Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 5561/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 451/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Januar 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Umgang des Beklagten mit Dienstaufsichtsbeschwerden des Klägers streitig.
Der Kläger bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten. Mit Bescheid vom 23.04.2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.05.2015 bis 30.04.2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Mit Schreiben vom 23.09.2015 forderte der Beklagte den Kläger unter Hinweis auf die Folgen unterlassener Mitwirkung auf, bis zum 10.10.2015 die Anlage "VM" einzureichen. Der Kläger übersandte am 10.10.2015 das ausgefüllte Formular "VM" und legte Widerspruch gegen das Schreiben vom 23.09.2015 ein. Der Beklagte habe alle Unterlagen und es habe sich nichts geändert, so dass dessen Vorgehensweise nicht nachvollziehbar sei.
Mit Schreiben vom 23.10.2015 teilte der Geschäftsführer des Beklagten dem Kläger mit, er habe die am 10.10.2015 vom Kläger verfasste Beschwerde geprüft und könne ihm mitteilen, dass seine Mitarbeiter dieses Mitwirkungsschreiben zu Recht verfasst hätten. Auch die Fristsetzung sei korrekt und ausreichend bemessen gewesen. Erläuternd wolle er mitteilen, dass eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein formloser Rechtsbehelf sei, mit dem das persönliche Verhalten eines Beamten bzw. eines Angestellten des öffentlichen Dienstes oder eines Richters gerügt werde. Ziel der Dienstaufsichtsbeschwerde sei es, dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen gegen diese Person zu veranlassen. Eine andere Entscheidung könne mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde nicht erreicht werden. Die Grundlage für eine Dienstaufsichtsbeschwerde sei nicht gegeben, da ein Fehlverhalten des Mitarbeiters nicht erkennbar sei. Inhaltlich beziehe sich die Beschwerde des Klägers auf ein Schreiben "Aufforderung zur Mitwirkung", nicht hingegen auf das persönliche Verhalten des Mitarbeiters. Im letzten Absatz des Schreibens wird ausgeführt, der Kläger habe in der Vergangenheit bereits mehrfach Dienstaufsichtsbeschwerden eingereicht, deren Inhalte sich alle nicht auf das persönliche Verhalten eines Mitarbeiters bezogen hätten. Künftig werde er die eingereichten Schreiben prüfen und ein vom Kläger formuliertes Anliegen bearbeiten lassen. Sollte kein Anliegen formuliert sein und die Prüfung ergeben, dass es sich um keine Dienstaufsichtsbeschwerde - wie oben beschrieben - handle, erhalte er diesbezüglich kein Antwortschreiben mehr.
Am 29.10.2015 legte der Kläger gegen dieses Schreiben Widerspruch ein, wobei er den letzten Absatz, der die zukünftige Vorgehensweise des Beklagten beschreibt, kennzeichnete.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.11.2015 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unzulässig zurück. Das Schreiben vom 23.10.2015 sei kein Verwaltungsakt, da dadurch Rechte des Klägers weder begründet noch geändert, entzogen oder festgestellt worden seien. Eine Entscheidung über den Rechtsanspruch des Klägers sei nicht getroffen worden. Vielmehr sei der Kläger lediglich über die beabsichtige Vorgehensweise bei möglichen künftigen Dienstaufsichtsbeschwerden informiert worden.
Hiergegen hat der Kläger am 13.11.2015 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, der Widerspruch sei selbstverständlich zulässig und das Widerspruchsverfahren zu eröffnen. Der Beklagte versuche wiederholt, seine Rechte einzuschränken und seine Anliegen zu bagatellisieren, um künftige Eingaben schneller bearbeiten zu können. Die nun beabsichtigte Vorgehensweise bei künftigen Dienstaufsichtsbeschwerden sei auf gar keinen Fall zu tolerieren.
Nach vorheriger Anhörung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 18.01.2016 abgewiesen. Der Widerspruchsbescheid vom 06.11.2015 sei nicht zu beanstanden; der Beklagte habe den Widerspruch zu Recht als unzulässig zurückgewiesen. Bei dem Schreiben des Beklagten vom 23.10.2015 handle es sich nicht um einen mit der Anfechtungsklage angreifbaren Verwaltungsakt. Mit dem streitgegenständlichen Schreiben sei dem Kläger lediglich die beabsichtigte Vorgehensweise bei möglichen künftigen Dienstaufsichtsbeschwerden aufgezeigt worden. Hierdurch würden keine Rechte des Klägers im Sinne einer Regelung begründet, abgelehnt, aufgehoben, festgestellt oder geändert.
