L 5 R 1497/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 1874/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 1497/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 03.03.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Witwenrente streitig.

Die 1950 geborene Klägerin ist die Witwe des 1943 geborenen und am 01.11.2005 verstorbenen H.K. Die Klägerin war bereits in erster Ehe vom 18.10.1968 bis zu ihrer Scheidung am 17.10.1973 mit H.K. verheiratet. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor. Nachdem die Klägerin seit 1993 zunächst in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit H.K. zusammengelebt hatte, ging sie am 04.04.2005 mit H.K. erneut die Ehe ein. H.K. bezog zuletzt ab 01.06.2005 Altersrente.

Im Februar/März 2005 traten bei H.K. brennende Rückenschmerzen sowie Dysaesthesien und Paraesthesien in den Beinen auf. Er wurde deshalb am 16.03.2005 im Krankenhaus St. E./R. aufgenommen. Im Rahmen einer sogleich durchgeführten MRT-Untersuchung zeigte sich eine epidurale intraspinale Raumforderung in Höhe der Brustwirbelkörper (BWK) 6/7 sowie eine diffuse Tumordurchsetzung der Wirbelsäule, worauf noch am selben Tag eine Laminektomie im Bereich BWK 6/7 mit Tumorteilentfernung zur Dekompensation des Myelons durchgeführt wurde. Die sodann am 24. bzw. 29.03.2005 erfolgten Computertomographien (CT) von Thorax und Hals zeigten eine fortgeschrittene multiple Lymphknotenmetastasierung mediastinal, supraaortal und supraclaviculär im Bereich beider Halsgefäßscheiden, ohne dass ein eindeutiger Primärtumor nachweisbar war. Am 31.03.2005 wurde H.K. von der Abteilung für Neurochirurgie in die Abteilung für Innere Medizin und Onkologie des Krankenhauses St. E. verlegt. Vom 05.04.2005 bis zur Entlassung am 03.05.2005 wurde eine Strahlentherapie im Bereich des 5. Brustwirbels bis zum 5. Lendenwirbel durchgeführt. Die im Rahmen dieses Aufenthalts durchgeführte Prostatastanzbiopsie erbrachte dann am 06.04.2005 die Diagnose eines lymphonodal und ossär metastasierenden Prostatakarzinoms, weshalb eine hormonablative Therapie begonnen wurde. Am 09.05.2005 wurde H.K. dann zur neurologischen Rehabilitation in der F. Bad B. stationär aufgenommen, wo er bis 30.05.2005 behandelt wurde. Nach weiteren Krankenhausaufenthalten verstarb H.K. am 01.11.2005 an einer Lungenentzündung und einem Harnwegsinfekt.

Am 17.11.2005 beantragte die Klägerin die Gewährung von Hinterbliebenenrente nach ihrem verstorbenen Ehemann H.K.

Mit Bescheid vom 03.01.2006 lehnte die Beklagte diesen Antrag unter Hinweis auf die Regelung des § 46 Abs. 2a Sozialgesetzbuch (SGB) VI mit der Begründung ab, die Ehe der Klägerin habe nicht mindestens ein Jahr gedauert und es sei nicht nachgewiesen, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat nicht die Begründung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung gewesen sei.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs machte die Klägerin geltend, nach ihrer Scheidung bereits wieder seit ca. zehn Jahren mit H.K. gemeinsam in einem Haushalt gelebt zu haben, wobei bereits seit langem beabsichtigt gewesen sei, wieder zu heiraten, und zwar dann, wenn H.K. in Rente gehen würde. Es sei nicht abzusehen gewesen, dass H.K. bereits innerhalb kurzer Zeit nach der Heirat versterben würde. H.K. sei zwar krank gewesen, jedoch sei er plötzlich und unvermutet gestorben. Alleiniger Zweck der Heirat sei nicht gewesen, Versorgungsansprüche zu erhalten.

