Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 AL 195/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 52/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Kein Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen einer Tätigkeit mit mindestens 15 Wochenstunden.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30.01.2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und die Erstattung von Leistungen einschließlich der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge iHv 20.560,16 EUR wegen einer Tätigkeit als Fahrer mit mindestens 15 Wochenstunden.
Auf den Antrag vom 17.02.2009, mit dem der Kläger unterschriftlich bestätigte, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 05.03.2009 Alg ab 17.02.2009 (bis zum Bezug einer Altersrente ab 01.12.2010) iHv 29,63 EUR täglich.
Am 25.01.2012 ging bei der Beklagten ein Schreiben des Hauptzollamts A-Stadt (HZA) ein, wonach gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei. Dieser sei von ca. Mai 2009 bis ca. November 2009 bei der Firma S. Kleintransporte (S.) und dann übergangslos bei der Firma M. Kleintransporte - J. M. (M.) beschäftigt gewesen. Dem Schreiben waren Aufstellungen über quittierte Lohnzahlungen und Arbeitszeiten beigefügt. Im Rahmen eines Strafverfahrens gegen den Inhaber von S. wurde der Kläger am 30.01.2012 als Zeuge vom HZA vernommen. Dabei gab er an, ab Mai 2009 für S. vier- bis fünfmal die Woche eine feste Tour von G-Stadt nach N-Stadt gefahren zu sein. Es sei ein Monatslohn iHv 176 EUR vereinbart worden, wobei es sich um den Betrag gehandelt habe, den er monatlich als Arbeitsloser habe hinzuverdienen dürfen. Dies habe er der Beklagten so angezeigt. Abschlagszahlungen habe er unregelmäßig erhalten. Im Hinblick auf eine ihm vorgelegte Auflistung von Fahrten bestätigte der Kläger, diese gemacht zu haben, damit er einen Überblick über seine Fahrten habe. Er sei immer abends um 21.30 Uhr in G-Stadt losgefahren und dann bis ca. 23.00 Uhr in N-Stadt gewesen. Der von ihm vorgenommene Entladevorgang habe ca. zwei Minuten gedauert. Dann habe er von der Rampe wegfahren und bis zum Aufruf durch den Lademeister warten müssen. Anschließend habe er an der Rampe das Fahrzeug wieder beladen und sei zwischen 0.00 Uhr und 2.00 Uhr nach A-Stadt zurückgefahren, wofür er wiederum ca. 1 1/2 Stunden benötigt habe. Die Wartezeit zwischen dem Entladen und Beladen habe für ihn keine Arbeitszeit dargestellt und sei auch nicht vergütet worden. Für eine Fahrt habe er so insgesamt ca. drei Stunden gebraucht. Ihm sei bislang nicht bekannt gewesen, dass er nicht mehr als 15 Stunden in der Woche arbeiten dürfe, um seinen Anspruch auf Alg nicht zu verlieren. Er habe die Nebenbeschäftigung auf jeden Fall auch bei der Agentur für Arbeit angegeben. Unterlagen habe er nach seinem Wissen nicht abgeben müssen. Nachdem er auch keine Lohnzettel erhalten habe, hätte er auch nichts zum Abgeben gehabt. Nach seinen Beschäftigungszeiten sei er nicht gefragt worden. Eigentlich habe er aus reiner Gefälligkeit für S. gearbeitet. Samstags habe er zudem auf der Rückfahrt noch den Briefkasten in G-Stadt entleert, der auf dem Weg gelegen habe. Wenn er auf seine Kosten getankt habe, habe er die entsprechenden Tankquittungen aufgehoben. Tankauslagen habe er mit einem Monatszettel gegenüber S. geltend gemacht. Wieviel er monatlich tatsächlich von S. erhalten habe, könne er nicht sagen. Nachdem S. Lohn- und Tankkosten schuldig geblieben sei, habe er dort aufgehört zu arbeiten. Dann sei er für M. gefahren. Dort seien dieselben Bedingungen vereinbart gewesen (unter anderem: 20 EUR pro N-Stadt -Fahrt). Für M. sei er bis März 2011 gefahren und habe die N-Stadt -Tour an 5 Tagen in der Woche gemacht sowie zusätzlich noch eine A.-Tour einmal wöchentlich. Darüber hinaus habe er unter der Woche noch eine kleine Tour für ein paar Monate gemacht. Bei M. seien ihm 165 EUR aufs Konto überwiesen worden. Zusätzlich habe er noch weiteren Lohn in bar bekommen und Quittungen unterschrieben. Die Arbeit habe er nicht wegen des Geldes gemacht, sondern nur als Beschäftigung und weil es Spaß gemacht habe. Finanziell habe es sich nicht gelohnt.
Mit Bescheid vom 16.02.2012 änderte die Beklagte den täglichen Leistungsbetrag für die Zeit vom 01.05.2009 bis 31.05.2009 auf 26,80 EUR und für die Zeit vom 01.06.2009 bis 28.06.2009 auf 22,19 EUR ab. Die Bewilligung ende im Hinblick auf die Aufnahme einer Beschäftigung zum 28.06.2009. Mit einem weiteren Bescheid vom 16.02.2012 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 01.05.2009 bis 31.05.2009 teilweise iHv 2,83 EUR und für die Zeit vom 01.06.2009 bis 28.06.2009 iHv 7,44 EUR täglich auf und verlangte die Erstattung von 293,22 EUR. Schließlich hob die Beklagte mit Bescheid vom 16.02.2012 die Bewilligung von Alg ab dem 29.06.2009 ganz auf. Der Kläger habe eine Nebentätigkeit mit mehr als 15 Stunden ausgeübt, weshalb die Arbeitslosmeldung unwirksam geworden sei. Für die Zeit vom 29.06.2009 bis 30.11.2010 sei ein überzahlter Betrag iHv 15.170,56 EUR sowie Beiträge zur Krankenversicherung iHv 4.765,98 EUR und zur Pflegeversicherung iHv 623,62 EUR zu erstatten. Gegen den "Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 16.02.2012" legte der Kläger Widerspruch ein. Von Mai bis Dezember 2009 habe er nur gefälligkeitshalber ausgeholfen und monatlich ca. 465 EUR einschließlich verauslagten Benzingelds erhalten. Ab September 2009 sei dabei nicht einmal das Benzingeld voll erstattet worden. Im Jahr 2010 sei er dann regelmäßig, allerdings wiederum für erheblich weniger als 400 EUR monatlich, beschäftigt gewesen. Die Arbeitgeber hätten vom Kläger Formulare für die Beklagte angefordert und hätten die weiteren Meldungen übernehmen wollen. Dazu habe insbesondere die Anmeldung zur Knappschaft gehört. Was tatsächlich geschehen sei, wisse er nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ab dem 29.06.2009 hätten die Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg nicht mehr vorgelegen, da ab diesem Zeitpunkt eine Erwerbstätigkeit mit 15 und mehr Stunden wöchentlich aufgenommen worden sei. Das Nebeneinkommen und die Aufnahme der Erwerbstätigkeit seien vom Kläger nicht mitgeteilt worden. Er hätte zudem wissen müssen, dass die Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg mit Aufnahme der Erwerbstätigkeit weggefallen seien. Auf Zusagen anderer, die notwendigen Meldungen vorzunehmen, hätte er sich nicht verlassen dürfen.