Gegen den ihm am 21.01.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.02.2016 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Januar 2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, das Schreiben vom 23. Oktober 2015 und den Widerspruchsbescheid vom 6. November 2015 zurückzunehmen und in der Sache neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Rahmen eines am 31.08.2016 durchgeführten Termins zur Erörterung des Sachverhalts haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der Niederschrift über den am 31.08.2016 durchgeführten Erörterungstermin Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden konnte, ist zulässig, aber nicht begründet.
Streitgegenstand ist das Schreiben des Beklagten vom 23.10.2015 sowie der Widerspruchsbescheid vom 06.11.2015. In der Sache ist das Begehren des Klägers dahingehend auszulegen, dass der Beklagte über künftige Dienstaufsichtsbeschwerden inhaltlich entscheidet, nachdem der Kläger seinen Widerspruch ausdrücklich auf den letzten Absatz des Schreibens, in dem der künftige Umgang mit Beschwerden erläutert wird, beschränkt hat und sich die Ausführungen im Klageverfahren allein auf die künftige Bearbeitung von Dienstaufsichtsbeschwerden beziehen.
Zwar ist für Klagen, die einen Streit über die Art und Weise der Behandlung von Dienstaufsichtsbeschwerden zum Gegenstand haben, grundsätzlich der Verwaltungsrechtsweg gegeben (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.12.2011, L 5 AS 2040/11 B, Juris). Vorliegend folgt die Eröffnung des Rechtswegs zu den Sozialgerichten aber bereits daraus, dass das SG ihn als gegeben erachtet hat und dies gemäß § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) von den weiteren Instanzen im Rechtsmittelzug nicht mehr in Frage gestellt werden kann. Die Bindungswirkung des § 17a Abs. 5 GVG greift hier ein; denn das SG hat über das Klagebegehren des Klägers in der Sache entschieden und den Rechtsweg zu den Sozialgerichten (§ 51 SGG) somit inzident für gegeben erachtet.
Soweit der Kläger die Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 06.11.2015 begehrt, ist die Klage als Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte hat den Widerspruch des Klägers gegen das Schreiben vom 23.09.2015 zu Recht als unzulässig zurückgewiesen; der angefochtene Widerspruchsbescheid ist nicht zu beanstanden.
Gemäß § 62 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 78 SGG ist der Widerspruch nur gegen Verwaltungsakte zulässig. Verwaltungsakt ist gemäß § 31 SGB X jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Wirkung nach außen gerichtet ist. Wie das SG zutreffend dargelegt hat, handelt es sich bei dem angefochtenen Schreiben vom 23.10.2015 nicht um einen Verwaltungsakt, da keine Regelung im Einzelfall getroffen wurde. Der Beklagte hat in dem durch den Kläger ausdrücklich gekennzeichneten Teil des Schreibens allein auf sein künftiges Vorgehen hingewiesen, ohne eine Regelung hierdurch zu treffen. Die Zurückweisung einer Dienstaufsichtsbeschwerde stellt darüber hinaus generell keinen Verwaltungsakt dar, weil durch sie nichts geregelt, sondern nur festgestellt wird, dass die Aufsichtsbehörde keinen Grund zum Einschreiten sieht (Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen, Urteil vom 15.07.1986, 1 BA 20/86, Juris, m.w.N.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.11.1996, 7 E 13031/96, Juris). Dienstaufsichtsbeschwerden gehören vielmehr zu den Petitionen im Sinne des Art. 17 GG (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 01.09.1976, VII B 101.75, Juris)
In der Sache selbst hat die Klage ebenfalls keinen Erfolg. Gegen die Mitteilung des Ergebnisses einer Dienstaufsichtsbeschwerde kann allenfalls - wenn sie überhaupt für justiziabel gehalten wird - im Wege der allgemeinen Leistungsklage vorgegangen werden, da sie, wie bereits dargelegt, keinen Verwaltungsakt darstellt. Der Petent hat nur ein Recht auf Entgegennahme der Dienstaufsichtsbeschwerde, ihre sachliche Prüfung und ihre Bescheidung. Ein Anspruch auf Erledigung im Sinne des Petenten besteht nicht (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 22.04.1953, 1 BvR 162/51; BVerwG, Beschluss vom 01.09.1976, a.a.O., Juris). Soweit hier die vorgenannten Rechte aufgrund der von ihm eingelegten Dienstaufsichtsbeschwerde bestehen, wurden sie seitens des Beklagten mit Schreiben vom 23.09.2015 erfüllt, aus dem die Entgegennahme der Dienstaufsichtsbeschwerde, ihre sachliche Prüfung und ihre Bescheidung hervorgeht.
