L 2 R 23/15

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 9 R 1363/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 R 23/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 19. November 2014 geändert. Unter Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 26. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. November 2011 wird festgestellt, dass der Beigeladene zu 1 in seiner seit dem 1. März 2011 für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit seit dem 29. April 2011 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt sowie in der Zeit vom 29. April 2011 bis zum 31. Dezember 2013 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung unterlag. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten jeweils selbst tragen. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Anfrage- bzw. Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), ob der Beigeladene zu 1 in seiner Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter der Klägerin der Sozialversicherungspflicht unterliegt.

Gegenstand der 1972 gegründeten und seit 1973 in das Handelsregister eingetragenen klagenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist die Durchführung von Planungs- und Beratungsaufträgen mit Ausnahme erlaubnispflichtiger Geschäfte auf allen Gebieten, auf denen volkswirtschaftliche, betriebswirtschaftliche, technische und sozialwissenschaftliche Leistungen zu erbringen sind.

Der Beigeladene zu 1 ist Wirtschaftsingenieur und war von Dezember 2008 bis Januar 2011 als freiberuflicher Berater tätig. Sein Unternehmen brachte er bei der Klägerin als neuen Geschäftsbereich "Umwelt und Klima" ein. Zum 1. Februar 2011 erwarb er von dem Stammkapital der Klägerin (30.000 Euro) einen 15%-igen Anteil (4.500 Euro). Die übrigen Anteile lagen zu je 35 % (10.500 Euro) bei den beiden damaligen jeweils alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern Dr. S. (Geschäftsbereich "Berufliche Bildung und Beschäftigung") und A. (Geschäftsbereich "Finanzplanung und IT- Instrumente") sowie mit weiteren 15 % bei der damals noch nicht geschäftsführenden Gesellschafterin S1.

Seit dem 1. März 2011 ist der Beigeladene zu 1 als Geschäftsführer der Klägerin tätig. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 1. Februar 2011 wurde er von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit, die Vertretungsbefugnis allerdings nur nach der allgemeinen Vertretungsregelung in § 5 des Gesellschaftsvertrages erteilt, welche nach dem einschlägigen dortigen Absatz 2 die gemeinschaftliche Vertretung mit einem weiteren Geschäftsführer oder einem Prokuristen vorsah. Ausweislich des Geschäftsführervertrages vom 25. Februar 2011 war zunächst u.a. Folgendes geregelt: § 1 Tätigkeit und Aufgabengebiet 1.1 Als Mitglied der Geschäftsführung leitet der Geschäftsführer mit den übrigen Geschäftsführern die P. unter eigener Verantwortung. Er vertritt die P. im Rahmen der durch den Gesellschaftsvertrag eingeräumten Befugnisse. 1.2 1.3 Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis und der Zeichnungsberechtigung des Geschäftsführers ergeben sich aus den Gesellschafterbeschlüssen in Verbindung mit dem Gesellschaftsvertrag. 1.4 Der Geschäftsführer gestaltet insbesondere den Geschäftsbereich "Umwelt und Klima" unabhängig und unterliegt dabei nicht den Weisungen der Gesellschafterversammlung. Er bringt sein bisheriges Einzelunternehmen mit Schwerpunkttätigkeit in den Bereichen Energieeffizienz, Emissionsanalysen und technischer Gutachten in die P. ein und erhält hierdurch seine Unabhängigkeit in diesem Fachgebiet aufrecht. 1.5 Dem Geschäftsführer wird im Büro der P. ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt, über dessen Nutzung der Geschäftsführer frei entscheiden kann. § 2 Bezüge 1.1 Der Geschäftsführer erhält bei Vollzeittätigkeit ein monatliches Bruttogehalt von 4.800 Euro. Es wird vorübergehend eine Teilzeittätigkeit von 70% vereinbart, für welche der Geschäftsführer ein monatliches Bruttogehalt von 3.360 Euro erhält, zahlbar jeweils am Ende eines Monats. 1.2 Darüber hinaus gewährt die Firma dem Geschäftsführer ein 13. Monatsgehalt, das mit dem November-Gehalt ausgezahlt wird. Bei reduzierter Arbeitsleistung wird ein anteiliges 13. Monatsgehalt gezahlt. Nach § 3 des Geschäftsführervertrages wurde eine Tantieme gezahlt, über deren Höhe die Gesellschafterversammlung jeweils vor Beginn eines Geschäftsjahres unter Berücksichtigung der Geschäftslage und des erforderlichen Einsatzes des Geschäftsführers beschloss. Nach § 4 wurden von der Klägerin keine Beiträge zur Sozialversicherung geleistet. Nach § 6 hatte der Geschäftsführer bei Vollzeittätigkeit einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen, dessen Zeitpunkt und Dauer er nach Abstimmung mit den übrigen Geschäftsführern im Vorwege grundsätzlich selbst bestimmen konnte. Nach § 7 erfolgte bei Krankheit keine Fortzahlung der nach § 2 festgelegten Bezüge. Nach § 8 war die Übernahme von Nebentätigkeiten grundsätzlich zulässig, sofern diese nicht in Konflikt mit der Geschäftstätigkeit der Klägerin standen, bedurften jedoch ebenso der Zustimmung der Gesellschafterversammlung wie – wenn und soweit dadurch die Interessen der Klägerin berührt würden – Veröffentlichungen und Vorträge des Geschäftsführers.

Am 28. Februar 2011 beantragte der Beigeladene zu 1 bei der Beklagten die Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin und begehrte die Feststellung, dass er nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei. Er unterliege keinem Direktions- bzw. Weisungsrecht der Klägerin bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung, könne seine Tätigkeit im Wesentlichen frei bestimmen und gestalten, könne für seinen Geschäftsbereich selbstständig Personal einstellen und entlassen, müsse sich Urlaub nicht genehmigen lassen. Eine Abberufung/Kündigung als Geschäftsführer sei mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten möglich bei Vorliegen eines wichtigen Grundes. Auf die Vergütung werde Lohnsteuer entrichtet, die Verbuchung der Vergütung erfolge als Betriebsausgabe.

Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin in der damals geltenden Fassung vom 26. Januar 2004 waren sämtliche Beschlüsse in Gesellschafterversammlungen mit einfacher Mehrheit der vorhandenen Stimmen zu fassen, soweit das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag nicht eine andere Mehrheit vorschrieben. Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 war für die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern und für die zustimmungspflichtigen Geschäfte gemäß § 6 eine Mehrheit von mindestens 80 % der gesamten Stimmen erforderlich. Zu den Rechtsgeschäften, die nach § 6 intern der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedurften, gehörten a) Erwerb, Veräußerung, Belastung und sonstige Verfügungen betreffend Liegenschaften und Gebäude sowie grundstücksgleicher Rechte, b) Bestellung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten für die Gesellschaft, c) Errichtung oder Aufgabe von Zweigniederlassungen, d) Gründung, Erwerb, Übernahme, Veräußerung oder Liquidation von Unternehmen, Gesellschaften, Beteiligungen und Unterbeteiligungen einschließlich deren Kündigung und der Veränderung von Beteiligungsquoten sowie Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen, Umwandlungen, Verschmelzungen und Teilungen, e) Veräußerung des Unternehmens als Ganzes, f) Aufnahme und Gewährung von Bürgschaften und Krediten mit Ausnahme von Lieferkrediten im üblichen Umfang aus laufenden Geschäften sowie Garantien, Schuldbeitritten oder Schuldübernahmen, g) An- und Verkauf von Wertpapieren aller Art, h) Beteiligung an Abschluss und Aufhebung von Lizenzverträgen aller Art, i) Umstellung des Geschäftsbetriebes oder Durchführung anderer Maßnahmen, die die Fortführung der Firma einschneidend berühren können, j) Rechtsgeschäfte, Geschäftshandlungen und Maßnahmen, die über den üblichen Rahmen des Geschäftsbetriebes der Gesellschaft unter Berücksichtigung ihres Geschäftszweckes hinausgehen.

