Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 23 R 1178/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 1102/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Rückwirkende Neufeststellung von Altersrente
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neuberechnung und Nachzahlung seiner Rente über den Vier-Jahres-Zeitraum des § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X hinaus. Die Nachzahlung nicht erbrachter Sozialleistungen ist beschränkt auf einen Zeitraum von vier Jahren vor der Rücknahme. Auch der geltend gemachte sozialrechtliche Herstellungsanspruch würde – das Vorliegen seiner Voraussetzungen unterstellt – zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn die Vorschrift des § 44 SGB X geht als gesetzliche Sonderregelung dem Rechtsinstitut des Herstellungsanspruchs vor, wenn das behördliche Fehlverhalten zugleich von § 44 SGB X erfasst ist. Die Anwendung von § 44 Abs. 4 SGB X ist vorliegend schließlich nicht durch die spezialgesetzliche Regelung in § 307b Abs. 2 Satz 4 SGB VI ausgeschlossen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neuberechnung und Nachzahlung seiner Rente über den Vier-Jahres-Zeitraum des § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X hinaus. Die Nachzahlung nicht erbrachter Sozialleistungen ist beschränkt auf einen Zeitraum von vier Jahren vor der Rücknahme. Auch der geltend gemachte sozialrechtliche Herstellungsanspruch würde – das Vorliegen seiner Voraussetzungen unterstellt – zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn die Vorschrift des § 44 SGB X geht als gesetzliche Sonderregelung dem Rechtsinstitut des Herstellungsanspruchs vor, wenn das behördliche Fehlverhalten zugleich von § 44 SGB X erfasst ist. Die Anwendung von § 44 Abs. 4 SGB X ist vorliegend schließlich nicht durch die spezialgesetzliche Regelung in § 307b Abs. 2 Satz 4 SGB VI ausgeschlossen.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 23. November 2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die rückwirkende Neufeststellung seiner Altersrente und die Auszahlung sich hieraus ergebender Nachzahlungen für den Zeitraum vor Januar 2007.
Der 1920 geborene Kläger bezieht seit August 1985 Altersrente und bezog ab demselben Monat eine Zusatzversorgung für Ärzte und Zahnärzte mit eigener Praxis (vgl. Renten- und Versorgungsbescheid vom 19. Juli bzw. 5. November 1985 Bl. 38 ff. Verwaltungsakte [VA]). Ab Juli 1991 betrug der Gesamtauszahlbetrag bestehend aus Altersrente und Zusatzversorgung 1.500 DM (vgl. Bl. 43 Rs. VA). Mit Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 2. Dezember 1991 über die Umwertung und Anpassung der Rente aufgrund des ab Januar 1992 geltenden neuen Rentenrechts (Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]) wurden die bis dahin gezahlte Rente und die Leistung aus der Zusatzversorgung durch eine einheitliche Leistung in Höhe von 1.602,60 DM ersetzt, wobei die Summe der Beträge (1.500 DM) gemäß § 307b Abs. 3 Satz 2 SGB VI in der Fassung des RÜG vom 27. Juli 1991 (BGBl. I S. 1606) um 6,84% auf 1.602,60 DM erhöht und abzüglich des Krankenversicherungsbeitrages von 102,56 DM in Höhe von 1.500,04 DM zur Auszahlung gebracht wurde.
Am 28. November 1996 stellte der Kläger einen Antrag auf Neuberechnung der Bestandsrente nach § 307b Abs. 1 SGB VI in der der Fassung des AAÜG-ÄndG vom 11. November 1996 (BGBl. I S. 1674) (Bl. 17 VA). Daraufhin wurde die Regelaltersrente mit Rentenbescheid vom 4. Februar 1997 (Bl. 63 ff. VA) gemäß § 307b Abs. 1 SGB VI (in der Fassung des AAÜG-ÄndG) beginnend am 1. Juli 1990 neu festgestellt, wobei die von der Beklagten auf der Grundlage der im Bescheid angegebenen 34,4337 Entgeltpunkte errechnete Rente niedriger war als die vom Kläger bezogene (erhöhte Summe aus Rente und Zusatzversorgung) Rente (vgl. Anlage 1 zum Rentenbescheid Bl. 66 ff. VA) mit der Folge, dass der Zahlbetrag der bisherigen Rente aufgrund des Zahlbetragsschutzes nach § 307b Abs. 3 Satz 1 SGB VI weitergewährt wurde. Ein Feststellungsbescheid des Zusatzversorgungsträgers lag zu diesem Zeitpunkt nicht vor. Mit Rentenbescheiden vom 14. Dezember 1998 und 13. März 2007 wurde die Regelaltersrente ab 1. Oktober 1998 bzw. ab 1. Oktober 2006 aufgrund bewilligter und wieder entfallener Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung neu berechnet (Bl. 103 ff. und 154 ff. VA).
Mit Schreiben vom 27. Januar 2008 (Eingang bei der Beklagten am 29. Januar 2008) stellte der Kläger einen Antrag auf Überprüfung seiner Einstufung in die entsprechende Leistungsgruppe, weil ihm die Altersrente zu niedrig erscheine (Bl. 183 VA). Dieser wurde mit Bescheid vom 5. Februar 2008 zurückgewiesen (Bl. 186 VA). Auf Antrag des Klägers vom 19. Oktober 2011 erließ der Zusatzversorgungsträger einen Feststellungsbescheid vom 23. November 2011 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 30. Januar 2012 (Bl. 226 VA und Bl. 21 Gerichtsakte [GA]), mit dem er den Zeitraum 1. Januar 1952 bis 31. Juli 1985 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Ärzte und Zahnärzte in eigener Praxis mit entsprechenden Arbeitsentgelten feststellte. Auf Grundlage dieser Feststellungsbescheide stellte die Beklagte die Regelaltersrente des Klägers mit Bescheiden vom 8. Dezember 2011 (Bl. 295 VA) und 20. Februar 2012 (Bl. 270 VA) neu fest. Für die Zeit ab Februar 2012 wurde die monatliche Rente auf 1.888,56 EUR festgesetzt und für den Zeitraum 1. Januar 2007 bis 31. Januar 2012 ein Nachzahlungsbetrag von 69.260,82 EUR errechnet (Bl. 295 VA). Gleichzeitig nahm sie den Bescheid vom 4. Februar 1997 hinsichtlich der Rentenhöhe ab dem 1. Juli 1990 nach § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurück (Bl. 297 VA). Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit dem Begehren, hinsichtlich der Vier-Jahres-Frist nicht auf den Überprüfungsantrag von 2011, sondern vom 27. Januar 2008 abzustellen. Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2012 zurück. Der Umstand, dass die mit Bescheiden vom 8. Dezember 2011 und 20. Februar 2012 neu festgestellte Rente erst am 1. Januar 2007 beginne, beruhe auf § 44 Abs. 4 SGB X. Die Neufeststellung gehe auf den Antrag vom 24. Oktober 2011 zurück, weshalb sich der Vier-Jahres-Zeitraum auf den 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2010 erstrecke. Diese Ausschlussfrist gelte selbst dann, wenn den Rentenversicherungsträger ein Verschulden treffe. Der den Überprüfungsantrag vom 27. Januar 2008 (Eingang am 29. Januar 2008) ablehnende Bescheid vom 5. Februar 2008 sei bestandskräftig geworden.
