Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
10
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 10 SO 334/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
In Streit ist ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung von 8.071,91 EUR als Nothelferin für eine stationäre Krankenhausbehandlung eines Patienten in der Zeit vom 02.11. bis 12.11.2011.
Die Klägerin betreibt die A. Klinik in H ... Am 02.11.2011, einem Mittwoch, wurde ein Patient, der angab, der am xxxxx1959 geborene p. Staatsangehörige J.R. (im Folgenden: der Patient) zu sein, in der Klinik um 21.23 Uhr als Notfall stationär aufgenommen und dort bis 12.11.2011 wegen eines akuten Hinterwandinfarktes bei koronarer Dreigefäßerkrankung behandelt. Der Patient erklärte in einem undatierten, als "Mittellosigkeitserklärung" bezeichneten Formular gegenüber der Klinik, nicht krankenversichert zu sein, die Behandlung nicht selbst bezahlen zu können und auch keine Sozialhilfe zu beziehen. Auf dem "Aufnahmebogen unklarer Kostenträger" erklärte der Patient am 04.11.2011 weiter, ohne festen Wohnsitz zu sein und sich seit zwei Tagen in H. aufzuhalten. Er habe in den letzten zwei Monaten in M. gelebt. Als letzte Anschrift gab er eine Adresse in N. an, außerdem eine "Heimatanschrift" in P ... Zur Frage, wo er sich "als Wohnungslose/r üblicherweise" aufhalte heißt es: "keine Angaben". Er lebe von "Gelegenheitsjobs ohne Anmeldung". Die Frage nach Arbeitsentgelt beantwortete der Patient mit "kein regelmäßiges". Vermögen in der Heimat habe er nicht. Ein Ausweispapier habe er "nicht dabei". Das Krankenhaus fertigte ein digitales Lichtbild "zum Zwecke der späteren Identitätsfeststellung" vom Patienten.
Am 04.11.2011 um 11.30 Uhr ging bei der Beklagten per Fax eine "Anmeldung von Krankenhauskosten" der Klägerin bezüglich des Patienten ein. Mit Brief vom 09.11.2011, bei der Beklagten am 14.11.2011 eingegangen, folgte ein "Kostenübernahmeantrag", dem die o.g. Dokumente – Einwilligungserklärung, Foto, Mittellosigkeitserklärung, Aufnahmebogen – und ein von der Klinik ausgestelltes "Dringlichkeitsattest" beigefügt waren.
Mit Bescheid vom 24.11.2011 lehnte die Beklagte die Übernahme der Behandlungskosten ab und führte zur Begründung aus, dass weder die Identität noch die Hilfebedürftigkeit des Patienten im Sinne des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) hinreichend nachgewiesen und darüber hinaus die Frist zur Anmeldung überschritten worden sei. Der Antrag vom 09.11.2011 sei bei ihr am 14.11.2011 eingegangen. Der Patient sei ihr aber nicht bekannt und habe auch nicht ermittelt werden können. Ein Anspruch des Patienten auf Krankenhilfe könne aufgrund der getätigten Angaben nicht zweifelsfrei angenommen werden.
Die Klägerin legte am 01.12.2011 Widerspruch ein, in welchem sie auf ihr Fax vom 04.11.2011 hinwies und ausführte, der Patient sei mittellos und die Behandlung sowohl im medizinischen als auch im sozialhilferechtlichen Sinne unabdingbar gewesen.
Die Beklagte versuchte sodann erfolglos, den Patienten durch eine Abfrage beim Einwohnermeldeamt zu ermitteln. Die Klägerin wandte sich wegen der Frage nach einem Krankenversicherungsschutz des Patienten an das p. Generalkonsulat in H. und auf dessen Mitteilung hin vergeblich mehrere Male an die allgemeine p. Krankenversicherung, den Nationalen Gesundheitsfonds (NFZ).
