L 4 R 851/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 678/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 851/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Dezember 2013 sowie der Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2012 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Beigeladene zu 1 in der vom 18. Mai 2009 bis zum 6. Juni 2009 für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit nicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung versicherungspflichtig war.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf EUR 5.000,00 festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beigeladene zu 1 bei der Klägerin in der Zeit vom 18. Mai bis 6. Juni 2009 sozialversicherungspflichtig in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung beschäftigt war.

Die klagende Gesellschaft mit beschränkter Haftung betreibt Mitgliederwerbung für gemeinnützige Unternehmen/Non Profit Organisationen im Bereich des Umweltschutzes sowie des Hilfs- und Rettungswesens. Mit den von ihr eingesetzten Werbern schloss die Klägerin im Jahr 2009 üblicherweise einen "Handelsvertreter-Vertrag Deutschland 2009", der u.a. folgende Bestimmungen enthielt:

§ 1 Merkmale der Tätigkeit 1. [Die Klägerin] bestellt den Handelsvertreter für die Öffentlichkeitsarbeit und zur Werbung passiver Mitglieder (Förderer) für die Auftraggeber [der Klägerin] in der Bundesrepublik Deutschland. § 2 Beginn, Laufzeit und Kündigung 1. Dieser Vertrag wird wirksam mit der Unterzeichnung durch beide. Die Gesamtlaufzeit dieses Vertrages endet am 31.12.2009. Mit Ablauf dieser Frist endet dieser Vertrag ohne besondere Kündigung. 2. Der Handelsvertreter weist seinen studentischen Status durch Vorlage seines Reisepasses in Kopie und einer aktuellen Inskriptionsbestätigung in Kopie nach. § 3 Provisionen 1. Als Bestandteile dieses Vertrages gelten die jeweils aktuellen Provisionstabellen sowie die jeweilige Teamchefregelung. 2. Der Handelsvertreter erhält für seine Tätigkeit eine Provision je Werbeeinheit gemäß aktuell gültige Provisionstabelle. Eine Werbeeinheit entspricht einem neu geworbenen Mitgliedsbeitrag von EUR 1,00 monatlich bzw. EUR 12,00 jährlich. § 4 Stornierungen und Nichtzahlungen 1. Der Handelsvertreter garantiert [der Klägerin] die Mitgliedschaft des geworbenen Mitglieds (Förderer) sowie dessen Beitragszahlung. Sollte das Mitglied (Förderer) nicht bis längstens Stichtag der Storno Rücklagen Abrechnung den vollen Beitrag auf das zweite Beitragsjahr leisten, ist [die Klägerin] berechtigt, die zu viel erhaltene Provision vom Handelsvertreter zurückzufordern. 2. Für eventuelle Stornierungen und Nichtzahlungen hinterlegt der Handelsvertreter als Sicherheit eine Stornorücklage i.H.v. 20 % seiner Provision. Vertragsbestandteil war eine Anlage mit einer in vier Klassen aufgeteilten Provisionstabelle, in der in Abhängigkeit vom Auftraggeber der Klägerin jeweils einer Einheit (EH) ein bestimmter Multiplikator zugeordnet wurde, der bis zu einer jeweils vorgegebenen Einheitenanzahl anstieg und danach konstant blieb. Als Sicherheit garantiere die Klägerin die Quartierkostenübernahme für neue Mitarbeiter für eine Woche oder alternativ die Übernahme der erstmaligen Anreisekosten sowie folgende "Garantieprovision": "Sollte das durchschnittliche Einkommen als Summe aus Provision, Prämien und Sonderzahlungen über die gesamte Anwesenheitsdauer nicht wenigstens einen Betrag von 300 EUR wöchentlich (dazu sind pro Woche mindestens 12 MG grün/18 MG rot notwendig, darunter wird der Betrag anteilig angesetzt) überschreiten, so kommt stattdessen dieser Betrag in der Abrechnung zum Ansatz."

Vor Aufnahme ihrer Tätigkeit erhielt die 1988 geborene Beigeladene zu 1 ein Schreiben der Klägerin, das diese nach Eingang unverbindlicher Bewerbungsbögen übersandte und in dem sie sich, die Tätigkeit für sie und die Entgeltregelungen allgemein darstellte (im Folgenden: Informationsschreiben). Danach bestehe die Tätigkeit in der Werbung fördernder Mitglieder für ihre Kunden. Ein Werbeteam bestehe in der Regel aus vier bis acht Mitarbeitern und werde von mindestens einem Teamchef geleitet. Der Werber könne sich die Organisation aussuchen, für die er arbeiten wolle. Grundsätzlich könne er jederzeit beginnen, die Arbeitszeit flexibel nach eigenen Vorstellungen auf verschiedene Perioden aufteilen, Pausen machen, aufhören und jederzeit die Mitarbeit beenden. Denn er sei selbständig. Am Zielort treffe er seinen Teamchef, beziehe mit dem Team die Wohnung und erhalte seine Arbeitsunterlagen und den Ausweis. Die ersten drei Arbeitstage dienten der praktischen Einarbeitung, bei der er von seinem Teamchef unterstützt werde. Grundsätzlich werde immer von Montag bis Samstag gearbeitet. Der Sonntag stehe zur freien Verfügung; oft unternehme aber das Team in der Freizeit etwas zusammen. Die Arbeit starte meistens am späten Vormittag und werde nach einer nachmittäglichen Pause bis zum Abend weitergeführt. Anschließend werde in der Wohnung zusammen gekocht und für ein Abendprogramm gesorgt. Grundsätzlich müsse jeder Mitarbeiter selbst krankenversichert sein. Es folgten weitere Hinweise für Studenten; andernfalls wurde auf die Möglichkeit telefonischer Auskünfte verwiesen. Der Verdienst errechne sich mithilfe der monatlichen Beitragssumme eines Fördermitglieds, die mit einem Faktor multipliziert werde, wobei je EUR 1,00 einer Einheit entspreche (Bruttoverdienst = Einheiten x Faktor). "Spesen" für Wohnung, Verpflegung und Benzingeld in Höhe von ca. EUR 17,00 pro Tag seien einzukalkulieren. Sonderprämien würden erbracht bei Erreichen bestimmter – nach Auftraggeber unterschiedlicher – Einheitenzahlen. Sie garantiere in Deutschland ein "Mindesteinkommen von 1500,00 EUR in fünf Wochen": "Sollte das durchschnittliche Einkommen (nur Deutschland!) aus Provisionen, Prämien und Sonderzahlungen über die gesamte Anwesenheitsdauer nicht mindestens das jeweilige Garantieeinkommen durchgerechnet ab Anreisetag, jede Woche mit mindestens 12 MG grün/18 MG rot ausmachen, so kommt stattdessen dieser Betrag in der Abrechnung zum Einsatz." So werde garantiert, dass der Werber auf jeden Fall einen Gewinn erarbeite, egal wie lange er bei ihr bleibe. Das Garantieeinkommen setze sich zusammen aus einem Garantiebetrag von jeweils EUR 300,00 für die erste bis vierte Woche sowie ab der fünften Woche. Die Stornierungsrücklage und deren Abrechnung – ohne Hinweis auf möglicherweise weitergehende Nachzahlungen – wurde erläutert. Während der Tätigkeit bestehe als Vorschuss wöchentlich Anspruch auf ca. 60 % des Nettoverdienstes. Zweimal jährlich biete sie kostenlose zweitägige Kommunikationsseminare in Kleingruppen zur Weiterbildung; die Teilnahme sei freiwillig. Bei Übernahme der Tätigkeit werde ein Mitarbeiterausweis ausgestellt. Bei Einsätzen seien für bestimmte Organisationen eine schwarze oder weiße Hose zu tragen, bei anderen gepflegte Freizeitkleidung.