Mit seiner am 16. August 2012 vor dem Sozialgericht Chemnitz erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Ihm stehe ein Anspruch auf Neuberechnung nach § 307b Abs. 1 SGB VI ab dem 1. Januar 1992 zu. Im Fall des Klägers sei die Vorschrift bis heute nicht angewandt worden. Ihre Voraussetzungen würden vorliegen, weil ein Anspruch auf eine nach dem AAÜG überführte Rente bestehe. Hätte er sofort nach dem 3. Oktober 1990 bei der Beklagten eine entsprechende Feststellung erwirkt, wäre sein Anspruch auch festgestellt worden. Die Neuberechnung sei nicht nach § 300 Abs. 5 SGB VI ausgeschlossen. Soweit der frühere Überprüfungsantrag des Klägers mit Bescheid vom 5. Februar 2008 rechtswidrig abgelehnt wurde, sei die Beklagte zu dessen Aufhebung mit der Folge verpflichtet, über ihn neu zu entscheiden. Der Nachzahlungszeitraum beginne danach am 1. Januar 2004. Die Beklagte habe es zudem pflichtwidrig unterlassen, den Überprüfungsantrag vom 27. Januar 2008 an den Zusatzversorgungsträger weiterzuleiten.
Die Beklagte hat während des Klageverfahrens eine Vergleichsberechnung nach § 307b Abs. 3 SGB VI auf der Grundlage des Datenbestandes des am 4. Februar 1997 erteilten Bescheides für die Zeit 1. Mai 1999 bis 31. Dezember 2006 vorgenommen und die Rente mit Bescheid vom 17. Januar 2013 für diesen Zeitraum neu festgestellt. Die Neuberechnung führe zu keiner Änderung des Zahlbetrages, weil der am 31. Dezember 1991 zustehende Betrag beide ermittelte Rentenbeträge übersteige (Bl. 29 ff. GA).
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23. November 2015 abgewiesen. Sozialleistungen könnten längstens für vier Jahre rückwirkend erbracht werden. Auf den Überprüfungsantrag vom 27. Januar 2008 könne nicht abgestellt werden, weil dessen Ablehnung bestandskräftig sei. Die Anwendung der Frist sei auch nicht nach § 307b Abs. 2 Satz 4 SGB VI ausgeschlossen. Es könne dahinstehen, ob die Beklagte zutreffend § 44 SGB X angewandt habe oder ein Fall von § 48 Abs. 1 SGB X vorliege, wobei die nachträgliche wesentliche Änderung in den Feststellungsbescheiden des Zusatzversorgungsträgers liegen könne. Eine günstigere Rechtsfolge würde sich hieraus nicht ergeben. Eine Verletzung der Beratungspflicht nach § 115 Abs. 6 SGB VI, die der Kläger geltend mache, führe zu keiner Änderung des Nachzahlungszeitraumes. § 44 Abs. 4 SGB X sei beim sozialrechtlichen Herstellungsanspruch entsprechend anzuwenden. Zudem sei allein der Zusatzversorgungsträger für die Feststellung nach dem AAÜG zuständig. Der Rentenversicherungsträger dürfe die Rente erst dann (neu) feststellen, wenn ein bestandskräftiger Feststellungsbescheid vorliege. Hätte die Beklagte das Schreiben vom 27. Januar 2008 unverzüglich an den Zusatzversorgungsträger weitergeleitet, wäre frühestens 2008 ein Feststellungsbescheid ergangen und eine nachträgliche Änderung im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X eingetreten. Eine Nachzahlung für die Zeit vor 2007 würde sich nicht ergeben. Der Bescheid vom 17. Januar 2013 sei nicht zu beanstanden.
Gegen den am 27. November 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 9. Dezember 2015 Berufung eingelegt. Er wiederholt im Wesentlichen seine Ausführungen aus der ersten Instanz und ist der Ansicht, die Beklagte habe ihm bis 2011 schätzungsweise 300.000 EUR zu wenig Rente ausbezahlt. Für den Zeitraum Januar 2004 bis Dezember 2006 stehe ihm eine Nachzahlung in Höhe von 42.074,52 EUR zu.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 23. November 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung der Rentenbescheide vom 8. Dezember 2011 und 20. Februar 2012 zu verpflichten, die Altersrente entsprechend den Feststellungen des Zusatzversorgungsträgers auch für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2007 neu zu berechnen und den sich daraus ergebenden Nachzahlungsbetrag auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die erstmalige Neufeststellung der Rentenleistung unter Zugrundelegung des individuellen Versicherungsverlaufs des Klägers nach § 307b SGB VI (in der damals geltenden Fassung) sei mit Rentenbescheid vom 4. Februar 1997 erfolgt. Dieser sei bindend geworden. Erweise sich ein solcher bindender Bescheid im Nachhinein als rechtswidrig belastend im Sinne von § 44 SGB X, müsse die Rente von Beginn an, frühestens ab 1. Juli 1990 neu festgestellt werden. Nach § 307b Abs. 2 Satz 4 SGB VI sei § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X (nur dann) nicht anzuwenden, wenn das Überprüfungsverfahren innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Jahres der erstmaligen Erteilung eines Rentenbescheides nach Absatz 1 anhängig geworden sei. Das Überprüfungsverfahren sei durch die am 24. Oktober 2011 bei dem Zusatzversorgungsträger erfolgte Antragstellung in Gang gesetzt worden, weshalb der Vier-Jahreszeitraum ausgehend vom Erstbescheid nach § 307b SGB VI vom 4. Februar 1997 bereits abgelaufen sei.
Dem Gericht lagen die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakte beider Rechtszüge vor, worauf zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23. November 2015 zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 8. Dezember 2011 und 20. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2012 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neuberechnung und Nachzahlung seiner Rente über den Vier-Jahres-Zeitraum des § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X hinaus (für einen Zeitraum vor dem 1. Januar 2007).
Ein über die für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2007 gewährte Nachzahlung in Höhe von 69.260,82 EUR hinausgehender Nachzahlungsanspruch ergibt sich nicht aus § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X.
a) Die Voraussetzungen von § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X liegen vor. Danach werden, ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile des SGB VI längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht.
Vorliegend wurde der Rentenbescheides vom 4. Februar 1997 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 1. Juli 1990 und damit für die Vergangenheit nach § 44 Abs. 1 SGB X aufgehoben. Danach ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ein Verwaltungsakt auch nachdem er unanfechtbar geworden ist mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Auch diese Voraussetzungen liegen vor. Der aufgehobene Rentenbescheid vom 4. Februar 1997 war hinsichtlich seiner Höhe rechtswidrig, weil die im Rahmen der Altersversorgung der Ärzte und Zahnärzte in eigener Praxis erzielten Arbeitsentgelte unberücksichtigt geblieben sind. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts liegt auch kein Fall von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X vor - was im Übrigen aufgrund der Verweisung in § 48 Abs. 4 Satz 1 auf § 44 Abs. 4 SGB X zu keinem anderen Ergebnis führen würde -, weil keine nachträgliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, sondern der Bescheid vom 4. Februar 1997 von Anfang an rechtswidrig war.
