Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 33 KR 380/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 86/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Behandlungskosten i.H.v. 17.391,89 EUR, die in einer Privatklinik entstanden sind, sowie Fahrt- bzw. Transportkosten i.H.v. 3.600,- EUR.
Bei dem 1955 geborenen Versicherten wurde 2008 ein aggressives, weit fortgeschrittenes Urothelkarzinom der Harnblase diagnostiziert. Im August 2008 erfolgte eine operative Entfernung des Tumors und im Oktober 2008 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme. 2009 wurde nach starken Schmerzen in der Lendenwirbelsäule eine Metastase festgestellt. Mit der im Februar/ März 2009 durchgeführten Strahlentherapie konnte der Zustand des Versicherten über mehrere Monate stabil gehalten werden. Im März 2010 wurde nach einer deutlichen Raumforderung der Metastase im Lendenwirbelsäulenbereich eine (in der Dosierung) reduzierte Chemotherapie durchgeführt. Seit dem 1. April 2010 erhielt der Versicherte Pflegeleistungen gemäß Pflegestufe II und seit 1. August 2010 Leistungen nach Pflegestufe III. Von Mai 2010 bis Oktober 2010 erfolgte eine Hyperthermiebehandlung in H. bei Prof. Dr. B. (Facharzt für Radiologie und Strahlentherapie). Im August 2010 kam es wegen eines unklaren Infekts zu einer stationären Krankenhausbehandlung. Nach der Krankenhausentlassung wurde eine ambulante Behandlung durch das Palliativzentrum H. durchgeführt. Der Versicherte litt zu dieser Zeit bei einem kompletten Querschnittsyndrom, an einer Stuhlinkontinenz bei Cauda-equina-Syndrom (Kombination mehrerer neurologischer Störungen). Sein Allgemeinzustand war stark reduziert. Im September 2010 kam es zu einer Kontaktaufnahme mit Prof. Dr. A., der die private M.-Klinik in B1 betreibt und dort ein sog. Regionale Chemotherapie (RCT) durchführt, bei der das Zytostatikum örtlich regional in hoher Dosierung unter stationären Bedingungen verabreicht wird.
Die Ehefrau des Klägers beantragte am 27. Oktober die Kostenübernahme für die beabsichtigte Behandlung in der M.-Klinik. Die konservativen Behandlungsmöglichkeiten seien ausgeschöpft, der Zustand ihres Ehemanns sei ziemlich schlecht, allerdings seien seit Februar 2010 keine weiteren Metastasen aufgetreten.
Mit Schreiben vom 1. November 2011 bat die Beklagte um weitere Informationen hinsichtlich der geplanten Behandlung.
Nach einem aufwändigen Krankentransport wurde der Versicherte am 1. November 2011 in der M.-Klinik B1 aufgenommen. Wegen des schlechten Allgemeinzustands konnte die RCT nicht mehr durchgeführt werden, es erfolgte eine intensivmedizinische Behandlung in der Privatklinik, der Versicherte wurde am 18. November 2010 entlassen und zurück nach Hause transportiert, wo er am 20. November 2011 in der Wohnung verstarb, in der er mit seiner Ehefrau gemeinsam wohnte.
Die Ehefrau und Rechtsnachfolgerin des Versicherten beantragte am 23. Dezember 2012 unter Vorlage von Rechnungen die Kostenerstattung der entstanden Behandlungskosten (in Höhe von 17.624,13 EUR) und Krankentransportkosten (in Höhe von 3.600,- EUR).
Mit Bescheid vom 27. Januar 2011 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab, weil die Behandlung nicht in einem Vertragskrankenhaus durchgeführt worden sei und kein Notfall vorgelegen habe. Den am 21. Februar 2011 eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. März 2012 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 10. April 2012 Klage erhoben. Die RCT werde nur von Prof. Dr. A. in der M.-Klinik durchgeführt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei von einem Ausnahmetatbestand auszugehen. Die konservativen Behandlungsmethoden seien ausgeschöpft gewesen und eine Behandlungsalternative habe nicht bestanden. Wegen der zuvor durchgeführten Chemotherapie habe aufgrund der hieraus folgenden Pneumonitis (entzündliche Veränderung der Lunge) die RCT nicht mehr durchgeführt werden können.