Die Beklagte holte die sozialmedizinischen Stellungnahmen des Dr. R. vom 18. und 26.01.2006 ein, der nach Beiziehung des Befundberichts des Internisten Dr. C. vom 23.01.2006 die Auffassung vertrat, es sei von einer "Versorgungsehe" auszugehen. Vor dem Hintergrund der gestellten Diagnose und der bevorstehenden sehr eingreifenden Strahlentherapie, zu der H.K. sein Einverständnis habe geben müssen, sei davon auszugehen, dass er über die Prognose seiner Krankheit Bescheid gewusst habe. Es stelle sich daher die Frage, was einen todkranken Menschen nach Bekanntwerden seiner unheilbaren Krankheit kurz nach Durchführung seiner zunächst erleichternden Operation im Krankenhaus dazu bewege, noch einen Tag vor Beginn der Strahlentherapie zu heiraten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.05.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, trotz des langjährigen Zusammenlebens sei die zweite Ehe erst geschlossen worden, als die unheilbare Krankheit des H.K. bekannt gewesen sei. Dies rechtfertige den Schluss, dass Regelungen für die Zeit nach dem Ableben des H.K. hatten getroffen werden sollen.

Am 22.05.2006 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG, Verfahren S 9 R 1406/06). Sie trug vor, sie habe mit ihrem verstorbenen Ehemann zwar schon länger wieder zusammengelebt, jedoch hätten sie immer vorgehabt, wieder zu heiraten, sobald H.K. in Rente komme. Entsprechendes könne ihre Schwester, ihre Mutter sowie die gemeinsamen Kinder bestätigen. Die Ehe sei zwar nach der Diagnose "Rückenmarkskarzinom" geschlossen worden, jedoch vor allem deshalb, damit sie im Krankenhaus auch an Informationen komme. H.K. sei es nach der ersten Diagnose wieder besser gegangen. Zu diesem Zeitpunkt sei nicht damit zu rechnen gewesen, dass er so schnell sterben würde. Auch der vom SG gehörte Prof. Dr. L. habe dargelegt, dass bei der Eheschließung im April 2005 nicht mit dem Tod innerhalb eines Jahres zu rechnen gewesen sei. Denn bei langsamer Metastasierung eines Prostatakarzinoms sei in der Regel von einer Lebenserwartung von ca. fünf Jahren auszugehen, sodass H.K. durchaus noch ca. fünf Jahre zu leben gehabt hätte. Ihr verstorbener Ehemann sei im Übrigen auch nicht an der diagnostizierten Tumorerkrankung verstorben, sondern an einer Lungenentzündung und einem Harnwegsinfekt. Dieser Krankheitsverlauf sei überraschend fulminant und so innerhalb eines Jahres nicht zu erwarten gewesen. Der Tod des H.K. sei daher durch eine plötzliche und nicht vorhersehbare Erkrankung eingetreten.

Die Klägerin legte die Bestätigungen ihrer Schwester, M. K. sowie ihres Sohnes M. K. vor, wonach die zweite Eheschließung seit Jahren geplant gewesen sei, und zwar wenn H.K. in Rente komme.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Vernünftige Gründe, weshalb die Eheleute nicht bereits im Laufe ihres zehnjährigen Zusammenlebens geheiratet hätten, seien nicht ersichtlich. Vielmehr lege die offensichtlich kurzfristige Eheschließung nach der Diagnosestellung nahe, dass der Erwerb von Versorgungsansprüchen Grund für die Eheschließung gewesen sei. Etwas anderes könne nur angenommen werden, wenn die Eheschließung bereits vor Feststellung der Krebserkrankung des H.K. konkret geplant und tatsächlich in die Wege geleitet worden sei.

Das SG holte die Berichte des Arztes für innere Medizin Dr. G.) vom 30.08.2006 sowie des Prof. Dr. L., Chefarzt der Medizinischen Klinik I im Klinikum F., vom 11.12.2006 ein. Dr. G. führte aus, aufgrund der erst kurz zurückliegenden Erstdiagnose habe Anfang April 2005 eine Prognose über die verbleibende Lebenszeit des H.K. nicht gestellt werden können. Prof. Dr. L. legte dar, der Kläger sei am 10.10.2005 erneut wegen massiver Verschlechterung des Allgemeinzustandes stationär aufgenommen worden, wobei radiologische Untersuchungen ein inoperables Falxmeningeom gezeigt hätten; nach Stabilisierung des Allgemeinzustandes und Optimierung der Schmerztherapie sei H.K. am 21.10.2005 wieder entlassen worden. Bei rascher Allgemeinzustandsverschlechterung und Exsikkose sei H.K. am 30.10.2005 erneut stationär aufgenommen worden, wobei letztlich eine Lungenentzündung und ein Harnwegsinfekt am 01.11.2005 zum Tod geführt hätten. Diese Erkrankungen könnten nicht unmittelbar mit der Tumorerkrankung in Verbindung gebracht werden. Dieser Verlauf sei überraschend fulminant, der Tod des H. K. innerhalb eines Jahres so nicht zu erwarten gewesen.

