Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 KA 2238/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 2440/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11.04.2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 79.613,10 EUR endgültig festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höheres Honorar für das Quartal 3/2010.
Der Kläger ist Facharzt für Nuklearmedizin; er ist mit Vertragsarztsitz in V.-Sch. zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Bescheid vom 22.06.2010 wies die Beklagte dem Kläger für das Quartal 3/2010 ein Regelleistungsvolumen (RLV) von 50.112,00 EUR (RLV-Fallwert: 37,12 EUR) und ein qualifikationsgebundenes Zusatzvolumen (QZV) von 8.013,06 EUR (insgesamt 58.125,06 EUR) zu. Mit Honorarbescheid vom 13.01.2011 setzte die Beklagte das Honorar des Klägers für das Quartal 3/2010 auf 221.037,91 EUR fest (RLV und QZV anerkannt: 58.663,39 EUR ; Fälle: 1.596). Wegen Überschreitung des RLV und des QZV wurden 16.283,17 EUR quotiert vergütet.
Am 16.02.2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Honorarbescheid vom 13.01.2011 (Quartal 3/2010); außerdem stellte er einen Antrag auf Anerkennung eines Härtefalls und auf Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten.
Mit Bescheid vom 11.03.2011 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab; sie erhöhte des RLV-Fallwert des Klägers unter Anerkennung von Praxisbesonderheiten für die Quartale 3/2010 bis 1/2011 um 21,41 EUR. Im Zuge der Umsetzung dieser Anhebung erhielt der Kläger eine Nachvergütung in Höhe von 27.763,88 EUR.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers (soweit ihm nicht abgeholfen worden war) zurück. Sie wies darauf hin, dass der Kläger im Quartale 3/2010 gegenüber dem Vorjahresquartal Honorar- und Fallwert habe steigern können (um 45,06 % bzw. 42,05 %).
Bereits am 14.04.2011 hatte der Kläger gegen den Honorarbescheid vom 13.01.2011 (Quartal 3/2010) Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben.
Zur Begründung seiner Klage machte der Kläger geltend, seinem Begehren könne die Bestandskraft eines RLV-Zuweisungsbescheids für das Quartal 3/2010 nicht entgegen gehalten werden. Der Honorarverteilungsvertrag (HVV), auf dem der angefochtene Honorarbescheid beruhe, und die dem HVV zugrunde liegenden Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses (EBewA) verstießen gegen höherrangiges Recht. So sei etwa die vom EBewA getroffene Feststellung, das Kriterium "Geschlecht" eigne sich nicht zur Abbildung der Morbidität, mit § 87b Abs. 3 Satz 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V - in der bis 22.09.2011 geltenden Fassung) nicht vereinbar; danach sei die Morbidität mit Hilfe der Morbiditätskriterien Alter und Geschlecht zu bestimmen. Das sei auch - etwa im Hinblick auf die längere Lebenserwartung von Frauen oder die Kosten im Zusammenhang mit Schwangerschaften - sachgerecht.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der Honorarbescheid für das Quartal 3/2010 sei rechtmäßig, beruhe insbesondere auf gültigen Rechtsgrundlagen im HVV und den einschlägigen Beschlüssen des EBewA. Davon abgesehen sei der RLV-Zuweisungsbescheid vom 22.06.2010 für das Quartale 3/2010 bestandskräftig geworden.
Mit Urteil vom 11.04.2014 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Das Klagebegehren scheitere schon an der Bestandskraft (Unanfechtbarkeit) des RLV-Zuweisungsbescheids für das Quartale 3/2010. Die angefochtenen Bescheide seien aber auch rechtmäßig. Die ihnen zugrunde liegenden Bestimmungen des HVV seien rechtmäßig; die dem HVV zugrunde liegenden Beschlüsse des EBewA (insbesondere Beschluss vom 27./28.08.2008) seien zwar teilweise rechtswidrig, verletzten Rechte des Klägers aber nicht. Im Einzelnen führte das SG (u.a.) aus:
Die erkennende Kammer schließt sich - nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage - den überzeugenden Ausführungen der 11. Kammer des Sozialgerichts Stuttgart im Urteil vom 24.10.2013 - S 11 KA 6099/11 - an. Um Wiederholungen zu vermeiden wird vollumfänglich auf die Entscheidungsgründe des genannten Urteils betreffend das Quartal I/2009 verwiesen, die auch auf das hier streitgegenständliche Quartal III/2010 weitestgehend Anwendung finden. Insoweit sind die angegriffenen rechtlichen Grundlagen im Kern unverändert geblieben, sodass eine Modifizierung der Entscheidungsgründe - kenntlich gemacht durch Nichteinhaltung des Linkseinzuges - nur im geringen Umfang notwendig geworden ist. Im Einzelnen:
I. Erstmalige Festlegung des Orientierungspunktwertes nach § 87c Absatz 1 SGB V – Teil A der Beschlüsse EBewA 2008
In den §§ 87 ff. SGB V werden die Änderungen des Gesundheitssystems durch die Einführung des sog. Gesundheitsfonds durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) für den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung im SGB V umgesetzt. Abweichend von der bisherigen Systematik ziehen die Krankenkassen ihre Beiträge zwar weiterhin ein, übertragen sie dann jedoch an den Gesundheitsfonds, § 52 SGB V. Die Mittelzuteilung aus dem Gesundheitsfonds an die Krankenkassen erfolgt sodann im Rahmen des Risikostrukturausgleichs, § 266 SGB V, unter Berücksichtigung von Morbiditätsgesichtspunkten. Für den Bereich der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung bestimmen die §§ 87a-c SGB V, welche Summen von der jeweiligen Krankenkasse den Kassenärztlichen Vereinigungen zur Finanzierung der vertragsärztlichen Versorgung nach welchen Kriterien zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen dieses Systems legen die §§ 87 bis 87b SGB V in umfangreicher Form die Ausgestaltung des Honorarverteilungssystems fest. § 87c SGB V enthält davon abweichend bzw. dazu ergänzend spezifische Vorgaben für die Übergangsjahre 2009 und 2010 (SG Marburg, Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, Rn. 83, zitiert nach juris).
1. Ermittlung des Finanzvolumens – Teil A Ziffer 1 der Beschlüsse EBewA 2008 Nach § 87c Absatz 1 Satz 2 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007, BGBl. I 378) ist der Orientierungswert nach § 87 Absatz 2e Satz 1 Nummer 1 für das Jahr 2009 rechnerisch durch die Division des Finanzvolumens durch die Leistungsmenge zu ermitteln. Das Finanzvolumen ist dabei nach § 87c Absatz 1 Satz 2 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) die Summe der bundesweit im Jahr 2008 zu entrichtenden Gesamtvergütungen in Euro, verändert um die Rate, die das Bundesministerium für Gesundheit nach § 71 Absatz 3 SGB V für das Jahr 2009 festlegt.
Der Erweiterte Bewertungsausschuss (EBewA) zieht demgegenüber nach Teil A Ziffer 1.1. der Beschlüsse EBewA 2008 das Jahr 2007 als Aufsatzzeitraum heran (hierzu a.). Dabei ist entsprechend Teil A Ziffer 1.2. des Beschlusses von den nach § 85 Absatz 1 SGB V entrichteten Gesamtvergütungen auszugehen, wobei Vergütungen für bestimmte Leistungen u.a. für regional vereinbarte, nicht im EBM enthaltene Leistungen (Nummer 2), Hautkrebsscreening (Nummer 7), Strahlentherapie (Nummer 9) oder Leistungen der künstlichen Befruchtung (Nummer 11) unberücksichtigt bleiben (hierzu b). Diese Gesamtvergütungen wurden entsprechend Teil A Ziffer 1.3.1 des Beschlusses um den Anstieg der Grundlohnsummen des Jahres 2008 und 2009 erhöht (hierzu c).
a. Jahr 2007 als Aufsatzzeitraum Zwar hat der EBewA in seinem Beschluss 2007 als Aufsatzeitraum herangezogen. Die Kammer sieht hierin jedoch kein beanstandenswertes Verhalten (so auch: SG Marburg, Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, Rn. 93, zitiert nach juris, vgl. auch BSG, Terminbericht Nr. 57/13 zu B 6 KA 4/13 R). Dies geschah lediglich, da es sich bei 2007 um das letzte zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vollständig abgerechnete Leistungsjahr handelte. Die Summe der bundesweit insgesamt für das Jahr 2008 entrichteten Gesamtvergütungen konnte, da das Jahr 2008 zum Zeitpunkt der Beschlussfassung noch nicht beendet war, nicht bekannt sein. Ein Zuwarten bis zur vollständigen Abrechnung des Jahres 2008 wäre nicht möglich gewesen, da andernfalls ein Verstoß gegen § 87c Absatz 1 Satz 1 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) vorgelegen hätte, der einen Beschluss bis zum 31. August 2008 fordert.
b. Abgrenzung der Gesamtvergütung Für die in dem Beschluss des EBewA unter Teil A Ziffer 1.2 vorgenommene "Bereinigung" der Gesamtvergütungen im Sinne von § 85 Absatz 1 SGB V um elf Leistungsbereiche bedurfte es zum einen keiner weiteren Rechtsgrundlage, da diese Leistungsbereiche bereits per Definitionem keine Gesamtvergütung im Sinne des § 85 Absatz 1 SGB V darstellen. Exemplarisch ist auf die unter Nummer 11 aufgeführten Vergütungen für Leistungen der künstlichen Befruchtung abzustellen, da sie außerhalb der Gesamtvergütung vergütet werden und daher bereits denklogisch nicht Bestandteile der Gesamtvergütungen nach § 85 Absatz 1 SGB V sein können. Zum anderen sieht die Kammer keine Anhaltspunkte dafür, dass der EBewA bei der Festlegung seinen Gestaltungsspielraum überschritten hätte, so dass keine Bedenken an der Rechtmäßigkeit bestehen (vgl. auch SG Marburg, Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, Rn. 106, zitiert nach juris).
c. Weiterentwicklung der Gesamtvergütung entsprechend der Steigerung der Grundlohnsummen Zwar sieht die Gesetzesbegründung zu § 87a SGB V (BT.-Drs. 16/100, Rn. 119, dort noch Begründung zu § 85a) vor, dass "um die bisherige Budgetierung durch Anknüpfung der Finanzvolumina der vertragsärztlichen Versorgung an die Grundlohnsumme zu beenden, ( ) die Regelungen über die Vereinbarung von Gesamtvergütungen ( ...) durch die in § 85a Absatz 2 bis 6 getroffenen Regelungen zum 1. Januar 2009 ersetzt" werden. Die Anknüpfung an die Grundlohnsumme soll also durch die Neuregelung gerade abgeschafft werden. Dies hat der EBewA ignoriert, wenn er für 2008 an die Grundlohnsummenentwicklung anknüpft. Jedoch ist bereits fraglich, inwieweit die gesetzgeberischen Vorgaben auch für die Übergangsregelung in § 87c Absatz 1 Satz 2 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) gelten sollen. Andererseits bestand für den EBewA aus Sicht der Kammer keine andere Möglichkeit, um bei der notwendigen Heranziehung von 2007, eine Anpassung für mögliche Steigerungen 2008 und 2009 zu berücksichtigen (vgl. auch SG Marburg, Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, Rn. 93, zitiert nach juris).
2. Ermittlung der Leistungsmenge – Teil A Ziffer 2.ff der Beschlüsse EBewA 2008
a. Abbildung der Leistungsmenge als Punktzahlvolumen § 87c Absatz 1 Satz 4 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) bestimmt, dass die Leistungsmenge als Punktzahlvolumen auf der Grundlage des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs abzubilden ist. Hierzu findet sich im Beschluss nichts erwähnt. Jedoch bestand keine Verpflichtung, das Punktzahlvolumen im Beschluss offen zu legen. Es ist zwar grundsätzlich richtig, dass weitere Kennzahlen betreffend Arztzahlen, Fallzahlen und Leistungsmengen nach § 87c Satz 2 SGB V zu veröffentlichen sind, soweit diese erforderlich sind, um beispielsweise mögliche regionale Honorarunterschiede zu erklären. Hierzu genügt jedoch eine Veröffentlichung im Internet oder im Deutschen Ärzteblatt (vgl. Freudenberg, in: jurisPK-SGB V, § 87c SGB V Rn. 45). Entscheidend ist daher, dass der ermittelte Orientierungspunktwert anhand ergänzender Unterlagen rechnerisch nachvollzogen und anhand der gesetzlichen Vorgaben ermittelt werden kann. Dies ist zur Überzeugung der Kammer der Fall. Eine Offenlegung in den Beschlüssen EBewA 2008 übersteigt insofern das Transparenzgebot.
b. Festlegung der Leistungsmenge nach Inhalt – Teil A Ziffer 2.3 der Beschlüsse EBewA) Soweit die Klägerin vorträgt, in Teil A Ziffer 2.3 des Beschlusses würden zu Unrecht die in Ziffer 1.2 aufgeführten Leistungen bei der Festlegung der Leistungsmenge nicht berücksichtigt, wird auf die Ausführungen zu 1. Buchstabe b. verwiesen.
c. Hochrechnung nach § 87c Absatz 1 Satz 4 SGB V – Teil A Ziffer 3 § 87c Absatz 1 Satz 4, 2. Halbsatz SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) bestimmt, dass sich die Leistungsmenge aus einer Hochrechnung der aktuellen Abrechnungsdaten ergibt. Aus Sicht der Klägerin ist dabei davon auszugehen, dass die Hochrechnung nicht durchgeführt wurde, da sie sich in den Beschlüssen EBewA 2008 nicht findet. Stattdessen sei sie anhand der Quartale 2007 festgelegt und dann um 9,75 erhöht worden. Aus Sicht der Kammer wurde der Wert von 9,7 in Teil A Ziffer 3 des Beschlusses jedoch nicht willkürlich ohne Hochrechnung festgelegt, wie sich schon aus dem Wortlaut "der ermittelte Zuwachs" ergibt. Nach den Ausführungen der Beklagten und des SG Marburg wurde hierzu ein Vergleich der Punktzahl je Behandlungsfall in den Quartalen 1/07 und 1/08 vorgenommen. Dabei wurde ein Zuwachs von 9,7 % ermittelt. Die Kammer hält dieses Vorgehen – in Übereinstimmung mit dem SG Marburg (SG Marburg, Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, Rn. 95f, zitiert nach juris) – für nicht zu beanstanden, da sich auch retrospektiv kein Anpassungsbedarf für die EBM-Quote ergeben hat und eine andere Vorgehensweise angesichts des Zeitpunktes der Beschlussfassung nicht erkennbar ist.
3. Fehlende Ausweisung des Finanzvolumens und der Leistungsmenge Soweit die Klägerin vorträgt, dass weder das heranzuziehende Finanzvolumen noch die Leistungsmenge in den Beschlüssen EBewA 2008 ausgewiesen sind, geht die Kammer davon aus, dass die Klägerin hierbei die Anforderungen an das Transparenzerfordernis überspannt. Es ist entscheidend, dass Finanzvolumen und Leistungsmenge anhand ergänzender Unterlagen rechnerisch nachvollzogen werden können (s.o.). Im Übrigen ist der vom EBewA ermittelte Orientierungspunktwert von 3,5001 nicht zu beanstanden (SG Marburg, Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, Rn. 117, zitiert nach juris).
Nur ergänzend ist deshalb noch darauf hinzuweisen, dass die vom Kläger vorgebrachte Argumentation in Bezug auf Teil A der Beschlüsse EBewA 2008 für das hier allein streitgegenständliche Quartal III/2010 nur noch "bedingt" von Relevanz gewesen ist.
II. Berechnung des Behandlungsbedarfs für die Vereinbarung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung – Teil B des Beschlusses
Nach § 87c Absatz 4 Satz 2 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) wird der Behandlungsbedarf bestimmt, indem für jede Krankenkasse die im Jahr 2008 voraussichtlich erbrachte Leistungsmenge je Versichertem angepasst wird um die vom Bewertungsausschuss unter Berücksichtigung der Kriterien gemäß § 87a Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 4 zu schätzende bundesdurchschnittliche Veränderungsrate der morbiditätsbedingten Leistungsmenge je Versicherten des Jahres 2009 und multipliziert wird mit der voraussichtlichen Zahl der Versicherten. Gemäß § 87c Absatz 4 Satz 3 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) ergibt sich die erbrachte Menge der Leistungen sich aus der Hochrechnung der den Vertragsparteien vorliegenden aktuellen Daten über die Menge der Leistungen, die mindestens vier Kalendervierteljahre umfassen, jeweils nach sachlich-rechnerischer Richtigstellung und Anwendung honorarwirksamer Begrenzungsregelungen.
1. Aufsatzzeitraum Quartale I-IV/2007 Aus Sicht der Klägerin hätte als Aufsatzzeitraum nicht die Quartale I-IV/2007 gewählt werden dürfen, vielmehr hätten die Quartale III/2007-II/2008 herangezogen werden müssen, da es sich nur dabei um die in § 87c Absatz 4 Satz 3 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) geforderten aktuellen Daten gehandelt habe. Die Kammer sieht jedoch den Gestaltungspielraum des EBewA nicht überschritten, wenn dieser die Quartale I-IV/2007 als Aufsatzzeitraum wählt, da so zumindest sichergestellt ist, dass die sachlich-rechnerischer Richtigstellung und die Anwendung honorarwirksamer Begrenzungsregelungen erfolgt ist, ergänzend wird auf die Ausführungen zu I.1.a.aa. Bezug genommen.
Hilfsweise ist wiederum anzumerken, dass eine rechtliche Betroffenheit des Klägers durch Teil B des Beschlusses EBewA 2008 für das Jahr 2010 nicht erkennbar ist.
2. Ermittlung der Veränderungsrate – Beachtung der Vorgaben des § 87a Absatz 4 SGB V Nach § 87c Absatz 4 Satz 2 SGB V hat der Bewertungsausschuss bei der Ermittlung des Behandlungsbedarfs die bundesdurchschnittliche Veränderungsrate der morbiditätsbedingten Leistungsmenge zu schätzen und dabei die Kriterien gemäß § 87a Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 4 SGB V zu berücksichtigen. § 87a Absatz 4 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007, BGBl. I 378) legt folgende Kriterien fest: 1. der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten, 2. Art und Umfang der ärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs der Krankenkassen oder auf Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 135 Absatz 1 beruhen, 3. des Umfangs der vertragsärztlichen Leistungen auf Grund von Verlagerungen von Leistungen zwischen dem stationären und dem ambulanten Sektor und 4. des Umfangs der vertragsärztlichen Leistungen auf Grund der Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven bei der vertragsärztlichen Leistungserbringung. Der Klägerin ist insoweit zuzugeben als sich in Teil B des Beschlusses vom 27./28. August 2008 keine Angaben finden, inwieweit die Kriterien des § 87a Absatz 4 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) beachtet wurden. Jedoch kommt dem EBewA in diesem Zusammenhang ein sehr weiter Gestaltungsspielraum zu, das Gesetz geht davon aus, dass die bundesdurchschnittliche Veränderungsrate vom Bewertungsausschuss zu schätzen sei. Dafür, dass dieser weite Gestaltungsspielraum überschritten wurde, konnte die Kammer keine Anhaltspunkte finden (so wohl auch BSG, Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 21/11 R, Rn. 39, zitiert nach juris), zumal aus Sicht der Kammer allein das Fehlen einer Begründung nicht zwingend auf eine fehlende Berücksichtigung schließen lässt.
3. Unterschiedliche Honorarverteilungsquote für Ost- und Westdeutschland Die Klägerin trägt zu Recht vor, dass sich in Teil B der Beschlüsse EBewA 2008 entgegen den gesetzlichen Vorgaben in § 87c Absatz 4 SGB V (in der Fassung vom 26. März) – "bundeseinheitlich" – in den Beschlüsse EBewA 2008 in Teil B Ziffer 1.2 für Ost- und Westdeutschland unterschiedliche Honorarverteilungsquoten finden. Der EBewA hat jedoch mit der Festlegung der Quoten seinen ihm damit eingeräumten Gestaltungsspielraum nicht überschritten (BSG, Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 21/11 R, Rn. 40f., zitiert nach juris). Nach der Rechtsprechung des BSG ist das Maß der Gestaltungsfreiheit des BewA und damit auch des EBewA nach der Wesensart der Ermächtigungsvorschrift und der ihr zugrundeliegenden Zielsetzung zu bestimmen (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 21). Da die Quote als Berechnungsfaktor für die Bestimmung des Behandlungsbedarfs dient, ist sie Teil des vom BewA vorzugebenden Verfahrens. Die Festsetzung regional unterschiedlicher Honorarverteilungsquoten war bereits logische Folge aus der gesetzlich vorgegebenen Berücksichtigung der in den einzelnen KÄV-Bezirken geltenden unterschiedlichen honorarbegrenzenden Regelungen (BSG, Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 21/11 R, Rn. 40, zitiert nach juris). Sie entsprachen dem allgemeinen Auftrag des BewA zur sinnvollen Steuerung des Leistungsgeschehens durch Festlegung des Verfahrens zur Berechnung des Behandlungsbedarfs. Ihm kam insofern die Funktion zu, eine bestimmte bundeseinheitliche Struktur vorzugeben. In diesem Rahmen bedurfte es komplexer Bewertungen, deren Richtigkeit nicht in jeder Einzelheit mathematisch nachvollziehbar sein muss (BSG, Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 21/11 R, Rn. 40, zitiert nach juris, unter Verweis auf: BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 19). Das BSG führt in seinem Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 21/11 R, Rn. 41, zitiert nach juris, weiter aus: "Die unterschiedlichen Honorarverteilungsquoten dienen der Verhinderung zu starker Honorarverwerfungen zwischen den einzelnen KÄVen. Hintergrund hierfür waren die Unterschiede in den Punktwerten einerseits und den Honorarbegrenzungsmechanismen in den einzelnen KÄVen andererseits. Dementsprechend waren die KÄVen von dem festgesetzten Orientierungswert und der Berücksichtigung ausschließlich der sachlich-rechnerisch anerkannten Leistungsmenge unter Anwendung honorarwirksamer Begrenzungsregelungen in unterschiedlichem Maße betroffen. Für KÄVen, die hohe Punktwerte durch eine strikte Mengenbegrenzung erzielt hatten, hatte die Neuregelung eine Absenkung des Punktwertes auf 3,5001 Cent bei gleichzeitiger Festschreibung der Leistungsmenge zur Folge. Um Auswirkungen einer doppelten negativen Betroffenheit zu mildern, wurde in den alten Bundesländern ein Anpassungsverfahren durchgeführt, mit dem die Vergütungen in den KÄVen angeglichen wurden. Dazu wurde die Vergütung in KÄVen mit unterdurchschnittlichem Wert um 15 % der Differenz zwischen der KÄV-spezifischen und der bundesdurchschnittlichen Vergütung je Versichertem angehoben, in KÄVen mit überdurchschnittlicher Vergütung je Versichertem die Vergütung um 8,2 % der Differenz der KÄV-spezifischen zur bundesdurchschnittlichen Vergütung je Versichertem abgesenkt." Die Kammer schließt sich diesen überzeugenden Ausführungen des BSG an.
4. Nichteinbeziehung der Leistungen nach Teil A Ziffer 1.2 und der Substitutionsbehandlung in Teil B Ziffer 1.3 Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass die Leistungen nach Ziffer 1.2 des Teils A nicht in die Leistungsmenge zur Ermittlung des Behandlungsbedarfs einbezogen wird, wird auf die Ausführungen zu I 1. Buchstabe b. verwiesen, da die Nichteinbeziehung in Teil B aus der Nichteinbeziehung in Teil A folgt.
5. Veränderungsrate in Teil B Ziffer 4 der Beschlüsse EBewA 2008 Soweit die Klägerin vorträgt, aus den Beschlüssen EBewA 2008 sei nicht ersichtlich, wie die Veränderungsrate in Teil B Ziffer 4 zustande gekommen sei, erachtet die Kammer die klägerischen Anforderungen an das Transparenzgebot als übersteigert (s.o.). Darüber hinaus sieht § 87a Absatz 4 Satz 2 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) vor, dass die Veränderungsrate zu schätzen ist.
III. Indikatoren zur Messung regionaler Besonderheiten – Teil C des Beschlusses
§ 87 Absatz 2f SGB V (in der Fassung vom 28. Mai 2008) bestimmt, dass der für ärztliche Leistungen zuständige Bewertungsausschuss jährlich bis zum 31. August Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur nach § 87a Absatz 2 Satz 2 festlegt, auf deren Grundlage in den regionalen Punktwertvereinbarungen von den Orientierungswerten nach Absatz 2e Satz 1 abgewichen werden kann. Der Bewertungsausschuss kann die zur Festlegung der Indikatoren erforderlichen Datenerhebungen und -auswertungen gemäß Absatz 3f Satz 3 durchführen; soweit möglich hat er bei der Festlegung der Indikatoren amtliche Indikatoren zugrunde zu legen. Als Indikatoren für das Vorliegen von regionalen Besonderheiten bei der Versorgungsstruktur dienen insbesondere Indikatoren, die Abweichungen der regionalen Fallzahlentwicklung von der bundesdurchschnittlichen Fallzahlentwicklung messen. Als Indikatoren für das Vorliegen von regionalen Besonderheiten bei der Kostenstruktur dienen insbesondere Indikatoren, die Abweichungen der für die Arztpraxen maßgeblichen regionalen Investitions- und Betriebskosten von den entsprechenden bundesdurchschnittlichen Kosten messen.
1. Vorgabe von Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur Die Klägerin trägt zu Recht vor, dass der Bewertungsausschuss keine Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur vorgegeben hat. Ebenfalls zutreffend merkt sie an, das das Gesetz zum damaligen Zeitpunkt keine Möglichkeit für den Bewertungsausschuss enthielt, von den Vorgaben abzuweichen. Im Gegenteil war in § 87 Absatz 2f Satz 2 1. Halbsatz SGB V vorgegeben, wie der Bewertungsausschuss die Datenerhebungen und -auswertungen vorzunehmen hatte. Das Gericht hält – ebenso wie die Beklagte – die Ausführungen der Klägerin in diesem Zusammenhang für zutreffend. Zwar wurde § 87 Absatz 2f SGB V durch das Gesetz vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I 2983) m.W.v 1. Januar 2012 zur Stärkung der regionalen Kompetenzen der Vereinbarungen zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen aufgehoben. Jedoch bestand der Auftrag zur Festlegung der Indikatoren zum Zeitpunkt der Beschlussfassung und auch im streitgegenständlichen Quartal I/2009.
Das SG Marburg schreibt in seinem aus Sicht der Kammer überzeugenden Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, Rn. 159, zitiert nach juris: "Der EBewA stellt lapidar fest, dass nach sorgfältiger Prüfung der Datengrundlagen und deren Eignung keine Indikatoren zur Messung der regionalen Wirtschaftskraft für das Jahr 2009 anzuwenden seien. Dies gelte auch für Indikatoren zur Versorgungs- und Kostenstruktur. Auch hier seien regionale Besonderheiten nicht feststellbar. Diese Einschätzung des BewA haben die Beigeladene zu 1) und 2) im schriftlichen Klageverfahren sowie auch im Termin zur mündlichen Verhandlung wiederholt und darauf hingewiesen, dass sich Unterschiede in der Wirtschaftskraft bzw. Versorgungs- und Kostenstruktur allenfalls regional jedoch nicht zwischen einzelnen Bundesländern ermitteln ließen. Diese Einschätzung hält das Gericht einerseits für unzutreffend, da allgemein bekannt ist, dass die Bundesländer im Hinblick auf ihre Wirtschaftskraft über sehr unterschiedliche Voraussetzungen verfügen. Zudem hält es das Gericht für fernliegend, dass die statistischen Ämter des Bundes und der Länder keinerlei Indikatoren liefern können, die die Kosten- und Versorgungsstruktur zwischen den Ländern analysierbar machen, auch wenn dem BewA zuzugeben sein mag, dass die Unterschiede zwischen ländlichen und städtischen Regionen innerhalb eines Landes ggf. mehr Signifikanz haben. Die gänzliche Nichtberücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben hält das Gericht vor diesem Hintergrund für schlechterdings unvertretbar."
Weiter führt das SG Marburg in Rn. 161 aus: "Zudem hat der Gesetzgeber in den o. g. Vorschriften ein sehr detailgenaues System zur Feststellung dieser regionalen Besonderheiten erarbeitet und bereits in der Gesetzesbegründung formuliert, dass er davon ausgehe, dass die amtlichen Indikatoren die relevanten unter den Ländern bestehenden Niveauunterschiede bei den Praxiskosten hilfsweise abbilden könnten (Bundestagsdrucksache 16/3100 Seite 129). Wenn der Bewertungsausschuss vor diesem Hintergrund lapidar feststellt, es gäbe diese vom Gesetzgeber vorgesehenen Besonderheiten nicht, so ersetzt er eine gesetzgeberische Wertentscheidung und setzt sich selber an die Stelle des demokratischen Normgebers. Damit überschreitet er seine im Rahmen der Normdelegation übertragene Normsetzungskompetenz. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich keinen Spielraum für den Bewertungsausschuss im Hinblick auf das "Ob" der Bestimmung von Indikatoren für die Messung regionaler Besonderheiten vorgesehen."
Jedoch führt die Rechtswidrigkeit des Beschlusses in diesem Punkt nicht unmittelbar zu einer Verletzung der Klägerin in ihren Rechten, da die Indikatoren für die regionalen Besonderheiten ausschließlich im Rahmen der Bildung der Euro-Gebührenwerte eine Rolle spielen und es im Ermessen der Gesamtvertragsparteien liegt, zu entscheiden, ob nach den vom Bewertungsausschuss vorgegebenen Kriterien eine Anpassung der Euro-Gebührenwerte vorgenommen wird. Insoweit bestehen zwei unterschiedliche Rechtskreise auch weiterhin fort (SG Marburg, Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, Rn. 162, zitiert nach juris). Im Rahmen der Vorschriften über regionale Besonderheiten ist die gesetzliche Konstruktion – anders als im Bereich der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung – so ausgelegt, dass ein Umsetzungsakt auf Landesebene weiterhin notwendig bleibt, um dem gesetzlichen Auftrag Rechnung zu tragen. Vor diesem Hintergrund ist eine hypothetische Rechtsverletzung der Klägerin nur unter der Prämisse gegeben, dass in Baden-Württemberg tatsächlich von der Verhandlungsmöglichkeit zwischen den Parteien der Gesamtverträge Gebrauch gemacht worden wäre und dies zu Gunsten der Klägerin. Je nach Indikator wäre auch ein Abschlag auf die Gebührenwerte durchaus denkbar gewesen. Im Rahmen der Berücksichtigung der Euro-Gebührenordnung bei der individuellen Arztabrechnung ist zudem eine Benachteiligung der Klägerin nur denklogisch möglich, wenn diese ihr Regelleitungsvolumen nicht ausgeschöpft hätte und dementsprechend von höheren Euro-Gebührenwerten im Rahmen der Abrechnung im Quartal 1/2009 auch profitiert hätte. Dies ist jedoch vorliegend gerade nicht der Fall. Vielmehr hat die Klägerin das ihr zugewiesene RLV ausweislich des Honorarbescheides für das Quartal 1/2009 überschritten. Eine rechtliche Betroffenheit der Klägerin durch die fehlende Umsetzung der Vorgaben nach § 87 Absatz 2f SGB V durch den Bewertungsausschuss ist damit ausgeschlossen. Darüber hinaus ergibt sich auch aus der Entscheidung des Urteil des BSG vom 27. Juni 2012 dass eine unmittelbare Betroffenheit der Klägerin nicht vorliegt. Das BSG führt aus: "Damit wird zum Einen verdeutlicht, dass die Entscheidung über eine Abweichung vom Orientierungswert Gegenstand der regionalen Vereinbarungen und damit Aufgabe der regionalen Vertragspartner ist und dies nicht auf Bundesebene vorgegeben wird. Zum anderen wird damit klargestellt, dass die Indikatoren lediglich die "Grundlage" für die Vereinbarung von Zuschlägen auf regionaler Ebene darstellen." (BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 – B 6 KA 28/11 R, Rn. 71 zitiert nach juris).
2. Hilfsweise Ermittlung der Indikatoren mit Hilfe amtlicher Indikatoren
Auch hier ist der Klägerin insoweit zuzustimmen, als der Bewertungsausschuss, wenn es ihm bis 31. August 2008 nicht möglich war, die erforderlichen Daten zu erheben, die Möglichkeit gehabt hätte gemäß § 87c Absatz 2 SGB V, die Indikatoren mit Hilfe amtlicher Indikatoren zu ermitteln, die Abweichungen der Wirtschaftskraft eines Bundeslandes von der bundesdurchschnittlichen Wirtschaftskraft messen. Auch dies hat der Bewertungsausschuss nicht umgesetzt. Auch hier vermag die Kammer jedoch aus den o.g. Gründen keine rechtliche Betroffenheit der Klägerin zu erkennen.
IV. Berechnung und Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina nach § 87b Absatz 2 und 3 SGB V – Teil F des Beschlusses
Nach § 87b Absatz 2 (in der Fassung vom 26. März 2007) sind zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina festzulegen. Ein Regelleistungsvolumen nach Satz 1 ist die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Absatz 2 enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten ist. Abweichend von Absatz 1 Satz 1 ist die das Regelleistungsvolumen überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen zu vergüten; bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten kann hiervon abgewichen werden. ( ) Für den Fall, dass es im Zeitablauf wegen eines unvorhersehbaren Anstiegs der Morbidität gemäß § 87a Absatz 3 Satz 4 zu Nachzahlungen der Krankenkassen kommt, sind die Regelleistungsvolumina spätestens im folgenden Abrechnungszeitraum entsprechend anzupassen. Antragspflichtige psychotherapeutische Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für Psychosomatik und Psychotherapie sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte sind außerhalb der Regelleistungsvolumina zu vergüten. Weitere vertragsärztliche Leistungen können außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden, wenn sie besonders gefördert werden sollen oder soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist.
§ 87b Absatz 3 Satz 1 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) bestimmt, dass die Werte für die Regelleistungsvolumina nach Absatz 2 morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen sind. Nach Satz 4 ist die Morbidität nach Satz 1 mit Hilfe der Morbiditätskriterien Alter und Geschlecht zu bestimmen.
1. Nichtberücksichtigung des Morbiditätsgesichtspunktes "Geschlecht"
Die Klägerin trägt vor, dass der Morbiditätsgesichtspunkt Geschlecht nicht berücksichtigt wurde. Es sei nicht ersichtlich, wie der EBewA in Teil F Ziffer 3.2.2 zu Ergebnis komme, dass sich das Kriterium Geschlecht nicht zur Abbildung der Morbidität eigne. Die Kammer geht jedoch davon aus, dass der EBewA aufgrund der genauen Analyse des Datenmaterials festgestellt hat, dass sich das Kriterium Geschlecht nicht zur Abbildung der Morbidität eignet, da das abgerechnete Volumen durch dieses Kriterium nicht signifikant beeinflusst wird. Die Kammer hält es für nachvollziehbar und hinreichend plausibel, dass eine Analyse des Datenmaterials genau dieses Ergebnis ergeben hat. Insofern mag der Einheitliche Bewertungsausschuss keine Möglichkeit gehabt haben, die gesetzliche Grundlage in vernünftiger Weise umzusetzen (Vgl. auch SG Marburg, Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, Rn. 166, zitiert nach juris).
Darüber hinaus hat die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen, inwieweit sie durch die Nichtberücksichtigung des Kriterium Geschlecht beschwert ist.
2. Vorgabe des § 87b Absatz 2 Satz 5 SGB V – Anpassung der RLV bei morbiditätsbedingtem Anstieg spätestens im nächsten Quartal
Soweit die Klägerin vorträgt, dass die Vorgabe des § 87b Absatz 2 Satz 5 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) nicht umgesetzt wurde, die vorsieht, dass bei einem morbiditätsbedingten Anstieg die Regelleistungsvolumina spätestens im nächsten Quartal anzupassen sind, sieht die Kammer nicht, inwiefern dies im Beschluss erfolgen muss, da die Vorgabe zwingend im Gesetz verankert ist und keiner Umsetzung bedarf. Darüber hinaus sieht Teil F Ziffer 3.3 des Beschlusses vor, dass Nachzahlungen von Krankenkassen auf das im Beschlussteil E festgelegte Verfahren zur Bestimmung des Umfangs des nicht vorgesehenen Anstiegs des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs nach § 87a Absatz 3 Satz 4 SGB V zu Nachzahlungen im Rahmen der Honorarbescheidung der Abrechnungsquartale nach den angeforderten Leistungen führen.
3. Fehlende Festlegung der RLV nach Versorgungsgraden
Soweit die Klägerin geltend macht, dass die gesetzlichen Vorgaben § 87c Absatz 3 Satz 2 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007), wonach die Werte für die RLV nach Versorgungsgraden (Über- Unter- Normalversorgung) festgelegt (§ 87b Absatz 3 Satz 1 1. Halbsatz) werden, auch für die Quartale ab I/2010 nicht umgesetzt wurden, kann dies hier dahinstehen, da wiederum eine rechtliche Betroffenheit des Klägers nicht dargelegt ist.
4. Ausnahmen Ziffer 2 und 3 der Anlage 1 zum Beschluss Teil F
Ziffer 2 der Anlage 1 zum Beschluss Teil F sieht vor, dass die Partner der Gesamtverträge Modifikationen (z.B. Differenzierungen oder Zusammenfassungen) von relevanten Arztgruppen vereinbaren können. Ziffer 3 der Anlage 1 zu den Beschlüssen EBewA 2008 Teil F sieht vor, dass Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt durch die Kassenärztlichen Vereinigungen entsprechenden Arztgruppen zugeordnet werden können.
Zwar hält die Klägerin dies für rechtswidrig, da der Gesetzgeber dem Bewertungsausschuss keine entsprechende Befugnis eingeräumt hat, jedoch wurde nicht substantiiert dargetan, inwieweit die Klägerin durch die Regelungen beschwert ist.
5. Verfahren der Vorwegabzüge in Ziffer 2f der Anlage 2 zum Beschluss Teil F
Die Beschlüsse EBewA 2008 sehen in Ziffer 2f der Anlage 2 zum Beschluss Teil F vor, dass sich die Partner der Gesamtverträge über das Verfahren der Vorwegabzüge einigen. Auch hier wurde eine Beschwer der Klägerin durch diese Verfahrensregeln nicht dargetan. Darüber vermag die Kammer eine Überschreitung des Gestaltungsspielraums nicht zu erkennen.
V. Weitere Fehler des Bewertungsausschusses – Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina – Rückwirkung
Nach § 87b Absatz 4 Satz 1 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) bestimmt der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Absätzen 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der erforderlichen Daten. Die Klägerin sieht diese Vorgaben verletzt, da zumindest hinsichtlich der Bereinigung von Sonderverträgen die Beschlüsse erst am 22. Januar 2009 getroffen wurden, mit Rückwirkung zum 1. Januar. Gleiches gelte für die Regelungen zur Umsetzung und Weiterentwicklung zur Anpassung der Regelleistungsvolumina im Beschluss vom 15. Januar 2009.
Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt jedoch eine unzulässige Rückwirkung nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt eine echte Rückwirkung dann vor, wenn eine Norm nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte eingreifen. Um eine unechte Rückwirkung handelt es sich dann, wenn eine Rechtsnorm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt, indem sie Rechtspositionen nachträglich entwertet (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 28. November 1984 – 1 BvR 1157/82, Rn. 43, zitiert nach juris). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts liegt regelmäßig ein Fall unechter Rückwirkung vor, wenn die Honorarabrechnung des streitbefangenen Quartals noch nicht erfolgt war. Ein konkreter Honoraranspruch, und damit ein bereits abgeschlossener Sachverhalt, entsteht unter der Geltung begrenzter Gesamtvergütungen regelmäßig erst nach Prüfung sämtlicher von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen und der darauf basierenden Rechnung der möglichen Verteilungspunktwerte. Erst dadurch konkretisiert sich der bis dahin nur allgemeine Anspruch auf Honorarteilhabe zu einem der Höhe nach individualisierten Honoraranspruch. Bis dahin kann der Vertragsarzt lediglich nur von einer ungefähren Höhe des zu erwartenden Honorars ausgehen (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 29. November 2006 – B 6 KA 42/05 R, Rn. 18 zitiert nach juris). Im Zeitpunkt der Beschlüsse des Bewertungsausschusses war weder das streitbefangene Quartal 1/2009 abgelaufen noch die Honorarabrechnung für dieses erstellt. Zudem wurde ausdrücklich auf die Vorläufigkeit der Honorarverteilung hingewiesen. Darüber hinaus handelt es sich weder bei der Bereinigung noch bei der Konvergenzregelung um eine Maßnahme, die steuernd auf die Leistungserbringung, auf das Leistungsverhalten des Arztes, einwirken soll. Vielmehr sollen mit der Bereinigung Doppelfinanzierungen vermieden und mit der Konvergenzregelung überproportionale Honorarverluste verhindert werden und damit die flächendeckende Versorgung mit vertragsärztlichen Leistungen sichergestellt werden. Von einer echten Rückwirkung kann deshalb nicht ausgegangen werden.
Letztlich kann jedoch dahingestellt bleiben, ob den Regelungen eine echte oder unechte Rückwirkung zukommt. Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 – 1 BvF 1/94, Rn. 94, zitiert nach juris). Das Verbot einer echten Rückwirkung kann durchbrochen werden, wenn zwingende Gründe des Gemeinwohls oder ein nicht oder nicht mehr vorhandenes schützenswertes Vertrauen des einzelnen eine Durchbrechung gestatten (BVerfG, Beschluss vom 3. Dezember 1997 – 2 BvR 882/97, Rn. 40). Dies ist u. a. dann der Fall, wenn der Betroffene zum Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge bezogen wird, mit der Regelung rechnen musste, etwa weil die bisher herrschende Rechtsüberzeugung Gesetz wurde, wenn das geltende Recht unklar und verworren ist oder eine Änderung der Rechtsprechung durch den Gesetzgeber korrigiert wird, sich eine Rechtsnorm im Nachhinein als ungültig erweist und durch eine rechtlich einwandfreie Norm ersetzt wird oder wenn es sich um eine Bagatelle handelt. Ebenso können zwingende Belange des Gemeinwohls echte Rückwirkung rechtfertigen (BVerfG, Beschluss vom 3. Dezember 1997 – 2 BvR 882/97).
Die Klägerin konnte nicht auf den Bestand der Regelungen vertrauen, sondern musste vielmehr mit einer Regelung rechnen. Bereits im Rundschreiben vom Dezember 2008 wurde sowohl auf die Bereinigungsproblematik als auch auf eine Konvergenzregelung hingewiesen. Zudem wurde in § 15 HVV hinsichtlich der Bereinigung der Regelleistungsvolumina auf die Beschlüsse des (erweiterten) Bewertungsausschusses verwiesen. Die RLV-Zuweisungsbescheide waren mit entsprechenden Vorbehalten versehen. Die Klägerin musste somit mit den entsprechenden Regelungen rechnen. Darüber hinaus dienen sowohl die Bereinigung als auch die Konvergenzregelung Belangen des Gemeinwohls. Mit ihnen sollen Doppelfinanzierungen und überproportionale Honorarverluste vermieden und somit die flächendeckende Versorgung mit vertragsärztlichen Leistungen sichergestellt werden. Die Sicherung einer angemessenen Versorgung der großen Mehrzahl der Bürger im Krankheitsfall stellt einen Gemeinwohlbelang von überragender Wichtigkeit dar. Soll die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung mit Hilfe eines Sozialversicherungssystems erreicht werden, stellt auch dessen Finanzierbarkeit einen wichtigen Gemeinwohlbelang dar (vgl. z. B. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. März 2006 – L 5 KA 796/03 m. w. N.). Selbst wenn man also eine echte Rückwirkung annehmen würde, wäre eine solche zulässig.
Im Übrigen ist auch eine Beschwer des Klägers nicht dargetan, da weder das Quartal I/2009 streitbefangen ist noch im streitgegenständlichen Quartal III/2010 eine Konvergenzregelung existierte.
B. Fehler in der ab 1. Januar 2009 geltenden Honorarverteilungsvereinbarung (HVV 2009) der KV Baden-Württemberg mit den (Landesverbänden der) Krankenkassen
I. Fehlerhafte Umsetzung der Vorgaben des Gesetzgebers
1. Vereinbarung der Punktwerte nach dem 15. November 2008
Nach § 87c Absatz 2 Satz 1 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) vereinbaren die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich auf der Grundlage der Orientierungswerte gemäß § 87 Absatz 2e Satz 1 Nummer 1 bis 3 jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres Punktwerte, die zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen im Folgejahr anzuwenden sind. Für das Jahr 2009 sieht § 87c Absatz 3 Satz 2 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) vor, dass eine Vereinbarung bis zum 15. November 2008 erfolgen kann.
Der HVV 2009 lässt sich – insoweit ist der Klägerin zuzustimmen – ein Vergütungspunktwert nicht entnehmen. Ob hierin jedoch ein Verstoß gegen § 87c Absatz 2 Satz 1 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) liegt, ist fraglich. Das Gesetz sieht nicht vor, dass die Punktwerte mitgeteilt werden. Vielmehr ist nach § 87a Absatz 2 Satz 6 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) aus den vereinbarten Punktwerten und dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen eine regionale Gebührenordnung mit Europreisen zu erstellen. Insoweit ist in § 3 Ziffer 1 HVV 2009 geregelt, dass die Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen grundsätzlich auf der Basis der gemäß § 87a Absatz 2 Satz 6 SGB V zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen baden-württembergischen Euro-Gebührenordnung erfolgt. Die Regelung in § 3 Absatz 1 HVV 2009 dürfte ausreichend sein, nach der die Vergütung grundsätzlich auf der Basis der gemäß § 87a Absatz 2 Satz 6 SGB V zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen baden-württembergischen Euro-Gebührenordnung erfolgt. Über diese regionale Euro-Gebührenordnung – wie über die gesamte HVV 2009 – wurden die Vertragsärzte bereits mit Dezemberrundschreiben 2008 informiert, gleichzeitig wurde die entsprechende Austauschlieferung des Kommentars Wezel-Liebold, die allen Vertragsärzten zur Verfügung gestellt wurde, für die nächsten Tage angekündigt. Des Weiteren hat die Beklagte mit diesem Rundschreiben auch über die vertraglich vereinbarten Leistungen außerhalb des EBM (Sonderverträge) informiert. Damit war den Vertragsärzten unmissverständlich klar, zu welchen Preisen die ab 1. Januar 2009 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen vergütet werden.
Letztlich kommt es jedoch auch die Beurteilung dieser Frage nicht an, da die Klägerin eine Beschwer durch die (fehlende oder verspätete) Regelung nicht vorgetragen hat.
2. Rechtzeitige Vereinbarung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen + 3. Anpassungen bei nicht vorhersehbarem Anstieg der morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs
Die Klägerin rügt vorsorglich, dass die morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen entsprechend § 87a Absatz 3 Satz 1 i. V. m. § 87c Absatz 4 Satz 1 SGB V nicht rechtzeitig bis zum 15. November 2008 vereinbart worden sei, da sich den der Klägerin vorliegenden Unterlagen dies nicht entnehmen lasse.
Auch hier ist jedoch eine konkrete Beschwer des Klägers weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich. Der Kläger übersieht, dass vorliegend das Quartal III/2010 streitgegenständlich ist. Weitere Ausführungen erübrigen sich deshalb. Unabhängig davon verkennt der Kläger, dass § 9 HVV 2009 den unvorhersehbaren Anstieg der Morbidität gemäß § 87a Absatz 3 Satz 4 SGB V und § 87b Absatz 2 Satz 5 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) bereits ab dem Quartal I/2009, regelt. § 9 HVV 2009 nimmt auf Teil E und F der Beschlüsse EBewA 2008 Bezug. In Teil E dieser Beschlüsse hat der EBewA das Verfahren zur Bestimmung des Umfangs des nicht vorhersehbaren Anstiegs des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs nach § 87a Absatz 3 Satz 4 geregelt. In Teil F Ziffer 3.3 ist geregelt, dass Nachzahlungen von Krankenkassen auf Grund des im Beschluss Teil E festgelegten Verfahrens zu Nachzahlungen im Rahmen der Honorarbescheidung der Abrechnungsquartale nach den angeforderten Leistungen führen. Diese Regelung findet sich nahezu wortgleich in § 9 HVV 2009. Den gesetzlichen Vorgaben wurde damit Rechnung getragen.
II. Umsetzung in der HVV 2009 entsprechend den Vorgaben des Bewertungsausschusses
1. Ausnahmen bezüglich der RLV-relevanten Arztgruppen ohne gesetzliche Grundlage und Differenzierung nach Qualitätsmerkmalen (Ziffer 2 der Anlage 1 zu Teil B HVV 2009)
Soweit der Kläger seine Argumentation darauf stützt, die Vertragsparteien hätten von der Ermächtigung in Ziffer 2 der Anlage 1 zu Teil F der Beschlüsse EBewA 2008 Gebrauch gemacht und Abweichungen bei Arztgruppen von dem Beschluss des Bewertungsausschusses vorgenommen, was auf Grund der nichtigen Vorgaben des Bewertungsausschusses zu einer Unwirksamkeit führe, wird auf die Ausführungen zu A. III. 4. verwiesen.
Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, HVV 2009 sei insofern rechtswidrig, als darin die nichtige Vorgabe des EBewA zu Differenzierungen nach Qualitätsmerkmalen umgesetzt würde, wird ebenfalls auf die Ausführungen zu A. II. 4. verwiesen.
2. Nichtberücksichtigung des Morbiditätskriteriums "Geschlecht" (3.2.3)
Der Kläger meint, der Bewertungsausschuss habe zu Unrecht das Morbiditätskriterium "Geschlecht" außer Betracht gelassen. Dies sei in der HVV 2009 konsequent, aber ebenfalls in rechtswidriger Weise so umgesetzt worden (Teil B § 5 Nummer 4 HVV 2009). Die Kammer geht jedoch davon aus, dass der EBewA aufgrund der genauen Analyse des Datenmaterials festgestellt hat, dass sich das Kriterium Geschlecht nicht zur Abbildung der Morbidität eignet, da das abgerechnete Volumen durch dieses Kriterium nicht signifikant beeinflusst wird (s.o.).
III. Fehlerhafte Umsetzungen der Vorgaben des Bewertungsausschusses in der HVV 2009
1. Vorwegabzug im fachärztlichen Bereich – Ziffer 2.2 der Anlage 4 zu Teil B der HVV 2009
Gemäß § 87b Absatz 4 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) bestimmt der Bewertungsausschuss das Verfahren zur Berechnung der Regelleistungsvolumina. ( ) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen stellen gemäß den Vorgaben des Bewertungsausschusses die für die Zuweisung der RLV nach Absatz 5 anzuwendende Berechnungsformel fest.
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass keine Grundlage in den Beschlüssen des EBewA zu finden sei für die in Ziffer 2.2. der Anlage 4 zu Teil B der HVV 2009 vorgenommenen Vorwegabzüge für: • anästhesiologische Leistungen • Leistungen der Gastroskopie • Leitungen der Bronchoskopie • Leistungen der Cystoskopie • Leitungen der Koronarangiographie • kurativ-stationäre Leistungen, sofern diese nicht entsprechend Teil A der HVV außerhalb der MGV vergütet werden. Jedoch können nach § 87b Absatz 2 Satz 7 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden, wenn sie besonders gefördert werden sollen oder soweit dies medizinisch oder aufgrund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist. Dabei bestimmt der Bewertungsausschuss nach § 87b Absatz 4 Satz 2 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) Vorgaben zur Umsetzung von Absatz 2 Satz 3, 6 und 7. Die Vorgaben des erweiterten Bewertungsausschusses hat die Beklagte in ihren HVV übernommen. Sie hat neben den Vorgaben des EBewA lediglich weitere besonders förderungswürdige Leistungen im HVV aufgenommen. Dadurch hat die Beklagte die rechtlichen Grenzen ihrer Gestaltungsmacht, die vor allem aus grundrechtlichen Rechtsgehalten, dem Sicherstellungsauftrag nach § 72 Absatz 1 Satz 1 SGB V sowie den Bestimmungen des § 87b Absatz 2 Satz 7 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) folgen, nicht verletzt. Aus dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich nicht entnehmen, dass der Bewertungsausschuss die besonders förderungswürdigen Leistungen abschließend festlegt. Das Gesetz geht lediglich davon aus, dass der Bewertungsausschuss Vorgaben zur Umsetzung von § 87b Absatz 2 Satz 7 SGB V bestimmt, nicht aber, dass er den Inhalt dieser Leistungen abschließend festlegt.
Der Bewertungsausschuss ist nach § 87b Absatz 4 Satz 2 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) ermächtigt, bundeseinheitlich Vorgaben zu den besonders förderungswürdigen Leistungen festzulegen. Von dieser Ermächtigung hat der EBewA in dem angeführten Beschluss Gebrauch gemacht. Hingegen ist ein Beschluss zur grundsätzlichen Unzulässigkeit weiterer besonders förderungswürdiger Leistungen nicht gefasst worden. Der Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses hinsichtlich der Vorgaben zu den besonders förderungswürdigen Leistungen kann nicht als Verbot der Festlegung weiterer besonders förderungswürdiger Leistungen ausgelegt werden.
Bestätigt wird die Kompetenz der Vertragspartner auf Landesebene, über den Beschluss des Bewertungsausschusses hinaus weitere vertragsärztliche Leistungen als besonders förderungswürdige Leistungen aus dem RLV auszunehmen, auch durch die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27. Juni 2012 – B 6 KA 28/11 R). Das BSG betont die auch im Zusammenhang mit den förderungswürdigen Leistungen weiterhin bestehende Kompetenz der regionalen Vertragspartner und deren Gestaltungsspielraum (BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 – B 6 KA 28/11 R, Rn. 37ff.).
Im Übrigen ist in keiner Weise substantiiert dargetan, inwieweit der Kläger durch die entsprechenden Regelungen im HVV beschwert ist.
2. Abgestaffelte Vergütung nach Nr. 1.3 der Anlage zu Teil B HVV (3.3.5)
Zwar vertritt der Kläger die Ansicht, Anlage 2 zu Teil B HVV 2009, Ziffer 1.3, wonach die Leistungen, die gemäß 1.2. nach Ausschöpfung des Honorarvolumens verbleiben, mit abgestaffelten Preisen vergütet werden, habe im Beschluss des Bewertungsausschusses (Anlage 1 zu Teil F Nr. 5) keine Grundlage. Jedoch ergibt sich die Rechtmäßigkeit der abgestaffelten Vergütung bereits aus den gesetzlichen Regelungen zum RLV, wonach entsprechend § 87b Absatz 2 Satz 3 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) RLV-Überschreitungen abgestaffelt zu vergüten sind.
3. Ausgleich überproportionaler Honorarverluste durch die Beklagte § 12 Absatz 1 HVV 2009
Entgegen Teil F der Beschlüsse EBewA 2008, wonach vorgegeben ist, dass Ausgleichszahlungen bei überproportionalen Honorarverlusten von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den (Landesverbänden der) Krankenkassen geleistet werden können, bestimmt § 12 Absatz 1 HVV 2009, dass die Beklagte allein hierfür zuständig ist.
Der Kläger hat jedoch nicht substantiiert vorgetragen, inwiefern er durch § 12 Absatz 1 HVV 2009 beschwert ist.
IV. Perpetuierung der Fehler in der HVV 2009
Soweit der Kläger angibt, der Bewertungsausschuss habe die Vorgaben des Gesetzgebers fehlerhaft umgesetzt und diese Fehler würden in der HVV 2009 perpetuiert, wird auf die Ausführungen zu A. verwiesen, wonach die angegriffenen Beschlüsse des EBewA nicht fehlerhaft sind bzw. etwaige den Kläger nicht beschweren.
C. Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot
Der Kläger rügt einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot. Das Bestimmtheitsgebot besagt jedoch lediglich, dass die Rechtsvorschriften so gefasst sein müssen, dass der Betroffene seine Normunterworfenheit und die Rechtslage konkret erkennen kann. Er muss sein Verhalten danach ausrichten können (vgl. BVerfGE 108, 52, 75 m.w.N.). Dabei dürfen die Anforderungen an die Klarheit und Bestimmtheit jedoch nicht übersteigert werden. Müsste jeder Tatbestand mit exakt erfassbaren Merkmalen bis ins Letzte beschrieben sein, dann wären die Normen sehr starr und/oder rein kasuistisch und könnten deshalb der Vielgestaltigkeit des Lebens und den Besonderheiten des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden (vgl. BayVerfGH NZS 2004, 264, 265). Die Regelungen müssen lediglich so genau gefasst sein, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts und mit Rücksicht auf den Normzweck gerechtfertigt ist (vgl BVerfGE 110, 371, 396 m.w.N.). Eine Auslegungsbedürftigkeit macht eine Norm nicht unbestimmt. Dem Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genügt, wenn Auslegungsprobleme mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden können (vgl BVerfGE 82, 209, 224 ff; 110, 370, 396 f m.w.N.). So können unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet werden, sofern sie der Konkretisierung durch Auslegung zugänglich sind (vgl zB BVerfGE 82, 209, 224 bis 227 zu Begriffen wie Bedarfsgerechtigkeit, Leistungsfähigkeit und Kostengünstigkeit).
Diesen Erfordernissen entsprechen die Regelungen des EBM, des Bewertungsausschusses und des HVV. Die Komplexität der Regelungen begründet keinen Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit. Der EBM und die Honorarverteilungsmaßstäbe müssen die Komplexität der von ihnen zu regelnden Verhältnisse berücksichtigen und gelegentlich auch durch generalklauselartige Ermächtigungen des Vorstandes und durch teilweise komplexe mathematische Formeln zu Einzelfall- und Härtefall-Entscheidungen Raum für sachgerechte Lösungen atypischer Fälle geben. Dementsprechend dürfen bei komplexen Regelungen die Anforderungen an ihre Klarheit und Eindeutigkeit nicht überspannt werden (vgl. BSG, Urteil vom 09. Dezember 2004 - B 6 KA 40/03 R, Rn. 53 zitiert nach juris,).
D. Konvergenzregelung
Des Weiteren ist die Problematik der Finanzierung der Honorarverluste hier nicht einschlägig, da es im Quartal III/2010 keine Konvergenzregelung mehr gab.
Gegen das ihm am 08.05.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.06.2014 Berufung eingelegt. Eine Berufungsbegründung ist nicht vorgelegt worden.
Der Kläger beantragt sachdienlich gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11.04.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Honorarbescheids für das Quartal 3/2010 vom 13.01.2011 in der Gestalt des (Teilabhilfe-)Bescheids vom 11.03.2011 und des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2012 zu verurteilen, das Honorar für das genannte Quartal ungekürzt (unquotiert) festzusetzen, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, über seine am 14.02.2011 und am 14.04.2011 eingelegten Widersprüche gegen den Honorarbescheid vom 13.01.2011 und den (Teilabhilfe-)Bescheid vom 11.03.2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er die Berufung, was vorliegend beabsichtigt sei, gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist anzumerken:
Der Kläger kann mit seinem Begehren schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die mit Bescheid vom 22.06.2010 verfügte RLV- und QZV-Zuweisung für das Quartal 3/2010 bestandskräftig geworden ist. Gemäß § 77 SGG ist ein Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, wenn der gegen ihn gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt worden ist. Der Senat hat hierzu im Beschluss vom 25.10.2016 (- L 5 KA 894/15, - nicht veröffentlicht) Folgendes ausgeführt:
Die Zuweisung des RLV erfolgte in Form einer eigenständigen Regelung und stellt daher einen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 SGB X dar. Soweit dem klägerseits entgegengebracht wird, die RLV-Zuweisung sei nicht unterzeichnet gewesen und habe keine Rechtsbehelfsbelehrung beinhaltet, bedingt dies keine abweichende Beurteilung der Qualifizierung der RLV-Zuweisung als Verwaltungsakt. Gemäß § 33 Abs. 5 Satz 1 SGB X können bei einem Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatisierter Einrichtungen erlassen wird, entgegen der ansonsten nach § 33 Abs. 3 Satz 1 SGB X bestehenden Notwendigkeit, die Unterschrift und die Namenswiedergabe des Behördenleiters fehlen, ohne dass der Verwaltungsakt deswegen formell rechtswidrig ist. Auch das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, sondern einzig dazu, dass die Frist zur Einlegung des Rechtsbehelfs nicht zu laufen beginnt (vgl. § 66 Abs. 1 SGG) und die Einlegung desselben innerhalb eines Jahres möglich ist (vgl. § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Wie aus der in § 87b Abs. 5 Satz 2 SGB V a.F. für die Zuweisung des RLV angeordneten Geltung des § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V und der dortigen Bestimmung, dass Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung haben, die es nicht bedurft hätte, wenn die Zuweisung nur zusammen mit dem Honorarbescheid anfechtbar wäre, folgt, ist die Zuweisung des RLV gesondert anfechtbar (BSG, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R - in juris, dort Rn. 10; Urteil des erkennenden Senats vom 05.10.2016 - L 5 KA 773/13 -, in juris). Eine Anfechtung der RLV-Zuweisung vermag der Senat ebenso wenig wie das SG, in der Anfechtung des Honorarbescheides zu erkennen. Der Widerspruch der anwaltlich vertretenen Klägerin richtete sich ausdrücklich - sowohl im Betreff, als auch im Antrag - gegen den Honorarbescheid vom 16.04.2012, sodass eine Auslegung des klägerischen Vorbringens, dass auch der Zuweisungsbescheid - bei damals noch offenen Widerspruchsfristen - angefochten sein sollte, nicht möglich ist. Aus der gesonderten Anfechtbarkeit folgt, dass ein Vertragsarzt, der die Zuweisung eines RLV hat bestandskräftig werden lassen, an diese Festsetzung gebunden ist und im nachfolgenden Honorarstreitverfahren nicht mehr deren Fehlerhaftigkeit geltend machen kann (BSG, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R -; Urteile des erkennenden Senat vom 24.02.2016 - L 5 KA 1991/13 - und vom 05.10.2016 - L 5 KA 773/13 -, jew. in juris). Mithin kann die Klägerin im vorliegenden Honorarstreit mit ihren Einwänden gegen die Zuweisung des RLV nicht durchdringen.
Diese Ausführungen gelten hier entsprechend. Der Widerspruch, den der anwaltlich vertretene Kläger am 16.02.2011 erhoben hat, hat sich nur gegen den Honorarbescheid vom 13.01.2011 (Quartal 3/2010), nicht aber gegen die zuvor für das Quartal 3/2010 mit Bescheid vom 22.06.2010 verfügte RLV- und QZV-Zuweisung gerichtet.
Die Beklagte hat auch das Honorar des Klägers für das Quartal 3/2010 rechtsfehlerfrei festgesetzt. Hinsichtlich der - ersichtlich im Vordergrund stehenden - Einwendungen des Klägers gegen die hier maßgeblichen EBewA-Beschlüsse (Nichtberücksichtigung regionaler Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur und Nichtberücksichtigung des Morbiditätskriteriums "Geschlecht") bzw. gegen die hier maßgeblichen HVV-Regelungen schließt sich der Senat der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 11.12.2013 (- B 6 KA 4/13 R -, in juris) an. Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 16.03.2016 (- L 5 KA 359/14 -, nicht veröffentlicht) ausgeführt:
1. Danach ist der EBewA für das Jahr 2009 seiner Verpflichtung aus § 87c Abs 2 SGB V a. F. zwar nicht in vollem Umfang nachgekommen, Vorgaben für die Ermittlung von Indikatoren iS des § 87 Abs 2f Satz 4 SGB V a. F. vorzugeben. Zutreffend hat das BSG insoweit aber ausgeführt:
Die gesetzlichen Vorgaben für die Ermittlung derartiger Indikatoren sind allerdings nicht widerspruchsfrei, insbesondere deshalb, weil sie einerseits auf die Wirtschaftskraft der Bundesländer abstellen (§ 87c Abs 2 SGB V aF), andererseits den Vertragspartnern aber auch eine Richtschnur geben sollen, Zu- und Abschläge vom Orientierungswert zu vereinbaren, um "insbesondere regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur" zu berücksichtigen (§ 87a Abs 2 Satz 2 SGB V aF). Hier kann die Wendung "regional" nur planungsbereichsbezogen gemeint sein, weil Gesamtverträge ohnehin nur - mit Ausnahme von Nordrhein-Westfalen - für ein Bundesland geschlossen werden. So fernliegend die Annahme des EBewA wäre, er könne keine Indikatoren für die Abweichung der Wirtschaftskraft eines Bundeslandes von der bundesdurchschnittlichen Wirtschaftskraft iS des § 87c Abs 2 SGB V aF finden (zutreffende Kritik des SG Marburg - S 11 KA 340/09 - RdNr 159), so wenig folgt aus diesem Befund für die hier allein relevanten regionalen Besonderheiten der Kosten- und Versorgungsstrukturen.
So klar es ist, dass hinsichtlich der Wirtschaftskraft zwischen Bayern, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern erhebliche Unterschiede bestehen, so schwierig ist es, diese Differenzen in Bezug auf die Kosten für die vertragsärztliche Tätigkeit entsprechend abzubilden. Das beruht vor allem darauf, dass innerhalb der einzelnen, oft recht großen KÄV-Bezirke möglicherweise die gesamte Spannbreite der Kostenstrukturunterschiede, die sich auch in der Bundesrepublik finden lassen, zu verzeichnen ist. Einem einheitlichen Indikator für Bayern - begründet mit der hohen Wirtschaftskraft dieses Bundeslandes - würde sofort mit guten Gründen entgegengehalten werden, dass die Region Oberpfalz nicht mit der Region München gleich behandelt werden kann, und entsprechendes gilt sicher auch für den Erzgebirgskreis in Sachsen und die Stadt Leipzig - die, was etwa Immobilienpreise angeht - zu den eher teuren Gebieten der Bundesrepublik zählt. Entscheidend ist aber, dass die Klägerin durch potenziell defizitäre Ermittlungen des EBewA nicht beschwert ist. Der Senat hat in seinem Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 21/11 R - (BSGE 110, 258 = SozR 4-2500 § 87a Nr 1, RdNr 33 ff) ausgeführt, dass die fehlende Vorgabe von Indikatoren durch den EBewA die Vertragspartner auf regionaler Ebene nicht gehindert hat, nach eigener Entscheidung Zuschläge oder Abschläge von den Orientierungswerten zu vereinbaren. Die Vertragspartner durften nach § 87a Abs 2 Satz 2 SGB V aF solche Zuschläge nur nicht unter Verwendung von Kriterien vereinbaren, die denen widersprechen, die der BewA (unterstellt) festgelegt hat. Die Regelung des § 87a Abs 2 Satz 2 SGB V aF ist nicht in der Weise gefasst, dass ohne Vorgabe der Indikatoren zu Besonderheiten bei der Versorgungsstruktur durch den BewA jede Vereinbarung von Zuschlägen oder Abschlägen von den Orientierungswerten im Hinblick auf regionale Besonderheiten ausgeschlossen gewesen wäre. Insoweit wirkt sich die unterbliebene Umsetzung der Ermächtigung an den BewA zur Festsetzung "regionaler Indikatoren" nicht auf die Höhe des RLV der klägerischen Praxis im Quartal I/2009 aus.
Diesen Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an. Auch im vorliegenden Verfahren sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Partner der Gesamtverträge irgendeinen Anlass gesehen hätten, aus Gründen regionaler Besonderheiten innerhalb des KÄV-Bezirks für einzelne Städte oder Kreise Zuschläge zu den Orientierungswerten zu vereinbaren ...
2. Darüber hinaus setzt der angegriffene Beschluss in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG auch § 87b Abs 3 Satz 6 SGB V a. F. um. Hiernach soll der BewA zur Ermittlung der morbiditätsorientierten Gesamtvergütungen auch das Kriterium "Geschlecht" berücksichtigen. Der EBewA hat dazu in seinem Beschluss vom 27./28.8.2008 in Teil F Nr 3.2.2 festgestellt, dass durch dieses Kriterium eine signifikante Beeinflussung des abgerechneten Leistungsvolumens - bezogen auf die Gesamtheit der vertragsärztlichen Leistungen - nicht aufgezeigt wird.
Soweit die Klägerin das mit dem Hinweis in Frage stellt, dass die Lebenserwartung von Männern und Frauen unterschiedlich sei, wird das der hier maßgeblichen Fragestellung nicht gerecht. Insoweit weist das BSG zutreffend darauf hin:
"Es geht in § 87b Abs 3 Satz 6 SGB V aF nicht pauschal darum, ob die Krankenkassen insgesamt statistisch für eine weibliche Versicherte mehr Geld aufwenden als für einen männlichen, sondern darum, ob sich in der vertragsärztlichen Versorgung bezogen auf alle Arztgruppen und alle Altersstufen von Versicherten bei Frauen eine höhere Morbidität messen lässt als bei Männern. Das bedarf statistischer Ermittlungen, die weder durch Hinweise auf Banalitäten - sehr hoher Anteil weiblicher Versicherter bei Gynäkologen - noch durch Spekulationen - Frauen gehen häufiger zum Arzt als Männer - ersetzt werden können. Wenn die dem EBewA vorliegenden Abrechnungsdaten insoweit - über alle Arztgruppen gesehen - keine signifikanten Abweichungen ergeben, die auf eine geschlechtsspezifisch messbar abweichende Morbidität hindeuten, ist der EBewA seinem Auftrag nachgekommen. Der Gesetzgeber kann nicht vorgeben, dass die Realität anders ist, als sie sich tatsächlich darstellt. Er könnte allenfalls normativ bestimmen, dass die Morbidität weiblicher Versicherter um einen bestimmten Faktor höher zu gewichten ist als bei männlichen. Das ist in § 87b Abs 3 Satz 6 SGB V aF indessen nicht geschehen."
Diesen Ausführungen schließt sich der Senat ebenfalls nach eigener Prüfung an.
Der Senat hält nach erneuter Prüfung an dieser Rechtsprechung fest. Einen Anspruch auf Gewährung von Stützungszahlungen wegen Härtefalls hat der der Kläger im Klage- und im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht und hierzu auch nichts vorgetragen. Hierüber muss der Senat nicht entscheiden. Das gilt entsprechend für die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 79.613,10 EUR endgültig festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höheres Honorar für das Quartal 3/2010.
Der Kläger ist Facharzt für Nuklearmedizin; er ist mit Vertragsarztsitz in V.-Sch. zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Bescheid vom 22.06.2010 wies die Beklagte dem Kläger für das Quartal 3/2010 ein Regelleistungsvolumen (RLV) von 50.112,00 EUR (RLV-Fallwert: 37,12 EUR) und ein qualifikationsgebundenes Zusatzvolumen (QZV) von 8.013,06 EUR (insgesamt 58.125,06 EUR) zu. Mit Honorarbescheid vom 13.01.2011 setzte die Beklagte das Honorar des Klägers für das Quartal 3/2010 auf 221.037,91 EUR fest (RLV und QZV anerkannt: 58.663,39 EUR ; Fälle: 1.596). Wegen Überschreitung des RLV und des QZV wurden 16.283,17 EUR quotiert vergütet.
Am 16.02.2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Honorarbescheid vom 13.01.2011 (Quartal 3/2010); außerdem stellte er einen Antrag auf Anerkennung eines Härtefalls und auf Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten.
Mit Bescheid vom 11.03.2011 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab; sie erhöhte des RLV-Fallwert des Klägers unter Anerkennung von Praxisbesonderheiten für die Quartale 3/2010 bis 1/2011 um 21,41 EUR. Im Zuge der Umsetzung dieser Anhebung erhielt der Kläger eine Nachvergütung in Höhe von 27.763,88 EUR.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers (soweit ihm nicht abgeholfen worden war) zurück. Sie wies darauf hin, dass der Kläger im Quartale 3/2010 gegenüber dem Vorjahresquartal Honorar- und Fallwert habe steigern können (um 45,06 % bzw. 42,05 %).
Bereits am 14.04.2011 hatte der Kläger gegen den Honorarbescheid vom 13.01.2011 (Quartal 3/2010) Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben.
Zur Begründung seiner Klage machte der Kläger geltend, seinem Begehren könne die Bestandskraft eines RLV-Zuweisungsbescheids für das Quartal 3/2010 nicht entgegen gehalten werden. Der Honorarverteilungsvertrag (HVV), auf dem der angefochtene Honorarbescheid beruhe, und die dem HVV zugrunde liegenden Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses (EBewA) verstießen gegen höherrangiges Recht. So sei etwa die vom EBewA getroffene Feststellung, das Kriterium "Geschlecht" eigne sich nicht zur Abbildung der Morbidität, mit § 87b Abs. 3 Satz 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V - in der bis 22.09.2011 geltenden Fassung) nicht vereinbar; danach sei die Morbidität mit Hilfe der Morbiditätskriterien Alter und Geschlecht zu bestimmen. Das sei auch - etwa im Hinblick auf die längere Lebenserwartung von Frauen oder die Kosten im Zusammenhang mit Schwangerschaften - sachgerecht.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der Honorarbescheid für das Quartal 3/2010 sei rechtmäßig, beruhe insbesondere auf gültigen Rechtsgrundlagen im HVV und den einschlägigen Beschlüssen des EBewA. Davon abgesehen sei der RLV-Zuweisungsbescheid vom 22.06.2010 für das Quartale 3/2010 bestandskräftig geworden.
Mit Urteil vom 11.04.2014 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Das Klagebegehren scheitere schon an der Bestandskraft (Unanfechtbarkeit) des RLV-Zuweisungsbescheids für das Quartale 3/2010. Die angefochtenen Bescheide seien aber auch rechtmäßig. Die ihnen zugrunde liegenden Bestimmungen des HVV seien rechtmäßig; die dem HVV zugrunde liegenden Beschlüsse des EBewA (insbesondere Beschluss vom 27./28.08.2008) seien zwar teilweise rechtswidrig, verletzten Rechte des Klägers aber nicht. Im Einzelnen führte das SG (u.a.) aus:
Die erkennende Kammer schließt sich - nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage - den überzeugenden Ausführungen der 11. Kammer des Sozialgerichts Stuttgart im Urteil vom 24.10.2013 - S 11 KA 6099/11 - an. Um Wiederholungen zu vermeiden wird vollumfänglich auf die Entscheidungsgründe des genannten Urteils betreffend das Quartal I/2009 verwiesen, die auch auf das hier streitgegenständliche Quartal III/2010 weitestgehend Anwendung finden. Insoweit sind die angegriffenen rechtlichen Grundlagen im Kern unverändert geblieben, sodass eine Modifizierung der Entscheidungsgründe - kenntlich gemacht durch Nichteinhaltung des Linkseinzuges - nur im geringen Umfang notwendig geworden ist. Im Einzelnen:
I. Erstmalige Festlegung des Orientierungspunktwertes nach § 87c Absatz 1 SGB V – Teil A der Beschlüsse EBewA 2008
In den §§ 87 ff. SGB V werden die Änderungen des Gesundheitssystems durch die Einführung des sog. Gesundheitsfonds durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) für den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung im SGB V umgesetzt. Abweichend von der bisherigen Systematik ziehen die Krankenkassen ihre Beiträge zwar weiterhin ein, übertragen sie dann jedoch an den Gesundheitsfonds, § 52 SGB V. Die Mittelzuteilung aus dem Gesundheitsfonds an die Krankenkassen erfolgt sodann im Rahmen des Risikostrukturausgleichs, § 266 SGB V, unter Berücksichtigung von Morbiditätsgesichtspunkten. Für den Bereich der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung bestimmen die §§ 87a-c SGB V, welche Summen von der jeweiligen Krankenkasse den Kassenärztlichen Vereinigungen zur Finanzierung der vertragsärztlichen Versorgung nach welchen Kriterien zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen dieses Systems legen die §§ 87 bis 87b SGB V in umfangreicher Form die Ausgestaltung des Honorarverteilungssystems fest. § 87c SGB V enthält davon abweichend bzw. dazu ergänzend spezifische Vorgaben für die Übergangsjahre 2009 und 2010 (SG Marburg, Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, Rn. 83, zitiert nach juris).
1. Ermittlung des Finanzvolumens – Teil A Ziffer 1 der Beschlüsse EBewA 2008 Nach § 87c Absatz 1 Satz 2 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007, BGBl. I 378) ist der Orientierungswert nach § 87 Absatz 2e Satz 1 Nummer 1 für das Jahr 2009 rechnerisch durch die Division des Finanzvolumens durch die Leistungsmenge zu ermitteln. Das Finanzvolumen ist dabei nach § 87c Absatz 1 Satz 2 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) die Summe der bundesweit im Jahr 2008 zu entrichtenden Gesamtvergütungen in Euro, verändert um die Rate, die das Bundesministerium für Gesundheit nach § 71 Absatz 3 SGB V für das Jahr 2009 festlegt.
Der Erweiterte Bewertungsausschuss (EBewA) zieht demgegenüber nach Teil A Ziffer 1.1. der Beschlüsse EBewA 2008 das Jahr 2007 als Aufsatzzeitraum heran (hierzu a.). Dabei ist entsprechend Teil A Ziffer 1.2. des Beschlusses von den nach § 85 Absatz 1 SGB V entrichteten Gesamtvergütungen auszugehen, wobei Vergütungen für bestimmte Leistungen u.a. für regional vereinbarte, nicht im EBM enthaltene Leistungen (Nummer 2), Hautkrebsscreening (Nummer 7), Strahlentherapie (Nummer 9) oder Leistungen der künstlichen Befruchtung (Nummer 11) unberücksichtigt bleiben (hierzu b). Diese Gesamtvergütungen wurden entsprechend Teil A Ziffer 1.3.1 des Beschlusses um den Anstieg der Grundlohnsummen des Jahres 2008 und 2009 erhöht (hierzu c).
a. Jahr 2007 als Aufsatzzeitraum Zwar hat der EBewA in seinem Beschluss 2007 als Aufsatzeitraum herangezogen. Die Kammer sieht hierin jedoch kein beanstandenswertes Verhalten (so auch: SG Marburg, Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, Rn. 93, zitiert nach juris, vgl. auch BSG, Terminbericht Nr. 57/13 zu B 6 KA 4/13 R). Dies geschah lediglich, da es sich bei 2007 um das letzte zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vollständig abgerechnete Leistungsjahr handelte. Die Summe der bundesweit insgesamt für das Jahr 2008 entrichteten Gesamtvergütungen konnte, da das Jahr 2008 zum Zeitpunkt der Beschlussfassung noch nicht beendet war, nicht bekannt sein. Ein Zuwarten bis zur vollständigen Abrechnung des Jahres 2008 wäre nicht möglich gewesen, da andernfalls ein Verstoß gegen § 87c Absatz 1 Satz 1 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) vorgelegen hätte, der einen Beschluss bis zum 31. August 2008 fordert.
b. Abgrenzung der Gesamtvergütung Für die in dem Beschluss des EBewA unter Teil A Ziffer 1.2 vorgenommene "Bereinigung" der Gesamtvergütungen im Sinne von § 85 Absatz 1 SGB V um elf Leistungsbereiche bedurfte es zum einen keiner weiteren Rechtsgrundlage, da diese Leistungsbereiche bereits per Definitionem keine Gesamtvergütung im Sinne des § 85 Absatz 1 SGB V darstellen. Exemplarisch ist auf die unter Nummer 11 aufgeführten Vergütungen für Leistungen der künstlichen Befruchtung abzustellen, da sie außerhalb der Gesamtvergütung vergütet werden und daher bereits denklogisch nicht Bestandteile der Gesamtvergütungen nach § 85 Absatz 1 SGB V sein können. Zum anderen sieht die Kammer keine Anhaltspunkte dafür, dass der EBewA bei der Festlegung seinen Gestaltungsspielraum überschritten hätte, so dass keine Bedenken an der Rechtmäßigkeit bestehen (vgl. auch SG Marburg, Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, Rn. 106, zitiert nach juris).
c. Weiterentwicklung der Gesamtvergütung entsprechend der Steigerung der Grundlohnsummen Zwar sieht die Gesetzesbegründung zu § 87a SGB V (BT.-Drs. 16/100, Rn. 119, dort noch Begründung zu § 85a) vor, dass "um die bisherige Budgetierung durch Anknüpfung der Finanzvolumina der vertragsärztlichen Versorgung an die Grundlohnsumme zu beenden, ( ) die Regelungen über die Vereinbarung von Gesamtvergütungen ( ...) durch die in § 85a Absatz 2 bis 6 getroffenen Regelungen zum 1. Januar 2009 ersetzt" werden. Die Anknüpfung an die Grundlohnsumme soll also durch die Neuregelung gerade abgeschafft werden. Dies hat der EBewA ignoriert, wenn er für 2008 an die Grundlohnsummenentwicklung anknüpft. Jedoch ist bereits fraglich, inwieweit die gesetzgeberischen Vorgaben auch für die Übergangsregelung in § 87c Absatz 1 Satz 2 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) gelten sollen. Andererseits bestand für den EBewA aus Sicht der Kammer keine andere Möglichkeit, um bei der notwendigen Heranziehung von 2007, eine Anpassung für mögliche Steigerungen 2008 und 2009 zu berücksichtigen (vgl. auch SG Marburg, Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, Rn. 93, zitiert nach juris).
2. Ermittlung der Leistungsmenge – Teil A Ziffer 2.ff der Beschlüsse EBewA 2008
a. Abbildung der Leistungsmenge als Punktzahlvolumen § 87c Absatz 1 Satz 4 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) bestimmt, dass die Leistungsmenge als Punktzahlvolumen auf der Grundlage des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs abzubilden ist. Hierzu findet sich im Beschluss nichts erwähnt. Jedoch bestand keine Verpflichtung, das Punktzahlvolumen im Beschluss offen zu legen. Es ist zwar grundsätzlich richtig, dass weitere Kennzahlen betreffend Arztzahlen, Fallzahlen und Leistungsmengen nach § 87c Satz 2 SGB V zu veröffentlichen sind, soweit diese erforderlich sind, um beispielsweise mögliche regionale Honorarunterschiede zu erklären. Hierzu genügt jedoch eine Veröffentlichung im Internet oder im Deutschen Ärzteblatt (vgl. Freudenberg, in: jurisPK-SGB V, § 87c SGB V Rn. 45). Entscheidend ist daher, dass der ermittelte Orientierungspunktwert anhand ergänzender Unterlagen rechnerisch nachvollzogen und anhand der gesetzlichen Vorgaben ermittelt werden kann. Dies ist zur Überzeugung der Kammer der Fall. Eine Offenlegung in den Beschlüssen EBewA 2008 übersteigt insofern das Transparenzgebot.
b. Festlegung der Leistungsmenge nach Inhalt – Teil A Ziffer 2.3 der Beschlüsse EBewA) Soweit die Klägerin vorträgt, in Teil A Ziffer 2.3 des Beschlusses würden zu Unrecht die in Ziffer 1.2 aufgeführten Leistungen bei der Festlegung der Leistungsmenge nicht berücksichtigt, wird auf die Ausführungen zu 1. Buchstabe b. verwiesen.
c. Hochrechnung nach § 87c Absatz 1 Satz 4 SGB V – Teil A Ziffer 3 § 87c Absatz 1 Satz 4, 2. Halbsatz SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) bestimmt, dass sich die Leistungsmenge aus einer Hochrechnung der aktuellen Abrechnungsdaten ergibt. Aus Sicht der Klägerin ist dabei davon auszugehen, dass die Hochrechnung nicht durchgeführt wurde, da sie sich in den Beschlüssen EBewA 2008 nicht findet. Stattdessen sei sie anhand der Quartale 2007 festgelegt und dann um 9,75 erhöht worden. Aus Sicht der Kammer wurde der Wert von 9,7 in Teil A Ziffer 3 des Beschlusses jedoch nicht willkürlich ohne Hochrechnung festgelegt, wie sich schon aus dem Wortlaut "der ermittelte Zuwachs" ergibt. Nach den Ausführungen der Beklagten und des SG Marburg wurde hierzu ein Vergleich der Punktzahl je Behandlungsfall in den Quartalen 1/07 und 1/08 vorgenommen. Dabei wurde ein Zuwachs von 9,7 % ermittelt. Die Kammer hält dieses Vorgehen – in Übereinstimmung mit dem SG Marburg (SG Marburg, Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, Rn. 95f, zitiert nach juris) – für nicht zu beanstanden, da sich auch retrospektiv kein Anpassungsbedarf für die EBM-Quote ergeben hat und eine andere Vorgehensweise angesichts des Zeitpunktes der Beschlussfassung nicht erkennbar ist.
3. Fehlende Ausweisung des Finanzvolumens und der Leistungsmenge Soweit die Klägerin vorträgt, dass weder das heranzuziehende Finanzvolumen noch die Leistungsmenge in den Beschlüssen EBewA 2008 ausgewiesen sind, geht die Kammer davon aus, dass die Klägerin hierbei die Anforderungen an das Transparenzerfordernis überspannt. Es ist entscheidend, dass Finanzvolumen und Leistungsmenge anhand ergänzender Unterlagen rechnerisch nachvollzogen werden können (s.o.). Im Übrigen ist der vom EBewA ermittelte Orientierungspunktwert von 3,5001 nicht zu beanstanden (SG Marburg, Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, Rn. 117, zitiert nach juris).
Nur ergänzend ist deshalb noch darauf hinzuweisen, dass die vom Kläger vorgebrachte Argumentation in Bezug auf Teil A der Beschlüsse EBewA 2008 für das hier allein streitgegenständliche Quartal III/2010 nur noch "bedingt" von Relevanz gewesen ist.
II. Berechnung des Behandlungsbedarfs für die Vereinbarung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung – Teil B des Beschlusses
Nach § 87c Absatz 4 Satz 2 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) wird der Behandlungsbedarf bestimmt, indem für jede Krankenkasse die im Jahr 2008 voraussichtlich erbrachte Leistungsmenge je Versichertem angepasst wird um die vom Bewertungsausschuss unter Berücksichtigung der Kriterien gemäß § 87a Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 4 zu schätzende bundesdurchschnittliche Veränderungsrate der morbiditätsbedingten Leistungsmenge je Versicherten des Jahres 2009 und multipliziert wird mit der voraussichtlichen Zahl der Versicherten. Gemäß § 87c Absatz 4 Satz 3 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) ergibt sich die erbrachte Menge der Leistungen sich aus der Hochrechnung der den Vertragsparteien vorliegenden aktuellen Daten über die Menge der Leistungen, die mindestens vier Kalendervierteljahre umfassen, jeweils nach sachlich-rechnerischer Richtigstellung und Anwendung honorarwirksamer Begrenzungsregelungen.
1. Aufsatzzeitraum Quartale I-IV/2007 Aus Sicht der Klägerin hätte als Aufsatzzeitraum nicht die Quartale I-IV/2007 gewählt werden dürfen, vielmehr hätten die Quartale III/2007-II/2008 herangezogen werden müssen, da es sich nur dabei um die in § 87c Absatz 4 Satz 3 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) geforderten aktuellen Daten gehandelt habe. Die Kammer sieht jedoch den Gestaltungspielraum des EBewA nicht überschritten, wenn dieser die Quartale I-IV/2007 als Aufsatzzeitraum wählt, da so zumindest sichergestellt ist, dass die sachlich-rechnerischer Richtigstellung und die Anwendung honorarwirksamer Begrenzungsregelungen erfolgt ist, ergänzend wird auf die Ausführungen zu I.1.a.aa. Bezug genommen.
Hilfsweise ist wiederum anzumerken, dass eine rechtliche Betroffenheit des Klägers durch Teil B des Beschlusses EBewA 2008 für das Jahr 2010 nicht erkennbar ist.
2. Ermittlung der Veränderungsrate – Beachtung der Vorgaben des § 87a Absatz 4 SGB V Nach § 87c Absatz 4 Satz 2 SGB V hat der Bewertungsausschuss bei der Ermittlung des Behandlungsbedarfs die bundesdurchschnittliche Veränderungsrate der morbiditätsbedingten Leistungsmenge zu schätzen und dabei die Kriterien gemäß § 87a Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 4 SGB V zu berücksichtigen. § 87a Absatz 4 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007, BGBl. I 378) legt folgende Kriterien fest: 1. der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten, 2. Art und Umfang der ärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs der Krankenkassen oder auf Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 135 Absatz 1 beruhen, 3. des Umfangs der vertragsärztlichen Leistungen auf Grund von Verlagerungen von Leistungen zwischen dem stationären und dem ambulanten Sektor und 4. des Umfangs der vertragsärztlichen Leistungen auf Grund der Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven bei der vertragsärztlichen Leistungserbringung. Der Klägerin ist insoweit zuzugeben als sich in Teil B des Beschlusses vom 27./28. August 2008 keine Angaben finden, inwieweit die Kriterien des § 87a Absatz 4 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) beachtet wurden. Jedoch kommt dem EBewA in diesem Zusammenhang ein sehr weiter Gestaltungsspielraum zu, das Gesetz geht davon aus, dass die bundesdurchschnittliche Veränderungsrate vom Bewertungsausschuss zu schätzen sei. Dafür, dass dieser weite Gestaltungsspielraum überschritten wurde, konnte die Kammer keine Anhaltspunkte finden (so wohl auch BSG, Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 21/11 R, Rn. 39, zitiert nach juris), zumal aus Sicht der Kammer allein das Fehlen einer Begründung nicht zwingend auf eine fehlende Berücksichtigung schließen lässt.
3. Unterschiedliche Honorarverteilungsquote für Ost- und Westdeutschland Die Klägerin trägt zu Recht vor, dass sich in Teil B der Beschlüsse EBewA 2008 entgegen den gesetzlichen Vorgaben in § 87c Absatz 4 SGB V (in der Fassung vom 26. März) – "bundeseinheitlich" – in den Beschlüsse EBewA 2008 in Teil B Ziffer 1.2 für Ost- und Westdeutschland unterschiedliche Honorarverteilungsquoten finden. Der EBewA hat jedoch mit der Festlegung der Quoten seinen ihm damit eingeräumten Gestaltungsspielraum nicht überschritten (BSG, Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 21/11 R, Rn. 40f., zitiert nach juris). Nach der Rechtsprechung des BSG ist das Maß der Gestaltungsfreiheit des BewA und damit auch des EBewA nach der Wesensart der Ermächtigungsvorschrift und der ihr zugrundeliegenden Zielsetzung zu bestimmen (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 21). Da die Quote als Berechnungsfaktor für die Bestimmung des Behandlungsbedarfs dient, ist sie Teil des vom BewA vorzugebenden Verfahrens. Die Festsetzung regional unterschiedlicher Honorarverteilungsquoten war bereits logische Folge aus der gesetzlich vorgegebenen Berücksichtigung der in den einzelnen KÄV-Bezirken geltenden unterschiedlichen honorarbegrenzenden Regelungen (BSG, Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 21/11 R, Rn. 40, zitiert nach juris). Sie entsprachen dem allgemeinen Auftrag des BewA zur sinnvollen Steuerung des Leistungsgeschehens durch Festlegung des Verfahrens zur Berechnung des Behandlungsbedarfs. Ihm kam insofern die Funktion zu, eine bestimmte bundeseinheitliche Struktur vorzugeben. In diesem Rahmen bedurfte es komplexer Bewertungen, deren Richtigkeit nicht in jeder Einzelheit mathematisch nachvollziehbar sein muss (BSG, Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 21/11 R, Rn. 40, zitiert nach juris, unter Verweis auf: BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 19). Das BSG führt in seinem Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 21/11 R, Rn. 41, zitiert nach juris, weiter aus: "Die unterschiedlichen Honorarverteilungsquoten dienen der Verhinderung zu starker Honorarverwerfungen zwischen den einzelnen KÄVen. Hintergrund hierfür waren die Unterschiede in den Punktwerten einerseits und den Honorarbegrenzungsmechanismen in den einzelnen KÄVen andererseits. Dementsprechend waren die KÄVen von dem festgesetzten Orientierungswert und der Berücksichtigung ausschließlich der sachlich-rechnerisch anerkannten Leistungsmenge unter Anwendung honorarwirksamer Begrenzungsregelungen in unterschiedlichem Maße betroffen. Für KÄVen, die hohe Punktwerte durch eine strikte Mengenbegrenzung erzielt hatten, hatte die Neuregelung eine Absenkung des Punktwertes auf 3,5001 Cent bei gleichzeitiger Festschreibung der Leistungsmenge zur Folge. Um Auswirkungen einer doppelten negativen Betroffenheit zu mildern, wurde in den alten Bundesländern ein Anpassungsverfahren durchgeführt, mit dem die Vergütungen in den KÄVen angeglichen wurden. Dazu wurde die Vergütung in KÄVen mit unterdurchschnittlichem Wert um 15 % der Differenz zwischen der KÄV-spezifischen und der bundesdurchschnittlichen Vergütung je Versichertem angehoben, in KÄVen mit überdurchschnittlicher Vergütung je Versichertem die Vergütung um 8,2 % der Differenz der KÄV-spezifischen zur bundesdurchschnittlichen Vergütung je Versichertem abgesenkt." Die Kammer schließt sich diesen überzeugenden Ausführungen des BSG an.
4. Nichteinbeziehung der Leistungen nach Teil A Ziffer 1.2 und der Substitutionsbehandlung in Teil B Ziffer 1.3 Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass die Leistungen nach Ziffer 1.2 des Teils A nicht in die Leistungsmenge zur Ermittlung des Behandlungsbedarfs einbezogen wird, wird auf die Ausführungen zu I 1. Buchstabe b. verwiesen, da die Nichteinbeziehung in Teil B aus der Nichteinbeziehung in Teil A folgt.
5. Veränderungsrate in Teil B Ziffer 4 der Beschlüsse EBewA 2008 Soweit die Klägerin vorträgt, aus den Beschlüssen EBewA 2008 sei nicht ersichtlich, wie die Veränderungsrate in Teil B Ziffer 4 zustande gekommen sei, erachtet die Kammer die klägerischen Anforderungen an das Transparenzgebot als übersteigert (s.o.). Darüber hinaus sieht § 87a Absatz 4 Satz 2 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) vor, dass die Veränderungsrate zu schätzen ist.
III. Indikatoren zur Messung regionaler Besonderheiten – Teil C des Beschlusses
§ 87 Absatz 2f SGB V (in der Fassung vom 28. Mai 2008) bestimmt, dass der für ärztliche Leistungen zuständige Bewertungsausschuss jährlich bis zum 31. August Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur nach § 87a Absatz 2 Satz 2 festlegt, auf deren Grundlage in den regionalen Punktwertvereinbarungen von den Orientierungswerten nach Absatz 2e Satz 1 abgewichen werden kann. Der Bewertungsausschuss kann die zur Festlegung der Indikatoren erforderlichen Datenerhebungen und -auswertungen gemäß Absatz 3f Satz 3 durchführen; soweit möglich hat er bei der Festlegung der Indikatoren amtliche Indikatoren zugrunde zu legen. Als Indikatoren für das Vorliegen von regionalen Besonderheiten bei der Versorgungsstruktur dienen insbesondere Indikatoren, die Abweichungen der regionalen Fallzahlentwicklung von der bundesdurchschnittlichen Fallzahlentwicklung messen. Als Indikatoren für das Vorliegen von regionalen Besonderheiten bei der Kostenstruktur dienen insbesondere Indikatoren, die Abweichungen der für die Arztpraxen maßgeblichen regionalen Investitions- und Betriebskosten von den entsprechenden bundesdurchschnittlichen Kosten messen.
1. Vorgabe von Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur Die Klägerin trägt zu Recht vor, dass der Bewertungsausschuss keine Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur vorgegeben hat. Ebenfalls zutreffend merkt sie an, das das Gesetz zum damaligen Zeitpunkt keine Möglichkeit für den Bewertungsausschuss enthielt, von den Vorgaben abzuweichen. Im Gegenteil war in § 87 Absatz 2f Satz 2 1. Halbsatz SGB V vorgegeben, wie der Bewertungsausschuss die Datenerhebungen und -auswertungen vorzunehmen hatte. Das Gericht hält – ebenso wie die Beklagte – die Ausführungen der Klägerin in diesem Zusammenhang für zutreffend. Zwar wurde § 87 Absatz 2f SGB V durch das Gesetz vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I 2983) m.W.v 1. Januar 2012 zur Stärkung der regionalen Kompetenzen der Vereinbarungen zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen aufgehoben. Jedoch bestand der Auftrag zur Festlegung der Indikatoren zum Zeitpunkt der Beschlussfassung und auch im streitgegenständlichen Quartal I/2009.
Das SG Marburg schreibt in seinem aus Sicht der Kammer überzeugenden Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, Rn. 159, zitiert nach juris: "Der EBewA stellt lapidar fest, dass nach sorgfältiger Prüfung der Datengrundlagen und deren Eignung keine Indikatoren zur Messung der regionalen Wirtschaftskraft für das Jahr 2009 anzuwenden seien. Dies gelte auch für Indikatoren zur Versorgungs- und Kostenstruktur. Auch hier seien regionale Besonderheiten nicht feststellbar. Diese Einschätzung des BewA haben die Beigeladene zu 1) und 2) im schriftlichen Klageverfahren sowie auch im Termin zur mündlichen Verhandlung wiederholt und darauf hingewiesen, dass sich Unterschiede in der Wirtschaftskraft bzw. Versorgungs- und Kostenstruktur allenfalls regional jedoch nicht zwischen einzelnen Bundesländern ermitteln ließen. Diese Einschätzung hält das Gericht einerseits für unzutreffend, da allgemein bekannt ist, dass die Bundesländer im Hinblick auf ihre Wirtschaftskraft über sehr unterschiedliche Voraussetzungen verfügen. Zudem hält es das Gericht für fernliegend, dass die statistischen Ämter des Bundes und der Länder keinerlei Indikatoren liefern können, die die Kosten- und Versorgungsstruktur zwischen den Ländern analysierbar machen, auch wenn dem BewA zuzugeben sein mag, dass die Unterschiede zwischen ländlichen und städtischen Regionen innerhalb eines Landes ggf. mehr Signifikanz haben. Die gänzliche Nichtberücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben hält das Gericht vor diesem Hintergrund für schlechterdings unvertretbar."
Weiter führt das SG Marburg in Rn. 161 aus: "Zudem hat der Gesetzgeber in den o. g. Vorschriften ein sehr detailgenaues System zur Feststellung dieser regionalen Besonderheiten erarbeitet und bereits in der Gesetzesbegründung formuliert, dass er davon ausgehe, dass die amtlichen Indikatoren die relevanten unter den Ländern bestehenden Niveauunterschiede bei den Praxiskosten hilfsweise abbilden könnten (Bundestagsdrucksache 16/3100 Seite 129). Wenn der Bewertungsausschuss vor diesem Hintergrund lapidar feststellt, es gäbe diese vom Gesetzgeber vorgesehenen Besonderheiten nicht, so ersetzt er eine gesetzgeberische Wertentscheidung und setzt sich selber an die Stelle des demokratischen Normgebers. Damit überschreitet er seine im Rahmen der Normdelegation übertragene Normsetzungskompetenz. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich keinen Spielraum für den Bewertungsausschuss im Hinblick auf das "Ob" der Bestimmung von Indikatoren für die Messung regionaler Besonderheiten vorgesehen."
Jedoch führt die Rechtswidrigkeit des Beschlusses in diesem Punkt nicht unmittelbar zu einer Verletzung der Klägerin in ihren Rechten, da die Indikatoren für die regionalen Besonderheiten ausschließlich im Rahmen der Bildung der Euro-Gebührenwerte eine Rolle spielen und es im Ermessen der Gesamtvertragsparteien liegt, zu entscheiden, ob nach den vom Bewertungsausschuss vorgegebenen Kriterien eine Anpassung der Euro-Gebührenwerte vorgenommen wird. Insoweit bestehen zwei unterschiedliche Rechtskreise auch weiterhin fort (SG Marburg, Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, Rn. 162, zitiert nach juris). Im Rahmen der Vorschriften über regionale Besonderheiten ist die gesetzliche Konstruktion – anders als im Bereich der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung – so ausgelegt, dass ein Umsetzungsakt auf Landesebene weiterhin notwendig bleibt, um dem gesetzlichen Auftrag Rechnung zu tragen. Vor diesem Hintergrund ist eine hypothetische Rechtsverletzung der Klägerin nur unter der Prämisse gegeben, dass in Baden-Württemberg tatsächlich von der Verhandlungsmöglichkeit zwischen den Parteien der Gesamtverträge Gebrauch gemacht worden wäre und dies zu Gunsten der Klägerin. Je nach Indikator wäre auch ein Abschlag auf die Gebührenwerte durchaus denkbar gewesen. Im Rahmen der Berücksichtigung der Euro-Gebührenordnung bei der individuellen Arztabrechnung ist zudem eine Benachteiligung der Klägerin nur denklogisch möglich, wenn diese ihr Regelleitungsvolumen nicht ausgeschöpft hätte und dementsprechend von höheren Euro-Gebührenwerten im Rahmen der Abrechnung im Quartal 1/2009 auch profitiert hätte. Dies ist jedoch vorliegend gerade nicht der Fall. Vielmehr hat die Klägerin das ihr zugewiesene RLV ausweislich des Honorarbescheides für das Quartal 1/2009 überschritten. Eine rechtliche Betroffenheit der Klägerin durch die fehlende Umsetzung der Vorgaben nach § 87 Absatz 2f SGB V durch den Bewertungsausschuss ist damit ausgeschlossen. Darüber hinaus ergibt sich auch aus der Entscheidung des Urteil des BSG vom 27. Juni 2012 dass eine unmittelbare Betroffenheit der Klägerin nicht vorliegt. Das BSG führt aus: "Damit wird zum Einen verdeutlicht, dass die Entscheidung über eine Abweichung vom Orientierungswert Gegenstand der regionalen Vereinbarungen und damit Aufgabe der regionalen Vertragspartner ist und dies nicht auf Bundesebene vorgegeben wird. Zum anderen wird damit klargestellt, dass die Indikatoren lediglich die "Grundlage" für die Vereinbarung von Zuschlägen auf regionaler Ebene darstellen." (BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 – B 6 KA 28/11 R, Rn. 71 zitiert nach juris).
2. Hilfsweise Ermittlung der Indikatoren mit Hilfe amtlicher Indikatoren
Auch hier ist der Klägerin insoweit zuzustimmen, als der Bewertungsausschuss, wenn es ihm bis 31. August 2008 nicht möglich war, die erforderlichen Daten zu erheben, die Möglichkeit gehabt hätte gemäß § 87c Absatz 2 SGB V, die Indikatoren mit Hilfe amtlicher Indikatoren zu ermitteln, die Abweichungen der Wirtschaftskraft eines Bundeslandes von der bundesdurchschnittlichen Wirtschaftskraft messen. Auch dies hat der Bewertungsausschuss nicht umgesetzt. Auch hier vermag die Kammer jedoch aus den o.g. Gründen keine rechtliche Betroffenheit der Klägerin zu erkennen.
IV. Berechnung und Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina nach § 87b Absatz 2 und 3 SGB V – Teil F des Beschlusses
Nach § 87b Absatz 2 (in der Fassung vom 26. März 2007) sind zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina festzulegen. Ein Regelleistungsvolumen nach Satz 1 ist die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Absatz 2 enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten ist. Abweichend von Absatz 1 Satz 1 ist die das Regelleistungsvolumen überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen zu vergüten; bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten kann hiervon abgewichen werden. ( ) Für den Fall, dass es im Zeitablauf wegen eines unvorhersehbaren Anstiegs der Morbidität gemäß § 87a Absatz 3 Satz 4 zu Nachzahlungen der Krankenkassen kommt, sind die Regelleistungsvolumina spätestens im folgenden Abrechnungszeitraum entsprechend anzupassen. Antragspflichtige psychotherapeutische Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für Psychosomatik und Psychotherapie sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte sind außerhalb der Regelleistungsvolumina zu vergüten. Weitere vertragsärztliche Leistungen können außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden, wenn sie besonders gefördert werden sollen oder soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist.
§ 87b Absatz 3 Satz 1 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) bestimmt, dass die Werte für die Regelleistungsvolumina nach Absatz 2 morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen sind. Nach Satz 4 ist die Morbidität nach Satz 1 mit Hilfe der Morbiditätskriterien Alter und Geschlecht zu bestimmen.
1. Nichtberücksichtigung des Morbiditätsgesichtspunktes "Geschlecht"
Die Klägerin trägt vor, dass der Morbiditätsgesichtspunkt Geschlecht nicht berücksichtigt wurde. Es sei nicht ersichtlich, wie der EBewA in Teil F Ziffer 3.2.2 zu Ergebnis komme, dass sich das Kriterium Geschlecht nicht zur Abbildung der Morbidität eigne. Die Kammer geht jedoch davon aus, dass der EBewA aufgrund der genauen Analyse des Datenmaterials festgestellt hat, dass sich das Kriterium Geschlecht nicht zur Abbildung der Morbidität eignet, da das abgerechnete Volumen durch dieses Kriterium nicht signifikant beeinflusst wird. Die Kammer hält es für nachvollziehbar und hinreichend plausibel, dass eine Analyse des Datenmaterials genau dieses Ergebnis ergeben hat. Insofern mag der Einheitliche Bewertungsausschuss keine Möglichkeit gehabt haben, die gesetzliche Grundlage in vernünftiger Weise umzusetzen (Vgl. auch SG Marburg, Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, Rn. 166, zitiert nach juris).
Darüber hinaus hat die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen, inwieweit sie durch die Nichtberücksichtigung des Kriterium Geschlecht beschwert ist.
2. Vorgabe des § 87b Absatz 2 Satz 5 SGB V – Anpassung der RLV bei morbiditätsbedingtem Anstieg spätestens im nächsten Quartal
Soweit die Klägerin vorträgt, dass die Vorgabe des § 87b Absatz 2 Satz 5 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) nicht umgesetzt wurde, die vorsieht, dass bei einem morbiditätsbedingten Anstieg die Regelleistungsvolumina spätestens im nächsten Quartal anzupassen sind, sieht die Kammer nicht, inwiefern dies im Beschluss erfolgen muss, da die Vorgabe zwingend im Gesetz verankert ist und keiner Umsetzung bedarf. Darüber hinaus sieht Teil F Ziffer 3.3 des Beschlusses vor, dass Nachzahlungen von Krankenkassen auf das im Beschlussteil E festgelegte Verfahren zur Bestimmung des Umfangs des nicht vorgesehenen Anstiegs des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs nach § 87a Absatz 3 Satz 4 SGB V zu Nachzahlungen im Rahmen der Honorarbescheidung der Abrechnungsquartale nach den angeforderten Leistungen führen.
3. Fehlende Festlegung der RLV nach Versorgungsgraden
Soweit die Klägerin geltend macht, dass die gesetzlichen Vorgaben § 87c Absatz 3 Satz 2 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007), wonach die Werte für die RLV nach Versorgungsgraden (Über- Unter- Normalversorgung) festgelegt (§ 87b Absatz 3 Satz 1 1. Halbsatz) werden, auch für die Quartale ab I/2010 nicht umgesetzt wurden, kann dies hier dahinstehen, da wiederum eine rechtliche Betroffenheit des Klägers nicht dargelegt ist.
4. Ausnahmen Ziffer 2 und 3 der Anlage 1 zum Beschluss Teil F
Ziffer 2 der Anlage 1 zum Beschluss Teil F sieht vor, dass die Partner der Gesamtverträge Modifikationen (z.B. Differenzierungen oder Zusammenfassungen) von relevanten Arztgruppen vereinbaren können. Ziffer 3 der Anlage 1 zu den Beschlüssen EBewA 2008 Teil F sieht vor, dass Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt durch die Kassenärztlichen Vereinigungen entsprechenden Arztgruppen zugeordnet werden können.
Zwar hält die Klägerin dies für rechtswidrig, da der Gesetzgeber dem Bewertungsausschuss keine entsprechende Befugnis eingeräumt hat, jedoch wurde nicht substantiiert dargetan, inwieweit die Klägerin durch die Regelungen beschwert ist.
5. Verfahren der Vorwegabzüge in Ziffer 2f der Anlage 2 zum Beschluss Teil F
Die Beschlüsse EBewA 2008 sehen in Ziffer 2f der Anlage 2 zum Beschluss Teil F vor, dass sich die Partner der Gesamtverträge über das Verfahren der Vorwegabzüge einigen. Auch hier wurde eine Beschwer der Klägerin durch diese Verfahrensregeln nicht dargetan. Darüber vermag die Kammer eine Überschreitung des Gestaltungsspielraums nicht zu erkennen.
V. Weitere Fehler des Bewertungsausschusses – Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina – Rückwirkung
Nach § 87b Absatz 4 Satz 1 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) bestimmt der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Absätzen 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der erforderlichen Daten. Die Klägerin sieht diese Vorgaben verletzt, da zumindest hinsichtlich der Bereinigung von Sonderverträgen die Beschlüsse erst am 22. Januar 2009 getroffen wurden, mit Rückwirkung zum 1. Januar. Gleiches gelte für die Regelungen zur Umsetzung und Weiterentwicklung zur Anpassung der Regelleistungsvolumina im Beschluss vom 15. Januar 2009.
Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt jedoch eine unzulässige Rückwirkung nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt eine echte Rückwirkung dann vor, wenn eine Norm nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte eingreifen. Um eine unechte Rückwirkung handelt es sich dann, wenn eine Rechtsnorm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt, indem sie Rechtspositionen nachträglich entwertet (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 28. November 1984 – 1 BvR 1157/82, Rn. 43, zitiert nach juris). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts liegt regelmäßig ein Fall unechter Rückwirkung vor, wenn die Honorarabrechnung des streitbefangenen Quartals noch nicht erfolgt war. Ein konkreter Honoraranspruch, und damit ein bereits abgeschlossener Sachverhalt, entsteht unter der Geltung begrenzter Gesamtvergütungen regelmäßig erst nach Prüfung sämtlicher von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen und der darauf basierenden Rechnung der möglichen Verteilungspunktwerte. Erst dadurch konkretisiert sich der bis dahin nur allgemeine Anspruch auf Honorarteilhabe zu einem der Höhe nach individualisierten Honoraranspruch. Bis dahin kann der Vertragsarzt lediglich nur von einer ungefähren Höhe des zu erwartenden Honorars ausgehen (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 29. November 2006 – B 6 KA 42/05 R, Rn. 18 zitiert nach juris). Im Zeitpunkt der Beschlüsse des Bewertungsausschusses war weder das streitbefangene Quartal 1/2009 abgelaufen noch die Honorarabrechnung für dieses erstellt. Zudem wurde ausdrücklich auf die Vorläufigkeit der Honorarverteilung hingewiesen. Darüber hinaus handelt es sich weder bei der Bereinigung noch bei der Konvergenzregelung um eine Maßnahme, die steuernd auf die Leistungserbringung, auf das Leistungsverhalten des Arztes, einwirken soll. Vielmehr sollen mit der Bereinigung Doppelfinanzierungen vermieden und mit der Konvergenzregelung überproportionale Honorarverluste verhindert werden und damit die flächendeckende Versorgung mit vertragsärztlichen Leistungen sichergestellt werden. Von einer echten Rückwirkung kann deshalb nicht ausgegangen werden.
Letztlich kann jedoch dahingestellt bleiben, ob den Regelungen eine echte oder unechte Rückwirkung zukommt. Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 – 1 BvF 1/94, Rn. 94, zitiert nach juris). Das Verbot einer echten Rückwirkung kann durchbrochen werden, wenn zwingende Gründe des Gemeinwohls oder ein nicht oder nicht mehr vorhandenes schützenswertes Vertrauen des einzelnen eine Durchbrechung gestatten (BVerfG, Beschluss vom 3. Dezember 1997 – 2 BvR 882/97, Rn. 40). Dies ist u. a. dann der Fall, wenn der Betroffene zum Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge bezogen wird, mit der Regelung rechnen musste, etwa weil die bisher herrschende Rechtsüberzeugung Gesetz wurde, wenn das geltende Recht unklar und verworren ist oder eine Änderung der Rechtsprechung durch den Gesetzgeber korrigiert wird, sich eine Rechtsnorm im Nachhinein als ungültig erweist und durch eine rechtlich einwandfreie Norm ersetzt wird oder wenn es sich um eine Bagatelle handelt. Ebenso können zwingende Belange des Gemeinwohls echte Rückwirkung rechtfertigen (BVerfG, Beschluss vom 3. Dezember 1997 – 2 BvR 882/97).
Die Klägerin konnte nicht auf den Bestand der Regelungen vertrauen, sondern musste vielmehr mit einer Regelung rechnen. Bereits im Rundschreiben vom Dezember 2008 wurde sowohl auf die Bereinigungsproblematik als auch auf eine Konvergenzregelung hingewiesen. Zudem wurde in § 15 HVV hinsichtlich der Bereinigung der Regelleistungsvolumina auf die Beschlüsse des (erweiterten) Bewertungsausschusses verwiesen. Die RLV-Zuweisungsbescheide waren mit entsprechenden Vorbehalten versehen. Die Klägerin musste somit mit den entsprechenden Regelungen rechnen. Darüber hinaus dienen sowohl die Bereinigung als auch die Konvergenzregelung Belangen des Gemeinwohls. Mit ihnen sollen Doppelfinanzierungen und überproportionale Honorarverluste vermieden und somit die flächendeckende Versorgung mit vertragsärztlichen Leistungen sichergestellt werden. Die Sicherung einer angemessenen Versorgung der großen Mehrzahl der Bürger im Krankheitsfall stellt einen Gemeinwohlbelang von überragender Wichtigkeit dar. Soll die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung mit Hilfe eines Sozialversicherungssystems erreicht werden, stellt auch dessen Finanzierbarkeit einen wichtigen Gemeinwohlbelang dar (vgl. z. B. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. März 2006 – L 5 KA 796/03 m. w. N.). Selbst wenn man also eine echte Rückwirkung annehmen würde, wäre eine solche zulässig.
Im Übrigen ist auch eine Beschwer des Klägers nicht dargetan, da weder das Quartal I/2009 streitbefangen ist noch im streitgegenständlichen Quartal III/2010 eine Konvergenzregelung existierte.
B. Fehler in der ab 1. Januar 2009 geltenden Honorarverteilungsvereinbarung (HVV 2009) der KV Baden-Württemberg mit den (Landesverbänden der) Krankenkassen
I. Fehlerhafte Umsetzung der Vorgaben des Gesetzgebers
1. Vereinbarung der Punktwerte nach dem 15. November 2008
Nach § 87c Absatz 2 Satz 1 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) vereinbaren die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich auf der Grundlage der Orientierungswerte gemäß § 87 Absatz 2e Satz 1 Nummer 1 bis 3 jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres Punktwerte, die zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen im Folgejahr anzuwenden sind. Für das Jahr 2009 sieht § 87c Absatz 3 Satz 2 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) vor, dass eine Vereinbarung bis zum 15. November 2008 erfolgen kann.
Der HVV 2009 lässt sich – insoweit ist der Klägerin zuzustimmen – ein Vergütungspunktwert nicht entnehmen. Ob hierin jedoch ein Verstoß gegen § 87c Absatz 2 Satz 1 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) liegt, ist fraglich. Das Gesetz sieht nicht vor, dass die Punktwerte mitgeteilt werden. Vielmehr ist nach § 87a Absatz 2 Satz 6 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) aus den vereinbarten Punktwerten und dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen eine regionale Gebührenordnung mit Europreisen zu erstellen. Insoweit ist in § 3 Ziffer 1 HVV 2009 geregelt, dass die Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen grundsätzlich auf der Basis der gemäß § 87a Absatz 2 Satz 6 SGB V zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen baden-württembergischen Euro-Gebührenordnung erfolgt. Die Regelung in § 3 Absatz 1 HVV 2009 dürfte ausreichend sein, nach der die Vergütung grundsätzlich auf der Basis der gemäß § 87a Absatz 2 Satz 6 SGB V zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen baden-württembergischen Euro-Gebührenordnung erfolgt. Über diese regionale Euro-Gebührenordnung – wie über die gesamte HVV 2009 – wurden die Vertragsärzte bereits mit Dezemberrundschreiben 2008 informiert, gleichzeitig wurde die entsprechende Austauschlieferung des Kommentars Wezel-Liebold, die allen Vertragsärzten zur Verfügung gestellt wurde, für die nächsten Tage angekündigt. Des Weiteren hat die Beklagte mit diesem Rundschreiben auch über die vertraglich vereinbarten Leistungen außerhalb des EBM (Sonderverträge) informiert. Damit war den Vertragsärzten unmissverständlich klar, zu welchen Preisen die ab 1. Januar 2009 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen vergütet werden.
Letztlich kommt es jedoch auch die Beurteilung dieser Frage nicht an, da die Klägerin eine Beschwer durch die (fehlende oder verspätete) Regelung nicht vorgetragen hat.
2. Rechtzeitige Vereinbarung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen + 3. Anpassungen bei nicht vorhersehbarem Anstieg der morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs
Die Klägerin rügt vorsorglich, dass die morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen entsprechend § 87a Absatz 3 Satz 1 i. V. m. § 87c Absatz 4 Satz 1 SGB V nicht rechtzeitig bis zum 15. November 2008 vereinbart worden sei, da sich den der Klägerin vorliegenden Unterlagen dies nicht entnehmen lasse.
Auch hier ist jedoch eine konkrete Beschwer des Klägers weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich. Der Kläger übersieht, dass vorliegend das Quartal III/2010 streitgegenständlich ist. Weitere Ausführungen erübrigen sich deshalb. Unabhängig davon verkennt der Kläger, dass § 9 HVV 2009 den unvorhersehbaren Anstieg der Morbidität gemäß § 87a Absatz 3 Satz 4 SGB V und § 87b Absatz 2 Satz 5 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) bereits ab dem Quartal I/2009, regelt. § 9 HVV 2009 nimmt auf Teil E und F der Beschlüsse EBewA 2008 Bezug. In Teil E dieser Beschlüsse hat der EBewA das Verfahren zur Bestimmung des Umfangs des nicht vorhersehbaren Anstiegs des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs nach § 87a Absatz 3 Satz 4 geregelt. In Teil F Ziffer 3.3 ist geregelt, dass Nachzahlungen von Krankenkassen auf Grund des im Beschluss Teil E festgelegten Verfahrens zu Nachzahlungen im Rahmen der Honorarbescheidung der Abrechnungsquartale nach den angeforderten Leistungen führen. Diese Regelung findet sich nahezu wortgleich in § 9 HVV 2009. Den gesetzlichen Vorgaben wurde damit Rechnung getragen.
II. Umsetzung in der HVV 2009 entsprechend den Vorgaben des Bewertungsausschusses
1. Ausnahmen bezüglich der RLV-relevanten Arztgruppen ohne gesetzliche Grundlage und Differenzierung nach Qualitätsmerkmalen (Ziffer 2 der Anlage 1 zu Teil B HVV 2009)
Soweit der Kläger seine Argumentation darauf stützt, die Vertragsparteien hätten von der Ermächtigung in Ziffer 2 der Anlage 1 zu Teil F der Beschlüsse EBewA 2008 Gebrauch gemacht und Abweichungen bei Arztgruppen von dem Beschluss des Bewertungsausschusses vorgenommen, was auf Grund der nichtigen Vorgaben des Bewertungsausschusses zu einer Unwirksamkeit führe, wird auf die Ausführungen zu A. III. 4. verwiesen.
Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, HVV 2009 sei insofern rechtswidrig, als darin die nichtige Vorgabe des EBewA zu Differenzierungen nach Qualitätsmerkmalen umgesetzt würde, wird ebenfalls auf die Ausführungen zu A. II. 4. verwiesen.
2. Nichtberücksichtigung des Morbiditätskriteriums "Geschlecht" (3.2.3)
Der Kläger meint, der Bewertungsausschuss habe zu Unrecht das Morbiditätskriterium "Geschlecht" außer Betracht gelassen. Dies sei in der HVV 2009 konsequent, aber ebenfalls in rechtswidriger Weise so umgesetzt worden (Teil B § 5 Nummer 4 HVV 2009). Die Kammer geht jedoch davon aus, dass der EBewA aufgrund der genauen Analyse des Datenmaterials festgestellt hat, dass sich das Kriterium Geschlecht nicht zur Abbildung der Morbidität eignet, da das abgerechnete Volumen durch dieses Kriterium nicht signifikant beeinflusst wird (s.o.).
III. Fehlerhafte Umsetzungen der Vorgaben des Bewertungsausschusses in der HVV 2009
1. Vorwegabzug im fachärztlichen Bereich – Ziffer 2.2 der Anlage 4 zu Teil B der HVV 2009
Gemäß § 87b Absatz 4 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) bestimmt der Bewertungsausschuss das Verfahren zur Berechnung der Regelleistungsvolumina. ( ) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen stellen gemäß den Vorgaben des Bewertungsausschusses die für die Zuweisung der RLV nach Absatz 5 anzuwendende Berechnungsformel fest.
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass keine Grundlage in den Beschlüssen des EBewA zu finden sei für die in Ziffer 2.2. der Anlage 4 zu Teil B der HVV 2009 vorgenommenen Vorwegabzüge für: • anästhesiologische Leistungen • Leistungen der Gastroskopie • Leitungen der Bronchoskopie • Leistungen der Cystoskopie • Leitungen der Koronarangiographie • kurativ-stationäre Leistungen, sofern diese nicht entsprechend Teil A der HVV außerhalb der MGV vergütet werden. Jedoch können nach § 87b Absatz 2 Satz 7 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden, wenn sie besonders gefördert werden sollen oder soweit dies medizinisch oder aufgrund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist. Dabei bestimmt der Bewertungsausschuss nach § 87b Absatz 4 Satz 2 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) Vorgaben zur Umsetzung von Absatz 2 Satz 3, 6 und 7. Die Vorgaben des erweiterten Bewertungsausschusses hat die Beklagte in ihren HVV übernommen. Sie hat neben den Vorgaben des EBewA lediglich weitere besonders förderungswürdige Leistungen im HVV aufgenommen. Dadurch hat die Beklagte die rechtlichen Grenzen ihrer Gestaltungsmacht, die vor allem aus grundrechtlichen Rechtsgehalten, dem Sicherstellungsauftrag nach § 72 Absatz 1 Satz 1 SGB V sowie den Bestimmungen des § 87b Absatz 2 Satz 7 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) folgen, nicht verletzt. Aus dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich nicht entnehmen, dass der Bewertungsausschuss die besonders förderungswürdigen Leistungen abschließend festlegt. Das Gesetz geht lediglich davon aus, dass der Bewertungsausschuss Vorgaben zur Umsetzung von § 87b Absatz 2 Satz 7 SGB V bestimmt, nicht aber, dass er den Inhalt dieser Leistungen abschließend festlegt.
Der Bewertungsausschuss ist nach § 87b Absatz 4 Satz 2 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) ermächtigt, bundeseinheitlich Vorgaben zu den besonders förderungswürdigen Leistungen festzulegen. Von dieser Ermächtigung hat der EBewA in dem angeführten Beschluss Gebrauch gemacht. Hingegen ist ein Beschluss zur grundsätzlichen Unzulässigkeit weiterer besonders förderungswürdiger Leistungen nicht gefasst worden. Der Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses hinsichtlich der Vorgaben zu den besonders förderungswürdigen Leistungen kann nicht als Verbot der Festlegung weiterer besonders förderungswürdiger Leistungen ausgelegt werden.
Bestätigt wird die Kompetenz der Vertragspartner auf Landesebene, über den Beschluss des Bewertungsausschusses hinaus weitere vertragsärztliche Leistungen als besonders förderungswürdige Leistungen aus dem RLV auszunehmen, auch durch die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27. Juni 2012 – B 6 KA 28/11 R). Das BSG betont die auch im Zusammenhang mit den förderungswürdigen Leistungen weiterhin bestehende Kompetenz der regionalen Vertragspartner und deren Gestaltungsspielraum (BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 – B 6 KA 28/11 R, Rn. 37ff.).
Im Übrigen ist in keiner Weise substantiiert dargetan, inwieweit der Kläger durch die entsprechenden Regelungen im HVV beschwert ist.
2. Abgestaffelte Vergütung nach Nr. 1.3 der Anlage zu Teil B HVV (3.3.5)
Zwar vertritt der Kläger die Ansicht, Anlage 2 zu Teil B HVV 2009, Ziffer 1.3, wonach die Leistungen, die gemäß 1.2. nach Ausschöpfung des Honorarvolumens verbleiben, mit abgestaffelten Preisen vergütet werden, habe im Beschluss des Bewertungsausschusses (Anlage 1 zu Teil F Nr. 5) keine Grundlage. Jedoch ergibt sich die Rechtmäßigkeit der abgestaffelten Vergütung bereits aus den gesetzlichen Regelungen zum RLV, wonach entsprechend § 87b Absatz 2 Satz 3 SGB V (in der Fassung vom 26. März 2007) RLV-Überschreitungen abgestaffelt zu vergüten sind.
3. Ausgleich überproportionaler Honorarverluste durch die Beklagte § 12 Absatz 1 HVV 2009
Entgegen Teil F der Beschlüsse EBewA 2008, wonach vorgegeben ist, dass Ausgleichszahlungen bei überproportionalen Honorarverlusten von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den (Landesverbänden der) Krankenkassen geleistet werden können, bestimmt § 12 Absatz 1 HVV 2009, dass die Beklagte allein hierfür zuständig ist.
Der Kläger hat jedoch nicht substantiiert vorgetragen, inwiefern er durch § 12 Absatz 1 HVV 2009 beschwert ist.
IV. Perpetuierung der Fehler in der HVV 2009
Soweit der Kläger angibt, der Bewertungsausschuss habe die Vorgaben des Gesetzgebers fehlerhaft umgesetzt und diese Fehler würden in der HVV 2009 perpetuiert, wird auf die Ausführungen zu A. verwiesen, wonach die angegriffenen Beschlüsse des EBewA nicht fehlerhaft sind bzw. etwaige den Kläger nicht beschweren.
C. Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot
Der Kläger rügt einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot. Das Bestimmtheitsgebot besagt jedoch lediglich, dass die Rechtsvorschriften so gefasst sein müssen, dass der Betroffene seine Normunterworfenheit und die Rechtslage konkret erkennen kann. Er muss sein Verhalten danach ausrichten können (vgl. BVerfGE 108, 52, 75 m.w.N.). Dabei dürfen die Anforderungen an die Klarheit und Bestimmtheit jedoch nicht übersteigert werden. Müsste jeder Tatbestand mit exakt erfassbaren Merkmalen bis ins Letzte beschrieben sein, dann wären die Normen sehr starr und/oder rein kasuistisch und könnten deshalb der Vielgestaltigkeit des Lebens und den Besonderheiten des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden (vgl. BayVerfGH NZS 2004, 264, 265). Die Regelungen müssen lediglich so genau gefasst sein, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts und mit Rücksicht auf den Normzweck gerechtfertigt ist (vgl BVerfGE 110, 371, 396 m.w.N.). Eine Auslegungsbedürftigkeit macht eine Norm nicht unbestimmt. Dem Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genügt, wenn Auslegungsprobleme mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden können (vgl BVerfGE 82, 209, 224 ff; 110, 370, 396 f m.w.N.). So können unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet werden, sofern sie der Konkretisierung durch Auslegung zugänglich sind (vgl zB BVerfGE 82, 209, 224 bis 227 zu Begriffen wie Bedarfsgerechtigkeit, Leistungsfähigkeit und Kostengünstigkeit).
Diesen Erfordernissen entsprechen die Regelungen des EBM, des Bewertungsausschusses und des HVV. Die Komplexität der Regelungen begründet keinen Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit. Der EBM und die Honorarverteilungsmaßstäbe müssen die Komplexität der von ihnen zu regelnden Verhältnisse berücksichtigen und gelegentlich auch durch generalklauselartige Ermächtigungen des Vorstandes und durch teilweise komplexe mathematische Formeln zu Einzelfall- und Härtefall-Entscheidungen Raum für sachgerechte Lösungen atypischer Fälle geben. Dementsprechend dürfen bei komplexen Regelungen die Anforderungen an ihre Klarheit und Eindeutigkeit nicht überspannt werden (vgl. BSG, Urteil vom 09. Dezember 2004 - B 6 KA 40/03 R, Rn. 53 zitiert nach juris,).
D. Konvergenzregelung
Des Weiteren ist die Problematik der Finanzierung der Honorarverluste hier nicht einschlägig, da es im Quartal III/2010 keine Konvergenzregelung mehr gab.
Gegen das ihm am 08.05.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.06.2014 Berufung eingelegt. Eine Berufungsbegründung ist nicht vorgelegt worden.
Der Kläger beantragt sachdienlich gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11.04.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Honorarbescheids für das Quartal 3/2010 vom 13.01.2011 in der Gestalt des (Teilabhilfe-)Bescheids vom 11.03.2011 und des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2012 zu verurteilen, das Honorar für das genannte Quartal ungekürzt (unquotiert) festzusetzen, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, über seine am 14.02.2011 und am 14.04.2011 eingelegten Widersprüche gegen den Honorarbescheid vom 13.01.2011 und den (Teilabhilfe-)Bescheid vom 11.03.2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er die Berufung, was vorliegend beabsichtigt sei, gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist anzumerken:
Der Kläger kann mit seinem Begehren schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die mit Bescheid vom 22.06.2010 verfügte RLV- und QZV-Zuweisung für das Quartal 3/2010 bestandskräftig geworden ist. Gemäß § 77 SGG ist ein Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, wenn der gegen ihn gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt worden ist. Der Senat hat hierzu im Beschluss vom 25.10.2016 (- L 5 KA 894/15, - nicht veröffentlicht) Folgendes ausgeführt:
Die Zuweisung des RLV erfolgte in Form einer eigenständigen Regelung und stellt daher einen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 SGB X dar. Soweit dem klägerseits entgegengebracht wird, die RLV-Zuweisung sei nicht unterzeichnet gewesen und habe keine Rechtsbehelfsbelehrung beinhaltet, bedingt dies keine abweichende Beurteilung der Qualifizierung der RLV-Zuweisung als Verwaltungsakt. Gemäß § 33 Abs. 5 Satz 1 SGB X können bei einem Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatisierter Einrichtungen erlassen wird, entgegen der ansonsten nach § 33 Abs. 3 Satz 1 SGB X bestehenden Notwendigkeit, die Unterschrift und die Namenswiedergabe des Behördenleiters fehlen, ohne dass der Verwaltungsakt deswegen formell rechtswidrig ist. Auch das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, sondern einzig dazu, dass die Frist zur Einlegung des Rechtsbehelfs nicht zu laufen beginnt (vgl. § 66 Abs. 1 SGG) und die Einlegung desselben innerhalb eines Jahres möglich ist (vgl. § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Wie aus der in § 87b Abs. 5 Satz 2 SGB V a.F. für die Zuweisung des RLV angeordneten Geltung des § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V und der dortigen Bestimmung, dass Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung haben, die es nicht bedurft hätte, wenn die Zuweisung nur zusammen mit dem Honorarbescheid anfechtbar wäre, folgt, ist die Zuweisung des RLV gesondert anfechtbar (BSG, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R - in juris, dort Rn. 10; Urteil des erkennenden Senats vom 05.10.2016 - L 5 KA 773/13 -, in juris). Eine Anfechtung der RLV-Zuweisung vermag der Senat ebenso wenig wie das SG, in der Anfechtung des Honorarbescheides zu erkennen. Der Widerspruch der anwaltlich vertretenen Klägerin richtete sich ausdrücklich - sowohl im Betreff, als auch im Antrag - gegen den Honorarbescheid vom 16.04.2012, sodass eine Auslegung des klägerischen Vorbringens, dass auch der Zuweisungsbescheid - bei damals noch offenen Widerspruchsfristen - angefochten sein sollte, nicht möglich ist. Aus der gesonderten Anfechtbarkeit folgt, dass ein Vertragsarzt, der die Zuweisung eines RLV hat bestandskräftig werden lassen, an diese Festsetzung gebunden ist und im nachfolgenden Honorarstreitverfahren nicht mehr deren Fehlerhaftigkeit geltend machen kann (BSG, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R -; Urteile des erkennenden Senat vom 24.02.2016 - L 5 KA 1991/13 - und vom 05.10.2016 - L 5 KA 773/13 -, jew. in juris). Mithin kann die Klägerin im vorliegenden Honorarstreit mit ihren Einwänden gegen die Zuweisung des RLV nicht durchdringen.
Diese Ausführungen gelten hier entsprechend. Der Widerspruch, den der anwaltlich vertretene Kläger am 16.02.2011 erhoben hat, hat sich nur gegen den Honorarbescheid vom 13.01.2011 (Quartal 3/2010), nicht aber gegen die zuvor für das Quartal 3/2010 mit Bescheid vom 22.06.2010 verfügte RLV- und QZV-Zuweisung gerichtet.
Die Beklagte hat auch das Honorar des Klägers für das Quartal 3/2010 rechtsfehlerfrei festgesetzt. Hinsichtlich der - ersichtlich im Vordergrund stehenden - Einwendungen des Klägers gegen die hier maßgeblichen EBewA-Beschlüsse (Nichtberücksichtigung regionaler Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur und Nichtberücksichtigung des Morbiditätskriteriums "Geschlecht") bzw. gegen die hier maßgeblichen HVV-Regelungen schließt sich der Senat der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 11.12.2013 (- B 6 KA 4/13 R -, in juris) an. Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 16.03.2016 (- L 5 KA 359/14 -, nicht veröffentlicht) ausgeführt:
1. Danach ist der EBewA für das Jahr 2009 seiner Verpflichtung aus § 87c Abs 2 SGB V a. F. zwar nicht in vollem Umfang nachgekommen, Vorgaben für die Ermittlung von Indikatoren iS des § 87 Abs 2f Satz 4 SGB V a. F. vorzugeben. Zutreffend hat das BSG insoweit aber ausgeführt:
Die gesetzlichen Vorgaben für die Ermittlung derartiger Indikatoren sind allerdings nicht widerspruchsfrei, insbesondere deshalb, weil sie einerseits auf die Wirtschaftskraft der Bundesländer abstellen (§ 87c Abs 2 SGB V aF), andererseits den Vertragspartnern aber auch eine Richtschnur geben sollen, Zu- und Abschläge vom Orientierungswert zu vereinbaren, um "insbesondere regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur" zu berücksichtigen (§ 87a Abs 2 Satz 2 SGB V aF). Hier kann die Wendung "regional" nur planungsbereichsbezogen gemeint sein, weil Gesamtverträge ohnehin nur - mit Ausnahme von Nordrhein-Westfalen - für ein Bundesland geschlossen werden. So fernliegend die Annahme des EBewA wäre, er könne keine Indikatoren für die Abweichung der Wirtschaftskraft eines Bundeslandes von der bundesdurchschnittlichen Wirtschaftskraft iS des § 87c Abs 2 SGB V aF finden (zutreffende Kritik des SG Marburg - S 11 KA 340/09 - RdNr 159), so wenig folgt aus diesem Befund für die hier allein relevanten regionalen Besonderheiten der Kosten- und Versorgungsstrukturen.
So klar es ist, dass hinsichtlich der Wirtschaftskraft zwischen Bayern, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern erhebliche Unterschiede bestehen, so schwierig ist es, diese Differenzen in Bezug auf die Kosten für die vertragsärztliche Tätigkeit entsprechend abzubilden. Das beruht vor allem darauf, dass innerhalb der einzelnen, oft recht großen KÄV-Bezirke möglicherweise die gesamte Spannbreite der Kostenstrukturunterschiede, die sich auch in der Bundesrepublik finden lassen, zu verzeichnen ist. Einem einheitlichen Indikator für Bayern - begründet mit der hohen Wirtschaftskraft dieses Bundeslandes - würde sofort mit guten Gründen entgegengehalten werden, dass die Region Oberpfalz nicht mit der Region München gleich behandelt werden kann, und entsprechendes gilt sicher auch für den Erzgebirgskreis in Sachsen und die Stadt Leipzig - die, was etwa Immobilienpreise angeht - zu den eher teuren Gebieten der Bundesrepublik zählt. Entscheidend ist aber, dass die Klägerin durch potenziell defizitäre Ermittlungen des EBewA nicht beschwert ist. Der Senat hat in seinem Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 21/11 R - (BSGE 110, 258 = SozR 4-2500 § 87a Nr 1, RdNr 33 ff) ausgeführt, dass die fehlende Vorgabe von Indikatoren durch den EBewA die Vertragspartner auf regionaler Ebene nicht gehindert hat, nach eigener Entscheidung Zuschläge oder Abschläge von den Orientierungswerten zu vereinbaren. Die Vertragspartner durften nach § 87a Abs 2 Satz 2 SGB V aF solche Zuschläge nur nicht unter Verwendung von Kriterien vereinbaren, die denen widersprechen, die der BewA (unterstellt) festgelegt hat. Die Regelung des § 87a Abs 2 Satz 2 SGB V aF ist nicht in der Weise gefasst, dass ohne Vorgabe der Indikatoren zu Besonderheiten bei der Versorgungsstruktur durch den BewA jede Vereinbarung von Zuschlägen oder Abschlägen von den Orientierungswerten im Hinblick auf regionale Besonderheiten ausgeschlossen gewesen wäre. Insoweit wirkt sich die unterbliebene Umsetzung der Ermächtigung an den BewA zur Festsetzung "regionaler Indikatoren" nicht auf die Höhe des RLV der klägerischen Praxis im Quartal I/2009 aus.
Diesen Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an. Auch im vorliegenden Verfahren sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Partner der Gesamtverträge irgendeinen Anlass gesehen hätten, aus Gründen regionaler Besonderheiten innerhalb des KÄV-Bezirks für einzelne Städte oder Kreise Zuschläge zu den Orientierungswerten zu vereinbaren ...
2. Darüber hinaus setzt der angegriffene Beschluss in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG auch § 87b Abs 3 Satz 6 SGB V a. F. um. Hiernach soll der BewA zur Ermittlung der morbiditätsorientierten Gesamtvergütungen auch das Kriterium "Geschlecht" berücksichtigen. Der EBewA hat dazu in seinem Beschluss vom 27./28.8.2008 in Teil F Nr 3.2.2 festgestellt, dass durch dieses Kriterium eine signifikante Beeinflussung des abgerechneten Leistungsvolumens - bezogen auf die Gesamtheit der vertragsärztlichen Leistungen - nicht aufgezeigt wird.
Soweit die Klägerin das mit dem Hinweis in Frage stellt, dass die Lebenserwartung von Männern und Frauen unterschiedlich sei, wird das der hier maßgeblichen Fragestellung nicht gerecht. Insoweit weist das BSG zutreffend darauf hin:
"Es geht in § 87b Abs 3 Satz 6 SGB V aF nicht pauschal darum, ob die Krankenkassen insgesamt statistisch für eine weibliche Versicherte mehr Geld aufwenden als für einen männlichen, sondern darum, ob sich in der vertragsärztlichen Versorgung bezogen auf alle Arztgruppen und alle Altersstufen von Versicherten bei Frauen eine höhere Morbidität messen lässt als bei Männern. Das bedarf statistischer Ermittlungen, die weder durch Hinweise auf Banalitäten - sehr hoher Anteil weiblicher Versicherter bei Gynäkologen - noch durch Spekulationen - Frauen gehen häufiger zum Arzt als Männer - ersetzt werden können. Wenn die dem EBewA vorliegenden Abrechnungsdaten insoweit - über alle Arztgruppen gesehen - keine signifikanten Abweichungen ergeben, die auf eine geschlechtsspezifisch messbar abweichende Morbidität hindeuten, ist der EBewA seinem Auftrag nachgekommen. Der Gesetzgeber kann nicht vorgeben, dass die Realität anders ist, als sie sich tatsächlich darstellt. Er könnte allenfalls normativ bestimmen, dass die Morbidität weiblicher Versicherter um einen bestimmten Faktor höher zu gewichten ist als bei männlichen. Das ist in § 87b Abs 3 Satz 6 SGB V aF indessen nicht geschehen."
Diesen Ausführungen schließt sich der Senat ebenfalls nach eigener Prüfung an.
Der Senat hält nach erneuter Prüfung an dieser Rechtsprechung fest. Einen Anspruch auf Gewährung von Stützungszahlungen wegen Härtefalls hat der der Kläger im Klage- und im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht und hierzu auch nichts vorgetragen. Hierüber muss der Senat nicht entscheiden. Das gilt entsprechend für die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved