S 32 AL 216/14

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
32
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 32 AL 216/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Berufsausbildungsbeihilfe ist bei besonderer Dienlichkeit auch für eine Ausbildung im europäischen Ausland zu gewähren.

2. Eine Ausbildung im Bereich Gastronomie und Hotelgewerbe im Ausland ist regelmäßig besonders dienlich (Anschluss an SG Stade, Urteil vom 28.07.2009, Az.: S 6 AL 196/06).

3. Der Begriff der besonderen Dienlichkeit ist vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Intention weit auszulegen.

4. Sonstige Aufwendungen nach § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB III können in der Einschreibe- und Prüfungsgebühr zu sehen sein (Anschluss an LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.12.2010, Az.: L 18 AL 336/09).
1. Der Bescheid vom 22.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.08.2014 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger dem Grunde nach Berufsausbildungsbeihilfe in der Form von Bedarf für den Lebensunterhalt vom November 2013 bis einschließlich März 2016, Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Berufsschule für die Zeiträume vom 31.03.2014 bis 16.05.2014, 03.11.2014 bis 05.12.2014 und 22.02.2016 bis 31.03.2016 sowie Kosten für eine Hin- und Rückreise je Ausbildungsjahr sowie sonstige Aufwendungen zu gewähren.

3. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Gewährung der Einschreibe- und Prüfungsgebühr unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

4. Die Beklagte hat dem Kläger 95,41 % seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe für eine Ausbildung in Portugal.

Der im Jahre 1996 geborene Kläger nahm zum 01.10.2013 eine Ausbildung zum Hotelfachmann bei der Deutsch-C. Industrie- und Handelskammer in C-Stadt in Portugal auf. Nach dem Berufsausbildungsvertrag musste der Kläger einen monatlichen Beitrag i. H. v. 75,-EUR zahlen. Zusätzlich verpflichtete er sich zur Zahlung einer Einschreibegebühr i. H. v. 360,-EUR sowie einer Gebühr für die Zulassung zur Abschlussprüfung i. H. v. 280,-EUR. Die Ausbildung dauerte 30 Monate; der Kläger schloss diese zum 31.03.2016 ab. Einkommen, insbesondere aus einer Ausbildungsvergütung, erzielte der Kläger während der Ausbildung nicht.

Er stellte am 07.11.2013 mündlich einen Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe.

In den ersten 2 ½ Monaten nahm er am Unterricht der Berufsschule in C-Stadt auf; in der Zeit vom 17.10.2013 bis 31.12.2013 mietete er eine nahgelegene Wohnung in C-Stadt an. Die Miete betrug 200,-EUR monatlich zuzüglich 33,-EUR Nebenkosten; Mietzahlungen sind i. H. v. 600,-EUR insgesamt durch Kontoauszüge nachgewiesen. Im Anschluss mietete der Kläger eine Ferienwohnung zu einer Miete i. H. v. 500,-EUR einschließlich Nebenkosten. Die theoretische Ausbildung erfolgte im Blockunterricht und wechselte sich mit Zeiträumen der praktischen Ausbildung ab.

Ausweislich einer Bestätigung der Deutsch-C. Industrie- und Handelskammer vom 23.01.2014 wird die praktische Ausbildung in einem Hotel der Algarve durchgeführt; die theoretische Ausbildung findet in Form von Blockunterricht im Centro Dual statt. Die Ausbildung werde auf der Grundlage der in Deutschland geltenden Verordnung über die Berufsausbildung Gastgewerbe durchgeführt. Die Koordinatorin Ausbildung der Deutsch-C. Industrie- und Handelskammer bestätigte die Gleichwertigkeit der Berufsausbildung zum Hotelfachmann mit einer entsprechenden betrieblichen Inlandsausbildung mit Schreiben vom 23.01.2014. Das Berufsbild des Hotelfachmann entspricht den §§ 4, 6 BBiG.