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.07.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung ihrer Aufwendungen für die Behandlung des Patienten nach § 25 SGB XII bestehe nicht. Denn die Klägerin habe nicht nachgewiesen, wen ihr Krankenhaus behandelt habe. Ob das übersandte Foto den J.R. zeige, wisse die Beklagte ebenso wenig wie die Klägerin. Damit sei aber auch nicht nachgewiesen, dass die Beklagte als Sozialhilfeträgerin der behandelten Person Leistungen hätte erbringen müssen. Überdies sei der gewöhnliche Aufenthalt des Patienten unbekannt, sodass nicht feststehe, dass die Beklagte örtlich zuständig sei. Ebenso unbekannt sei letztlich, ob der Patient krankenversichert gewesen sei oder über Einkommen oder Vermögen verfügt habe, mit dem die Krankenhauskosten gedeckt werden könnten. Die Beweislast für die einen Anspruch nach § 25 SGB XII begründenden Tatsachen trage aber die Klägerin.
Die Klägerin hat am 27.07.2012 Klage erhoben.
Sie ist der Ansicht, die Voraussetzungen des Nothelferanspruchs nach § 25 SGB XII lägen vor. Die örtliche Zuständigkeit der Beklagten ergebe sich aus dem tatsächlichen Aufenthaltsort des Patienten. Es habe sich auch um einen Eilfall gehandelt, da die sofortige stationäre Versorgung medizinisch unabdingbar gewesen und die Beklagte unverzüglich über den Notfall informiert worden sei. Der Patient sei zudem mittellos gewesen. Er habe angegeben, seinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsjobs zu bestreiten. Man könne deshalb nicht davon ausgehen, dass er in der Lage gewesen sei, Behandlungskosten von über 8.000 EUR zu tragen. Der Patient sei zudem nicht krankenversichert gewesen. Die Klägerin verweist auf ein Schreiben des NFZ vom 17.05.2012, in welchem dargelegt wird, dass die Ausstellung einer provisorischen Versicherungskarte zur Deckung der Behandlungskosten nur der Patient selbst oder eine Behörde des Aufenthaltsstaates beantragen könne.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.11.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012, zugestellt am 06.07.2012, zu verpflichten, die Kosten der Behandlung des Herrn J.R. vom 02.11.2011 bis 12.11.2011 in der A. Klinik in Höhe von 8.071,91 EUR zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug.
Am 16.01.2016 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung, die Prozessakte, den Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie die Krankenakte der Klägerin verwiesen. Die Akten haben der Kammer bei der Beratung und Entscheidung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 iVm § 56 Sozialgerichtsgesetz – SGG) statthafte und auch sonst zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 24.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin daher nicht (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der Kosten für die stationäre Krankenhausbehandlung des Patienten vom 02.11. bis 12.11.2011.
Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 25 SGB XII in Betracht (BSG, Urteil vom 23.08.2013 – B 8 SO 19/12 R –, juris Rn. 21). Danach hat eine Person einen Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen in gebotenem Umfang, wenn sie in einem Eilfall einem anderen Leistungen erbracht hat, die bei rechtzeitigem Einsetzen der Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, wenn sie sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Sozialhilfeträger beantragt wird.
Die Voraussetzungen des § 25 SGB XII liegen nicht vor.
Zwar kann die Klägerin als vom Sozialhilfeträger und dem Hilfebedürftigen personenverschiedene, juristische Person des Privatrechts grundsätzlich anspruchsberechtigt sein (vgl. Waldhorst-Kahnau, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 25 Rn. 15). Auch traf die Klägerin keine rechtliche oder sittliche Pflicht, die Aufwendungen der Behandlung selbst zu tragen. Eine entsprechende Verpflichtung folgt weder aus den Krankenhausgesetzen der Länder (hier dem Hamburgischen Krankenhausgesetz vom 17.04.1991, HmbGVBl. 1991, 127) noch – im Sinne einer Vorrangigkeit der Realisierung zivilrechtlicher Ansprüche – aus einem ggf. zwischen dem Patienten und dem Krankenhaus abgeschlossenen Behandlungsvertrag (BVerwG, Urteil vom 30.10.1979 – 5 C 31/78 –, juris Rn. 17, zur Vorgängervorschrift, § 121 Bundessozialhilfegesetz – BSHG).
