L 7 SO 4441/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SO 1955/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 4441/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. August 2015 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Aufhebung bzw. Feststellung der Nichtigkeit des Bescheids vom 12. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Mai 2015 und in der Sache Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1. Oktober 2011 bis zum 30. Juni 2012.

Die 1936 geborene Klägerin, ausweislich eines der Beklagten vorgelegten - am 14. November 2003 durch die Republik K. ausgestellten - Reisepasses k. Staatsangehörigkeit, lebte in der H. in K ... Sie verfügte über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Die Klägerin bezog ab dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII. Zuletzt bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 18. Mai 2011 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 30. Juni 2012 (monatlich 681,78 EUR, ab 1. März 2011 monatlich 834,25 EUR).

Nach zwei Hausbesuchen im Februar 2011 regte die Beklagte die Einrichtung einer Betreuung an, worauf das Amtsgericht (AG) Karlsruhe ein Betreuungsverfahren einleitete (Az.: XVII 360/2011). Im Auftrag des AG Karlsruhe erstattete die Ärztin H. unter dem 5. Mai 2011 ein Gutachten, in dem diese aufgrund eines dementiellen Syndroms und Verwirrtheitszuständen von einer Geschäftsunfähigkeit der Klägerin i.S. des § 104 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausging und eine Betreuung für die Aufgabenkreise Vermögensangelegenheiten, Wohnungsangelegenheiten, Bestimmung des Aufenthalts, Gesundheitsfürsorge, Postempfangsvollmacht sowie Umgang mit Ämtern und Behörden anregte. Das AG Karlsruhe lehnte mit Beschluss vom 18. September 2012 die Bestellung eines rechtlichen Betreuers ab, weil sich die Klägerin wieder in B.-H. aufhalte und deren Angelegenheiten durch den bevollmächtigten Sohn G. P.-M.-L. (G.P.) ebenso gut wahrgenommen werden könnten (§ 1896 Abs. 2 BGB). Das Landgericht (LG) Karlsruhe wies die Beschwerde der Klägerin zurück (Beschluss vom 23. November 2012 - 11 T 427/12 -).

Mit Schreiben vom 30. August 2011 unterrichtete die Betreuungsbehörde der Beklagten deren Sozialamt darüber, dass die Klägerin - nach den Angaben ihrer Schwester - seit dem 21. Juli 2011 wieder in B.-H. wohnhaft sei. Außerdem legte die Betreuungsbehörde verschiedene Schreiben des G.P. vor, der - unter Vorlage einer unbeschränkten Vollmacht der Klägerin vom 1. Juni 1994 für den Privat- und Geschäftsbereich - mitgeteilt hatte, dass seine Mutter - die Klägerin - am 21. Juli 2011 nach B.-H. verbracht worden sei (Schreiben vom 25. Juli 2011). Als Anschrift benannte er P., P./M. (E Mail vom 7. September 2011).

Nachdem eine telefonische Kontaktaufnahme seitens der Beklagten zur Klägerin in K. ohne Erfolg geblieben war, führte sie am 11. Oktober 2011 erneut einen Hausbesuch durch. Dabei stellte sie fest, dass die Rollläden der Wohnung geschlossen waren, der Briefkasten gefüllt war und niemand auf ein Klingeln reagierte (Aktenvermerk vom 12. Oktober 2011).

Mit Bescheid vom 12. Oktober 2011 hob die Beklagte ihren Bescheid vom 18. Mai 2011 für die Zeit ab 1. Oktober 2011 auf, weil sich die Klägerin seit 21. Juli 2011 in B.-H. aufhalte und keinen tatsächlichen Aufenthalt in K. habe. Der Bescheid wurde zunächst an die Anschrift H, K., versandt.

Bei einem weiteren Hausbesuch am 7. Dezember 2011 traf die Beklagte die Klägerin in K. nicht an; die Wohnung wurde seinerzeit renoviert (Aktenvermerk vom 7. Dezember 2011).

Mit E-Mail vom 27. Juni 2012 teilte der Bevollmächtigte der Klägerin mit, dass seine Mutter unter der ehemaligen Anschrift H. in K. gewohnt und Leistungen nach dem SGB XII bezogen habe. Den letzten Sozialhilfebescheid besitze sie nicht. Auf Bitten des Bevollmächtigten übersandte die Beklagte mit Schreiben vom 3. Juli 2012 die Bescheide vom 18. Mai 2011 und 21. Oktober 2011. Mit Schreiben vom 15. August 2012 (Eingang bei der Beklagten am 22. August 2012) legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 12. Oktober 2011, den sie nach ihren Angaben am 3. August 2012 erhalten habe, ein und wies darauf hin, dass die Adressierung des Bescheids vom 12. Oktober 2011 an die Anschrift H. in K. sie gehindert habe, die Rechtsbehelfsfrist einzuhalten. Ihr Sohn habe ihre Anschrift in B.-H. der Betreuungsbehörde der Beklagten rechtzeitig mitgeteilt.

