vom 5. März 2010 – B 12 R 8/09 R; Sächsisches LSG, Beschluss vom 28. Mai 2015 – L 1 KR 16/10 – juris Rn. 41). Ist aber in keiner Weise abschätzbar, ob und in welcher Größenordnung bzw. hinsichtlich welchen Geldbetrages ein wirtschaftliches Interesse der Klagepartei besteht, kann der Auffangwert – verstanden als abstrakte Größe anstelle eines im Einzelfall unbekannten Wertes – unter Wertgesichtspunkten weder geteilt noch vervielfältigt werden (so auch Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 27. August 2014 – L 5 KR 149/14 B ER – juris Rn. 17; anders aber wohl Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl., § 52 GKG Rn. 22: prozentuale Niedriger- oder Höherbewertung möglich).
Diesen Maßgaben zufolge ist der Streitwert gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 5.000,00 EUR festzusetzen.
Die Klage, mit der die Klägerin die Darlegung der Verwendung des Einbehalts zur Förderung der integrierten Versorgung gemäß § 140d Abs. 1 Satz 4 SGB V a.F. und anschließend die Auszahlung ggf. nicht verwendeter Mittel gemäß § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. verlangt hat, hat das SG zu Recht als Stufenklage gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 44 GKG aufgefasst, d.h. als Klage auf Rechnungslegung und Herausgabe (hier: Zahlung) desjenigen, was aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis geschuldet wird. Für die Wertberechnung ist nach § 44 GKG – abweichend vom Grundsatz des § 39 Abs. 1 GKG – der höhere der verbundenen Ansprüche maßgebend, wobei der Zahlungsanspruch bereits mit dem Auskunftsanspruch rechtshängig geworden (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. Mai 2012 – IX ZR 168/11 – juris Rn. 18 f.; dies hat die Verjährung gehemmt) und mithin auch gemäß § 40 GKG bei der Streitwertbestimmung zu berücksichtigen ist (LSG Nordrhein-West¬falen, Beschluss vom 13. August 2012 – L 11 KA 63/12 B – juris Rn. 16).
Der Zahlungsanspruch ist mit dem Auffangstreitwert zu bemessen; der Wert des Auskunfts- bzw. Rechnungslegungsanspruchs ist zumindest nicht höher zu bewerten.
Den Zahlungsanspruch hat die Klägerin nach der gemäß § 40 GKG maßgeblichen Antragstellung nicht beziffert. Vielmehr hat sie gerade deshalb eine Stufen- bzw. zunächst eine Auskunftsklage erhoben, um die Höhe eines ggf. bestehenden Zahlungsanspruchs ermitteln zu können. Insbesondere hat sie auch nicht von vornherein behauptet, dass sie Anspruch auf Auszahlung des gesamten Einbehalts nach § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. in Höhe von 1.941.180,85 EUR habe (zu einem solchen Fall LSG Nordrhein-West¬falen, Beschluss vom 13. August 2012 – L 11 KA 63/12 B – juris Rn. 14). Vielmehr hat sie nur einen "etwaigen" Zahlungsanspruch geltend gemacht (Seite 3 des Schriftsatzes vom 14. November 2012), soweit der Einbehalt weder für Verträge zur integrierten Versorgung noch zur Förderung der integrierten Versorgung verwendet wurde. Auch unabhängig vom Klageantrag enthält der Sach- und Streitstand – worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat – keine Anhaltspunkte, nach denen der Wert des Zahlungsanspruchs geschätzt werden könnte. Vielmehr ist denkbar, dass die Beklagte eine Auskunft hätte erteilen können, auf deren Grundlage die Klägerin keinen Anlass zur Weiterverfolgung eines Zahlungsanspruchs nach § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. gehabt hätte – etwa wenn die einbehaltenen Mittel vollständig und nach den gesetzlichen Vorgaben für Verträge im Sinne des § 140a Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. verwendet wurden. In diese Richtung deutet auch, dass nach Mitteilung der Beklagten nur 1.705,58 EUR des Einbehalts von einer mit ihr fusionierten Krankenkasse – also ein Betrag unterhalb des Auffangstreitwerts – nicht benötigt worden seien.
