Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KR 208/15
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 36/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz am 23,07.2015 in Kraft getretene Neuregelung des § 46 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGB V ist nicht rückwirkend anwendbar auf die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit vor diesem Zeitpunkt.
2. Eine den Formerfordernissen entsprechende Feststellung von Arbeitsunfähigkeit muss nicht auf einem Auszahlschein oder einem anderen durch die AU-Richtlinien vorgesehenen Vordruck (Muster 1 bzw. 17) erfolgen (vgl. BSG vom 10.05.2012 B 1 KR 20/11). Versicherte, deren Arbeitunfähigkeit nicht zeitgerecht festgestellt wurde, können sich daher in der Regel nicht auf das Fehlen des Auszahlscheins berufen.
2. Eine den Formerfordernissen entsprechende Feststellung von Arbeitsunfähigkeit muss nicht auf einem Auszahlschein oder einem anderen durch die AU-Richtlinien vorgesehenen Vordruck (Muster 1 bzw. 17) erfolgen (vgl. BSG vom 10.05.2012 B 1 KR 20/11). Versicherte, deren Arbeitunfähigkeit nicht zeitgerecht festgestellt wurde, können sich daher in der Regel nicht auf das Fehlen des Auszahlscheins berufen.
I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 15. Dezember 2015 aufgehoben und die Klage der Klägerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 6. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2015 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Zahlung von Krankengeld im Zeitraum 01.12.2014 bis 20.10.2015.
Die 1969 geborene Klägerin war als Erzieherin versicherungspflichtig beschäftigt, als am 22.04.2014 Arbeitsunfähigkeit wegen Neurasthenie eintrat, die der Dr. E. bescheinigte. Die Klägerin erhielt von der Beklagten Zahlscheine übersandt, auf denen jeweils vermerkt war, dass der nächste Zahlschein noch innerhalb der bisher bescheinigten Arbeitsunfähigkeit ausgestellt werden müsse.
Am 31.10.2014 bescheinigte der Arzt Arbeitsunfähigkeit bis Sonntag, den 30.11.2014. Nächster Termin sei der 28.11.2014. Am 30.11.2014 endete das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin. Am 02.12.2014 übersandte die Beklagte Zahlscheine und wies darauf hin, dass zum Jahreswechsel der beigefügte Sonderzahlschein verwendet werden solle. Wenn dieser Zahlschein spätestens bis 17.12.2014 eingereicht werde, könne die Auszahlung des Krankengeldes noch im Jahr 2014 sichergestellt werden. Die Klägerin übermittelte hierauf den Sonderzahlschein mit den Daten des Dr. E., der am 12.12.2014 Arbeitsunfähigkeit bis 02.01.2015 festgestellt hatte. Auf Anfrage der Beklagten vom 16.12.2014 gab Dr. E. am 22.12.2014 auf einem Formblatt an, dass am 01.12.2014 eine Vorstellung der Klägerin erfolgt sei und er Arbeitsunfähigkeit bis zum 02.01.2015 festgestellt habe.
Am 06.01.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Feststellung vom 01.12.2014 zu spät erfolgt sei und daher die Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld geendet habe. Hierauf gab Dr. E. gegenüber der Beklagten an, dass die Klägerin am 28.11.2014 in seiner Praxis erschienen sei und erklärt habe, wenig Zeit zu haben, da ihr erkranktes Kind zu Hause sei. Er habe die Klägerin an der Anmeldung gesehen und eine Nachuntersuchung am 01.12.2014 vorgeschlagen, um an diesem Tag auch die Formalitäten zu erledigen. Dies sei dann auch so geschehen. Die Klägerin gab im Widerspruchsverfahren hingegen an, dass der Sachverhalt vom Arzt nicht richtig dargestellt worden sei. Am 28.11.2014 habe Dr. E. erklärt, dass ihm eine Untersuchung an diesem Tage wegen Überlastung der Praxis nicht möglich sei. Die Untersuchung solle am 01.12.2014 erfolgen und die Bescheinigung dann rückwirkend ausgestellt werden.
Die Klägerin trug weiter vor, noch vor dem 28.11.2014 habe sie sich mit der Sachbearbeiterin Frau T. in Verbindung gesetzt und darauf hingewiesen, dass ihr keine Auszahlscheine mehr vorlägen. Die Sachbearbeiterin habe erklärt, dass dies kein Problem sei, sie werde die Formulare übermitteln. Der Auszahlschein sei aber erst am 10.12.2014 eingegangen mit dem Hinweis, dass die Bescheinigung bis spätestens 17.12.2014 vorliegen müsse. Selbst wenn die Untersuchung am 28.11.2014 stattgefunden hätte, wäre es dem Arzt also nicht möglich gewesen, eine Bescheinigung zu erstellen. Eine formlose Bestätigung hätte die Beklagte nicht akzeptiert.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.2015 zurück. Es liege eine Obliegenheitsverletzung der Klägerin vor, die nicht für eine nahtlose Feststellung der Arbeitsunfähigkeit spätestens am 30.11.2014 gesorgt habe.
Im Klageverfahren am Sozialgericht Augsburg (SG) gab die Klägerin an, dass es die Mitarbeiterin der Beklagten Frau K. gewesen sei, die erklärt habe, es sei ausreichend, wenn weitere AU-Bescheinigungen bis zum 17.12.2014 übermittelt würden. Sie habe auch noch Mitte Dezember mit dieser Sachbearbeiterin gesprochen und gefragt, ob alles in Ordnung sei, was von der Mitarbeiterin bestätigt worden sei. Hierauf hat die Beklagte entgegnet, dass die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit auch formlos hätte erfolgen können. Die Klägerin sei mehrmals auf die Notwendigkeit der lückenlosen rechtzeitigen Feststellung hingewiesen worden. Der Vortrag zum Sonderformular sei nicht nachvollziehbar, im Übrigen gehe aus den bei der Beklagten dokumentierten Kontakten mit der Klägerin hervor, dass diese erst am 02.12.2014, also nach Entstehung der Lücke, angerufen habe. Die Klägerin hat diesen Ablauf bestritten, sie habe bereits Ende November 2014 mit der Beklagten telefoniert.
Mit Urteil vom 15.12.2015 verurteilte das SG die Beklagte, der Klägerin ab dem 01.12.2014 weiter Krankengeld zu gewähren. Grundsätzlich sei zwar die am 01.12.2014 erfolgte Untersuchung zu spät erfolgt. Allerdings sei die Kammer der Auffassung, dass die mit Wirkung vom 23.07.2015 in Kraft getretene Neuregelung des § 46 Satz 2 SGB V im vorliegenden Rechtsstreit berücksichtigt werden müsse. Soweit der Gesetzgeber keine Übergangsregelung getroffen habe, sei durch Auslegung zu ermitteln, ob die nun zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende Rechtslage auf den streitigen Fall anzuwenden sei. Hinsichtlich seiner Entstehungsgeschichte sei festzustellen, dass die Regelung in § 46 Satz 2 SGB V eine Reaktion des Gesetzgebers auf die über Jahre hinweg bestehende Kritik an der ständigen Rechtsprechung des BSG zur Notwendigkeit der lückenlosen ärztlichen Feststellung darstelle. Nach Ansicht des Gerichts sei die Reaktion des Gesetzgebers so zu verstehen, dass er im Grundsatz die vielfach kritisierte Rechtsprechung des BSG zur lückenlosen Feststellung der AU mit seinem gesetzgeberischen Willen im Einklang sehe, da er trotz Kenntnis dieser Rechtsprechung grundsätzlich keine dieser zuwider laufende Regelung getroffen habe. Insgesamt sei damit die Rechtsprechung des BSG bestätigt worden. Eine Ausnahme habe der Gesetzgeber nur insoweit nach § 46 Satz 2 der neuen Fassung gemacht, als die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit am nächsten Werktag zum Erhalt des Anspruchs auf Krankengeld genüge. Aus Sicht des Gerichtes handele es sich damit nicht um eine eigentlich neue Regelung, die nur für die Zukunft gelten solle, sondern um eine Klarstellung im Hinblick auf die in der Rechtsprechung und Literatur jahrelang geführten Auseinandersetzungen bezüglich der Notwendigkeit der lückenlosen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Damit habe die Klägerin aber Anspruch auf Krankengeld über den 30.11.2014 hinaus.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) vom 22.01.2016, mit der vorgetragen wird, die Neuregelung des § 46 Satz 2 SGB V sei nicht lediglich zur Klarstellung erfolgt. Dies ergebe sich bereits aus der Begründung zum Gesetzentwurf (Bundesrats-Drucksache 641/14 S. 104). Hierin habe der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass Versicherte zukünftig den Anspruch auf Krankengeld behalten sollen, soweit die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am nächsten Arbeitstag, der ein Werktag sei, ausgestellt werde. Eine auslegungsbedürftige Regelungslücke sei daher nicht entstanden.
Der Senat hat die vorhandenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen angefordert, die im weiteren Verlauf lückenlos bis 20.10.2015 ausgestellt worden waren. Am 21.04.2016 fand eine erste mündliche Verhandlung statt. Hierbei trug die Klägerin vor, dass die Mitarbeiterin der Beklagten Frau T. telefonisch ungefähr am 20.11.2014 versichert habe, dass der Zahlschein für Dezember nicht so wichtig sei, da allein der Sonderzahlschein greife. Frau K. habe Mitte Dezember telefonisch bestätigt, dass alles in Ordnung sei. Hierauf wurde der Termin zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes vertagt. Die Beklagte übermittelte anschließend die Stellungnahme der Mitarbeiterin Frau H. (früher K. ) vom 11.05.2016. Diese gab an, dass Frau T. bis auf weiteres arbeitsunfähig erkrankt sei und eine Stellungnahme nicht abgeben könne. Laut den vorliegenden Aufzeichnungen sei ein Gespräch der Klägerin mit dieser Mitarbeiterin am 09.10.2014 und am 02.12.2014 geführt worden. Dabei habe Frau T. vermerkt, dass der Sonderzahlschein besprochen und versandt worden sei. Ein Gespräch der Frau H. mit der Klägerin Mitte Dezember könne nicht nachvollzogen werden. Frau H. habe vom Arzt am 12.12.2014 den Zahlschein angefordert, der am 16.12.2014 eingegangen und standardmäßig auf Nahtlosigkeit geprüft worden sei. Solange diese Prüfung nicht abgeschlossen sei, werde keine Äußerung dahingehend abgegeben, dass alles in Ordnung sei. Die vorgetragenen Telefonate könnten im Übrigen nicht kausal für die Lücke sein, da sich die Klägerin ohne die behaupteten Telefonate kaum anders verhalten hätte. Sie sei ja am 28.11.2014 in der Praxis erschienen und man habe den Termin einvernehmlich auf den 01.12.2014 verschoben, auch wenn zu diesem Zeitpunkt ein Zahlschein noch nicht vorgelegen habe.
Die Klägerin hat hierauf vorgetragen, sie erinnere sich nunmehr, dass das Gespräch am 24.11.2014 stattgefunden habe. Das zweite Telefonat sei mit einer ihr namentlich nicht bekannten Mitarbeiterin geführt worden. Sie legte auch eine Bescheinigung ihres Arztes vom 23.06.2016 vor, wonach die Klägerin am 02.01.2015 von einem Telefongespräch mit der Krankenkasse kurz vor Weihnachten berichtet habe. Danach sei mit der Krankengeldzahlung alles in Ordnung. In jedem Fall liege ein Härtefall wegen der Auskunft des Arztes vor.
In der mündlichen Verhandlung vom 27.09.2016 beantragt die Vertreterin der Beklagten, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 15.12.2015 aufzuheben und die Klage der Klägerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 06.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.05.2015 abzuweisen.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten und gewechselten Schriftsätze hingewiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Ihre Bescheide sind rechtmäßig ergangen, so dass das Urteil des SG keinen Bestand haben kann.
Der Anspruch der Klägerin auf Krankengeld im Zeitraum 01.12.2014 bis 20.10.2015 hängt davon ab, ob die Klägerin im streitigen Zeitraum noch mit Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten versichert war, eine ordnungsgemäße Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erfolgt ist und Arbeitsunfähigkeit bestand. Hier fehlt es bereits an der ersten Voraussetzung.
Nachdem das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin mit Ablauf des 30.11.2014 unstreitig geendet hatte und ein neues Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld nicht entstand, konnte der weitere Krankengeldanspruch ab dem 01.12.2014 nur aus dem Fortbestehen der Mitgliedschaft wegen eines Anspruches auf Krankengeld begründet werden (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Der Anspruch auf Krankengeld setzt neben dem Bestehen von Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Feststellung voraus (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erfolgt die Bewilligung von Krankengeld entsprechend den ärztlichen Feststellungen regelmäßig abschnittsweise. Veranlasst der Versicherte keine weitere Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, endet der Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf der zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeit ohne dass es eines Entziehungsbescheides nach § 48 SGB X bedarf (vgl. Urteil vom 16.12.2014 B 1 KR 37/14 R). Entsteht eine Lücke in den Feststellungen von Arbeitsunfähigkeit, führt dies zu einer Beendigung des Krankengeldanspruches und damit bei einer Mitgliedschaft, die nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nur noch über einen Anspruch auf Krankengeld aufrechterhalten wird, auch zu einer Beendigung der Mitgliedschaft selbst. Eine spätere Feststellung von Arbeitsunfähigkeit kann den Krankengeldanspruch dann nicht mehr wieder aufleben lassen.
Wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses am 30.11.2014 hätte eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin spätestens am selben Tag festgestellt werden müssen. Dies folgt aus § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V in der bis zum 23.07.2015 geltenden Fassung. Danach entsteht der Anspruch auf Krankengeld im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt, hier also erst am Dienstag, den 02.12.2014. Nicht anwendbar ist hingegen die am 23.07.2015 in Kraft getretene Neufassung des § 46 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGB V, wonach der Anspruch auf Krankengeld an dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit entsteht und jeweils bis zu dem Tag bestehen bleibt, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage. Eine Rückwirkung dieser Neufassung auf den bereits abgeschlossenen streitgegenständlichen Sachverhalt hat nicht zu erfolgen. Wie sich aus den Gesetzgebungsmaterialien zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (Gesetzentwurf der Bundesregierung - Bundestags-Drucksache 18/4095 zu Nr. 15 Buchst. b)) ergibt, bezweckte der Gesetzgeber mit der Umformulierung des § 46 SGB V keine Klarstellung der Rechtslage, sondern eine Neuregelung für die Zukunft. Es wurde wie folgt formuliert: "In der Praxis gelangen Versicherte oftmals unverschuldet und ohne genaue Kenntnis über die Rechtslage in diese Situation. Sie sollen zukünftig den Anspruch auf Krankengeld behalten, soweit die Arbeitsunfähigkeitsfolgebescheinigung am nächsten Arbeitstag, der ein Werktag ist, ausgestellt wird." Im Übrigen ging auch das BSG auf Grundlage des unverändert verabschiedeten Gesetzesentwurfs der Bundesregierung bereits in seinem Urteil vom 16.12.2014 (B 1 KR 37/14 R Rdnr. 22) davon aus, dass der Anspruch auf Krankengeld erst künftig bereits von dem Tag der ärztlichen AU-Feststellung entstehe, also eine Rückwirkung auf Altfälle nicht zu erfolgen hat.
Da die Neuregelung des § 46 Sätze 1 und 2 SGB V daher für die hier streitige Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ab dem 01.12.2014 keine Anwendung finden kann, war sowohl eine ärztliche Feststellung am 01.12.2014 als auch die Feststellung mit der nächsten AU-Bescheinigung vom 12.12.2014 zu spät.
Es liegt hier auch kein Ausnahmefall vor, der eine rückwirkende Feststellung für eine Arbeitsunfähigkeit am 01.12.2014 ermöglichen könnte. Wie das BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, kann das Fehlen einer zeitgerechten Feststellung u. a. dann nicht zu Lasten des Versicherten gehen, wenn sich dieser 1. Rechtsrat bei seiner Krankenkasse sucht, 2. er dadurch aber wegen 3. erwiesener Fehlberatung seiner Krankenkasse von der gebotenen ärztlichen Feststellung des AU-Zeitraums abgehalten wird und damit trotz 4. Vorliegens von Arbeitsunfähigkeit seines Anspruches verlustig geht (vgl. Urteil vom 16.12.2014 a. a. O. Rdnr. 29). Eine Fehlberatung der Beklagten, wonach ein Telefonat mit der Klägerin über Auszahlscheine noch vor dem 30.11.2014 geführt und versichert worden sei, dass der Sonderauszahlschein ausreiche, wenn er bis zum 17.12.2014 vorgelegt werde, ist nicht nachgewiesen. Ein Telefonat mit der Klägerin über den Sonderauszahlschein ist bei der Beklagten tatsächlich erst am 02.12.2014 vermerkt worden, vom selben Tag datiert auch das Schreiben der Beklagten an die Klägerin, mit dem der Sonderauszahlschein versandt wurde. Vor dem Hintergrund der Bedeutung lückenloser AU-Nachweise erscheint es auch höchst unwahrscheinlich, dass eine Sachbearbeiterin der Beklagten Ende November die Information gegeben hat, dass zur ordnungsgemäßen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ab Dezember nur noch der Sonderauszahlschein benötigt werde und es genüge, wenn dieser - unabhängig davon, wann er ausgestellt werde - bis 17.12.2014 bei der Beklagten eintreffe.
Letztlich muss dies vom Senat aber nicht abschließend entschieden werden, da es jedenfalls an der Kausalität einer solchen Fehlberatung für den Verlust des Krankengeldanspruches fehlen würde ("dadurch"). Fest steht nämlich, dass die Klägerin tatsächlich rechtzeitig am 28.11.2014 in der Praxis ihres behandelnden Arztes gewesen war, um einen Termin zur weiteren Feststellung der Arbeitsunfähigkeit wahrzunehmen. Der Umstand, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht über Auszahlscheine verfügte, war daher für sie nicht von Bedeutung. Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass eine ärztliche Feststellung nicht zwingend auf dem durch § 5 Abs. 1 oder § 6 Abs. 1 AU-Richtlinien vorgesehenen Vordruck (Muster Nr. 1 bzw. 17), sondern z.B. auch durch ein formloses Attest des Arztes erfolgen kann (st. Rsp. des BSG, vgl. Urteil vom 10.05.2012, B 1 KR 20/11 R). Die Klägerin kann sich daher auch nicht darauf berufen, dass sie die Auszahlscheine nicht rechtzeitig erhalten habe (vgl. BSG vom 30.09.2015, B 3 KR 72/15 R).