Der Kläger reichte mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 27.01.2014 den Formularantrag auf Berufsausbildungsbeihilfe nebst Anlagen bei der Beklagten ein. Dem Kläger entstanden Kosten für Flüge von Portugal nach Deutschland und zurück, die zu dem Zweck des Besuches seiner Familie erfolgten. Nachweise für bereits gebuchte Flüge reichte er ein. Ihm entstanden danach Kosten i. H. v. 308,04 EUR für die Flüge im Oktober 2013 für ihn und einen Erwachsenen. Kosten für einen durchgeführten Besuch seiner Eltern und seiner Schwester im Januar 2014 fielen i. H. v. 336,54 EUR sowie für gebuchte Flüge im April 2014 i. H. v. 467,94 EUR an. Im Mai 2014 entstanden dem Kläger Kosten für gebuchte Hin- und Rückflüge nach Deutschland zwecks Besuch seiner Familie i. H. v. 110,98 EUR. Zudem entstanden ihm Fahrtkosten für tägliche Pendlerfahrten zur Berufsschule in C-Stadt.

Der Vater des Klägers war vier weiteren Kindern zum Unterhalt verpflichtet, die sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Ausbildung bzw. Schulausbildung befanden. Er war als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht selbstständig tätig. Ausweislich des Steuerbescheides für das Jahr 2011 erzielte er ein Einkommen i. H. v. 25.789,-EUR, während seine Ehefrau ein Einkommen i. H. v. -9.181,-EUR erzielte.

Die Beklagte holte eine fachliche Stellungnahme der zuständigen Arbeitsvermittlerin ein; diese bestätigte am 16.04.2014, dass keine schwerwiegenden sozialen Gründe vorliegen. Zu diesem Zweck führte sie am 14.04.2014 ein Gespräch mit der Mutter des Klägers über Beweggründe für die aufgenommene Auslandsausbildung, die Ausbildungsinhalte und die damit verbundene Gleichwertigkeitsbescheinigung.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 22.05.2014 den Antrag des Klägers ab, da die persönlichen Voraussetzungen des § 60 SGB III nicht erfüllt seien. Zudem könne der Kläger, der außerhalb der Wohnung der Eltern untergebracht sei, die Ausbildungsstätte von der Wohnung der Eltern in angemessener Zeit erreichen.

Der Kläger erhob mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 13.06.2014 Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid. Er war der Ansicht, dass ihm nicht zumutbar sei, täglich die Distanz zwischen seinem Elternhaus und seinem Ausbildungs- und Arbeitsplatz in Portugal (ungefähr 2.000 km) zu überwinden.

Die Beklagte forderte von dem Kläger, der zuständigen Arbeitsvermittlerin sowie der Industrie- und Handelskammer weitere Nachweise an.

Die zuständige Arbeitsvermittlerin nahm mit Schreiben vom 25.06.2014 zu der besonderen Dienlichkeit der Berufsausbildung des Klägers im Ausland Stellung. Die Ausbildung in Portugal biete keine Vorteile gegenüber einer entsprechenden Berufsausbildung im Inland in Bezug auf einen erfolgreichen Abschluss und auf künftige Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Ausbildungs- und Arbeitsmarktchancen für Hotelfachleute im Rhein-Main-Gebiet seien sehr gut; dies betreffe auch den Nahbereich des Wohnorts der Eltern. Portugiesische Fremdsprachenkenntnisse seien nicht notwendig um eine Beschäftigung als Hotelfachmann im Inland aufnehmen zu können. Regelmäßig seien Sprachkenntnisse in Englisch und Französisch im Hotelfach gefragt. Die Auslandserfahrung könne ein Arbeitgeber möglicherweise als Vorteil werten, die Beschäftigungschancen seien jedoch nicht als schlechter anzusehen, wenn eine Ausbildung im Inland absolviert werde.

Die Industrie- und Handelskammer bestätigte mit Bescheinigung vom 17.07.2014, dass die bei der AHK D-Stadt absolvierte Ausbildung zum Hotelfachmann hinsichtlich der Inhalte und der Durchführung mit einer entsprechenden Ausbildung zum Hotelfachmann nach dem BBiG gleichwertig ist.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 01.08.2014 zurück, da die Ausbildung in Portugal nach der Stellungnahme der zuständigen Fachkraft nicht besonders dienlich zum Erreichen des Bildungsziels und der Beschäftigungsfähigkeit sei.