Das Sozialgericht hat ein medizinisches Sachverständigengutachten der Fachärztin für Innere Medizin, Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie, Dr. R. eingeholt. In ihrem Gutachten nach Aktenlage vom 21. März 2015 ist sie zu dem Ergebnis gelangt, dass der Versicherte sich bereits im Zeitpunkt des Transportes zur M.-Klinik erkennbar in einem präfinalen Zustand befunden habe, weshalb die RCT nicht mehr habe durchgeführt werden können. Zwar habe der Versicherte an einer unmittelbar lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten, sein Zustand habe aber keine intensivere Behandlung mehr zugelassen. Tatsächlich sei dann in der Privatklinik eine intensivmedizinische Behandlung durchgeführt worden sowie eine konservative Therapie bestehend aus Flüssigkeitsgabe und Antibiotikatherapie. Der Patient sei bei der Aufnahme bettlägerig gewesen, habe bereits unter Dekubitusproblemen gelitten und habe sich in einem stark reduzierten Allgemein- und Ernährungszustand befunden. Er sei über weite Strecken bewusstseinsgestört gewesen. Die Wirksamkeit der RCT sei im Übrigen nicht ausreichend belegt, das gelte insbesondere für ein Urothelkarzinom. Der voraussichtliche Nutzen der RCT überwiege auf keinen Fall die möglichen Risiken. Im Übrigen hätten alternative Behandlungsmethoden bestanden; insbesondere hätte der Versicherte palliativ mit einer erhöhten Dosis von Gemcitabin sowie auch mit einer Therapie mit Vinflunin versorgt werden können.
Das Sozialgericht hat die Klage sodann mit Urteil vom 30. Oktober 2015 abgewiesen. Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) lägen nicht vor. Der Versicherte habe keinen Anspruch auf Gewährung der RCT als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Zwar würden auch für den stationären Bereich die auf der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts basierenden Ausnahmekriterien im Fall einer schwerwiegenden und lebensbedrohlichen Erkrankung gemäß § 2 Abs. 1a SGB V gelten. Danach könnten Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stünde, auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Diese Voraussetzungen seien jedoch nicht gegeben. Der Anspruch scheitere daran, dass bei dem Versicherten aufgrund seines geschwächten Gesundheitszustandes keine RCT mehr habe durchgeführt werden können und somit die Voraussetzungen einer spürbar positiven Einwirkung auf den Behandlungsverlauf von vornherein nicht vorgelegen hätten. Das folge aus dem Sachverständigengutachten und werde von der Klägerin auch nicht bestritten. Damit habe zwar eine lebensbedrohliche Erkrankung ohne Behandlungsalternative vorgelegen, jedoch sei der Zustand des Versicherten so schlecht gewesen, dass die medizinischen Voraussetzungen schon nicht mehr vorlagen, um die außervertragliche Behandlungsmethode durchführen zu können. Die erforderliche positive Prognose gemäß § 2 Abs. 1a SGB V und nach den vom BVerfG aufgestellten Kriterien habe somit nicht angenommen werden können, auch nicht unter Berücksichtigung eines verringerten Anforderungsprofils bei einer schwerwiegenden und unmittelbar lebensbedrohlichen Erkrankung. Das Risiko hierfür trage der Versicherte. Sofern die medizinischen Voraussetzungen für eine außervertragliche Behandlungsmethode von vorneherein nicht vorgelegen hätten, komme eine Kostenerstattung nicht in Betracht. Abweichend könne die Situation nur beurteilt werden, wenn es zu Beginn oder während der Behandlung zu einer unvorhersehbaren und plötzlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands gekommen wäre oder die Behandlungsfähigkeit nur vor Ort hätte geprüft werden können. Beides sei jedoch nicht der Fall. Die Sachverständige habe dargelegt, dass sich der Versicherte bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme in einem massiv reduzierten Gesundheitszustand befunden habe und bettlägerig gewesen sei, er habe immer wieder abgesaugt werden müssen und als Beweis für die lange Immobilität hätten Decubitaulcera (Druckgeschwüre/ Wundliegegeschwüre) bestanden. Bereits bei der Aufnahme habe man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit annehmen können, dass sich der Versicherte in einem präfinalen Zustand befunden habe. Damit sei es gerade nicht zu einer plötzlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen und es müsse davon ausgegangen werden, dass der Versicherte sich nicht nur zum Beginn der Behandlung in B1, sondern auch vor dem Krankentransport in einem schlechten, einer Behandlung nicht mehr zugänglichen Gesundheitszustand befunden habe. Auch könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Behandlungsbedürftigkeit nur am Behandlungsort hätte geklärt werden können. Unabhängig davon, dass in einem solchen Fall grundsätzlich nur die Kosten des Krankentransports und der Eingangsuntersuchung bzw. zur Feststellung der Behandlungsfähigkeit erstattungsfähig wären, sei es für das Gericht nicht ersichtlich, dass der Gesundheitszustand des Versicherten nicht am Wohnort in dem für die spezielle Therapie erforderlichen Umfang hätte erhoben werden und übermittelt werden können. Gegebenenfalls hätte eine Befunderhebung durch den Hausarzt oder einen spezialisierten Mediziner erfolgen können. Das gelte auch für die Narkosefähigkeit aufgrund der pulmonalen Problematik. Hier hätte ggf. ein Anästhesist konsultiert werden können. Die tatsächlich in der M.-Klinik durchgeführte Behandlung habe auch in einem Vertragskrankenhaus durchgeführt werden können. Es komme in diesem Zusammenhang einzig und allein darauf an, ob eine Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung als Sachleistung möglich gewesen wäre, was bezogen auf die tatsächlich vorgenommene intensivmedizinische Behandlung und konservative Therapiemaßnahme der Fall gewesen sei. Auch wenn es für das Gericht nachvollziehbar sei, dass die Klägerin und ihr Ehemann alle zur Verfügung stehenden Behandlungsoptionen in einer verzweifelten Lage hätte ausschöpfen wollen, sei eine abweichende Entscheidung in Anbetracht der Begleitumstände aufgrund der Systematik des SGB V nicht möglich. Ob die RCT generell geeignet gewesen wäre, eine spürbar positive Auswirkung auf den Behandlungsverlauf zu haben, könne im Ergebnis dahingestellt bleiben. Die Einschätzung der Sachverständigen sei jedoch für das Gericht bereits deshalb plausibel, weil es nach der durchgeführten Auswertung zur RTC überhaupt keine Erkenntnisse im Bereich eines Urothelkarzinoms gebe. Inwieweit bei bestimmten Erkrankungen die RCT als Behandlungsalternative im Rahmen des § 2 Abs. 1a SGB V in Betracht komme, hänge vom Einzelfall ab und sei hier nicht entscheidungserheblich. Insofern komme es auch nicht auf die angeblich unsachliche Auseinandersetzung der Sachverständigen mit der Behandlungsmethode an.