Die Nachzahlung nicht erbrachter Sozialleistungen ist allerdings beschränkt auf einen Zeitraum von vier Jahren vor der Rücknahme, wobei der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet wird, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird bzw. – wenn die Rücknahme auf Antrag erfolgt – anstelle der Rücknahme der Antrag tritt, § 44 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB X. Hier hat die Beklagte zutreffend auf den im November 2011 (bei dem Zusatzversorgungsträger) gestellten Antrag des Klägers abgestellt, weshalb der Zeitraum, für den Nachzahlungen erbracht werden können, am 1. Januar 2007 beginnt.
b) Auf den am 29. Januar 2008 bei der Beklagten eingegangenen Überprüfungsantrag des Klägers kann hingegen nicht abgestellt werden, weil es für einen Nachzahlungsanspruch bereits an der Rücknahme des Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit im Sinne von § 44 Abs. 1 SGB X als Voraussetzung der Nachzahlung nach Abs. 4 fehlt.
Denn auf den Überprüfungsantrag vom 29. Januar 2008 wurde der Rentenbescheid vom 4. Februar 1997 gerade nicht aufgehoben oder abgeändert. Eine Änderung wurde vielmehr mit Bescheid vom 5. Februar 2008, der mangels Rechtsmittel bestandskräftig nach § 77 SGG geworden ist, abgelehnt.
Auf eine etwaige Rechtswidrigkeit der Ablehnung des Überprüfungsantrages kommt es hierbei nicht an, weil § 44 Abs. 4 SGB X seine Zurücknahme voraussetzt. Insbesondere kann die Rückwirkung nach § 44 Abs. 4 SGB X nicht an einen früheren Antrag als an jenen anknüpfen, der in der Tat zum Rücknahmebescheid nach § 44 Abs. 1 (bzw. Abs. 2) SGB X geführt hat (ebenso bereits BSG, Urteil vom 6. März 1991 – 9b RAr 7/90, BSGE 68, 180, 182). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes, weil § 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X für die Berechnung der Vierjahresfrist auf den Zeitpunkt des Rücknahmebescheides bzw. auf den Zeitpunkt "des" Antrages abstellt; gemeint ist allerding der Antrag, aufgrund dessen der Rücknahmebescheid ergeht (BSG, Urteil vom 15. Dezember 1992 – 10 RKg 11/92 – juris Rn. 19). Hiermit im Einklang stehend bezweckt diese Vorfrist nach der Gesetzesbegründung (zu § 44 Abs. 4 SGB X) generell sicherzustellen, dass nach Zugunstenentscheidungen Leistungen nicht über vier Jahre hinaus rückwirkend gewährt werden (vgl. BR-Drs 170/78 S. 34). Diesem Zweck würde zuwiderlaufen, wenn durch die mehrfache Wiederholung von Zugunstenanträgen die Rückwirkung ausgedehnt werden könnte (BSG, Urteil vom 15. Dezember 1992 – 10 RKg 11/92 – juris Rn. 19)
c) Auch der vom Kläger geltend gemachte sozialrechtliche Herstellungsanspruch würde – das Vorliegen seiner Voraussetzungen unterstellt – zu keinem anderen Ergebnis führen.
Denn die Vorschrift des § 44 SGB X geht als gesetzliche Sonderregelung dem Rechtsinstitut des Herstellungsanspruchs vor, wenn das behördliche Fehlverhalten – wie hier – zugleich durch § 44 SGB X erfasst ist (vgl. Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X 8. Auflage, 2014 § 44 Rn. 33 m.w.N.).
So geht das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Rechtsprechung grdsl. davon aus, dass § 44 Abs. 4 SGB X auf den Herstellungsanspruch entsprechend anwendbar ist (vgl. Urteil vom 26. Juni 2007 – B 4 R 19/07 R –, juris Rn. 31 unter Verweis auf: BSG vom 9.9.1986 - 11a RA 28/85 = BSGE 60, 245 = SozR 1300 § 44 Nr. 24, BSG vom 21.1.1987 - 1 RA 27/86 = SozR 1300 § 44 Nr. 25, BSG vom 28.1.1999 - B 14 EG 6/98 B = SozR 3-1300 § 44 Nr. 25 und BSG vom 14.2.2001 - B 9 V 9/00 R = BSGE 87, 280 = SozR 3-1200 § 14 Nr. 31). Soweit der 4. Senat des BSG § 44 Abs. 4 SGB im Bereich (seiner Zuständigkeit) des Rentenrechts nicht angewendet hat, wenn der Herstellungsanspruch eine Erstfeststellung betraf (vgl. Urteil vom 6. März 2003 – B 4 RA 38/02 R), ergibt sich hieraus schon deshalb keine abweichende Beurteilung, weil der nach § 44 Abs. 1 SGB X ergangene Bescheid vom 8. Dezember 2011, mit dem der Bescheid vom 4. Februar 1997 rückwirkend aufgehoben wurde, keine Erstfeststellung der Rente betrifft. Auf andere Fälle ist die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG von vornherein nicht anwendbar. Denn danach soll der einzelanspruchsvernichtende ("Vier-Jahres-")Einwand aus § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X (lediglich) in allen Erstfeststellungsverfahren nicht gelten. Dem gegenüber sei der Einwand aber dann anwendbar, wenn ein rechtswidrig nicht begünstigender Verwaltungsakt oder ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung rückwirkend für mehr als vier Jahre nach § 44 Abs. 1 oder 2 oder nach § 48 Abs. 1 SGB X aufgehoben worden ist (BSG, Urteil vom 6. März 2003 – B 4 RA 38/02 R –, juris Rn. 61). Dies ist hier der Fall.
d) Die Anwendung von § 44 Abs. 4 SGB X ist schließlich nicht durch die spezialgesetzliche Regelung in § 307b Abs. 2 Satz 4 SGB VI ausgeschlossen. Danach ist § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X nicht anzuwenden, wenn das Überprüfungsverfahren innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Jahres der erstmaligen Erteilung eines Rentenbescheides nach Absatz 1 begonnen hat.
Diese durch das AAÜG-ÄndG vom 11. November 1996 (BGBl. I S. 1674) eingeführte Regelung hat ihren Grund darin, dass auf die endgültige Neuberechnung der - ursprünglich gemäß § 307b Abs. 5 SGB VI (in der Fassung des RÜG) in einem pauschalen und vorläufigen Verfahren berechneten - Renten auf der Grundlage einer individuellen Versicherungsbiographie nach § 307b Abs. 1 SGB VI, die auf Antrag der Berechtigten erfolgte, (erst) ab dem 1. Januar 1994 ein individueller Rechtsanspruch bestand. Obwohl der Gesetzgeber davon ausging, dass ein Großteil der Neuberechnungen bis Ende 1995 abgeschlossen wurde, könne es, so seine Befürchtungen, aufgrund neuer Erkenntnisse zu einer Überprüfung der neu berechneten Rente nach §§ 44, 45 SGB X kommen. In solchen Fällen sollte die bis zur Neuberechnung verstrichene Zeit nicht zum Nachteil des Berechtigten führen (vgl. Begründung in BT-Drs. 13/4587 S. 11). Dies dürfte so zu verstehen sein, dass die Anwendbarkeit des § 44 Abs. 4 SGB X deshalb ausgeschlossen wurde, um zu gewährleisten, dass die auf Antrag des Versicherten frühestens ab 1994 vorzunehmende individuelle Berechnung in vollem Umfang rückwirkend ab 1. Juli 1990 stattfinden kann (so auch Mey in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 307b SGB VI, Rn. 103). Den Berechtigten sollte eine Frist von vier Jahren eingeräumt werden, innerhalb der eine Korrektur des Bescheides im Sinne von § 307b SGB VI ohne die einschränkende Rechtsfolge des § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X erfolgen kann. Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses war § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X lediglich für die rückwirkende Rentenberechnung aufgrund des Bescheides vom 4. Februar 1997 ausgeschlossen. Denn mit diesem Bescheid wurde die vorläufige pauschalierte Berechnung nach § 307b Abs. 5 SGB VI in der Fassung des RÜG auf Antrag des Klägers korrigiert.
Doch auch wenn man die Vorschrift dahin verstehen würde, dass sie auf sich anschließende Überprüfungsverfahren der nach § 307b Abs. 1 SGB VI korrigierten Rentenbescheide anwendbar ist, die die Vier-Jahres-Frist des § 307b Abs. 2 Satz 4 SGB VI vorliegend abgelaufen. Der Bescheid im Sinne von § 307b Abs. 1 SGB VI wurde am 4. Februar 1997 erlassen, seine Aufhebung erfolgte mit Bescheid vom 8. Dezember 2011. Das Überprüfungsverfahren, das zu seiner Aufhebung geführt hat, begann ebenfalls im Jahr 2011, in dem die Vierjahresfrist des § 307b Abs. 2 Satz 4 SGB VI längst überschritten war. Dies würde im Übrigen selbst dann gelten, wenn man auf den Überprüfungsantrag vom 29. Januar 2008 abstellen würde.
2. Ein Zahlungsanspruch für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vor dem 1. Januar 2007 ergibt sich auch nicht aus § 307b Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VI.
a) Es kann dahinstehen, ob der Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2013, mit dem die von § 307b Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 2 SGB VI geforderte Berechnung einer Vergleichsrente – hier für den Zeitraum 1. Mai 1999 bis 31. Dezember 2006 – vorgenommen wurde, ohne dass sich hieraus eine Nachzahlung ergibt, rechtmäßig ergangen ist.
Hieran bestehen im Übrigen Zweifel, weil die Beklagte, wie sie selbst angibt (vgl. Bl. 26 GA), die Vergleichsberechnung auf der Grundlage des Datenbestandes des am 4. Februar 1997 erteilten Bescheides vorgenommen hat. Die Heranziehung dieses Datenbestandes dürfte deshalb fehlerhaft sein, weil der Bescheid vom 4. Februar 1997 hinsichtlich der Rentenhöhe von Anfang an rechtswidrig war und von der Beklagten selbst nach § 44 Abs. 1 SGB X aufgehoben wurde.
Zwar setzt die Ermittlung der Vergleichsrente nach § 307b Abs. 3 Satz 1 HS 1 SGB VI, wonach für den Monatsbetrag der Vergleichsrente die persönlichen Entgeltpunkte (Ost) "aufgrund der vorhandenen Daten des bereits geklärten oder noch zu klärenden Versicherungsverlaufs" zu ermitteln sind, keine neuerliche oder ergänzende Erklärung der Versicherungsbiographie der Berechtigten voraus. Die von der Beklagten aufgestellte Behauptung, diese Legitimation bestehe unabhängig davon, ob die Daten vollständig und zutreffend seien, wird durch nichts unterlegt. Diese Regelung dient allein der Verwaltungsvereinfachung, was nach der Intention des Gesetzgebers zur Beschleunigung des Neufeststellungsverfahrens führen sollte (vgl. Begründung in BT-Drs. 14/5640 S. 17). Der Rückgriff auf einen rechtswidrig zugrunde gelegten und zudem bereits rückwirkend korrigierten Datenbestand dürfte mit dieser Vorschrift allerdings kaum legitimiert sein. Dies gilt umso mehr, als die Daten vorliegend bereits aktualisiert wurden, weshalb keine Notwendigkeit besteht, sie unberücksichtigt zu lassen. Vielmehr hat der der Rentenversicherungsträger sowohl auf die von ihm selbst ermittelten und in Vormerkungsbescheiden festgestellten rentenrechtlichen Zeiten (und die ggf. in diesen erzielten Arbeitsentgelte bzw. Arbeitseinkommen) und (vor allem!) auf die von dem nach § 8 Abs. 4 AAÜG zuständigen Versorgungsträger im Bescheidwege gegenüber den Berechtigten nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG festgestellten und dem Rentenversicherungsträger nach § 8 Abs. 2 AAÜG mitgeteilten "Daten" zurückzugreifen. Zu diesen Daten zählen insbesondere die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem nach dem AAÜG sowie die in diesen Zeiten erzielten Entgelte (vgl. auch Mey in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 307b SGB VI, Rn. 113).
Hieran ist der Rentenversicherungsträger gebunden. Denn nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat der Versorgungsträger als insoweit besonders sachkundige Behörde in einem der Rentenfeststellung vorgelagerten, dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 SGB VI ähnlichen Verfahren einzelne Daten (Tatsachen) in einer Vielzahl von Verwaltungsakten (nämlich jeweils Feststellungen, bezogen auf die konkreten einzelnen Zeiträume, jährlichen Arbeitsentgelte etc.) verbindlich festzustellen, die für die Feststellung der Rangstelle und des Wertes der SGB VI-Rente (oder -Anwartschaften) durch den Rentenversicherungsträger von Bedeutung sein können. Dies sind die Daten über Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, die Höhe des aus der vom Versorgungssystem erfassten Beschäftigung oder Tätigkeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, ob die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze in Betracht kommt (§§ 6 und 7 AAÜG) und in den Fällen des § 8 Abs. 1 Satz 3 AAÜG die Feststellung von Arbeitsausfalltagen (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001 – B 4 RA 6/01 R – juris Rn. 37). Diese Feststellungen hat der zuständige Zusatzversorgungsträger mit Bescheid vom 23. November 2011 in der Fassung des Bescheides vom 30. Januar 2012 getroffen, weshalb die Beklagte hieran nach § 8 Abs. 1 AAÜG gebunden ist und die danach festgestellten Entgelte in die Berechnung der Vergleichsrente nach § 307b Abs. 3 SGB VI einzustellen hat. Dies ergibt sich auch aus der Vorschrift des § 259b Abs. 1 Satz 1 SGB VI, wonach für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem im Sinne des AAÜG bei der Ermittlung der Entgeltpunkte der Verdienst nach dem AAÜG zugrunde gelegt wird.
b) Jedenfalls folgt auch aus einer auf der zutreffenden Datengrundlage (unter Einbeziehung der Feststellungsbescheide des Zusatzversorgungsträgers) vorgenommenen Vergleichsberechnung kein Zahlungsanspruch für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vor dem 1. Januar 2007. Denn selbst wenn sich hieraus rechnerisch für diesen Zeitraum eine höhere Rente ergeben sollte, würde ein (Nachzahlungs-) Anspruch wiederum an § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X scheitern.
