L 7 AS 1981/16 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 101/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 1981/16 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 28. April 2016 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Das von den Klägern form- und fristgerecht (§ 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Statthaftes Rechtsmittel gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts (SG) Mannheim vom 28. April 2016 ist zwar die Nichtzulassungsbeschwerde. Die Kläger machen mit ihrem Überprüfungsantrag einen Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwassererzeugung gemäß § 21 Abs. 7 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) geltend, somit für die Kläger zu 1 und 2 je 8,28 EUR monatlich, für die Klägerin zu 3 monatlich 1,87 EUR, damit im streitigen Bewilligungszeitraum vom 1. Juli 2015 bis 31. Dezember 2015 insgesamt 110,58 EUR. Darüber hinaus wenden sie sich gegen die Weiterleitung eines Betrages in Höhe von monatlich 35,30 EUR je Kläger an die Bundeszentralkasse, somit 635,40 EUR im gesamten Bewilligungszeitraum. Damit sind 745,98 EUR streitig, so dass der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR nicht übersteigt und auch nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind (§ 144 Abs. 1 SGG). Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid die Berufung auch nicht zugelassen, sondern lediglich eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung beigefügt, die keine Berufungszulassung darstellt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 144 Rdnr. 40).

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung nur zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzli-che Bedeutung hat oder (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beur-teilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vor-liegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Keiner der in § 144 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 SGG genannten Zulassungsgründe (grundsätzliche Bedeutung, Divergenz, wesentlicher entscheidungsrelevanter Verfahrensmangel) liegt jedoch vor.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Ein-zelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts ge-fördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle die notwendige Klärung erfolgt (so die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seit BSGE 2, 129, 132). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. BSG SozR 1500 § 160a Nr. 60; SozR 3-1500 § 160a Nr. 16; ferner Leitherer. a.a.O., § 144 Rdnrn. 28 f.; § 160 Rdnrn. 6 ff. jeweils m.w.N.). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht mehr, wenn sie schon entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (vgl. BSG SozR 3-4100 § 111 Nr. 1 S. 2), mithin die Antwort darauf so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17) oder praktisch außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4 S. 5); dies ist insbesondere der Fall, wenn die bereits vorhandene höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichende Anhaltspunkte für die Beantwortung der Rechtsfrage gibt (BSG SozR 3-1500 § 146 Nr. 2). Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage muss die abstrakte Klärungsfähigkeit, d.h. die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, und die konkrete Klärungsfähigkeit, d.h. die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage hinzutreten (vgl. dazu BSG SozR 1500 § 160 Nr. 53; SozR 1500 § 160a Nr. 54; Beschluss vom 9. Juni 2011 - B 4 AS 56/11 B - juris Rdnr. 5). Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG SozR 1500 § 160a Nr. 7). Hinsichtlich Tatsachenfragen kann über § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG eine Klärung nicht verlangt werden, und zwar selbst dann nicht, wenn hiervon verallgemeinerungsfähige Auswirkungen zu erwarten wären (vgl. Leitherer, a.a.O., § 144 Rdnr. 29; ferner BSG SozR 4-1500 § 160a Nr. 9 zu § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

Der vom SG entschiedene Rechtsstreit wirft keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage auf, die klärungsbedürftig und klärungsfähig ist. Die Kläger haben hierzu vorgetragen, es sei eine grundsätzliche Frage, ob die Zustellung per Telefax als elektronische Zustellung zu definieren sei. Eine grundsätzliche Bedeutung, welche die Zulassung der Berufung rechtfertigt, liegt jedoch nur dann vor, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die in dem angestrebten Berufungsverfahren klärungsfähig sowie klärungsbedürftig ist. Dies könnte nur dann der Fall sein, wenn das SG die Klage allein wegen Versäumung der Klagefrist abgewiesen hätte. Das SG hat die Abweisung der Klage als unzulässig jedoch darüber hinaus auch darauf gestützt, dass den Klägern ein Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung der Klage fehle, weil die Überprüfungsanträge im Verwaltungsverfahren nicht konkretisiert worden seien. Soweit hierzu nunmehr vorgetragen wird, es seien bezüglich der geltend gemachten Kosten der Warmwasserbereitung zuvor bereits mehrere Gespräche mit dem Beklagten geführt worden, handelt es sich um eine Tatsachenfrage, welche die grundsätzliche Bedeutung nicht zu begründen vermag. Zudem hat das SG ausgeführt, dass die Klage unbegründet sei. Eine konkrete Klärungsfähigkeit ist damit nicht gegeben.

Auch die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG sind nicht gegeben. Eine Abweichung der Entscheidung des SG von einer Entscheidung eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte (Divergenz) liegt nicht vor. Divergenz bedeutet einen Widerspruch im Rechtssatz oder das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt worden sind. Dies setzt begrifflich voraus, dass das SG einen entsprechenden abstrakten Rechtssatz, d.h. eine fallübergreifende, nicht lediglich auf Würdigung des Einzelfalls bezogene rechtliche Aussage gebildet hat (Leitherer, a.a.O., § 160 Rdnr. 13 m.w.N.). Es muss die Rechtsfrage entschieden und nicht etwa übersehen haben. Eine Abweichung liegt daher nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung nicht den vom Obergericht aufgestellten Kriterien entspricht, sondern erst, wenn diesen Kriterien widersprochen wird, also andere Maßstäbe entwickelt werden. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung wegen Divergenz (vgl. BSG SozR 1500 § 160a Nr. 67; Leitherer, a.a.O., § 144 Rdnr. 30). Ein derartiger Widerspruch wird von den Klägern nicht ansatzweise aufgezeigt; er ist auch sonst nicht ersichtlich.

Schließlich haben die Kläger auch keinen Verfahrensmangel geltend gemacht, welcher die Zulassung der Berufung gem. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG begründen könnte.

Die Beschwerden waren nach alledem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 28. April 2016 wird hiermit rechtskräftig (§ 105 Abs. 3 Satz 1, § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved