L 11 EG 2300/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 EG 6017/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 2300/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11.05.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die endgültige Festsetzung der Elterngeldhöhe sowie eine Erstattung überzahlten Elterngelds.

Die 1973 geborene Klägerin ist Mutter des 2012 geborenen L. (im Folgenden: L). Sie war vor und nach der Geburt von L selbstständig tätig und betrieb ein Gewerbe mit dem Inhalt Organisation von Veranstaltungen. Vom 09.01. bis 16.04.2012 bezog sie Mutterschaftsgeld der Barmer GEK iHv täglich 37,33 EUR.

Auf ihren Antrag vom 01.06.2012, korrigiert hinsichtlich des Bezugszeitraums unter dem 17.07.2012, bewilligte die Beklagte der Klägerin vorläufig Elterngeld mit Bescheid vom 23.10.2012 iHv 1.149,50 EUR für den 3. Lebensmonat von L und 1.224,16 EUR für die Lebensmonate 4 bis 12. Nach Ablauf des Bezugszeitraums werde das Elterngeld unter Berücksichtigung des tatsächlich erzielten Einkommens endgültig festgesetzt. Ergebe sich aufgrund des endgültigen Entgelts ein geringerer Elterngeldanspruch, müsse die Differenz zurückgezahlt werden. Bei der Berechnung des Anspruchs ging die Beklagte entsprechend der Angaben der Klägerin gemäß der Gewinnermittlung für 2011 von Einkünften iHv 22.600 EUR im Jahr 2011 aus und keinem Gewinn im Bezugszeitraum 15.04.2012 bis 14.02.2013 (so die Bescheinigung des Steuerberaters der Klägerin vom 09.08.2012). Nach eigenen Angaben wollte die Klägerin die Tätigkeit auf 5 bis 8 Wochenstunden reduzieren bei Einstellung einer Aushilfe und Mithilfe von Familienangehörigen.

Mit Schreiben vom 12.04.2013 forderte die Beklagte den Einkommenssteuerbescheid für 2011, Nachweise über das tatsächliche Einkommen im Zeitraum 15.04.2012 bis 14.02.2013 und die Vorauszahlungsbescheide für Einkommenssteuer für 2012 und 2013 an. Mit Schreiben vom 06.06.2013 mahnte die Beklagte die Klägerin und verwies auf deren Mitwirkungspflichten gemäß § 60 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Sofern die Beklagte bis 20.06.2013 keine Mitteilung erhalte, gehe sie davon aus, dass nur ein Elterngeldanspruch in Höhe des Mindestbetrags bestehe und werde den übersteigenden Betrag von bis zu 9.500 EUR zurückfordern. Nach mehrfachen Fristverlängerungen auch nach telefonischer Rücksprache setzte die Beklagte mit Bescheid vom 14.02.2014 den Elterngeldanspruch endgültig fest auf 280 EUR für den 3. Lebensmonat von L und 300 EUR für die Lebensmonate 4 bis 12. Die Klägerin sei zur Erstattung der überzahlten Leistungen iHv 9.186,94 EUR verpflichtet. Die Klägerin sei mehrfach aufgefordert worden, die fehlenden Unterlagen zur Prüfung des Anspruchs einzureichen. Nachdem sie sich nicht gemeldet habe, könne das Elterngeld nur in Höhe des Mindestbetrags gewährt werden. Nach Vorlage der fehlenden Unterlagen könne der Anspruch überprüft werden.

Mit ihrem Widerspruch vom 26.02.2014 kündigte die Klägerin an, sie werde der Beklagten die Unterlagen zukommen lassen. Nach Mahnung der Beklagten vom 07.05.2014 kündigte sie die Vorlage bis 10.07.2014 an. Unter dem 16.07.2014 bat die Beklagte das Finanzamt Le. im Rahmen der Amtshilfe um Vorlage des Einkommenssteuerbescheids für 2011. Nach dem vom Finanzamt übersandten Bescheid vom 04.09.2013 erzielte die Klägerin 2011 Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 20.000 EUR. Die Bemessungsgrundlagen beruhten auf einer Schätzung, da die Klägerin keine Steuererklärung abgegeben hatte.