Die Beigeladene zu 1 war ab dem 18. Mai 2009 ohne schriftlichen Vertragsschluss für die Klägerin im Landkreis Eichstätt, Bayern, als Haustürwerberin im Rahmen einer Werbeaktion für den Naturschutzbund Bayern tätig. Sie war zu diesem Zeitpunkt weder Studierende noch anderweitig beschäftigt oder selbständig tätig. Die Werbung in diesem Landkreis erfolgte durch ein ca. sechsköpfiges Team und einen Teamleiter, dem Zeugen P ... Dieser mietete die gemeinsam genutzte Wohnung an, fuhr die Teammitglieder mit seinem privaten Kraftfahrzeug morgens zu deren jeweiligen Einsatzort und holte sie abends wieder ab. Miete-, Lebenshaltungs- und Benzinkosten wurden wöchentlich untereinander aufgeteilt. Am 6. Juni 2009 erlitt die Beigeladene zu 1 bei einem Autounfall auf dem Weg zum Einsatzort als Beifahrerin im Kraftfahrzeug des Zeugen P. ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und eine instabile Beckenringfraktur. Seither ist bei ihr ein Grad der Behinderung von 60 festgestellt und das Merkzeichen G zuerkannt. Die Kosten der Behandlung und Rehabilitation übernahm zunächst die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG), die über einen Anspruch auf Verletztenrente im Hinblick auf den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreites noch nicht entschied. Über den 6. Juni 2009 war die Beigeladene zu 1 nicht mehr für die Klägerin tätig. Abzüglich am 1. und 4. Juni 2009 erbrachter Vorschüsse in Höhe von insgesamt EUR 370,00 erhielt die Beigeladene zu 1 im September 2009 eine Auszahlung in Höhe von EUR 1.574,59. Nach der Provisionsabrechnung vom 10. September 2009 hatte sie 279,02 EH brutto erzielt; eine Stornorücklage war nicht erfolgt. In den "Produktionsaufstellungen" der Beigeladenen zu 1 für die Zeit vom 18. bis 30. Mai 2009 sind (jeweils Montag bis Samstag) mit Ausnahme des 21. Mai 2009 (Feiertag Christi Himmelfahrt) Abschlüsse (insgesamt 48 mit 152,18 EH) und Einsatzorte vermerkt.

Ein erstes von der Beigeladenen zu 1 am 15. September 2009 beantragtes Statusfeststellungsverfahren stellte die Beklagte wegen fehlender Unterlagen ein (Bescheid vom 29. Januar 2010).

Am 23. Februar 2010 beantragte die Beigeladene zu 1 erneut die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status (Schreiben vom 14. Februar 2010). Sie begehrte dabei die Feststellung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Die Tätigkeit für die Klägerin habe sie auf unbestimmte Zeit aufgenommen. Sie sei als in der Werbeaktion Beschäftigte hinsichtlich Zeit und Ort weisungsgebunden gewesen. Die Werber hätten in einem von der Klägerin zusammengestellten Team gearbeitet. Die Form der Werbung sei in Auftreten und Bekleidung mit Firmenvordruck vorgegeben gewesen, die Dokumentation auf von der Klägerin vorgegebenen Unterlagen und die Bezahlung nach einem von dieser vorgegebenen Schlüssel erfolgt. Sie habe nicht selbstkalkulierend unternehmerisch tätig werden können. Es sei ihr nicht erlaubt gewesen, für mehrere Auftraggeber zu arbeiten. Den Einsatzort habe die Klägerin festgelegt. Sie sei an sechs Arbeitstagen wöchentlich tätig geworden; die Tagesarbeitszeit habe sich nach Möglichkeit oder Bedarf bestimmt. Die Werber seien in der Regel alleine unterwegs, würden aber zur Kontrolle gegebenenfalls vom Teamleiter begleitet. Wenn Arbeitskleidung zum Einsatz komme, werde diese von der Klägerin besorgt. Außer zu Beginn der Tätigkeit sei sie nicht zur Teilnahme an Schulungen verpflichtet gewesen. Bei Abwesenheit/Verhinderung müsse der Teamleiter unterrichtet werden; die Klägerin bestimme gegebenenfalls eine Ersatzkraft. Da Arbeitszeit und -ort vorgegeben gewesen seien, hätte sie keine andere Geschäftsverbindung zusätzlich aufnehmen können.

Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Feststellung einer abhängigen Beschäftigung für die Zeit vom 18. Mai bis 6. Juni 2009 (Schreiben der Beklagten vom 19. Juli 2010) machte die Klägerin geltend, eine abhängige Beschäftigung habe nicht vorgelegen. Die Organisationen, für die sie werben solle, sprächen sich über die durchzuführenden Werbeaktionen ab, insbesondere teilten sie die Gebiete untereinander auf, um mehrfache Werbungen zu vermeiden. Gelegentlich stelle eine Organisation einheitliche Kleidung zur Verfügung. Dem Werber werde durch sie mitgeteilt, in welchem Kreisverband er tätig werden solle. Vorgegeben werde ein Starttermin. Seine Arbeitszeit könne der Werber selbst einteilen. Die Werber würden als Team in einem bestimmten Gebiet tätig. Die Koordination und Lösung organisatorischer Probleme (z.B. Unterkunft) erfolgten durch den Teamleiter. Fahrkosten übernehme sie nicht. Ein Werber verdiene nur bei erfolgreicher Werbung eine Provision. Die bloße Tätigkeit führe zu keinem Entgeltanspruch. Eine Untätigkeit führe andererseits nicht zu Sanktionen. Der Werber verdiene dann aber keine Provision und müsse dennoch seine angefallenen Kosten (Fahrtkosten, Unterbringung) begleichen. Den Erfolg seiner Tätigkeit dokumentiere der Handelsvertreter über wöchentliche Berichte an sie. Durch den Einsatz der Beigeladenen zu 1 ab dem 18. Mai 2009 sei ein Vertrag zwischen den Beteiligten zustande gekommen. Der übliche – aktenkundige – Handelsvertretervertrag sei der Beigeladenen zu 1 vor Aufnahme übersandt worden, aber aufgrund des Unfalles nicht mehr unterzeichnet worden. Sie (die Beigeladene zu 1) selbst trage schlüssig vor, dass er inhaltliche Grundlage gewesen sei. Er sei daher der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung zugrundezulegen. Danach fehlten die typischen Merkmale eines Beschäftigungsverhältnisses. Für eine selbständige Tätigkeit sprächen die Inbezugnahme der §§ 84 ff. HGB, die jederzeitige Möglichkeit der Kündigung des Vertrages ohne Angabe von Gründen, die Erfolgsabhängigkeit der Vergütung, die Zuständigkeit des Werbers für Steuern und Versicherungen, die fehlende Festlegung von Arbeitszeit und -ort, das Fehlen einer Eingliederung in eine Arbeitsorganisation sowie eines Anspruches auf Urlaub oder der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Die Beigeladene zu 1 habe ein unternehmerisches Risiko getragen durch die Haftung für Stornierungen und Nichtzahlungen sowie die einsatzbezogenen Fahrt- und Unterkunftskosten. Die Tätigkeit der Handelsvertreter für sie sei von verschiedenen Sozialversicherungsträgern und Finanzbehörden als selbständig bestätigt worden. Vorgelegt wurden u.a. eine Stellungnahme der Clearingstelle der (damaligen) Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 29. Juni 2000 zu einer vorgelegten Mustervereinbarung, Betriebsprüfungsbescheide der damaligen Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg vom 24. Juli 2003 und der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg vom 29. November 2007, Berichte über die Lohnsteueraußenprüfung des Finanzamtes Emmendingen vom 28. Dezember 2001 und 17. Juni 2008 sowie eine Betriebsprüfungsmitteilung des Finanzamtes L. vom 8. April 2009. In einer ebenfalls vorgelegten Erklärung des Zeugen P. vom 27. August 2010 bestätigte dieser die Aufteilung der Fahrt- und Unterkunftskosten zwischen den Teammitgliedern einschließlich der Beigeladenen zu 1.

Mit identischen Bescheiden vom 13. Dezember 2010 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 für die Klägerin seit dem 18. Mai 2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und seit diesem Zeitpunkt Versicherungspflicht in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung bestehe. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Umstände überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Die Tätigkeit werde in Teamarbeit ausgeführt, was für eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin spreche. Die Beigeladene zu 1 sei zu einer wöchentlichen Berichtsabgabe verpflichtet. Ihr würden bestimmte Einsatzgebiete vorgegeben. Die Klägerin erteile ihr Weisungen bezüglich Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit sowie der Art und Weise von deren Durchführung. Das Fehlen von vertraglichen Regelungen über Ansprüche auf Urlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall schlössen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung nicht aus. Vielmehr seien solche Ansprüche gegebenenfalls gesetzliche Folge eines Beschäftigungsverhältnisses.