Am 25.07.2007 fand die mündliche Verhandlung des SG statt; die Klägerin wurde angehört und M.K. sowie M.K. wurden als Zeugen vernommen.

Mit Urteil vom 25.07.2007 (- S 9 R 1406/06 -) wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, es habe nicht festgestellt werden können, dass die Eheschließung zwischen der Klägerin und H.K. nicht allein oder überwiegend der Begründung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung gedient habe. Die von der Klägerin geltend gemachten Umstände ließen andere Motive zwar durchaus als möglich erscheinen, stünden jedoch der Vermutung einer die Begründung eines (zusätzlichen) Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezweckenden Eheschließung nicht mit der zur Führung des Vollbeweises erforderlichen Evidenz entgegen.

Zur Begründung der dagegen am 29.08.2007 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegten Berufung (Verfahren L 6 R 4238/07) trug die Klägerin vor, es lägen besondere Umstände vor, die gegen die Annahme sprächen, dass alleiniger oder überwiegender Zweck der Heirat die Begründung einer Hinterbliebenenversorgung gewesen sei. Die gesetzliche Vermutung sei durch besondere Umstände widerlegt. So hätten die vom SG gehörten Zeugen übereinstimmend dargelegt, dass die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann bereits seit längerem eine Heirat geplant gehabt hätten und zwar für den Beginn des vorzeitigen Ruhestandes, was im Mai 2005 gewesen sei. Die Eheschließung sei am 04.04.2005 erfolgt; am 01.11.2005 sei H.K. dann an den Folgen einer Lungenentzündung und einem Harnwegsinfekt verstorben. Diese Erkrankungen seien nicht mit der Tumorerkrankung in Verbindung zu bringen und der Tod nach den Ausführungen des Prof. Dr. L. so auch nicht zu erwarten gewesen. Bei einem langsamen Voranschreiten der Tumorerkrankung habe nach dessen Ausführungen durchaus noch eine Lebenserwartung von ca. fünf Jahren bestanden. Bei der Eheschließung sei deshalb nicht vorhersehbar gewesen, dass H.K. bald sterben würde, insbesondere nicht, dass eine Lungenentzündung und ein Harnwegsinfekt so früh zu seinem Tod führen würden. Der ungewöhnlich massive Krankheitsverlauf sei einem unvorhergesehenen Unfalltod vergleichbar. Die eigentlich für Mai 2005 geplante Hochzeit sei vorgezogen worden, weil H.K. sich zu diesem Zeitpunkt noch im Krankenhaus in R. befunden habe und noch nicht in Bad B. Den Gästen habe ermöglicht werden sollen, die Hochzeit noch im näher gelegenen R. mitzufeiern. Die Eheschließung sei gerade nicht wegen der unheilbaren Krankheit und der schlechten Prognose erfolgt, sondern weil diese für den Zeitpunkt des Eintritts des Rentenalters bereits lange Jahre zuvor geplant gewesen sei.

