Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 18 AS 1991/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von dem Beklagten im Rahmen eines Überprüfungsantrages die rückwirkende Gewährung von Leistungen nach dem SGB II unter Bewilligung von Arbeitslosengeld II für erwerbsfähige Hilfebedürftige anstelle der bisher erfolgten Bewilligung von Sozialgeld für erwerbsunfähige Hilfebedürftige für den Zeitraum vom 14.08.2008 bis zum 31.12.2010.
Der Kläger stand ab Juli 2007 im Bezug von Leistungen nach dem SGB II in einer Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau und einem gemeinsamen Kind. Er erhielt zunächst Leistungen nach dem SGB II als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger. Nach Ende eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im Mai 2007 bezog der Kläger Krankengeld sowie Arbeitslosengeld I. Eine Klage des Klägers auf Gewährung von Krankengeld über den 11.11.2007 hinaus wurde mit Urteil vom 06.12.2011 (S 5 KR 94/08) rechtskräftig abgewiesen. Der Kläger bezog insgesamt bis zum 13.08.2008 weiterhin Arbeitslosengeld I.
Ein Gutachten des Ärztlichen Dienstes des Gesundheitsamtes des Kreises Lippe vom 24.01.2008 stellte fest, dass der Kläger voraussichtlich länger als 6 Monate nicht in der Lage sei, 3 Stunden täglich zu arbeiten. Infolgedessen gewährte der Beklagte dem Kläger ab dem 01.03.2008 weiterhin Leistungen nach dem SGB II in gleicher Höhe wie zuvor, jedoch nunmehr als Sozialgeld für nichterwerbsfähige Hilfebedürftige. Über das Ende des Bezuges von Arbeitslosengeld I hinaus erhielt der Kläger weiterhin in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau und dem Kind Leistungen nach dem SGB II. Für den Kläger wurde hierbei weiterhin Sozialgeld für nichterwerbsfähige Hilfebedürftige gewährt. Einen Antrag des Klägers auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente lehnte die Rentenversicherung im Jahr 2011 ab, da der Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt habe. Ebenso wurde eine Rente wegen Arbeitslosigkeit abgelehnt, da der Kläger nur 81 statt 96 Monate Pflichtbeiträge vorweisen könne.
Am 20.12.2012 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X beim Beklagten. Hiermit beantragte er die rückwirkende Aufhebung der Sozialgeldgewährung und entsprechende Gewährung von Arbeitslosengeld II für erwerbsfähige Hilfebedürftige für die Zeit ab 14.08.2008. Weiterhin begehrte er, dass für die Zeit vom 14.08.2008 bis 31.12.2010 Pflichtbeitragszeiten für die Rentenversicherung berücksichtigt würden und an die Rentenversicherung gemeldet werden sollten, sowie die Meldung von Anrechnungszeiten ab dem 01.01.2011.
Mit Bescheid vom 10.01.2013 lehnte der Beklagte den entsprechenden Antrag ab. Dies begründete er hinsichtlich des Zeitraumes bis 31.12.2010 damit, dass gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II der § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X mit der Maßgabe gelte, dass anstelle eines Zeitraumes von 4 Jahren ein Zeitraum von 1 Jahr zu berücksichtigen sei. Weiterhin würden sich für die Übermittlung von rentenrechtlichen Zeiten ab Januar 2011 anhand der Aktenlage keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine Arbeitsfähigkeit für leichte Tätigkeiten von mindestens 6 Stunden täglich gegeben sei.
Hiergegen hat der Kläger Widerspruch erhoben. Hierzu führte er aus, dass die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz bereits im September 2008 festgestellt habe, dass er in der Lage sei, 6 Stunden täglich als Pförtner zu arbeiten. Auch sei in einem Gutachten aus dem Gerichtsverfahren gegen die Krankenkasse festgestellt worden, dass er ab dem 12.11.2007 vollschichtig leichte Tätigkeiten ausüben könne. Weiterhin würden Beitragsansprüche entsprechend § 25 SGB IV innerhalb von 4 Jahren verjähren.