Gegen die vollständige Aufhebung ab 29.06.2009 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Nach seiner Erinnerung sei er gefälligkeitshalber tätig gewesen und habe ausschließlich die reinen Fahrtzeiten ersetzt bekommen. Der Zeitaufwand habe für Hin- und Rückfahrt jeweils ca. drei Stunden betragen. Er sei zwar insgesamt fünfmal wöchentlich unterwegs gewesen, dabei allerhöchstens auf 15 Stunden insgesamt gekommen. Im Ergebnis habe er weniger als 400 EUR monatlich erhalten. Die vollständige Aufhebung sei nicht gerechtfertigt und existenzvernichtend. Es hätte im Zweifel nur von dem nicht angegebenen Einkommen ausgegangen werden dürfen, nicht aber von der Arbeitszeit. So verbiete eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift das Abstellen auf die reine Zeitüberschreitung, was einer Strafvorschrift gleich käme. Strafrechtlich sei er bereits verfolgt worden und eine zweimalige Bestrafung verfassungsrechtlich verboten. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Kläger weiter angegeben, die Tour nach N-Stadt habe immer gegen 21.30 Uhr begonnen und er habe zunächst den Sprinter beladen. Dies habe ca. eine Minute in Anspruch genommen. Dann sei er über die B 17 Richtung D-Stadt und R-Stadt weiter auf der Autobahn nach N-Stadt gefahren. Für die Fahrtstrecke habe er ca. 1 Stunde 20 Minuten benötigt. Im Postzentrum sei er zur Rampe gefahren und habe dort den Wagen mit den Briefsendungen ausgeladen. Nach ca. 1 bis 2 1/2 Stunden Wartezeit habe er die Rückfahrt nach G-Stadt angetreten und im Postzentrum G-Stadt die neuen Briefsendungen entladen. Als Entgelt für die Tour seien 15 EUR pro Tour vereinbart gewesen. Es sei ein Sachverständigengutachten einzuholen, um festzustellen, dass werktags nach 21.30 Uhr bzw. nach 24.00 Uhr die Fahrtstrecke G-Stadt nach N-Stadt über D-Stadt mit einem Mercedes-Sprinter in 1 Stunde und 20 Minuten zu bewältigen sei.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 30.01.2014 abgewiesen. Ab 29.06.2009 habe der Kläger eine Tätigkeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübt. Laut den Tourenplänen der Deutschen Post sei für die Fahrt zwischen G-Stadt und N-Stadt eine Zeit von 1 Stunde und 45 Minuten zugrunde gelegt worden. Die Einlassungen des Klägers, die Touren hätten jeweils unter drei Stunden gedauert, würden durch die Feststellungen des HZA und die eigenen Angaben im Rahmen seiner Vernehmung als Zeuge widerlegt. Dort habe der Kläger selbst angegeben, für eine einfache Fahrtstrecke ca. 1 1/2 Stunden benötigt zu haben und auch im Rahmen des Klageverfahrens zunächst vorgetragen, pro Tour ca. drei Stunden benötigt zu haben. Zur Arbeitszeit würden auch Tankvorgänge und das Beladen des Fahrzeugs zählen. Weiter sei beim HZA eingeräumt worden, auf dem Rückweg am Samstag auch noch den Briefkasten in G-Stadt geleert zu haben. Die Wartezeit in N-Stadt stelle ebenfalls Arbeitszeit dar, da der Kläger in dieser Zeit in seinem Fahrzeug bzw. in der Nähe des Fahrzeugs habe sein müssen, damit er den Arbeitsaufruf umgehend nachkommen könne. Schließlich sei noch eine sogenannte A.-Tour gefahren worden, für die einmal wöchentlich über drei Stunden von der Deutschen Post angesetzt gewesen seien. Ein Sachverständigengutachten sei nicht nötig, da bereits unabhängig von einer einfachen Fahrtzeit von 1 Stunde und 20 Minuten angesichts der weiteren Arbeitszeiten von einer Tätigkeit von über 15 Stunden pro Woche auszugehen sei. Bei Unterschreitungen der 15-Stunden-Grenze sei der Alg-Anspruch gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) entfallen gewesen. Der Kläger habe seine Mitteilungspflicht, die im ausgehändigten Merkblatt erläutert gewesen sei, verletzt. Er habe sich nicht auf die Zusagen des Arbeitgebers, die erforderlichen Mitteilungen zu machen, verlassen dürfen. Es bestehe kein Ermessen für die Beklagte bei ihrer Entscheidung und es liege auch kein Verstoß gegen das Verbot einer Doppelbestrafung vor.
Dagegen hat der Kläger Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Pro Tour könnten nicht 3 1/2 Stunden angesetzt werden, da die Fahrtstrecke nach einer Routenermittlung nur 3 Stunden und 6 Minuten betrage. Bei einem geringen Überschreiten der Zeitgrenze wäre der komplette Wegfall des Anspruchs auf Alg die Folge. Dies habe Strafcharakter und bedeute eine verfassungswidrige Doppelbestrafung zur strafrechtlichen Strafe. Es sei das rechtliche Gehör verletzt worden, da vom SG kein Sachverständigengutachten eingeholt worden sei. Bereits zu normalen Zeiten würde die Fahrtdauer nur 1 Stunde und 32 Minuten betragen, er sei aber zur Nachtzeit unterwegs gewesen, in der man allerhöchstens 1 Stunde und 20 Minuten oder sogar weniger benötige. Damit habe er mit den Fahrtdiensten unter der Grenze von 15 Stunden gelegen. Die Wartezeiten hätten nicht fiktiv angesetzt werden dürfen, da er hierfür kein Geld bekommen habe. Letztlich habe er nicht einmal seine Auslagen, geschweige denn seine Entlohnung für die Fahrtzeiten erhalten. Sein Auftraggeber sei in Insolvenz gegangen. Schließlich habe er seine Nebentätigkeit ausschließlich zu Abend- und Nachtzeiten verrichtet und sei deshalb zu den üblichen Arbeitszeiten ohne jede Einschränkung dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden. Selbst ohne Begehung einer Ordnungswidrigkeit könne die streitgegenständliche Fahrtstrecke in einer Zeit von 1 Stunde und 15 Minuten oder weniger zurückgelegt werden. Die Nichtvergütung der Wartezeit sei nicht sittenwidrig. Seine Rente liege im unpfändbaren Bereich.