Mit Beschluss vom 26.05.2008 (- L 6 R 4238/07 -) wies das LSG die Berufung zurück. Zur Begründung führte es aus, der Bescheid der Beklagten vom 03.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 17.05.2006 sei rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemanns H.K. Das SG sei zutreffend davon ausgegangen, dass der von der Klägerin geltend gemachte Witwenrentenanspruch im Hinblick auf die Regelung des § 46 Abs. 2a SGB VI ausgeschlossen sei. Danach hätten Witwen oder Witwer keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt sei, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Diese Regelung enthalte anknüpfend an eine Ehedauer von weniger als einem Jahr eine gesetzliche Vermutung, mit der unterstellt werde, dass beim Tod des Versicherten innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung gewesen sei (vgl. BT-Drucks. 14/4595, S. 44). Diese gesetzliche Vermutung sei zwar widerlegbar, jedoch erfordere die Widerlegung der Rechtsvermutung den vollen Beweis des Gegenteils. Demnach sei bei einer kurzen Ehedauer von weniger als einem Jahr grundsätzlich vom Vorliegen einer Versorgungsehe auszugehen. Ergäben sich anhand des konkreten Einzelfalles nicht genügend beweiskräftige Anhaltspunkte gegen die Annahme, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung zu begründen, so verbleibe es bei der Annahme einer Versorgungsehe. Die materielle Beweislast für das Vorliegen besonderer Umstände, die die gesetzliche Vermutung widerlegten, trage derjenige, der den Anspruch auf die Witwen- bzw. Witwerrente geltend mache, im vorliegenden Fall also die Klägerin. Auf dieser Grundlage sei das SG zutreffend davon ausgegangen, dass die gesetzliche Vermutung des Vorliegens einer Versorgungsehe durch die von der Klägerin geltend gemachten besonderen Umstände nicht widerlegt sei. Der Senat habe sich insbesondere nicht davon überzeugen können, dass der Tod des H.K. - wie von der Klägerin geltend gemacht - nicht vorhersehbar, sondern vielmehr überraschend und einem plötzlichen Unfallereignis vergleichbar eingetreten sei und somit andere Umstände als eine Versorgungsabsicht Beweggründe für die Eheschließung am 04.04.2005 gewesen seien. Soweit die Klägerin geltend gemacht habe, die Eheschließung sei bereits lange vor der Erkrankung des H.K. fest geplant gewesen, habe sich der Senat hiervon nicht zu überzeugen vermocht. Zwar möge zutreffend sein, dass die Eheleute eine Eheschließung für einen Zeitpunkt nach dem Beginn der Altersrente des H.K. ins Auge gefasst und dies auch im Familienkreis besprochen hätten, jedoch habe sich der Senat nicht davon überzeugen können, dass mit der Eheschließung am 4.04.2005 lediglich ein bereits früher konkret gefasster Plan umgesetzt worden sei, und zwar unabhängig von der schweren und lebensbedrohlichen Erkrankung des H.K. Hiergegen spreche bereits der Umstand, dass nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin eine Eheschließung erst für einen Zeitpunkt nach Beginn der Altersrente des H.K. ins Auge gefasst gewesen sei, H.K. jedoch weder am Tag der Eheschließung, dem 04.04.2005, Rentner gewesen sei, noch im Folgemonat Mai, in dem nach dem Vorbringen im Berufungsverfahren ursprünglich die Eheschließung vorgesehen gewesen sein sollte. Denn H.K. habe Altersrente nach Altersteilzeit entsprechend seinem Antrag vom 21.02.2005 erst ab dem Tag nach Beendigung seiner Freistellungsphase am 31.05.2005, also ab 01.06.2005 bezogen. Für die Annahme, dass mit der Eheschließung am 04.04.2005 eine feste Planung lediglich konkret umgesetzt worden sei, böten auch die Darlegungen der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG keinerlei Anhaltspunkte. Denn im Vorfeld der stationären Aufnahme des H.K. Mitte März 2005 seien noch keinerlei Vorbereitungen für eine anstehende Heirat getroffen worden waren. Wenn auch die Klägerin und H.K. keine große