Mit Änderungsbescheid vom 05.04.2013 änderte der Beklagte den angefochtenen Ablehnungsbescheid vom 10.01.2013 teilweise für die Zeit ab Januar 2011 ab und gewährte dem Kläger anstelle von Sozialgeld für erwerbsunfähige Hilfebedürftige nunmehr die Regelleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige nach dem SGB II und meldete Anrechnungszeiten zur Rentenversicherung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2013 wies der Beklagte dann den Widerspruch nach Erteilung der Änderungsbescheide vom 05.04.2013 als unbegründet zurück und entschied, dass die Kosten des Widerspruchsverfahrens zur Hälfte erstattet würden. Dies begründet der Beklagte damit, dass aufgrund der Regelung in § 44 Abs. 4 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von einem Jahr rückwirkend erbracht werden könnten. Aufgrund des Überprüfungsantrages im Dezember 2012 wirke der Zeitraum der rückwirkenden Erbringung von Sozialleistungen auf den 01.01.2011 zurück. Für vorherige Zeiten komme eine Änderung der bisherigen Bescheide nicht in Betracht.
Hiergegen hat der Kläger am 07.05.2013 Klage erhoben. Der Kläger erhält seit dem 01.08.2014 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen von der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz. Der bewilligten Rente des Klägers liegen 23,0336 persönliche Entgeltpunkte zugrunde.
Der Kläger ist der Ansicht, dass er einen Anspruch auf Abänderung der Bewilligungsbescheide entsprechend seines Überprüfungsantrages ab dem 14.08.2008 habe. Die Ausschlussfrist aus § 40 SGB II neue Fassung (n.F.) würde erst für Bescheide gelten, die nach der Änderung des Paragraphen erlassen worden seien. Auch begehre er keine Nachzahlung von Sozialleistungen, sondern eine entsprechende Statusänderung der ihm gewährten Sozialleistung. Schließlich seien die Regelungen des SGB IV auch vorrangig, da es um Beiträge zur Rentenversicherung gehe.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 10.01.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 05.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2013 zu verurteilen, für den Zeitraum vom 14.08.2008 bis 31.12.2010 die Bewilligung von Sozialgeld für die Vergangenheit zurückzunehmen, ihm rückwirkend Arbeitslosengeld II zu bewilligen und Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, dass die angefochtene Entscheidung rechtmäßig sei. Eine Überprüfung für den Zeitraum vor dem 01.01.2011 scheitere bereits an § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Diese Regelung greife auch im Fall des Klägers. Hierbei sei unerheblich, dass die entsprechende gesetzliche Regelung zum Zeitpunkt des Erlasses der ursprünglichen Bescheide noch nicht gegolten habe.
Auf Anforderung des Gerichts hat die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz eine Probeberechnung übersandt aus der sich ergibt, dass der Kläger bei Meldung von Versicherungszeiten aufgrund des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II vom 14.08.2008 bis 31.12.2010 eine Rente ausgehend von 23,2346 persönlichen Entgeltpunkten erhalten würde.
Die Beteiligten haben schriftsätzlich ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten. Diese lagen vor und waren Gegenstand der gerichtlichen Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgrund des erklärten Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, unbegründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 10.01.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 05.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2013 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Soweit der Kläger die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung begehrt, ist die Klage nicht zulässig, da es insofern an der Klagebefugnis des Klägers fehlt. Denn hierbei handelt es sich um kein subjektives Recht des Klägers, sondern um einen Anspruch des Rentenversicherungsträgers gegenüber dem Beklagten (vgl. § 173 Satz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung).
Im Übrigen ist die Klage zulässig. Insbesondere mangelt es dem Kläger nicht am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis. Denn wenn er rückwirkend für den geltend gemachten Zeitraum Leistungen nach dem SGB II als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger erhalten würde, wäre er für diesen Zeitraum pflichtversichert in der gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI a.F. Entsprechend würde ihm dann aufgrund der um 0,201 höheren Entgeltpunktzahl, welche sich aus der Probeberechnung des Rentenversicherungsträgers ergibt, eine -wenn auch nur geringfügig- höhere monatliche Rente zustehen.
Der Beklagte hat es durch den angefochtenen Bescheid zu Recht abgelehnt gem. § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) seine Bewilligungsbescheide über Leistungen nach dem SGB II für Zeiten vor dem 01.01.2011 teilweise zurückzunehmen und dem Kläger für die Zeit ab dem 14.08.2008 anstelle von Sozialgeld für nichterwerbsfähige Personen gem. § 28 SGB II a.F. Leistungen nach den §§ 19, 20 SGB II als erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zu gewähren.
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen wurde, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit eines Bescheides erfolgt in diesem Fall unter Berücksichtigung der damaligen Sach- und Rechtslage aus heutiger Sicht (von Wulffen, SGB X, § 44 Rn. 10; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25.05.2010, L 3 AS 64/10 B PKH).
Gem. § 44 Abs. 4 SGB X werden Sozialleistungen grundsätzlich längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht, wenn ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist. Im Bereich der Leistungen nach dem SGB II gilt hierbei eine Frist von einem Jahr (§ 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II).
Die Frist von einem Jahr ist im Fall des Klägers anwendbar, da der Antrag auf Überprüfung nach dem 01.04.2011 gestellt wurde und daher gem. § 77 Abs. 13 SGB II die verkürzte Frist von einem Jahr Anwendung findet. Insofern ist nämlich nicht entscheidend, dass die zu überprüfenden Bescheide aus einer Zeit vor der Gesetzesänderung stammen, sondern abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Antrages auf die Rücknahme. Die Begrenzung auf ein Jahr ist hierbei auch verfassungsrechtlich unbedenklich (hierzu: Sächsisches LSG, Urteil vom 06.11.2014, L 7 AS 534/13; LSG NRW, Urteil vom 19.09.2013, L 7 AS 1050/13).
Unabhängig von der Frage, ob der Beklagte dem Kläger im streitbefangenen Zeitraum zu Unrecht Leistungen für eine nichterwerbsfähige Person anstelle von Leistungen für einen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gewährt hat, scheidet jedoch eine rückwirkende Gewährung von geänderten Leistungen aus. Hierbei ist unerheblich, dass der Kläger tatsächlich keine Auszahlung von weiteren Leistungen an sich begehrt, da die Höhe der Leistungen unabhängig davon ist, ob sie ausgehend vom Sozialgeld für nichterwerbsfähige Personen oder von der Regelleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige berechnet wird. Denn für die vom Kläger erstrebte Rechtsfolge des Eintritt einer Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI a.F. ist erforderlich, dass er entsprechende Leistungen in Form von Arbeitslosengeld II nach dem SGB II tatsächlich bezogen hat, ein bloßer Anspruch auf die Leistungen reicht nicht aus (Knorr in: jurisPK-SGB VI, 1. A. 2008, § 3 SGB VI Rn. 130). Ein tatsächlicher Bezug scheidet vorliegend jedoch aus, da aufgrund der Jahresfrist aus § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II eine nachträgliche Gewährung von Arbeitslosengeld II ausscheidet.
Etwas anders folgt auch nicht daraus, dass der Kläger vorliegend keine tatsächlichen finanziellen Mehrleistungen vom Beklagten begehrt, sondern lediglich eine Veränderung des leistungsrechtlichen Status der ihm bisher vor dem 01.01.2011 gewährten Leistungen. Denn auch eine entsprechende Korrektur des Status und eine damit verbundene Meldung von Zeiten der Versicherungspflicht an den Rentenversicherungsträger (vgl. § 38 DEÜV in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) scheidet aufgrund der Jahresfrist aus § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II aus. Denn auch diese Meldung ist als Sozialleistung im Sinn von § 44 Abs. 4 SGB X zu werten und unterfällt daher der vorliegend abgelaufenen Jahresfrist. Sozialleistung ist jede Geld-, Sach- oder Dienstleistung im Sinn von § 11 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Denn der Begriff der Sozialleistung aus § 44 SGB X entspricht dem der Legaldefinition im SGB I (von Wulffen, § 44 Rn. 14). Auch bei der Meldung von versicherungsrechtlich relevanten Zeiten handelt es sich um Leistungen im sozialrechtlichen Sinn (so BSG, Beschluss vom 31.07.1990, 11 BAr 21/90 zur Meldung von Ausfallzeiten).
Da es vorliegend für den Kläger allein um die Begründung eines Leistungsbezuges, der zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führen würde, geht und nicht unmittelbar um die Frage der Zahlung von Beiträgen, findet die Verjährungsregel aus § 25 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) keine Anwendung. Denn diese gilt allein für die Verjährung von fällig gewordenen Sozialversicherungsbeiträgen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Einer Entscheidung über die Zulassung der Berufung bedurfte es nicht, da Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit stehen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von dem Beklagten im Rahmen eines Überprüfungsantrages die rückwirkende Gewährung von Leistungen nach dem SGB II unter Bewilligung von Arbeitslosengeld II für erwerbsfähige Hilfebedürftige anstelle der bisher erfolgten Bewilligung von Sozialgeld für erwerbsunfähige Hilfebedürftige für den Zeitraum vom 14.08.2008 bis zum 31.12.2010.