Die Klägerin hat gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 30. November 2015 zugestellte Urteil am 28. Dezember 2015 Berufung eingelegt. Mit dieser trägt sie vor, die Annahme der Gutachterin, dass von vornherein klar gewesen sei, dass die angestrebte Behandlung nicht habe durchgeführt werden können, sei eine unzulässige ex-post Betrachtung. Die behandelnden Ärzte hätten aus ihrer Sicht sehr wohl von einem Behandlungserfolg ausgehen dürfen. Andere Behandlungsmethoden hätten nicht zur Verfügung gestanden. Die Gutachterin hätte sich auch sowohl mit der Behandlungsmethode als auch mit der Person des Prof. A. nicht richtig auseinandergesetzt. Das von Prof. A. entwickelte Verfahren würde sich entgegen der Ansicht der Gutachterin immer mehr durchsetzen. Selbst wenn andere Behandlungsmethoden noch zur Verfügung gestanden hätten, hätten diese – in der hochpalliativen Situation – nicht die gleiche Wirkung erzielt.
Die Klägerin beantragt nach Aktenlage,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. Oktober 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 7. März 2012 zu verurteilen, der Klägerin 17.391,89 EUR Behandlungskosten und 3.600,- EUR Fahrtkosten zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In ihrer vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 6. Juli 2016 hat die Gutachterin darauf hingewiesen, dass sie die Behandlungsmethode von Prof. A. im Einzelfall für durchaus erfolgversprechend halte. Im hier vorliegenden Fall sei der Allgemeinzustand des Patienten jedoch so katastrophal schlecht gewesen, das die fragliche Behandlung von vornherein ausgeschlossen war. Diese Beurteilung sei gerade auf der Basis einer ex-ante Betrachtung ohne weiteres möglich gewesen. Zudem treffe es nicht zu, dass anerkannte alternative Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Erstattung der Transport- und Behandlungskosten, die im Zusammenhang mit dem Aufenthalt in der M.-Klinik entstanden sind.
Das Sozialgericht hat den Fall im Ergebnis wie in den tragenden Gesichtspunkten der Begründung umfassend und zutreffend erfasst. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Annahme und die hierzu gemachten Ausführungen, dass der Erstattungsanspruch der Klägerin daran scheitert, dass die beabsichtigte Behandlungsmethode aufgrund des Gesundheitszustandes des Versicherten von vornherein nicht durchführbar gewesen sei. Hierauf wird nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Allerdings ist der Senat der Ansicht, dass aus diesem Grunde schon die Erforderlichkeit der geplanten Behandlungsmethode – unabhängig davon, ob man diese normativ in § 27 SGB V oder § 39 SGB V verorten will – nicht gegeben war. Auf die Voraussetzungen der so genannten grundrechtsorientierten Auslegung im Sinne des § 2 Abs. 1a SGB V kommt es daher nicht mehr entscheidungstragend an.
Unstreitig befand sich der Ehemann der Klägerin zum Zeitpunkt des Transportes in die M.-Klinik in einer hochpalliativen Situation. Auch der Bericht der M.-Klinik vom 17. November 2010 führt ausdrücklich aus, dass der Patient in palliativer Intention aufgenommen wurde.
Die Gutachterin hat unter Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen überzeugend dargestellt, dass der Ehemann der Klägerin schon zum Zeitpunkt des Transportes in die M.-Klinik sich in einem derart schlechten Allgemeinzustand befand, dass die beabsichtigte Behandlung ausgeschlossen war. Dies ist auch schlüssig. Denn ein äußerst schlechter Zustand wurde schon bei der Aufnahme in die M.-Klinik beschrieben und es ist wenig wahrscheinlich, dass sich der Zustand gerade während des Krankentransportes so stark verschlechtert hat. Der Prozessbevollmächtigte führt zwar in der Berufungsbegründung aus, es sei "ehrenrührig" zu vermuten, Prof. A. habe den Patienten vor dem Transport nicht angesehen. Es gibt jedoch nach wie vor keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine solche Konsultation tatsächlich stattgefunden hat. Und wenn sie stattgefunden hat, wäre es notwendig gewesen zu dokumentieren, warum trotz dieses Zustandes von einer Transport- und Behandlungsfähigkeit ausgegangen wurde. Die Gutachterin beschreibt den Zustand des Patienten nämlich so, dass ein präfinaler Zustand vorlag, bei dem eine andere als vor allem eine Schmerztherapie keinen Sinn mehr gemacht habe.
Wäre dieser Umstand zutreffend erkannt worden, hätte der Versicherte in seiner häuslichen Umgebung, in der er ambulant palliativ versorgt wurde, verbleiben können. Der Transport und der Aufenthalt in der M.-Klinik, für die die Kostenerstattung begehrt wird, hätten dann nicht durchgeführt werden müssen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine stationäre Versorgung, wie sie tatsächlich in der M.-Klinik stattgefunden hat, erforderlich gewesen wäre, ergibt sich daraus kein Erstattungsanspruch, da eine solche stationäre Behandlung in jedem Vertragskrankenhaus in der Nähe des Wohnortes des Versicherten möglich gewesen wäre.
Unabhängig von diesen Erwägungen, die schon die generelle Erforderlichkeit einer operativen Behandlung betreffen, hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, dass auch die Voraussetzungen der grundrechtsorientierten Auslegung im Sinne des § 2 Abs. 1a SGB V nicht vorlagen.
Die Gutachterin hat überzeugend dargelegt, dass die anerkannten Behandlungsmethoden nicht ausgeschöpft waren (vgl. hierzu auch bereits die Entscheidung des Senates vom 25. April 2012 (L 1 KR 55/11) zu der vorangegangenen Hyperthermie-Behandlung durch Dr. B.). Der Ehemann der Klägerin hatte sich zuvor bewusst für eine niedrig dosierte Chemotherapie entschieden. Damit war er nach Ansicht der Gutachterin "definitiv nicht austherapiert". So wären eine Dosiserhöhung von Gemcitabin sowie auch eine Therapie mit Vinflunin möglich gewesen. Diese Behandlungsmöglichkeiten müssen in dem vorliegenden Fall, in dem jede Behandlung einen rein palliativen Zweck hatte, als gegenüber der angestrebten Behandlungsmethode gleichwertig angesehen werden. Dies gilt umso mehr, als es als ausgeschlossen angesehen werden muss, dass durch die angestrebte Behandlung das bestehende "cauda-equina-Syndrom" hätte behoben werden können. Das bedeutet nämlich, dass diese ganz wesentliche Auswirkung der Tumore im Beckenbereich auch durch die Behandlung bei Prof. A. nicht hätte maßgeblich beeinflusst werden können.
Auch muss nach den Angaben der Gutachterin davon ausgegangen werden, dass bezüglich der Wirkchance der angestrebten Behandlung keine Erkenntnisgrundlage existiert. Denn offensichtlich gibt es keinen dokumentierten Fall, in dem mit der Behandlungsmethode von Prof. A. ein metastasiertes Urothelkarzinom behandelt worden ist. Welche Auswirkungen diese Behandlung bei dem Ehemann der Klägerin gehabt hätte, muss daher als völlig offen angesehen werden. Es spricht daher viel dafür, dass es sich im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des BVerfG um eine experimentelle Behandlung gehandelt hätte. Fest steht in jedem Fall, dass kein kurativer Erfolg mehr möglich war. Die nicht vorhandene Erkenntnisgrundlage würde schon ganz allgemein einer Anwendung der grundrechtsorientierten Auslegung entgegenstehen. Das gilt umso mehr, wenn es sich wie hier um eine rein palliative Situation handelt.
Schließlich möchte der Senat – wie auch schon das Sozialgericht – zum Ausdruck bringen, dass es gut nachvollziehbar ist, dass die Klägerin und ihr Ehemann alle zur Verfügung stehenden Behandlungsoptionen in einer verzweifelten Lage ausschöpfen wollten. Zu einer Kostentragungspflicht durch die Beklagte führt dies jedoch nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das Verfahren ist für die Klägerin nach § 183 Satz 1 SGG kostenfrei, da sie bis zu dem Tod ihres Ehemannes mit diesem in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat und damit Sonderrechtsnachfolgerin im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch ist. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Behandlungskosten i.H.v. 17.391,89 EUR, die in einer Privatklinik entstanden sind, sowie Fahrt- bzw. Transportkosten i.H.v. 3.600,- EUR.