Der Zahlbetrag gemäß dem gerichtlichen Vergleich in Höhe von 582.354,25 EUR eignet sich ebenfalls nicht als Grundlage für eine Schätzung der Höhe des Zahlungsanspruchs. Denn es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grunde die Beteiligten sich auf diesen Betrag geeinigt haben. Insbesondere hat die Beklagte vorgebracht, dass der Vergleich keine präjudizielle Wirkung hinsichtlich des Bestehens oder der Höhe eines Zahlungsanspruchs hat haben sollen und nur prozessökonomische Gründe für den Abschluss des Vergleichs maßgeblich gewesen seien. Dies ist nicht widerlegbar und von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt worden. Nach dem Vortrag der Beklagten ist beispielsweise denkbar, dass diese um einen hohen Preis von vornherein vor allem das Risiko einer kritischen gerichtlichen Überprüfung ihrer Selektivverträge hinsichtlich der Wahrung der Voraussetzungen des § 140a Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. – ggf. mit schwerwiegenden Nachteilen im Falle der Verneinung dieser Voraussetzungen (zu solchen Verfahren BSG, Urteil vom 6. Februar 2008 – B 6 KA 27/07 R – juris Rn. 13 ff.; SG Berlin, Urteil vom 29. August 2012 – S 36 KR 2137/10 – juris 74 ff.) – "nur" aus Anlass eines Streits mit der Klägerin über die Auszahlung eines Teils des Einbehalts nach § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. hat vermeiden wollen, ohne bereits Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit eines Vertrages zu haben.
Fehlt es also an jeglichen Angaben oder Anhaltspunkten, die eine Schätzung der Höhe oder auch nur der Mindesthöhe des Zahlungsanspruchs nach § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. erlauben, hätte also möglicherweise nach Erteilung der Auskunft überhaupt kein Interesse der Klägerin an einer Fortführung der Zahlungsklage bestanden, muss der Streitwert auf den Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,00 EUR festgesetzt werden, selbst wenn nicht ganz auszuschließen ist, dass die Beklagte äußerstenfalls zur Zahlung von über 1,9 Mio. EUR hätte verurteilt werden können. Insbesondere eine gegriffene Vervielfachung des Auffangstreitwerts mit Blick auf den in Rede stehenden Geldbetrag wäre unzulässig.
Der Wert des Auskunftsanspruchs übersteigt den Wert des Zahlungsanspruchs nicht. Ohnehin ist für Auskunftsverlangen regelmäßig der Auffangstreitwert zugrunde zu legen (z.B. BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 87/09 R – juris Rn. 26; für eine Viertelung des Auffangstreitwerts bei fehlenden Anhaltspunkten zur Höhe des Zahlungsanspruchs z.B. LSG Niedersachsen-Bremen, 22. April 2009 – L 1 KR 60/09 B – juris Rn. 14 f.). Im Übrigen richtet sich der Wert des Rechnungslegungsanspruchs gemäß § 44 GKG nach dem Interesse der Klagepartei, sich die Begründung des Zahlungsanspruchs zu erleichtern (Hartmann, Kostengesetze, 45. Auflage, § 44 GKG Rn. 5). Er ist daher regelmäßig nur mit einem Bruchteil des Zahlungsanspruchs zu bemessen; über dem Wert des Zahlungsanspruch kann er nicht liegen (vgl. BSG, Urteil vom 13. November 2012 – B 1 KR 24/11 R – juris Rn. 47). Gerade wenn bei einer Stufenklage – wie hier – keine Anhaltspunkte für eine Schätzung des Werts des Zahlungsanspruchs bestehen, ist nach § 52 Abs. 2 GKG auch der Auskunftsanspruch (höchstens) mit dem Auffangstreitwert zu bemessen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – L 1 KR 414/15 B – juris Rn. 10 ff.; nochmals BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 87/09 R – juris Rn. 26).