Mit Schreiben vom 14.08.2014 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten endgültigen Festsetzung des Elterngeldes in Höhe des Mindestbetrags und Rückforderung des überzahlten Betrags an.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2014 wies die Beklagte sodann den Widerspruch zurück. Grundlage für die zur Berechnung des Elterngelds maßgebenden Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit sei der Gewinn im Kalenderjahr 2011. Nach dem Einkommenssteuerbescheid für 2011 seien dies 20.000 EUR; abzüglich Steuern ergebe sich ein Einkommen von monatlich 1.480,24 EUR netto. Auch in allen Bezugsmonaten werde Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit erzielt. Für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt werde, das durchschnittlich geringer sei als das nach Abs 1 berücksichtigte durchschnittlich erzielte Einkommen vor der Geburt, werde Elterngeld nach § 2 Abs 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in Höhe des nach § 2 Abs 1 oder Abs 2 BEEG maßgebenden Prozentsatz des Unterschiedsbetrags dieser durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Gemäß § 8 Abs 3 BEEG werde Elterngeld bis zum Nachweis des tatsächlich erzielten Einkommens unter Berücksichtigung des glaubhaft gemachten Einkommens vorläufig gezahlt, wenn das vorgeburtliche Einkommen nicht ermittelt werde könne oder im Bezugszeitraum voraussichtlich Einkommen erzielt werde. Nach § 8 Abs 1 BEEG sei nach Ablauf des Bezugszeitraums das in dieser Zeit tatsächlich erzielte Einkommen nachzuweisen. Nachweise über die Höhe des Einkommens im Bezugszeitraum seien nicht vorgelegt worden. Diese seien jedoch eine entscheidende Komponente zur Ermittlung des Anspruchs auf Elterngeld. Eine Ermittlung von Amts wegen sei nicht möglich, da die Angaben nur von der Klägerin selbst gemacht werden könnten, diese aber weder gegenüber der Beklagten noch dem Finanzamt Angaben gemacht habe. Die Beklagte sei daher zur Bemessung des Elterngelds nach dem Mindestbetrag von 300 EUR berechtigt. Der zu Unrecht ausgezahlte Betrag von 9.186,94 EUR sei gemäß § 42 Abs 2 Satz 2 SGB I zu erstatten.

Hiergegen richtet sich die am 07.11.2014 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Die Klägerin hat die Gewinnermittlung für die Zeiträume 01.01. bis 31.12.2011 und 01.01. bis 31.12.2012 vorgelegt sowie Einkommenssteuerbescheide für 2011 und 2012 und nachfolgend eine Gewinnermittlung für den Zeitraum 01.01. bis 14.02.2013.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat darauf hingewiesen, dass die Klägerin seit über drei Jahren die notwendigen Unterlagen nicht vorlege. Die Gewinnermittlung für 2011 und 2012 sei nicht relevant.

Mit Urteil vom 11.05.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Da die Klägerin in der Zeit des Bezugs von Elterngeld weiterhin Gewerbetreibende gewesen sei, müsse die Differenz zwischen dem Einkommen vor und nach Geburt des Kindes herangezogen werden. Maßgebend für die Anrechnung sei das Erwerbseinkommen in den einzelnen Lebensmonaten des Kindes. Deshalb sei das regelmäßig nach Kalendermonaten erzielte Einkommen auf die jeweiligen Lebensmonate taggenau umzurechnen. Dafür werde das in den Lebensmonaten mit Erwerbstätigkeit verdiente Einkommen zusammengerechnet und durch die Zahl dieser Lebensmonate geteilt. Eine Jahresbetrachtung des Einkommens und des daraus errechneten Durchschnittsgewinns entspreche nicht der gesetzlichen Konzeption. Es müsse konkret das in den Bezugsmonaten erzielte Einkommen gegen gerechnet werden. Die Klägerin sei nach § 8 Abs 1 BEEG iVm § 60 SGB I verpflichtet, das tatsächliche Einkommen nach Ablauf des Bezugszeitraums für diesen Zeitraum nachzuweisen. Trotz mehrfacher Fristverlängerung habe die Klägerin die notwendigen Unterlagen nicht eingereicht, weshalb die Beklagte berechtigt gewesen sei, die Höhe des Elterngelds endgültig auf den Mindestbetrag festzulegen.

