L 2 R 1025/15

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 6 R 90/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 R 1025/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RS 53/16 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Kann schon der Hochschulabsolvent des Meliorationswesens nicht in die AVItech einbezogen werden, gilt dies erst recht für einen Fachschulabsolvent.
Bemerkung
BSG: NZB unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. November 2015 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Zeitraum vom 01. Juli 1971 bis zum 30. Juni 1990 zu Recht als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der Technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes [AAÜG] – AVItech –) festgestellt hat und ob sie nunmehr in diesem Zeitraum tatsächlich erzielte Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von gezahlten Prämien feststellen muss.

Der 1941 geborene Kläger erwarb nach Absolvierung der mittleren Fachausbildung in der Fachrichtung Melioration an der Agraringenieurschule F vom 1. September 1968 bis zum 15. Juli 1971 und im Ausbildungsbetrieb ausweislich der Urkunde vom 15. Juli 1971 die Berechtigung, den Titel Meliorationsingenieur zu tragen. Anschließend war er zunächst als Technologe, ab 1976 als Gruppenleiter Produktionslenkung und ab 1983 als Leiter Technologie beim VEB Meliorationskombinat F (O) tätig.

Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) zahlte er nicht.

Mit Feststellungsbescheid vom 12. Juni 2001 stellte die Beklagte die Zeit vom 1. Juli 1971 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte fest.

Am 29. Dezember 2010 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 12. Juni 2001 gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) und begehrte die Berücksichtigung von Prämien bei der Feststellung des tatsächlichen Arbeitsentgeltes. Ergänzend überreichte er Bescheinigungen bzw. Urkunden über den Erhalt von Prämien unter anderem für gute Leistung; insoweit wird auf Blatt 11 bis 23 der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 1. März 2011 in der Fassung des Bescheides vom 12. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2012 den Antrag auf Änderung des Bescheides vom 12. Juni 2001 ab. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, anlässlich der Überprüfung der Sach- und Rechtslage im Widerspruchsverfahren sei festgestellt worden, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des § 1 AAÜG im Falle des Klägers nicht erfüllt seien. Auf die Feststellung von weiteren Pflichtbeitragszeiten bzw. höheren Entgelten nach dem AAÜG bestehe damit kein Anspruch. Der Feststellungsbescheid vom 12. Juni 2001, mit dem die Zeiten vom 1. Juli 1971 bis zum 30. Juni 1990 als Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG festgestellt worden seien, sei rechtswidrig, könne aber nicht nach § 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückgenommen werden. Der Bescheid vom 12. Juni 2001 habe keine Aussage zur Anwendung der Regelungen des AAÜG getroffen. Deshalb müsse diese Aussage nachgeholt werden. § 1 AAÜG setze eine Versorgungsanwartschaft am 1. August 1991 aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage voraus. Der Kläger habe beim Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 keine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes gehabt. Er sei am 30. Juni 1990 noch nicht in ein Zusatzversorgungssystem tatsächlich einbezogen gewesen. Ebenso liege kein Fall der nachträglichen Rehabilitierung vor. Auch ein Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage nach Maßgabe der vom Bundessozialgericht aufgestellten Grundsätze habe nicht bestanden. Das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sei eingerichtet für Personen, die berechtigt gewesen seien, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen, und die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt hätten und zwar in einem volkseigenen oder diesem gleichgestellten Produktionsbetrieb (Industrie oder Bauwesen - Urteil des BSG vom 9. April 2002, Az. B 4 RA 3/02). Im Falle des Klägers fehle es jedenfalls an der sogenannten persönlichen Voraussetzung, denn er habe ein agrarwissenschaftliches Studium mit der Berufsbezeichnung Meliorationsingenieur abgeschlossen. Damit habe er die persönliche Voraussetzung für eine (fiktive) Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (Urteil des Bundessozialgerichts vom 18. Oktober 2007, Aktenzeichen B 4 RS 17/07 R) nicht erfüllt. Eine teilweise oder vollständige Rücknahme des Bescheides vom 12. Juni 2001 sei jedoch nicht zulässig, weil den Kläger keinerlei Verschulden treffe, er vielmehr auf den Bestand des Bescheides habe vertrauen können und die für die Rücknahme von rechtswidrigen Bescheiden in solchen Fällen vorgesehene Frist des § 45 Abs. 3 SGB X (zwei Jahre nach Bekanntgabe des ursprünglichen Bescheides) bereits abgelaufen sei. Es verbleibe deshalb bei den im Feststellungsbescheid vom 12. Juni 2001 rechtswidrig festgestellten Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG. Die Bestandskraft des Bescheides erstrecke sich jedoch nur auf die bereits festgestellten Tatsachen. Weitere Rechte könnten daraus im Zuge eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X nicht abgeleitet werden, denn für die Anerkennung höherer Entgelte sei keine Rechtsgrundlage vorhanden (§ 48 Abs. 3 SGB X). Das BSG habe bereits mehrfach entschieden, dass aufgrund des Normzwecks der Vorschrift des § 48 Abs. 3 SGB X kein Unrecht erweitert werden dürfe (zuletzt BSG vom 20. März 2007, Az. B 2 U 38/05 R).