Nach Anhörung der Klägerin und des Beigeladenen zu 1 stellte die Beklagte mit gleich lautenden Bescheiden vom 26. April 2011 beiden gegenüber fest, dass der Beigeladene zu 1 seine Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter bei der Klägerin seit dem 1. März 2011 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und dass Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung, namentlich in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI), der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) mit der Bekanntgabe des am selben Tag abgesandten Bescheides entstehe, da der Beigeladene zu 1 dem späteren Beginn der Sozialversicherungspflicht im Rahmen der Anhörung zugestimmt und eine anderweitige, mindestens gleichwertige Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge nachgewiesen habe.

Mit dem vom Beigeladenen zu 1 als Geschäftsführer der Klägerin unterschriebenen, am 13. Mai 2011 eingelegten Widerspruch der Klägerin machte diese u.a. geltend, dass entgegen den Darstellungen in den angefochtenen Bescheiden eine feste monatliche Vergütung nach der Rechtsprechung an sich als neutral einzustufen sei und nur dann auf abhängige Beschäftigung hinweise, wenn sie arbeitnehmergleich ausgestaltet sei. Das sei jedoch nicht der Fall. Eine Regelung wie die hier getroffene sei üblich bei Geschäftsführern, wobei der Beigeladene zu 1 selbst für die Kompensation seines Verdienstausfalls während einer Krankheit zu sorgen habe, z.B. durch entsprechende Versicherung. Ebenfalls spreche die Vereinbarung von Tantiemen deutlich für die Einordnung der Tätigkeit als selbstständige. Weisungsunabhängigkeit sei ausreichend dargelegt, ebenso die unabhängige Gestaltung von Urlaub und das Bestehen von Kontovollmacht. Dass der Beigeladene zu 1 kein Gründungsgesellschafter sei, könne nicht gegen selbstständige Tätigkeit gewertet werden, da die Klägerin bereits 1972 gegründet worden sei und schon seit langem nicht mehr von einem der Gründungsgesellschafter geführt werde. Zu berücksichtigen sei ferner, dass der Beigeladene zu 1 selbst Gründer eines Einzelunternehmens gewesen sei und die in dieser Eigenschaft dort erlangte Erfahrung und eigenverantwortliche Arbeitsweise ausdrücklich in das Unternehmen der Klägerin eingebracht habe. Auch sei sein alleiniges Fachwissen für seinen Arbeitsbereich nicht ausreichend im Bescheid berücksichtigt. Die so geschaffene Unabhängigkeit bei der Entscheidung von Fachfragen, aber auch bei unternehmerischem Handeln, z.B. in Form eigener Auftragsverantwortung in einem wesentlichen Unternehmensbereich, schaffe eine Unabhängigkeit von der Entscheidung anderer Geschäftsführer. Sie stelle gleichzeitig ein typisches Unternehmerrisiko dar, das er nicht nur tragen, sondern auch vor den Mitgesellschaftern verantworten müsse. Die formelhaft angenommene Eingliederung in die Ordnung des Betriebs sei deswegen nicht richtig, weil es sich bei seinem Bereich um einen eigenständigen Unternehmensbereich handele, der selbstständig neben den Geschäftsbereichen der weiteren Geschäftsführer stehe. Er diene nicht funktionsgerecht teilhabend in einem Arbeitsprozess der Gesellschaft, sondern bestimme selbst den Arbeitsprozess der Gesellschaft. Aufgrund am 28. Juli 2011 notariell beurkundeten und am 10. August in das Handelsregister eingetragenen Gesellschafterbeschlusses vom 14. Mai 2011 bestehe nunmehr eine Sperrminorität des Beigeladenen zu 1. Gegen seinen Willen seien keine Entscheidungen mehr möglich, die ihn in der Ausübung seiner Tätigkeit wesentlich einschränkten. Mit dem genannten Beschluss wurde die Sperrminorität für zustimmungspflichtige Geschäfte von bisher 21 % auf 15 % herabgesetzt und § 8 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin wie folgt geändert: Sämtliche Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der gesamten vorhandenen, nicht nur der vertretenen Stimmen gefasst, soweit das Gesetz oder dieser Gesellschaftsvertrag nicht eine andere Mehrheit vorschreibt. Für die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern, die Abänderung des Geschäftsführervertrages zulasten eines Geschäftsführers und die zustimmungspflichtigen Geschäfte gemäß § 6 des Gesellschaftsvertrages ist eine Mehrheit von mehr als 85 % der gesamten, nicht nur der vertretenen Stimmen erforderlich.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit am 21. November 2011 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 15. November 2011 zurück. Trotz der Änderung des Gesellschaftsvertrags, wonach eine Abberufung des Beigeladenen zu 1 gegen seinen Willen so nicht mehr möglich sei, würden Beschlüsse im Übrigen mit einfacher Mehrheit gefasst. Das Stimmrecht des einzelnen Gesellschafters richte sich dabei nach der Höhe seiner Geschäftsanteile. Der Beigeladene halte lediglich einen Anteil von 4.500 Euro entsprechend 15 % mit nach § 47 Abs. 2 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) dem entsprechendem Stimmrecht. Es habe damit allein für sich betrachtet keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage er kein eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko. Hieran ändere sich auch nichts Durchgreifendes aufgrund der Tantiemenzahlung. Eine Kürzung bzw. den Wegfall der Bezüge bei Verschlechterung der Geschäftslage müsse er nämlich nicht fürchten. Ihm sei zwar weitgehende Gestaltungsfreiheit hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Ausübung der Geschäftsführung belassen worden. Trotzdem bleibe die Arbeitsleistung fremdbestimmt, da sie sich in eine vom Mehrheitsgesellschafter vorgegebene Ordnung des Betriebs eingliedere. Auch die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1 vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit sei, ändere hieran nichts, denn er vertrete die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich nicht allein.

