Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 4231/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 2037/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25.05.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligen steht die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes auf der Grundlage eines Bemessungsentgeltes in Höhe von 99,30 Euro im Streit.
Der 1980 geborene Kläger war zuletzt bei der Firma S. Betonfertigteilewerk GmbH als Produktionshelfer sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Aufgrund eines Arbeitsunfalles war er ab dem 17.10.2013 arbeitsunfähig krankgeschrieben und bezog ab dem 29.11.2013 bis zum 08.11.2015 Verletztengeld nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Während der Arbeitsunfähigkeit kündigte die Firma S. Betonfertigteilewerk GmbH das Arbeitsverhältnis zum 15.11.2014.
Am 26.10.2015 meldete sich der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung zum 09.11.2015 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Nach Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage vom 26.11.2015, wonach der Kläger leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig ausüben könne, bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 01.12.2015 für die Zeit ab dem 09.11.2015 für längstens 360 Tage in Höhe von 23,92 Euro täglich, ausgehend von einem täglichen Bemessungsentgelt in Höhe von 56,70 Euro, der Lohnsteuerklasse I sowie des Leistungssatzes von 60 %. Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte die Beklagte dem Kläger mit, es bestünde in den letzten zwei Jahren weniger als 150 Tage Anspruch auf Arbeitsentgelt, daher sei bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde gelegt worden. Das fiktive Arbeitsentgelt richte sich nach der Beschäftigung, auf die sich die Vermittlungsbemühungen zu erstrecken hätten sowie der dazugehörigen Qualifikationsstufe. Da der Kläger für eine Tätigkeit als Helfer - Ausbau geeignet sei, die keine Ausbildung erfordere, komme die Qualifikationsstufe 4 zur Anwendung.
Mit Schreiben vom 09.12.2015 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch und führte zur Begründung an, er habe einen schweren Arbeitsunfall erlitten, der nach Ende der Entgeltfortzahlung zum Bezug von Verletztengeld geführt habe. Für die Berechnung des Arbeitslosengeldes sei die Höhe des Verletztengeldes zugrunde zu legen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2015 wies die Rechtsbehelfsstelle der Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück. Innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens vom 09.11.2013 bis 08.11.2015 könne kein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festgestellt werden. Dabei umfasse der Bemessungszeitraum nur Entgeltabrechnungszeiträume versicherungspflichtiger Beschäftigungen nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III; sonstige Versicherungszeiten blieben außer Betracht. Nach § 152 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sei daher als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen. Bei dem Kläger finde dabei die Qualifikationsgruppe 4 Anwendung, weil sich die Vermittlungsbemühungen in erster Linie auf Beschäftigungen dieser Qualifikationsgruppe erstreckten.
Hiergegen erhob der Kläger am 21.12.2015 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Da er unverschuldet einen Arbeitsunfall erlitten habe, sei das Arbeitslosengeld nach seinem tatsächlichen Einkommen bei der Firma Schneider Betonfertigteilewerk GmbH zu bemessen. Hilfsweise müsse die Qualifikationsgruppe 3 zur Anwendung kommen. Zwar verfüge er nicht über eine Berufsausbildung, er habe aber nicht nur eine Hilfstätigkeit verrichtet, sondern gehöre zu den führenden Arbeitskräften, was sich auch aus seinem Arbeitszeugnis vom 09.01.2015 ergebe. Für die von ihm ausgeübte Tätigkeit an der Betonmaschine habe er zwei bis drei Monate lernen müsse.