Im Ergebnis endete die mit einem Krankengeldanspruch verbundene Mitgliedschaft der Klägerin am 30.11.2014. Nachgehende Ansprüche nach § 19 Abs. 2 SGB V scheiden aus, da die Klägerin im Anschluss familienversichert war. Nicht entschieden werden muss daher die Frage, ob mit der Angabe des Arztes vom 22.12.2014, er habe Arbeitsunfähigkeit am 01.12.2014 bis 02.01.2015 festgestellt, den Formerfordernissen Rechnung getragen wurde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Zahlung von Krankengeld im Zeitraum 01.12.2014 bis 20.10.2015.
Die 1969 geborene Klägerin war als Erzieherin versicherungspflichtig beschäftigt, als am 22.04.2014 Arbeitsunfähigkeit wegen Neurasthenie eintrat, die der Dr. E. bescheinigte. Die Klägerin erhielt von der Beklagten Zahlscheine übersandt, auf denen jeweils vermerkt war, dass der nächste Zahlschein noch innerhalb der bisher bescheinigten Arbeitsunfähigkeit ausgestellt werden müsse.
Am 31.10.2014 bescheinigte der Arzt Arbeitsunfähigkeit bis Sonntag, den 30.11.2014. Nächster Termin sei der 28.11.2014. Am 30.11.2014 endete das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin. Am 02.12.2014 übersandte die Beklagte Zahlscheine und wies darauf hin, dass zum Jahreswechsel der beigefügte Sonderzahlschein verwendet werden solle. Wenn dieser Zahlschein spätestens bis 17.12.2014 eingereicht werde, könne die Auszahlung des Krankengeldes noch im Jahr 2014 sichergestellt werden. Die Klägerin übermittelte hierauf den Sonderzahlschein mit den Daten des Dr. E., der am 12.12.2014 Arbeitsunfähigkeit bis 02.01.2015 festgestellt hatte. Auf Anfrage der Beklagten vom 16.12.2014 gab Dr. E. am 22.12.2014 auf einem Formblatt an, dass am 01.12.2014 eine Vorstellung der Klägerin erfolgt sei und er Arbeitsunfähigkeit bis zum 02.01.2015 festgestellt habe.
Am 06.01.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Feststellung vom 01.12.2014 zu spät erfolgt sei und daher die Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld geendet habe. Hierauf gab Dr. E. gegenüber der Beklagten an, dass die Klägerin am 28.11.2014 in seiner Praxis erschienen sei und erklärt habe, wenig Zeit zu haben, da ihr erkranktes Kind zu Hause sei. Er habe die Klägerin an der Anmeldung gesehen und eine Nachuntersuchung am 01.12.2014 vorgeschlagen, um an diesem Tag auch die Formalitäten zu erledigen. Dies sei dann auch so geschehen. Die Klägerin gab im Widerspruchsverfahren hingegen an, dass der Sachverhalt vom Arzt nicht richtig dargestellt worden sei. Am 28.11.2014 habe Dr. E. erklärt, dass ihm eine Untersuchung an diesem Tage wegen Überlastung der Praxis nicht möglich sei. Die Untersuchung solle am 01.12.2014 erfolgen und die Bescheinigung dann rückwirkend ausgestellt werden.
Die Klägerin trug weiter vor, noch vor dem 28.11.2014 habe sie sich mit der Sachbearbeiterin Frau T. in Verbindung gesetzt und darauf hingewiesen, dass ihr keine Auszahlscheine mehr vorlägen. Die Sachbearbeiterin habe erklärt, dass dies kein Problem sei, sie werde die Formulare übermitteln. Der Auszahlschein sei aber erst am 10.12.2014 eingegangen mit dem Hinweis, dass die Bescheinigung bis spätestens 17.12.2014 vorliegen müsse. Selbst wenn die Untersuchung am 28.11.2014 stattgefunden hätte, wäre es dem Arzt also nicht möglich gewesen, eine Bescheinigung zu erstellen. Eine formlose Bestätigung hätte die Beklagte nicht akzeptiert.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.2015 zurück. Es liege eine Obliegenheitsverletzung der Klägerin vor, die nicht für eine nahtlose Feststellung der Arbeitsunfähigkeit spätestens am 30.11.2014 gesorgt habe.
Im Klageverfahren am Sozialgericht Augsburg (SG) gab die Klägerin an, dass es die Mitarbeiterin der Beklagten Frau K. gewesen sei, die erklärt habe, es sei ausreichend, wenn weitere AU-Bescheinigungen bis zum 17.12.2014 übermittelt würden. Sie habe auch noch Mitte Dezember mit dieser Sachbearbeiterin gesprochen und gefragt, ob alles in Ordnung sei, was von der Mitarbeiterin bestätigt worden sei. Hierauf hat die Beklagte entgegnet, dass die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit auch formlos hätte erfolgen können. Die Klägerin sei mehrmals auf die Notwendigkeit der lückenlosen rechtzeitigen Feststellung hingewiesen worden. Der Vortrag zum Sonderformular sei nicht nachvollziehbar, im Übrigen gehe aus den bei der Beklagten dokumentierten Kontakten mit der Klägerin hervor, dass diese erst am 02.12.2014, also nach Entstehung der Lücke, angerufen habe. Die Klägerin hat diesen Ablauf bestritten, sie habe bereits Ende November 2014 mit der Beklagten telefoniert.
Mit Urteil vom 15.12.2015 verurteilte das SG die Beklagte, der Klägerin ab dem 01.12.2014 weiter Krankengeld zu gewähren. Grundsätzlich sei zwar die am 01.12.2014 erfolgte Untersuchung zu spät erfolgt. Allerdings sei die Kammer der Auffassung, dass die mit Wirkung vom 23.07.2015 in Kraft getretene Neuregelung des § 46 Satz 2 SGB V im vorliegenden Rechtsstreit berücksichtigt werden müsse. Soweit der Gesetzgeber keine Übergangsregelung getroffen habe, sei durch Auslegung zu ermitteln, ob die nun zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende Rechtslage auf den streitigen Fall anzuwenden sei. Hinsichtlich seiner Entstehungsgeschichte sei festzustellen, dass die Regelung in § 46 Satz 2 SGB V eine Reaktion des Gesetzgebers auf die über Jahre hinweg bestehende Kritik an der ständigen Rechtsprechung des BSG zur Notwendigkeit der lückenlosen ärztlichen Feststellung darstelle. Nach Ansicht des Gerichts sei die Reaktion des Gesetzgebers so zu verstehen, dass er im Grundsatz die vielfach kritisierte Rechtsprechung des BSG zur lückenlosen Feststellung der AU mit seinem gesetzgeberischen Willen im Einklang sehe, da er trotz Kenntnis dieser Rechtsprechung grundsätzlich keine dieser zuwider laufende Regelung getroffen habe. Insgesamt sei damit die Rechtsprechung des BSG bestätigt worden. Eine Ausnahme habe der Gesetzgeber nur insoweit nach § 46 Satz 2 der neuen Fassung gemacht, als die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit am nächsten Werktag zum Erhalt des Anspruchs auf Krankengeld genüge. Aus Sicht des Gerichtes handele es sich damit nicht um eine eigentlich neue Regelung, die nur für die Zukunft gelten solle, sondern um eine Klarstellung im Hinblick auf die in der Rechtsprechung und Literatur jahrelang geführten Auseinandersetzungen bezüglich der Notwendigkeit der lückenlosen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Damit habe die Klägerin aber Anspruch auf Krankengeld über den 30.11.2014 hinaus.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) vom 22.01.2016, mit der vorgetragen wird, die Neuregelung des § 46 Satz 2 SGB V sei nicht lediglich zur Klarstellung erfolgt. Dies ergebe sich bereits aus der Begründung zum Gesetzentwurf (Bundesrats-Drucksache 641/14 S. 104). Hierin habe der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass Versicherte zukünftig den Anspruch auf Krankengeld behalten sollen, soweit die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am nächsten Arbeitstag, der ein Werktag sei, ausgestellt werde. Eine auslegungsbedürftige Regelungslücke sei daher nicht entstanden.
Der Senat hat die vorhandenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen angefordert, die im weiteren Verlauf lückenlos bis 20.10.2015 ausgestellt worden waren. Am 21.04.2016 fand eine erste mündliche Verhandlung statt. Hierbei trug die Klägerin vor, dass die Mitarbeiterin der Beklagten Frau T. telefonisch ungefähr am 20.11.2014 versichert habe, dass der Zahlschein für Dezember nicht so wichtig sei, da allein der Sonderzahlschein greife. Frau K. habe Mitte Dezember telefonisch bestätigt, dass alles in Ordnung sei. Hierauf wurde der Termin zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes vertagt. Die Beklagte übermittelte anschließend die Stellungnahme der Mitarbeiterin Frau H. (früher K. ) vom 11.05.2016. Diese gab an, dass Frau T. bis auf weiteres arbeitsunfähig erkrankt sei und eine Stellungnahme nicht abgeben könne. Laut den vorliegenden Aufzeichnungen sei ein Gespräch der Klägerin mit dieser Mitarbeiterin am 09.10.2014 und am 02.12.2014 geführt worden. Dabei habe Frau T. vermerkt, dass der Sonderzahlschein besprochen und versandt worden sei. Ein Gespräch der Frau H. mit der Klägerin Mitte Dezember könne nicht nachvollzogen werden. Frau H. habe vom Arzt am 12.12.2014 den Zahlschein angefordert, der am 16.12.2014 eingegangen und standardmäßig auf Nahtlosigkeit geprüft worden sei. Solange diese Prüfung nicht abgeschlossen sei, werde keine Äußerung dahingehend abgegeben, dass alles in Ordnung sei. Die vorgetragenen Telefonate könnten im Übrigen nicht kausal für die Lücke sein, da sich die Klägerin ohne die behaupteten Telefonate kaum anders verhalten hätte. Sie sei ja am 28.11.2014 in der Praxis erschienen und man habe den Termin einvernehmlich auf den 01.12.2014 verschoben, auch wenn zu diesem Zeitpunkt ein Zahlschein noch nicht vorgelegen habe.
Die Klägerin hat hierauf vorgetragen, sie erinnere sich nunmehr, dass das Gespräch am 24.11.2014 stattgefunden habe. Das zweite Telefonat sei mit einer ihr namentlich nicht bekannten Mitarbeiterin geführt worden. Sie legte auch eine Bescheinigung ihres Arztes vom 23.06.2016 vor, wonach die Klägerin am 02.01.2015 von einem Telefongespräch mit der Krankenkasse kurz vor Weihnachten berichtet habe. Danach sei mit der Krankengeldzahlung alles in Ordnung. In jedem Fall liege ein Härtefall wegen der Auskunft des Arztes vor.
In der mündlichen Verhandlung vom 27.09.2016 beantragt die Vertreterin der Beklagten, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 15.12.2015 aufzuheben und die Klage der Klägerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 06.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.05.2015 abzuweisen.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten und gewechselten Schriftsätze hingewiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Ihre Bescheide sind rechtmäßig ergangen, so dass das Urteil des SG keinen Bestand haben kann.
Der Anspruch der Klägerin auf Krankengeld im Zeitraum 01.12.2014 bis 20.10.2015 hängt davon ab, ob die Klägerin im streitigen Zeitraum noch mit Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten versichert war, eine ordnungsgemäße Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erfolgt ist und Arbeitsunfähigkeit bestand. Hier fehlt es bereits an der ersten Voraussetzung.
Nachdem das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin mit Ablauf des 30.11.2014 unstreitig geendet hatte und ein neues Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld nicht entstand, konnte der weitere Krankengeldanspruch ab dem 01.12.2014 nur aus dem Fortbestehen der Mitgliedschaft wegen eines Anspruches auf Krankengeld begründet werden (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Der Anspruch auf Krankengeld setzt neben dem Bestehen von Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Feststellung voraus (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erfolgt die Bewilligung von Krankengeld entsprechend den ärztlichen Feststellungen regelmäßig abschnittsweise. Veranlasst der Versicherte keine weitere Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, endet der Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf der zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeit ohne dass es eines Entziehungsbescheides nach § 48 SGB X bedarf (vgl. Urteil vom 16.12.2014 B 1 KR 37/14 R). Entsteht eine Lücke in den Feststellungen von Arbeitsunfähigkeit, führt dies zu einer Beendigung des Krankengeldanspruches und damit bei einer Mitgliedschaft, die nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nur noch über einen Anspruch auf Krankengeld aufrechterhalten wird, auch zu einer Beendigung der Mitgliedschaft selbst. Eine spätere Feststellung von Arbeitsunfähigkeit kann den Krankengeldanspruch dann nicht mehr wieder aufleben lassen.
Wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses am 30.11.2014 hätte eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin spätestens am selben Tag festgestellt werden müssen. Dies folgt aus § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V in der bis zum 23.07.2015 geltenden Fassung. Danach entsteht der Anspruch auf Krankengeld im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt, hier also erst am Dienstag, den 02.12.2014. Nicht anwendbar ist hingegen die am 23.07.2015 in Kraft getretene Neufassung des § 46 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGB V, wonach der Anspruch auf Krankengeld an dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit entsteht und jeweils bis zu dem Tag bestehen bleibt, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage. Eine Rückwirkung dieser Neufassung auf den bereits abgeschlossenen streitgegenständlichen Sachverhalt hat nicht zu erfolgen. Wie sich aus den Gesetzgebungsmaterialien zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (Gesetzentwurf der Bundesregierung - Bundestags-Drucksache 18/4095 zu Nr. 15 Buchst. b)) ergibt, bezweckte der Gesetzgeber mit der Umformulierung des § 46 SGB V keine Klarstellung der Rechtslage, sondern eine Neuregelung für die Zukunft. Es wurde wie folgt formuliert: "In der Praxis gelangen Versicherte oftmals unverschuldet und ohne genaue Kenntnis über die Rechtslage in diese Situation. Sie sollen zukünftig den Anspruch auf Krankengeld behalten, soweit die Arbeitsunfähigkeitsfolgebescheinigung am nächsten Arbeitstag, der ein Werktag ist, ausgestellt wird." Im Übrigen ging auch das BSG auf Grundlage des unverändert verabschiedeten Gesetzesentwurfs der Bundesregierung bereits in seinem Urteil vom 16.12.2014 (B 1 KR 37/14 R Rdnr. 22) davon aus, dass der Anspruch auf Krankengeld erst künftig bereits von dem Tag der ärztlichen AU-Feststellung entstehe, also eine Rückwirkung auf Altfälle nicht zu erfolgen hat.
Da die Neuregelung des § 46 Sätze 1 und 2 SGB V daher für die hier streitige Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ab dem 01.12.2014 keine Anwendung finden kann, war sowohl eine ärztliche Feststellung am 01.12.2014 als auch die Feststellung mit der nächsten AU-Bescheinigung vom 12.12.2014 zu spät.
Es liegt hier auch kein Ausnahmefall vor, der eine rückwirkende Feststellung für eine Arbeitsunfähigkeit am 01.12.2014 ermöglichen könnte. Wie das BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, kann das Fehlen einer zeitgerechten Feststellung u. a. dann nicht zu Lasten des Versicherten gehen, wenn sich dieser 1. Rechtsrat bei seiner Krankenkasse sucht, 2. er dadurch aber wegen 3. erwiesener Fehlberatung seiner Krankenkasse von der gebotenen ärztlichen Feststellung des AU-Zeitraums abgehalten wird und damit trotz 4. Vorliegens von Arbeitsunfähigkeit seines Anspruches verlustig geht (vgl. Urteil vom 16.12.2014 a. a. O. Rdnr. 29). Eine Fehlberatung der Beklagten, wonach ein Telefonat mit der Klägerin über Auszahlscheine noch vor dem 30.11.2014 geführt und versichert worden sei, dass der Sonderauszahlschein ausreiche, wenn er bis zum 17.12.2014 vorgelegt werde, ist nicht nachgewiesen. Ein Telefonat mit der Klägerin über den Sonderauszahlschein ist bei der Beklagten tatsächlich erst am 02.12.2014 vermerkt worden, vom selben Tag datiert auch das Schreiben der Beklagten an die Klägerin, mit dem der Sonderauszahlschein versandt wurde. Vor dem Hintergrund der Bedeutung lückenloser AU-Nachweise erscheint es auch höchst unwahrscheinlich, dass eine Sachbearbeiterin der Beklagten Ende November die Information gegeben hat, dass zur ordnungsgemäßen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ab Dezember nur noch der Sonderauszahlschein benötigt werde und es genüge, wenn dieser - unabhängig davon, wann er ausgestellt werde - bis 17.12.2014 bei der Beklagten eintreffe.
Letztlich muss dies vom Senat aber nicht abschließend entschieden werden, da es jedenfalls an der Kausalität einer solchen Fehlberatung für den Verlust des Krankengeldanspruches fehlen würde ("dadurch"). Fest steht nämlich, dass die Klägerin tatsächlich rechtzeitig am 28.11.2014 in der Praxis ihres behandelnden Arztes gewesen war, um einen Termin zur weiteren Feststellung der Arbeitsunfähigkeit wahrzunehmen. Der Umstand, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht über Auszahlscheine verfügte, war daher für sie nicht von Bedeutung. Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass eine ärztliche Feststellung nicht zwingend auf dem durch § 5 Abs. 1 oder § 6 Abs. 1 AU-Richtlinien vorgesehenen Vordruck (Muster Nr. 1 bzw. 17), sondern z.B. auch durch ein formloses Attest des Arztes erfolgen kann (st. Rsp. des BSG, vgl. Urteil vom 10.05.2012, B 1 KR 20/11 R). Die Klägerin kann sich daher auch nicht darauf berufen, dass sie die Auszahlscheine nicht rechtzeitig erhalten habe (vgl. BSG vom 30.09.2015, B 3 KR 72/15 R).
Im Ergebnis endete die mit einem Krankengeldanspruch verbundene Mitgliedschaft der Klägerin am 30.11.2014. Nachgehende Ansprüche nach § 19 Abs. 2 SGB V scheiden aus, da die Klägerin im Anschluss familienversichert war. Nicht entschieden werden muss daher die Frage, ob mit der Angabe des Arztes vom 22.12.2014, er habe Arbeitsunfähigkeit am 01.12.2014 bis 02.01.2015 festgestellt, den Formerfordernissen Rechnung getragen wurde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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