Der Kläger hat mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten am 29.08.2014 Klage erhoben.

Er behauptet, dass er im Rahmen seiner Ausbildung in Portugal seine Englischkenntnisse deutlich verbessern habe, da die Touristiksprache an der Algarve Englisch sei. Das gesamte Bewerbungsverfahren für die Ausbildung in Portugal habe ausschließlich in englischer Sprache stattgefunden. Er behauptet, dass das Gespräch der Arbeitsvermittlerin mit seiner Mutter zu dem Ergebnis geführt habe, dass die Ausbildung besonders geeignet sei, die Beschäftigungsmöglichkeiten des Klägers in einem der deutschen Hotels des Ausbildungsbetriebs gegenüber unternehmensfremden Bewerbern zu erhöhen.

Der Kläger habe sich auch auf Grund der Werbung u. a. durch die Beklagte, eine Berufsausbildung nach deutschen Maßstäben im Ausland zu absolvieren, zu dieser Berufsausbildung entschlossen. Er ist der Ansicht, dass in den Werbeunterlagen der Hinweis hätte erfolgen müssen, dass die Ausbildung im Ausland finanziell nicht gefördert werde.

Er behauptet, dass die Ausbildung gerade an diesem Ort und in dieser Hotelanlage eine besonders förderungswürdige Ausbildung sei. Die Hotelanlage gehöre zu einer der "Leading Hotels of the World"; dies stelle das Markenzeichen für Fünfsternehotels und Fünfsterne-superior-Hotels dar. Lediglich 400 Hotels weltweit dürften diese Marke führen. Der Kläger behauptet, dass sein Ausbildungsbetrieb zu diesen herausragenden Hotelanlagen, die E. D., zähle. In diesen Hotels würden auch Prominente übernachten, sodass dem Kläger bei Abschluss der Ausbildung mit einem guten Zeugnis der Weg nach Lausanne offen stehen würde.

Er ist der Ansicht, dass die Beklagte die besondere Dienlichkeit der Ausbildung mit einer Bedingung zum Erreichen des Ausbildungszieles gleichsetze. Er ist der Ansicht, dass danach keine Ausbildung im Ausland förderungsfähig sei. Er behauptet, dass seine Ausbildung in Portugal den Vorteil des Erwerbs von Sprachkenntnissen hatte, Auslandserfahrung, Organisationsfähigkeit durch eigene Haushaltsführung, die Problemlösungs-Kompetenz durch Bewältigung landestypischer Alltagsgeschäfte, Anpassungsfähigkeit und besondere Kommunikationsfähigkeit, qualifizierte duale Ausbildung, renommierte betriebliche Ausbildung sowie verbesserte Möglichkeiten der Beschäftigung. Weitere Vorzüge seien bevorzugte Beschäftigungsmöglichkeiten als Mitarbeiter der Hotelkette E. in Deutschland. Die Auslandserfahrung sei auch zur Beschäftigung in First Class Hotels notwendig.

Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 22.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.08.2014 Berufsausbildungsbeihilfe in der Form von Bedarf für den Lebensunterhalt, Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Berufsschule für den Zeitraum vom 31.03.2014 – 16.05.2014, 03.11.2014 – 05.12.2014 und 22.02.16 – 31.03.16 sowie Kosten für eine Hin- und Rückreise des Klägers je Ausbildungshalbjahr sowie sonstige Aufwendungen in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
2. die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 22.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.08.2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu über den Antrag auf Gewährung der Einschreibe- und Prüfungsgebühr zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide. Sie ist der Ansicht, dass sich aus der Werbung für Ausbildungsmöglichkeiten im Ausland kein Anspruch auf Förderung der Berufsausbildung ergäbe. Aus dem fehlenden Hinweis auf den Ausschluss der Förderung der Berufsausbildung ergäbe sich auch kein Hinweis auf eine Zusicherung der finanziellen Förderung. Arbeitnehmer stehe auf Grund der Arbeitnehmerfreizügigkeit der europäische Arbeitsmarkt offen, für Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse würden jedoch die Gesetze des jeweiligen Landes gelten. Sie ist der Ansicht, dass die besondere Dienlichkeit der Ausbildung im Ausland nicht ausreichend dargelegt sei, insbesondere aus welchen Gründen das Erreichen des Berufszieles und der Beschäftigungsfähigkeit danach besonders dienlich sein solle. Die Ausbildung zum Hotelfachmann im Inland sei eine gute und überzeugende Grundlage für Berufsanfänger und eröffne Beschäftigungsmöglichkeiten im In- und Ausland in vielfältiger Art.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung nahm der Kläger den im Rahmen des Verfahrens geltend gemachten Anspruch für die Hin- und Rückreisen seiner Eltern und seiner Geschwister zurück. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und eines Auszugs aus der Schwerbehindertenakte des Klägers sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Deren Inhalt war Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG), soweit der Kläger Leistungen begehrt, auf die bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch besteht. Der Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe ist insoweit nach dem Meistbegünstigungs-Grundsatz so auszulegen, dass mit dem Antrag alle damit verbundenen Leistungen beantragt werden. Davon sind sodann auch die Ermessensleistungen nach § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB III umfasst, wofür jedoch die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. SGG statthaft ist.

2. Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG kann das Gericht einen Beteiligten auch zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilen, soweit nach § 54 Abs. 4 oder 5 SGG eine Leistung in Geld begehrt wird, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Die Voraussetzungen sind vorliegend hinsichtlich des Klageantrags zu 1. erfüllt. Der Kläger begehrt Leistungen nach §§ 56 ff. SGB III, auf die (außer im Falle des § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB III) grundsätzlich ein Rechtsanspruch besteht (vgl. Wagner in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, Sozialgesetzbuch III, Großkommentar, § 56 Rn. 17). Es ist insofern wahrscheinlich, dass der Höhe nach ein Geldbetrag zu zahlen sein wird (Keller in Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 11. Auflage, § 130 Rn. 2c), wobei eine genaue Bezifferung des Anspruches des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 16.03.2017 seitens der Beklagten der Höhe nach nicht erfolgen konnte. Die Beklagte konnte lediglich mitteilen, dass ggf. ein Zahlungsanspruch bestehen wird.

II. Die Klage ist auch begründet, da der Ablehnungsbescheid vom 22.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.08.2014 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Ihm steht ein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe nach den §§ 56 ff. Sozialgesetzbuch III (SGB III) zu. Anspruchsbeginn ist dabei der 01.11.2013 (dazu unter 1.). Ihm steht grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf die Berufsausbildungsbeihilfe zu (dazu unter 2.). Lediglich die Gewährung der beantragten Einschreibe- und Prüfungsgebühr fallen als sonstige Kosten in den Anwendungsbereich nach § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB III, wonach die Übernahme dieser Kosten im Ermessen der Beklagten steht. Vor diesem Hintergrund kam lediglich eine Verurteilung zur erneuten Bescheidung der Beklagten in Betracht (dazu unter 3.).

1. Der Kläger hat den Antrag am 07.11.2013 mündlich gestellt. Eine besondere Form ist für den Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe nicht vorgesehen. Der im November 2013 gestellte Antrag wirkt nach § 324 Abs. 2 SGB III zurück, allerdings nach Maßgabe des § 325 Abs. 1 SGB III lediglich auf den Ersten des Monats, in dem die Leistungen beantragt werden. Somit begehrt der Kläger Leistungen ab November 2013.

2. Dem Kläger steht zudem eine Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe nach den §§ 56 SGB III zu. Nach § 56 Abs. 1 SGB III steht Auszubildenden ein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe während einer Berufsausbildung zu, wenn die Berufsausbildung förderungsfähig ist (dazu unter a)), sie zum förderungsfähigen Personenkreis gehören und die sonstigen persönlichen Voraussetzungen erfüllen (dazu unter c)) sowie ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten sowie die sonstigen Aufwendungen (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen (dazu unter d)). Zudem muss die Ausbildung im Ausland förderungsfähig sein (dazu unter b)). a) Der Kläger absolvierte eine duale Berufsausbildung zum Hotelfachmann in Portugal. Die Ausbildung zum Hotelfachmann ist ein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf, für die der Gesetzgeber am 13.02.1998 die ab dem 01.08.1998 geltende Verordnung über die Ausbildung im Gastgewerbe (GastgewAusbVO) erlassen hat. Nach § 1 Nr. 3 GastgewAusbVO ist auch der Ausbildungsberuf des Hotelfachmanns staatlich anerkannt; von dieser staatlichen Anerkennung ist auch die Durchführung der Ausbildung in dualer Form erfasst, da die Ausbildung des Klägers sowohl im Rahmen des Besuchs einer Berufsschule als auch in einem Betrieb erfolgte. Es handelt sich insofern um eine Ausbildung mit praktischen Unterweisungen sowie praktischen Aufgaben, bei der regelmäßig eine Berufsschule besucht wird. Eine lediglich schulische Ausbildung erfolgte nicht, es handelt sich auch nicht um einen ausbildungsintegrierten dualen Studiengang.

Der Kläger hat zudem mit seinem Ausbildungsbetrieb einen Berufsausbildungsvertrag am 14.10.2013 geschlossen. Danach war das Ziel der Ausbildung die Ausbildung zum Hotelfachmann nach den Richtlinien des Deutschen Industrie- und Handelskammertages durchzuführen. Diese begann am 01.10.2013 und wurde zum 31.03.2016 abgeschlossen. Die regelmäßige tägliche Ausbildungszeit betrug acht Stunden und wöchentlich 40 Stunden. Dem Kläger standen im Jahr 44 Urlaubstage zu; zudem war eine Kündigung des Ausbildungsverhältnisses lediglich bei schwerer oder mehrfach wiederholter Vertragsverletzungen möglich. Diese Regelungen sind typischerweise Teil eines Berufsausbildungsverhältnisses.

Untypisch ist an dem Ausbildungsvertrag, dass der Ausbildungsbetrieb keine Ausbildungsvergütung zahlen muss und keine Probezeit vereinbart wurde. Zudem musst der Kläger monatlich einen Beitrag i. H. v. 75,-EUR sowie eine Anmelde- und Abschlussgebühr von 360,-EUR bzw. 280,-EUR zahlen.

Jedoch ist sowohl die Beklagte als auch das Gericht an die Bestätigung der zuständigen Industrie- und Handelskammer mit Schreiben vom 17.07.2014 gebunden. Danach handelt es sich bei der Ausbildung des Klägers um eine Ausbildung, die hinsichtlich der Inhalte und der Durchführung gleichwertig mit der entsprechenden Ausbildung zum Hotelfachmann nach dem Bundesbildungsgesetz in Deutschland ist. Die fehlende Ausbildungsvergütung sowie vereinbarte Probezeit sowie die von dem Kläger zu zahlende Beiträge sowie Gebühren sind zudem nicht so untypisch, dass damit die beruflichen Kenntnisse der Art nach nicht in einem Berufsausbildungsverhältnis vermittelt werden. Insofern handelt es sich um eine förderungsfähige erste Berufsausbildung des Klägers.

b) Die in Portugal stattfindende Ausbildung des Klägers ist trotz ihrer vollständigen Durchführung im Ausland nach § 58 Abs. 2 SGB III förderungsfähig. Danach ist eine betriebliche Berufsausbildung, die vollständig im angrenzenden Ausland oder in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union durchgeführt wird, förderungsfähig, wenn eine nach Bundes- oder Landesrecht zuständige Stelle bestätigt, dass die Berufsausbildung einer entsprechenden betrieblichen Berufsausbildung gleichwertig ist, und die Berufsausbildung im Ausland dem Erreichen des Bildungsziels und der Beschäftigungsfähigkeit besonders dienlich ist. Ausweislich des bereits zitierten Schreibens der Industrie- und Handelskammer vom 17.07.2014 ist die Ausbildung in Portugal gleichwertig. Sie ist auch für das Erreichen des Bildungsziels und der Beschäftigungsfähigkeit besonders dienlich. Zudem hat die Koordinatorin der Deutsch-C. Industrie- und Handelskammer bereits mit Schreiben vom 23.01.2014 die Gleichwertigkeit der Ausbildung mit einer entsprechenden betrieblichen Inlandsausbildung bestätigt.