Wie dargelegt ist die Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X grundsätzlich auch im Geltungsbereich des § 307b SGB VI anwendbar. Die gesetzlich vorgesehen Ausnahme in § 307b Abs. 2 Satz 4 SGB VI ist nicht anwendbar. Zum einen handelt es sich bei der Vergleichsberechnung nach Absatz 3 nicht um ein Überprüfungsverfahren in diesem Sinne. Zum anderen ist der Vierjahreszeitraum nach Ablauf des Jahres der erstmaligen Erteilung eines Rentenbescheides nach Absatz 1 (hier der Rentenbescheid vom 4. Februar 1997), auch ausgehend vom Datum des Bescheides vom 17. Januar 2013, längst verstrichen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die rückwirkende Neufeststellung seiner Altersrente und die Auszahlung sich hieraus ergebender Nachzahlungen für den Zeitraum vor Januar 2007.
Der 1920 geborene Kläger bezieht seit August 1985 Altersrente und bezog ab demselben Monat eine Zusatzversorgung für Ärzte und Zahnärzte mit eigener Praxis (vgl. Renten- und Versorgungsbescheid vom 19. Juli bzw. 5. November 1985 Bl. 38 ff. Verwaltungsakte [VA]). Ab Juli 1991 betrug der Gesamtauszahlbetrag bestehend aus Altersrente und Zusatzversorgung 1.500 DM (vgl. Bl. 43 Rs. VA). Mit Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 2. Dezember 1991 über die Umwertung und Anpassung der Rente aufgrund des ab Januar 1992 geltenden neuen Rentenrechts (Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]) wurden die bis dahin gezahlte Rente und die Leistung aus der Zusatzversorgung durch eine einheitliche Leistung in Höhe von 1.602,60 DM ersetzt, wobei die Summe der Beträge (1.500 DM) gemäß § 307b Abs. 3 Satz 2 SGB VI in der Fassung des RÜG vom 27. Juli 1991 (BGBl. I S. 1606) um 6,84% auf 1.602,60 DM erhöht und abzüglich des Krankenversicherungsbeitrages von 102,56 DM in Höhe von 1.500,04 DM zur Auszahlung gebracht wurde.
Am 28. November 1996 stellte der Kläger einen Antrag auf Neuberechnung der Bestandsrente nach § 307b Abs. 1 SGB VI in der der Fassung des AAÜG-ÄndG vom 11. November 1996 (BGBl. I S. 1674) (Bl. 17 VA). Daraufhin wurde die Regelaltersrente mit Rentenbescheid vom 4. Februar 1997 (Bl. 63 ff. VA) gemäß § 307b Abs. 1 SGB VI (in der Fassung des AAÜG-ÄndG) beginnend am 1. Juli 1990 neu festgestellt, wobei die von der Beklagten auf der Grundlage der im Bescheid angegebenen 34,4337 Entgeltpunkte errechnete Rente niedriger war als die vom Kläger bezogene (erhöhte Summe aus Rente und Zusatzversorgung) Rente (vgl. Anlage 1 zum Rentenbescheid Bl. 66 ff. VA) mit der Folge, dass der Zahlbetrag der bisherigen Rente aufgrund des Zahlbetragsschutzes nach § 307b Abs. 3 Satz 1 SGB VI weitergewährt wurde. Ein Feststellungsbescheid des Zusatzversorgungsträgers lag zu diesem Zeitpunkt nicht vor. Mit Rentenbescheiden vom 14. Dezember 1998 und 13. März 2007 wurde die Regelaltersrente ab 1. Oktober 1998 bzw. ab 1. Oktober 2006 aufgrund bewilligter und wieder entfallener Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung neu berechnet (Bl. 103 ff. und 154 ff. VA).
Mit Schreiben vom 27. Januar 2008 (Eingang bei der Beklagten am 29. Januar 2008) stellte der Kläger einen Antrag auf Überprüfung seiner Einstufung in die entsprechende Leistungsgruppe, weil ihm die Altersrente zu niedrig erscheine (Bl. 183 VA). Dieser wurde mit Bescheid vom 5. Februar 2008 zurückgewiesen (Bl. 186 VA). Auf Antrag des Klägers vom 19. Oktober 2011 erließ der Zusatzversorgungsträger einen Feststellungsbescheid vom 23. November 2011 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 30. Januar 2012 (Bl. 226 VA und Bl. 21 Gerichtsakte [GA]), mit dem er den Zeitraum 1. Januar 1952 bis 31. Juli 1985 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Ärzte und Zahnärzte in eigener Praxis mit entsprechenden Arbeitsentgelten feststellte. Auf Grundlage dieser Feststellungsbescheide stellte die Beklagte die Regelaltersrente des Klägers mit Bescheiden vom 8. Dezember 2011 (Bl. 295 VA) und 20. Februar 2012 (Bl. 270 VA) neu fest. Für die Zeit ab Februar 2012 wurde die monatliche Rente auf 1.888,56 EUR festgesetzt und für den Zeitraum 1. Januar 2007 bis 31. Januar 2012 ein Nachzahlungsbetrag von 69.260,82 EUR errechnet (Bl. 295 VA). Gleichzeitig nahm sie den Bescheid vom 4. Februar 1997 hinsichtlich der Rentenhöhe ab dem 1. Juli 1990 nach § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurück (Bl. 297 VA). Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit dem Begehren, hinsichtlich der Vier-Jahres-Frist nicht auf den Überprüfungsantrag von 2011, sondern vom 27. Januar 2008 abzustellen. Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2012 zurück. Der Umstand, dass die mit Bescheiden vom 8. Dezember 2011 und 20. Februar 2012 neu festgestellte Rente erst am 1. Januar 2007 beginne, beruhe auf § 44 Abs. 4 SGB X. Die Neufeststellung gehe auf den Antrag vom 24. Oktober 2011 zurück, weshalb sich der Vier-Jahres-Zeitraum auf den 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2010 erstrecke. Diese Ausschlussfrist gelte selbst dann, wenn den Rentenversicherungsträger ein Verschulden treffe. Der den Überprüfungsantrag vom 27. Januar 2008 (Eingang am 29. Januar 2008) ablehnende Bescheid vom 5. Februar 2008 sei bestandskräftig geworden.
Mit seiner am 16. August 2012 vor dem Sozialgericht Chemnitz erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Ihm stehe ein Anspruch auf Neuberechnung nach § 307b Abs. 1 SGB VI ab dem 1. Januar 1992 zu. Im Fall des Klägers sei die Vorschrift bis heute nicht angewandt worden. Ihre Voraussetzungen würden vorliegen, weil ein Anspruch auf eine nach dem AAÜG überführte Rente bestehe. Hätte er sofort nach dem 3. Oktober 1990 bei der Beklagten eine entsprechende Feststellung erwirkt, wäre sein Anspruch auch festgestellt worden. Die Neuberechnung sei nicht nach § 300 Abs. 5 SGB VI ausgeschlossen. Soweit der frühere Überprüfungsantrag des Klägers mit Bescheid vom 5. Februar 2008 rechtswidrig abgelehnt wurde, sei die Beklagte zu dessen Aufhebung mit der Folge verpflichtet, über ihn neu zu entscheiden. Der Nachzahlungszeitraum beginne danach am 1. Januar 2004. Die Beklagte habe es zudem pflichtwidrig unterlassen, den Überprüfungsantrag vom 27. Januar 2008 an den Zusatzversorgungsträger weiterzuleiten.