Zur Begründung des dagegen am 20. Dezember 2010 eingelegten Widerspruches führte die Klägerin aus, die von der Beklagten für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis angeführten Merkmale lägen größtenteils gar nicht vor. Der Handelsvertretervertrag beinhalte keine Arbeitszeitregelung. Die Einteilung der Arbeitszeit obliege allein dem Werber. Dies gelte sowohl für die gesamte Arbeitsperiode als auch für das tägliche Arbeitspensum. Die anderweitigen Angaben der Beigeladenen zu 1 seien unzutreffend. Aus deren – vorgelegten – Produktionsaufstellungen ergäben sich einzelne Tage mit nur einer Mitgliederwerbung, während sie an anderen erheblich mehr erzielt habe. Daran sei zu erkennen, dass sie nach eigener Einteilung an einigen Tagen kürzer gearbeitet habe. Auch aus den – vorgelegten – Produktionsaufstellungen anderer Werber sei zu ersehen, dass diese nicht jeden Tag gearbeitet hätten. Die Verabredung fester Abfahrtszeiten bei gemeinsamer Nutzung eines Fahrzeugs sei nicht mit Arbeitszeitvorgaben gleichzustellen. Der Teamleiter sei vor allem für die Lösung organisatorischer Probleme zuständig, habe aber keine Weisungsbefugnis. Dies gelte auch für die Aufteilung der Werbegebiete, die die Werber untereinander abgesprochen hätten. In keinem Fall sei ein erfolgloser Werber vom Teamleiter begleitet worden, um ihn zu zahlreicheren Abschlüssen zu drängen. Die Begleitung durch einen Teamleiter habe sich auf die Einweisung eines neuen Werbers für ca. zwei Stunden beschränkt. Die Dokumentationspflicht beschränke sich als Voraussetzung für die Berechnung des Provisionsanspruches auf Datum, Ort und Zahl der erfolgreichen Mitgliederwerbung; ein Bericht über die Ausführung der Tätigkeit müsse nicht vorgelegt werden. Solches habe auch die Beigeladene zu 1 nicht angegeben. Die Werber erhielten lediglich ihre Auftragsbeschreibung, nämlich wann und wo sie welches Produkt bewörben. Ob, wie und in welcher Zeit sie dies täten, obliege ihnen. Dabei seien sie in der Regel alleine unterwegs und unterlägen keiner Kontrolle durch den Teamleiter. Die Übernahme eines überschaubaren wirtschaftlichen Risikos stehe in angemessenem Verhältnis zur Möglichkeit des Provisionserwerbs. Ein Mindestentgelt sei nicht vereinbart worden; ein solches ergebe sich insbesondere nicht aus der Garantieprovision. Diese sei erst fällig, wenn eine Mindestleistung (zwölf Mitgliederwerbungen) erreicht sei. Sie sei lediglich ein alternatives Provisionsmodell, aber keine Basisvergütung zuzüglich Provision.

Die Beigeladene zu 1 wandte unter Verweis auf das Informationsschreiben ein, die Klägerin habe ihr einen Mindestlohn von EUR 1.500,00 in fünf Wochen zugesagt. Auch in dem – von ihr nicht unterschriebenen – Handelsvertretervertrag werde auf eine Garantieprovision hingewiesen. Damit habe sie kein unternehmerisches Risiko getragen. Der Teamleiter habe bestimmt, in welchem Ort gearbeitet werde und wer in welchen Straßen werbe. Abfahrts- und Abholzeit habe er ebenfalls vorgegeben. Sie habe notgedrungen mit ihm mitfahren und damit die Zeiten einhalten müssen. In dem ländlichen Gebiet hätte sie – wie die anderen Teammitglieder auch – mangels eigenen Autos nur unter erschwerten Bedingungen in eine andere Gemeinde gelangen können. Ohne eine vom Teamleiter vorgegebene Aufteilung hätten die dann unabhängig voneinander operierenden Werber womöglich dasselbe Gebiet unmittelbar hintereinander mehrmals beworben. Die Werber hätten die Aufteilung des Gebiets untereinander und in Absprache mit dem Teamleiter abgesprochen. Schon nach dem Faktischen sei also eine in die vom Arbeitgeber vorgegebene Organisation mit Arbeitszeiten und Arbeitsort gegeben gewesen. Natürlich hätten die Werber statt Kunden zu werben auch in ein Café gehen können; sie hätten aber die Tätigkeit aufgenommen, um Geld zu verdienen. Die Zahl der an einem Tag erzielten Abschlüsse lasse keinen Rückschluss auf die hierfür aufgewandte Arbeitszeit zu. Entgegen der Angaben der Klägerin sei der Zeuge P. auch nach der ersten Einweisung mit einer Werberin mitgegangen, die keine Umsätze getätigt habe, um sie anzuleiten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2012 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Feststellung, dass die Beigeladene zu 1 die Tätigkeit für die Klägerin vom 18. Mai bis 6. Juni 2009 im Rahmen eines abhängigen und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe, bleibe bestehen. Dass die Beigeladene zu 1 für mehrere Auftraggeber habe tätig können, sei für die Beurteilung des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin nicht maßgeblich. Die Tätigkeit für mehrere Auftrag- oder Arbeitgeber sei auch bei abhängig Beschäftigten üblich. Mangels schriftlichen Vertragsschlusses seien die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend. Die Tätigkeit sei im Team ausgeübt worden, dem ein Teamleiter bevorstehe. Dieser habe im Auftrag der Klägerin im Werbegebiet Wohnraum für die Teammitglieder angemietet, den auch die Beigeladene zu 1 genutzt habe. Der Arbeitsort werde mit der Erteilung des Auftrages durch die Klägerin bestimmt, das Tätigkeitsgebiet am Arbeitsort anschließend durch den jeweiligen Teamleiter vorgegeben. Dieser habe die jeweiligen Werber täglich an den Einsatzort gefahren und wieder abgeholt. Der Beigeladenen zu 1 sei somit ein fester täglicher Zeitraum für die Bewerbung eines bestimmten Gebietes vorgegeben worden ohne die Möglichkeit, selbst eigene Gebiete zu bewerben. Diesbezüglich habe sie dem Direktionsrecht der Klägerin unterlegen. Sie habe diese als Auftraggeber nach außen vertreten. Ein unternehmerisches Risiko habe sie nicht getragen, da ihr von der Klägerin ein Garantieeinkommen von EUR 1.500,00 in fünf Wochen gezahlt worden sei. Ohnehin sei es unerheblich, dass der finanzielle Erfolg des Beschäftigten von dessen berufliche Tüchtigkeit abhängig sei. Die Chance, länger oder mehr zu arbeiten, um so ein höheres Entgelt zu erzielen, sei nicht die spezielle Chance des Unternehmers, sie habe auch jeder Beschäftigte. Eigenes Kapital habe die Beigeladene zu 1 nicht eingesetzt, sondern lediglich das Entgeltrisiko getragen. Dass sie habe frei entscheiden können, ob sie Aufträge annehme oder ablehne, sei kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit. Denn bei Annahme sei eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin erfolgt. Die Tätigkeit sei im Wesentlichen durch Vorgaben des Auftraggebers geprägt, also überwiegend fremdbestimmt gewesen. Ein wesentlicher Gestaltungsspielraum bezüglich der zu erbringenden Dienstleistung sei somit nicht gegeben.

Hiergegen erhob die Klägerin am 13. Februar 2012 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) und führte unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens aus, die Argumentation der Beklagten, die Beigeladene zu 1 trage lediglich das Entgeltrisiko, sei unzutreffend und zirkelschlüssig. Der Werber werde tätig, um Provisionsansprüche zu verdienen. Die Übernahme eines überschaubaren wirtschaftlichen Risikos stehe hierzu in angemessenem Verhältnis. Darin manifestierte sich ein Kernelement selbstständiger Tätigkeit. Die Möglichkeit, für mehrere Auftraggeber tätig sein zu dürfen, sei zur Beurteilung einer wirtschaftlichen Abhängigkeit vom Hauptauftraggeber von Bedeutung. Die Einbeziehung eines Geschäftspartners in eine Organisationsstruktur, die regional gegliedert sei, sei im Wirtschaftsleben durchaus gebräuchlich und führe nicht zur Annahme der Einbindung in eine Arbeitsorganisation mit der Folge einer nichtselbständigen Tätigkeit. Auch bei Einbindung in den Betriebsablauf habe das SG im Urteil vom 12. Juli 2007 (S 10 U 943/05) aufgrund rechtlicher Weisungsfreiheit eine abhängige Beschäftigung von so genannten Zerlegern verneint. Teamleiter P. habe neben den von ihm selbst erreichten Abschlüssen auch am erreichten Leistungsvolumens des Teams partizipiert.

Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid entgegen.

Die mit Beschluss vom 24. Juli 2012 Beigeladene zu 1 gab an, dass der Teamleiter in der Regel im Laufe des Tages nicht dabei gewesen sei.

Die mit Beschluss vom 24. Juli 2012 ebenfalls Beigeladenen zu 2 bis 4 äußerten sich nicht.

Das SG zog die den Unfall der Beigeladenen zu 1 betreffenden Akten der VBG bei.

Das SG vernahm den Teamleiter P. in der mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2013 als Zeugen. Dieser gab zum typischen Ablauf eines Werbeeinsatzes an, dass ein flächendeckend zu bewerbendes Einsatzgebiet vorgegeben werde. Er habe eine Ferienwohnung und, wenn er nicht sein eigenes verwendet habe, ein Mietauto organisiert. Die Ortschaften habe er systematisch in Absprache mit den lokalen Vereinen ausgesucht. Letztlich sei der ganze Landkreis "abzugrasen" gewesen. Je nach Erfolg dauerten Einsätze zwei bis drei Wochen oder einige Monate. Seine Aufgabe sei es gewesen, die neuen Werber einzuschulen; meist habe er diese für ein bis zwei Tage begleitet und Feedback gegeben. Die Aufteilung der Gebiete sei gemeinsam im Team festgelegt worden. Die gemeinsame Freizeitgestaltung sei sehr wichtig gewesen (Kochen, Unternehmungen im Team). Die entstandenen Kosten für Lebensmittel, Unterkunft und Benzin seien wochenweise umgelegt worden. Es habe jedem Werber täglich freigestanden, mitzugehen oder nicht. Es sei möglich gewesen, sich einen Tag in die Sonne zu legen. Etwas anderes sei es, wenn jemand eine Woche gar nichts getan hätte; dieser ziehe andere im Team runter. Die einzelnen Werber hätten sich auch unabhängig von seinen Transportmöglichkeiten bewegen können. Der Regelfall sei jedoch gewesen, morgens gemeinsam loszugehen und abends gemeinsam zurückzukehren. Wenn ein Werber nach zwei Wochen abgebrochen habe, sei ihm das Garantieeinkommen ausgezahlt worden, wenn er nicht mit seinen Provisionen bereits darüber gelegen habe. Ob dessen Auszahlung von einem Mindestumsatz abhängig gewesen sei, wisse er nicht mehr genau, da es im Laufe der Zeit verschiedene Systeme gegeben habe.

Mit Urteil vom 17. Dezember 2013 wies das SG die Klage ab und verwies auf die als zutreffend erachteten Gründe des Widerspruchsbescheides. Ergänzend führte es aus, die Beigeladene zu 1 sei nicht als selbständige Handelsvertreterin für die Klägerin tätig geworden. Beide Parteien seien sich bei Abschluss und Durchführung ihres Vertrages nicht auf Augenhöhe begegnet. Die Tätigkeit erfülle vielmehr das Bild eines fremdbestimmt handelnden, angestellten Handelsvertreters. Die Beigeladene zu 1 habe kein Gewerbe angemeldet, habe die Tätigkeit nicht als Nebenjob als Studentin ausgeübt und keine Steuern abgeführt. Unabhängig von dem "Handelsvertreter-Vertrag 2009", der unstreitig nicht abgeschlossen worden sei, unterlägen die Werber der Klägerin Vorgaben zu Ort und Zeit der Ausübung der Tätigkeit, die aus der engen Einbindung in ein etwa sechsköpfiges Team regelmäßig fern ab des eigenen Wohnortes folgten. Der verbliebene Entscheidungsspielraum der Teammitglieder und so auch der Beigeladenen zu 1 beschränke sich allein auf einen täglich möglichen vollständigen Verzicht auf eine Mitarbeit. Ein eigener Gestaltungsspielraum, wann, wo und wie geworben werde, bestehe dagegen nicht. Des Weiteren mache die Klägerin den Werbern ausweislich des Mustervertrages Vorgaben zur Arbeitskleidung und verpflichte sie zu wöchentlichen Arbeitsberichten auf von ihr gestellten Vordrucken. Die Beigeladene zu 1 habe kein nennenswertes unternehmerisches Risiko getragen, sondern im Wesentlichen nur ihre eigene Arbeitskraft investiert. Dabei habe sie sowohl nach dem Wortlaut des Mustervertrages als auch nach den weiteren vorliegend vertragsbestimmenden Umständen einen Anspruch auf ein Mindesteinkommen unabhängig vom Erfolg ihrer Tätigkeit gehabt. Klägerin und Beigeladene zu 1 hätten sich nur konkludent auf ein Vertragsverhältnis verständigt, dessen Inhalt durch die tatsächlichen Verhältnisse und durch die vorab schriftlich ausgetauschten Informationen bestimmt sei. Von Bedeutung sei daher nicht nur der von der Klägerin der Beigeladenen zu 1 vorgelegte Mustervertrag, sondern auch das Informationsschreiben und die dadurch hervorgerufenen Vorstellungen der Beigeladenen zu 1 unter Beachtung des objektiven Empfängerhorizontes. Der Wortlaut des Informationsschreibens unter der Überschrift "Garantieeinkommen" weise einen Anspruch auf erfolgsunabhängige Auszahlung von mindestens EUR 1.500,00 für fünf Wochen Arbeit aus. Bemessungsgrundlage hierfür sei allerdings der Durchschnittsverdienst der gesamten Anwesenheitsdauer, nicht allein der typischerweise schlechten ersten fünf Wochen. Das Garantieeinkommen könne jedenfalls im Falle eines tatsächlichen Provisionseinkommens im gesamten Arbeitszeitraum in Höhe von EUR 0,00 beansprucht werden. Auch aus der Anlage mit Provisionstabelle zum Handelsvertretervertrag ergebe sich nicht, dass für das Garantieeinkommen eine Mindestarbeitsleistung notwendig sei. Der dort enthaltene Klammerzusatz sei nicht entsprechend auszulegen, sondern beschreibe lediglich den Grenzwert, bis zu dem das garantierte Mindesteinkommen und ab dem das auf Provisionsbasis zu errechnende Einkommen höher sei. Dabei beziehe sich die Garantie "dieses Betrages" schon rein sprachlich auf die EUR 300,00. Der insgesamt unverständliche zusätzliche Einschub über die anteilige Ansetzung sei dagegen unbeachtlich und finde sich bezeichnenderweise nicht in der ansonsten fast wortgleichen Formulierung des Informationsschreibens. Die 20 %ige Stornorücklage führe ebenfalls nicht zu einem unternehmerischen Risiko, weil sie zwangsläufig nur die tatsächliche Einkommensberechnung auf Provisionsbasis und nicht das Mindesteinkommen betreffe. Bei der Beigeladenen zu 1 sei eine Stornorücklage auch nicht vorgenommen worden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei die Beigeladene zu 1 als Teil eines Teams, dass unter der Leitung einer hierfür besonders vergüteten Person gestanden habe, in die Arbeitsabläufe der Klägerin eingegliedert gewesen. Der Teamleiter habe neben sämtlichen organisatorischen Aufgaben (Anmietung der Unterkunft, Kontaktaufnahme mit Vereinen vor Ort, Ortskenntnis erlangen, Transportmöglichkeit schaffen) für das Gelingen des jeweiligen Einsatzes ganz entscheidende Personalführungsfunktionen wahrgenommen. Er habe das Zusammenwachsen der Gruppe gefördert, auf telefonischen Abruf Hilfe bei Problemen geleistet, neue Teammitglieder individuell angelernt und Gespräche mit nicht erfolgreichen Bewerbern gesucht, um ihnen einen Abbruch nahezulegen. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten habe zu den Fahrdiensten des Teamleiters faktisch keine Alternative bestanden, so dass die Beigeladene zu 1 – wenn sie habe arbeiten wollen – dies nur zu den Zeiten tun können, die der Teamleiter durch seine Fahrdienste ermöglicht und vorgegeben habe. Das Vorbringen der Klägerin, den Werbern habe es täglich freigestanden zu arbeiten oder nicht, sei daher unbeachtlich. Im Informationsschreiben erwecke die Klägerin durch Formulierungen wie Mitarbeiter oder Personal selbst den Anschein, dass die Werber bei ihr abhängig beschäftigt seien. Demgegenüber fielen die für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Merkmale (keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, keine Urlaubsregelung) nicht ins Gewicht. Anderes ergebe sich auch nicht aus den Entscheidungen anderer Sozialversicherungsträger und Finanzbehörden, an die vorliegend ohnehin keine Bindung bestehe.