Zur Begründung seiner hiergegen bei dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, anders als in dem von der Beklagten zitierten Urteil des Bundessozialgerichts vom 18. Oktober 2007 (Aktenzeichen B 4 RS 17/07 R) habe er kein agrarwissenschaftliches Studium absolviert. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts würden hierzu die agrarwissenschaftlichen Studiengänge der Fachrichtungen Pflanzenproduktion, Argrochemie und Pflanzenschutz, Pflanzenzüchtung und Saatgutproduktion, die Fischproduktion, die Veterinärmedizin und die Forstwirtschaft gehören. Der Studiengang Melioration werde in dem Urteil des Bundessozialgerichts nicht genannt. Daher sei das Studium in der Fachrichtung Melioration kein agrarwissenschaftliches Studium. Gemäß der Ingenieurverordnung der DDR vom 12. April 1962 habe er einen Abschluss in einer wissenschaftlich-technischen Fachrichtung erworben. Er habe ein bautechnisch-wissenschaftliches Studium absolviert. Diese Feststellung werde auch eindeutig durch sein Ingenieurzeugnis bestätigt. Gemäß Gesetzblatt Teil I Nr. 7 Seite 71 vom 4. März 1988 § 3 Abs. 3 sei der Inhaber einer Urkunde über einen Fachschulabschluss berechtigt, die ihm mit Zeugnis oder Urkunde erteilte Berufsbezeichnung zu führen. An der Agraringenieurschule F habe er ein bautechnisch-wissenschaftliches Studium in der Fachrichtung Melioration erfolgreich abgeschlossen. Er habe eine Urkunde und ein Zeugnis mit dem Recht zum Führen der Berufsbezeichnung Meliorationsingenieur erhalten. Das Studium zum Meliorationsingenieur sei ein bautechnischer Studiengang mit dem Spezialgebiet Melioration gewesen. Meliorationsingenieure seien für die VEB Meliorationsbaubetriebe bzw. -kombinate ausgebildet worden, die Baubetriebe gewesen seien. Die Meliorationsbaubetriebe seien keine Pflanzen- oder Tierproduktionsbetriebe gewesen. Ergänzend hat der Kläger das Zeugnis vom 15. Juli 1971 über den Abschluss des Studiums in der Fachrichtung Melioration übersandt. Mit Schriftsatz vom 4. August 2015 hat der Kläger ausgeführt, der Studiengang Meliorationswesen gehöre ebenso wie die Studiengänge Landtechnik und Lebensmitteltechnologie gemäß der Anordnung Sonderdruck 869 vom 3. März 1976, Sonderdruck 1024 vom 25. Oktober 1979 und GBl, Teil I Nr. 7 vom 4. März 1988 nicht zu den Agrarwissenschaften. In den Anlagen der Sonderdrucke und Gesetzblätter seien die Berufsbezeichnungen als selbstständige Fachrichtungsgruppen aufgeführt. Die Studiengänge Landtechnik (Nr. 350) und Meliorationswesen (Nr. 360) seien eigenständige Fachrichtungsgruppen. Daraus sei ersichtlich, dass der Studiengang Meliorationswesen genauso wie der Studiengang Landtechnik und Lebensmitteltechnologie eine technische Ausbildung gewesen sei. Ergänzend hat er eine Anlage mit der Überschrift "Berufsbezeichnungen der Fachschulausbildung" übersandt.

Die Beklagte hat im Klageverfahren auf das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 30. Januar 2014 Aktenzeichen L 1 R 18/13 hingewiesen, durch das sie ihre Rechtsauffassung bestätigt sieht.