Feier beabsichtigt gehabt haben sollten und lediglich ein Essen im engen Familienkreis geplant gewesen sein sollte, so spreche gegen die geltend gemachte feste Planung nach Überzeugung des Senats gleichwohl, dass weder ein Termin für die Eheschließung festgelegt, noch überhaupt Kontakt mit dem Standesamt aufgenommen worden sei. Denn wie die Klägerin selbst angegeben habe, sei der spätere Eheschließungstermin erst Ende März 2005 direkt vom Krankenhaus aus organisiert worden. Dies spreche gegen das Vorbringen der Klägerin, dass die Eheschließung bereits lange vor der Erkrankung des H.K. fest geplant gewesen sei. Darüber hinaus spreche auch der konkrete Zeitpunkt der Eheschließung am 04.04.2005 eher für einen Zusammenhang mit der lebensbedrohlichen Erkrankung des H.K. als gegen einen solchen. Denn wäre die Schwere der Erkrankung kein Beweggrund für die Eheschließung gewesen, so hätte es nahe gelegen, die ursprünglichen Planungen weiterzuverfolgen und die Eheschließung nach Entlassung aus der stationären Rehabilitation im Juni 2005 vorzunehmen. Stattdessen sei erst Ende März 2005 ein Eheschließungstermin mit dem Standesamt für den 04.04.2005 vereinbart worden, also kurz nachdem nicht nur eine schwerwiegende Operation stattgefunden habe, sondern auch die Diagnose einer lebensbedrohlichen Erkrankung gestellt worden sei und am Folgetag mit einer sehr eingreifenden Strahlentherapie habe begonnen werden sollen. Aus diesen Gründen vermöge der Senat nicht davon auszugehen, dass mit der Eheschließung am 04.04.2005 lediglich eine bereits seit langem bestehende Absicht in die Tat umgesetzt worden sei, ohne dass man ein alsbaldiges Ableben des H.K. in Betracht gezogen habe. Dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht davon ausgegangen sei bzw. auch nicht davon habe ausgehen können, dass H.K. im November 2005 an einer Lungenentzündung und einem Harnwegsinfekt versterben würde, rechtfertige keine andere Beurteilung. Entsprechendes gelte auch für den Umstand, dass die Lebenserwartung des H.K. nach den Ausführungen des Prof. Dr. L. bei einem langsamen Voranschreiten der Tumorerkrankung durchaus noch ca. fünf Jahre hätte betragen können. Denn auch die später tatsächlich eingetretene Entwicklung rechtfertige nicht die Annahme, dass die Klägerin die Ehe mit H.K. am 04.04.2005 ihrem Wesen entsprechend auf Dauer eingegangen sei, ohne dass zu besorgen gewesen wäre, dass H.K. vorzeitig versterbe. Zum Zeitpunkt der Eheschließung, zu dem gerade die lebensbedrohliche Diagnose einer diffusen Tumordurchsetzung der Wirbelsäule und einer ausgeprägten lymphonodalen Metastasierung gestellt worden sei und weder eine Objektivierung des Primärtumors erfolgt sei, noch mit der Strahlenbehandlung auch nur begonnen worden sei, sei nämlich keinerlei konkrete Prognose im Hinblick auf die Lebenserwartung des H.K. möglich gewesen. Bei der Annahme des Prof. Dr. L., wonach H.K. bei einem langsamen Voranschreiten der Tumorerkrankung durchaus noch ca. fünf Jahre zu leben gehabt hätte, handele es sich daher lediglich um eine allgemeine Einschätzung, die bereits einen günstigen Verlauf (langsames Voranschreiten der Tumorerkrankung) voraussetze, von dem Anfang April 2005 ohne Kenntnis des Primärtumors nicht ohne weiteres habe ausgegangen werden können, sondern der allenfalls als in Betracht zu ziehende Möglichkeit im Raume gestanden sei. Deshalb halte es der Senat nicht für möglich, den vorliegenden Sachverhalt einem solchen gleichzustellen, bei dem - wie von der Klägerin geltend gemacht - ein Versicherter von einem Auto überfahren werde oder von einer Leiter stürze. Denn hierbei handele es sich um plötzliche unvorhersehbare Ereignisse, denen anders als im Falle der Diagnose einer lebensbedrohlichen Erkrankung keine maßgebliche Bedeutung im Hinblick auf den Entschluss, eine Ehe einzugehen, beigemessen werden könne.

Am 16.10.2012 stellte die Klägerin einen Antrag auf Überprüfung des Bescheids vom 03.01.2006 gemäß § 44 SGB X. Eine Begründung legte sie nicht vor.

Mit Bescheid vom 03.04.2014 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab.

Am 14.04.2014 legte die Klägerin Widerspruch ein. Eine Widerspruchsbegründung wurde nicht vorgelegt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, worauf die Klägerin am 07.07.2014 (erneut) Klage beim SG erhob (Verfahren S 9 R 1847/14). Zur Begründung wiederholte und bekräftigte die Klägerin ihr Begehren im vorausgegangenen Klage- und Berufungsverfahren.

Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf die Begründung der angefochtenen Bescheide entgegen.

Mit Gerichtsbescheid vom 03.03.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 03.01.2006 bzw. des Widerspruchsbescheids vom 17.05.2006 und auf Gewährung von Witwenrente (§ 44 SGB X); die genannten Bescheide seien rechtmäßig. Hierfür werde auf die Gründe des Beschlusses des LSG vom 26.05.2008 (- L 6 R 4238/07 -) Bezug genommen, in dem das Vorbringen der Klägerin berücksichtigt und umfassend gewürdigt worden sei. Neue Tatsachen habe die Klägerin nicht vorgetragen und neue Beweismittel nicht benannt.

Gegen den ihr am 15.03.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15.04.2015 (fristgerecht) Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt sie ihr Vorbringen im vorausgegangenen Klage- und Berufungsverfahren (S 9 R 1406/06 bzw. L 6 R 4238/07). Nach der Ehescheidung habe man festgestellt, dass diese unnötig gewesen sei, man habe wieder zusammengelebt und auf jeden Fall heiraten wollen. Die Heirat sei zunächst nach der Berentung des H.K. geplant gewesen. Wegen der Krebserkrankung des H.K. habe man die Hochzeit aber vorgezogen, da auch die Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente wahrscheinlich gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Hochzeit sei man zwar davon ausgegangen, dass die Krebserkrankung lebensverkürzend sei, man habe wegen der "guten" Diagnose aber mit einer Lebenserwartung des H.K. von ca. 5 Jahren gerechnet; das habe Prof. Dr. L. auch im ersten sozialgerichtlichen Verfahren im Jahr 2006 berichtet. Dr. G. habe im Jahr 2006 angenommen, eine Prognose zu der dem H.K. noch verbleibenden Lebenszeit sei nicht möglich. Bei Feststellung des Tumors sei H.K. noch voller Lebensfreude und körperlich fit gewesen. Seinerzeit sei mit einem kurzfristigen Ableben nicht zu rechnen gewesen. H.K. sei auch an einer Lungenentzündung und einem Harnwegsinfekt gestorben; beides sei nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Krebserkrankung gestanden. Diese habe daher nicht zum Tod des H.K. geführt. Der Tod des H.K. sei innerhalb eines Jahres nach Eheschließung auch nicht zu erwarten gewesen. Eine Versorgungsehe habe nicht vorgelegen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 03.03.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 03.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.07.2014 zu verurteilen, den Bescheid vom 03.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.05.2006 aufzuheben und ihr Witwenrente nach dem Tod des H. K. ab 01.11.2005 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Mit Beschluss vom 04.11.2015 (L 5 R 1497/15) lehnte der Senat einen Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren ab.

Am 14.01.2015 fand eine nichtöffentliche Erörterungsverhandlung statt. Die Klägerin machte geltend, sie halte die Versagung von Witwenrente für ungerecht.

Wegen der weiteren Einzelheiten das Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig, aber nicht begründet. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids sowie auf die Gründe des im Prozesskostenhilfeverfahren ergangenen Senatsbeschlusses vom 04.11.2015 und ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des SG vom 25.07.2007 (- S 9 R 1406/06 -) sowie auf die Gründe des Beschlusses des LSG vom 26.05.2008 (- L 6 R 4238/07 -) Bezug. Die Klägerin hat zur Begründung ihres Überprüfungsantrags Neues nicht vorgetragen und auch im sozialgerichtlichen Verfahren wie im Berufungsverfahren lediglich ihr Vorbringen aus den vorangegangenen Gerichtsverfahren vor dem SG und dem LSG wiederholt. Dieses Vorbringen ist aber (insbesondere) vom LSG in dessen rechtskräftigem Beschluss vom 26.05.2008 (a.a.O.), dem sich der Senat anschließt, bereits umfassend gewürdigt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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