Gegen dieses ihr am 20. Januar 2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18. Februar 2014 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Sie hat unter weiterer Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrages ausgeführt, zu einer Gewerbeanmeldung sei die Beigeladene zu 1 auch bei Bestehen einer selbständigen Tätigkeit nicht verpflichtet gewesen. Dass sie keine Studentin gewesen sei und die Tätigkeit als Haupttätigkeit ausgeübt habe, spreche gerade für ihre unternehmerische Selbständigkeit. Das SG selbst sei davon ausgegangen, dass die Vorgaben zu Ort und Zeit der Ausübung der Tätigkeit auf der engen Einbindung in den ein etwa sechsköpfiges Team regelmäßig fern ab des eigenen Wohnraumes folgten. Dass kein eigener Gestaltungsspielraum, wo, wann und wie geworben werde, bestanden habe, sei in jedem organisierten Tätigkeitsfeld gleich. Dass die Werber an die üblichen Geschäftszeiten gebunden gewesen sein, werde nicht bestritten. Auch ein auf einer Baustelle arbeitender selbständiger Handwerker müsse seine Arbeit und Arbeitszeiten mit dem Bauherrn absprechen. Im Übrigen habe das SG diesen Umstand unzulässigerweise zweimal in die Abwägung eingestellt. Die streng grammatikalische Auslegung der Regelung über die Garantieprovision im Handelsvertretervertrag durch das SG stehe in offensichtlichem Widerspruch zum Informationsschreiben, das ihren Vortrag stütze. Dabei bedeute "MG grün" die Mitgliedschaft für Umwelt-, "MG rot" für Rettungsorganisationen. Die Erfolgswahrscheinlichkeit sei bei letzteren höher, so dass auch die Anforderungen für eine Mindestprovision höher seien. Ein Mitgliedsbeitrag von EUR 1,00 sei eine Einheit. Der Mindestbeitrag habe EUR 1,50 betragen. Die Bezeichnung als "Mitarbeiter" im Informationsschreiben meine "freie" Mitarbeit. Eine Kontrolle der Tätigkeitszeit durch den Teamleiter sei nicht erfolgt. Dieser habe sich um organisatorische Fragen gekümmert. Die Einteilung der eigenen Arbeitszeit habe allein der Beigeladenen zu 1 oblegen. Weder sie noch der Teamleiter hätten hierzu Vorgaben gemacht. Die Werber hätten lediglich eine Auftragsbeschreibung erhalten. Dass in einem sich ständig ändernden Team ein bestimmtes Gebiet beworben worden sei, spreche gerade gegen die Eingliederung in eine Arbeitsorganisation. Jedenfalls spreche die Arbeit in Teams keinesfalls für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Auch Selbständige könnten selbstverständlich Teams bilden, um wirtschaftlich sinnvoll zu arbeiten. Eine Leitung der eigentlichen Tätigkeit durch einen Teamleiter sei nicht erfolgt. Das SG habe eine Vielzahl bereits vorgetragener, für eine Selbständigkeit sprechende Umstände sowie abweichende Einschätzungen anderer Behörden nicht hinreichend berücksichtigt. Im konkreten Fall habe ein Vertrag mit dem Landesverband der Organisation bestanden, welche Kreisgruppen in einem Jahr beworben würden. Dies sei von ihr – der Klägerin – für die gesamte Dauer bearbeitet worden, aber nicht zwingend mit denselben Werbern. Sie gebe die Vorgabe an die Gruppe, dass jeder Haushalt in diesem Kreis besucht werde. Die ausgehändigten Mitarbeiterausweise seien nicht auf die Klägerin, sondern die jeweils beworbene Organisation ausgestellt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. November 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2012 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 1 in der vom 18. Mai 2009 bis zum 6. Juni 2009 für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit nicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung versicherungspflichtig war, hilfsweise Herrn K.-P. L. als Zeugen zur Ausgestaltung des Auftragsverhältnis mit der Klägerin zu hören.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt und sich nicht zur Sache geäußert.

Der Senat hat die den Unfall der Beigeladenen zu 1 betreffenden Akten der VBG beigezogen.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG; denn die Klage betrifft weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt.

2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Feststellung der Beklagten, die Beigeladene zu 1 sei bei der Klägerin in der Zeit vom 18. Mai bis 6. Juni 2009 sozialversicherungspflichtig in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung beschäftigt gewesen. Im Bescheid vom 13. Dezember 2010 ist zwar lediglich das Datum des Beginns der Versicherungspflicht genannt ("seit 18.05.2009" und "Die Versicherungspflicht beginnt am 18.05.2009"). Bereits aufgrund des Anhörungsschreibens vom 19. Juli 2010 konnten die Adressaten des Bescheides jedoch erkennen, dass sich die Feststellung lediglich auf die Zeit bis zum 6. Juni 2009 bezieht. Denn der Zeitraum vom 18. Mai bis 6. Juni 2009 ist dort ausdrücklich bezeichnet. Auch im Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2012 wurde geregelt, dass die Feststellung der Versicherungspflicht aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses "vom 18.05.2009 bis 06.06.2009" bestehen bleibe. Von diesem Zeitraum sind die Beteiligten übereinstimmend ausgegangen. Nur hierzu hat das SG im angefochtenen Urteil entschieden. Dies ergibt sich neben der Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid aus dem Tatbestand, in dem dieser Zeitraum als streitbefangen angegeben wird. Streitbefangen ist der Bescheid vom 13. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2012. Auch die erst im Berufungsverfahren erstmals ausdrücklich beantragte Feststellung des Nichtbestehens der Versicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung ist gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG zulässiger Gegenstand des Verfahrens. Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, ob die Beigeladene zu 1 gegebenenfalls aus anderen Gründen der Sozialversicherungspflicht unterliegt, etwa gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) der gesetzlichen Rentenversicherung als Selbständige (Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 4. September 2013 – B 12 KR 87/14 B - juris, Rn. 7 und Urteil vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R – juris, Rn. 13).

3. Die VBG ist nicht beizuladen. Die VBG hat in eigener Zuständigkeit zu entscheiden, ob die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 bei der Klägerin vom 18. Mai bis zum 6. Juni 2009 eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit war. Die Entscheidung der Beklagten bindet die VBG nicht. Denn die Beklagte entscheidet nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) im Statusfeststellungsverfahren nicht über das (Nicht-)Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung, sondern über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (z.B. BSG, Urteil vom 11. März 2009 – B 12 R 11/07 R – juris, Rn. 10 ff).

4. Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte hat zu Unrecht festgestellt, dass die von Beigeladenen zu 1 für die Klägerin zwischen dem 18. Mai und dem 6. Juni 2009 ausgeübte Tätigkeit in einem abhängigen und in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis erfolgte.

a) Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hat im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs. 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Mit dem rückwirkend zum 1. Januar 1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. 2000 I, S. 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit der Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (Bundestags-Drucksache 14/1855, S. 6).

Die Beklagte war für die von der Beigeladenen zu 1 beantragte Feststellung zuständig, weil für die streitige Zeit vom 18. Mai bis 6. Juni 2009 zum Zeitpunkt der Antragstellung am 23. Februar 2010 kein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet war. Ein Statusfeststellungsantrag ist auch nach Beendigung des Auftragsverhältnisses zulässig (BSG, Urteil vom 4. Juni 2009 – B 12 KR 31/07 R – juris, Rn. 28 ff.); § 7a SGB IV enthält keine Antragsfrist.

b) Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 30. April 2013 – B 12 KR 19/11 R – juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23 –; BSG, Urteil vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R – in juris, Rn. 15, BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 R –, in juris Rn. 19, jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Mai 1996 – 1 BvR 21/96 – juris, Rn. 6 ff.). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15 f.; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23 ff., BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 R –,juris Rn.19, jeweils m.w.N.).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 – 11 RAr 49/94 – juris, Rn. 20). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 – 12/3/12 RK 39/74 – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 10. August 2000 – B 12 KR 21/98 R – juris, Rn. 17 jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 16).

c) Nach diesen Maßstäben ist der Senat unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, die in die Abwägung einzustellen sind, zu der Überzeugung gelangt, dass die Beigeladene zu 1 für die Klägerin nicht abhängig beschäftigt war. Insbesondere war sie nicht in wesentlichem Umfang weisungsgebunden und nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert.