Die Klägerin hat zudem in einem von § 25 Satz 1 SGB XII vorausgesetzten Eilfall Leistungen erbracht (zu den Voraussetzungen im Einzelnen BSG, Urteil vom 23.08.2013 aaO Rn. 17 ff.), da der Patient wegen eines akuten Hinterwandinfarktes umgehend mit den Mitteln eines Krankenhauses behandelt werden musste (sog. bedarfsbezogenes Moment) und die Beklagte bei Aufnahme des Patienten am späten Mittwochabend nicht mehr dienstbereit, sondern für die Klägerin erst wieder am Folgetag, an dem damit sodann der Eilfall endete, erreichbar war (sog. sozialhilferechtliches Moment).
Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Behandlungskosten scheitert aber am Erfordernis der hypothetischen Leistungspflicht der Beklagten. Ein Anspruch des Nothelfers gegen den Sozialhilfeträger besteht nur dann, wenn der Sozialhilfeträger die Kosten der gewährten Hilfe hätte tragen müssen, wäre ihm der Hilfebedarf rechtzeitig bekannt geworden (BVerwG, Urteil vom 31.05.2001 – 5 C 20/00 –, juris Rn. 14, zu § 121 BSHG).
Die Kammer hat nicht die volle Überzeugung davon gewinnen können, dass der Patient hilfebedürftig war. Gem. § 19 Abs. 3 SGB XII werden Hilfen zur Gesundheit, darunter die hier in Rede stehende Hilfe bei Krankheit nach § 23 Abs. 1 Satz 1 iVm § 48 Satz 1 SGB XII geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen (§§ 82 ff. SGB XII) und Vermögen (§ 90 SGB XII) nicht zuzumuten ist.
Die Annahme finanzieller Hilfebedürftigkeit des Patienten beruht allein auf seinen gegenüber dem Krankenhauspersonal gemachten Angaben, die aber nicht bewiesen sind. Es kann nicht einmal mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass es sich bei der behandelten Person überhaupt um den J.R. gehandelt hat, als der sich der Patient ausgegeben hat, da ein Ausweis oder ein anderes Identitätspapier von ihm nicht vorgelegt wurde. Eine Sozialhilfebedürftigkeit der hier tatsächlich vom klägerischen Krankenhaus behandelten Person mag zwar ungeachtet ihrer wahren Identität als möglich, vielleicht sogar als wahrscheinlich angesehen werden, wenn der Patient tatsächlich obdachlos gewesen wäre. Letzteres ist aber schon nach den eigenen Angaben des Patienten fraglich, da dieser keine Angaben dazu gemacht hat, wo er sich überhaupt "als Wohnungsloser" in H. aufhält und darüber hinaus nicht klar geworden ist, wie er zuvor in N. und M. gewohnt hatte und dort ggf. aus welchen Mitteln angefallene Unterkunftskosten hatte zahlen können. Ungeachtet dessen reichen aber Maßstäbe einer Wahrscheinlichkeit oder Glaubhaftmachung für den Vollbeweis – im Sinne einer an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 24.11.2010 – B 11 AL 35/09 R –, juris Rn. 21) – auch nicht aus.
Die Nichterweislichkeit der anspruchsbegründenden Tatsachen des § 25 SGB XII geht zu Lasten des Nothelfers (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.12.2016 – L 7 SO 3998/15 –, juris Rn. 26), hier also der Klägerin. Daran vermag eine ggf. unzureichende Sachverhaltsermittlung durch den Sozialhilfeträger nichts zu ändern, wenn sie auch u.U. im Rahmen der Beweiswürdigung durch das Gericht Berücksichtigung finden soll (BVerwG, Beschluss vom 30.12.1996 – 5 B 202/95 –, juris Rn. 5 f.). Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung insoweit darauf verwiesen, dass die Beklagte den Patienten durch ihre Mitarbeiter im Krankenhaus hätte befragen müssen, um den Sachverhalt weiter aufzuklären. Selbst wenn man dies aber für eine gebotene Ermittlungsmöglichkeit halten wollte – was bereits deshalb zweifelhaft erscheint, da nicht zu erkennen ist, weshalb eine Befragung durch Sozialamtsmitarbeiter zu anderen bzw. weitergehenden Erkenntnissen über die Person des Patienten, als den bereits im Aufnahmebogen der Klägerin niedergelegten, hätten führen sollen –, würde ihre Außerachtlassung durch die Beklagte gleichwohl nicht genügen, um unter Würdigung der weiteren Umstände die Voraussetzungen eines Nothelferanspruchs vorliegend als bewiesen zu beurteilen. Nur ergänzend sei deshalb angemerkt, dass die Kammer auch keine Amtsermittlungspflichtverletzung der Beklagten zu erkennen vermag. Denn im ersten Schreiben der Beklagten vom 04.11.2011 waren bis auf den Namen des Patienten, seinen Geburtstag und eine Adresse in N. keine weiteren Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen enthalten. Als diese sodann mit Schreiben vom 09.11.2011, bei der Beklagten am 14.11.2011 eingegangen, nachgereicht wurden, hatte der Patient das Krankenhaus aber ohnehin bereits verlassen, womit auch eine Befragung durch die Beklagte nicht mehr möglich gewesen wäre.
Angesichts der nach allem nicht festgestellten Hilfebedürftigkeit des Patienten bedarf es keiner Prüfung, ob einer Leistungspflicht der Beklagten ggf. nicht außerdem der Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) wegen einer Versicherungspflicht des Patienten in der Gesetzlichen Krankenversicherung entgegengestanden haben könnte (dazu im Einzelnen BSG, Urteil vom 18.11.2014 – B 8 SO 9/13 R –, juris Rn. 20 ff.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Tatbestand:
In Streit ist ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung von 8.071,91 EUR als Nothelferin für eine stationäre Krankenhausbehandlung eines Patienten in der Zeit vom 02.11. bis 12.11.2011.
Die Klägerin betreibt die A. Klinik in H ... Am 02.11.2011, einem Mittwoch, wurde ein Patient, der angab, der am xxxxx1959 geborene p. Staatsangehörige J.R. (im Folgenden: der Patient) zu sein, in der Klinik um 21.23 Uhr als Notfall stationär aufgenommen und dort bis 12.11.2011 wegen eines akuten Hinterwandinfarktes bei koronarer Dreigefäßerkrankung behandelt. Der Patient erklärte in einem undatierten, als "Mittellosigkeitserklärung" bezeichneten Formular gegenüber der Klinik, nicht krankenversichert zu sein, die Behandlung nicht selbst bezahlen zu können und auch keine Sozialhilfe zu beziehen. Auf dem "Aufnahmebogen unklarer Kostenträger" erklärte der Patient am 04.11.2011 weiter, ohne festen Wohnsitz zu sein und sich seit zwei Tagen in H. aufzuhalten. Er habe in den letzten zwei Monaten in M. gelebt. Als letzte Anschrift gab er eine Adresse in N. an, außerdem eine "Heimatanschrift" in P ... Zur Frage, wo er sich "als Wohnungslose/r üblicherweise" aufhalte heißt es: "keine Angaben". Er lebe von "Gelegenheitsjobs ohne Anmeldung". Die Frage nach Arbeitsentgelt beantwortete der Patient mit "kein regelmäßiges". Vermögen in der Heimat habe er nicht. Ein Ausweispapier habe er "nicht dabei". Das Krankenhaus fertigte ein digitales Lichtbild "zum Zwecke der späteren Identitätsfeststellung" vom Patienten.