Durch Gerichtsbescheid vom 24. November 2015 hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, zu Recht habe die Beklagte die Änderung des Bescheides vom 12. Juni 2001 gemäß § 44 SGB X zu Gunsten des Klägers abgelehnt und festgestellt, dass die beim Kläger erfolgte Anerkennung von AAÜG-Pflichtbeitragszeiten zu Unrecht erfolgt sei. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz gehabt, denn er habe die persönliche Voraussetzung hierfür nicht erfüllt. Der Abschluss als Diplom-Ingenieur im Meliorationswesen entspreche nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers im Sinne der Versorgungsordnung (ingenieurtechnische Hoch- oder mittlere Fachschulausbildung mit Abschluss). Hierzu habe das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt in seinem Urteil vom 30. Januar 2014 (L 1 RS 18/13) unter anderem ausgeführt: "Nach der Anlage zur Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung vom 3. März 1976 ist eine Differenzierung zwischen Technischen Wissenschaften einerseits und Agrarwissenschaften andererseits angelegt. Nach dieser Anlage waren Absolventen der Agrarwissenschaften nur dann befugt den Titel eines Diplom-Ingenieurs zu führen, wenn sie einen Abschluss in der Fachrichtung Mechanisierung der Landwirtschaft oder Lebensmitteltechnologie besaßen (vergleiche auch Landessozialgericht für das Land Brandenburg, Urteil vom 12. April 2005, Az. L 22 RA 324/04, zitiert nach Juris, Rn. 33; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Februar 2006, Az. L 27 RA 246/04, zitiert nach Juris, Rn. 36; Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 9. Juli 2007, Az. L 7 R 739/06, zitiert nach juris Rn. 33; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. Januar 2014, Az. L 1 RS 18/13, zitiert nach juris)". Es sei nicht in Abrede zu stellen, dass das Studium des Klägers auch technische Bereiche beinhaltet habe. Dies allein führe jedoch nicht zu der Berechtigung, die Bezeichnung Ingenieur zu führen. Hierzu müssten nämlich auch die Voraussetzungen der Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur vom 12. April 1962 (GBl. II der DDR Seite 278) - Ingenieur-VO - erfüllt sein. Nach § 1 Abs. 1 der Ingenieur-VO seien zur Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur folgende Personengruppen berechtigt gewesen: In der Wortverbindung "Dr.-Ing." und "Dr. Ing. habil." Personen, denen dieser akademische Grad von einer deutschen Hochschule oder Universität vor 1945 oder den Hochschulen, Universitäten oder Akademien der Deutschen Demokratischen Republik nach diesem Zeitpunkt verliehen worden seien; in der Wortverbindung "Dipl.-Ing." Personen, die den Nachweis eines ordnungsgemäß abgelegten technischen Abschlussexamens an einer deutschen Hochschule oder Universität vor 1945 oder den Hochschulen bzw. Universitäten der Deutschen Demokratischen Republik nach diesem Zeitpunkt erbringen könnten und denen das entsprechende Diplom verliehen worden sei; Personen, die den Nachweis eines abgeschlossenen technischen Studiums bzw. einer erfolgreich abgelegten Prüfung durch das Ingenieurzeugnis einer staatlich anerkannten deutschen Fachschule vor 1945 oder einer Fachschule der Deutschen Demokratischen Republik nach diesem Zeitpunkt erbringen könnten; Personen, denen die Berufsbezeichnung "Ingenieur" aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen zuerkannt worden sei. Im Übrigen würden die Bestimmungen des § 1 Absatz 1 b und c Ingenieur-Verordnung (nur noch) für die Berufsbezeichnung "Dipl.-Ing. Ök." und "Ing.-Ök." (§ 1 Abs. 2 Ingenieur-VO) gelten. § 1 Abs. 2 Ingenieur-VO sei somit eindeutig zu entnehmen, dass ausschließlich die Berufsbezeichnung Diplom-Ingenieurökonom bzw. Ingenieurökonom der Bezeichnung Diplom-Ingenieur bzw. Ingenieur gleich gestanden habe. Alle anderen Bezeichnungen, auch wenn sie den Wortteil Ingenieur enthalten hätten, wie der dem Kläger verliehene Titel "Meliorationsingenieur", hätten diese Gleichstellung nicht erfahren. Auch die vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg verliehene Berechtigung, den Grad Diplom-Ingenieur (FH) führen zu dürfen, ersetze nicht den nach der Ingenieur-VO erforderlichen Titel als solchen. Der Bescheid vom 12. Juni 2001 sei mithin fehlerhaft begünstigend gewesen. Eine vollständige oder teilweise Rücknahme des Bescheides vom 12. Juni 2001 sei aufgrund bestehenden Vertrauensschutzes des Klägers nicht möglich und auch nicht erfolgt. Die bereits von der Beklagten festgestellten Zeiten seien demnach verblieben. Weitere Rechte könne der Kläger jedoch aus den rechtswidrig festgestellten Zeiten nicht ableiten.

Gegen den ihm am 26. November 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 22. Dezember 2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er unter anderem vor, er halte weiterhin daran fest, dass es sich bei dem von ihm absolvierten Fachschulstudium um ein technisches Studium gehandelt habe, bei dem landwirtschaftliche Fächer eine völlig untergeordnete Rolle gespielt hätten. Er sei daher der Ansicht, dass die von ihm absolvierte Ausbildung im Meliorationswesen der Ausbildung im Bereich Landtechnik oder Lebensmitteltechnologie gleichzustellen sei. Auch die von einem Meliorationsingenieur ausgeübten Tätigkeiten seien technischer Natur gewesen. So seien Meliorationsingenieure vor allem im Tief- und Kanalbau sowie im Wasserbau tätig gewesen. Sie hätten den Bau und die Instandhaltung von Be- und Entwässerungsanlagen und errichteten Teichanlagen für die Binnenfischerei geplant, überwacht, organisiert, Deiche, Dämme, Kanäle und Wehre gebaut sowie die Böden rekultiviert. Zu den Aufgaben habe es gehört Bauzeichnungen und statische Berechnungen für die jeweiligen Vorhaben auszuarbeiten, die Kosten zu kalkulieren und abzurechnen sowie Fach- und Hilfskräfte anzuleiten und zu unterweisen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. November 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. März 2011 in der Fassung des Bescheides vom 12. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 12. Juni 2001 zu verurteilen, während der Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz höhere Arbeitsentgelte durch Anerkennung von Prämien festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 1. März 2011 in der Fassung des Bescheides vom 12. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2012 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 12. Juni 2001 in der Fassung des Bescheides vom 15. Oktober 2002 und Berücksichtigung von höheren Entgelten wegen der Zahlung von Prämien. Der Bescheid vom 12. Juni 2001 ist zwar rechtswidrig, verletzt den Kläger jedoch nicht in seinen Rechten. Unzutreffend hat die Beklagte den Zeitraum vom 01. Juli 1971 bis zum 30. Juni 1990 sowie die während dieser Zeit erzielten Entgelte als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz festgestellt. Ein weiterer unzutreffender Anspruch des Klägers auf Feststellung höherer, tatsächlicher Entgelte unter Berücksichtigung von gezahlten Prämien ergibt sich daraus jedoch nicht.

Der Kläger begehrt vorliegend die Rücknahme des Bescheides vom 12. Juni 2001. Gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Gemäß Abs. 2 dieser Vorschrift ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt im Übrigen auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Diese Voraussetzungen erfüllt der Bescheid vom 12. Juni 2001 nicht. Zwar ist er rechtswidrig; es handelt sich jedoch um einen den Kläger rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsakt, denn die Beklagte hat mit diesem Bescheid die Zeit vom 1. Juli 1971 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz festgestellt, obwohl der Kläger die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt hatte.

Die Beklagte wäre nur dann verpflichtet gewesen diese Zeit als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz festzustellen, wenn der Kläger dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG nach § 1 Abs. 1 unterfallen würde. Erst wenn dies zu bejahen gewesen wäre, wäre in einem weiteren Schritt festzustellen gewesen, ob er Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat, die dem Zusatzversorgungssystem zuzuordnen sind (§ 8 AAÜG). Erst danach wäre das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt - gegebenenfalls unter Berücksichtigung erhaltener Prämien - festzustellen.

Da eine Einbeziehung des Klägers in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz bis zum 30. Juni 1990 nicht erfolgt und ihm durch Einzelfallentscheidung auch keine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden ist, hätte die Beklagte eine Anerkennung von Beschäftigungszeiten nur vornehmen dürfen, wenn die Beschäftigung des Klägers bei dem VEB Meliorationskombinat am Stichtag 30. Juni 1990 (vgl. zur Maßgeblichkeit dieses Termins Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschlüsse vom 4. August 2004, 1 BvR 1597/01, und vom 26. Oktober 2005, 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05 und 1 BvR 1144/05, alle in juris) die Voraussetzungen der VO-AVItech sowie der 2. DB erfüllt hätte.

Nach § 1 VO-AVItech i. V. m. § 1 Abs. 1 und 2 der 2. DB hängt ein solcher Anspruch von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Generell ist gemäß § 1 der VO-AVItech und der 2. DB erforderlich

1. die Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und 2. die Ausführung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung) und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 1 der 2. DB oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

Maßgeblich ist hierbei das Sprachverständnis der Deutschen Demokratischen Republik am 02. Oktober 1990 (vgl. BSG, SozR 3-8570 § 1 Nr. 2). Die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage haben bei dem Kläger zur Überzeugung des Senats nicht vorgelegen, denn der Kläger erfüllte jedenfalls die persönliche Voraussetzung für eine solche Einbeziehung nicht. Zu der Frage, welche Studiengänge der Agrarwissenschaften zu einer Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der Technischen Intelligenz führen können, haben bereits der 22. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 12. April 2005 (Az. L 22 RA 324/04, zitiert nach juris, dort RN 32 ff.) sowie der 27. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 28. Juni 2006 (Az. L 27 RA 246/04, zitiert nach juris dort RN 34 ff.) ausführlich dargelegt, dass lediglich die Fachrichtungen Mechanisierung der Landwirtschaft und Lebensmitteltechnologie in den Anwendungsbereich des Zusatzversorgungssystems der Technischen Intelligenz fallen konnten. Der 27. Senat hat dazu u. a. ausgeführt:

"Der Titel eines Diplom-Landwirts bzw. - nunmehr - eines Diplom-Agraringenieurs genügt jedenfalls für eine obligatorische Einbeziehung in die AVtI nicht. Der Kläger erfüllt insoweit nicht die persönliche Voraussetzung für einen Anspruch auf Erteilung einer fiktiven Versorgungszusage. 35 Nach § 3 Abs. 3 der Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung vom 04. März 1988 (GBl. I S. 71, vgl. Bl. 43 der Gerichtsakten), nach § 4 Abs. 1 der Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung vom 25. Oktober 1979 (GBl.-Sonderdruck Nr. 1024, S. 3, vgl. Bl. 37 der Gerichtsakten) und nach § 4 Abs. 1 der Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung vom 03. März 1976 (GBl.-Sonderdruck Nr. 869, S. 3, vgl. Bl. 28 der Gerichtsakten) konnten Inhaber einer Urkunde über einen Hochschulabschluss (Staatsexamen, Hauptprüfung, Diplom, Attestation, Zuerkennung und u. a.) bzw. einen Fachschulabschluss eine ihrer Ausbildung entsprechende, im Verzeichnis der Berufsbezeichnungen (für Absolventen der Universitäten, Hoch- und Fachschulen) genannte Berufsbezeichnung bzw. ihnen mit Zeugnis oder Urkunde erteilte Berufsbezeichnung führen. Die Anlage zu letztgenannter Anordnung differenzierte die Berufsbezeichnungen der Hochschulausbildung nach der Fachrichtungsgruppe bzw. der Fachrichtung. Als solche werden dort u. a. genannt: Technische Wissenschaften mit den Fachrichtungen Maschinenwesen, Werkstoffwesen, Verfahrenstechnik, Elektrotechnik/Elektronik, Bauwesen, Städtebau und Architektur, Verkehrswesen, Geodäsie und Kartografie, Bergbau, Informationsverarbeitung, Verarbeitungstechnik, übrige Ingenieurdisziplinen mit der Berufsbezeichnung Diplom-Ingenieur sowie Agrarwissenschaften mit den Fachrichtungen Pflanzenproduktion, Agrochemie und Pflanzenschutz, Pflanzenzüchtung und Saatgutproduktion und Tierproduktion mit der Berufsbezeichnung Diplom-Agraringenieur, gärtnerische Produktion mit dem Titel Diplom-Gartenbauingenieur, Fischproduktion mit der Berufsbezeichnung Diplom-Fischingenieur, Veterinärmedizin mit der Bezeichnung Tierarzt, Forstwirtschaft mit der Berufsbezeichnung Diplom-Forstingenieur, Meliorationswesen mit der Berufsbezeichnung Diplom-Meliorationsingenieur, Mechanisierung der Landwirtschaft sowie Lebensmitteltechnologie - davon abweichend - jeweils mit der Berufsbezeichnung Diplom-Ingenieur. Die Anordnungen vom 04. März 1988, 25. Oktober 1979 und 03. März 1976 beruhen auf dem § 79 Abs. 2 bzw. § 61 Abs. 4 des Gesetzes über das Einheitliche sozialistische Bildungssystem vom 25. Februar 1965 (GBl. I S. 84), wonach der Ministerrat und die Leiter der für die Bereiche des sozialistischen Bildungssystems verantwortlichen Organe des Ministerrates die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Bestimmungen erließen bzw. der Staatsekretär für das Hoch- und Fachschulwesen die Grundsätze für die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses und für die Verleihung akademischer Grade erließ. 36 Wie der genannten Anlage zu entnehmen ist, waren die Absolventen der technischen Wissenschaft befugt, den Titel eines Diplom-Ingenieurs zu führen. Die Absolventen der Agrarwissenschaften waren - nur - befugt, den Titel eines Diplom-Ingenieurs zu führen, sofern sie einen Abschluss in der Fachrichtung Mechanisierung der Landwirtschaft und der Lebensmitteltechnologie besaßen. Die anderen Absolventen aus dem Bereich Agrarwissenschaften durften demgegenüber in den Fachrichtungen Pflanzenproduktion, Tierproduktion, Agrochemie und Pflanzenschutz sowie Pflanzenzüchtung und Saatgutproduktion lediglich die Berufsbezeichnung Diplom-Agraringenieur führen. Daraus wird ersichtlich, dass der Titel eines Diplom-Ingenieurs nur solchen Hochschulabsolventen zuerkannt wurde, die eine technische Ausbildung (im weitesten Sinne) absolviert hatten. 37 Dementsprechend hat die H-Universität B im Schreiben vom 12. Januar 2004 wie auch die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur in ihrem Schreiben vom 17. Dezember 2002 lediglich bescheinigt, dass der Kläger berechtigt sei, die Berufsbezeichnung Diplom-Agraringenieur zu führen. Nicht anderes ergibt sich auch aus der Auskunft der H-Universität B im Schreiben vom 30. August 2004. Darin wird ausgeführt, dass die ingenieurwissenschaftliche Ausbildung zum Diplom-Landwirt, die an der H-Universität B in den Jahren von 1959 bis 1970 im Studiengang Landwirtschaft (Pflanzen- und Tierproduktion) durchgeführt worden ist und die mit dem akademischen Grad des "Diplom-Landwirtes" endete, "prinzipiell identisch" sei mit der ingenieurwissenschaftlichen Ausbildung zum Diplom-Agraringenieur ab 1970. Nach Beendigung der Hochschulreform seien aufgrund der Umstrukturierung an den Universitäten und Fachschulen auch einheitliche, verbindliche Berufsbezeichnungen festgelegt worden, die in der Anordnung über die Erteilung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung vom 03. März 1976 aufgeführt seien. Bei der Festlegung der Berufsbezeichnung der Fachrichtung Pflanzen- und Tierproduktion sei die Berufsbezeichnung Diplom-Agraringenieur vergeben worden, weshalb der Kläger nach 1976 berechtigt gewesen sei, die Berufsbezeichnung "Diplom-Agraringenieur" zu führen. Aus diesem Schreiben geht insoweit auch hervor, dass die vom Kläger absolvierte Studienrichtung Diplom-Landwirt als Vorläufer der Fachrichtung mit dem Abschluss als Diplom-Agraringenieur anzusehen ist, wobei inhaltlich keine nennenswerten Unterschiede in den jeweiligen Studiengängen bestanden haben. Mit der vom Kläger ebenfalls vorgelegten Bescheinigung der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur Berlin vom 18. November 2002 ist darüber hinaus lediglich attestiert worden, dass der Abschluss des Studiums des Klägers in der Fachrichtung Landwirtschaft mit der Abschlussbezeichnung Diplom-Landwirt/Diplom-Agraringenieur dem Abschluss einer Universität oder ihr gleichgestellten Hochschule "West" vor dem 03. Oktober 1990 gleichwertig ist. Dies besagt zur Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung Diplom-Ingenieur oder zur Verleihung eines solchen akademischen Grades nichts. 38 Die Befugnis zur Führung des Titels Diplom-Ingenieur stand dem Kläger jedoch weder nach der genannten Anlage noch nach den genannten Auskünften zu. Soweit der Kläger einen Bescheid über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen, ausgestellt vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg am 04. Februar 2003, vorgelegt hat, wonach ihm die Berechtigung zuerkannt werde, den Grad "Diplom-Ingenieur (FH)" zu führen, ist ihm diese Berechtigung erst - nachträglich, d. h. nach dem 30. Juni 1990 - mit dem Bescheid vom 04. Februar 2003 zuerkannt worden. Sie beruht auch nicht auf der in diesem Zusammenhang zu beachtenden Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" vom 12. April 1962 (GBl. II S. 278 - Ingenieur-VO, Bl. 48 der Gerichtsakten). 39 Nach § 1 Abs. 1 Ingenieur-VO waren zur Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" berechtigt: 40 a) in der Wortverbindung "Dr.-Ing." und "Dr.-Ing. habil." Personen, denen dieser akademische Grad von einer deutschen Hochschule oder Universität vor 1945 oder den Hochschulen, Universitäten und Akademien der Deutschen Demokratischen Republik nach diesem Zeitpunkt verliehen wurde; 41 b) in der Wortverbindung "Dipl.-Ing." Personen, die den Nachweis eines ordnungsgemäß abgelegten technischen Abschlussexamens an einer deutschen Hochschule oder Universität vor 1945 oder den Hochschulen bzw. Universitäten der Deutschen Demokratischen Republik nach diesem Zeitpunkt erbringen können und denen das entsprechende Diplom verliehen wurde; 42 c) Personen, die den Nachweis eines abgeschlossenen technischen Studiums bzw. einer erfolgreich abgelegten Prüfung durch das Ingenieurzeugnis einer staatlich anerkannten deutschen Fachschule vor 1945 oder einer Fachschule der Deutschen Demokratischen Republik nach diesem Zeitpunkt erbringen können; 43 d) Personen, denen die Berufsbezeichnung "Ingenieur" aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen zuerkannt wurde. 44 Im Übrigen galten die Bestimmungen des § 1 Abs. 1 Buchstabe b) und c) Ingenieur-VO (nur noch) für die Berufsbezeichnung "Dipl.-Ing.-Ök." und "Ing.-Ök." (§ 1 Abs. 2 Ingenieur-VO). 45 § 1 Abs. 2 Ingenieur-VO ist eindeutig zu entnehmen, dass ausschließlich die Berufsbezeichnung "Dipl.-Ing.-Ök." bzw. "Ing.-Ök." der Berufsbezeichnung Diplom-Ingenieur bzw. Ingenieur gleichstand. Alle anderen Berufsbezeichnungen, auch wenn sie den Wortteil Ingenieur enthalten, wie die Berufsbezeichnung Diplom-Agraringenieur, haben diese Gleichstellung nicht erfahren. 46 Das BSG geht davon aus, dass nach der 2. DB zur AVtI erforderlich ist, das der obligatorisch Einzubeziehende tatsächlich über den "Titel" eines Ingenieurs gemäß der Ingenieur-VO verfügte. Insoweit verdeutliche nämlich § 1 Abs. 1 Satz 3 der 2. DB, dass dem berechtigten Personenkreis der "Ingenieure" nur Personen unterfielen, die den Titel eines "Ingenieurs" tatsächlich hatten (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 31. Juli 2002, Az.: B 4 RA 62/01 R; BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 8). Vorausgesetzt wird dabei neben der Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen, ein staatlicher Zuerkennungsakt, durch den der Titel tatsächlich verliehen worden sein muss. Denn nach § 1 Buchstaben a) bis d) der Ingenieur-VO ist, wie aus dem insoweit einschlägigen oben wiedergegebenen Text der Ingenieur-VO ersichtlich, ausnahmslos die "Verleihung" bzw. "Zuerkennung" der Berufsbezeichnung "Ingenieur" erforderlich. Bis zum 30. Juni 1990 war dem Kläger dieser Titel, wie das SG auch zu Recht festgestellt hat, nicht zuerkannt worden. Insoweit ist der Kläger in Bezug auf die Vorschriften zur AVtI auch nicht als Berechtigter für die Berufsbezeichnung "Ingenieur" anzusehen. 47 Die aus der Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung vom 03. März 1976 folgende Berechtigung des Klägers, den Titel eines "Diplom-Agraringenieurs" zu führen, lässt sich einer nach der Ingenieur-Verordnung maßgebenden "Zuerkennung" des Titels eines "Ingenieurs" nicht gleichsetzen. Denn auch aus § 1 der Ingenieur-VO folgt, dass über die Berechtigung hinaus immer ein staatlicher Zuerkennungsakt erforderlich war, um "Ingenieur" im Sinne der AVtI sein zu können. Nach § 3 der Ingenieur-Verordnung waren auch Personen ohne abgeschlossene ingenieurtechnische Ausbildung mit einer mindestens 15-jährigen erfolgreichen Ingenieur-Tätigkeit berechtigt, einen Antrag auf Zuerkennung der Berufsbezeichnung "Ing." zu stellen. Die Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung vom 03. März 1976 hat dieses Erfordernis der Zuerkennung des Titels "Ingenieur" aus bundesrechtlicher Sicht auch nicht entbehrlich gemacht. Denn die Regelungen dieser Anordnung, ebenso wie die Regelungen der gleich lautenden Anordnungen von 1979 und 1988 sowie des Gesetzes vom 25. Februar 1965 über das Einheitliche sozialistische Bildungssystem sind nach den Vorschriften des EV kein fortgeltendes Recht, weil sie im EV anders als die versorgungsrechtlichen Regelungen nicht als weiter geltendes - sekundäres - Bundesrecht aufgeführt sind. Ausgehend von der maßgeblichen am 1. August 1991 bestehenden bundesrechtlichen Rechtslage erfüllte der Kläger die persönliche Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung in die AVtI somit nur dann, wenn ihm die Berechtigung zur Führung des Titels "Diplom-Agraringenieur" tatsächlich zu DDR-Zeiten zuerkannt bzw. verliehen worden wäre (vgl. BSG, Beschluss vom 31. Januar 2005, Az.: B 4 RA 39/04 B). 48 Nicht anderes entspricht auch dem Zweck des § 1 Abs. 1 Satz 1 2. DB zur AVtI-Verordnung. Darin werden Angehörige der "technischen" Intelligenz angesprochen. Im Einzelnen werden (technische) Spezialgebiete wie der Bergbau, die Metallurgie, der Maschinenbau, die Elektrotechnik, die Feinmechanik, die Optik, die Chemie, das Bauwesen und die Statik erwähnt. Die Agrarwissenschaft in den Fachrichtungen insbesondere der Pflanzen- und Tierproduktion bzw. der Pflanzenzüchtung und Saatgutproduktion stellen keine technischen Disziplinen im Sinne der in § 1 Abs. 1 Satz 1 2. DB zur AVtI-Verordnung genannten Spezialgebiete dar. Dies zeigt sich auch daran, dass sich die Berufsbezeichnung des Diplom-Landwirts in dieser Vorschrift nicht findet. Sollte jedoch der Diplom-Landwirt nicht als Angehöriger der technischen Intelligenz erfasst werden, fehlt eine nachvollziehbare Begründung dafür, weshalb nunmehr der Diplom-Agraringenieur dazu rechnen soll, obwohl sich lediglich die Berufsbezeichnung, nicht jedoch die maßgebliche Fachrichtung oder der Inhalt eines solchen Studiums geändert hatte. 49 Ausgehend von diesem Zweck des § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB zur AVtI-Verordnung, der in § 1 Abs. 1 Satz 2 der 2. DB zur AVtI-Verordnung insoweit seine Bestätigung findet, als danach neben der hier nicht weiter interessierenden Gruppe Werkdirektoren - zum Kreis der Angehörigen der technischen Intelligenz lediglich noch Lehrer "technischer" Fächer an den Fach- und Hochschulen gehörten, erscheint es zwar "unsystematisch", dass der Diplom-Ingenieur-Ökonom bzw. der Ingenieur-Ökonom zu den Angehörigen der technischen Intelligenz zu rechnen ist. Das würde voraussetzen, dass mit § 1 Abs. 2 Ingenieur-VO, in der diese Berufsbezeichnungen dem "Ingenieur" gleichgestellt werden, zugleich, wenigstens mittelbar, § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der 2. DB zur AVtI-Verordnung eine sachliche Änderung erfahren sollten. Da der Regelungsbereich des § 1 Abs. 2 Ingenieur-VO jedoch ersichtlich ein anderer war, dürfte sich grundsätzlich verbieten anzunehmen, es sei beabsichtigt gewesen, den Anwendungsbereich der 2. DB zur AVtI-Verordnung zu erweitern. Eindeutige Anhaltspunkte dafür sind jedenfalls nicht ersichtlich. Angesichts dessen kommt allein eine Auslegung dahingehend in Betracht, dass bereits von § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB zur AVtI-Verordnung auch der Diplom-Ingenieurökonom und Ingenieurökonom unmittelbar umfasst wurde, weil wesentliche Ausbildungsinhalte technischer Natur waren. Eine über den Wortlaut des § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der 2. DB zur AVtI-Verordnung hinausgehende Auslegung auf Berufsbezeichnungen, die den Begriff des Ingenieurs nur als Wortteil enthalten, steht dem Zweck jedenfalls entgegen. 50 Eine Erweiterung der AVtI um weitere Personengruppen, insbesondere hier auch der Diplom-Agraringenieure, ist von Verfassungswegen nicht geboten. Im Hinblick auf das Verbot von Neueinbeziehungen kann eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises über den in den Einzelversorgungssystemen vorgesehenen begünstigten Personenkreis hinaus nicht vorgenommen werden. Das Verbot der Neueinbeziehung ist verfassungsgemäß, da der Bundesgesetzgeber an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme der DDR anknüpfen durfte (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 S. 16, Nr. 8 S. 79). Art. 3 Abs. 1 und 3 des Grundgesetzes gebieten auch nicht, vorhandene Ungleichheiten rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 04. August 2004, 1 BvR 1557/01)."