(1) Ausgangspunkt für die rechtliche Bewertung sind zunächst Art und Inhalt der von der Beigeladenen zu 1 für die Klägerin verrichteten Tätigkeit.

(a) Ein schriftlicher Vertrag hierüber liegt nicht vor, insbesondere wurde der von der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum standardmäßig verwendete Handelsvertreter-Vertrag 2009 von der Beigeladenen zu 1 nicht unterzeichnet. Dies wurde von beiden übereinstimmend angegeben. Ein unterzeichneter Vertrag wurde auch nicht zu den Akten gereicht. Ein konkludenter Abschluss genau dieses Vertrages lässt sich ebenfalls nicht feststellen. Dass der Beigeladenen zu 1 der schriftliche Vertrag vor oder bei Arbeitsaufnahme vorgelegen hätte, hat diese nicht bestätigt und wurde von der Klägerin auch nicht belegt. Gegen die Maßgeblichkeit des Handelsvertretervertrags 2009 spricht auch, dass dieser für den Abschluss mit Studenten vorgesehen war. Als Teil der Regelung über Beginn, Laufzeit und Kündigung schrieb dieser in § 2 Nr. 2 ausdrücklich vor, dass der Handelsvertreter seinen studentischen Status nachweise. Die Beigeladene zu 1 war jedoch im streitbefangenen Zeitraum nicht als Studentin eingeschrieben.

(b) Art und Inhalt der Tätigkeit ergeben sich daher neben der tatsächlichen Übung aus den übereinstimmenden Vorstellungen bei Arbeitsaufnahme, durch die konkludent ein entsprechender Vertrag zustande gekommen ist (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]). Diese übereinstimmenden Vorstellungen über den Vertragsinhalt sind dem Informationsschreiben der Klägerin zu entnehmen, das deren Vorstellung über die wesentliche Ausgestaltung der Tätigkeit widerspiegelt. Da es der Beigeladenen zu 1 vorab vorgelegen hatte, hat sie die daraus erkennbaren Inhalte durch die Arbeitsaufnahme akzeptiert. Allerdings wurde die dort beschriebene Ausgestaltung jedenfalls im Verhältnis zur Beigeladenen zu 1 in der Praxis nicht vollständig umgesetzt. Die tatsächliche Übung entnimmt der Senat den insoweit übereinstimmenden Darstellungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1, den Angaben des Zeugen P. in der mündlichen Verhandlung vor dem SG sowie den vorgelegten Produktionsaufstellungen und Abrechnungen. Den zuletzt von der Klägerin benannten Zeugen L. musste der Senat danach nicht anhören. Dieser war - wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung angab - in die Werbetätigkeit der Beigeladenen zu 1 nicht, auch nicht als Teil des damaligen Teams, einbezogen. Nur über diese konkrete Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 hat der Senat zu befinden, nicht über eine generelle Ausgestaltung von Werbetätigkeiten für die Klägerin.

(aa) Danach bestand die Tätigkeit in der Haustürwerbung von fördernden Mitgliedern für eine Kundenorganisation der Klägerin. Die Werbung erfolgte zeitgleich durch mehrere für die Klägerin tätige Werber, die hierfür einen "Teamleiter" bestimmte.

(bb) Dauer und Lage der Arbeitszeit waren zwischen den Beteiligten nicht vereinbart. Zwar wird im Informationsschreiben ausgeführt, grundsätzlich werde immer von Montag bis Samstag gearbeitet; der Sonntag sehe zur freien Verfügung. Weiter heißt es: "Wir starten die Arbeit meistens am späten Vormittag, machen gegen Nachmittag ein Pause, um dann gestärkt und motiviert bis zum Abend weiter zu arbeiten". Andererseits konnte der Werber nach dem weiteren Inhalt des Informationsschreibens die Arbeitszeit flexibel nach eigenen Vorstellungen auf verschiedene Perioden aufteilen, Pausen machen und aufhören. Dies hat die Beigeladene zu 1 im Widerspruchsverfahren insoweit bestätigt, als sie ausführte, die Werber hätten natürlich statt Kunden zu werben ins Café gehen können. Auch der Zeuge P. hatte angegeben, es sei möglich gewesen, "sich einen Tag in die Sonne zu legen". Soweit er weiter ausgeführt hatte, etwas anderes sei es aber gewesen, wenn jemand eine Woche gar nichts getan hätte, hat er keine Konsequenzen oder Sanktionen aufgezeigt, die ein solches Verhalten gezeitigt hätten. Aus dem Informationsschreiben sind solche gleichfalls nicht zu entnehmen. Der Klägerin verblieb insoweit nur die Kündigung des gesamten Vertragsverhältnisses. Nach den somit übereinstimmenden Vorstellungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 bei Aufnahme der Tätigkeit bestand weder eine bestimmte tägliche oder wöchentliche Mindestarbeitszeit noch eine rechtliche Grundlage für die Klägerin, diesbezüglich Weisungen an die Beigeladene zu 1 zu erteilen. Die Beigeladene zu 1 war danach berechtigt, über den Einsatz ihrer Arbeitskraft selbst zu entscheiden. Eine Zeiterfassung erfolgte auch in der praktischen Umsetzung nicht. Die "Produktionsaufstellung"-Formulare sahen die Eintragung von tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden nicht vor. Soweit Zeilen für die einzelnen Wochentage (Montag bis Samstag) vorgegeben waren, diente dies der Erfassung des jeweiligen Abschlussergebnisses, nicht der aufgewendeten Arbeitszeit. Letztere war auch ohne Einfluss auf die erzielte Vergütung (dazu unten). Den vorliegenden Produktionsaufstellung der Beigeladenen zu 1 ist nichts Abweichendes zu entnehmen. Danach hat diese in der Zeit vom 18. bis 30. Mai 2009 jeweils Montag bis Samstag Mitglieder geworben. Bei dem nicht belegten Donnerstag, den 21. Mai 2009, handelte es sich um einen gesetzlichen Feiertag (Christi Himmelfahrt). Ihnen ist nicht zu entnehmen, dass die Beigeladene zu 1 von der Möglichkeit einer freien Zeiteinteilung nicht Gebrauch gemacht hat. Ersichtlich ist allein, dass sie in dieser Zeit jeden Werktag tatsächlich tätig war. Im tatsächlichen täglichen Ablauf fuhr der Zeuge P. die Teammitglieder – und damit auch die Beigeladene zu 1 – morgens zum jeweiligen Einsatzort und holte sie abends wieder ab. Die einzelnen Werber verfügten vor Ort über keine eigenen Verkehrsmittel.

(cc) Der räumliche Einsatzbereich der Werber war durch die Kunden der Klägerin vorgegeben. Die Festlegung, welche im Landkreis gelegene Ortschaft zu welchem Zeitpunkt beworben werden sollte, erfolgte durch den Teamleiter in Absprache mit den lokalen Stellen der werbenden Organisationen. Die Aufteilung einer Gemeinde oder eines Gemeindegebietes nach Straßen legten die teamangehörigen Werber zusammen mit dem Teamleiter fest. Dies entnimmt der Senat der Aussage des Zeugen P., die sich insoweit mit den zuletzt gemachten Angaben der Beigeladenen zu 1 decken.

(dd) Die Werber erhielten von der Klägerin einen Mitarbeiterausweis der jeweils beworbenen Organisation, so auch die Beigeladene zu 1. Zur Abrechnung hatte die Beigeladene zu 1 die von der Klägerin vorgegebenen Produktionsaufstellungsformulare sowie Mitgliederaufnahmeformulare auszufüllen und abzugeben. In diesen waren je Kalenderwoche und Datum die Zahl der geworbenen Mitglieder, der Einheiten und der jeweilige Ort anzugeben. Eine spezielle Dienstkleidung war der Beigeladenen zu 1 nicht vorgegeben. Weitere Vorgaben über Art und Ablauf der Werbegespräche kann der Senat aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens nicht feststellen. Solche sind weder dem Informationsschreiben noch den Angaben der Beteiligten und des Zeugen P. zu entnehmen. Auch die Beigeladene zu 1 hat solche nicht aufgezeigt. Die Übertragung der Tätigkeit auf von ihr selbst bestimmte Dritte war der Beigeladenen zu 1 nicht möglich. Dies entnimmt der Senat der Notwendigkeit eines Mitarbeiterausweises für die Kundenorganisation der Klägerin, den die Beigeladene zu 1 nicht selbst ausstellen konnte.