Insbesondere ist der Wert des Auskunftsanspruchs auch nicht ohne nähere Anhaltspunkte nach einem Bruchteil des Gesamtbetrags der Mittel zu bestimmen, auf den sich die Auskunft bezieht und der damit die Höhe des Zahlungsanspruchs nach oben begrenzt. Dies widerspräche schon dem Grundsatz, dass der Wert des Auskunftsanspruchs nicht höher als der Wert des Zahlungsanspruchs sein kann. Abgesehen davon sind vom Sach- und Streitstand losgelöste, gegriffene Schätzungen – wie vorstehend erläutert – mit den Regelungen des § 52 Abs. 1 und 2 GKG unvereinbar (vgl. nochmals z.B. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. De¬zem¬ber 2015 – L 1 KR 414/15 B – juris Rn. 10). Ungeachtet der Frage, ob bei krankenversicherungsrechtlichen Stufenklagen gegenüber Leistungserbringern zwecks Abrechnungsprüfung der Wert des Auskunftsanspruchs pauschal mit einem Drittel des Abrechnungsvolumens bemessen werden kann (so wohl BSG, Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KR 12/06 R – juris Rn. 31, hier bei Hinweisen auf möglicherweise fehlerhafte Abrechnungen; BSG, Urteil vom 28. November 2013 – B 3 KR 27/12 R – juris Rn. 54), gilt entgegen der Auffassung des SG Entsprechendes jedenfalls nicht auch für Auskunftsklagen nach § 140d Abs. 1 Satz 4 SGB V a.F., wenn noch keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich nach der Auskunft ein Zahlungsanspruch oberhalb des Auffangstreitwerts ergeben wird. Es hätten vielmehr konkrete Anzeichen dafür vorliegen müssen, dass der Zahlungsanspruch nach erteilter Auskunft in etwa auf einen Bruchteil (bzw. ein Drittel) des Gesamtbetrags der betreffenden Mittel beziffert worden wäre (vgl. zu einer Begründung z.B. SG Aachen, Urteil vom 8. Dezember 2009 – S 13 KR 136/07 – juris Rn. 69). Solche sind hier aber weder vom SG benannt worden noch ersichtlich.
Schließlich kommt auch nicht eine Vervielfältigung des Auffangstreitwerts nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 39 Abs. 1 GKG in Betracht. Die Klage hat nicht in Ansehung dessen, dass die Beklagte den Einbehalt für mehrere Verträge zur integrierten Versorgung verwendet haben will, mehrere Streitgegenstände zum Gegenstand gehabt. Denn der Auskunfts- bzw. Zahlungsanspruch nach § 140d Abs. 1 SGB V a.F. besteht nicht pro Vertrag, sondern jeweils als ein einheitlicher Anspruch – zumal nicht verbrauchte Mittel ggf. nicht vertragsbezogenen zuzuordnen sind und der Gesetzgeber auch selbst davon ausgegangen ist, dass nicht alle verbrauchten Mittel in den Verwendungsnachweisen vertragsbezogen zugeordnet werden können (vgl. BT-Drs. 16/3100, S. 153: "in der Regel" vertragsbezogen).
Eine gesonderte Streitwertfestsetzung im Hinblick auf den gerichtlichen Vergleich ist nicht erforderlich, da dieser nicht gemäß Nr. 7600 Kostenverzeichnis (Anlage 1 zum GKG) über "nicht gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen" worden ist.
2. Gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 68 Abs. 3 Satz 1 und 2 GKG werden im Falle einer Streitwertbeschwerde Gebühren nicht erhoben und Kosten nicht erstattet.
3. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Klotzbücher Dr. Wietek Stinshoff
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