Der Kläger stand ab Juli 2007 im Bezug von Leistungen nach dem SGB II in einer Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau und einem gemeinsamen Kind. Er erhielt zunächst Leistungen nach dem SGB II als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger. Nach Ende eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im Mai 2007 bezog der Kläger Krankengeld sowie Arbeitslosengeld I. Eine Klage des Klägers auf Gewährung von Krankengeld über den 11.11.2007 hinaus wurde mit Urteil vom 06.12.2011 (S 5 KR 94/08) rechtskräftig abgewiesen. Der Kläger bezog insgesamt bis zum 13.08.2008 weiterhin Arbeitslosengeld I.
Ein Gutachten des Ärztlichen Dienstes des Gesundheitsamtes des Kreises Lippe vom 24.01.2008 stellte fest, dass der Kläger voraussichtlich länger als 6 Monate nicht in der Lage sei, 3 Stunden täglich zu arbeiten. Infolgedessen gewährte der Beklagte dem Kläger ab dem 01.03.2008 weiterhin Leistungen nach dem SGB II in gleicher Höhe wie zuvor, jedoch nunmehr als Sozialgeld für nichterwerbsfähige Hilfebedürftige. Über das Ende des Bezuges von Arbeitslosengeld I hinaus erhielt der Kläger weiterhin in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau und dem Kind Leistungen nach dem SGB II. Für den Kläger wurde hierbei weiterhin Sozialgeld für nichterwerbsfähige Hilfebedürftige gewährt. Einen Antrag des Klägers auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente lehnte die Rentenversicherung im Jahr 2011 ab, da der Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt habe. Ebenso wurde eine Rente wegen Arbeitslosigkeit abgelehnt, da der Kläger nur 81 statt 96 Monate Pflichtbeiträge vorweisen könne.
Am 20.12.2012 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X beim Beklagten. Hiermit beantragte er die rückwirkende Aufhebung der Sozialgeldgewährung und entsprechende Gewährung von Arbeitslosengeld II für erwerbsfähige Hilfebedürftige für die Zeit ab 14.08.2008. Weiterhin begehrte er, dass für die Zeit vom 14.08.2008 bis 31.12.2010 Pflichtbeitragszeiten für die Rentenversicherung berücksichtigt würden und an die Rentenversicherung gemeldet werden sollten, sowie die Meldung von Anrechnungszeiten ab dem 01.01.2011.
Mit Bescheid vom 10.01.2013 lehnte der Beklagte den entsprechenden Antrag ab. Dies begründete er hinsichtlich des Zeitraumes bis 31.12.2010 damit, dass gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II der § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X mit der Maßgabe gelte, dass anstelle eines Zeitraumes von 4 Jahren ein Zeitraum von 1 Jahr zu berücksichtigen sei. Weiterhin würden sich für die Übermittlung von rentenrechtlichen Zeiten ab Januar 2011 anhand der Aktenlage keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine Arbeitsfähigkeit für leichte Tätigkeiten von mindestens 6 Stunden täglich gegeben sei.
Hiergegen hat der Kläger Widerspruch erhoben. Hierzu führte er aus, dass die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz bereits im September 2008 festgestellt habe, dass er in der Lage sei, 6 Stunden täglich als Pförtner zu arbeiten. Auch sei in einem Gutachten aus dem Gerichtsverfahren gegen die Krankenkasse festgestellt worden, dass er ab dem 12.11.2007 vollschichtig leichte Tätigkeiten ausüben könne. Weiterhin würden Beitragsansprüche entsprechend § 25 SGB IV innerhalb von 4 Jahren verjähren.
Mit Änderungsbescheid vom 05.04.2013 änderte der Beklagte den angefochtenen Ablehnungsbescheid vom 10.01.2013 teilweise für die Zeit ab Januar 2011 ab und gewährte dem Kläger anstelle von Sozialgeld für erwerbsunfähige Hilfebedürftige nunmehr die Regelleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige nach dem SGB II und meldete Anrechnungszeiten zur Rentenversicherung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2013 wies der Beklagte dann den Widerspruch nach Erteilung der Änderungsbescheide vom 05.04.2013 als unbegründet zurück und entschied, dass die Kosten des Widerspruchsverfahrens zur Hälfte erstattet würden. Dies begründet der Beklagte damit, dass aufgrund der Regelung in § 44 Abs. 4 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von einem Jahr rückwirkend erbracht werden könnten. Aufgrund des Überprüfungsantrages im Dezember 2012 wirke der Zeitraum der rückwirkenden Erbringung von Sozialleistungen auf den 01.01.2011 zurück. Für vorherige Zeiten komme eine Änderung der bisherigen Bescheide nicht in Betracht.
Hiergegen hat der Kläger am 07.05.2013 Klage erhoben. Der Kläger erhält seit dem 01.08.2014 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen von der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz. Der bewilligten Rente des Klägers liegen 23,0336 persönliche Entgeltpunkte zugrunde.
Der Kläger ist der Ansicht, dass er einen Anspruch auf Abänderung der Bewilligungsbescheide entsprechend seines Überprüfungsantrages ab dem 14.08.2008 habe. Die Ausschlussfrist aus § 40 SGB II neue Fassung (n.F.) würde erst für Bescheide gelten, die nach der Änderung des Paragraphen erlassen worden seien. Auch begehre er keine Nachzahlung von Sozialleistungen, sondern eine entsprechende Statusänderung der ihm gewährten Sozialleistung. Schließlich seien die Regelungen des SGB IV auch vorrangig, da es um Beiträge zur Rentenversicherung gehe.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 10.01.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 05.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2013 zu verurteilen, für den Zeitraum vom 14.08.2008 bis 31.12.2010 die Bewilligung von Sozialgeld für die Vergangenheit zurückzunehmen, ihm rückwirkend Arbeitslosengeld II zu bewilligen und Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, dass die angefochtene Entscheidung rechtmäßig sei. Eine Überprüfung für den Zeitraum vor dem 01.01.2011 scheitere bereits an § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Diese Regelung greife auch im Fall des Klägers. Hierbei sei unerheblich, dass die entsprechende gesetzliche Regelung zum Zeitpunkt des Erlasses der ursprünglichen Bescheide noch nicht gegolten habe.
Auf Anforderung des Gerichts hat die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz eine Probeberechnung übersandt aus der sich ergibt, dass der Kläger bei Meldung von Versicherungszeiten aufgrund des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II vom 14.08.2008 bis 31.12.2010 eine Rente ausgehend von 23,2346 persönlichen Entgeltpunkten erhalten würde.
Die Beteiligten haben schriftsätzlich ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten. Diese lagen vor und waren Gegenstand der gerichtlichen Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgrund des erklärten Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, unbegründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 10.01.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 05.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2013 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Soweit der Kläger die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung begehrt, ist die Klage nicht zulässig, da es insofern an der Klagebefugnis des Klägers fehlt. Denn hierbei handelt es sich um kein subjektives Recht des Klägers, sondern um einen Anspruch des Rentenversicherungsträgers gegenüber dem Beklagten (vgl. § 173 Satz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung).
Im Übrigen ist die Klage zulässig. Insbesondere mangelt es dem Kläger nicht am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis. Denn wenn er rückwirkend für den geltend gemachten Zeitraum Leistungen nach dem SGB II als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger erhalten würde, wäre er für diesen Zeitraum pflichtversichert in der gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI a.F. Entsprechend würde ihm dann aufgrund der um 0,201 höheren Entgeltpunktzahl, welche sich aus der Probeberechnung des Rentenversicherungsträgers ergibt, eine -wenn auch nur geringfügig- höhere monatliche Rente zustehen.
Der Beklagte hat es durch den angefochtenen Bescheid zu Recht abgelehnt gem. § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) seine Bewilligungsbescheide über Leistungen nach dem SGB II für Zeiten vor dem 01.01.2011 teilweise zurückzunehmen und dem Kläger für die Zeit ab dem 14.08.2008 anstelle von Sozialgeld für nichterwerbsfähige Personen gem. § 28 SGB II a.F. Leistungen nach den §§ 19, 20 SGB II als erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zu gewähren.