Am 04.11.2011 um 11.30 Uhr ging bei der Beklagten per Fax eine "Anmeldung von Krankenhauskosten" der Klägerin bezüglich des Patienten ein. Mit Brief vom 09.11.2011, bei der Beklagten am 14.11.2011 eingegangen, folgte ein "Kostenübernahmeantrag", dem die o.g. Dokumente – Einwilligungserklärung, Foto, Mittellosigkeitserklärung, Aufnahmebogen – und ein von der Klinik ausgestelltes "Dringlichkeitsattest" beigefügt waren.
Mit Bescheid vom 24.11.2011 lehnte die Beklagte die Übernahme der Behandlungskosten ab und führte zur Begründung aus, dass weder die Identität noch die Hilfebedürftigkeit des Patienten im Sinne des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) hinreichend nachgewiesen und darüber hinaus die Frist zur Anmeldung überschritten worden sei. Der Antrag vom 09.11.2011 sei bei ihr am 14.11.2011 eingegangen. Der Patient sei ihr aber nicht bekannt und habe auch nicht ermittelt werden können. Ein Anspruch des Patienten auf Krankenhilfe könne aufgrund der getätigten Angaben nicht zweifelsfrei angenommen werden.
Die Klägerin legte am 01.12.2011 Widerspruch ein, in welchem sie auf ihr Fax vom 04.11.2011 hinwies und ausführte, der Patient sei mittellos und die Behandlung sowohl im medizinischen als auch im sozialhilferechtlichen Sinne unabdingbar gewesen.
Die Beklagte versuchte sodann erfolglos, den Patienten durch eine Abfrage beim Einwohnermeldeamt zu ermitteln. Die Klägerin wandte sich wegen der Frage nach einem Krankenversicherungsschutz des Patienten an das p. Generalkonsulat in H. und auf dessen Mitteilung hin vergeblich mehrere Male an die allgemeine p. Krankenversicherung, den Nationalen Gesundheitsfonds (NFZ).
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.07.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung ihrer Aufwendungen für die Behandlung des Patienten nach § 25 SGB XII bestehe nicht. Denn die Klägerin habe nicht nachgewiesen, wen ihr Krankenhaus behandelt habe. Ob das übersandte Foto den J.R. zeige, wisse die Beklagte ebenso wenig wie die Klägerin. Damit sei aber auch nicht nachgewiesen, dass die Beklagte als Sozialhilfeträgerin der behandelten Person Leistungen hätte erbringen müssen. Überdies sei der gewöhnliche Aufenthalt des Patienten unbekannt, sodass nicht feststehe, dass die Beklagte örtlich zuständig sei. Ebenso unbekannt sei letztlich, ob der Patient krankenversichert gewesen sei oder über Einkommen oder Vermögen verfügt habe, mit dem die Krankenhauskosten gedeckt werden könnten. Die Beweislast für die einen Anspruch nach § 25 SGB XII begründenden Tatsachen trage aber die Klägerin.
Die Klägerin hat am 27.07.2012 Klage erhoben.
Sie ist der Ansicht, die Voraussetzungen des Nothelferanspruchs nach § 25 SGB XII lägen vor. Die örtliche Zuständigkeit der Beklagten ergebe sich aus dem tatsächlichen Aufenthaltsort des Patienten. Es habe sich auch um einen Eilfall gehandelt, da die sofortige stationäre Versorgung medizinisch unabdingbar gewesen und die Beklagte unverzüglich über den Notfall informiert worden sei. Der Patient sei zudem mittellos gewesen. Er habe angegeben, seinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsjobs zu bestreiten. Man könne deshalb nicht davon ausgehen, dass er in der Lage gewesen sei, Behandlungskosten von über 8.000 EUR zu tragen. Der Patient sei zudem nicht krankenversichert gewesen. Die Klägerin verweist auf ein Schreiben des NFZ vom 17.05.2012, in welchem dargelegt wird, dass die Ausstellung einer provisorischen Versicherungskarte zur Deckung der Behandlungskosten nur der Patient selbst oder eine Behörde des Aufenthaltsstaates beantragen könne.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.11.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012, zugestellt am 06.07.2012, zu verpflichten, die Kosten der Behandlung des Herrn J.R. vom 02.11.2011 bis 12.11.2011 in der A. Klinik in Höhe von 8.071,91 EUR zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug.