Gegen das ihr am 18.05.2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 15.06.2016 eingelegte Berufung der Klägerin. Sinngemäß trägt sie vor, dass sie im Bemessungszeitraum sogar mehr verdient habe, als vorab angegeben (Anm: der geänderte Einkommenssteuerbescheid für 2011 vom 13.05.2015 belegt Einkünfte aus selbstständiger Arbeit/freiberuflicher Tätigkeit iHv 30.474 EUR). Im Jahr nach der Geburt habe sie leider einen Verlust gemacht (Anm: der ebenfalls im Klageverfahren vorgelegte Steuerbescheid für 2012 vom 06.05.2015 weist Einkünfte aus selbstständiger Arbeit/freiberuflicher Tätigkeit iHv -2.369 EUR aus). Lediglich vom 01.01. bis 15.02.2013 habe sie geringe Umsätze gemacht, die sie bisher nicht "taggenau" mitgeteilt habe. Eine Rückforderung sei aufgrund ihrer finanziellen Lage sowieso nicht möglich.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11.05.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 14.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.10.2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt auf das angefochtene Urteil, ihren Widerspruchsbescheid und die erstinstanzlichen Schriftsätze Bezug.

Mit Schreiben vom 25.07.2016, 20.09.2016 und 14.10.2016 ist die Klägerin an die Vorlage der angeforderten Unterlagen erinnert worden, ohne dass sie hierauf reagiert hätte. Mit Schreiben vom 31.10.2016 sind die Beteiligten auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung durch Beschluss hingewiesen worden mit Gelegenheit zur Stellungnahme bis 30.11.2016. An diesem Tag bat die Klägerin per Fax um die Möglichkeit, bis 15.12.2016 die Unterlagen vorzulegen; sie verstehe nicht, was überhaupt noch fehle. Mit Schreiben vom 02.12.2016 ist eine Fristverlängerung gewährt worden bis 15.12.2016 unter nochmaligem Hinweis auf die Notwendigkeit, Unterlagen zu den erzielten Einkünften im Bezugszeitraum 15.04.2012 bis 14.02.2013 vorzulegen mit der wiederholten Erläuterung, dass auf das gesamte Jahr bezogene Angaben wie etwa im Steuerbescheid nicht ausreichten. Am 15.12.2016 hat die Klägerin sodann auf der Geschäftsstelle einen Leitzordner, beschriftet mit "Belege 2013-2014", vorgelegt. Sie wisse nicht, was davon gebraucht werde, das Gericht solle sich Kopien anfertigen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Der Senat weist die Berufung gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu der beabsichtigten Vorgehensweise gehört worden.

Die zulässige Berufung (§§ 151 Abs 1, 143, 144 Abs 1 Nr 1 SGG) ist in der Sache nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 14.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.10.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat zutreffend das Elterngeld endgültig in Höhe des Mindestbetrags von 300 EUR angesetzt unter (teilweiser) Anrechnung der Mutterschaftsleistungen im 3. Lebensmonat und den überzahlten Betrag iHv 9.186,94 EUR zurückgefordert.

Der auf der Grundlage des § 8 Abs 3 BEEG ergangene Bescheid vom 23.10.2012 über die vorläufige Bewilligung von Elterngeld für den streitigen Zeitraum hat sich mit Erlass des angefochtenen endgültigen Bescheides vom 14.02.2014 gemäß § 39 Abs 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf sonstige Weise erledigt, ohne dass es einer Aufhebung bedurfte (vgl Senatsurteil vom 22.01.2013, L 11 EG 1721/12, juris). Die Klägerin greift mit ihrer isolierten Anfechtungsklage sinnvollerweise von den im Bescheid vom 14.02.2014 enthaltenen drei Regelungen iSv § 31 Satz 1 SGB X (1. Aufhebung des Vorbehalts der Vorläufigkeit, 2. endgültige Entscheidung über den Anspruch auf Elterngeld, 3. Verpflichtung zur Erstattung von 9.186,94 EUR) nur die beiden letztgenannten an, denn in diesem Fall erstarkte wegen der verbleibenden Aufhebung des Vorläufigkeitsvorbehalts der ursprünglich mit dem Bescheid vom 23.10.2012 bestimmte Elterngeldanspruch zu einer endgültigen Festsetzung.