Bei dem Begriff der "besonderen Dienlichkeit" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der jedoch gerichtlich voll überprüfbar ist. Der Beklagten ist insoweit kein Beurteilungsspielraum zuzuerkennen, da eine enge Auslegung der Vorschrift nach der Gesetzesbegründung nicht in Betracht kommt (so auch SG Stade, Urteil vom 28.07.2009, Az.: S 6 AL 196/06, – juris – Rn. 17). Danach ist eine stärkere Förderung der grenzüberschreitenden Mobilität auch bei beruflicher Ausbildung erforderlich, weil der Erwerb von Sprachkenntnissen und Auslandserfahrungen zur Kompetenzerweiterung beitrage, die Beschäftigungsfähigkeit erhöhe und von Arbeitgebern immer stärker im Rahmen der geforderten Schlüsselqualifikationen erwartet werde (BT-Drucks. 14/6944 S. 33).

Dabei ist in der Literatur umstritten, ob der Begriff der "besonderen Dienlichkeit" weit oder eng auszulegen (vgl. Petzold in Hauck/Noftz, § 58 Rn. 9, 10; Wagner in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, § 58 Rn. 18; a. A. Herbst in jurisPK-SGB III, § 58 Rn. 32). Dabei ist darauf hinzuweisen, dass das erkennende Gericht einer weiten Auslegung des Begriffs der "besonderen Dienlichkeit" zuneigt, da eine Schlechterbehandlung von Auszubildenden gegenüber Anspruchsberechtigten nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 BaföG durch den Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt war und auch sachlich nicht zu rechtfertigen wäre. Im vorliegenden Fall kommt es jedoch nach Überzeugung der erkennenden Kammer bereits auf die unterschiedlichen Auffassungen nicht an. Die besondere Dienlichkeit ergibt sich bereits daraus, dass im Bereich Gastronomie und Hotelgewerbe sowohl eine Ausbildung in einem renommierten ausländischen Hotel als auch eine späterer Auslandsaufenthalt erheblich förderlich für die weitere berufliche Karriere des Betroffenen ist. Für diese Branche ist es allgemein anerkannt, dass berufliche Auslandsaufenthalte und damit auch eine im Ausland absolvierte Ausbildung die Einstellungschancen bei zukünftigen Bewerbungen sowie die Karrierechancen verbessern (so auch SG Stade, Urteil vom 28.07.2009, Az.: S 6 AL 196/06, – juris – Rn. 18). Dies gilt insbesondere dann, wenn – wie von dem Kläger vorgetragen – es sich bei dem ausbildenden Hotel um ein international bekanntes und besonders ausgezeichnetes Hotel handelt. Insofern geht die Kammer davon aus, dass die Ausbildung in Portugal nicht nur zu erheblichen Verbesserungen der Kenntnisse des Klägers in der portugiesischen und englischen Sprache, sondern vielmehr auch zu einem erheblichen Erfahrungs- und Kenntnisgewinn des Klägers geführt hat. Dies wird auch durch den Vortrag des Klägers bestätigt, wonach er durch die Auslandserfahrung erhebliche Schlüsselqualifikationen im Bereich von Organisationsfähigkeit, eigene Haushaltsführung, Problemlösungskompetenz und besondere Kommunikationsfähigkeit hinzugewonnen hat. In der mündlichen Verhandlung hat er besonders die Stärkung seiner interkulturellen Kompetenz hervorgehoben.

Die restriktive Auslegung der Beklagten entspricht insofern der Rechtslage vor der Änderung des § 62 SGB III a. F. (nun § 58 SGB III n. F.) und ist vor der gesetzgeberischen Intention zur Änderung der Vorschrift nicht nachvollziehbar. Es kommt insofern nicht mehr darauf an, ob auch eine gleichwertige Ausbildung im Inland möglich gewesen wäre. Die insoweit von der Beklagten angelegten Bewertungsmaßstäbe können nach der Gesetzesänderung keine Anwendung mehr finden (so auch SG Stade, Urteil vom 28.07.2009, Az.: S 6 AL 196/06, – juris – Rn. 19). Der Kläger kann insofern auch nicht darauf verwiesen werden, vor Beginn der Ausbildung seine Zukunftspläne offen zu legen, damit die Beklagte die besondere Dienlichkeit beurteilen kann. Die Prüfung des Rechtsbegriffs der "besonderen Dienlichkeit" hat sich vielmehr an objektiven Kriterien zu orientieren (vgl. SG Stade, Urteil vom 28.07.2009, Az.: S 6 AL 196/06, – juris – Rn. 20). Vor diesem Hintergrund ist die besondere Dienlichkeit zu bejahen, sodass die Frage, ob eine Werbung seitens der Beklagten für Ausbildungen im Ausland zu einer Bindung bei Anträgen auf Berufsausbildungsbeihilfe führt, keiner Beantwortung bedarf.