Einen weitergehenden Anspruch hat der Kläger nicht; er hat insbesondere keinen Anspruch darauf, dass - gewissermaßen im Wege vorbeugenden Rechtschutzes - festgestellt wird, wie mit künftigen Dienstaufsichtsbeschwerden umzugehen ist. Zukünftige Rechtsverhältnisse, die dadurch gekennzeichnet sind, dass ein erst in der Zukunft liegendes Vorgang die Tatbestandsseite eines Rechtssatzes erfüllen und seine Rechtsfolgen auslösen würde, können nur dann ausnahmsweise zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden, wenn ein besonderes Feststellungsinteresse vorliegt. Unabhängig davon, ob die Entscheidung über künftige Dienstaufsichtsbeschwerden ein hinreichend bestimmtes und individualisiertes Geschehen darstellt und damit überhaupt Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann (vgl. dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., 2014, § 55, Rdnr. 8b m.w.N.), fehlt es jedenfalls an dem erforderlichen besonderen Feststellungsinteresse. Voraussetzung für die Annahme eines besonderen Feststellungsinteresse ist die Unzumutbarkeit weiteren Abwartens (Keller, a.a.O., § 55, Rdnr. 15c). Auch wenn die Anforderungen an das Feststellungsinteresse nicht überspannt werden dürfen, sind vorliegend keine Gründe ersichtlich, die dem Kläger ein Abwarten unzumutbar machen würden. Dem Kläger ist es ohne weiteres zumutbar, abzuwarten, wie der Beklagte sich bei einer weiteren Beschwerde verhält. Nachteile entstehen ihm hierdurch nicht. Dies gilt umso mehr, als der Geschäftsführer der Beklagten in dem Schreiben vom 23.09.2015 keineswegs die Bearbeitung von Dienstaufsichtsbeschwerden generell ablehnt, sondern lediglich ankündigt, die Beschwerden des Klägers daraufhin zu prüfen, ob sie ihrem Inhalt nach eine Dienstaufsichtsbeschwerde darstellen und lediglich bei Dienstaufsichtsbeschwerden zu reagieren. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des Klägers in beiden Instanzen.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Umgang des Beklagten mit Dienstaufsichtsbeschwerden des Klägers streitig.
Der Kläger bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten. Mit Bescheid vom 23.04.2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.05.2015 bis 30.04.2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Mit Schreiben vom 23.09.2015 forderte der Beklagte den Kläger unter Hinweis auf die Folgen unterlassener Mitwirkung auf, bis zum 10.10.2015 die Anlage "VM" einzureichen. Der Kläger übersandte am 10.10.2015 das ausgefüllte Formular "VM" und legte Widerspruch gegen das Schreiben vom 23.09.2015 ein. Der Beklagte habe alle Unterlagen und es habe sich nichts geändert, so dass dessen Vorgehensweise nicht nachvollziehbar sei.
Mit Schreiben vom 23.10.2015 teilte der Geschäftsführer des Beklagten dem Kläger mit, er habe die am 10.10.2015 vom Kläger verfasste Beschwerde geprüft und könne ihm mitteilen, dass seine Mitarbeiter dieses Mitwirkungsschreiben zu Recht verfasst hätten. Auch die Fristsetzung sei korrekt und ausreichend bemessen gewesen. Erläuternd wolle er mitteilen, dass eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein formloser Rechtsbehelf sei, mit dem das persönliche Verhalten eines Beamten bzw. eines Angestellten des öffentlichen Dienstes oder eines Richters gerügt werde. Ziel der Dienstaufsichtsbeschwerde sei es, dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen gegen diese Person zu veranlassen. Eine andere Entscheidung könne mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde nicht erreicht werden. Die Grundlage für eine Dienstaufsichtsbeschwerde sei nicht gegeben, da ein Fehlverhalten des Mitarbeiters nicht erkennbar sei. Inhaltlich beziehe sich die Beschwerde des Klägers auf ein Schreiben "Aufforderung zur Mitwirkung", nicht hingegen auf das persönliche Verhalten des Mitarbeiters. Im letzten Absatz des Schreibens wird ausgeführt, der Kläger habe in der Vergangenheit bereits mehrfach Dienstaufsichtsbeschwerden eingereicht, deren Inhalte sich alle nicht auf das persönliche Verhalten eines Mitarbeiters bezogen hätten. Künftig werde er die eingereichten Schreiben prüfen und ein vom Kläger formuliertes Anliegen bearbeiten lassen. Sollte kein Anliegen formuliert sein und die Prüfung ergeben, dass es sich um keine Dienstaufsichtsbeschwerde - wie oben beschrieben - handle, erhalte er diesbezüglich kein Antwortschreiben mehr.