Nachdem das Sozialgericht Karlsruhe (SG) im Verfahren S 1 SO 279/15 mit Urteil vom 16. April 2015 die Beklagte verurteilt hatte, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 12. Oktober 2011 durch Widerspruchsbescheid zu entscheiden, wies diese den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. Mai 2015 als unbegründet zurück. Die Klägerin habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Karlsruhe aufgegeben, sodass keine weiteren Leistungen hätten erbracht werden dürfen.

Dagegen hat die Klägerin, vertreten durch G.P., am 19. Juni 2015 Klage zum SG erhoben und u.a. die Feststellung der Nichtigkeit des Bescheids vom 12. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 4. Mai 2015 begehrt (S 1 SO 1955/15). Das SG hat mit Beschluss vom 24. Juni 2015 eine Klage auf Ersatz eines materiellen und immateriellen Schadens in Höhe von 45.920,16 EUR abgetrennt. Nach Anhörung der Beteiligten - das Anhörungsschreiben ist dem Bevollmächtigten der Klägerin ausweislich des Rückscheins am 31. Juli 2015 ausgehändigt worden - hat es die Klage durch Gerichtsbescheid vom 27. August 2015 abgewiesen. Das SG hat diesen Gerichtsbescheid mit Einschreiben an den Bevollmächtigten der Klägerin versandt, der diesem - ausweislich des Rückscheins - am 4. September 2015 ausgehändigt worden ist.

Dagegen hat der Bevollmächtigte der Klägerin mit Fax vom 30. November 2016 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt (L 7 SO 4441/16), Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt und einstweiligen Rechtsschutz begehrt (L 7 SO 4512/16 ER). Zur Begründung hat die Klägerin u.a. ausgeführt, dass sowohl sie als auch ihr Bevollmächtigter ohne Verschulden gehindert gewesen seien, gegen den am 4. September 2015 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung einzulegen, da sie unbemittelt sei und sich in chronischer pekuniärer Not befinde. Ihr Bevollmächtigter habe am 12. November 2016 einen "Gutschein" in Höhe von 100,00 EUR erhalten und sie mit diesem Geld bei ihrer Rechtsverfolgung unterstützt. Ihrem Widerspruch und ihrer Klage komme aufschiebende Wirkung zu, die die Beklagte nicht beachte. Sie - die Klägerin - sei am 20. Juli 2011 "Opfer einer gegen ihren Willen organisierten Verschleppung" aus K. nach M. geworden, wodurch sie soziale Sicherheit und den Anspruch auf zahlreiche soziale Rechte verloren habe. Die Beklagte habe den Kontakt zu ihr abgebrochen und das "altruistische Engagement" ihres Sohnes ausgenutzt. Seit der Einstellung der Grundsicherungsleistungen sei ihr Existenzminimum nicht mehr gewährleistet und sie sei "auf den guten Willen und die Hilfe von außen" angewiesen. Der Aufhebungsbescheid vom 12. Oktober 2011 sei ohne ihre vorherige Anhörung erlassen worden. Eine Heilung des Anhörungsmangels sei nicht erfolgt. Auch habe ihr die Beklagte keinen besonderen Vertreter i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) bestellt und das Verwaltungsverfahren ungebührlich verzögert. Im Oktober 2011 habe sie noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in K. gehabt. Das SG habe es versäumt, ihr einen besonderen Vertreter i.S. des § 72 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu bestellen, und zu Unrecht durch Gerichtsbescheid entschieden. Auch sei Präsident des SG Z. befangen. Weiterhin habe das SG ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