c) Der Antragsteller gehört zum förderungsfähigen Personenkreis nach § 59 Abs. 1 SGB III. Er erfüllt zudem die sonstigen persönlichen Voraussetzungen nach § 60 Abs. 1 SGB III, da er außerhalb des Haushalts seiner Eltern wohnt und offensichtlich die Ausbildungsstätte in Portugal nicht von dem Wohnort seiner Eltern erreichen kann. d) Es besteht zudem auch ein entsprechender Bedarf des Klägers, der nicht durch andere ihm zur Verfügung stehende Mittel gedeckt werden kann. Insofern bezieht sich das Gericht auf die Auskunft der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, wonach sich ein monatlicher Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe zwischen 600 – 800,-EUR berechnet. Eine Anrechnung der Einkommen der Eltern kommt danach nicht in Betracht, da dieses einerseits zu gering ist und andererseits sich die weiteren vier Kinder ebenfalls in Ausbildung befanden. Fahrtkosten kann der Kläger allerdings nur für die Zeiträume geltend machen, soweit sie bei ihm tatsächlich angefallen sind. Diese sind lediglich im jeweiligen Schulblock der theoretischen Ausbildung angefallen, welche sich aus dem Zeitplan der Ausbildung ergeben. Der Kläger hat zudem in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass ihm auch während der Abschlussprüfung Fahrtkosten entstanden sind.

Da das Gericht dem Kläger lediglich Leistungen dem Grunde nach zugesprochen hat, wird die Beklagte nach der Rechtskraft des Urteils über die Höhe der Leistungen in einem neuen Verwaltungsakt entscheiden, der ggf. in einem neuen Verfahren angefochten werden könnte. Dem Kläger stand folglich auf den Bedarf zum Lebensunterhalt, die Kosten für die Pendelfahrten zwischen Wohnort und Ausbildungsstätte sowie der Kosten für auswärtige Unterbringung und für eine Hin- und Rückreise je Ausbildungshalbjahr zu.

3. Die Beklagte hat zudem nach erneut über den Antrag des Klägers auf Erstattung der Einschreibe- und Prüfungsgebühr zu entscheiden. Der Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe umfasst insofern auch diese Kosten. Nach § 64 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 – 3 SGB III können sonstige Kosten anerkannt werden, soweit sie durch die Berufsausbildung unvermeidbar entstehen, soweit die Berufsausbildung andernfalls gefährdet ist und die Aufwendungen von dem Auszubildenden oder seinen Erziehungsberechtigten zu tragen sind. Ausweislich der Klausel 8 g) ist der Auszubildende verpflichtet bei der Anmeldung eine Einschreibegebühr i. H. v. 360,-EUR sowie eine Gebühr für die Zulassung zur Abschlussprüfung i. H. v. 280,-EUR zu zahlen, sodass diese Gebühren unmittelbar sowie unvermeidbar durch die Ausbildung veranlasst sind (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.12.2010, Az.: L 18 AL 336/09, – juris – Rn. 19). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 68 Abs. 3 Satz 2 SGB III sind insofern erfüllt, jedoch steht der Beklagten ein Ermessen zu. Da sie dieses Ermessen noch nicht ausgeübt hat (Ermessensausfall), war die Beklagte zur Neubescheidung zu verpflichten.

4. Insofern ist die Klage nach Rücknahme der geltend gemachten Anspruches bezüglich der Hin- und Rückreisen der Eltern sowie der Geschwister nach Portugal begründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Rechtskraft
Aus
Saved