Der Kläger beantragt: 1. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30.01.2014, zugestellt am 13.02.2014, Az.: S 7 AL 195/12, wird aufgehoben. 2. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 16.02.2012 sowie der Widerspruchsbescheid vom 11.06.2012 werden aufgehoben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Entscheidung des SG gehe von den Angaben und Aufzeichnungen des Klägers aus, der lediglich Teile der Arbeitszeit nicht als solche interpretiert habe. Der Irrtum über die rechtliche Relevanz einer Überschreitung von 15 Stunden habe beim Kläger nicht entstehen können. Die Ausführungen im Merkblatt seien eindeutig. Eine eigene Interpretation habe ihm nicht zugestanden. Die Ausführungen zur Doppelbestrafung seien irrelevant.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 16.02.2012, die Zeit ab 29.06.2009 betreffend, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Beklagte war berechtigt, die Bewilligung von Alg für die Zeit ab 29.06.2009 gegenüber dem Kläger aufzuheben und die Erstattung des für die Zeit vom 29.06.2009 bis 30.11.2010 gezahlten Alg in Höhe von 15.170,56 EUR sowie der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 5.389,60 EUR zu fordern.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dessen Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebene Pflicht zur Mitteilung wesentlicher, für ihn nachteilige Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist und die Frist des § 48 Abs. 4 SGB X eingehalten ist. Gleiches gilt, wenn der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X).
Im Hinblick auf die Beschäftigung des Klägers bei S. bzw. M. ab Mai 2009 mit 15 Wochenstunden und mehr ist eine wesentliche Änderung eingetreten, die zur Rechtswidrigkeit der Bewilligung von Alg im Bescheid vom 05.03.2009 geführt hat. Ab 29.06.2009 hatte der Kläger gar keinen Anspruch mehr auf Alg, denn er hat eine Beschäftigung mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübt und war daher nicht mehr arbeitslos gewesen. Im Rahmen der Erstangaben gegenüber dem HZA war erstmals für die Beschäftigungswoche bzw. Kalenderwoche am 29.06.2009 eine wöchentliche Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden angegeben worden.
Nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III i.d.F. des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - BGBl I 2848 (SGB III a.F.) setzt der Anspruch auf Alg unter anderem Arbeitslosigkeit voraus. Die hierfür notwendige Beschäftigungslosigkeit im Sinne von § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 SGB III a.F. liegt bei Personen vor, die vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, wobei die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung unschädlich ist. Gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt.
Zur Überzeugung des Senates steht fest, dass der Kläger in der Zeit ab 29.06.2009 eine Tätigkeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübt hat. Dies ergibt sich zunächst aus den eigenen Angaben des Klägers, die dieser bei seiner Zeugeneinvernahme beim HZA gemacht hat. Danach hat er ca. 1 1/2 Stunden für die Fahrt von G-Stadt nach N-Stadt und ebenfalls 1 1/2 Stunden für die Rückfahrt gebraucht. Diese Angabe ist vom Kläger zunächst auch nicht bestritten worden, vielmehr wurde noch im Rahmen der Klage beim SG angegeben, der Zeitaufwand für die Hin- und Rückfahrt habe ca. 3 Stunden betragen. Erst nachdem dem Kläger die Folgen des Zeitaufwands bewusst geworden sind, wurde vorgebracht, die Fahrten hätten nur ca. einfach 1 Stunde und 20 Minuten in Anspruch genommen. Insofern sieht der Senat diese Angaben lediglich als nachträgliche Schutzbehauptung an. Dass die Dauer von 1 1/2 Stunden auch realistisch erscheint, ergibt sich daraus, dass es sowohl nach Angaben der Beklagten die einfache Strecke laut Routenplaner mit 1 Stunde und 34 Minuten bzw. nach Angaben des Klägers im Berufungsverfahren 1 Stunde und 32 Minuten unter normalen Bedingungen in Anspruch nimmt. Auch die Deutsche Post hat bei ihren Tourenplänen die Fahrtzeit sogar mit 1 Stunde und 45 Minuten angegeben. Völlig unerheblich ist es, ob der Klägerbevollmächtigte oder auch irgendjemand anders in der Lage ist, die Strecke in 1 Stunde und 20 Minuten oder gegebenenfalls sogar noch schneller zu bewältigen. Den nachvollziehbaren Angaben des Klägers nach hat er jedenfalls hierfür 1 1/2 Stunden gebraucht. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist damit nicht angezeigt und vom Kläger zuletzt auch nicht mehr beantragt worden.
Da der Kläger angegeben hat, im streitgegenständlichen Zeitraum diese Fahrten fünfmal pro Woche gemacht zu haben, ergibt sich hieraus bereits eine zeitliche Inanspruchnahme von 15 Stunden pro Woche. Hinzu kommt, dass der Kläger selbst das Fahrzeug in G-Stadt beladen, in N-Stadt entladen und wieder beladen sowie schließlich in G-Stadt wiederum entladen hat. Auch wenn hierzu nur jeweils wenige Minuten notwendig gewesen sind, kommen diese Zeiten erhöhend hinzu. Daneben hat der Kläger auch mehrmals in der Woche das Fahrzeug betankt, so dass auch hierfür weitere Minuten hinzukämen. Der Kläger hat den Zeitaufwand für das Entladen mit ca. 2 Minuten im Rahmen der Vernehmung beim HZA angegeben. Da insgesamt 4 Lade- bzw. Entladungsvorgänge vorzunehmen waren, kämen damit (mindestens) 8 Minuten pro Fahrt, mithin 40 Minuten pro Woche hinzu. Damit ist unerheblich, ob die weiteren Fahrten, wie beispielsweise die A.-Tour, bereits von Anfang an gemacht worden sind. Zudem handelt es sich auch bei den Wartezeiten in N-Stadt zwischen Ent- und Beladen des Fahrzeugs um Arbeitszeit. Dem Kläger war es nicht freigestellt, wo und wie er die Wartezeit verbrachte, da er sich für den Aufruf durch den Lademeister bereithalten musste. So hat dies der Kläger auch selbst angegeben.
Für die Beurteilung, ob eine mehr als kurzzeitige Beschäftigung im Sinne von § 119 Abs. 3 Satz 1 SGB III a.F. ausgeübt wird, kommt es nicht darauf an, ob diese tatsächlich entgeltlich erfolgt ist. Wie der Kläger aber zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem SG angegeben hat, war eine feste Vergütung pro Fahrt vereinbart gewesen. Darüber hinaus kommt es nicht darauf an, zu welcher Zeit diese Tätigkeit ausgeübt wird, da alleine das Erreichen der Grenze von 15 Stunden wöchentlich maßgeblich ist. Auch nach den obigen Ausführungen ist unabhängig davon, wie lange der Kläger selbst für die Verrichtung der Tätigkeit benötigt hat, festzustellen, dass eine Inanspruchnahme von mindestens 15 Stunden pro Woche für die vereinbarten Fahrten objektiv notwendig gewesen ist.