Die Klage ist nicht deshalb begründet, weil der Bescheid vom 14.02.2014 formal rechtswidrig wäre. Eine Anhörung vor Erlass dieses Verwaltungsakts ist nicht erforderlich (§ 24 Abs 2 Nr 5 SGB X; § 8 Abs 3 BEEG; dazu BSG 15.12.2015, B 10 EG 6/14 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 30 RdNr 9 mwN). Ihr Unterlassen wäre im Übrigen gemäß § 41 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB X unbeachtlich, weil sie im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nachgeholt worden ist (vgl Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl, § 41 RdNr 15).

Die Klägerin war zum Bezug von Elterngeld berechtigt. Sie erfüllt die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 BEEG, weil sie während des hier streitigen Zeitraums vom 15.04.2012 bis 14.02.2013 ihren Wohnsitz in Deutschland hatte (Nr. 1), mit ihrem Kind in einem Haushalt lebte (Nr. 2), dieses Kind selbst betreute und erzog (Nr. 3) und keine volle Erwerbstätigkeit ausübte (Nr. 4).

Für vor dem 01.01.2013 geborene Kinder wie L sind gemäß der Übergangsvorschrift in § 27 Abs 1 Satz 1 BEEG (idF vom 23.10.2013, BGBl I 2246) die Vorschriften des BEEG in der bis 17.09.2012 geltenden Fassung anzuwenden. Die Höhe des Elterngeldes bemisst sich daher für den gesamten Bezugszeitraum nach § 2 BEEG idF vom 23.11.2011 (BGBl I 2298). Die Vorschrift lautet in den hier maßgebenden Absätze wie folgt: (1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist die Summe der positiven im Inland zu versteuernden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 des Einkommensteuergesetzes nach Maßgabe der Absätze 7 bis 9 zu berücksichtigen.

(2) In den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1 000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1 000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. In den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1 200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1 200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.

(3) Für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, das durchschnittlich geringer ist als das nach Absatz 1 berücksichtigte durchschnittlich erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist dabei höchstens der Betrag von 2 700 Euro anzusetzen.

(4)

(5) Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt. 2Dies gilt auch, wenn in dem nach Absatz 1 Satz 1 maßgeblichen Zeitraum vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt worden ist. 3Der Betrag nach Satz 1 wird nicht zusätzlich zu dem Elterngeld nach den Absätzen 1 bis 3 gezahlt.

(6)

(7)

(8) Als Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit ist der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Gewinn zu berücksichtigen. Grundlage der Einkommensermittlung ist der Gewinn, wie er sich aus einer mindestens den Anforderungen des § 4 Abs 3 EStG entsprechenden Berechnung ergibt. Kann der Gewinn danach nicht ermittelt werden, ist von den Einnahmen eine Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 20 Prozent abzuziehen. Als auf den Gewinn entfallende Steuern gilt im Falle einer Steuervorauszahlung der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil der Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Auf Antrag der berechtigten Person ist Absatz 7 Satz 5 und 6 entsprechend anzuwenden.

(9) Ist die dem zu berücksichtigenden Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit zu Grunde liegende Erwerbstätigkeit sowohl während des gesamten für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraums als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums ausgeübt worden, gilt abweichend von Absatz 8 als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus dieser Erwerbstätigkeit der durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn, wie er sich aus dem für den Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt. Dies gilt nicht, wenn im Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 5 und 6 vorgelegen haben. Ist in dem für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraum zusätzlich Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt worden, ist Satz 1 nur anzuwenden, wenn die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 auch für die dem Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit zu Grunde liegende Erwerbstätigkeit erfüllt sind; in diesen Fällen gilt als vor der Geburt durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen nach Absatz 7 das in dem dem Veranlagungszeitraum nach Satz 1 zu Grunde liegenden Gewinnermittlungszeitraum durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit. Als auf den Gewinn entfallende Steuern ist bei Anwendung von Satz 1 der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil der im Steuerbescheid festgesetzten Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer anzusetzen.