Bei dem 1955 geborenen Versicherten wurde 2008 ein aggressives, weit fortgeschrittenes Urothelkarzinom der Harnblase diagnostiziert. Im August 2008 erfolgte eine operative Entfernung des Tumors und im Oktober 2008 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme. 2009 wurde nach starken Schmerzen in der Lendenwirbelsäule eine Metastase festgestellt. Mit der im Februar/ März 2009 durchgeführten Strahlentherapie konnte der Zustand des Versicherten über mehrere Monate stabil gehalten werden. Im März 2010 wurde nach einer deutlichen Raumforderung der Metastase im Lendenwirbelsäulenbereich eine (in der Dosierung) reduzierte Chemotherapie durchgeführt. Seit dem 1. April 2010 erhielt der Versicherte Pflegeleistungen gemäß Pflegestufe II und seit 1. August 2010 Leistungen nach Pflegestufe III. Von Mai 2010 bis Oktober 2010 erfolgte eine Hyperthermiebehandlung in H. bei Prof. Dr. B. (Facharzt für Radiologie und Strahlentherapie). Im August 2010 kam es wegen eines unklaren Infekts zu einer stationären Krankenhausbehandlung. Nach der Krankenhausentlassung wurde eine ambulante Behandlung durch das Palliativzentrum H. durchgeführt. Der Versicherte litt zu dieser Zeit bei einem kompletten Querschnittsyndrom, an einer Stuhlinkontinenz bei Cauda-equina-Syndrom (Kombination mehrerer neurologischer Störungen). Sein Allgemeinzustand war stark reduziert. Im September 2010 kam es zu einer Kontaktaufnahme mit Prof. Dr. A., der die private M.-Klinik in B1 betreibt und dort ein sog. Regionale Chemotherapie (RCT) durchführt, bei der das Zytostatikum örtlich regional in hoher Dosierung unter stationären Bedingungen verabreicht wird.
Die Ehefrau des Klägers beantragte am 27. Oktober die Kostenübernahme für die beabsichtigte Behandlung in der M.-Klinik. Die konservativen Behandlungsmöglichkeiten seien ausgeschöpft, der Zustand ihres Ehemanns sei ziemlich schlecht, allerdings seien seit Februar 2010 keine weiteren Metastasen aufgetreten.
Mit Schreiben vom 1. November 2011 bat die Beklagte um weitere Informationen hinsichtlich der geplanten Behandlung.
Nach einem aufwändigen Krankentransport wurde der Versicherte am 1. November 2011 in der M.-Klinik B1 aufgenommen. Wegen des schlechten Allgemeinzustands konnte die RCT nicht mehr durchgeführt werden, es erfolgte eine intensivmedizinische Behandlung in der Privatklinik, der Versicherte wurde am 18. November 2010 entlassen und zurück nach Hause transportiert, wo er am 20. November 2011 in der Wohnung verstarb, in der er mit seiner Ehefrau gemeinsam wohnte.
Die Ehefrau und Rechtsnachfolgerin des Versicherten beantragte am 23. Dezember 2012 unter Vorlage von Rechnungen die Kostenerstattung der entstanden Behandlungskosten (in Höhe von 17.624,13 EUR) und Krankentransportkosten (in Höhe von 3.600,- EUR).
Mit Bescheid vom 27. Januar 2011 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab, weil die Behandlung nicht in einem Vertragskrankenhaus durchgeführt worden sei und kein Notfall vorgelegen habe. Den am 21. Februar 2011 eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. März 2012 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 10. April 2012 Klage erhoben. Die RCT werde nur von Prof. Dr. A. in der M.-Klinik durchgeführt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei von einem Ausnahmetatbestand auszugehen. Die konservativen Behandlungsmethoden seien ausgeschöpft gewesen und eine Behandlungsalternative habe nicht bestanden. Wegen der zuvor durchgeführten Chemotherapie habe aufgrund der hieraus folgenden Pneumonitis (entzündliche Veränderung der Lunge) die RCT nicht mehr durchgeführt werden können.
Das Sozialgericht hat ein medizinisches Sachverständigengutachten der Fachärztin für Innere Medizin, Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie, Dr. R. eingeholt. In ihrem Gutachten nach Aktenlage vom 21. März 2015 ist sie zu dem Ergebnis gelangt, dass der Versicherte sich bereits im Zeitpunkt des Transportes zur M.-Klinik erkennbar in einem präfinalen Zustand befunden habe, weshalb die RCT nicht mehr habe durchgeführt werden können. Zwar habe der Versicherte an einer unmittelbar lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten, sein Zustand habe aber keine intensivere Behandlung mehr zugelassen. Tatsächlich sei dann in der Privatklinik eine intensivmedizinische Behandlung durchgeführt worden sowie eine konservative Therapie bestehend aus Flüssigkeitsgabe und Antibiotikatherapie. Der Patient sei bei der Aufnahme bettlägerig gewesen, habe bereits unter Dekubitusproblemen gelitten und habe sich in einem stark reduzierten Allgemein- und Ernährungszustand befunden. Er sei über weite Strecken bewusstseinsgestört gewesen. Die Wirksamkeit der RCT sei im Übrigen nicht ausreichend belegt, das gelte insbesondere für ein Urothelkarzinom. Der voraussichtliche Nutzen der RCT überwiege auf keinen Fall die möglichen Risiken. Im Übrigen hätten alternative Behandlungsmethoden bestanden; insbesondere hätte der Versicherte palliativ mit einer erhöhten Dosis von Gemcitabin sowie auch mit einer Therapie mit Vinflunin versorgt werden können.
Das Sozialgericht hat die Klage sodann mit Urteil vom 30. Oktober 2015 abgewiesen. Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) lägen nicht vor. Der Versicherte habe keinen Anspruch auf Gewährung der RCT als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Zwar würden auch für den stationären Bereich die auf der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts basierenden Ausnahmekriterien im Fall einer schwerwiegenden und lebensbedrohlichen Erkrankung gemäß § 2 Abs. 1a SGB V gelten. Danach könnten Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stünde, auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Diese Voraussetzungen seien jedoch nicht gegeben. Der Anspruch scheitere daran, dass bei dem Versicherten aufgrund seines geschwächten Gesundheitszustandes keine RCT mehr habe durchgeführt werden können und somit die Voraussetzungen einer spürbar positiven Einwirkung auf den Behandlungsverlauf von vornherein nicht vorgelegen hätten. Das folge aus dem Sachverständigengutachten und werde von der Klägerin auch nicht bestritten. Damit habe zwar eine lebensbedrohliche Erkrankung ohne Behandlungsalternative vorgelegen, jedoch sei der Zustand des Versicherten so schlecht gewesen, dass die medizinischen Voraussetzungen schon nicht mehr vorlagen, um die außervertragliche Behandlungsmethode durchführen zu können. Die erforderliche positive Prognose gemäß § 2 Abs. 1a SGB V und nach den vom BVerfG aufgestellten Kriterien habe somit nicht angenommen werden können, auch nicht unter Berücksichtigung eines verringerten Anforderungsprofils bei einer schwerwiegenden und unmittelbar lebensbedrohlichen Erkrankung. Das Risiko hierfür trage der Versicherte. Sofern die medizinischen Voraussetzungen für eine außervertragliche Behandlungsmethode von vorneherein nicht vorgelegen hätten, komme eine Kostenerstattung nicht in Betracht. Abweichend könne die Situation nur beurteilt werden, wenn es zu Beginn oder während der Behandlung zu einer unvorhersehbaren und plötzlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands gekommen wäre oder die Behandlungsfähigkeit nur vor Ort hätte geprüft werden können. Beides sei jedoch nicht der Fall. Die Sachverständige habe dargelegt, dass sich der Versicherte bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme in einem massiv reduzierten Gesundheitszustand befunden habe und bettlägerig gewesen sei, er habe immer wieder abgesaugt werden müssen und als Beweis für die lange Immobilität hätten Decubitaulcera (Druckgeschwüre/ Wundliegegeschwüre) bestanden. Bereits bei der Aufnahme habe man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit annehmen können, dass sich der Versicherte in einem präfinalen Zustand befunden habe. Damit sei es gerade nicht zu einer plötzlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen und es müsse davon ausgegangen werden, dass der Versicherte sich nicht nur zum Beginn der Behandlung in B1, sondern auch vor dem Krankentransport in einem schlechten, einer Behandlung nicht mehr zugänglichen Gesundheitszustand befunden habe. Auch könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Behandlungsbedürftigkeit nur am Behandlungsort hätte geklärt werden können. Unabhängig davon, dass in einem solchen Fall grundsätzlich nur die Kosten des Krankentransports und der Eingangsuntersuchung bzw. zur Feststellung der Behandlungsfähigkeit erstattungsfähig wären, sei es für das Gericht nicht ersichtlich, dass der Gesundheitszustand des Versicherten nicht am Wohnort in dem für die spezielle Therapie erforderlichen Umfang hätte erhoben werden und übermittelt werden können. Gegebenenfalls hätte eine Befunderhebung durch den Hausarzt oder einen spezialisierten Mediziner erfolgen können. Das gelte auch für die Narkosefähigkeit aufgrund der pulmonalen Problematik. Hier hätte ggf. ein Anästhesist konsultiert werden können. Die tatsächlich in der M.-Klinik durchgeführte Behandlung habe auch in einem Vertragskrankenhaus durchgeführt werden können. Es komme in diesem Zusammenhang einzig und allein darauf an, ob eine Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung als Sachleistung möglich gewesen wäre, was bezogen auf die tatsächlich vorgenommene intensivmedizinische Behandlung und konservative Therapiemaßnahme der Fall gewesen sei. Auch wenn es für das Gericht nachvollziehbar sei, dass die Klägerin und ihr Ehemann alle zur Verfügung stehenden Behandlungsoptionen in einer verzweifelten Lage hätte ausschöpfen wollen, sei eine abweichende Entscheidung in Anbetracht der Begleitumstände aufgrund der Systematik des SGB V nicht möglich. Ob die RCT generell geeignet gewesen wäre, eine spürbar positive Auswirkung auf den Behandlungsverlauf zu haben, könne im Ergebnis dahingestellt bleiben. Die Einschätzung der Sachverständigen sei jedoch für das Gericht bereits deshalb plausibel, weil es nach der durchgeführten Auswertung zur RTC überhaupt keine Erkenntnisse im Bereich eines Urothelkarzinoms gebe. Inwieweit bei bestimmten Erkrankungen die RCT als Behandlungsalternative im Rahmen des § 2 Abs. 1a SGB V in Betracht komme, hänge vom Einzelfall ab und sei hier nicht entscheidungserheblich. Insofern komme es auch nicht auf die angeblich unsachliche Auseinandersetzung der Sachverständigen mit der Behandlungsmethode an.
Die Klägerin hat gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 30. November 2015 zugestellte Urteil am 28. Dezember 2015 Berufung eingelegt. Mit dieser trägt sie vor, die Annahme der Gutachterin, dass von vornherein klar gewesen sei, dass die angestrebte Behandlung nicht habe durchgeführt werden können, sei eine unzulässige ex-post Betrachtung. Die behandelnden Ärzte hätten aus ihrer Sicht sehr wohl von einem Behandlungserfolg ausgehen dürfen. Andere Behandlungsmethoden hätten nicht zur Verfügung gestanden. Die Gutachterin hätte sich auch sowohl mit der Behandlungsmethode als auch mit der Person des Prof. A. nicht richtig auseinandergesetzt. Das von Prof. A. entwickelte Verfahren würde sich entgegen der Ansicht der Gutachterin immer mehr durchsetzen. Selbst wenn andere Behandlungsmethoden noch zur Verfügung gestanden hätten, hätten diese – in der hochpalliativen Situation – nicht die gleiche Wirkung erzielt.
Die Klägerin beantragt nach Aktenlage,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. Oktober 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 7. März 2012 zu verurteilen, der Klägerin 17.391,89 EUR Behandlungskosten und 3.600,- EUR Fahrtkosten zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In ihrer vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 6. Juli 2016 hat die Gutachterin darauf hingewiesen, dass sie die Behandlungsmethode von Prof. A. im Einzelfall für durchaus erfolgversprechend halte. Im hier vorliegenden Fall sei der Allgemeinzustand des Patienten jedoch so katastrophal schlecht gewesen, das die fragliche Behandlung von vornherein ausgeschlossen war. Diese Beurteilung sei gerade auf der Basis einer ex-ante Betrachtung ohne weiteres möglich gewesen. Zudem treffe es nicht zu, dass anerkannte alternative Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Erstattung der Transport- und Behandlungskosten, die im Zusammenhang mit dem Aufenthalt in der M.-Klinik entstanden sind.
Das Sozialgericht hat den Fall im Ergebnis wie in den tragenden Gesichtspunkten der Begründung umfassend und zutreffend erfasst. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Annahme und die hierzu gemachten Ausführungen, dass der Erstattungsanspruch der Klägerin daran scheitert, dass die beabsichtigte Behandlungsmethode aufgrund des Gesundheitszustandes des Versicherten von vornherein nicht durchführbar gewesen sei. Hierauf wird nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Allerdings ist der Senat der Ansicht, dass aus diesem Grunde schon die Erforderlichkeit der geplanten Behandlungsmethode – unabhängig davon, ob man diese normativ in § 27 SGB V oder § 39 SGB V verorten will – nicht gegeben war. Auf die Voraussetzungen der so genannten grundrechtsorientierten Auslegung im Sinne des § 2 Abs. 1a SGB V kommt es daher nicht mehr entscheidungstragend an.
Unstreitig befand sich der Ehemann der Klägerin zum Zeitpunkt des Transportes in die M.-Klinik in einer hochpalliativen Situation. Auch der Bericht der M.-Klinik vom 17. November 2010 führt ausdrücklich aus, dass der Patient in palliativer Intention aufgenommen wurde.