Der Kläger war damit in den Zeiten, in denen er mindestens 15 Stunden pro Woche ab dem 29.06.2009 gearbeitet hat, nicht mehr arbeitslos. Die Aufnahme der Beschäftigung mit mindestens 15 Stunden pro Woche hat der Kläger der Beklagten nicht mitgeteilt. Eine entsprechende Meldung kann den Akten nicht entnommen werden und der Kläger hat selbst angegeben, er habe sich darauf verlassen, dass der Arbeitgeber, wie angekündigt, die entsprechende Meldung übernehme, er es damit nicht selbst gemeldet habe. Es erscheint daher für den Senat nicht glaubhaft, dass der Kläger die Beschäftigungsaufnahme tatsächlich dergestalt mitgeteilt hat, dass ein Erreichen der 15-Stunden-Grenze pro Woche für die Beklagte hätte erkennbar sein können.
Die Bewilligung der Leistungen im Zeitraum ab dem 29.06.2009 beruhte auf Angaben, die der Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unwichtig gemacht hat bzw. deren Änderung der Kläger nicht mitgeteilt hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt im besonders schweren Maße verletzt hat. Der Betroffene muss schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und deshalb dasjenige nicht beachtet haben, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Es ist auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit sowie die besonderen Umstände des Einzelfalls abzustellen. Es ist nicht ein objektiver, sondern ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen; es gilt der subjektive Fahrlässigkeitsbegriff (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2001 - B 11 AL 21/00 R; Urteil des Senats vom 23.05.2012 - L 10 AL 32/09).
Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) war der Kläger verpflichtet, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Alg-Bewilligung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen. Insofern liegt hier eine Sorgfaltspflichtverletzung vor, da der Kläger gegen die ihm im nachweislich ausgehändigten Merkblatt 1 für Arbeitslose, dessen Kenntnisnahme der Kläger unterschriftlich im Alg-Antrag bestätigt hat, bekanntgemachte Mitteilungspflicht bezüglich entsprechender Veränderungen der Arbeitszeit und einer Beschäftigungsaufnahme im Hinblick auf seine Nebentätigkeit verstoßen hat (vgl. dazu Urteil des Senats a.a.O.; Urteil vom 27.05.2004 - L 10 AL 199/02; Urteil vom 17.12.2007 - L 10 AL 66/07). Das Merkblatt 1 für Arbeitslose (Stand März 2008) enthält auf der Seite 13 ff. den unmissverständlichen Hinweis, dass die Aufnahme jeder Beschäftigung unverzüglich mitzuteilen ist. Die Anzeige soll danach zudem im eigenen Interesse des Arbeitslosen vor Beschäftigungsaufnahme erfolgen. Der Kläger war somit vollständig informiert und ihm war die Erheblichkeit der Wochenarbeitszeit bewusst, auch insoweit weist das Merkblatt auf Seite 13 klar und deutlich darauf hin, dass der Anspruch auf Alg bei Ausübung einer Tätigkeit mit mindestens 15 Stunden wöchentlich entfällt. Unter "Mitwirkungs- und Mitteilungspflicht" werden die entsprechenden Pflichten auf Seite 47 ff. des Merkblatts nochmals eingehend erläutert, insbesondere dass alle späteren Änderungen zu Angaben unaufgefordert und sofort mitzuteilen seien. Weiter wird ausgeführt, dass man sich nicht auf eventuelle Zusagen anderer, z. B. des Arbeitgebers in Bezug auf die Mitteilung einer Beschäftigungsaufnahme, verlassen solle und die Verpflichtung ausschließlich den Arbeitslosen selbst betreffe. Schließlich wurde der Kläger auch in den von ihm unterschriebenen Antragsformular unterrichtet, dass Änderungen unverzüglich anzuzeigen sind. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Kläger nicht die nötige Einsichtsfähigkeit hatte, das Merkblatt zu verstehen. Zumindest grobe Fahrlässigkeit lag damit vor. Sofern der Kläger das Merkblatt für Arbeitslose nicht zur Kenntnis genommen haben sollte, kann darin der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit begründet werden, da er gegenüber der Beklagten unterschriftlich bestätigt hat, das Merkblatt zur Kenntnis genommen zu haben (vgl. Urteil des Senats vom 17.12.2007 - L 10 AL 66/07 - und vom 11.12.2014 - L 10 AL 263/13).
Auch die Voraussetzungen einer Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III wären zur Überzeugung des Senats gegeben. Der Kläger wusste bzw. wusste nicht, weil er die erforderliche Sorgfalt im besonders schweren Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes durch die Ausübung der Fahrertätigkeit mit mindestens 15 Stunden wöchentlich weggefallen ist. Das Merkblatt beschreibt auf Seite 13 und 14 ausdrücklich, dass der Anspruch auf Alg entfällt, wenn die aufgenommene Beschäftigung oder Tätigkeit mindestens 15 Stunden in der Kalenderwoche erfordert. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger diese Hinweise nicht hätte verstanden haben können. Somit liegt auch hier eine grobe Fahrlässigkeit im Sinne eines subjektiven Fahrlässigkeitsbegriffs vor.
Die Beklagte hat die Jahresfrist aus § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten. Ein Ermessen hatte die Beklagte bei der Aufhebung der Leistungsbewilligung nicht; sie war zum Erlass des angefochtenen Verwaltungsaktes und der Aufhebung für die Vergangenheit rechtlich verpflichtet, § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III. Es handelt sich dabei auch nicht um eine Bestrafung des Klägers, sondern es ist lediglich die rechtswidrige Bewilligung aufgehoben worden. Dies ist auch nicht unverhältnismäßig, da der Anspruch auf Alg auch dann nicht bestanden hätte, wenn der Kläger die Tätigkeitsaufnahme mitgeteilt hätte, da eine Tätigkeit mit mindestens 15 Stunden wöchentlich bereits zum Wegfall des Anspruchs auf Alg führt.
Für Zeiten nach dem 29.06.2009, in denen die 15-Stunden-Grenze grds. unterschritten gewesen sein sollte (nach den eigenen Angaben des Klägers zB 10.08.2009 bis 14.08.2009) ist ein Anspruch auf Alg nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III a.F. entfallen. Mangels persönlicher Arbeitslosmeldung waren auch in diesen Zeiträumen die Anspruchsvoraussetzungen nicht gegeben.
Nach § 50 Abs. 1 SGB X hat der Kläger deshalb das im Zeitraum vom 29.06.2009 bis 30.11.2010 zu Unrecht erhaltene Alg im Umfang von 15.170,56 EUR zu erstatten. Die Erstattung der von der Beklagten für den Kläger in diesem Zeitraum geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 5.389,60 EUR folgt aus § 335 Abs. 1 u. 5 SGB III. Der Kläger hat pflichtwidrig die Beschäftigungsaufnahme jedenfalls nicht in vollem Umfang angezeigt, so dass das Erstattungsverlangen hinsichtlich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auch nicht unbillig ist (vgl. dazu Urteil des Senats vom 23.05.2012 - L 10 AL 32/09 - m.w.N.).