(ee) Eine Stornorücklage kam im konkreten Fall der Beigeladenen zu 1 nicht zum Ansatz. Dies entnimmt der Senat der vorgelegten Provisionsabrechnung vom 10. September 2009. In dieser ist ausdrücklich eine Stornorücklage von EUR 0,00 ausgewiesen. Die angegebene Bruttoprovision in Höhe von EUR 1.944,59 stimmte mit der "Provision abzügl. Stornorücklage" überein. Die Vergütung erfolgte erfolgsabhängig. Die monatliche Beitragssumme eines geworbenen Fördermitglieds (EUR 1,00 = 1 Einheit) wurde mit einem nach der beworbenen Organisation differierenden und je nach Zahl der Einheiten ansteigenden Faktor vervielfacht. Das Produkt ergab den Bruttoverdienst. Bei der Beigeladenen zu 1 wurde in der Abrechnung vom 10. September 2009 ein Faktor von 7,08 angesetzt. Ein Mindesteinkommen oder eine Garantieprovision kam dabei nicht zur Anwendung. Dass eine Mindestprovision vereinbart worden war, ist aber dem im Tatbestand wiedergegebenen Passus des Informationsschreibens zu entnehmen. Danach garantierte die Klägerin ein "Mindesteinkommen" in Höhe von EUR 1.500,00 in fünf Wochen, wöchentlich jeweils EUR 300,00. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Informationsschreibens, in dem dieser Betrag als wöchentlicher "Garantiebetrag" bezeichnet wird. Auch die angegebene Summe von EUR 1.500,00 für fünf Wochen stimmt damit überein. Dieser Mindestbetrag sollte zur Anwendung kommen, wenn das durchschnittliche Einkommen aus Provisionen, Prämien und Sonderzahlungen über die gesamte Anwesenheitsdauer nicht mindestens das jeweilige Garantieeinkommen ausmachte. Zusätzliche Voraussetzung war allerdings, dass in der jeweiligen Woche mindestens zwölf erfolgreiche Mitgliederwerbungen für die - im Falle der Beigeladenen zu 1 - Umweltorganisation (bei Rettungsorganisationen 18) erfolgt waren. Dies entnimmt der Senat dem im entsprechenden Passus des Informationsschreibens in Kursivdruck enthaltenen Einschub ("durchgerechnet ab Anreisetag, jede Woche mit mindestens 12 MG grün/18 MG rot"). Nach den Erläuterungen der Klägerin im Erörterungstermin vom 21. September 2016 steht "MG grün" für eine Mitgliedschaft in einer Umweltorganisation und "rot" für eine Rettungsorganisation, wobei der monatliche Mindestbeitrag nach diesen unwidersprochenen Angaben bei EUR 1,50 lag. Dem weiteren Inhalt des Informationsschreibens kann ebenfalls entnommen werden, dass MG für eine erfolgreiche Mitgliedschaftswerbung stand, die in Einheiten (EUR 1,00 Monatsbeitrag = 1 Einheit) umgerechnet wurden. Der Senat vermag der Auslegung des SG im angefochtenen Urteil nicht zu folgen, dieser Einschub beschreibe lediglich den Grenzwert, bis zu dem das garantierte Mindesteinkommen bzw. ab dem das Provisionseinkommen höher sei. Bei einem monatlichen Mindestbeitrag von EUR 1,50 ergäben zwölf Mitgliedschaftswerbungen 18 Einheiten wöchentlich. Der Provisionsanspruch bestimmt sich davon ausgehend nach der Höhe des für die jeweilige Organisation geltenden Multiplikators. Im Informationsschreiben werden in den Beispielsrechnungen Multiplikatoren von 9,1 für eine (andere) Umwelt- und von 5,1 für eine Rettungsorganisation angesetzt. Dies ergäbe maximal einen Betrag von 163,80 für zwölf Mitgliederwerbungen wöchentlich im Umweltbereich (EUR 1,50 x 12 x 9,1), also einen deutlich unter dem "Garantiebetrag" liegenden Wert. Die im "Handelsvertreter-Vertrag 2009" aufgeführten Multiplikatoren liegen sogar deutlich niedriger (bei der hier maßgeblichen Organisation 6,50 steigend bis zu 1000 geworbenen Einheiten, dann konstant 7,00). Da die Höhe des Provisionsanspruches nicht nur von der Zahl der erfolgreich geworbenen Mitglieder, sondern auch von der jeweiligen Beitragssumme des geworbenen Mitglieds und dem Multiplikator für die jeweils beworbene Organisation abhing, konnte allein aus dem gegebenen Wert "12 MG grün/18 MG rot" der "Garantiebetrag" von EUR 300,00 wöchentlich nicht bestimmt werden. Nach dem Wortlaut des maßgeblichen Passus über das "Mindesteinkommen" und dem weiteren Inhalt des Informationsschreibens zur Berechnung des Provisionsanspruches war der Anspruch auf den Garantiebetrag abhängig von einer Mindestanzahl erfolgreicher Mitgliederwerbungen pro Woche. Ein erfolgsunabhängiges, allein tätigkeitsbezogenes Mindesteinkommen war nicht garantiert. Kosten für Unterkunft und Fahrten am Einsatzort trug die Beigeladene zu 1. Ein Erstattungsanspruch gegen die Klägerin bestand nicht.

(ff) Regelungen über Urlaubsansprüche und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wurden nicht getroffen. Klägerin und Beigeladene zu 1 gingen von einer selbständigen Tätigkeit aus. Das der Beigeladenen zu 1 bei Aufnahme der Tätigkeit vorliegende Informationsschreiben weist ausdrücklich darauf hin, dass der Werber "selbständig" sei und sich selbst krankenversichern müsse.

(2) Die festgestellten Vereinbarungen sind rechtlich zulässig und verbindlich. Hinweise auf ein Scheingeschäft (§ 117 BGB) liegen nicht vor. Insbesondere ist die Vereinbarung einer freien Bestimmung von Lage und Dauer des Arbeitseinsatzes durch die Beigeladene zu 1 selbst im Hinblick auf die rein erfolgsorientierte Vergütung plausibel. Durch diese Vergütungsart und den Einsatz von insoweit konkurrierenden Werbern, den anderen Teammitgliedern, setzte die Klägerin Anreize zum tatsächlichen Tätigwerden. Auf diese Weise konnte sie die Erfüllung ihrer eigenen Verpflichtung gegenüber ihren Kunden ausreichend sicherstellen, ohne dass es einer vertraglich festgelegten Arbeitszeit bedurfte. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die (rechtlich, nicht wirtschaftlich) freie Entscheidung des einzelnen Werbers, ob und wann er tätig werden wolle, nur zum Schein vereinbart, tatsächlich aber nicht gewollt war. Dass die Beigeladene zu 1 sich in ihren Arbeitszeiten den Fahrzeiten des Zeugen P. angepasst hatte, rechtfertigt nicht den Schluss, dass die entsprechende Vereinbarung abbedungen wäre. Die bloße Nichtausübung eines Rechts führt nicht zu dessen Aufhebung. Ein entsprechender Wille beider Vertragsparteien ist nicht erkennbar.

(3) Die Beigeladene zu 1 war in ihrer Tätigkeit für die Klägerin nicht in deren Betriebsordnung eingegliedert und weisungsgebunden.