Hiervon ausgehend ist die Höhe des Elterngeldes aus einer Differenzberechnung nach § 2 Abs 3 BEEG zu ermitteln. Bei Selbstständigen - wie der Klägerin - ist das zu berücksichtigende Erwerbseinkommen entweder nach Maßgabe des § 2 Abs 8 BEEG oder nach Maßgabe des § 2 Abs 9 BEEG zu ermitteln. Da die aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung geschaffene Sonderregelung des § 2 Abs 9 BEEG (hierzu BSG 03.12.2009, B 10 EG 2/09 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 23 ff) nur Bestimmungen für die Ermittlung des vorgeburtlichen Einkommens enthält, kann das nachgeburtliche Einkommen aus einer elterngeldunschädlichen Erwerbstätigkeit nur nach Maßgabe des § 2 Abs 8 BEEG ermittelt werden (BSG 05.04.2012, B 10 EG 6/11 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 15). Maßgebend ist das Erwerbseinkommen in den einzelnen Lebensmonaten des Kindes. Deshalb ist das regelmäßig nach Kalendermonaten erzielte Einkommen auf die jeweiligen Lebensmonate taggenau umzurechnen. Dafür wird das in den Lebensmonaten mit Erwerbstätigkeit verdiente Einkommen zusammengerechnet und durch die Zahl dieser Lebensmonate geteilt. Eine Jahresbetrachtung des Einkommens und des daraus errechneten Durchschnittgewinns, welcher noch um die Steuerlast zu bereinigen wäre, entspricht nicht der gesetzlichen Konzeption. Es muss konkret das in den Monaten des Elterngeldbezuges erzielte Einkommen gegengerechnet werden (vgl BSG 04.09.2013, B 10 EG 18/12 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 23 RdNr 37; anders für die Ermittlung von Gewinnanteilen bei Beteiligung an einer Personengesellschaft: BSG 21.06.2016, B 10 EG 3/15 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 31). Dabei ist § 2 Abs 3 BEEG dann nicht anwendbar, wenn im Bezugszeitraum nur negative Einkünfte erzielt werden (ausführlich zur einschränkenden Auslegung der Vorschrift: BSG 04.09.2013, B 10 EG 18/12 R, aaO).

In welcher Höhe die Klägerin tatsächlich nach der erforderlichen Durchschnittsberechnung über alle Monate des Bezugszeitraums bezogen auf die einzelnen Lebensmonate von L Gewinn erzielt hat, lässt sich nach den vorliegenden Unterlagen nicht beurteilen. Zwar ergibt sich für das Kalenderjahr 2012 ein Verlust iHv -2.369 EUR, allerdings wurden nach der vorgelegten Gewinnermittlung für 2012 Betriebseinnahmen iHv 18.284,45 EUR erzielt, ohne dass ersichtlich wäre, wann im Einzelnen die Einkünfte zugeflossen sind und auf welche Lebensmonate sie sich verteilen. Ohne dass der Senat vorliegend entscheiden müsste, ob das Gericht überhaupt verpflichtet ist, sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Konglomerat von Unterlagen selbst die zutreffenden herauszusuchen, enthält der von der Klägerin vorgelegte Ordner für den Zeitraum 15.04. bis 31.12.2012 schon ohnehin keine weiteren relevanten Unterlagen. Die vorgelegten Kontoauszüge für 2013 belegten im Bezugszeitraum zwar mehrere Zahlungseingänge am 16.01.2013 wohl im Zusammenhang mit dem Landespresseball iHv insgesamt 1.901,62 EUR; ohne die fehlenden Angaben für 2012 lässt sich jedoch daraus die maßgebliche Höhe der durchschnittlichen Einkünfte im Bezugszeitraum nicht ermitteln. Insoweit kann auch nicht festgestellt werden, ob die Klägerin im Bezugszeitraum insgesamt überhaupt positive Einkünfte erzielt hat und damit die Differenzberechnung nach § 2 Abs 3 BEEG überhaupt Anwendung findet.

