Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 31 SF 2362/14 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 SF 1376/15 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
THÜRINGER LANDESSOZIALGERICHT Az: L 6 SF 1376/15 B Az: S 31 SF 2362/14 E - Sozialgericht Nordhausen - Beschluss In dem Rechtsstreit , ... - Erinnerungsführer und Beschwerdeführer - gegen.,. , , - Erinnerungsgegner und Beschwerdegegner - hat der 6. Senat des Thüringer Landessozialgerichts durch seine Berichterstatterin, Richterin am Landessozialgericht Comtesse ohne mündliche Verhandlung am 16. September 2016 be-schlossen: Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 18. September 2014 wird zurückgewiesen. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwalts-vergütung für ein Verfahren beim Sozialgericht Nordhausen (SG), in dem die Kanzlei M. & M. den Kläger vertrat (S 31 AS 1772/13). Der durch die Kanzlei M. & M. vertretene Kläger hatte sich mit seinem Widerspruch gegen Mahngebühren der Beklagten in Höhe von 0,80 Euro gewandt. Daraufhin hatte diese ihren Bescheid aufgehoben und entschieden, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes nicht notwendig sei. Auf den weiteren Widerspruch erkannte sie die Hinzuziehung als notwendig an. Die Kostenrechnungen des Beschwerdeführers (jeweils 309,40 EUR) kürzte sie dann auf jeweils 57,12 EUR. Im Klageverfahren begehrte der Kläger die Kosten für beide Widerspruchsverfahren unter Ansatz einer Geschäftsgebühr von 240,00 bzw. 120,00 EUR festzusetzen und zu erstatten. Unter dem 19. September 2013 erklärte sich die Beklagte bereit, für beide Widerspruchsverfahren jeweils 114,24 EUR zu zahlen und die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Klageverfahren zu 64 v.H. zu übernehmen. Mit Beschluss vom 19. November 2013 bewilligte das SG dem Kläger Prozesskostenhilfe (PKH) und ordnete Rechtsanwalt M. bei. Die Kanzlei M. & M. nahm mit Schriftsatz vom 29. Januar 2014 das Teilanerkenntnis und "Kostengrundanerkenntnis" der Beklagten an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt. Unter dem 11. März 2014 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Vergütung:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 170,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 200,00 Euro Erledigungsgebühr Nr. 1000, 1006 VV-RVG 190,00 Euro Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 580,00 Euro Umsatzsteuer 110,20 Euro Gesamtbetrag 690,20 Euro Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UdG) setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. Mai 2014 die zu zahlende Vergütung auf 121,38 Euro fest und berücksichtigte für die Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 85,00 EUR (=halbe Mittelgebühr) sowie eine Auslagen-pauschale in Höhe von 17,00 Euro. Auf die Erinnerung des Beschwerdeführers, die Termins-gebühr nach Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 100,00 EUR sowie die zu erstattende Erledigungsgebühr nach Nr. 1002, 1006 VV-RVG in Höhe von 190,00 EUR festzusetzen, hat das SG mit Beschluss vom 18. September 2014 die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 238,00 EUR festgesetzt (Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG 85,00 EUR, Gebühr nach Nr. 1006 VV-RVG 95,00 EUR, Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV-RVG 20,00 EUR) und die weitergehende Erinnerung zurückgewiesen. Hinsichtlich der Verfahrensgebühr habe der Beschwerdeführer keine Einwände erhoben. Die Voraussetzungen für den Ansatz einer fiktiven Terminsgebühr seien nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung des UdG sei aber eine Erledigungsgebühr angefallen.
Gegen den am 23. September 2015 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 1. Oktober 2015 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, die Terminsgebühr sei nach Nr. 3106 VV-RVG festzusetzen, weil auch die Annahme eines Teilanerkenntnisses eine fiktive Terminsgebühr auslöse. Die Erledigungsgebühr sei ebenfalls in beantragter Höhe angemessen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei durchschnittlich gewesen. Es müsse der gesamte mit der Klage verbundene Arbeitsaufwand berücksichtigt werden. Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger sei überdurchschnittlich gewesen. Streitig sei die Übernahme weiterer Rechtsanwaltskosten in Höhe von 504,56 EUR gewesen. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 18. September 2014 aufzuheben und die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 100,00 EUR sowie die Erledigungsgebühr nach Nrn. 1002, 1006 VV-RVG in Höhe von 190,00 EUR festzusetzen und die Umsatzsteuer anzupassen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verweist auf die Begründung des angefochtenen Beschlusses des SG. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 21. Oktober 2015) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt.