Die Beklagte hat während des Klageverfahrens eine Vergleichsberechnung nach § 307b Abs. 3 SGB VI auf der Grundlage des Datenbestandes des am 4. Februar 1997 erteilten Bescheides für die Zeit 1. Mai 1999 bis 31. Dezember 2006 vorgenommen und die Rente mit Bescheid vom 17. Januar 2013 für diesen Zeitraum neu festgestellt. Die Neuberechnung führe zu keiner Änderung des Zahlbetrages, weil der am 31. Dezember 1991 zustehende Betrag beide ermittelte Rentenbeträge übersteige (Bl. 29 ff. GA).
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23. November 2015 abgewiesen. Sozialleistungen könnten längstens für vier Jahre rückwirkend erbracht werden. Auf den Überprüfungsantrag vom 27. Januar 2008 könne nicht abgestellt werden, weil dessen Ablehnung bestandskräftig sei. Die Anwendung der Frist sei auch nicht nach § 307b Abs. 2 Satz 4 SGB VI ausgeschlossen. Es könne dahinstehen, ob die Beklagte zutreffend § 44 SGB X angewandt habe oder ein Fall von § 48 Abs. 1 SGB X vorliege, wobei die nachträgliche wesentliche Änderung in den Feststellungsbescheiden des Zusatzversorgungsträgers liegen könne. Eine günstigere Rechtsfolge würde sich hieraus nicht ergeben. Eine Verletzung der Beratungspflicht nach § 115 Abs. 6 SGB VI, die der Kläger geltend mache, führe zu keiner Änderung des Nachzahlungszeitraumes. § 44 Abs. 4 SGB X sei beim sozialrechtlichen Herstellungsanspruch entsprechend anzuwenden. Zudem sei allein der Zusatzversorgungsträger für die Feststellung nach dem AAÜG zuständig. Der Rentenversicherungsträger dürfe die Rente erst dann (neu) feststellen, wenn ein bestandskräftiger Feststellungsbescheid vorliege. Hätte die Beklagte das Schreiben vom 27. Januar 2008 unverzüglich an den Zusatzversorgungsträger weitergeleitet, wäre frühestens 2008 ein Feststellungsbescheid ergangen und eine nachträgliche Änderung im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X eingetreten. Eine Nachzahlung für die Zeit vor 2007 würde sich nicht ergeben. Der Bescheid vom 17. Januar 2013 sei nicht zu beanstanden.
Gegen den am 27. November 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 9. Dezember 2015 Berufung eingelegt. Er wiederholt im Wesentlichen seine Ausführungen aus der ersten Instanz und ist der Ansicht, die Beklagte habe ihm bis 2011 schätzungsweise 300.000 EUR zu wenig Rente ausbezahlt. Für den Zeitraum Januar 2004 bis Dezember 2006 stehe ihm eine Nachzahlung in Höhe von 42.074,52 EUR zu.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 23. November 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung der Rentenbescheide vom 8. Dezember 2011 und 20. Februar 2012 zu verpflichten, die Altersrente entsprechend den Feststellungen des Zusatzversorgungsträgers auch für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2007 neu zu berechnen und den sich daraus ergebenden Nachzahlungsbetrag auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die erstmalige Neufeststellung der Rentenleistung unter Zugrundelegung des individuellen Versicherungsverlaufs des Klägers nach § 307b SGB VI (in der damals geltenden Fassung) sei mit Rentenbescheid vom 4. Februar 1997 erfolgt. Dieser sei bindend geworden. Erweise sich ein solcher bindender Bescheid im Nachhinein als rechtswidrig belastend im Sinne von § 44 SGB X, müsse die Rente von Beginn an, frühestens ab 1. Juli 1990 neu festgestellt werden. Nach § 307b Abs. 2 Satz 4 SGB VI sei § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X (nur dann) nicht anzuwenden, wenn das Überprüfungsverfahren innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Jahres der erstmaligen Erteilung eines Rentenbescheides nach Absatz 1 anhängig geworden sei. Das Überprüfungsverfahren sei durch die am 24. Oktober 2011 bei dem Zusatzversorgungsträger erfolgte Antragstellung in Gang gesetzt worden, weshalb der Vier-Jahreszeitraum ausgehend vom Erstbescheid nach § 307b SGB VI vom 4. Februar 1997 bereits abgelaufen sei.
Dem Gericht lagen die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakte beider Rechtszüge vor, worauf zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23. November 2015 zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 8. Dezember 2011 und 20. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2012 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neuberechnung und Nachzahlung seiner Rente über den Vier-Jahres-Zeitraum des § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X hinaus (für einen Zeitraum vor dem 1. Januar 2007).
Ein über die für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2007 gewährte Nachzahlung in Höhe von 69.260,82 EUR hinausgehender Nachzahlungsanspruch ergibt sich nicht aus § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X.
a) Die Voraussetzungen von § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X liegen vor. Danach werden, ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile des SGB VI längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht.
Vorliegend wurde der Rentenbescheides vom 4. Februar 1997 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 1. Juli 1990 und damit für die Vergangenheit nach § 44 Abs. 1 SGB X aufgehoben. Danach ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ein Verwaltungsakt auch nachdem er unanfechtbar geworden ist mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Auch diese Voraussetzungen liegen vor. Der aufgehobene Rentenbescheid vom 4. Februar 1997 war hinsichtlich seiner Höhe rechtswidrig, weil die im Rahmen der Altersversorgung der Ärzte und Zahnärzte in eigener Praxis erzielten Arbeitsentgelte unberücksichtigt geblieben sind. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts liegt auch kein Fall von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X vor - was im Übrigen aufgrund der Verweisung in § 48 Abs. 4 Satz 1 auf § 44 Abs. 4 SGB X zu keinem anderen Ergebnis führen würde -, weil keine nachträgliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, sondern der Bescheid vom 4. Februar 1997 von Anfang an rechtswidrig war.
Die Nachzahlung nicht erbrachter Sozialleistungen ist allerdings beschränkt auf einen Zeitraum von vier Jahren vor der Rücknahme, wobei der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet wird, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird bzw. – wenn die Rücknahme auf Antrag erfolgt – anstelle der Rücknahme der Antrag tritt, § 44 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB X. Hier hat die Beklagte zutreffend auf den im November 2011 (bei dem Zusatzversorgungsträger) gestellten Antrag des Klägers abgestellt, weshalb der Zeitraum, für den Nachzahlungen erbracht werden können, am 1. Januar 2007 beginnt.
b) Auf den am 29. Januar 2008 bei der Beklagten eingegangenen Überprüfungsantrag des Klägers kann hingegen nicht abgestellt werden, weil es für einen Nachzahlungsanspruch bereits an der Rücknahme des Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit im Sinne von § 44 Abs. 1 SGB X als Voraussetzung der Nachzahlung nach Abs. 4 fehlt.
Denn auf den Überprüfungsantrag vom 29. Januar 2008 wurde der Rentenbescheid vom 4. Februar 1997 gerade nicht aufgehoben oder abgeändert. Eine Änderung wurde vielmehr mit Bescheid vom 5. Februar 2008, der mangels Rechtsmittel bestandskräftig nach § 77 SGG geworden ist, abgelehnt.
Auf eine etwaige Rechtswidrigkeit der Ablehnung des Überprüfungsantrages kommt es hierbei nicht an, weil § 44 Abs. 4 SGB X seine Zurücknahme voraussetzt. Insbesondere kann die Rückwirkung nach § 44 Abs. 4 SGB X nicht an einen früheren Antrag als an jenen anknüpfen, der in der Tat zum Rücknahmebescheid nach § 44 Abs. 1 (bzw. Abs. 2) SGB X geführt hat (ebenso bereits BSG, Urteil vom 6. März 1991 – 9b RAr 7/90, BSGE 68, 180, 182). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes, weil § 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X für die Berechnung der Vierjahresfrist auf den Zeitpunkt des Rücknahmebescheides bzw. auf den Zeitpunkt "des" Antrages abstellt; gemeint ist allerding der Antrag, aufgrund dessen der Rücknahmebescheid ergeht (BSG, Urteil vom 15. Dezember 1992 – 10 RKg 11/92 – juris Rn. 19). Hiermit im Einklang stehend bezweckt diese Vorfrist nach der Gesetzesbegründung (zu § 44 Abs. 4 SGB X) generell sicherzustellen, dass nach Zugunstenentscheidungen Leistungen nicht über vier Jahre hinaus rückwirkend gewährt werden (vgl. BR-Drs 170/78 S. 34). Diesem Zweck würde zuwiderlaufen, wenn durch die mehrfache Wiederholung von Zugunstenanträgen die Rückwirkung ausgedehnt werden könnte (BSG, Urteil vom 15. Dezember 1992 – 10 RKg 11/92 – juris Rn. 19)
c) Auch der vom Kläger geltend gemachte sozialrechtliche Herstellungsanspruch würde – das Vorliegen seiner Voraussetzungen unterstellt – zu keinem anderen Ergebnis führen.
Denn die Vorschrift des § 44 SGB X geht als gesetzliche Sonderregelung dem Rechtsinstitut des Herstellungsanspruchs vor, wenn das behördliche Fehlverhalten – wie hier – zugleich durch § 44 SGB X erfasst ist (vgl. Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X 8. Auflage, 2014 § 44 Rn. 33 m.w.N.).
So geht das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Rechtsprechung grdsl. davon aus, dass § 44 Abs. 4 SGB X auf den Herstellungsanspruch entsprechend anwendbar ist (vgl. Urteil vom 26. Juni 2007 – B 4 R 19/07 R –, juris Rn. 31 unter Verweis auf: BSG vom 9.9.1986 - 11a RA 28/85 = BSGE 60, 245 = SozR 1300 § 44 Nr. 24, BSG vom 21.1.1987 - 1 RA 27/86 = SozR 1300 § 44 Nr. 25, BSG vom 28.1.1999 - B 14 EG 6/98 B = SozR 3-1300 § 44 Nr. 25 und BSG vom 14.2.2001 - B 9 V 9/00 R = BSGE 87, 280 = SozR 3-1200 § 14 Nr. 31). Soweit der 4. Senat des BSG § 44 Abs. 4 SGB im Bereich (seiner Zuständigkeit) des Rentenrechts nicht angewendet hat, wenn der Herstellungsanspruch eine Erstfeststellung betraf (vgl. Urteil vom 6. März 2003 – B 4 RA 38/02 R), ergibt sich hieraus schon deshalb keine abweichende Beurteilung, weil der nach § 44 Abs. 1 SGB X ergangene Bescheid vom 8. Dezember 2011, mit dem der Bescheid vom 4. Februar 1997 rückwirkend aufgehoben wurde, keine Erstfeststellung der Rente betrifft. Auf andere Fälle ist die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG von vornherein nicht anwendbar. Denn danach soll der einzelanspruchsvernichtende ("Vier-Jahres-")Einwand aus § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X (lediglich) in allen Erstfeststellungsverfahren nicht gelten. Dem gegenüber sei der Einwand aber dann anwendbar, wenn ein rechtswidrig nicht begünstigender Verwaltungsakt oder ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung rückwirkend für mehr als vier Jahre nach § 44 Abs. 1 oder 2 oder nach § 48 Abs. 1 SGB X aufgehoben worden ist (BSG, Urteil vom 6. März 2003 – B 4 RA 38/02 R –, juris Rn. 61). Dies ist hier der Fall.
d) Die Anwendung von § 44 Abs. 4 SGB X ist schließlich nicht durch die spezialgesetzliche Regelung in § 307b Abs. 2 Satz 4 SGB VI ausgeschlossen. Danach ist § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X nicht anzuwenden, wenn das Überprüfungsverfahren innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Jahres der erstmaligen Erteilung eines Rentenbescheides nach Absatz 1 begonnen hat.
Diese durch das AAÜG-ÄndG vom 11. November 1996 (BGBl. I S. 1674) eingeführte Regelung hat ihren Grund darin, dass auf die endgültige Neuberechnung der - ursprünglich gemäß § 307b Abs. 5 SGB VI (in der Fassung des RÜG) in einem pauschalen und vorläufigen Verfahren berechneten - Renten auf der Grundlage einer individuellen Versicherungsbiographie nach § 307b Abs. 1 SGB VI, die auf Antrag der Berechtigten erfolgte, (erst) ab dem 1. Januar 1994 ein individueller Rechtsanspruch bestand. Obwohl der Gesetzgeber davon ausging, dass ein Großteil der Neuberechnungen bis Ende 1995 abgeschlossen wurde, könne es, so seine Befürchtungen, aufgrund neuer Erkenntnisse zu einer Überprüfung der neu berechneten Rente nach §§ 44, 45 SGB X kommen. In solchen Fällen sollte die bis zur Neuberechnung verstrichene Zeit nicht zum Nachteil des Berechtigten führen (vgl. Begründung in BT-Drs. 13/4587 S. 11). Dies dürfte so zu verstehen sein, dass die Anwendbarkeit des § 44 Abs. 4 SGB X deshalb ausgeschlossen wurde, um zu gewährleisten, dass die auf Antrag des Versicherten frühestens ab 1994 vorzunehmende individuelle Berechnung in vollem Umfang rückwirkend ab 1. Juli 1990 stattfinden kann (so auch Mey in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 307b SGB VI, Rn. 103). Den Berechtigten sollte eine Frist von vier Jahren eingeräumt werden, innerhalb der eine Korrektur des Bescheides im Sinne von § 307b SGB VI ohne die einschränkende Rechtsfolge des § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X erfolgen kann. Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses war § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X lediglich für die rückwirkende Rentenberechnung aufgrund des Bescheides vom 4. Februar 1997 ausgeschlossen. Denn mit diesem Bescheid wurde die vorläufige pauschalierte Berechnung nach § 307b Abs. 5 SGB VI in der Fassung des RÜG auf Antrag des Klägers korrigiert.