(a) Nach den unter (1) (b) getroffenen Feststellungen war der Beigeladenen zu 1 keine tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit vorgegeben. Auch einen bestimmten Mindestumsatz, der zu einem vorgegebenen Arbeitsquantum führen könnte, musste sie nicht erreichen. Sie konnte frei entscheiden, ob und wenn ja wann und wie lange sie jeweils arbeitete. Die Möglichkeit der Klägerin zur Kündigung des Vertragsverhältnisses, wenn der Werber gar nicht tätig wurde, ist für die Beurteilung als unselbständige Beschäftigung nicht aussagekräftig, da sie in gleicher Weise gegenüber einem untätigen Selbständigen gegeben ist. Die vertragliche Vereinbarung ist rechtlich nicht abbedungen worden (s.o. (2)). Dass sich die Beigeladene zu 1 in ihren Arbeitszeiten tatsächlich den Hol- und Bringzeiten des Zeugen P. angepasst hatte, ist nicht Ausfluss eines arbeitgebertypischen Direktionsrechts der Klägerin. Weder hat sie selbst dem Teamleiter insoweit zeitliche Vorgaben gemacht noch hat dieser Weisungen solchen Inhalts an die Werber erteilt. Solches hat auch die Beigeladene zu 1 nicht behauptet. Diese war frei, dessen Fahrdienste zu nutzen oder nicht, ebenso ob sie – vor Ort angekommen – tatsächlich tätig werden wollte. Sie hätte, soweit für einzelne Ortschaften im Landkreis möglich, Angebote des öffentlichen Nahverkehrs nutzen können. Die Beigeladene zu 1 hat lediglich vorgetragen, dass dies nicht flächendeckend möglich gewesen sei, nicht aber eine vollständige Unmöglichkeit im gesamten Landkreis. Sie selbst hätte auch ein Kraftfahrzeug anmieten können und so ihre Arbeitszeiten unabhängig von den Hol- und Bringzeiten des Zeugen P. gestalten, also ausweiten oder einschränken können. Dies wäre für sie zwar mit Kosten und einem entsprechend höheren Verdienstrisiko verbunden gewesen. Sie war aber jedenfalls hierzu berechtigt, so dass die tatsächliche Übung insoweit nicht Ausdruck einer rechtlicher Weisungsbefugnis der Klägerin als Arbeitgeberin war. Die zeitliche Abhängigkeit der Tätigkeit aus anderen Gründen ist insoweit nicht maßgebend (BSG, Urteil vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R – juris, Rn. 19; Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – juris, Rn. 30).

(b) Die Bestimmung des Tätigkeitsortes war ebenfalls nicht Ausfluss eines Direktionsrechts der Klägerin. Hinsichtlich des weiteren Einsatzgebietes (Landkreis) ergab sich dies bereits aus der Natur der Sache. Denn die Anwerbung fördernder Mitglieder für eine gebietsbezogene Organisation, kann zwangsläufig nur in dem entsprechenden Gebiet erfolgen. Die Festlegung der Reihenfolge der kreisangehörigen Ortschaften erfolgte zwar durch den Teamleiter, allerdings nur in Absprache mit den lokalen Stellen der jeweiligen zu bewerbenden Organisation und damit maßgeblich durch den Kunden der Klägerin, nicht durch diese selbst. Die Aufteilung einer Gemeinde oder eines Gemeindegebietes legten die Teammitglieder einvernehmlich fest, ohne dass dem Teamleiter eine bestimmende Weisungsmöglichkeit zukam. Dies hatte auch die Beigeladene zu 1 zuletzt bestätigt.

(c) Die Ausführung der Tätigkeit konnte im Wesentlichen frei bestimmt werden. Trotz der Bildung eines "Teams" waren die Werber, so auch die Beigeladene zu 1, bei Ausführung der Tätigkeit alleine. Detaillierte, den Kernbereich der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit tangierende Weisungen wurden seitens der Klägerin nicht erteilt. Auch die Beigeladene zu 1 hat solche nicht aufgezeigt. Die Verpflichtung, Mitgliederaufnahmeformulare und wöchentliche Produktionsaufstellungen korrekt und wahrheitsgemäß auszufüllen, bezieht sich lediglich auf die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht, die bei entgeltlicher Geschäftsbesorgung nach § 675 Abs. 1 i.V.m. § 666 BGB jeden Beauftragten trifft, also auch einen Selbständigen. In gleicher Weise trifft eine solche Verpflichtung auch den – selbständigen – Handelsvertreter, der nach § 86 Abs. 2 HGB dem Unternehmer die erforderlichen Nachrichten zu geben, namentlich ihm von jeder Geschäftsvermittlung und von jedem Geschäftsabschluss unverzüglich Mitteilung zu machen hat. Für die Beurteilung, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, kommt dieser Verpflichtung – insbesondere unter Berücksichtigung der Weisungsfreiheit bzgl. Arbeitszeit und -ort – keine wesentliche Bedeutung zu (zur Selbständigkeit eines Handelsvertreters trotz – beschränkter – Weisungsbefugnisse des Auftraggebers vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 1981 – 12 RK 63/79 – juris, Rn. 18 ff.; Urteil vom 22. Juni 2005 – B 12 KR 28/03 R – juris, Rn. 24; Senatsurteil vom 22. Januar 2016 – L 4 R 2796/15 – juris, Rn. 63 ff.). Eine Kontroll- und Sanktionierungsmöglichkeit durch eine umfassende und detaillierte Berichtspflicht bestand vorliegend nicht. Es bestand keine Verpflichtung der Werber, Dienstkleidung zu tragen, die sie als Angehörige der Klägerin auswies. Bekleidungsvorgaben erfolgten allenfalls durch deren Kunden. Im konkreten Fall der Beigeladenen zu 1 gab es allerdings keine entsprechende Vorgaben. Die an die Werber ausgegebenen Mitarbeiterausweise lauteten ebenfalls nicht auf die Klägerin, sondern auf deren jeweiliges Kundenunternehmen. Eine Eingliederung in den Betrieb gerade der Klägerin ist hieraus nicht zu entnehmen. Die Rücksichtnahme auf betriebliche Sachzwänge des Auftraggebers oder dessen Kunden reicht für die Annahme einer solchen Eingliederung alleine nicht aus (BSG, Urteil vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R – juris, Rn. 20), insbesondere im Hinblick auf die ansonsten weitgehende Weisungsfreiheit bzgl. der Ausführung der Arbeit (Gestaltung der Werbegespräche) sowie Arbeitszeit und -ort.

(4) Die Beigeladene zu 1 trug ein relevantes unternehmerisches Risiko, das im Rahmen der Würdigung des Gesamtbildes zu beachten ist (BSG, Beschluss vom 16. August 2010 – B 12 KR 100/09 B – juris, Rn. 10 m.w.N.). Maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, d.h., ob der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Ein unternehmerisches Risiko ist allerdings nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG Urteile vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris, Rn. 27; vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R – juris, Rn. 25; vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R – juris, Rn. 27; vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – juris, Rn. 36). Die Beigeladene zu 1 erhielt eine erfolgsabhängige Vergütung. Zwar kam im Fall der Beigeladenen zu 1 keine Stornorücklage zur Anwendung, so dass sie mit den Folgen eventueller Kündigungen oder Nichtzahlungen der von ihr geworbenen Mitglieder nicht belastet wurde. Die Höhe ihres Verdienstes hing jedoch allein davon ab, ob und wie viele Mitglieder sie warb. Das reine Tätigwerden begründete keinen Entgeltanspruch. Ihr wurde kein erfolgsunabhängiges Mindesteinkommen garantiert. Vielmehr konnte der Garantiebetrag von EUR 1.500,00 für fünf Wochen bzw. EUR 300,00 wöchentlich nach den obigen Feststellungen nur beansprucht werden, wenn die Beigeladene zu 1 eine wöchentliche Mindestzahl an erfolgreichen Abschlüssen erzielte. Der Erfolg ihres Arbeitseinsatzes war somit im Einzelnen durchaus ungewiss. Belastet war sie zusätzlich durch die von ihr zu tragenden Fahrt- und Unterkunftskosten vor Ort; ein Erstattungsanspruch gegen die Klägerin bestand diesbezüglich nicht. Der Belastung mit dem Ausfallrisiko standen aber hinsichtlich der Bestimmung des Umfanges des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft auch größere Freiheiten und Erwerbschancen gegenüber, wie sie im Regelfall in einem Arbeitsverhältnis nicht anzutreffen sind. Denn die Beigeladene zu 1 konnte ihre Arbeitszeit nach den obigen Feststellungen auch dem Umfang nach selbst bestimmen. Durch eine Ausweitung der Arbeitszeit, die den Besuch einer größeren Zahl von Haushalten oder die Führung intensiverer Werbegespräche erlaubte, war sie in der Lage, ihre Verdienstchancen zu erhöhen.

(5) Angesichts der fehlenden Weisungsunterworfenheit und des unternehmerischen Risikos kommt der fehlenden Möglichkeit, Dritte mit der Tätigkeit zu betrauen, keine maßgebliche Bedeutung zu. Nach dem Gesamtbild der die Tätigkeit prägenden Umstände wies diese nicht das Gepräge einer abhängigen Beschäftigung auf.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt, so dass insofern eine Kostentragungspflicht der Beklagten nicht billig wäre.

6. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

7. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2, § 47 Gerichtskostengesetz. Die Höhe des Streitwerts entspricht dem Auffangstreitwert von EUR 5.000,00, da bislang lediglich über das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und die hieraus folgende Sozialversicherungspflicht entschieden wurde, aber noch keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge festgesetzt wurden.
Rechtskraft
Aus
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