Am 29.10.2015 legte der Kläger gegen dieses Schreiben Widerspruch ein, wobei er den letzten Absatz, der die zukünftige Vorgehensweise des Beklagten beschreibt, kennzeichnete.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.11.2015 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unzulässig zurück. Das Schreiben vom 23.10.2015 sei kein Verwaltungsakt, da dadurch Rechte des Klägers weder begründet noch geändert, entzogen oder festgestellt worden seien. Eine Entscheidung über den Rechtsanspruch des Klägers sei nicht getroffen worden. Vielmehr sei der Kläger lediglich über die beabsichtige Vorgehensweise bei möglichen künftigen Dienstaufsichtsbeschwerden informiert worden.
Hiergegen hat der Kläger am 13.11.2015 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, der Widerspruch sei selbstverständlich zulässig und das Widerspruchsverfahren zu eröffnen. Der Beklagte versuche wiederholt, seine Rechte einzuschränken und seine Anliegen zu bagatellisieren, um künftige Eingaben schneller bearbeiten zu können. Die nun beabsichtigte Vorgehensweise bei künftigen Dienstaufsichtsbeschwerden sei auf gar keinen Fall zu tolerieren.
Nach vorheriger Anhörung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 18.01.2016 abgewiesen. Der Widerspruchsbescheid vom 06.11.2015 sei nicht zu beanstanden; der Beklagte habe den Widerspruch zu Recht als unzulässig zurückgewiesen. Bei dem Schreiben des Beklagten vom 23.10.2015 handle es sich nicht um einen mit der Anfechtungsklage angreifbaren Verwaltungsakt. Mit dem streitgegenständlichen Schreiben sei dem Kläger lediglich die beabsichtigte Vorgehensweise bei möglichen künftigen Dienstaufsichtsbeschwerden aufgezeigt worden. Hierdurch würden keine Rechte des Klägers im Sinne einer Regelung begründet, abgelehnt, aufgehoben, festgestellt oder geändert.
Gegen den ihm am 21.01.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.02.2016 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Januar 2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, das Schreiben vom 23. Oktober 2015 und den Widerspruchsbescheid vom 6. November 2015 zurückzunehmen und in der Sache neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Rahmen eines am 31.08.2016 durchgeführten Termins zur Erörterung des Sachverhalts haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der Niederschrift über den am 31.08.2016 durchgeführten Erörterungstermin Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden konnte, ist zulässig, aber nicht begründet.
Streitgegenstand ist das Schreiben des Beklagten vom 23.10.2015 sowie der Widerspruchsbescheid vom 06.11.2015. In der Sache ist das Begehren des Klägers dahingehend auszulegen, dass der Beklagte über künftige Dienstaufsichtsbeschwerden inhaltlich entscheidet, nachdem der Kläger seinen Widerspruch ausdrücklich auf den letzten Absatz des Schreibens, in dem der künftige Umgang mit Beschwerden erläutert wird, beschränkt hat und sich die Ausführungen im Klageverfahren allein auf die künftige Bearbeitung von Dienstaufsichtsbeschwerden beziehen.
Zwar ist für Klagen, die einen Streit über die Art und Weise der Behandlung von Dienstaufsichtsbeschwerden zum Gegenstand haben, grundsätzlich der Verwaltungsrechtsweg gegeben (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.12.2011, L 5 AS 2040/11 B, Juris). Vorliegend folgt die Eröffnung des Rechtswegs zu den Sozialgerichten aber bereits daraus, dass das SG ihn als gegeben erachtet hat und dies gemäß § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) von den weiteren Instanzen im Rechtsmittelzug nicht mehr in Frage gestellt werden kann. Die Bindungswirkung des § 17a Abs. 5 GVG greift hier ein; denn das SG hat über das Klagebegehren des Klägers in der Sache entschieden und den Rechtsweg zu den Sozialgerichten (§ 51 SGG) somit inzident für gegeben erachtet.
Soweit der Kläger die Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 06.11.2015 begehrt, ist die Klage als Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte hat den Widerspruch des Klägers gegen das Schreiben vom 23.09.2015 zu Recht als unzulässig zurückgewiesen; der angefochtene Widerspruchsbescheid ist nicht zu beanstanden.