Mit Gerichtsbescheid vom 25.05.2016 wies das SG die Klage ab. Da innerhalb des auf zwei Jahren vor Eintritt der Arbeitslosigkeit erweiterten Bemessungsrahmens keine 150 Tage Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen gewesen sei, habe die Beklagte zu Recht ein fiktives Bemessungsentgelt zu Grunde gelegt. Hieran ändere auch der Bezug von Verletztengeld nichts. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 150 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III erfasse die Vorschrift nur Tage, an denen ein Anspruch auf Arbeitsentgelt bestanden habe. Einkommen aus sonstigen Versicherungspflichtverhältnissen fließe nicht in die Berechnung mit ein. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Kläger der Qualifikationsgruppe 4 zugeordnet habe. Sein bisheriger beruflicher Werdegang lege keine Vermittlung in eine Tätigkeit nahe, die eine Berufsausbildung erfordere. Weder verfüge der Kläger über eine Berufsausbildung noch habe er bei seiner letzten Arbeitgeberin Arbeiten ausgeübt, die über Anlerntätigkeiten hinausgegangen wären. Der Kläger habe selbst bestätigt, dass für die Arbeit an der Betonmaschine lediglich eine Anlernzeit von zwei bis drei Monaten erforderlich gewesen sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem mit der Klagebegründung vorgelegten Arbeitszeugnis der früheren Arbeitgeberin. Vielmehr heiße es dort, der Kläger habe Helfertätigkeiten in der Deckenumlaufanlage ausgeübt, was in der Sache eine Zuordnung zu ungelernten Tätigkeiten der Qualifikationsstufe 4 bestätige. Zudem verstoße die fiktive Berechnung auch nicht gegen Verfassungsrecht. Hierin liege weder ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) noch gegen Art. 14 Abs. 1 GG.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 01.06.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 02.06.2016 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er seine Ausführungen zur Klagebegründung. Die Besonderheit liege in seinem Fall darin, dass er unverschuldet einen Arbeitsunfall erlitten habe. Eine "Bestrafung" des Klägers sei aus diesem Grund nicht nachvollziehbar. Er sei aus medizinischen Gründen nicht mehr in der Lage seinen Beruf auszuüben. Dem Kläger müsse daher das Arbeitslosengeld nach dem tatsächlichen Einkommen gezahlt werden, das er während seiner Tätigkeit verdient habe. Alles andere sei mit den Grundrechten unvereinbar.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25.05.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 10.12.2015 zu verurteilen, dem Kläger ab dem 09.12.2015 Arbeitslosengeld für 360 Tage unter Berücksichtigung eines täglichen Bemessungsentgelts in Höhe von 99,30 Euro zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach Auffassung des BSG könne es nicht als sachwidrig angesehen werden, bei allen Versicherten, die keinen ausreichend zeitnahen Bemessungszeitraum von wenigstens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorzuweisen hätten, die Indizwirkung des zuletzt erzielten Lohns als nicht mehr gewährleistet anzusehen und deshalb den voraussichtlich aktuell erzielbaren Lohn als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Vor diesem Hintergrund führe der Umstand, dass der Kläger aufgrund eines unverschuldeten Arbeitsunfalls in diese Situation gekommen sei, nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten nach §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet.
Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 01.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 10.12.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angegriffene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Dem Kläger steht ein Anspruch auf die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes auf der Grundlage eines Bemessungsentgeltes in Höhe von 99,30 Euro nicht zu.
Gemäß § 149 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld 60 % des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Bemessungsentgelt ist nach § 151 Abs. 1 Satz 1 SGB III das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen (§ 150 Abs. 1 Satz 1 SGB III); der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr und endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 150 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Der an sich einjährige Bemessungsrahmen (§ 150 Abs. 1 Satz 2 SGB III) wird gemäß § 150 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum im einjährigen Bemessungsrahmen weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe umfasst der Bemessungsrahmen vorliegend die Zeit vom 09.11.2013 bis 08.11.2015. Er war gemäß § 150 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III auf zwei Jahre zu erweitern, da im einjährigen Bemessungsrahmen in der Zeit vom 09.11.2014 bis 08.11.2015 kein Tag mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen ist. Aber auch innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens sind nicht mindestens 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt feststellbar, nachdem der Kläger zuletzt bis zum 28.11.2013 Arbeitsentgelt erzielte.
Dabei sind die Tage, an denen der Kläger Verletztengeld bezog, nicht bei der Berechnung des Bemessungsentgelts zu berücksichtigen. Nach § 151 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Maßgeblich für die Auslegung des Begriffs des Arbeitsentgelts ist die Legaldefinition des § 14 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), die nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV auch vorliegend anzuwenden ist. Danach gehören zum Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Beim Verletztengeld des § 45 SGB VII handelt es sich bereits nicht um ein tatsächlich erarbeitetes Einkommen aus einer ausgeübten Tätigkeit, vielmehr ersetzt es gerade dieses und kann als Lohnersatzleistung nicht dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt gleichgestellt werden (vgl. BSG 01.03.2011 - B 7 AL 26/09 R - juris), so dass eine Berücksichtigung bei der Berechnung des Bemessungsentgelts nicht in Betracht kommt.