Die Berufung war somit als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 u. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und die Erstattung von Leistungen einschließlich der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge iHv 20.560,16 EUR wegen einer Tätigkeit als Fahrer mit mindestens 15 Wochenstunden.
Auf den Antrag vom 17.02.2009, mit dem der Kläger unterschriftlich bestätigte, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 05.03.2009 Alg ab 17.02.2009 (bis zum Bezug einer Altersrente ab 01.12.2010) iHv 29,63 EUR täglich.
Am 25.01.2012 ging bei der Beklagten ein Schreiben des Hauptzollamts A-Stadt (HZA) ein, wonach gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei. Dieser sei von ca. Mai 2009 bis ca. November 2009 bei der Firma S. Kleintransporte (S.) und dann übergangslos bei der Firma M. Kleintransporte - J. M. (M.) beschäftigt gewesen. Dem Schreiben waren Aufstellungen über quittierte Lohnzahlungen und Arbeitszeiten beigefügt. Im Rahmen eines Strafverfahrens gegen den Inhaber von S. wurde der Kläger am 30.01.2012 als Zeuge vom HZA vernommen. Dabei gab er an, ab Mai 2009 für S. vier- bis fünfmal die Woche eine feste Tour von G-Stadt nach N-Stadt gefahren zu sein. Es sei ein Monatslohn iHv 176 EUR vereinbart worden, wobei es sich um den Betrag gehandelt habe, den er monatlich als Arbeitsloser habe hinzuverdienen dürfen. Dies habe er der Beklagten so angezeigt. Abschlagszahlungen habe er unregelmäßig erhalten. Im Hinblick auf eine ihm vorgelegte Auflistung von Fahrten bestätigte der Kläger, diese gemacht zu haben, damit er einen Überblick über seine Fahrten habe. Er sei immer abends um 21.30 Uhr in G-Stadt losgefahren und dann bis ca. 23.00 Uhr in N-Stadt gewesen. Der von ihm vorgenommene Entladevorgang habe ca. zwei Minuten gedauert. Dann habe er von der Rampe wegfahren und bis zum Aufruf durch den Lademeister warten müssen. Anschließend habe er an der Rampe das Fahrzeug wieder beladen und sei zwischen 0.00 Uhr und 2.00 Uhr nach A-Stadt zurückgefahren, wofür er wiederum ca. 1 1/2 Stunden benötigt habe. Die Wartezeit zwischen dem Entladen und Beladen habe für ihn keine Arbeitszeit dargestellt und sei auch nicht vergütet worden. Für eine Fahrt habe er so insgesamt ca. drei Stunden gebraucht. Ihm sei bislang nicht bekannt gewesen, dass er nicht mehr als 15 Stunden in der Woche arbeiten dürfe, um seinen Anspruch auf Alg nicht zu verlieren. Er habe die Nebenbeschäftigung auf jeden Fall auch bei der Agentur für Arbeit angegeben. Unterlagen habe er nach seinem Wissen nicht abgeben müssen. Nachdem er auch keine Lohnzettel erhalten habe, hätte er auch nichts zum Abgeben gehabt. Nach seinen Beschäftigungszeiten sei er nicht gefragt worden. Eigentlich habe er aus reiner Gefälligkeit für S. gearbeitet. Samstags habe er zudem auf der Rückfahrt noch den Briefkasten in G-Stadt entleert, der auf dem Weg gelegen habe. Wenn er auf seine Kosten getankt habe, habe er die entsprechenden Tankquittungen aufgehoben. Tankauslagen habe er mit einem Monatszettel gegenüber S. geltend gemacht. Wieviel er monatlich tatsächlich von S. erhalten habe, könne er nicht sagen. Nachdem S. Lohn- und Tankkosten schuldig geblieben sei, habe er dort aufgehört zu arbeiten. Dann sei er für M. gefahren. Dort seien dieselben Bedingungen vereinbart gewesen (unter anderem: 20 EUR pro N-Stadt -Fahrt). Für M. sei er bis März 2011 gefahren und habe die N-Stadt -Tour an 5 Tagen in der Woche gemacht sowie zusätzlich noch eine A.-Tour einmal wöchentlich. Darüber hinaus habe er unter der Woche noch eine kleine Tour für ein paar Monate gemacht. Bei M. seien ihm 165 EUR aufs Konto überwiesen worden. Zusätzlich habe er noch weiteren Lohn in bar bekommen und Quittungen unterschrieben. Die Arbeit habe er nicht wegen des Geldes gemacht, sondern nur als Beschäftigung und weil es Spaß gemacht habe. Finanziell habe es sich nicht gelohnt.
Mit Bescheid vom 16.02.2012 änderte die Beklagte den täglichen Leistungsbetrag für die Zeit vom 01.05.2009 bis 31.05.2009 auf 26,80 EUR und für die Zeit vom 01.06.2009 bis 28.06.2009 auf 22,19 EUR ab. Die Bewilligung ende im Hinblick auf die Aufnahme einer Beschäftigung zum 28.06.2009. Mit einem weiteren Bescheid vom 16.02.2012 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 01.05.2009 bis 31.05.2009 teilweise iHv 2,83 EUR und für die Zeit vom 01.06.2009 bis 28.06.2009 iHv 7,44 EUR täglich auf und verlangte die Erstattung von 293,22 EUR. Schließlich hob die Beklagte mit Bescheid vom 16.02.2012 die Bewilligung von Alg ab dem 29.06.2009 ganz auf. Der Kläger habe eine Nebentätigkeit mit mehr als 15 Stunden ausgeübt, weshalb die Arbeitslosmeldung unwirksam geworden sei. Für die Zeit vom 29.06.2009 bis 30.11.2010 sei ein überzahlter Betrag iHv 15.170,56 EUR sowie Beiträge zur Krankenversicherung iHv 4.765,98 EUR und zur Pflegeversicherung iHv 623,62 EUR zu erstatten. Gegen den "Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 16.02.2012" legte der Kläger Widerspruch ein. Von Mai bis Dezember 2009 habe er nur gefälligkeitshalber ausgeholfen und monatlich ca. 465 EUR einschließlich verauslagten Benzingelds erhalten. Ab September 2009 sei dabei nicht einmal das Benzingeld voll erstattet worden. Im Jahr 2010 sei er dann regelmäßig, allerdings wiederum für erheblich weniger als 400 EUR monatlich, beschäftigt gewesen. Die Arbeitgeber hätten vom Kläger Formulare für die Beklagte angefordert und hätten die weiteren Meldungen übernehmen wollen. Dazu habe insbesondere die Anmeldung zur Knappschaft gehört. Was tatsächlich geschehen sei, wisse er nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ab dem 29.06.2009 hätten die Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg nicht mehr vorgelegen, da ab diesem Zeitpunkt eine Erwerbstätigkeit mit 15 und mehr Stunden wöchentlich aufgenommen worden sei. Das Nebeneinkommen und die Aufnahme der Erwerbstätigkeit seien vom Kläger nicht mitgeteilt worden. Er hätte zudem wissen müssen, dass die Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg mit Aufnahme der Erwerbstätigkeit weggefallen seien. Auf Zusagen anderer, die notwendigen Meldungen vorzunehmen, hätte er sich nicht verlassen dürfen.