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen wurde, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit eines Bescheides erfolgt in diesem Fall unter Berücksichtigung der damaligen Sach- und Rechtslage aus heutiger Sicht (von Wulffen, SGB X, § 44 Rn. 10; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25.05.2010, L 3 AS 64/10 B PKH).
Gem. § 44 Abs. 4 SGB X werden Sozialleistungen grundsätzlich längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht, wenn ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist. Im Bereich der Leistungen nach dem SGB II gilt hierbei eine Frist von einem Jahr (§ 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II).
Die Frist von einem Jahr ist im Fall des Klägers anwendbar, da der Antrag auf Überprüfung nach dem 01.04.2011 gestellt wurde und daher gem. § 77 Abs. 13 SGB II die verkürzte Frist von einem Jahr Anwendung findet. Insofern ist nämlich nicht entscheidend, dass die zu überprüfenden Bescheide aus einer Zeit vor der Gesetzesänderung stammen, sondern abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Antrages auf die Rücknahme. Die Begrenzung auf ein Jahr ist hierbei auch verfassungsrechtlich unbedenklich (hierzu: Sächsisches LSG, Urteil vom 06.11.2014, L 7 AS 534/13; LSG NRW, Urteil vom 19.09.2013, L 7 AS 1050/13).
Unabhängig von der Frage, ob der Beklagte dem Kläger im streitbefangenen Zeitraum zu Unrecht Leistungen für eine nichterwerbsfähige Person anstelle von Leistungen für einen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gewährt hat, scheidet jedoch eine rückwirkende Gewährung von geänderten Leistungen aus. Hierbei ist unerheblich, dass der Kläger tatsächlich keine Auszahlung von weiteren Leistungen an sich begehrt, da die Höhe der Leistungen unabhängig davon ist, ob sie ausgehend vom Sozialgeld für nichterwerbsfähige Personen oder von der Regelleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige berechnet wird. Denn für die vom Kläger erstrebte Rechtsfolge des Eintritt einer Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI a.F. ist erforderlich, dass er entsprechende Leistungen in Form von Arbeitslosengeld II nach dem SGB II tatsächlich bezogen hat, ein bloßer Anspruch auf die Leistungen reicht nicht aus (Knorr in: jurisPK-SGB VI, 1. A. 2008, § 3 SGB VI Rn. 130). Ein tatsächlicher Bezug scheidet vorliegend jedoch aus, da aufgrund der Jahresfrist aus § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II eine nachträgliche Gewährung von Arbeitslosengeld II ausscheidet.
Etwas anders folgt auch nicht daraus, dass der Kläger vorliegend keine tatsächlichen finanziellen Mehrleistungen vom Beklagten begehrt, sondern lediglich eine Veränderung des leistungsrechtlichen Status der ihm bisher vor dem 01.01.2011 gewährten Leistungen. Denn auch eine entsprechende Korrektur des Status und eine damit verbundene Meldung von Zeiten der Versicherungspflicht an den Rentenversicherungsträger (vgl. § 38 DEÜV in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) scheidet aufgrund der Jahresfrist aus § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II aus. Denn auch diese Meldung ist als Sozialleistung im Sinn von § 44 Abs. 4 SGB X zu werten und unterfällt daher der vorliegend abgelaufenen Jahresfrist. Sozialleistung ist jede Geld-, Sach- oder Dienstleistung im Sinn von § 11 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Denn der Begriff der Sozialleistung aus § 44 SGB X entspricht dem der Legaldefinition im SGB I (von Wulffen, § 44 Rn. 14). Auch bei der Meldung von versicherungsrechtlich relevanten Zeiten handelt es sich um Leistungen im sozialrechtlichen Sinn (so BSG, Beschluss vom 31.07.1990, 11 BAr 21/90 zur Meldung von Ausfallzeiten).
Da es vorliegend für den Kläger allein um die Begründung eines Leistungsbezuges, der zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führen würde, geht und nicht unmittelbar um die Frage der Zahlung von Beiträgen, findet die Verjährungsregel aus § 25 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) keine Anwendung. Denn diese gilt allein für die Verjährung von fällig gewordenen Sozialversicherungsbeiträgen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Einer Entscheidung über die Zulassung der Berufung bedurfte es nicht, da Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit stehen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
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