Eine Erweiterung des Bemessungsrahmens auf das letzte Jahr vor dem Arbeitsunfall am 17.10.2013 kommt angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 150 SGB III ebenfalls nicht in Betracht. Für die vom Kläger geforderten Einbeziehung des letzten Arbeitseinkommens fehlt es somit an einer Rechtsgrundlage.
Damit hat der Kläger kein Arbeitsentgelt erzielt, das innerhalb des ein- bzw. zweijährigen Bemessungsrahmens zu berücksichtigen wäre. Kann aber – wie vorliegend – ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für die Arbeitslose oder den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat (§ 152 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Dabei ist zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die (1.) eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße, (2.) einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße, (3.) eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße, und (4.) keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße (§ 152 Abs. 2 Satz 2 SGB III).
Wie das SG zutreffend dargestellt hat, ist es vorliegend nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Kläger der Qualifikationsgruppe 4 zugeordnet hat. Die Vermittlungsbemühungen der Beklagten haben sich bei dem Kläger auf Tätigkeiten zu erstrecken, die keine Berufsausbildung voraussetzen. Der Kläger hat keine Berufsausbildung abgeschlossen. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bei der Firma S. Betonfertigteilewerk GmbH erforderte nach den eigenen Angaben des Klägers eine Anlernzeit von zwei bis drei Monaten. Entsprechendes ergibt sich auch aus dem Arbeitszeugnis, wonach der Kläger als Helfer in der Deckenumlaufanlage tätig war. Einwendungen hiergegen hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr erhoben.
Die Beklagte hat damit zutreffend die fiktive Bemessung des Arbeitslosengeldes anhand der Einordnung des Klägers in die Qualifikationsgruppe 4 vorgenommen. Ausgehend von dieser Zuordnung ist beim Kläger ein fiktives Arbeitsentgelt von 1/600 der Bezugsgröße zugrunde zu legen. Im Jahr 2015 betrug die Bezugsgröße West 34.020 Euro (§ 2 Abs. 1 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2015). Es ergibt sich mithin ein fiktives Arbeitsentgelt von 56,70 Euro, welches die Beklagte auch der Bemessung des Arbeitslosengeldes zugrunde gelegt hat.
Anders als vom Kläger behauptet, argumentativ jedoch nicht belegt, bestehen gegen die in § 152 SGB III vorgesehene Berechnung eines fiktiven Bemessungsentgelts auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere liegt weder ein Verstoß gegen Art. 3 GG noch gegen Art. 14 GG vor (BSG, 29.05.2008 - B 11a AL 23/07 R - juris; BSG, 21.07.2009 - B 7 AL 23/08 R - juris).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist ein Verstoß gegen Art. 3 GG dann zu bejahen, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe von Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG, 11.07.2006 - 1 BvR 293/05 - juris). Auf dieser Grundlage bestehen keine durchgreifenden Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber bei allen Versicherten, die keinen ausreichend zeitnahen Bemessungszeitraum von wenigstens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorzuweisen haben, die Indizwirkung des zuletzt erzielten Lohns für den auf Grund des Versicherungsfalls derzeit eintretenden Lohnausfall als nicht mehr gewährleistet ansieht. Das Arbeitslosengeld als Lohnersatzleistung soll das Arbeitslosengeld ersetzen, dass der Arbeitslose wegen der Arbeitslosigkeit aktuell, also in einer potentiellen neuen Beschäftigung, nicht erzielt. Bei länger zurück liegenden Bemessungsentgelten ist jedoch die Vermutung nicht mehr gerechtfertigt, dass der Arbeitslose dieses Bemessungsentgelt auch in Zukunft verdienen wird (zum Ganzen ausführlich BSG, 29.05.2008 - B 11a AL 23/07 R - juris). Es kommt deshalb für die Ermittlung des fiktiven Bemessungsentgelts weder darauf an, ob bzw. welche Sozialleistungen ein Anspruchsberechtigter bezogen hat, noch darauf, aus welchen Gründen sich ein Anspruchsberechtigter freiwillig oder unfreiwillig, vorwerfbar oder unverschuldet in Lebensumständen befindet, die zu einem Bezug von anderen Sozialleistungen führten (so bei Bezug von Verletztengeld ausdrücklich LSG Sachsen, 07.11.2013 - L 3 AL 27/11 - juris). Entgegen der Auffassung des Klägers ist es daher unerheblich, ob er den Arbeitsunfall verschuldet oder unverschuldet erlitten hat bzw. ob er gerade wegen des Arbeitsunfalls arbeitslos geworden ist. Unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze ist die Aktualisierung der Bemessungsgrundlage unabhängig davon sachgerecht, worauf die längere Unterbrechung der Erwerbstätigkeit jeweils beruht.