Damit sind jedoch die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Elterngeld über den Mindestbetrag gemäß § 2 Abs 5 BEEG von 300 EUR hinaus nicht nachgewiesen. Dies geht zu Lasten der Klägerin, denn es geht vorliegend nicht um die Aufhebung einer bereits bewilligten Leistung, sondern um die endgültige Festsetzung einer bislang nur vorläufig bewilligten Leistung. Zu einer Umkehr der Beweislast (bei einer Aufhebung der Bewilligung müsste die Beklagte den Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen nachweisen) kommt es daher nicht. Die Beklagte musste daher nicht unter Anwendung des § 66 SGB I – welcher die Ausübung von Ermessen erfordert – die Leistung teilweise versagen, sondern sie konnte, wie hier erfolgt, schon wegen fehlenden Nachweises eines höheren Anspruchs Elterngeld in der Mindesthöhe nach § 2 Abs 5 BEEG endgültig festsetzen.

Die Klägerin war verpflichtet, die Höhe ihres Einkommens im Bezugszeitraum des Elterngeldes nachzuweisen. Nach § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen. Ferner hat er nach § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 3 Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Nach § 21 Abs 1 Satz 1 SGB X bedient sich die Behörde der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Die Pflichten nach § 60 SGB I gelten vorbehaltlich abweichender Regelungen iSv § 37 Satz 1 SGB I für alle im Sozialgesetzbuch zusammengefassten Sozialleistungsbereiche, auch für die in § 68 SGB I genannten besonderen Teile, wozu auch der Erste, Zweite und Dritte Abschnitt des BEEG gehören (§ 68 Nr 15 SGB I).

Für die Gewährung der Sozialleistung erheblich iSv § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB I iVm § 8 Abs 3 BEEG sind die Angaben, die zur Ermittlung des Einkommens der Klägerin im Bezugszeitraum erforderlich sind. Zwar obliegen der Beklagten (§ 20 Abs 1 SGB X) und dem Gericht (§ 103 SGG) grundsätzlich Amtsermittlungspflichten, doch finden diese ihre Grenze, wenn nach Ausschöpfen der erreichbaren Erkenntnisquellen ersichtlich ist, dass sich bestehende Zweifel nicht beheben lassen. Lassen sich trotz aller Bemühungen die Voraussetzungen des Sozialleistungsanspruches nicht ermitteln, so geht dies nach den Regeln der materiellen Beweislast zu Lasten des Anspruchstellers (st Rspr BSG 24.05.2006, B 11a AL 7/05 R, BSGE 96, 238 = SozR 4-4200 § 6 Nr 4; BSG 24.11.2010, B 11 AL 35/09 R, juris). Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 103 RdNr 19a mwN). Insbesondere dann, wenn Anspruchsteller wegen nicht ausreichender Mitwirkung und trotz Hinweises die Aufklärung des Sachverhalts verhindern, kann ohne Verstoß gegen das Gebot des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art 19 Abs 4 Grundgesetz eine Entscheidung auf der Grundlage der Verteilung der materiellen Beweislast getroffen werden (vgl BVerfG 01.02.2010, 1 BvR 20/10, juris).

So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat bis zum Abschluss des Verfahrens in der Berufungsinstanz trotz unzähliger Hinweise und Mahnungen über die Dauer von fast vier Jahren nicht vermocht, die maßgeblichen Einkommensnachweise vorzulegen.

Die Pflicht zu Erstattung der zu Unrecht gezahlten 9.186,94 EUR (Differenz zwischen den vorläufig bewilligten und den endgültig festgesetzten Leistungen im Bezugszeitraum) folgt aus § 42 Abs 2 Satz 2 SGB I. Eine diesbezügliche Ermessensausübung durch die Beklagte war nicht erforderlich. Die aufgrund der vorläufigen Bewilligung erfolgten Zahlungen sind auf die mit dem angefochtenen Bescheid endgültig bewilligten Leistungen anzurechnen; zu viel gezahlte Vorschüsse sind zu erstatten (Senatsurteil vom 22.01.2013, aaO, RdNr 28). Zudem ist die Klägerin in dem vorläufigen Bescheid auf die Erstattungspflicht im Falle einer Überzahlung hingewiesen worden (siehe dazu auch BSG 05.04.2012, B 10 EG 10/11 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 14 RdNr 43).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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