Gegen die vollständige Aufhebung ab 29.06.2009 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Nach seiner Erinnerung sei er gefälligkeitshalber tätig gewesen und habe ausschließlich die reinen Fahrtzeiten ersetzt bekommen. Der Zeitaufwand habe für Hin- und Rückfahrt jeweils ca. drei Stunden betragen. Er sei zwar insgesamt fünfmal wöchentlich unterwegs gewesen, dabei allerhöchstens auf 15 Stunden insgesamt gekommen. Im Ergebnis habe er weniger als 400 EUR monatlich erhalten. Die vollständige Aufhebung sei nicht gerechtfertigt und existenzvernichtend. Es hätte im Zweifel nur von dem nicht angegebenen Einkommen ausgegangen werden dürfen, nicht aber von der Arbeitszeit. So verbiete eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift das Abstellen auf die reine Zeitüberschreitung, was einer Strafvorschrift gleich käme. Strafrechtlich sei er bereits verfolgt worden und eine zweimalige Bestrafung verfassungsrechtlich verboten. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Kläger weiter angegeben, die Tour nach N-Stadt habe immer gegen 21.30 Uhr begonnen und er habe zunächst den Sprinter beladen. Dies habe ca. eine Minute in Anspruch genommen. Dann sei er über die B 17 Richtung D-Stadt und R-Stadt weiter auf der Autobahn nach N-Stadt gefahren. Für die Fahrtstrecke habe er ca. 1 Stunde 20 Minuten benötigt. Im Postzentrum sei er zur Rampe gefahren und habe dort den Wagen mit den Briefsendungen ausgeladen. Nach ca. 1 bis 2 1/2 Stunden Wartezeit habe er die Rückfahrt nach G-Stadt angetreten und im Postzentrum G-Stadt die neuen Briefsendungen entladen. Als Entgelt für die Tour seien 15 EUR pro Tour vereinbart gewesen. Es sei ein Sachverständigengutachten einzuholen, um festzustellen, dass werktags nach 21.30 Uhr bzw. nach 24.00 Uhr die Fahrtstrecke G-Stadt nach N-Stadt über D-Stadt mit einem Mercedes-Sprinter in 1 Stunde und 20 Minuten zu bewältigen sei.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 30.01.2014 abgewiesen. Ab 29.06.2009 habe der Kläger eine Tätigkeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübt. Laut den Tourenplänen der Deutschen Post sei für die Fahrt zwischen G-Stadt und N-Stadt eine Zeit von 1 Stunde und 45 Minuten zugrunde gelegt worden. Die Einlassungen des Klägers, die Touren hätten jeweils unter drei Stunden gedauert, würden durch die Feststellungen des HZA und die eigenen Angaben im Rahmen seiner Vernehmung als Zeuge widerlegt. Dort habe der Kläger selbst angegeben, für eine einfache Fahrtstrecke ca. 1 1/2 Stunden benötigt zu haben und auch im Rahmen des Klageverfahrens zunächst vorgetragen, pro Tour ca. drei Stunden benötigt zu haben. Zur Arbeitszeit würden auch Tankvorgänge und das Beladen des Fahrzeugs zählen. Weiter sei beim HZA eingeräumt worden, auf dem Rückweg am Samstag auch noch den Briefkasten in G-Stadt geleert zu haben. Die Wartezeit in N-Stadt stelle ebenfalls Arbeitszeit dar, da der Kläger in dieser Zeit in seinem Fahrzeug bzw. in der Nähe des Fahrzeugs habe sein müssen, damit er den Arbeitsaufruf umgehend nachkommen könne. Schließlich sei noch eine sogenannte A.-Tour gefahren worden, für die einmal wöchentlich über drei Stunden von der Deutschen Post angesetzt gewesen seien. Ein Sachverständigengutachten sei nicht nötig, da bereits unabhängig von einer einfachen Fahrtzeit von 1 Stunde und 20 Minuten angesichts der weiteren Arbeitszeiten von einer Tätigkeit von über 15 Stunden pro Woche auszugehen sei. Bei Unterschreitungen der 15-Stunden-Grenze sei der Alg-Anspruch gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) entfallen gewesen. Der Kläger habe seine Mitteilungspflicht, die im ausgehändigten Merkblatt erläutert gewesen sei, verletzt. Er habe sich nicht auf die Zusagen des Arbeitgebers, die erforderlichen Mitteilungen zu machen, verlassen dürfen. Es bestehe kein Ermessen für die Beklagte bei ihrer Entscheidung und es liege auch kein Verstoß gegen das Verbot einer Doppelbestrafung vor.
Dagegen hat der Kläger Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Pro Tour könnten nicht 3 1/2 Stunden angesetzt werden, da die Fahrtstrecke nach einer Routenermittlung nur 3 Stunden und 6 Minuten betrage. Bei einem geringen Überschreiten der Zeitgrenze wäre der komplette Wegfall des Anspruchs auf Alg die Folge. Dies habe Strafcharakter und bedeute eine verfassungswidrige Doppelbestrafung zur strafrechtlichen Strafe. Es sei das rechtliche Gehör verletzt worden, da vom SG kein Sachverständigengutachten eingeholt worden sei. Bereits zu normalen Zeiten würde die Fahrtdauer nur 1 Stunde und 32 Minuten betragen, er sei aber zur Nachtzeit unterwegs gewesen, in der man allerhöchstens 1 Stunde und 20 Minuten oder sogar weniger benötige. Damit habe er mit den Fahrtdiensten unter der Grenze von 15 Stunden gelegen. Die Wartezeiten hätten nicht fiktiv angesetzt werden dürfen, da er hierfür kein Geld bekommen habe. Letztlich habe er nicht einmal seine Auslagen, geschweige denn seine Entlohnung für die Fahrtzeiten erhalten. Sein Auftraggeber sei in Insolvenz gegangen. Schließlich habe er seine Nebentätigkeit ausschließlich zu Abend- und Nachtzeiten verrichtet und sei deshalb zu den üblichen Arbeitszeiten ohne jede Einschränkung dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden. Selbst ohne Begehung einer Ordnungswidrigkeit könne die streitgegenständliche Fahrtstrecke in einer Zeit von 1 Stunde und 15 Minuten oder weniger zurückgelegt werden. Die Nichtvergütung der Wartezeit sei nicht sittenwidrig. Seine Rente liege im unpfändbaren Bereich.