Gemäß § 62 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 78 SGG ist der Widerspruch nur gegen Verwaltungsakte zulässig. Verwaltungsakt ist gemäß § 31 SGB X jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Wirkung nach außen gerichtet ist. Wie das SG zutreffend dargelegt hat, handelt es sich bei dem angefochtenen Schreiben vom 23.10.2015 nicht um einen Verwaltungsakt, da keine Regelung im Einzelfall getroffen wurde. Der Beklagte hat in dem durch den Kläger ausdrücklich gekennzeichneten Teil des Schreibens allein auf sein künftiges Vorgehen hingewiesen, ohne eine Regelung hierdurch zu treffen. Die Zurückweisung einer Dienstaufsichtsbeschwerde stellt darüber hinaus generell keinen Verwaltungsakt dar, weil durch sie nichts geregelt, sondern nur festgestellt wird, dass die Aufsichtsbehörde keinen Grund zum Einschreiten sieht (Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen, Urteil vom 15.07.1986, 1 BA 20/86, Juris, m.w.N.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.11.1996, 7 E 13031/96, Juris). Dienstaufsichtsbeschwerden gehören vielmehr zu den Petitionen im Sinne des Art. 17 GG (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 01.09.1976, VII B 101.75, Juris)
In der Sache selbst hat die Klage ebenfalls keinen Erfolg. Gegen die Mitteilung des Ergebnisses einer Dienstaufsichtsbeschwerde kann allenfalls - wenn sie überhaupt für justiziabel gehalten wird - im Wege der allgemeinen Leistungsklage vorgegangen werden, da sie, wie bereits dargelegt, keinen Verwaltungsakt darstellt. Der Petent hat nur ein Recht auf Entgegennahme der Dienstaufsichtsbeschwerde, ihre sachliche Prüfung und ihre Bescheidung. Ein Anspruch auf Erledigung im Sinne des Petenten besteht nicht (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 22.04.1953, 1 BvR 162/51; BVerwG, Beschluss vom 01.09.1976, a.a.O., Juris). Soweit hier die vorgenannten Rechte aufgrund der von ihm eingelegten Dienstaufsichtsbeschwerde bestehen, wurden sie seitens des Beklagten mit Schreiben vom 23.09.2015 erfüllt, aus dem die Entgegennahme der Dienstaufsichtsbeschwerde, ihre sachliche Prüfung und ihre Bescheidung hervorgeht.
Einen weitergehenden Anspruch hat der Kläger nicht; er hat insbesondere keinen Anspruch darauf, dass - gewissermaßen im Wege vorbeugenden Rechtschutzes - festgestellt wird, wie mit künftigen Dienstaufsichtsbeschwerden umzugehen ist. Zukünftige Rechtsverhältnisse, die dadurch gekennzeichnet sind, dass ein erst in der Zukunft liegendes Vorgang die Tatbestandsseite eines Rechtssatzes erfüllen und seine Rechtsfolgen auslösen würde, können nur dann ausnahmsweise zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden, wenn ein besonderes Feststellungsinteresse vorliegt. Unabhängig davon, ob die Entscheidung über künftige Dienstaufsichtsbeschwerden ein hinreichend bestimmtes und individualisiertes Geschehen darstellt und damit überhaupt Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann (vgl. dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., 2014, § 55, Rdnr. 8b m.w.N.), fehlt es jedenfalls an dem erforderlichen besonderen Feststellungsinteresse. Voraussetzung für die Annahme eines besonderen Feststellungsinteresse ist die Unzumutbarkeit weiteren Abwartens (Keller, a.a.O., § 55, Rdnr. 15c). Auch wenn die Anforderungen an das Feststellungsinteresse nicht überspannt werden dürfen, sind vorliegend keine Gründe ersichtlich, die dem Kläger ein Abwarten unzumutbar machen würden. Dem Kläger ist es ohne weiteres zumutbar, abzuwarten, wie der Beklagte sich bei einer weiteren Beschwerde verhält. Nachteile entstehen ihm hierdurch nicht. Dies gilt umso mehr, als der Geschäftsführer der Beklagten in dem Schreiben vom 23.09.2015 keineswegs die Bearbeitung von Dienstaufsichtsbeschwerden generell ablehnt, sondern lediglich ankündigt, die Beschwerden des Klägers daraufhin zu prüfen, ob sie ihrem Inhalt nach eine Dienstaufsichtsbeschwerde darstellen und lediglich bei Dienstaufsichtsbeschwerden zu reagieren. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des Klägers in beiden Instanzen.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
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