Hiergegen hat die Klägerin am 21. Dezember 2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben und die Aufhebung der angefochtenen Bescheide sowie die Feststellung des Vorliegens einer selbstständigen Tätigkeit (und damit des Fehlens von Versicherungspflicht) begehrt. Die Beklagte habe lediglich formelhaft und ohne echte Auseinandersetzung mit ihren Argumenten trotz Bestehens einer Sperrminorität des Geschäftsführers eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1 angenommen. Anders, als von der Beklagten dargestellt, gebe es nicht den Anteil des Beigeladenen mit 15% der Stimmrechts- und Kapitalanteile einerseits und gegenüberstehend eine dominierende weitere Gesellschafterin mit einem Kapitalanteil von 85%. Vielmehr existierten neben dem Beigeladenen zu 1 vier weitere Gesellschafter, einer davon mit 30%, zwei mit jeweils 20% und eine weitere mit einem dem des Beigeladenen zu 1 gleichen Anteil von 15%. Die Gesellschafterversammlung werde mithin geprägt durch gemeinsames Wirken mehrerer Minderheitsgesellschafter, deren Stimmgewichte sich jeweils auf vergleichbarem Niveau befänden. So sei denkbar, dass sich bei bestimmten Problemlagen gleichgewichtige Stimmverhältnisse ergeben könnten und dass sich jeweils 2 bis 3 Minderheitsgesellschafter einheitlich ihre Meinung bildeten und es zur Pattsituation kommen könne, so dass Beschlüsse nicht durchgesetzt werden könnten. Angesichts dessen sei durchaus ein maßgeblicher Einfluss des 15%-Anteils des Beigeladenen zu 1 festzustellen. Tatsächlich würden Gesellschafterbeschlüsse der Klägerin ohnehin nur einstimmig getroffen. Die Entscheidung der Beklagten sei dementsprechend auf der Basis falscher Annahmen zu den Anteilsverhältnissen erfolgt und deswegen unzutreffend. Nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) aus dem Jahr 1982 sei es so, dass dann, wenn mehrere gleichberechtigte Geschäftsführer zugleich die alleinigen Gesellschafter seien, dies als weiteres Indiz für Selbstständigkeit zu werten sei, weil kein für ein Arbeitnehmer-Arbeitgeberverhältnis typischer Interessengegensatz existiere. Auch die Vermutung, dass dann, wenn der Gesellschaftergeschäftsführer weniger als 50% der Gesellschaftsanteile halte und grundsätzlich ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestehen könne, sei widerlegbar. Nach der Rechtsprechung sei dies zum Beispiel dann der Fall, wenn er mit seinen Geschäftsanteilen ihm nicht genehme Beschlüsse der Mehrheit der Gesellschaft verhindern könne und sich gegenüber Weisungen der Mehrheit bezüglich Zeit, Dauer, Umfang und Ort seiner Tätigkeit zur Wehr setzen könne. Allerdings dürfe sich die Sperrminorität nicht nur auf einige wenige Bereiche beziehen. Zwar habe die Beklagte diese Sperrminorität des Beigeladenen zu 1 gesehen, sie jedoch letztlich nicht gravierend gewertet, weil sie sich nur auf die Beendigung und Änderung seines Anstellungsvertrags bzw. Mitarbeiterverhältnisses beziehe. Tatsache sei jedoch, dass sie, die Klägerin, den Beigeladenen zu 1 gegen seinen Willen nicht "loswerden" könne. Sie sei daher gezwungen, im Rahmen einer Meinungsbildung die Teilhabe aller Geschäftsführer der Gesellschaft hinzunehmen und zu berücksichtigen. Darüber hinaus habe der Beigeladene zu 1 die Möglichkeit, mit seiner Sperrminorität nicht nur die Beendigung und Abänderung des Geschäftsführervertrags zu seinen Lasten zu verhindern, sondern darüber hinaus könne er auch die gesamten nach § 6 des Gesellschaftsvertrags zustimmungsbedürftigen Geschäfte verhindern. Hierbei handele es sich um wesentliche strategische Entscheidungen wie z.B. die Errichtung von Zweigniederlassungen, die grundlegende Umstellung des Geschäftsbetriebs usw ... Angesichts dessen habe er durchaus maßgebenden Einfluss auf den gewöhnlichen Geschäftsverlauf. Die Berücksichtigung seiner Entscheidungen bei Sperrminorität sei keineswegs nur vom Wohlwollen der anderen Geschäftsführer abhängig. Wenn die Beklagte die tatsächlich gelebte Praxis für unerheblich erachte, entspreche dies nicht den Vorgaben der Rechtsprechung. Zu berücksichtigen sei ferner, dass das gesamte operative Geschäft seit Bestehen der Klägerin ohne Einbeziehung der Gesellschafterversammlung erfolge und allein durch die Geschäftsführung gesteuert werde, ohne dass jemals ein einziger Beschluss gegen den Willen eines Minderheitsgesellschafters bzw. Gesellschaftergeschäftsführers gefasst worden wäre. Folge man der Darstellung der Beklagten, die in sich widersprüchlich sei, dann wäre jeder geschäftsführende Gesellschafter, der über weniger als 50% der Geschäftsanteile verfüge und nicht jeden Gesellschafterbeschluss blockieren könne, unbedingt als weisungsabhängig beschäftigt einzustufen, ohne dass weitere Umstände geprüft werden müssten. Alle Argumente der Beklagten beruhten letztlich auf der fehlenden Kapitalmehrheitsbeteiligung des Beigeladenen von mehr als 50%. Außer Allgemeinplätzen gebe es im Übrigen kein einziges konkretes Indiz für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. Ebenfalls sei nicht berücksichtigt worden, dass der Beigeladene zu 1 vor seiner Tätigkeit für die Klägerin selbstständig tätig gewesen sei und seine eigene Gesellschaft in die Klägerin eingebracht habe. Er habe spezielles Fachwissen, das von den anderen Geschäftsführern nicht abgefragt werden könne und zum Führen eines eigenen und unabhängigen Geschäftsbereichs innerhalb des Betriebes der Klägerin diene und umgesetzt werde. Es liege ein gleichberechtigtes Nebeneinander der geschäftsführenden Gesellschafter vor, die jeweils nicht in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zueinander stünden. Sein Bereich sei der Bereich "Umwelt und Klima", den er völlig unabhängig leite. Diese Regelung sei eindeutig und verpflichtend. Der Gestaltungsspielraum in seinem Geschäftsbereich könne nicht eingeschränkt werden. Dies gelte auch unabhängig von der Sperrminorität. Auch aufgrund dessen liege keine abhängige Beschäftigung vor. Ein festes Gehalt sei nicht vereinbart. Es seien lediglich die vereinbarten Bezüge gleichmäßig aufgeteilt worden. Bei schlechter Geschäftslage bestehe ein eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko für den Beigeladenen zu 1. Wegen schlechter Geschäftslage sei seit dem 1. September 2011 jeweils ein vorübergehender Gehaltsverzicht in erheblicher Höhe (25 %) von den Gesellschaftern einschließlich des Beigeladenen zu 1, dessen Teilzeitvereinbarung seither allerdings nicht mehr bestehe, für alle Geschäftsführer vereinbart worden. Gemäß Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 28. Februar 2012 sei auch tatsächlich der größte Teil des verzichteten Gehalts nicht ausbezahlt worden. Damit erhalte der Beigeladene zu 1 letztlich eine "vom Gewinn und Verlust der Gesellschaft abhängige Vergütung". Dies habe die Beklagte unbeachtet gelassen. Die von der Beklagten angenommene Eingliederung in eine vorgegebene Ordnung des Betriebs sei nicht konkret beschrieben. Angesichts der eigenverantwortlichen Leitung seines Arbeitsbereichs sei diese nicht gegeben. Überholt sei zwischenzeitlich die Feststellung, dass der Beigeladene zu 1 die Gesellschaft nicht allein vertreten dürfe. Aufgrund weiterer Änderung des Gesellschaftsvertrags sei mit Gesellschafterbeschluss vom 13. Dezember 2011 der Beigeladene zu 1 ebenso alleinvertretungsberechtigt wie die mittlerweile auch geschäftsführende Gesellschafterin S1.