Die Klägerin beantragt,

"1. Den Gerichtsbescheid des SG Karlsruhe - S 1 SO 1955/15 - vom 27. August 2015 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückzuverweisen, hilfsweise gemäß § 131 Abs. 1 Satz 2 SGG durch Urteil auszusprechen, dass der Verwaltungsakt vom 12. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides rechtwidrig ist, weiter hilfsweise das Verwaltungsakt vom 12. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 04. Mai 2015 für nichtig zu erklären. 2. Der nicht prozessfähigen Berufungsklägerin einen besonderen Vertreter in der Person ihres Sohnes G. P.-M-L. (P./ B. und H.) zu bestellen. 3. Die Heilung von Verfahrens- und Formfehlern innerhalb einer vom LSG gesetzten angemessenen Frist i.V.m. § 114 SGG nachzuholen. 4. Die unterlassene Hinzuziehung eines Beteiligten (G. P.-M-L.) i.S.d. § 41 Abs. 1 Nr. 6 SGB X i.V.m. § 114 SGG nachzuholen. 5. Die Verletzung des § 3, § 6 Abs. 1 EMRK festzustellen. 6. Die Berufungsbeklagte zu verpflichten, der Berufungsklägerin Grundsicherungsleistungen, aufgrund des Bescheides vom 18. Mai 2011, ab dem 01. Oktober 2011 bis 30. Juni 2012 zu bewilligen. 7. Der Berufungsbeklagte die Kosten der Berufungsverfahrens zu erlegen. 8. Die Berufungsbeklagte trägt die Kosten des Wiedereinsetzungsgesuchs sowie die Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung."

Die Beklagte beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 4. September 2015 offensichtlich unzulässig und daher der angefochtene Bescheid vom 12. Oktober 2011 bestandskräftig geworden sei.

Der Senat hat das einstweilige Rechtsschutzgesuch der Klägerin durch Beschluss vom 4. Januar 2017 abgelehnt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten sowie des Sachverhalts wird auf die Verfahrensakten des SG und des Senats (L 7 SO 4441/16 und L 7 SO 4512/16 ER) sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unzulässig.

Zwar ist die Berufung statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) und die Klägerin hat sie schriftlich, mithin formgerecht, eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG). Jedoch ist die Berufung nicht fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 und 2 Satz 1 SGG) und daher als unzulässig zu verwerfen (§ 158 Satz 1 SGG).

1. Dabei ist der Klägerin für das Berufungsverfahren kein besonderer Vertreter nach § 72 Abs. 1 SGG zu bestellen. Danach kann der Vorsitzende für einen nicht prozessfähigen Beteiligten ohne gesetzlichen Vertreter bis zum Eintritt eines Vormundes, Betreuers oder Pflegers für das Verfahren einen besonderen Vertreter bestellen, dem alle Rechte, außer dem Empfang von Zahlungen, zustehen (vgl. dazu z.B. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 15. November 2012 - B 8 SO 23/11 R - juris Rdnr. 9; Beschluss vom 25. September 2014 - B 8 SO 48/14 B - juris Rdnr. 9; Beschluss vom 17. Dezember 2014 - B 8 SO 83/14 B - juris Rdnr. 8; Beschluss vom 21. September 2016 - B 8 SO 7/16 B - juris Rdnr. 5). Prozessunfähig ist eine Person, die sich nicht durch Verträge verpflichten kann (vgl. § 71 Abs. 1 SGG), also u.a. eine solche, die nicht geschäftsfähig i.S. des § 104 BGB ist, weil sie sich gem. § 104 Nr. 2 BGB in einem nicht nur vorübergehenden, die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet und deshalb nicht in der Lage ist, ihre Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen. Zwar spricht ausweislich des im Betreuungsverfahren vor dem AG Karlsruhe (XVII 360/2011) bei der Ärztin H. eingeholten Gutachtens vom 10. Mai 2011 einiges dafür, dass die Klägerin sich wegen eines dementiellen Syndroms mit Verwirrtheitszuständen dauerhaft in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistesfähigkeit befindet. Jedoch bedarf es vorliegend keiner Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 72 Abs. 1 SGG, weil die Klägerin durch ihren Sohn G.P. aufgrund der ihm am 1. Juni 1994 erteilten Vollmacht wirksam im hiesigen gerichtlichen Verfahren vertreten wird (vgl. BSG, Beschluss vom 20. April 2016 - B 8 SO 57/14 B - juris Rdnr. 6; Bayerisches LSG, Beschluss vom 30. August 2010 - L 11 AS 455/11 B ER - juris Rdnrn. 21 ff.; Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 8. Februar 1993 - II ZR 62/92 - BGHZ 121, 263 - juris Rdnrn. 10 f; Arndt in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 72 Rdnr. 9; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O. § 71 Rdnr. 8e und § 72 Rdnr. 2a; Straßfeld in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 71 Rdnr. 62). Hat eine nicht prozessfähige Partei, die eine volljährige natürliche Person ist, wirksam eine andere natürliche Person schriftlich mit ihrer gerichtlichen Vertretung bevollmächtigt, so steht diese Person einem gesetzlichen Vertreter gleich, wenn die Bevollmächtigung geeignet ist, gem. § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB die Erforderlichkeit einer Betreuung entfallen zu lassen (§ 51 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO); vgl. ferner § 73 Abs. 6 Satz 7 SGG i.V.m. § 86 ZPO). Die Interessen der möglicherweise prozessunfähigen Klägerin können durch den noch von ihr selbst bestellten Bevollmächtigten G.P. hinreichend gewahrt werden. Der Senat ist - wie das AG Karlsruhe (Beschluss vom 18. September 2012 - XVII 360/2011 -) - der Überzeugung, dass die Bevollmächtigung des G.P. die Erforderlichkeit ihrer Betreuung i.S. des § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB entfallen lässt. Weder hat die Klägerin vorgetragen noch sind sonst Anhaltspunkte ersichtlich, dass sie am Tag der Vollmachtserteilung (1. Juni 1994) geschäftsunfähig gewesen sein könnte. Der Senat hat keine Zweifel an der Wirksamkeit der seitens der Klägerin ihrem Sohn G.P. erteilten Vollmacht. Auch eine ggf. später eingetretene Geschäftsunfähigkeit führt nicht zum Erlöschen der Vollmacht.

2. Die Berufung ist nicht fristgerecht eingelegt worden.

Gem. § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Landessozialgericht - bzw. nach § 151 Abs. 2 Satz 1 SGG bei dem Sozialgericht - einzulegen. Wenn die Zustellung des Urteils - wie hier - ins Ausland erfolgt, beträgt die Frist gem. §§ 153 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2 SGG drei Monate. Gem. § 64 Abs. 1 SGG beginnt der Lauf einer Frist grundsätzlich mit dem Tage nach der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. Dies ist der in gesetzlicher Form zu bewirkende und zu beurkundende Akt, durch den dem Adressaten Gelegenheit zur Kenntnisnahme eines Schriftstücks verschafft wird. Zugestellt wird im sozialgerichtlichen Verfahren nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (vgl. § 63 Abs. 2 SGG). Die Zustellung an die Klägerin ist ausweislich des Rückscheins am 4. September 2015 bewirkt worden (vgl. § 183 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. 32 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der S. F. R. J. über Soziale Sicherheit (vgl. BGBl. II 1969, S. 1438 und BGBl. II 1975, S. 390), das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik B. und H. weiterhin gilt (vgl. Bekanntmachung vom 16. November 1992, BGBl. 1992 II, S. 1196)), was der Bevollmächtigte der Klägerin ausdrücklich bestätigt hat. Mithin ist der Klägerin der Gerichtsbescheid des SG, der eine vollständige und ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung i.S. des § 66 Abs. 1 SGG beinhaltet hat, zur Überzeugung des Senats ordnungsgemäß am 4. September 2015 zugestellt worden. Die dreimonatige Berufungsfrist hat gem. § 64 Abs. 1 SGG am Folgetag, dem 5. September 2015 zu laufen begonnen. Sie hat gem. § 64 Abs. 2 SGG mit Ablauf des 4. Dezember 2015, einem Freitag, geendet. Die Berufung ist erst am 30. November 2016, d.h. nach Ablauf der Berufungsfrist, beim LSG eingegangen. Die Berufung ist mithin - offensichtlich - verfristet eingelegt worden und daher unzulässig.

3. Der Klägerin, die sich auch das Verschulden ihres Bevollmächtigten zurechnen lassen muss (vgl. § 73 Abs. 6 Satz 7 SGG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO), ist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Gem. § 67 Abs. 1 SGG ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Mithin ist nur im Fall einer unverschuldeten Fristversäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dies setzt voraus, dass der Beteiligte diejenige Sorgfalt angewandt hat, die einem gewissenhaft Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zugemutet werden kann (z.B. BSG, Urteil vom 31. März 1993 - 13 RJ 9/92 - juris Rdnr. 15; Urteil vom 27. Mai 2008 - B 2 U 5/07 R - juris Rdnr. 14). So handelt ein Beteiligter nicht schuldhaft, wenn er wegen Mittellosigkeit an der Einlegung eines Rechtsbehelfs gehindert ist. Er muss jedoch in diesem Fall einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (vgl. § 73a SGG) innerhalb der Rechtsbehelfsfrist ordnungsgemäß einreichen und alles tun, um die Entscheidung über diesen Antrag herbeizuführen (vgl. nur Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 67 Rdnr. 7b und Leitherer, ebenda, § 73a Rdnr. 5d). Vorliegend hat die Klägerin jedoch nicht innerhalb der Rechtsbehelfsfrist Prozesskostenhilfe beantragt, sondern sich erstmals am 30. November 2016 an das LSG Baden-Württemberg gewandt und ihre Mittellosigkeit geltend gemacht. Anhaltspunkte für eine unverschuldete Fristversäumnis liegen daher nicht vor. Mithin ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

5. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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