Am 16.01.2016 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung, die Prozessakte, den Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie die Krankenakte der Klägerin verwiesen. Die Akten haben der Kammer bei der Beratung und Entscheidung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 iVm § 56 Sozialgerichtsgesetz – SGG) statthafte und auch sonst zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 24.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin daher nicht (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der Kosten für die stationäre Krankenhausbehandlung des Patienten vom 02.11. bis 12.11.2011.
Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 25 SGB XII in Betracht (BSG, Urteil vom 23.08.2013 – B 8 SO 19/12 R –, juris Rn. 21). Danach hat eine Person einen Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen in gebotenem Umfang, wenn sie in einem Eilfall einem anderen Leistungen erbracht hat, die bei rechtzeitigem Einsetzen der Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, wenn sie sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Sozialhilfeträger beantragt wird.
Die Voraussetzungen des § 25 SGB XII liegen nicht vor.
Zwar kann die Klägerin als vom Sozialhilfeträger und dem Hilfebedürftigen personenverschiedene, juristische Person des Privatrechts grundsätzlich anspruchsberechtigt sein (vgl. Waldhorst-Kahnau, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 25 Rn. 15). Auch traf die Klägerin keine rechtliche oder sittliche Pflicht, die Aufwendungen der Behandlung selbst zu tragen. Eine entsprechende Verpflichtung folgt weder aus den Krankenhausgesetzen der Länder (hier dem Hamburgischen Krankenhausgesetz vom 17.04.1991, HmbGVBl. 1991, 127) noch – im Sinne einer Vorrangigkeit der Realisierung zivilrechtlicher Ansprüche – aus einem ggf. zwischen dem Patienten und dem Krankenhaus abgeschlossenen Behandlungsvertrag (BVerwG, Urteil vom 30.10.1979 – 5 C 31/78 –, juris Rn. 17, zur Vorgängervorschrift, § 121 Bundessozialhilfegesetz – BSHG).
Die Klägerin hat zudem in einem von § 25 Satz 1 SGB XII vorausgesetzten Eilfall Leistungen erbracht (zu den Voraussetzungen im Einzelnen BSG, Urteil vom 23.08.2013 aaO Rn. 17 ff.), da der Patient wegen eines akuten Hinterwandinfarktes umgehend mit den Mitteln eines Krankenhauses behandelt werden musste (sog. bedarfsbezogenes Moment) und die Beklagte bei Aufnahme des Patienten am späten Mittwochabend nicht mehr dienstbereit, sondern für die Klägerin erst wieder am Folgetag, an dem damit sodann der Eilfall endete, erreichbar war (sog. sozialhilferechtliches Moment).
Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Behandlungskosten scheitert aber am Erfordernis der hypothetischen Leistungspflicht der Beklagten. Ein Anspruch des Nothelfers gegen den Sozialhilfeträger besteht nur dann, wenn der Sozialhilfeträger die Kosten der gewährten Hilfe hätte tragen müssen, wäre ihm der Hilfebedarf rechtzeitig bekannt geworden (BVerwG, Urteil vom 31.05.2001 – 5 C 20/00 –, juris Rn. 14, zu § 121 BSHG).
Die Kammer hat nicht die volle Überzeugung davon gewinnen können, dass der Patient hilfebedürftig war. Gem. § 19 Abs. 3 SGB XII werden Hilfen zur Gesundheit, darunter die hier in Rede stehende Hilfe bei Krankheit nach § 23 Abs. 1 Satz 1 iVm § 48 Satz 1 SGB XII geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen (§§ 82 ff. SGB XII) und Vermögen (§ 90 SGB XII) nicht zuzumuten ist.