Die Beklagte hat das Vorbringen der Klägerin im Klageverfahren nicht für geeignet gehalten, eine Änderung ihrer Widerspruchsentscheidung herbeizuführen. Es sei für das Ergebnis des Statusfeststellungsverfahrens unerheblich, ob neben dem Beigeladenen zu 1 Mehrheitsgesellschafter vorhanden seien oder ob sich die weiteren Geschäftsanteile auf vier Gesellschafter verteilten. In beiden Fällen habe er mit einem Anteil von 15% keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Die Klägerin habe sich zur Unternehmensgründung bewusst für die Rechtsform einer GmbH entschieden. Rechte und Pflichten ergäben sich daher im Wesentlichen aus den Regelungen im GmbHG, in der Satzung und im Dienstvertrag. Die Mitbestimmungsrechte an der Gesellschaft resultierten aus der Höhe der gehaltenen Anteile am Stammkapital, wobei der Beigeladene zu 1 nicht über die Hälfte der Betriebsanteile verfüge und auch nicht unbegrenzt hafte. Organe der GmbH seien die Geschäftsführung und die Gesellschafterversammlung. Die Funktion des Geschäftsführers sei integraler Bestandteil der betrieblichen Organisation des Unternehmens. Eine abhängige Beschäftigung als Geschäftsführer sei nur dann ausgeschlossen, wenn dieser maßgebend Einfluss auf die Geschicke und die betriebliche Organisation der Gesellschaft nehmen könne. Das sei hier nicht der Fall. Die erwähnte Sperrminorität beziehe sich nicht auf sämtliche Gesellschafterbeschlüsse und führe daher auch nicht zu einem maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Aus welchen Gründen eine höhere Beteiligung nicht gewählt worden sei, sei sozialrechtlich unerheblich. Ebenso sei unerheblich, wenn bisher das Entgegenkommen der weiteren Gesellschafter dazu geführt habe, dass keine Entscheidungen gegen Minderheitsgesellschafter getroffen worden seien. Die tatsächlich bestehende Rechtsmacht zur Beschlussfassung sei Teil der tatsächlichen Verhältnisse und als schwerwiegendes Indiz für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung eines mitarbeitenden GmbH-Gesellschafters zu werten. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer zur Beschlussfassung über seine Entlastung kein Stimmrecht habe (§ 47 IV GmbHG). Aus den Freiräumen im Geschäftsalltag, die vom Wohlwollen der Mehrheit der Gesellschafter abhingen, lasse sich maßgeblicher Einfluss auf Seiten des Beigeladenen zu 1 nicht ableiten. Auch die Einbringung seines früher geführten Einzelunternehmens führe zu keinem anderen Ergebnis. Er leite lediglich einen Teilbereich der Klägerin und habe aufgrund dessen keinen Einfluss auf die gesamte Tätigkeit. Auch die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1 ein exklusives Fachwissen in seinem Geschäftsbereich habe, sei nur nach der inzwischen überholten älteren Rechtsprechung des BSG zur Familien-GmbH als relevant für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit angesehen worden. Er unterscheide sich nicht von einem leitenden Angestellten anderer Unternehmen dadurch, dass er Geschäfte von erheblicher wirtschaftlicher Tragweite treffen könne. In der Gesamtschau habe der Beigeladene zu 1 keinen größeren Einfluss auf die Geschicke der GmbH, als ihm aufgrund seiner Kapitalanteile zukomme. Der fehlende Interessengegensatz im Arbeitgeber-Arbeitnehmer Verhältnis sei ebenfalls kein geeignetes Abgrenzungskriterium, wie das BSG 2007 entschieden habe. Die Alleinvertretungsberechtigung und die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot könnten zwar für eine selbstständige Tätigkeit sprechen. Aufgrund der zunehmenden Üblichkeit derartiger Regelungen auch bei Geschäftsführern, die nicht Gesellschafter seien und keinen prägenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft hätten, käme diesen Indizien aber nur ein ganz untergeordnetes Gewicht zu. Bei den monatlichen Zahlungen an den Beigeladenen zu 1 handele es sich nach den Unterlagen nicht um eine vorweggenommene Gewinnausschüttung, wie von der Klägerin vorgetragen, sondern um gehaltsähnliche Zahlungen.

Der Beigeladene zu 1 hat sich inhaltlich auf alle Äußerungen der Klägerin bezogen und zusätzlich eine ausführliche Stellungnahme abgegeben. Interessenkonflikte zwischen ihm und der Klägerin sehe er nicht, wie sie sonst typischerweise bei einem Arbeitgeber- Arbeitnehmerverhältnis vorliegen könnten. Er arbeite vollständig weisungsungebunden. Ohne seine Zustimmung könnten keine wesentlichen, ihn betreffenden Entscheidungen durch die Gesellschafterversammlung getroffen werden. Die Beklagte werte sämtliche Argumente und Elemente, die eindeutig gegen abhängige Beschäftigung sprächen (z.B. die Alleinvertretungsbefugnis, die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot und exklusives Fachwissen) als von untergeordneter Bedeutung. Fakt sei, dass die Auszahlung eines regelmäßigen Gehalts für Gesellschafter- Geschäftsführer einer GmbH annähernd als verpflichtend zu betrachten sei, um steuerrechtlich nicht dem Verdacht der verdeckten Gewinnentnahme ausgesetzt zu sein. Es bleibe steuerrechtlich kaum eine andere Möglichkeit, als zunächst eine feste monatliche Summe auszuzahlen, einen vorläufigen Gehaltsverzicht vorzunehmen und erst nach Abschluss des laufenden Geschäftsjahres zu klären, wie weit anhand des wirtschaftlichen Erfolges Nachzahlungen erfolgen könnten. Zusätzlich zur Tantiemenzahlung stelle dies eine Art der Vergütung dar, die in besonderem Maße die Übernahme unternehmerischen Risikos charakterisiere. Allein darauf komme es an. Die Auszahlung seines Gehalts sei also letztlich eine vorweggenommene Gewinnentnahme, deren Höhe von dem von ihm erreichten unternehmerischen Erfolg abhänge. Die von der Beklagten angenommene Widersprüchlichkeit sei hierin nicht gegeben. Durch eine Umverteilung der Eigentümerstruktur werde er selbst in Kürze 25,5% der Geschäftsanteile der Klägerin halten (lt. Gesellschafterliste des Handelsregisters Hamburg vom 8. Juli 2013 erworben am 24. Juni 2013; seither verfügen der Beigeladene zu 1 über 25,5% der Anteile, Dr. S. über 39,5%, S1 über 15% und der anstelle von A. eingetretene S2 über 20%). Damit seien auch Satzungsänderungen gegen seinen Willen nach § 53 Abs. 2 GmbHG in Verbindung mit der Satzung der Klägerin nicht mehr gegen seinen Willen möglich. Die Sperrminorität könne ihm gegen seinen Willen dann nicht mehr genommen werden. Ebenso könnten Rechte der Gesellschaft nicht mehr gegen seinen Willen durchgesetzt werden. Tatsächlich sei dies aber auch derzeit nicht der Fall.