Der Kläger beantragt: 1. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30.01.2014, zugestellt am 13.02.2014, Az.: S 7 AL 195/12, wird aufgehoben. 2. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 16.02.2012 sowie der Widerspruchsbescheid vom 11.06.2012 werden aufgehoben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Entscheidung des SG gehe von den Angaben und Aufzeichnungen des Klägers aus, der lediglich Teile der Arbeitszeit nicht als solche interpretiert habe. Der Irrtum über die rechtliche Relevanz einer Überschreitung von 15 Stunden habe beim Kläger nicht entstehen können. Die Ausführungen im Merkblatt seien eindeutig. Eine eigene Interpretation habe ihm nicht zugestanden. Die Ausführungen zur Doppelbestrafung seien irrelevant.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 16.02.2012, die Zeit ab 29.06.2009 betreffend, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Beklagte war berechtigt, die Bewilligung von Alg für die Zeit ab 29.06.2009 gegenüber dem Kläger aufzuheben und die Erstattung des für die Zeit vom 29.06.2009 bis 30.11.2010 gezahlten Alg in Höhe von 15.170,56 EUR sowie der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 5.389,60 EUR zu fordern.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dessen Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebene Pflicht zur Mitteilung wesentlicher, für ihn nachteilige Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist und die Frist des § 48 Abs. 4 SGB X eingehalten ist. Gleiches gilt, wenn der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X).
Im Hinblick auf die Beschäftigung des Klägers bei S. bzw. M. ab Mai 2009 mit 15 Wochenstunden und mehr ist eine wesentliche Änderung eingetreten, die zur Rechtswidrigkeit der Bewilligung von Alg im Bescheid vom 05.03.2009 geführt hat. Ab 29.06.2009 hatte der Kläger gar keinen Anspruch mehr auf Alg, denn er hat eine Beschäftigung mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübt und war daher nicht mehr arbeitslos gewesen. Im Rahmen der Erstangaben gegenüber dem HZA war erstmals für die Beschäftigungswoche bzw. Kalenderwoche am 29.06.2009 eine wöchentliche Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden angegeben worden.
Nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III i.d.F. des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - BGBl I 2848 (SGB III a.F.) setzt der Anspruch auf Alg unter anderem Arbeitslosigkeit voraus. Die hierfür notwendige Beschäftigungslosigkeit im Sinne von § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 SGB III a.F. liegt bei Personen vor, die vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, wobei die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung unschädlich ist. Gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt.
Zur Überzeugung des Senates steht fest, dass der Kläger in der Zeit ab 29.06.2009 eine Tätigkeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübt hat. Dies ergibt sich zunächst aus den eigenen Angaben des Klägers, die dieser bei seiner Zeugeneinvernahme beim HZA gemacht hat. Danach hat er ca. 1 1/2 Stunden für die Fahrt von G-Stadt nach N-Stadt und ebenfalls 1 1/2 Stunden für die Rückfahrt gebraucht. Diese Angabe ist vom Kläger zunächst auch nicht bestritten worden, vielmehr wurde noch im Rahmen der Klage beim SG angegeben, der Zeitaufwand für die Hin- und Rückfahrt habe ca. 3 Stunden betragen. Erst nachdem dem Kläger die Folgen des Zeitaufwands bewusst geworden sind, wurde vorgebracht, die Fahrten hätten nur ca. einfach 1 Stunde und 20 Minuten in Anspruch genommen. Insofern sieht der Senat diese Angaben lediglich als nachträgliche Schutzbehauptung an. Dass die Dauer von 1 1/2 Stunden auch realistisch erscheint, ergibt sich daraus, dass es sowohl nach Angaben der Beklagten die einfache Strecke laut Routenplaner mit 1 Stunde und 34 Minuten bzw. nach Angaben des Klägers im Berufungsverfahren 1 Stunde und 32 Minuten unter normalen Bedingungen in Anspruch nimmt. Auch die Deutsche Post hat bei ihren Tourenplänen die Fahrtzeit sogar mit 1 Stunde und 45 Minuten angegeben. Völlig unerheblich ist es, ob der Klägerbevollmächtigte oder auch irgendjemand anders in der Lage ist, die Strecke in 1 Stunde und 20 Minuten oder gegebenenfalls sogar noch schneller zu bewältigen. Den nachvollziehbaren Angaben des Klägers nach hat er jedenfalls hierfür 1 1/2 Stunden gebraucht. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist damit nicht angezeigt und vom Kläger zuletzt auch nicht mehr beantragt worden.
Da der Kläger angegeben hat, im streitgegenständlichen Zeitraum diese Fahrten fünfmal pro Woche gemacht zu haben, ergibt sich hieraus bereits eine zeitliche Inanspruchnahme von 15 Stunden pro Woche. Hinzu kommt, dass der Kläger selbst das Fahrzeug in G-Stadt beladen, in N-Stadt entladen und wieder beladen sowie schließlich in G-Stadt wiederum entladen hat. Auch wenn hierzu nur jeweils wenige Minuten notwendig gewesen sind, kommen diese Zeiten erhöhend hinzu. Daneben hat der Kläger auch mehrmals in der Woche das Fahrzeug betankt, so dass auch hierfür weitere Minuten hinzukämen. Der Kläger hat den Zeitaufwand für das Entladen mit ca. 2 Minuten im Rahmen der Vernehmung beim HZA angegeben. Da insgesamt 4 Lade- bzw. Entladungsvorgänge vorzunehmen waren, kämen damit (mindestens) 8 Minuten pro Fahrt, mithin 40 Minuten pro Woche hinzu. Damit ist unerheblich, ob die weiteren Fahrten, wie beispielsweise die A.-Tour, bereits von Anfang an gemacht worden sind. Zudem handelt es sich auch bei den Wartezeiten in N-Stadt zwischen Ent- und Beladen des Fahrzeugs um Arbeitszeit. Dem Kläger war es nicht freigestellt, wo und wie er die Wartezeit verbrachte, da er sich für den Aufruf durch den Lademeister bereithalten musste. So hat dies der Kläger auch selbst angegeben.
Für die Beurteilung, ob eine mehr als kurzzeitige Beschäftigung im Sinne von § 119 Abs. 3 Satz 1 SGB III a.F. ausgeübt wird, kommt es nicht darauf an, ob diese tatsächlich entgeltlich erfolgt ist. Wie der Kläger aber zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem SG angegeben hat, war eine feste Vergütung pro Fahrt vereinbart gewesen. Darüber hinaus kommt es nicht darauf an, zu welcher Zeit diese Tätigkeit ausgeübt wird, da alleine das Erreichen der Grenze von 15 Stunden wöchentlich maßgeblich ist. Auch nach den obigen Ausführungen ist unabhängig davon, wie lange der Kläger selbst für die Verrichtung der Tätigkeit benötigt hat, festzustellen, dass eine Inanspruchnahme von mindestens 15 Stunden pro Woche für die vereinbarten Fahrten objektiv notwendig gewesen ist.