Die Annahme finanzieller Hilfebedürftigkeit des Patienten beruht allein auf seinen gegenüber dem Krankenhauspersonal gemachten Angaben, die aber nicht bewiesen sind. Es kann nicht einmal mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass es sich bei der behandelten Person überhaupt um den J.R. gehandelt hat, als der sich der Patient ausgegeben hat, da ein Ausweis oder ein anderes Identitätspapier von ihm nicht vorgelegt wurde. Eine Sozialhilfebedürftigkeit der hier tatsächlich vom klägerischen Krankenhaus behandelten Person mag zwar ungeachtet ihrer wahren Identität als möglich, vielleicht sogar als wahrscheinlich angesehen werden, wenn der Patient tatsächlich obdachlos gewesen wäre. Letzteres ist aber schon nach den eigenen Angaben des Patienten fraglich, da dieser keine Angaben dazu gemacht hat, wo er sich überhaupt "als Wohnungsloser" in H. aufhält und darüber hinaus nicht klar geworden ist, wie er zuvor in N. und M. gewohnt hatte und dort ggf. aus welchen Mitteln angefallene Unterkunftskosten hatte zahlen können. Ungeachtet dessen reichen aber Maßstäbe einer Wahrscheinlichkeit oder Glaubhaftmachung für den Vollbeweis – im Sinne einer an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 24.11.2010 – B 11 AL 35/09 R –, juris Rn. 21) – auch nicht aus.
Die Nichterweislichkeit der anspruchsbegründenden Tatsachen des § 25 SGB XII geht zu Lasten des Nothelfers (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.12.2016 – L 7 SO 3998/15 –, juris Rn. 26), hier also der Klägerin. Daran vermag eine ggf. unzureichende Sachverhaltsermittlung durch den Sozialhilfeträger nichts zu ändern, wenn sie auch u.U. im Rahmen der Beweiswürdigung durch das Gericht Berücksichtigung finden soll (BVerwG, Beschluss vom 30.12.1996 – 5 B 202/95 –, juris Rn. 5 f.). Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung insoweit darauf verwiesen, dass die Beklagte den Patienten durch ihre Mitarbeiter im Krankenhaus hätte befragen müssen, um den Sachverhalt weiter aufzuklären. Selbst wenn man dies aber für eine gebotene Ermittlungsmöglichkeit halten wollte – was bereits deshalb zweifelhaft erscheint, da nicht zu erkennen ist, weshalb eine Befragung durch Sozialamtsmitarbeiter zu anderen bzw. weitergehenden Erkenntnissen über die Person des Patienten, als den bereits im Aufnahmebogen der Klägerin niedergelegten, hätten führen sollen –, würde ihre Außerachtlassung durch die Beklagte gleichwohl nicht genügen, um unter Würdigung der weiteren Umstände die Voraussetzungen eines Nothelferanspruchs vorliegend als bewiesen zu beurteilen. Nur ergänzend sei deshalb angemerkt, dass die Kammer auch keine Amtsermittlungspflichtverletzung der Beklagten zu erkennen vermag. Denn im ersten Schreiben der Beklagten vom 04.11.2011 waren bis auf den Namen des Patienten, seinen Geburtstag und eine Adresse in N. keine weiteren Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen enthalten. Als diese sodann mit Schreiben vom 09.11.2011, bei der Beklagten am 14.11.2011 eingegangen, nachgereicht wurden, hatte der Patient das Krankenhaus aber ohnehin bereits verlassen, womit auch eine Befragung durch die Beklagte nicht mehr möglich gewesen wäre.
Angesichts der nach allem nicht festgestellten Hilfebedürftigkeit des Patienten bedarf es keiner Prüfung, ob einer Leistungspflicht der Beklagten ggf. nicht außerdem der Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) wegen einer Versicherungspflicht des Patienten in der Gesetzlichen Krankenversicherung entgegengestanden haben könnte (dazu im Einzelnen BSG, Urteil vom 18.11.2014 – B 8 SO 9/13 R –, juris Rn. 20 ff.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
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