Darüber hinaus verstößt die fiktive Ermittlung des Arbeitslosengeldanspruchs auch nicht gegen Art. 14 GG. Zwar unterliegt die dem Arbeitslosengeldanspruch begründende Anwartschaft dessen Schutz, dieser macht jedoch den Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht unabänderlich. Im Rahmen der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums unterliegt der Anspruch und die ihn begründende Anwartschaft den in §§ 150 ff SGB III formulierten Voraussetzungen und wird erst durch die Entstehung des Stammrechts fixiert und hierdurch konkretisiert (BSG, 21.07.2009 - B 7 AL 23/08 R - juris). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es verfassungsrechtlich zudem nicht geboten, das Arbeitslosengeld in voller Äquivalenz zu den Beiträgen festzusetzen (BSG, 21.07.2009 - B 7 AL 23/08 - juris).
Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere handelt es sich nicht um eine Rechtssache mit grundsätzlicher Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die – über den Einzelfall hinaus – aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Als höchstrichterlich geklärt muss eine Rechtsfrage aber auch dann angesehen werden, wenn das Revisionsgericht sie zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, zur Auslegung des anzuwendenden Begriffs aber schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (BSG, 26.03.2014 - B 11 AL 14/14 B - juris). So liegt der Fall hier. Das BSG hat bereits in seinem Urteil vom 21.7.2009 (B 7 AL 23/08 R - juris) zur fiktiven Bemessung in einem Fall Stellung genommen, in dem der Arbeitslose im Bemessungszeitraum Krankengeld, welches im Wesentlichen den Regelungen des Verletztengelds folgt, bezogen und deshalb nicht an mindestens 150 Tagen Anspruch auf Arbeitsentgelt hatte.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligen steht die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes auf der Grundlage eines Bemessungsentgeltes in Höhe von 99,30 Euro im Streit.
Der 1980 geborene Kläger war zuletzt bei der Firma S. Betonfertigteilewerk GmbH als Produktionshelfer sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Aufgrund eines Arbeitsunfalles war er ab dem 17.10.2013 arbeitsunfähig krankgeschrieben und bezog ab dem 29.11.2013 bis zum 08.11.2015 Verletztengeld nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Während der Arbeitsunfähigkeit kündigte die Firma S. Betonfertigteilewerk GmbH das Arbeitsverhältnis zum 15.11.2014.
Am 26.10.2015 meldete sich der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung zum 09.11.2015 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Nach Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage vom 26.11.2015, wonach der Kläger leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig ausüben könne, bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 01.12.2015 für die Zeit ab dem 09.11.2015 für längstens 360 Tage in Höhe von 23,92 Euro täglich, ausgehend von einem täglichen Bemessungsentgelt in Höhe von 56,70 Euro, der Lohnsteuerklasse I sowie des Leistungssatzes von 60 %. Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte die Beklagte dem Kläger mit, es bestünde in den letzten zwei Jahren weniger als 150 Tage Anspruch auf Arbeitsentgelt, daher sei bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde gelegt worden. Das fiktive Arbeitsentgelt richte sich nach der Beschäftigung, auf die sich die Vermittlungsbemühungen zu erstrecken hätten sowie der dazugehörigen Qualifikationsstufe. Da der Kläger für eine Tätigkeit als Helfer - Ausbau geeignet sei, die keine Ausbildung erfordere, komme die Qualifikationsstufe 4 zur Anwendung.
Mit Schreiben vom 09.12.2015 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch und führte zur Begründung an, er habe einen schweren Arbeitsunfall erlitten, der nach Ende der Entgeltfortzahlung zum Bezug von Verletztengeld geführt habe. Für die Berechnung des Arbeitslosengeldes sei die Höhe des Verletztengeldes zugrunde zu legen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2015 wies die Rechtsbehelfsstelle der Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück. Innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens vom 09.11.2013 bis 08.11.2015 könne kein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festgestellt werden. Dabei umfasse der Bemessungszeitraum nur Entgeltabrechnungszeiträume versicherungspflichtiger Beschäftigungen nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III; sonstige Versicherungszeiten blieben außer Betracht. Nach § 152 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sei daher als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen. Bei dem Kläger finde dabei die Qualifikationsgruppe 4 Anwendung, weil sich die Vermittlungsbemühungen in erster Linie auf Beschäftigungen dieser Qualifikationsgruppe erstreckten.
Hiergegen erhob der Kläger am 21.12.2015 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Da er unverschuldet einen Arbeitsunfall erlitten habe, sei das Arbeitslosengeld nach seinem tatsächlichen Einkommen bei der Firma Schneider Betonfertigteilewerk GmbH zu bemessen. Hilfsweise müsse die Qualifikationsgruppe 3 zur Anwendung kommen. Zwar verfüge er nicht über eine Berufsausbildung, er habe aber nicht nur eine Hilfstätigkeit verrichtet, sondern gehöre zu den führenden Arbeitskräften, was sich auch aus seinem Arbeitszeugnis vom 09.01.2015 ergebe. Für die von ihm ausgeübte Tätigkeit an der Betonmaschine habe er zwei bis drei Monate lernen müsse.
Mit Gerichtsbescheid vom 25.05.2016 wies das SG die Klage ab. Da innerhalb des auf zwei Jahren vor Eintritt der Arbeitslosigkeit erweiterten Bemessungsrahmens keine 150 Tage Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen gewesen sei, habe die Beklagte zu Recht ein fiktives Bemessungsentgelt zu Grunde gelegt. Hieran ändere auch der Bezug von Verletztengeld nichts. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 150 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III erfasse die Vorschrift nur Tage, an denen ein Anspruch auf Arbeitsentgelt bestanden habe. Einkommen aus sonstigen Versicherungspflichtverhältnissen fließe nicht in die Berechnung mit ein. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Kläger der Qualifikationsgruppe 4 zugeordnet habe. Sein bisheriger beruflicher Werdegang lege keine Vermittlung in eine Tätigkeit nahe, die eine Berufsausbildung erfordere. Weder verfüge der Kläger über eine Berufsausbildung noch habe er bei seiner letzten Arbeitgeberin Arbeiten ausgeübt, die über Anlerntätigkeiten hinausgegangen wären. Der Kläger habe selbst bestätigt, dass für die Arbeit an der Betonmaschine lediglich eine Anlernzeit von zwei bis drei Monaten erforderlich gewesen sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem mit der Klagebegründung vorgelegten Arbeitszeugnis der früheren Arbeitgeberin. Vielmehr heiße es dort, der Kläger habe Helfertätigkeiten in der Deckenumlaufanlage ausgeübt, was in der Sache eine Zuordnung zu ungelernten Tätigkeiten der Qualifikationsstufe 4 bestätige. Zudem verstoße die fiktive Berechnung auch nicht gegen Verfassungsrecht. Hierin liege weder ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) noch gegen Art. 14 Abs. 1 GG.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 01.06.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 02.06.2016 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er seine Ausführungen zur Klagebegründung. Die Besonderheit liege in seinem Fall darin, dass er unverschuldet einen Arbeitsunfall erlitten habe. Eine "Bestrafung" des Klägers sei aus diesem Grund nicht nachvollziehbar. Er sei aus medizinischen Gründen nicht mehr in der Lage seinen Beruf auszuüben. Dem Kläger müsse daher das Arbeitslosengeld nach dem tatsächlichen Einkommen gezahlt werden, das er während seiner Tätigkeit verdient habe. Alles andere sei mit den Grundrechten unvereinbar.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25.05.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 10.12.2015 zu verurteilen, dem Kläger ab dem 09.12.2015 Arbeitslosengeld für 360 Tage unter Berücksichtigung eines täglichen Bemessungsentgelts in Höhe von 99,30 Euro zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach Auffassung des BSG könne es nicht als sachwidrig angesehen werden, bei allen Versicherten, die keinen ausreichend zeitnahen Bemessungszeitraum von wenigstens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorzuweisen hätten, die Indizwirkung des zuletzt erzielten Lohns als nicht mehr gewährleistet anzusehen und deshalb den voraussichtlich aktuell erzielbaren Lohn als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Vor diesem Hintergrund führe der Umstand, dass der Kläger aufgrund eines unverschuldeten Arbeitsunfalls in diese Situation gekommen sei, nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten nach §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet.
Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 01.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 10.12.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angegriffene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Dem Kläger steht ein Anspruch auf die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes auf der Grundlage eines Bemessungsentgeltes in Höhe von 99,30 Euro nicht zu.
Gemäß § 149 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld 60 % des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Bemessungsentgelt ist nach § 151 Abs. 1 Satz 1 SGB III das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen (§ 150 Abs. 1 Satz 1 SGB III); der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr und endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 150 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Der an sich einjährige Bemessungsrahmen (§ 150 Abs. 1 Satz 2 SGB III) wird gemäß § 150 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum im einjährigen Bemessungsrahmen weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe umfasst der Bemessungsrahmen vorliegend die Zeit vom 09.11.2013 bis 08.11.2015. Er war gemäß § 150 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III auf zwei Jahre zu erweitern, da im einjährigen Bemessungsrahmen in der Zeit vom 09.11.2014 bis 08.11.2015 kein Tag mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen ist. Aber auch innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens sind nicht mindestens 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt feststellbar, nachdem der Kläger zuletzt bis zum 28.11.2013 Arbeitsentgelt erzielte.
Dabei sind die Tage, an denen der Kläger Verletztengeld bezog, nicht bei der Berechnung des Bemessungsentgelts zu berücksichtigen. Nach § 151 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Maßgeblich für die Auslegung des Begriffs des Arbeitsentgelts ist die Legaldefinition des § 14 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), die nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV auch vorliegend anzuwenden ist. Danach gehören zum Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Beim Verletztengeld des § 45 SGB VII handelt es sich bereits nicht um ein tatsächlich erarbeitetes Einkommen aus einer ausgeübten Tätigkeit, vielmehr ersetzt es gerade dieses und kann als Lohnersatzleistung nicht dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt gleichgestellt werden (vgl. BSG 01.03.2011 - B 7 AL 26/09 R - juris), so dass eine Berücksichtigung bei der Berechnung des Bemessungsentgelts nicht in Betracht kommt.
Eine Erweiterung des Bemessungsrahmens auf das letzte Jahr vor dem Arbeitsunfall am 17.10.2013 kommt angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 150 SGB III ebenfalls nicht in Betracht. Für die vom Kläger geforderten Einbeziehung des letzten Arbeitseinkommens fehlt es somit an einer Rechtsgrundlage.
Damit hat der Kläger kein Arbeitsentgelt erzielt, das innerhalb des ein- bzw. zweijährigen Bemessungsrahmens zu berücksichtigen wäre. Kann aber – wie vorliegend – ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für die Arbeitslose oder den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat (§ 152 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Dabei ist zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die (1.) eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße, (2.) einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße, (3.) eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße, und (4.) keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße (§ 152 Abs. 2 Satz 2 SGB III).
Wie das SG zutreffend dargestellt hat, ist es vorliegend nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Kläger der Qualifikationsgruppe 4 zugeordnet hat. Die Vermittlungsbemühungen der Beklagten haben sich bei dem Kläger auf Tätigkeiten zu erstrecken, die keine Berufsausbildung voraussetzen. Der Kläger hat keine Berufsausbildung abgeschlossen. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bei der Firma S. Betonfertigteilewerk GmbH erforderte nach den eigenen Angaben des Klägers eine Anlernzeit von zwei bis drei Monaten. Entsprechendes ergibt sich auch aus dem Arbeitszeugnis, wonach der Kläger als Helfer in der Deckenumlaufanlage tätig war. Einwendungen hiergegen hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr erhoben.
Die Beklagte hat damit zutreffend die fiktive Bemessung des Arbeitslosengeldes anhand der Einordnung des Klägers in die Qualifikationsgruppe 4 vorgenommen. Ausgehend von dieser Zuordnung ist beim Kläger ein fiktives Arbeitsentgelt von 1/600 der Bezugsgröße zugrunde zu legen. Im Jahr 2015 betrug die Bezugsgröße West 34.020 Euro (§ 2 Abs. 1 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2015). Es ergibt sich mithin ein fiktives Arbeitsentgelt von 56,70 Euro, welches die Beklagte auch der Bemessung des Arbeitslosengeldes zugrunde gelegt hat.