Die Gutachterin hat unter Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen überzeugend dargestellt, dass der Ehemann der Klägerin schon zum Zeitpunkt des Transportes in die M.-Klinik sich in einem derart schlechten Allgemeinzustand befand, dass die beabsichtigte Behandlung ausgeschlossen war. Dies ist auch schlüssig. Denn ein äußerst schlechter Zustand wurde schon bei der Aufnahme in die M.-Klinik beschrieben und es ist wenig wahrscheinlich, dass sich der Zustand gerade während des Krankentransportes so stark verschlechtert hat. Der Prozessbevollmächtigte führt zwar in der Berufungsbegründung aus, es sei "ehrenrührig" zu vermuten, Prof. A. habe den Patienten vor dem Transport nicht angesehen. Es gibt jedoch nach wie vor keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine solche Konsultation tatsächlich stattgefunden hat. Und wenn sie stattgefunden hat, wäre es notwendig gewesen zu dokumentieren, warum trotz dieses Zustandes von einer Transport- und Behandlungsfähigkeit ausgegangen wurde. Die Gutachterin beschreibt den Zustand des Patienten nämlich so, dass ein präfinaler Zustand vorlag, bei dem eine andere als vor allem eine Schmerztherapie keinen Sinn mehr gemacht habe.
Wäre dieser Umstand zutreffend erkannt worden, hätte der Versicherte in seiner häuslichen Umgebung, in der er ambulant palliativ versorgt wurde, verbleiben können. Der Transport und der Aufenthalt in der M.-Klinik, für die die Kostenerstattung begehrt wird, hätten dann nicht durchgeführt werden müssen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine stationäre Versorgung, wie sie tatsächlich in der M.-Klinik stattgefunden hat, erforderlich gewesen wäre, ergibt sich daraus kein Erstattungsanspruch, da eine solche stationäre Behandlung in jedem Vertragskrankenhaus in der Nähe des Wohnortes des Versicherten möglich gewesen wäre.
Unabhängig von diesen Erwägungen, die schon die generelle Erforderlichkeit einer operativen Behandlung betreffen, hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, dass auch die Voraussetzungen der grundrechtsorientierten Auslegung im Sinne des § 2 Abs. 1a SGB V nicht vorlagen.
Die Gutachterin hat überzeugend dargelegt, dass die anerkannten Behandlungsmethoden nicht ausgeschöpft waren (vgl. hierzu auch bereits die Entscheidung des Senates vom 25. April 2012 (L 1 KR 55/11) zu der vorangegangenen Hyperthermie-Behandlung durch Dr. B.). Der Ehemann der Klägerin hatte sich zuvor bewusst für eine niedrig dosierte Chemotherapie entschieden. Damit war er nach Ansicht der Gutachterin "definitiv nicht austherapiert". So wären eine Dosiserhöhung von Gemcitabin sowie auch eine Therapie mit Vinflunin möglich gewesen. Diese Behandlungsmöglichkeiten müssen in dem vorliegenden Fall, in dem jede Behandlung einen rein palliativen Zweck hatte, als gegenüber der angestrebten Behandlungsmethode gleichwertig angesehen werden. Dies gilt umso mehr, als es als ausgeschlossen angesehen werden muss, dass durch die angestrebte Behandlung das bestehende "cauda-equina-Syndrom" hätte behoben werden können. Das bedeutet nämlich, dass diese ganz wesentliche Auswirkung der Tumore im Beckenbereich auch durch die Behandlung bei Prof. A. nicht hätte maßgeblich beeinflusst werden können.
Auch muss nach den Angaben der Gutachterin davon ausgegangen werden, dass bezüglich der Wirkchance der angestrebten Behandlung keine Erkenntnisgrundlage existiert. Denn offensichtlich gibt es keinen dokumentierten Fall, in dem mit der Behandlungsmethode von Prof. A. ein metastasiertes Urothelkarzinom behandelt worden ist. Welche Auswirkungen diese Behandlung bei dem Ehemann der Klägerin gehabt hätte, muss daher als völlig offen angesehen werden. Es spricht daher viel dafür, dass es sich im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des BVerfG um eine experimentelle Behandlung gehandelt hätte. Fest steht in jedem Fall, dass kein kurativer Erfolg mehr möglich war. Die nicht vorhandene Erkenntnisgrundlage würde schon ganz allgemein einer Anwendung der grundrechtsorientierten Auslegung entgegenstehen. Das gilt umso mehr, wenn es sich wie hier um eine rein palliative Situation handelt.
Schließlich möchte der Senat – wie auch schon das Sozialgericht – zum Ausdruck bringen, dass es gut nachvollziehbar ist, dass die Klägerin und ihr Ehemann alle zur Verfügung stehenden Behandlungsoptionen in einer verzweifelten Lage ausschöpfen wollten. Zu einer Kostentragungspflicht durch die Beklagte führt dies jedoch nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das Verfahren ist für die Klägerin nach § 183 Satz 1 SGG kostenfrei, da sie bis zu dem Tod ihres Ehemannes mit diesem in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat und damit Sonderrechtsnachfolgerin im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch ist. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
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