Diese Auslegung hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom18. Oktober 2007 (Az. B 4 RS 17/07 R, zitiert nach Juris, dort RN 36) bestätigt, als es ausgeführt hat:

"Im Ergebnis waren also nur die Absolventen eines Studiengangs der technischen Wissenschaft befugt, den Titel Diplom-Ingenieur zu führen. Die Absolventen der Agrarwissenschaften waren nur dann befugt, diesen Titel zu führen, wenn sie einen Abschluss in den Fachrichtungen Mechanisierung der Landwirtschaft oder Lebensmitteltechnologie besaßen. Die anderen Absolventen aus dem Bereich Agrarwissenschaften durften demgegenüber "lediglich" die Berufsbezeichnung Diplom-Agraringenieur führen. Daraus wird ersichtlich, dass nach dem Sprachgebrauch der DDR der Titel eines Diplom-Ingenieurs nur solchen Hoch- und Fachschulabsolventen zuerkannt wurde, die eine technische Ausbildung absolviert hatten (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.2.2006 - L 27 RA 246/04). Die Berufsbezeichnung "Ingenieur" ist dem in anderen Studiengängen vergebenen Titel "Diplom-Agraringenieur" nicht gleichzusetzen."

Dieser rechtlichen Würdigung schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an. Sowohl die Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung vom 3. März 1976 als auch diejenige vom 25. Oktober 1979 (Sonderdruck 869 bzw. 1024, jeweils Seite 5) bestimmen, dass Absolventen eines Studiengangs Meliorationswesen aus dem Bereich der Agrarwissenschaften an einer Hochschule nach erfolgreichem Abschluss den Titel eines Diplommeliorationsingenieurs tragen dürfen. Im Bereich der Agrarwissenschaften sind lediglich die Absolventen der Studiengänge Mechanisierung der Landwirtschaft und Lebensmitteltechnologie berechtigt den Titel eines Diplomingenieurs zu tragen. Alle anderen Studiengänge im Bereich der Agrarwissenschaften an Hochschulen berechtigten nicht dazu den Titel eines Diplomingenieurs zu tragen, sondern "lediglich" dazu den Titel eines Diplomagraringenieurs bzw. eines Diplomgartenbauingenieurs, eines Diplomfischereiingenieurs bzw. eines Diplommeliorationsingenieurs zu tragen.

Aus diesen Zusätzen im Bereich der Abschlüsse der Hochschulen haben der 22. Senat und der 27. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg geschlossen, dass lediglich die Studiengänge der Mechanisierung der Landwirtschaft bzw. der Lebensmitteltechnologie technische Studiengänge darstellen, da lediglich diese zur Führung des Titels eines Diplomingenieurs berechtigten. Sind aber im Bereich Hochschulen nur diese beiden Studiengänge berechtigt den Titel eines Diplomingenieurs zu tragen und können lediglich diese beiden Studiengänge damit als technische Studiengänge angesehen werden, dann muss dies für die an Fachschulen statt an Hochschulen absolvierten Studiengänge erst Recht gelten, so dass auch im Falle des Klägers davon auszugehen ist, dass der von ihm an einer Fachschule absolvierte Studiengang Meliorationswesen kein technischer Studiengang im Sinne der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz war, sondern ein überwiegend agrarwissenschaftlicher Studiengang, der nicht zur Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz berechtigt. Denn es wäre schlechterdings nicht nachvollziehbar, dass zwar die Absolventen eines Fachschulstudiums des Meliorationswesens in die Zusatzversorgung der technischen Intelligenz einzubeziehen wären, nicht aber diejenigen eines entsprechenden Studiums an einer Hochschule.

Der Kläger hat an der Argaringenieurschule F einen Abschluss als Meliorationsingenieur erworben, der ihn nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht dazu berechtigte, den Titel bzw. die Berufsbezeichnung eines "Ingenieurs", sondern "lediglich" denjenigen eines "Meliorationsingenieurs" zu tragen. Dass diese nicht gleichzusetzen sind, hat das Bundesozialgericht in dem zitierten Urteil ausdrücklich bestätigt.

Nach alledem war der Bescheid vom 12. Juni 2001 von Anfang an rechtswidrig begünstigend. An diese von Anfang an unrichtige Feststellung ist die Beklagte jedoch grundsätzlich gebunden, denn der Bescheid kann nicht mehr gemäß § 45 Abs. 1 SGB X zurückgenommen werden, da dieser als rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe im Juni 2001 zurückgenommen werden kann (§ 45 Abs. 3 S. 1 SGB X).

Dies führt zur Überzeugung des Senates jedoch nur dazu, dass die Beklagte die bisher getroffenen Feststellungen hinsichtlich der als Zugehörigkeitszeiten anerkannten Zeiträume vom 01. Juni 1971 bis zum 30. Juni 1990 und die für diesen Zeitraum bereits festgestellten Arbeitsentgelte nicht mehr aufheben kann. Einen darüber hinausgehenden Anspruch auf ebenfalls rechtswidrige Anerkennung noch höherer Entgelt hat der Kläger dagegen nicht.

§ 48 Abs. 3 SGB X schreibt für den Fall, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht (mehr) zurückgenommen werden kann und eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eingetreten ist, zwingend ein "Aussparen" der an sich aufgrund der wesentlichen Änderung (§ 48 Abs. 1 SGB X) zugunsten des Betroffenen zu gewährenden Erhöhung vor, ohne dass hierfür eine Frist vorgesehen ist. Allerdings bezieht sich diese Vorschrift ihrem Wortlaut nach allein auf eine neu festzustellende "Leistung", die sich in einem "Betrag" ausdrücken lässt, also auf eine Geldleistung (vgl. Steinwedel, in: Kasseler Kommentar, § 48 SGB X RdNr. 64). Um eine solche Leistung geht es im vorliegenden Fall jedoch zunächst nicht, sondern um die Feststellung höherer tatsächlicher Arbeitsentgelte, die erst im Falle ihrer Berücksichtigung bei der Rentenberechnung zu einer höheren Leistung führen würden.

Die "Aussparungsregelung" greift indessen nicht nur ein, wenn sich der zur Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bescheides führende Fehler auf die Höhe einer Geldleistung auswirkt, sondern auch in anderen Fällen. Diese Auffassung hat das Bundessozialgericht mehrfach vertreten (so u. a. BSG Urteil vom 20. März 2007, B 2 U 38/05 R, m.w.N., zitiert nach Juris). Nach Sinn und Zweck des § 48 Abs. 3 SGB X soll verhindert werden, dass die zu hohe Leistung bzw. die rechtswidrig festgestellte sonstige Begünstigung des Klägers, die durch irgendeinen Fehler entstanden ist, durch irgendeine Veränderung zugunsten des Betroffenen immer noch höher wird, das bestehende Unrecht also weiter wächst.

Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung höherer Entgelte wegen gezahlter Prämien, denn dem steht der aus § 48 Abs. 3 SGB X folgende Rechtsgedanke, dass es keine Ausweitung der ursprünglichen rechtswidrigen begünstigenden Entscheidung geben soll, entgegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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