Anders als vom Kläger behauptet, argumentativ jedoch nicht belegt, bestehen gegen die in § 152 SGB III vorgesehene Berechnung eines fiktiven Bemessungsentgelts auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere liegt weder ein Verstoß gegen Art. 3 GG noch gegen Art. 14 GG vor (BSG, 29.05.2008 - B 11a AL 23/07 R - juris; BSG, 21.07.2009 - B 7 AL 23/08 R - juris).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist ein Verstoß gegen Art. 3 GG dann zu bejahen, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe von Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG, 11.07.2006 - 1 BvR 293/05 - juris). Auf dieser Grundlage bestehen keine durchgreifenden Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber bei allen Versicherten, die keinen ausreichend zeitnahen Bemessungszeitraum von wenigstens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorzuweisen haben, die Indizwirkung des zuletzt erzielten Lohns für den auf Grund des Versicherungsfalls derzeit eintretenden Lohnausfall als nicht mehr gewährleistet ansieht. Das Arbeitslosengeld als Lohnersatzleistung soll das Arbeitslosengeld ersetzen, dass der Arbeitslose wegen der Arbeitslosigkeit aktuell, also in einer potentiellen neuen Beschäftigung, nicht erzielt. Bei länger zurück liegenden Bemessungsentgelten ist jedoch die Vermutung nicht mehr gerechtfertigt, dass der Arbeitslose dieses Bemessungsentgelt auch in Zukunft verdienen wird (zum Ganzen ausführlich BSG, 29.05.2008 - B 11a AL 23/07 R - juris). Es kommt deshalb für die Ermittlung des fiktiven Bemessungsentgelts weder darauf an, ob bzw. welche Sozialleistungen ein Anspruchsberechtigter bezogen hat, noch darauf, aus welchen Gründen sich ein Anspruchsberechtigter freiwillig oder unfreiwillig, vorwerfbar oder unverschuldet in Lebensumständen befindet, die zu einem Bezug von anderen Sozialleistungen führten (so bei Bezug von Verletztengeld ausdrücklich LSG Sachsen, 07.11.2013 - L 3 AL 27/11 - juris). Entgegen der Auffassung des Klägers ist es daher unerheblich, ob er den Arbeitsunfall verschuldet oder unverschuldet erlitten hat bzw. ob er gerade wegen des Arbeitsunfalls arbeitslos geworden ist. Unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze ist die Aktualisierung der Bemessungsgrundlage unabhängig davon sachgerecht, worauf die längere Unterbrechung der Erwerbstätigkeit jeweils beruht.
Darüber hinaus verstößt die fiktive Ermittlung des Arbeitslosengeldanspruchs auch nicht gegen Art. 14 GG. Zwar unterliegt die dem Arbeitslosengeldanspruch begründende Anwartschaft dessen Schutz, dieser macht jedoch den Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht unabänderlich. Im Rahmen der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums unterliegt der Anspruch und die ihn begründende Anwartschaft den in §§ 150 ff SGB III formulierten Voraussetzungen und wird erst durch die Entstehung des Stammrechts fixiert und hierdurch konkretisiert (BSG, 21.07.2009 - B 7 AL 23/08 R - juris). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es verfassungsrechtlich zudem nicht geboten, das Arbeitslosengeld in voller Äquivalenz zu den Beiträgen festzusetzen (BSG, 21.07.2009 - B 7 AL 23/08 - juris).
Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere handelt es sich nicht um eine Rechtssache mit grundsätzlicher Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die – über den Einzelfall hinaus – aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Als höchstrichterlich geklärt muss eine Rechtsfrage aber auch dann angesehen werden, wenn das Revisionsgericht sie zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, zur Auslegung des anzuwendenden Begriffs aber schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (BSG, 26.03.2014 - B 11 AL 14/14 B - juris). So liegt der Fall hier. Das BSG hat bereits in seinem Urteil vom 21.7.2009 (B 7 AL 23/08 R - juris) zur fiktiven Bemessung in einem Fall Stellung genommen, in dem der Arbeitslose im Bemessungszeitraum Krankengeld, welches im Wesentlichen den Regelungen des Verletztengelds folgt, bezogen und deshalb nicht an mindestens 150 Tagen Anspruch auf Arbeitsentgelt hatte.
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