Hierzu hat die Beklagte erwidert, dass eine umfassende Sperrminorität auch mit 25,5 % der Anteile, wie sie der Beigeladene zu 1 nun halte, nicht gegeben sei.

Das SG hat der Klage nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19. November 2014 mit Urteil vom selben Tag stattgegeben, den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. November 2011 aufgehoben und festgestellt, "dass der Beigeladene (zu 1) in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin seit 1. März 2011 selbstständig ist". Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setze eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb sei dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert sei und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege. Diese Weisungsgebundenheit könne – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber sei eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig sei, richte sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hänge davon ab, welche Merkmale überwögen. Maßgebend sei stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Nach Auffassung der Kammer ergebe sich bei Würdigung aller Umstände ein Überwiegen der für die selbstständige Stellung des Beigeladenen zu 1 sprechenden Merkmale. Dem stünden zunächst nicht die Regelungen im Geschäftsführervertrag vom 25. Februar 2011 entgegen, der allerdings im Zusammenhang mit Gesellschafterbeschlüssen gesehen werden müsse. Nach dem Geschäftsführervertrag habe der Beigeladene zu 1 keinen Weisungsrechten bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterlegen, seine Tätigkeit im Wesentlichen frei bestimmen und gestalten, für seinen Geschäftsbereich selbstständig Personal einstellen und entlassen können und sich Urlaub nicht genehmigen lassen müssen. Nach dem Vertrag sei eine Vergütung von 75.000 Euro jährlich vereinbart, die in gleiche Teile aufgeteilt und monatlich habe ausgekehrt werden sollen. Auch habe der Beigeladene zu 1 bei 70 % Teilzeitbeschäftigung monatlich 4.800,- EUR ausgezahlt erhalten bzw. ab März 2011 3.600,- Euro in 10 monatlichen Beträgen (bezogen auf das bereits begonnene Jahr 2011, sonst in 12 Teilbeträgen) zuzüglich des 13. Monatsgehalts. Die Zahlung einer regelmäßigen Vergütung scheine zunächst ein deutliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1 zu sein, auch wenn dies auf Vorgaben des Finanzamts beruhe, damit nicht ein Verdacht der verdeckten Gewinnentnahme bestehen solle. Denn die Wahl der Gesellschaftsform mit den sich hieraus ergebenden steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Folgen liege im Belieben der Beteiligten, die diese Folgen dann auch für alle Rechtsgebiete tragen müssen. Nach den unwidersprochenen Erläuterungen der Klägerin und des Beigeladenen zu 1, insbesondere auch dessen Ergänzungen in der mündlichen Verhandlung, habe es sich jedoch nach den Gesellschafterbeschlüssen nicht um ein festes Gehalt, wie nach dem Geschäftsführervertrag zu erwarten, gehandelt. Wegen schlechter Geschäftslage (erstmals durch Beschluss der Gesellschafter vom 31. August 2011) sei seit dem 1. September 2011 in jedem Jahr für das Folgejahr ein vorübergehender Gehaltsverzicht in erheblicher Höhe (25%) von den Gesellschaftern vereinbart worden. Gemäß Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 28. Februar 2012 sei auch tatsächlich der größte Teil des verzichteten Gehalts zumindest in dem maßgeblichen Jahr nicht ausbezahlt worden. Erst im Nachhinein zum Jahresende ist jeweils festgelegt worden, welcher Teil des verzichteten Gehalts jeweils habe nachgezahlt werden können. Damit habe der Beigeladene zu 1 nach Auffassung der Kammer letztlich keine vom Gewinn und Verlust der Gesellschaft unabhängige Vergütung erhalten, wie dies für abhängige Beschäftigung in der Regel gelte. Er habe damit vielmehr auch in seiner Geschäftsführertätigkeit ein Unternehmerrisiko getragen, indem sein Einkommen vom wirtschaftlichen Erfolg der GmbH abhängig gemacht sei und er seine Monatsvergütung nur dann in der vorgesehenen Höhe realisieren könne, wenn es der Gesellschaft wirtschaftlich gut gehe. Ein solches echtes Unternehmerrisiko sehe die Kammer in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des BSG (und auch der dargelegten Rechtsauffassung der Beklagten) als starkes Indiz für selbstständige Tätigkeit an. Hinzu komme die Beteiligung des Beigeladenen zu 1 am Gewinn der Gesellschaft über Tantiemen in Höhe von 7,9%, die ebenfalls auf selbstständige Tätigkeit hindeute. Auch nach dem Gesellschaftsvertrag mit den ergänzenden Beschlüssen sei eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 und nicht abhängige Beschäftigung festzustellen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG gelte, dass Geschäftsführer einer GmbH, die zugleich Gesellschafter seien, dann nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur GmbH stünden, wenn sie aufgrund des Umfangs ihrer Kapitalbeteiligung ihnen nicht genehme Weisungen des Dienstberechtigten verhindern könnten, z.B. auch auf Grund einer umfassenden Sperrminorität. Diese Voraussetzungen sehe die Kammer hier als erfüllt an. Faktisch habe dem Beigeladenen zu 1 bereits seit den Beschlüssen der Gesellschafter vom 14. Mai 2011 und 28. Juli 2011, die im Widerspruchsverfahren vorlagen, eine durchgreifende Möglichkeit zur Verfügung gestanden, negative Entscheidungen und Weisungen im Hinblick auf seinen Geschäftsführervertrag zu verhindern, nachdem die Gesellschafter § 8 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags geändert und gezielt die zuvor geltende Grenze für eine Sperrminorität von (mehr als) 21% für alle zustimmungsbedürftigen Geschäfte auf (mehr als) 15% herabgesetzt hatten. Für Beschlüsse über seine Abberufung und auch nur die Änderung seines Vertrags sei seitdem eine Mehrheit von mehr als 85 % der gesamten Stimmen erforderlich, dies in klarem zeitlichen Zusammenhang zum Erwerb von Gesellschaftsanteilen von 15 % durch den Beigeladenen zu 1 direkt zuvor. Damit habe der Beigeladene zu 1 mit seinem Stimmenanteil von 15 % bereits zu Beginn seiner Tätigkeit wirksam Beschlüsse über Änderungen seines Geschäftsführervertrags, insbesondere seine Abberufung oder andere Änderungen dieses Vertrags verhindern können. Umso mehr gelte dies seit der Erhöhung seiner Gesellschaftsanteile 2013 auf 25%, die ihn sogar in eine Lage versetzten, dass auch andere Änderungen des Gesellschaftsvertrags gemäß § 53 Abs. 2 GmbHG nicht gegen seinen Willen möglich seien. Gerade der zeitliche Zusammenhang zum Erwerb von Anteilen in dieser Höhe durch ihn spreche für die Kammer für einen Willen der Gesellschafter, ihm eine echte Sperrminorität einzuräumen. Die Regelungen in § 47 Abs. 4 GmbHG betreffend die Entlastung von Geschäftsführern seien hierdurch nicht berührt. Damit habe der Beigeladene zu 1 eine tatsächliche Rechtsmacht, etwaige für ihn negative Entscheidungen zu verhindern. Die tatsächliche Rechtsmacht sei nach der ständigen Rechtsprechung des BSG entscheidendes Merkmal im Rahmen der Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse in einer Gesellschaft zur Abgrenzung abhängiger Beschäftigung von selbstständiger Tätigkeit. Die Kammer sei im Übrigen auch der Auffassung, dass der Beigeladene zu 1, der für seinen Bereich das alleinige Fachwissen besitze, selbst Personal einstellen könne, Alleinvertretungsberechtigung für die GmbH besitze und nach Änderung des § 8 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags auch für alle zustimmungspflichtigen Geschäfte des § 6 des Gesellschaftsvertrags zumindest eine wesentliche Einflussmöglichkeit auf die Geschicke der Gesellschaft habe. Dies in Zusammenschau mit dem unternehmerischen Risiko, das sich für die Kammer vor allem aus der Tatsache ergebe, dass sein "Gehalt" von der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft abhängig sei, überwiege die fehlende Mehrheit des Gesellschaftskapitals und der Stimmenanteile. Im Übrigen habe der Beigeladene zu 1 zumindest ab 2011 mit seinem Einkommen (13 mal 4800,- Euro) oberhalb der Jahresentgeltgrenze gelegen, so dass Versicherungspflicht jedenfalls zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1.1.2011 nicht mehr bestand habe. So genannte nachgeschobene Bescheide, die dies hätten nachträglich richtig stellen können, seien hier bis zur mündlichen Verhandlung nicht ergangen.

Gegen dieses, ihr am 28. Januar 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. Februar 2015 eingelegte Berufung der Beklagten.

Sie hält die angefochtenen Bescheide nach wie vor für rechtmäßig und wiederholt im Wesentlichen die darin sowie im erstinstanzlichen Vortrag genannten Argumente. Das SG habe insbesondere zu Unrecht das Vorliegen einer umfassenden Sperrminorität angenommen. Im Übrigen gelte die im Geschäftsführervertrag geregelte Weisungsfreiheit im Geschäftsbereich Umwelt und Klima nur in einem bestimmten Bereich, der darüber hinaus nicht einmal definiert sei und jederzeit möglichen Bestandsveränderungen unterworfen sein könnte. Auch könne in dem jährlich vereinbarten Gehaltsverzicht kein Unternehmerrisiko gesehen werden, weil dieser zum einen nicht zwingend endgültig gewesen sei und zum anderen nur einen kleinen Teil der festen Bezüge betroffen habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 19. November 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch sie wiederholt im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und ist der Auffassung, die aktuellen Gesellschafter müssten zu der Frage gehört werden, wie Entscheidungen in der Gesellschafterversammlung getroffen und ob Entscheidungen gegen den Willen des Beigeladenen zu 1 getroffen würden. Zur Begründung weist sie darauf hin, dass dies auch in gesellschaftlichen Grundlagenverhältnissen nicht der Fall sei. Die Klägerin weist darauf hin, dass am 15. Juni 2015 ein neuer Geschäftsführervertrag geschlossen worden sei, in dem das Erfordernis einer Nebentätigkeitsgenehmigung durch die Gesellschafterversammlung nicht mehr geregelt sei, was im Übrigen vorher auch nicht so gelebt worden sei. Im Übrigen bestehe auch in den anderen Geschäftsbereichen inzwischen keine Weisungsbefugnis mehr.

Aus der zur Gerichtsakte gereichten Kopie dieses Geschäftsführervertrages ergibt sich, dass gegenüber der früheren Vertragslage unter anderem folgende Änderungen eingetreten sind: Nach § 1 Abs. 1.5 entscheidet der Geschäftsführer über seine Einbringung in andere Geschäfts- und Tätigkeitsbereiche nach eigenem Ermessen und in Abstimmung mit den anderen Geschäftsführern, sofern diese betroffen sind. Nach § 2 Abs. 2.3 steht dem Geschäftsführer bei Vollzeittätigkeit eine Grundvergütung von 78.000 Euro jährlich zu, sofern die Geschäftslage dies zulässt. Diese werden aufgrund der besonderen steuerrechtlichen Anforderungen an die Vergütung von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH, wonach insbesondere eine verdeckte Gewinnausschüttung zu vermeiden sei, in Form von 12 monatlichen Bezügen sowie einer im November fälligen 13. Zahlung zu je 6.000 Euro geleistet. Nach § 4 sind Nebentätigkeiten (inklusive Veröffentlichungen und Vorträge) des Geschäftsführers grundsätzlich zulässig, sofern diese nicht in Konflikt mit der Geschäftstätigkeit der Klägerin stehen, und der Geschäftsführer setzt die übrigen Gesellschafter über etwaige Nebentätigkeiten in Kenntnis.

Der Beigeladene zu 1, der nach Auskunft der Klägerin erstmals im Kalenderjahr 2013 und seither laufend bei jährlichen Geschäftsführerbezügen von 78.000 Euro, gezahlt in 12 Monatsbeträgen sowie einer 13. Zahlung im November, die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 SGB V überschritten hat, stellt keinen Antrag.

Er schließt sich der Rechtsauffassung der Klägerin an und erklärt auf die Frage, warum keine umfassende Sperrminorität geregelt worden sei, dass es sich dabei um eine unternehmerische Entscheidung gehandelt habe; es habe nicht so sein sollen, dass einer der Gesellschaftergeschäftsführer alle Dinge auch außerhalb seines Bereichs blockieren könne.

Die Beigeladenen zu 2 bis 5 haben keine inhaltliche Stellungnahme abgegeben und stellen ebenfalls keinen Antrag.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle des Senats erteilt (§§ 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 4. Mai 2016, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Beklagten ist weit überwiegend begründet. Das Sozialgericht hat der Klage weitestgehend zu Unrecht stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 26. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. November 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in deren Rechten. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene zu 1 in seiner seit dem 1. März 2011 ausgeübten Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin seit dem 29. April 2011 der Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigter in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag und – soweit es die gesetzliche Renten- und die Arbeitslosenversicherung betrifft – unterliegt. Der Beigeladene war und ist insoweit selbstständig tätig. Unbegründet ist die Berufung lediglich insoweit, als die Feststellung des Bestehens der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung wegen Überschreitens der Jahresentgeltgrenze im Jahr 2013 seit dem 1. Januar 2014 nicht mehr richtig ist.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden entgegen der vom SG in der dortigen mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung und derjenigen der Klägerin – anders als das SG dann selbst in dem angefochtenen Urteil – keine unzulässige Elementenfeststellung nur zu der Frage, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, getroffen hat. Vielmehr hat die Beklagte im Einklang mit der neueren Rechtsprechung des BSG (vgl. zu der auch im Anfrage- bzw. Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV fehlenden Ermächtigung zur Elementenfeststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung: BSG, Urteile vom 11. März 2009 – B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17, vom 4. Juni 2009 – B 12 R 6/08 R, USK 2009-72, sowie B 12 KR 31/07 R, Breith 2010, 435; a.A.: SG Berlin, Urteile vom 13. April 2010 – S 81 KR 176/08 – und 27. Oktober 2010 – S 112 KR 1764/09, jeweils juris) ausdrücklich über die Versicherungspflicht in den einzelnen näher bezeichneten Zweigen der Sozialversicherung und auch den Zeitpunkt von deren Eintritt entschieden.

Inhaltlich hat das SG zwar die rechtlichen Grundlagen einschließlich der im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung zu berücksichtigenden für und gegen eine selbstständige Tätigkeit bzw. eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände zutreffend wiedergegeben. Insoweit kann auf das erstinstanzliche Urteil entsprechend § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen werden. Die Gesamtabwägung selbst hat das Sozialgericht allerdings nach Überzeugung des erkennenden Senats im Ergebnis fehlerhaft vorgenommen.

Im streitigen Zeitraum unterlagen und unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, in der Arbeitslosen-, gesetzlichen Kranken- und Renten- sowie sozialen Pflegeversicherung der Versicherungspflicht (§§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, 5 Abs. 1 Nr 1 SGB V, 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 1 SGB X). Allgemeiner gesetzlicher Ausgangspunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden. Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgebend ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. zum Ganzen z.B. zuletzt BSG, Urteile vom 11. November 2015 – B 12 KR 2/14 R und 10/14 R, juris, m.w.N.).

Vorliegend überwiegen die Indizien für eine abhängige Beschäftigung diejenige für eine selbstständige Tätigkeit, wie die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid vom 15. November 2011, auf den insoweit entsprechend § 136 Abs. 3 SGG Bezug genommen wird, zu Recht ausgeführt hat. Auch wenn sich aus Teilen des Geschäftsführervertrages in seiner ursprünglichen und auch in der aktualisierten Fassung sowie aus den in Reaktion auf die Bescheide der Beklagten vorgenommenen Änderungen auch des Gesellschaftsvertrages ergibt, dass es Wille der Vertragsparteien war und ist, in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht eine selbstständige Tätigkeit zu vereinbaren, ist zu konstatieren, dass dies nicht gelungen ist. Zwar ist der Beigeladene zu 1 insbesondere von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit, erhält teilweise vom Geschäftserfolg abhängige Bezüge und keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, ist weisungsunabhängig in seinem Geschäftsbereich "Umwelt und Klima" und seit Dezember 2011 auch alleinvertretungsberechtigt sowie seit Juni 2015 nach eigenem Ermessen und in Abstimmung mit den anderen Geschäftsführern, sofern diese betroffen sind, befugt, sich auch in andere Geschäfts- und Tätigkeitsbereiche einzubringen. Auch verfügt er seit August 2011 über eine Sperrminorität bei den nach § 6 des Gesellschaftsvertrages zustimmungspflichtigen Geschäften, für die Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers sowie Änderung seines Geschäftsführerführervertrages zu seinen Lasten. Darüber hinaus kann seit Juli 2013 aufgrund seines weiter erhöhten Anteils keine Satzungsänderung mehr gegen den Willen des Beigeladenen zu 1 vorgenommen werden. Dies alles spielt in der Gesamtwürdigung jedoch nur eine untergeordnete Rolle.

Denn zum einen hat die Klägerin dem Beigeladenen zu 1, wie jener selbst in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht eingeräumt hat, bewusst keine umfassende Sperrminorität eingeräumt, wie es des BSG in ständiger Rechtsprechung fordert und das SG vorliegend fälschlicherweise angenommen hat. Die eingeräumte Sperrminorität betrifft zwar einen erheblichen Bereich mit den in § 6 des Gesellschaftsvertrages genannten zustimmungspflichtigen Geschäften und vor allem den Fragen der Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer sowie der Änderung der Geschäftsführerverträge. Alle anderen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung sind jedoch nach wie vor mit einfacher Mehrheit zu fassen. Aufgrund dessen konnte der Beigeladene zu 1 bis zum Abschluss des neuen Geschäftsführervertrages am 15. Juni 2015 ohne Erlaubnis nicht einmal Nebentätigkeiten ausüben, veröffentlichen und Vorträge halten. Auch nach der Änderung steht dies nicht komplett in seinem Belieben, wie es für einen selbstständig Tätigen typisch wäre, sondern wird nur dann als grundsätzlich zulässig angesehen, sofern es nicht in Konflikt mit der Geschäftstätigkeit der Klägerin steht. Deshalb sind die übrigen Gesellschafter über etwaige Nebentätigkeiten auch nach der Neuregelung in Kenntnis zu setzen. Mit einfacher Mehrheit der Gesellschafterversammlung ist ggf. sogar schon über die Ausgestaltung des dem Beigeladenen zu 1 zur Verfügung gestellten Arbeitsplatzes zu befinden.

Dass in der Praxis Gesellschafterversammlungen kaum abgehalten werden und seit Bestehen der Klägerin stets im Konsens entschieden wurde, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, sodass auch dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag der Klägerin, die übrigen Gesellschafter zur Abstimmungspraxis zu hören, mangels Erheblichkeit nicht nachzugehen war. Denn die Organe einer juristischen Person können nicht in einem rechtsfreien Raum agieren, und die faktische Nichtwahrnehmung gesellschaftlicher Befugnisse ist auch unter Berücksichtigung familiärer oder sonstiger Rücksichtnahme unbeachtlich. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des BSG die fehlende Rechtsmacht im Konfliktfall (BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 R 14/10 R, USK 2012, 182). Wie umfassend der Gesetzgeber von abhängiger Beschäftigung selbst bei Organen von Kapitalgesellschaften ausgeht, zeigt sich im Übrigen daran, dass die Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung (§§ 1 Satz 3 SGB VI, 27 Abs. 1 Nr. 5 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch) ausdrücklich geregelt wurde.

Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass sich die im Geschäftsführervertrag geregelte "umfassende" Weisungsfreiheit des Beigeladenen zu 1 ausschließlich auf dessen Geschäftsbereich "Umwelt und Klima" bezieht, der als solcher nicht einmal konkret definiert ist. Mit diesem hat er sich in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert; sein bis 2010 betriebenes Einzelunternehmen ist in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgegangen. Wenn sich die Handlungsfreiheit jedoch nur auf bestimmte Geschäftsbereiche eines Unternehmens bezieht, kann von einer Selbstständigkeit im Rechtssinne nicht ausgegangen werden (s. auch zu diesem Aspekt: BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 R 14/10 R, aaO, Rn. 23 f). Daran dass vorliegend auch nach der Erteilung der Alleinvertretungsberechtigung und der Neufassung des Geschäftsführervertrages eine derartige Konstellation gegeben ist, ändert auch die Möglichkeit der Einbringung in andere Geschäfts- und Tätigkeitsbereiche nach eigenem Ermessen des Beigeladenen zu 1 nichts, weil dies nur in Abstimmung mit den anderen Geschäftsführern möglich und mangels entsprechender Fachkenntnisse darüber hinaus auch kaum wahrscheinlich erscheint.

Neben diesen beiden in der Gesamtabwägung allein schon zur Annahme von Selbstständigkeit führenden Aspekten spricht weiter für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, dass alle Geschäftsführer, also auch der Beigeladene zu 1, nach § 6 des Gesellschaftsvertrages bei den dort aufgeführten Rechtsgeschäften der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen, mithin insoweit nicht weisungsfrei handlungsfähig sind. Hierzu gehören sogar recht alltägliche Rechtsgeschäfte wie zum Beispiel die Bestellung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten, der An- und Verkauf von Wertpapieren aller Art und der sehr unbestimmte Komplex "Rechtsgeschäfte, Geschäftshandlungen und Maßnahmen, die über den üblichen Rahmen des Geschäftsbetriebes der Gesellschaft unter Berücksichtigung ihres Geschäftszweckes hinausgehen". Bei Ausfüllung dieses Rechtsbegriffs im Konfliktfall sind Streitigkeiten vorprogrammiert, was möglicherweise auch für die Zuständigkeit der nicht konkret definierten Geschäftsbereiche gelten könnte. Eine "Schönwetterselbständigkeit" ist jedoch mit dem Vorhersehbarkeitsprinzip in der Sozialversicherung nicht vereinbar

Hinzu kommt, dass das SG auch zu Unrecht darin ein Unternehmerrisiko gesehen hat, dass der Beigeladene zu 1 letztlich keine vom Gewinn und Verlust der Gesellschaft unabhängige Vergütung erhalte, wie dies für abhängig Beschäftigte in der Regel gelte. Denn tatsächlich ist im Geschäftsführervertrag abgesehen von der – auch für leitende Angestellte nicht unüblichen ergänzenden, im streitgegenständlichen Zeitraum jedoch offenbar nicht angefallenen – Tantieme eine feste, monatlich zu zahlende Vergütung geregelt, auf die der Beigeladene zu 1 auch einen durchsetzbaren Anspruch hat. Daran ändert nichts, dass er seit Ende 2009 wie die anderen Geschäftsführer schon zuvor – je nach wirtschaftlichem Erfolg – vorübergehend teilweise auf diese Ansprüche verzichtete. Denn eine für abhängig Beschäftigte typische feste monatliche Vergütung blieb, die im Jahr 2011 zunächst 3.360 (Teilzeit 70% von 4800 Euro) und ab dem Ende der Teilzeit mit gleichzeitigen Beginn des 25-prozentigen Gehaltsverzichts 3.600 Euro (75% von 4800) betrug und seit dem 1. Januar 2013 4.500 Euro (75% von 6000 Euro) beträgt. Dass die Vergütung derjenigen abhängig Beschäftigter entspricht, ergibt sich auch daraus, dass sie nicht vom Erfolg abhängt, sondern von der geleisteten Arbeit, sodass der Geschäftsführervertrag bei reduzierter Arbeitsleistung bzw. Teilzeit lediglich einen anteiligen Gehaltsanspruch vorsieht.

Ebenfalls für eine abhängige Beschäftigung spricht der Umstand, dass im Vertrag ein Urlaubsanspruch geregelt wurde, der bis zur Neufassung im Juni 2015 sogar mit 30 Tagen jährlich beziffert war. Dass der Beigeladene zu 1 nach Abstimmung mit den übrigen Geschäftsführern den Zeitpunkt der Inanspruchnahme und mittlerweile auch den Umfang nach Ermessen selbst bestimmen kann, vermag dem Umstand der vertraglichen Regelung nicht dessen Indizwirkung zu nehmen, zumal die Praxis der Urlaubsgestaltung sich nicht wesentlich von derjenigen leitender abhängig Beschäftigter unterscheidet.

Schließlich hat das SG, das angesichts der späteren, von ihm als wesentliche Indizien gewerteten Änderungen auch nach seiner Auffassung konsequenterweise nicht von Anfang an das Vorliegen von Versicherungspflicht aufgrund abhängiger Beschäftigung hätte feststellen dürfen, gänzlich unberücksichtigt gelassen, dass der Geschäftsführervertrag bereits Regelungen enthält, die eindeutig ausschließlich auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis hindeuten. Hierzu gehören insbesondere die Abführung von Lohnsteuer auf die Geschäftsführer-Vergütung und deren Ausweisung als Betriebsausgabe. Dass die Klägerin und der Beigeladene zu 1 eine solche Vorgehensweise als aus steuerrechtlichen Gründen praktisch unvermeidbar hinstellen, ändert nichts daran, dass es sich hierbei um ein klares Indiz für eine abhängige Beschäftigung handelt. Eine "Rosinenpickerei" dergestalt, dass ein Einzelunternehmen aus vermutlich steuerrechtlich interessanten Erwägungen heraus in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird, als Teil in ihr aufgeht, steuerrechtlich nach wie vor die Tätigkeit als abhängige Beschäftigung angesehen, aber sozialversicherungsrechtlich zur Ersparung von Beiträgen zu den Solidarsystemen von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen werden soll, ist aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht nicht hinnehmbar. Mit dem Aufgehen seines früheren Einzelunternehmens in der Klägerin unterscheidet sich der Beigeladene zu 3 nur noch unwesentlich von leitenden Angestellten, die ebenfalls eine Minderheitenbeteiligung an ihrem Arbeitgeber in Gestalt einer Kapitalgesellschaft halten.

Die nach alledem bestehende Sozialversicherungspflicht tritt aufgrund der entsprechenden Erklärung des Beigeladenen zu 1 und dessen anderweitiger sozialer Absicherung nicht mit Beginn der Tätigkeit am 1. März 2011 ein, sondern nach § 7a Abs. 6 SGB IV erst ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides der Beklagten vom 26. April 2011; dieser ist angesichts der Absendung des Bescheides am Tag der Ausstellung nach der Bekanntgabefiktion des § 37 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch mit dem 29. April 2011 anzunehmen. In der gesetzlichen Renten- und der Arbeitslosenversicherung besteht die Versicherungspflicht bis heute fort. In der gesetzlichen Kranken- und dem folgend in der sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI) endet die Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 4 SGB V mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten wird, wenn das Entgelt auch im Folgejahr die geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt. Da die Geschäftsführerbezüge des Beigeladenen zu 1 erstmals im Jahr 2013 mit der Anhebung auf 13 mal 6.000 Euro abzüglich 25% Selbstverzicht, also in der Jahressumme auf 58.500 Euro, die Jahresarbeitsentgeltgrenze von im Jahr 2013 52.200 Euro und in der Folge auch (2014: 53.500 Euro, 2015: 54.900 Euro, 2016: 56.250 Euro) überstieg, besteht insoweit seit dem 1. Januar 2014 Versicherungsfreiheit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1 und 3, 155 Abs. 1 Satz 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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