II.
Anzuwenden ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in der Fassung bis zum 31. Juli 2013 (a.F.), denn der Auftrag zur Erledigung war vor diesem Zeitpunkt erteilt worden. Nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG ist die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt bestellt oder beigeordnet worden ist.
Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 14. Februar 2011 - L 6 SF 1376/10 B m.w.N., nach juris) und zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes über-steigt unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer 200,00 EUR.
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das SG hatte dem Kläger mit Beschluss vom 19. November 2013 PKH gewährt und er war kostenprivilegierter Beteiligter i.S.d. § 183 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach herrschender Meinung ein Spiel-raum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - Az.: B 4 AS 21/09 R m.w.N., nach juris; ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschluss vom 26. November 2014 - L 6 SF 1079/14 B m.w.N.). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Senatsbeschluss 14. Februar 2011 - Az.: L 6 SF 1376/10 B, nach juris); dann erfolgt - wie hier - eine Festsetzung nur in Höhe der an-gemessenen Gebühren.
Eine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 3 VV-RVG ist nicht anzusetzen. Dies hätte vorausgesetzt, dass das Klageverfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endete. Das Angebot der Beklagten im Schriftsatz vom 19. September 2013 war kein Anerkenntnis im Sinne dieser Vorschrift, denn es hätte ein im Wege einseitiger Erklärung gegebenes uneingeschränktes Zugeständnis erfordert, dass der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch besteht (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 191 Rn. 20). Es handelte sich um ein Teilanerkenntnis, das die Rechtsanwaltskanzlei M. & M. dann angenommen hat. Dieses begründet ebenso wie ein Vergleich im schriftlichen Verfahren keine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG (vgl. Senatsbeschlüsse vom 7. April 2015 - Az.: L 6 SF 145/15 B, 29. Juli 2009 - L 6 B 15/09 SF und 26. November 2008 - L 6 B 130/08 SF; Sächsisches LSG, Beschluss vom 9. September 2014 - L 8 AS 1192/12 B KO, nach juris).
Dem Beschwerdeführer steht angesichts der Annahme des Teilanerkenntnisses und der Erle-digungserklärung eine Erledigungsgebühr Nr. 1006, 1005 VV-RVG in Höhe der halben Mit-telgebühr (=95,00 EUR) zu (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 7. April 2015, a.a.O.). Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger war unterdurchschnittlich. Dabei ist auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R, nach juris). Klagegegenstand war nicht eine Leistung, die das soziokulturelle Existenzminimum des Klägers sicherte, sondern die Höhe der Rechtsanwaltskosten für beide Widerspruchsverfahren. Ebenso unterdurchschnittlich war der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im Klageverfahren. Abgestellt wird auf den zeitlichen Aufwand, den der Rechtsanwalt im Vergleich mit den übrigen beim Sozialgericht anhängigen Verfahren tatsächlich in der Sache betrieben hat und objektiv auf die Sache verwenden musste (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - Az.: B 4 AS 21/09 R, nach juris; Senatsbeschluss vom 7. April 2015, a.a.O.). Der Beschwerdeführer fertigte zwei Schriftsätze, von denen einer sehr kurz war. Die Klagebegründung ist dem Senat in Teilen aus anderen Verfahren bekannt. Der daraus resultierende Synergieeffekt ist zu berücksichtigen und mindert den Aufwand im Verfahren erheblich (vgl. Senatsbeschlüsse vom 7. April 2015 a.a.O. und vom 26. Juni 2013 - L 6 SF 654/13 B m.w.N., nach juris). Der Beschwerdeführer hat keinen höheren Aufwand vorgetragen. Auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit (Subsumierung unter die Vorschriften des RVG) und die Einkommensverhältnisse des Klägers waren unterdurchschnittlich. Ein besonderes Haftungsrisiko des Beschwerdeführers ist nicht erkennbar. Angesichts der Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger, der geringen Einkommens- und Vermögensverhältnisse und des nicht ersichtlichen Haftungsrisikos kommt eine höhere Gebühr nicht in Betracht.
Zusätzlich zu vergüten sind die Pauschale Nr. 7002 VV-RVG und die Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV-RVG). Sie sind zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Damit errechnet sich die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung wie folgt:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 85,00 EUR
Einigungsgebühr Nr. 1006, 1005 VV-RVG 95,00 EUR
Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 200,00 EUR Umsatzsteuer 38,00 EUR Gesamtsumme 238,00 EUR
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG). Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwalts-vergütung für ein Verfahren beim Sozialgericht Nordhausen (SG), in dem die Kanzlei M. & M. den Kläger vertrat (S 31 AS 1772/13). Der durch die Kanzlei M. & M. vertretene Kläger hatte sich mit seinem Widerspruch gegen Mahngebühren der Beklagten in Höhe von 0,80 Euro gewandt. Daraufhin hatte diese ihren Bescheid aufgehoben und entschieden, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes nicht notwendig sei. Auf den weiteren Widerspruch erkannte sie die Hinzuziehung als notwendig an. Die Kostenrechnungen des Beschwerdeführers (jeweils 309,40 EUR) kürzte sie dann auf jeweils 57,12 EUR. Im Klageverfahren begehrte der Kläger die Kosten für beide Widerspruchsverfahren unter Ansatz einer Geschäftsgebühr von 240,00 bzw. 120,00 EUR festzusetzen und zu erstatten. Unter dem 19. September 2013 erklärte sich die Beklagte bereit, für beide Widerspruchsverfahren jeweils 114,24 EUR zu zahlen und die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Klageverfahren zu 64 v.H. zu übernehmen. Mit Beschluss vom 19. November 2013 bewilligte das SG dem Kläger Prozesskostenhilfe (PKH) und ordnete Rechtsanwalt M. bei. Die Kanzlei M. & M. nahm mit Schriftsatz vom 29. Januar 2014 das Teilanerkenntnis und "Kostengrundanerkenntnis" der Beklagten an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt. Unter dem 11. März 2014 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Vergütung:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 170,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 200,00 Euro Erledigungsgebühr Nr. 1000, 1006 VV-RVG 190,00 Euro Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 580,00 Euro Umsatzsteuer 110,20 Euro Gesamtbetrag 690,20 Euro Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UdG) setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. Mai 2014 die zu zahlende Vergütung auf 121,38 Euro fest und berücksichtigte für die Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 85,00 EUR (=halbe Mittelgebühr) sowie eine Auslagen-pauschale in Höhe von 17,00 Euro. Auf die Erinnerung des Beschwerdeführers, die Termins-gebühr nach Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 100,00 EUR sowie die zu erstattende Erledigungsgebühr nach Nr. 1002, 1006 VV-RVG in Höhe von 190,00 EUR festzusetzen, hat das SG mit Beschluss vom 18. September 2014 die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 238,00 EUR festgesetzt (Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG 85,00 EUR, Gebühr nach Nr. 1006 VV-RVG 95,00 EUR, Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV-RVG 20,00 EUR) und die weitergehende Erinnerung zurückgewiesen. Hinsichtlich der Verfahrensgebühr habe der Beschwerdeführer keine Einwände erhoben. Die Voraussetzungen für den Ansatz einer fiktiven Terminsgebühr seien nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung des UdG sei aber eine Erledigungsgebühr angefallen.
Gegen den am 23. September 2015 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 1. Oktober 2015 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, die Terminsgebühr sei nach Nr. 3106 VV-RVG festzusetzen, weil auch die Annahme eines Teilanerkenntnisses eine fiktive Terminsgebühr auslöse. Die Erledigungsgebühr sei ebenfalls in beantragter Höhe angemessen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei durchschnittlich gewesen. Es müsse der gesamte mit der Klage verbundene Arbeitsaufwand berücksichtigt werden. Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger sei überdurchschnittlich gewesen. Streitig sei die Übernahme weiterer Rechtsanwaltskosten in Höhe von 504,56 EUR gewesen. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 18. September 2014 aufzuheben und die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 100,00 EUR sowie die Erledigungsgebühr nach Nrn. 1002, 1006 VV-RVG in Höhe von 190,00 EUR festzusetzen und die Umsatzsteuer anzupassen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verweist auf die Begründung des angefochtenen Beschlusses des SG. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 21. Oktober 2015) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt.
II.
Anzuwenden ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in der Fassung bis zum 31. Juli 2013 (a.F.), denn der Auftrag zur Erledigung war vor diesem Zeitpunkt erteilt worden. Nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG ist die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt bestellt oder beigeordnet worden ist.
Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 14. Februar 2011 - L 6 SF 1376/10 B m.w.N., nach juris) und zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes über-steigt unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer 200,00 EUR.
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das SG hatte dem Kläger mit Beschluss vom 19. November 2013 PKH gewährt und er war kostenprivilegierter Beteiligter i.S.d. § 183 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach herrschender Meinung ein Spiel-raum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - Az.: B 4 AS 21/09 R m.w.N., nach juris; ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschluss vom 26. November 2014 - L 6 SF 1079/14 B m.w.N.). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Senatsbeschluss 14. Februar 2011 - Az.: L 6 SF 1376/10 B, nach juris); dann erfolgt - wie hier - eine Festsetzung nur in Höhe der an-gemessenen Gebühren.
Eine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 3 VV-RVG ist nicht anzusetzen. Dies hätte vorausgesetzt, dass das Klageverfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endete. Das Angebot der Beklagten im Schriftsatz vom 19. September 2013 war kein Anerkenntnis im Sinne dieser Vorschrift, denn es hätte ein im Wege einseitiger Erklärung gegebenes uneingeschränktes Zugeständnis erfordert, dass der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch besteht (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 191 Rn. 20). Es handelte sich um ein Teilanerkenntnis, das die Rechtsanwaltskanzlei M. & M. dann angenommen hat. Dieses begründet ebenso wie ein Vergleich im schriftlichen Verfahren keine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG (vgl. Senatsbeschlüsse vom 7. April 2015 - Az.: L 6 SF 145/15 B, 29. Juli 2009 - L 6 B 15/09 SF und 26. November 2008 - L 6 B 130/08 SF; Sächsisches LSG, Beschluss vom 9. September 2014 - L 8 AS 1192/12 B KO, nach juris).
Dem Beschwerdeführer steht angesichts der Annahme des Teilanerkenntnisses und der Erle-digungserklärung eine Erledigungsgebühr Nr. 1006, 1005 VV-RVG in Höhe der halben Mit-telgebühr (=95,00 EUR) zu (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 7. April 2015, a.a.O.). Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger war unterdurchschnittlich. Dabei ist auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R, nach juris). Klagegegenstand war nicht eine Leistung, die das soziokulturelle Existenzminimum des Klägers sicherte, sondern die Höhe der Rechtsanwaltskosten für beide Widerspruchsverfahren. Ebenso unterdurchschnittlich war der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im Klageverfahren. Abgestellt wird auf den zeitlichen Aufwand, den der Rechtsanwalt im Vergleich mit den übrigen beim Sozialgericht anhängigen Verfahren tatsächlich in der Sache betrieben hat und objektiv auf die Sache verwenden musste (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - Az.: B 4 AS 21/09 R, nach juris; Senatsbeschluss vom 7. April 2015, a.a.O.). Der Beschwerdeführer fertigte zwei Schriftsätze, von denen einer sehr kurz war. Die Klagebegründung ist dem Senat in Teilen aus anderen Verfahren bekannt. Der daraus resultierende Synergieeffekt ist zu berücksichtigen und mindert den Aufwand im Verfahren erheblich (vgl. Senatsbeschlüsse vom 7. April 2015 a.a.O. und vom 26. Juni 2013 - L 6 SF 654/13 B m.w.N., nach juris). Der Beschwerdeführer hat keinen höheren Aufwand vorgetragen. Auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit (Subsumierung unter die Vorschriften des RVG) und die Einkommensverhältnisse des Klägers waren unterdurchschnittlich. Ein besonderes Haftungsrisiko des Beschwerdeführers ist nicht erkennbar. Angesichts der Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger, der geringen Einkommens- und Vermögensverhältnisse und des nicht ersichtlichen Haftungsrisikos kommt eine höhere Gebühr nicht in Betracht.
Zusätzlich zu vergüten sind die Pauschale Nr. 7002 VV-RVG und die Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV-RVG). Sie sind zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Damit errechnet sich die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung wie folgt:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 85,00 EUR
Einigungsgebühr Nr. 1006, 1005 VV-RVG 95,00 EUR
Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 200,00 EUR Umsatzsteuer 38,00 EUR Gesamtsumme 238,00 EUR
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG). Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
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