L 5 KR 568/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 2198/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 568/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17.12.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt Krankengeld über den 19.01.2015 hinaus.

Die 1957 geborene Klägerin, Mitglied der Beklagten, war vom 01.07.2014 bis 30.11.2014 als Pflegehelferin versicherungspflichtig beschäftigt (zuvor Beschäftigung in der Gastronomie).

Am 18.07.2014 stellte der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. W. der Klägerin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit der Diagnose R51 G (Kopfschmerz) aus; Arbeitsunfähigkeit (AU) bestehe seit 17.07.2014 bis voraussichtlich 18.07.2014. Weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen stellte Dr. W. am 21.07.2014 (AU bis 23.07.2014), 23.07.2014 (AU bis 25.07.2014) und 24.07.2014 (AU bis 08.08.2014) aus.

Am 08.08.2014 stellte der Neurologe und Psychiater W. der Klägerin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit der Diagnose F 32.2 G (schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome) aus; AU bestehe voraussichtlich bis 31.08.2014. Eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung stellte der Arzt W. am 04.09.2014 (AU bis 30.09.2014) aus.

Am 30.09.2014 stellte Dr. W. der Klägerin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit den Diagnosen M54.2 G, R42 G und R51.G (Zervikalneuralgie, Schwindel und Taumel, Kopfschmerz, sonstige Reaktionen auf schwere Belastung, Fibromyalgie, Anpassungsstörungen, chronischer unbeeinflussbarer Schmerz) aus; AU bestehe bis voraussichtlich 14.10.2014. Auszahlscheine für Krankengeld stellte Dr. W. am 02.10.2014, 14.10.2014, 28.10.2014, 06.11.2014, 21.11.2014, 04.12.2014, 19.12.2014 und 07.01.2015 (zusätzliche Diagnosen benannt) jeweils ohne Angaben zur Dauer der AU aus.

Die Beklagte, die der Klägerin ab 19.07.2014 Krankengeld i.H. kalendertäglich 32,13 EUR gewährte, befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK).

Im MDK-Gutachten (mit Untersuchung der Klägerin) vom 13.01.2015 (Diagnosen: rückläufige Schwindelsymptomatik bei paroxysmalem Lagerungsschwindel, rezidivierende Kopfschmerzen, Z.n. depressiver Episode 08/2014) führte Dr. Sch.-R. aus, die Klägerin sei erst kurz nach Aufnahme der Beschäftigung als Pflegehelferin arbeitsunfähig erkrankt aufgrund neu aufgetretener Schwindelsymptomatik. Objektive Zeichen hierfür hätten bei der Untersuchung aber nicht festgestellt werden können; es bestehe der Verdacht auf Aggravationstendenz. Die Klägerin (die die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses als Pflegehelferin nicht angegeben habe) könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) verrichten; das Leistungsbild decke auch die Tätigkeit als Pflegehelferin weitgehend ab. Letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit sei der 19.01.2015.

Mit Bescheid vom 15.01.2015 lehnte die Beklagte die (weitere) Gewährung von Krankengeld über den 19.01.2015 hinaus ab.

Mit E-Mail vom 28.01.2015 erhob die Klägerin Widerspruch; die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 29.01.2015 mit, am werte die E-Mail als Widerspruch und beurteile den Sachverhalt erneut.

Am 21.01.2015, 04.02.2015, 18.02.2015 und 04.03.2015 stellte Dr. W. weitere Auszahlscheine für Krankengeld (jeweils ohne Angaben zur Dauer der Arbeitsunfähigkeit) aus. In einem Attest vom 21.01.2015 führte er außerdem aus, er halte die Klägerin derzeit noch nicht für arbeitsfähig. Es liege ein (ggf. auch stationär behandlungsbedürftiges) chronifiziertes Schmerzsyndrom des Bewegungsapparats mit psychosomatischer Mitbeteiligung vor.

Die Beklagte befragte erneut den MDK. Im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 06.03.2015 hielt Dr. St. an der Leistungseinschätzung im MDK-Gutachten vom 13.01.2015 fest; auch wenn ein Schmerzsyndrom mit Krankheitswert vorliegen sollte, wäre eine berufliche Reintegration erforderlich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.04.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, worauf die Klägerin am 13.05.2015 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhob. Sie leide an Fibromyalgie und sei nach Einschätzung ihrer behandelnden Ärzte arbeitsunfähig. Die Untersuchung beim MDK sei unzureichend gewesen.

Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids entgegen.

Das SG befragte behandelnde Ärzte. Dr. W. führte im Bericht vom 31.07.2015 aus, die Klägerin stehe aufgrund des chronifizierten Schmerzsyndroms, das durch die Angst vor einer MS-Erkrankung noch einen zusätzlichen depressionsfördernden Schub erhalte, unter erheblichem emotionalem Druck, der sie in der Bewältigung von Alltagsbeschäftigungen und an der strukturierten Tagesgestaltung hindere und energetisch ausbluten lasse. Mittelfristig (in den nächsten Monaten) solle eine angepasste Wiedereingliederung erfolgen. Ad hoc werde die Klägerin aber nicht vollschichtig arbeiten können. Der Arzt W. gab an, obwohl er die Klägerin selten gesehen habe (2014 und 2015 je zweimal) sei ein depressives Syndrom glaubhaft. Er könne aber nicht sicher ausschließen, dass die Klägerin aggraviere oder simuliere; depressive Beschwerden könnten auch erfunden bzw. vorgetäuscht werden. Er schlage eine stationäre psychosomatische Heilbehandlung vor, von deren Ergebnis die streitige Krankengeldzahlung abhängig gemacht werden solle.

Mit Urteil vom 17.12.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin könne Krankengeld über den 19.01.2015 hinaus nicht beanspruchen; sie sei seit diesem Tag nicht mehr arbeitsunfähig (§ 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V). Das gehe insbesondere aus dem MDK-Gutachten vom 13.01.2015 hervor; Hinweise auf eine Depression seien bei der Untersuchung der Klägerin nicht festgestellt worden. Aus den Berichten behandelnder Ärzte ergebe sich nichts anderes; es blieben vielmehr Zweifel am Vorliegen einer AU begründenden psychischen Erkrankung.

Gegen das ihr am 22.01.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15.02.2016 Berufung eingelegt. Zur Begründung bekräftigt sie ihr bisheriges Vorbringen. Der Arzt W. habe zum Vorliegen von Aggravation oder Simulation nur Vermutungen geäußert. Auch im MDK-Gutachten vom 13.01.2015 sei insoweit nur von einem Verdacht die Rede. Nach den vorliegenden Arztunterlagen sei der Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit ab 19.01.2015 nicht nachvollziehbar, zumal man ihr eine stationäre Heilbehandlung vorgeschlagen habe. Das SG hätte weitere Ermittlungen anstellen und Gutachten erheben müssen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17.12.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.04.2015 zu verurteilen, ihr Krankengeld über den 19.01.2015 hinaus zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Mit Beschluss vom 09.02.2017 (- L 5 KR 568/16 -) hat der Senat einen Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Der Senat hat die Beteiligten außerdem darauf hingewiesen, dass er die Berufung, was vorliegend beabsichtigt sei, gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Sie haben sich in der Sache nicht mehr geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

II. Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört. Sie haben sich in der Sache nicht mehr geäußert.

Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144, 151 SGG (auch im Hinblick auf den Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von 750 EUR) statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und ergänzend auf die Gründe des im Prozesskostenhilfeverfahren ergangenen Senatsbeschlusses vom 09.02.2017 (a.a.O.) Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Wesentlich Neues hat die Klägerin zur Begründung ihrer Berufung nicht vorgetragen und sich auf den Senatsbeschluss vom 09.02.2017 (a.a.O.) nicht mehr geäußert. Der Senat hält nach erneuter Überprüfung an seiner Einschätzung in dem genannten Senatsbeschluss fest. AU über den 19.01.2015 hinaus ist nicht festgestellt; das geht aus dem MDK-Gutachten vom 13.01.2015 (bestätigt durch das MDK-Gutachten vom 06.03.2015) schlüssig und überzeugend hervor. Angesichts der vorliegenden Arztberichte und MDK-Gutachten drängen sich dem Senat weitere Ermittlungen, insbesondere weitere Begutachtungen nicht auf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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