Doch auch wenn man die Vorschrift dahin verstehen würde, dass sie auf sich anschließende Überprüfungsverfahren der nach § 307b Abs. 1 SGB VI korrigierten Rentenbescheide anwendbar ist, die die Vier-Jahres-Frist des § 307b Abs. 2 Satz 4 SGB VI vorliegend abgelaufen. Der Bescheid im Sinne von § 307b Abs. 1 SGB VI wurde am 4. Februar 1997 erlassen, seine Aufhebung erfolgte mit Bescheid vom 8. Dezember 2011. Das Überprüfungsverfahren, das zu seiner Aufhebung geführt hat, begann ebenfalls im Jahr 2011, in dem die Vierjahresfrist des § 307b Abs. 2 Satz 4 SGB VI längst überschritten war. Dies würde im Übrigen selbst dann gelten, wenn man auf den Überprüfungsantrag vom 29. Januar 2008 abstellen würde.
2. Ein Zahlungsanspruch für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vor dem 1. Januar 2007 ergibt sich auch nicht aus § 307b Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VI.
a) Es kann dahinstehen, ob der Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2013, mit dem die von § 307b Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 2 SGB VI geforderte Berechnung einer Vergleichsrente – hier für den Zeitraum 1. Mai 1999 bis 31. Dezember 2006 – vorgenommen wurde, ohne dass sich hieraus eine Nachzahlung ergibt, rechtmäßig ergangen ist.
Hieran bestehen im Übrigen Zweifel, weil die Beklagte, wie sie selbst angibt (vgl. Bl. 26 GA), die Vergleichsberechnung auf der Grundlage des Datenbestandes des am 4. Februar 1997 erteilten Bescheides vorgenommen hat. Die Heranziehung dieses Datenbestandes dürfte deshalb fehlerhaft sein, weil der Bescheid vom 4. Februar 1997 hinsichtlich der Rentenhöhe von Anfang an rechtswidrig war und von der Beklagten selbst nach § 44 Abs. 1 SGB X aufgehoben wurde.
Zwar setzt die Ermittlung der Vergleichsrente nach § 307b Abs. 3 Satz 1 HS 1 SGB VI, wonach für den Monatsbetrag der Vergleichsrente die persönlichen Entgeltpunkte (Ost) "aufgrund der vorhandenen Daten des bereits geklärten oder noch zu klärenden Versicherungsverlaufs" zu ermitteln sind, keine neuerliche oder ergänzende Erklärung der Versicherungsbiographie der Berechtigten voraus. Die von der Beklagten aufgestellte Behauptung, diese Legitimation bestehe unabhängig davon, ob die Daten vollständig und zutreffend seien, wird durch nichts unterlegt. Diese Regelung dient allein der Verwaltungsvereinfachung, was nach der Intention des Gesetzgebers zur Beschleunigung des Neufeststellungsverfahrens führen sollte (vgl. Begründung in BT-Drs. 14/5640 S. 17). Der Rückgriff auf einen rechtswidrig zugrunde gelegten und zudem bereits rückwirkend korrigierten Datenbestand dürfte mit dieser Vorschrift allerdings kaum legitimiert sein. Dies gilt umso mehr, als die Daten vorliegend bereits aktualisiert wurden, weshalb keine Notwendigkeit besteht, sie unberücksichtigt zu lassen. Vielmehr hat der der Rentenversicherungsträger sowohl auf die von ihm selbst ermittelten und in Vormerkungsbescheiden festgestellten rentenrechtlichen Zeiten (und die ggf. in diesen erzielten Arbeitsentgelte bzw. Arbeitseinkommen) und (vor allem!) auf die von dem nach § 8 Abs. 4 AAÜG zuständigen Versorgungsträger im Bescheidwege gegenüber den Berechtigten nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG festgestellten und dem Rentenversicherungsträger nach § 8 Abs. 2 AAÜG mitgeteilten "Daten" zurückzugreifen. Zu diesen Daten zählen insbesondere die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem nach dem AAÜG sowie die in diesen Zeiten erzielten Entgelte (vgl. auch Mey in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 307b SGB VI, Rn. 113).
Hieran ist der Rentenversicherungsträger gebunden. Denn nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat der Versorgungsträger als insoweit besonders sachkundige Behörde in einem der Rentenfeststellung vorgelagerten, dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 SGB VI ähnlichen Verfahren einzelne Daten (Tatsachen) in einer Vielzahl von Verwaltungsakten (nämlich jeweils Feststellungen, bezogen auf die konkreten einzelnen Zeiträume, jährlichen Arbeitsentgelte etc.) verbindlich festzustellen, die für die Feststellung der Rangstelle und des Wertes der SGB VI-Rente (oder -Anwartschaften) durch den Rentenversicherungsträger von Bedeutung sein können. Dies sind die Daten über Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, die Höhe des aus der vom Versorgungssystem erfassten Beschäftigung oder Tätigkeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, ob die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze in Betracht kommt (§§ 6 und 7 AAÜG) und in den Fällen des § 8 Abs. 1 Satz 3 AAÜG die Feststellung von Arbeitsausfalltagen (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001 – B 4 RA 6/01 R – juris Rn. 37). Diese Feststellungen hat der zuständige Zusatzversorgungsträger mit Bescheid vom 23. November 2011 in der Fassung des Bescheides vom 30. Januar 2012 getroffen, weshalb die Beklagte hieran nach § 8 Abs. 1 AAÜG gebunden ist und die danach festgestellten Entgelte in die Berechnung der Vergleichsrente nach § 307b Abs. 3 SGB VI einzustellen hat. Dies ergibt sich auch aus der Vorschrift des § 259b Abs. 1 Satz 1 SGB VI, wonach für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem im Sinne des AAÜG bei der Ermittlung der Entgeltpunkte der Verdienst nach dem AAÜG zugrunde gelegt wird.
b) Jedenfalls folgt auch aus einer auf der zutreffenden Datengrundlage (unter Einbeziehung der Feststellungsbescheide des Zusatzversorgungsträgers) vorgenommenen Vergleichsberechnung kein Zahlungsanspruch für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vor dem 1. Januar 2007. Denn selbst wenn sich hieraus rechnerisch für diesen Zeitraum eine höhere Rente ergeben sollte, würde ein (Nachzahlungs-) Anspruch wiederum an § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X scheitern.
Wie dargelegt ist die Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X grundsätzlich auch im Geltungsbereich des § 307b SGB VI anwendbar. Die gesetzlich vorgesehen Ausnahme in § 307b Abs. 2 Satz 4 SGB VI ist nicht anwendbar. Zum einen handelt es sich bei der Vergleichsberechnung nach Absatz 3 nicht um ein Überprüfungsverfahren in diesem Sinne. Zum anderen ist der Vierjahreszeitraum nach Ablauf des Jahres der erstmaligen Erteilung eines Rentenbescheides nach Absatz 1 (hier der Rentenbescheid vom 4. Februar 1997), auch ausgehend vom Datum des Bescheides vom 17. Januar 2013, längst verstrichen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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FSS
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