Der Kläger war damit in den Zeiten, in denen er mindestens 15 Stunden pro Woche ab dem 29.06.2009 gearbeitet hat, nicht mehr arbeitslos. Die Aufnahme der Beschäftigung mit mindestens 15 Stunden pro Woche hat der Kläger der Beklagten nicht mitgeteilt. Eine entsprechende Meldung kann den Akten nicht entnommen werden und der Kläger hat selbst angegeben, er habe sich darauf verlassen, dass der Arbeitgeber, wie angekündigt, die entsprechende Meldung übernehme, er es damit nicht selbst gemeldet habe. Es erscheint daher für den Senat nicht glaubhaft, dass der Kläger die Beschäftigungsaufnahme tatsächlich dergestalt mitgeteilt hat, dass ein Erreichen der 15-Stunden-Grenze pro Woche für die Beklagte hätte erkennbar sein können.
Die Bewilligung der Leistungen im Zeitraum ab dem 29.06.2009 beruhte auf Angaben, die der Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unwichtig gemacht hat bzw. deren Änderung der Kläger nicht mitgeteilt hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt im besonders schweren Maße verletzt hat. Der Betroffene muss schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und deshalb dasjenige nicht beachtet haben, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Es ist auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit sowie die besonderen Umstände des Einzelfalls abzustellen. Es ist nicht ein objektiver, sondern ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen; es gilt der subjektive Fahrlässigkeitsbegriff (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2001 - B 11 AL 21/00 R; Urteil des Senats vom 23.05.2012 - L 10 AL 32/09).
Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) war der Kläger verpflichtet, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Alg-Bewilligung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen. Insofern liegt hier eine Sorgfaltspflichtverletzung vor, da der Kläger gegen die ihm im nachweislich ausgehändigten Merkblatt 1 für Arbeitslose, dessen Kenntnisnahme der Kläger unterschriftlich im Alg-Antrag bestätigt hat, bekanntgemachte Mitteilungspflicht bezüglich entsprechender Veränderungen der Arbeitszeit und einer Beschäftigungsaufnahme im Hinblick auf seine Nebentätigkeit verstoßen hat (vgl. dazu Urteil des Senats a.a.O.; Urteil vom 27.05.2004 - L 10 AL 199/02; Urteil vom 17.12.2007 - L 10 AL 66/07). Das Merkblatt 1 für Arbeitslose (Stand März 2008) enthält auf der Seite 13 ff. den unmissverständlichen Hinweis, dass die Aufnahme jeder Beschäftigung unverzüglich mitzuteilen ist. Die Anzeige soll danach zudem im eigenen Interesse des Arbeitslosen vor Beschäftigungsaufnahme erfolgen. Der Kläger war somit vollständig informiert und ihm war die Erheblichkeit der Wochenarbeitszeit bewusst, auch insoweit weist das Merkblatt auf Seite 13 klar und deutlich darauf hin, dass der Anspruch auf Alg bei Ausübung einer Tätigkeit mit mindestens 15 Stunden wöchentlich entfällt. Unter "Mitwirkungs- und Mitteilungspflicht" werden die entsprechenden Pflichten auf Seite 47 ff. des Merkblatts nochmals eingehend erläutert, insbesondere dass alle späteren Änderungen zu Angaben unaufgefordert und sofort mitzuteilen seien. Weiter wird ausgeführt, dass man sich nicht auf eventuelle Zusagen anderer, z. B. des Arbeitgebers in Bezug auf die Mitteilung einer Beschäftigungsaufnahme, verlassen solle und die Verpflichtung ausschließlich den Arbeitslosen selbst betreffe. Schließlich wurde der Kläger auch in den von ihm unterschriebenen Antragsformular unterrichtet, dass Änderungen unverzüglich anzuzeigen sind. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Kläger nicht die nötige Einsichtsfähigkeit hatte, das Merkblatt zu verstehen. Zumindest grobe Fahrlässigkeit lag damit vor. Sofern der Kläger das Merkblatt für Arbeitslose nicht zur Kenntnis genommen haben sollte, kann darin der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit begründet werden, da er gegenüber der Beklagten unterschriftlich bestätigt hat, das Merkblatt zur Kenntnis genommen zu haben (vgl. Urteil des Senats vom 17.12.2007 - L 10 AL 66/07 - und vom 11.12.2014 - L 10 AL 263/13).
Auch die Voraussetzungen einer Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III wären zur Überzeugung des Senats gegeben. Der Kläger wusste bzw. wusste nicht, weil er die erforderliche Sorgfalt im besonders schweren Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes durch die Ausübung der Fahrertätigkeit mit mindestens 15 Stunden wöchentlich weggefallen ist. Das Merkblatt beschreibt auf Seite 13 und 14 ausdrücklich, dass der Anspruch auf Alg entfällt, wenn die aufgenommene Beschäftigung oder Tätigkeit mindestens 15 Stunden in der Kalenderwoche erfordert. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger diese Hinweise nicht hätte verstanden haben können. Somit liegt auch hier eine grobe Fahrlässigkeit im Sinne eines subjektiven Fahrlässigkeitsbegriffs vor.
Die Beklagte hat die Jahresfrist aus § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten. Ein Ermessen hatte die Beklagte bei der Aufhebung der Leistungsbewilligung nicht; sie war zum Erlass des angefochtenen Verwaltungsaktes und der Aufhebung für die Vergangenheit rechtlich verpflichtet, § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III. Es handelt sich dabei auch nicht um eine Bestrafung des Klägers, sondern es ist lediglich die rechtswidrige Bewilligung aufgehoben worden. Dies ist auch nicht unverhältnismäßig, da der Anspruch auf Alg auch dann nicht bestanden hätte, wenn der Kläger die Tätigkeitsaufnahme mitgeteilt hätte, da eine Tätigkeit mit mindestens 15 Stunden wöchentlich bereits zum Wegfall des Anspruchs auf Alg führt.
Für Zeiten nach dem 29.06.2009, in denen die 15-Stunden-Grenze grds. unterschritten gewesen sein sollte (nach den eigenen Angaben des Klägers zB 10.08.2009 bis 14.08.2009) ist ein Anspruch auf Alg nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III a.F. entfallen. Mangels persönlicher Arbeitslosmeldung waren auch in diesen Zeiträumen die Anspruchsvoraussetzungen nicht gegeben.
Nach § 50 Abs. 1 SGB X hat der Kläger deshalb das im Zeitraum vom 29.06.2009 bis 30.11.2010 zu Unrecht erhaltene Alg im Umfang von 15.170,56 EUR zu erstatten. Die Erstattung der von der Beklagten für den Kläger in diesem Zeitraum geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 5.389,60 EUR folgt aus § 335 Abs. 1 u. 5 SGB III. Der Kläger hat pflichtwidrig die Beschäftigungsaufnahme jedenfalls nicht in vollem Umfang angezeigt, so dass das Erstattungsverlangen hinsichtlich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auch nicht unbillig ist (vgl. dazu Urteil des Senats vom 23.05.2012 - L 10 AL 32/09 - m.w.N.).
Die Berufung war somit als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 u. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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