L 17 U 391/14

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 467/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 391/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 119/17 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 08.05.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger beansprucht von der Beklagten die Anerkennung seines Motorradunfalls vom 10.04.2009 als Arbeitsunfall und dessen Entschädigung durch Gewährung einer Verletztenrente.

Der 1966 geborene Kläger war Geschäftsführer der P GmbH, deren Geschäftsgegenstand die Organisation und Durchführung von Russlandreisen war. Da sich das Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand und auf die Zurverfügungstellung von Geldmitteln durch den Gesellschaftergeschäftsführer, den Zeugen T, angewiesen war, fand am 06.04.2009 eine Besprechung statt, an der der Zeuge, seine Ehefrau in ihrer Eigenschaft als Sekretärin der Firma sowie der Steuerberater N teilnahmen. Der Kläger fasste in einer E-Mail vom 08.04.2009 den Inhalt des Gesprächstermins zusammen und machte Vorschläge zu Optimierungsmaßnahmen, durch die Struktur und Situation der Firma verbessert werden könnten. Darüber hinaus machte er seine Absicht deutlich auf Sicht als Fremdgeschäftsführer auszuscheiden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Mail vom 08.04.2009 Bezug genommen.

Zeitnah nach dem Gespräch vom 06.04.2009 kontaktierte der Kläger den Zeugen H, Filialleiter der Hausbank der P GmbH und des Zeugen T, und signalisierte ihm Gesprächsbedarf. Da dessen Terminplan vor Ostern bereits ausgefüllt war und er unmittelbar nach Ostern seinen Urlaub antreten wollte, bot er dem Kläger an, am Karfreitag, den 10.04.2009 an einer bereits zwischen ihm und Herrn N1 verabredeten Motorradtour über den Westerwald in Richtung Koblenz teilzunehmen.

Am Unfalltag traf der Kläger sich sodann gegen 10:00 Uhr mit dem Zeugen H an der Volksbankfiliale P und trat mit diesem und Herrn N1 die Motorradtour an. Nach ca. einer halben Stunde Fahrt stürzte der Kläger mit seinem Motorrad und erlitt schwerste Verletzungen in Form von diversen Knochenbrüchen am gesamten Körper. Außerdem wurde durch den Kontakt mit den Schutzplanken der rechte Fuß oberhalb des Knöchels abgetrennt, so dass im weiteren Verlauf der rechte Unterschenkel amputiert werden musste.

Die Beklagte erhielt im Rahmen einer Erstattungsforderung der Krankenkasse des Klägers erst im November 2011 Kenntnis von dem Unfall und leitete daraufhin Ermittlungen ein. In deren Verlauf teilte der Kläger mit, als Geschäftsführer der P GmbH den Auftrag gehabt zu haben, das Unternehmen wieder wirtschaftlich leistungsfähig zu machen. Im Winter 2008/Frühjahr 2009 sei absehbar gewesen, dass das Unternehmen finanzielle Hilfe benötige, um über das Jahr zu kommen. Aus diesem Grunde habe am 06.04.2009 die Besprechung mit dem Steuerberater und dem Hauptgesellschafter, dem Zeugen T, sowie dessen Ehefrau stattgefunden. Er sei mit der Umsetzung des Besprochenen beauftragt worden und habe sich aus diesem Grunde mit dem Zeugen H in Verbindung gesetzt. Derartige Besprechungen hätten nie am Sitz des Unternehmens oder bei der Bank stattgefunden, sondern immer an einem dritten Ort. Man sei davon ausgegangen, am Karfreitag während der verabredeten Motorradtour genügend Zeit für eine Erörterung der Unternehmenssituation zu finden. Auf Befragen gab der Mitfahrer N1 an, er sei mit dem Zeugen H am Unfalltag zu der Motorradtour verabredet gewesen, deren Sinn und Zweck die gemeinsame Freude am Motorradfahren gewesen sei. Von geplanten Geschäftsbesprechungen sei ihm ebenso wenig etwas bekannt gewesen wie von der Teilnahme des Klägers. Bis zum Unfallzeitpunkt hätten keinerlei Besprechungen stattgefunden.

Mit Bescheid vom 05.06.2012 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Motorradunfalls als Arbeitsunfall sowie die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab. Ein Arbeitsunfall nach § 8 des Sozialgesetzbuches Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) liege nicht vor, denn ein Zusammenhang der Motorradtour mit der versicherten Tätigkeit sei nicht nachgewiesen. Es sei möglich gewesen, sich am Betriebsort oder am Standort der Bank zu treffen, da es auch hier nicht zu Störungen durch das Tagesgeschäft gekommen wäre. Auch führe man Gespräche über die finanzielle Situation eines Unternehmens nicht in Anwesenheit unbeteiligter Dritter. Bei der befahrenen Strecke habe es sich um eine beliebte Motorradstrecke gehandelt. Der Kläger habe die Gelegenheit, an der Tour teilzunehmen, genutzt, um seinem Hobby nachzugehen. Sofern der Kläger die Absicht gehabt habe, mit dem Zeugen H geschäftliche Dinge zu besprechen, hätte es sich um eine sogenannte gemischte Tätigkeit gehandelt. Aber auch für eine solche fehle es am inneren Zusammenhang zwischen der Zurücklegung des Weges und der versicherten Tätigkeit, denn entscheidend sei, ob die Motorradtour hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns (Freude am Motorradfahren) entfallen wäre. Davon sei nicht auszugehen.

Den Widerspruch des Klägers, den er im Wesentlichen damit begründete, der innere Zusammenhang zwischen der Motorradtour und der versicherten Tätigkeit habe sehr wohl bestanden, weil für ihn die dringende Notwendigkeit vorgelegen habe, ein Gespräch bezüglich der P GmbH mit dem Zeugen H als Niederlassungsleiter der zuständigen Volksbank zu führen und dazu kurzfristig keine andere Möglichkeit bestanden habe, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2012 im Wesentlichen aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Hiergegen hat sich die am 23.11.2012 vor dem Sozialgericht Köln erhobene Klage gerichtet, mit der der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren sein Begehren weiterverfolgt hat.

Der Kläger hat beantragt,

den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 05.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Entschädigungsleistungen aus Anlass des Arbeitsunfalls des Klägers vom 10.04.2009 zu erbringen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, die getroffene Entscheidung sei aus den im angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides dargelegten Gründen zutreffend.

Das Sozialgericht hat nach Befragung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08.05.2014 die Zeugen J und C T sowie I H vernommen. Wegen der Angaben des Klägers beziehungsweise der Aussagen der Zeugen im Einzelnen wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 08.05.2014 Bezug genommen.

Das Sozialgericht Köln hat die Klage sodann mit Urteil vom 08.05.2014 abgewiesen. Der Motorradunfall des Klägers sei kein versicherter Arbeitsunfall nach § 8 SGB VII gewesen, denn es lasse sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellen, dass die Motorradtour aufgrund der objektiven Handlungstendenz des Klägers in einem inneren bzw. sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden habe. Auch unter Annahme einer gemischten Motivationslage ergebe sich keine andere Beurteilung, denn es sei ebenso wenig erwiesen, dass der Kläger ohne die Möglichkeit zum Gespräch mit dem Zeugen H nicht an der Motorradtour teilgenommen hätte. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 06.06.2014 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 07.07.2014.

Der Kläger ist der Ansicht, das Sozialgericht verkenne bei seiner Entscheidung seine rechtliche Stellung als Fremdgeschäftsführer der GmbH. Diese bestehe in einer Doppelstellung, denn er sei Organ und Angestellter der Gesellschaft. Maßgebliche Rechtsgrundlage sei § 35 GmbH-Gesetz. Die Vorschrift regele seine Organstellung, die als Überwachungspflicht mit Informationsrecht ausgestaltet sei. In deren Ausübung habe er das Gespräch mit dem Zeugen H als Vertreter der Hausbank der GmbH gesucht. Ein privater Bezug habe hier nicht bestanden. Die Motorradfahrt am Karfreitag sei die schnellstmögliche Gelegenheit gewesen, das Gespräch zu führen. Alternativtermine seien ihm von dem Zeugen nicht angeboten worden. Es sei auch unerheblich, ob das die einzige Möglichkeit gewesen sei, das Gespräch zu führen, denn der Kläger habe die Durchführung dieses Termins als seine Pflicht angesehen. Die Tatsache, dass das Gespräch an einem Karfreitag stattgefunden habe, spreche auch nicht gegen den Bezug zur versicherten Tätigkeit, denn er habe keine Arbeitszeitregeln gehabt. Es sei für ihn normal gewesen, auch an solchen Tagen dienstliche Tätigkeiten zu verrichten. Im Übrigen sei er auch für die T GmbH, eine Tochtergesellschaft der P GmbH, tätig geworden. Dort habe ein beruflicher Bezug zum Motorradfahren bestanden, denn diese GmbH habe sich mit der Ausführung von Motorradfahrten, -rennen etc. befasst. Angesichts der Gesamtsituation hätten alle Punkte die GmbH betroffen und damit betrieblichen Charakter gehabt. Im Übrigen habe er kein Thema mit dem Zeugen H besprechen können, das eigenwirtschaftlichen Charakter gehabt habe, denn er habe nicht mit ihm in einer Geschäftsbeziehung gestanden. Ansprechpartner für seine Belange seien die Finanzämter und die Sozialversicherungsträger gewesen. Sein Handeln sei objektiv auf den Erhalt der GmbH gerichtet gewesen. Diese objektive Handlungstendenz sei nach der Rechtsprechung des BSG maßgeblich bei der Prüfung der Frage, ob ein innerer bzw. sachlicher Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit bestanden habe. Ohne die Zusage des Zeugen H, sich mit ihm zu unterhalten, hätte er an der Motorradtour nicht teilgenommen. Die P GmbH sei in finanzieller Not gewesen, Anfang April 2009 sei ihre wirtschaftliche Situation krisenhaft gewesen. Die Lageeinschätzung durch den Zeugen H sei für ihn maßgeblich und zwingend gewesen. Unschädlich sei, dass Herr N1 mitgefahren sei, denn er wäre bei der Besprechung der Geschäftsinterna weggeschickt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 08.05.2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2012 zu verurteilen, unter Anerkennung des Ereignisses vom 10.04.2009 als Arbeitsunfall Verletztenrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und vertritt weiterhin die Auffassung, der Unfall vom 10.04.2009 sei kein Arbeitsunfall gewesen.

Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte, die der Senat beigezogen hat und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, sowie auf den Vortrag der Beteiligten im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 05.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2012 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), denn der Bescheid ist nicht rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Anerkennung des Unfallereignisses vom 10.04.2009 als Arbeitsunfall und demzufolge auch nicht auf die Gewährung einer Verletztenrente.

Streitgegenstand des Verfahrens ist die vom Kläger erstrebte Feststellung, dass der Unfall vom 10.04.2009 ein Arbeitsunfall gewesen ist und die Entschädigung der sich daraus ergebenden Gesundheitsstörungen mit einer Rente. Dieses Begehren verfolgt der Kläger zulässig mit der kombinierten Anfechtungs-, Feststellungs- und Verpflichtungsklage (§§ 54 Abs. 1 S. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG).

Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach §§ 2,3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung unmittelbar vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb versichert ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 26.6.2014, - B 2 U 4/13 R - juris - Rn. 11 mwN).

Zwar hat der als Fremdgeschäftsführer der P GmbH und damit als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII tätig gewesene Kläger grundsätzlich dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung in der Verbandszuständigkeit der Beklagten unterstanden. Am Karfreitag, 10.04.2009, hat er durch den Sturz mit seinem Motorrad auch einen Unfall erlitten, bei dem er sich einen Gesundheitserstschaden zugezogen hat. Der Unfall geschah jedoch weder in Ausübung der zu seinem Aufgabenkreis gehörenden versicherten Tätigkeit (dazu unter 1), auch nicht durch Zurücklegen eines Betriebsweges (dazu unter 2) oder nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur gemischten Motivationslage (dazu unter 3), noch handelt es sich um einen Unfall, der sich auf einem versicherten Weg nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII (Wegeunfall) ereignet hat (dazu unter 4). Deshalb besteht auch kein Anspruch auf Rente.

1. Die Motorradfahrt als solche vermittelte dem Kläger keinen Versicherungsschutz als Beschäftigter. Versicherter im Sinne des § 8 Abs.1 S. 1 SGB VII ist jemand nur, wenn, solange und soweit er den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eigene Verrichtungen erfüllt. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, dass (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Diese innere Tatsache der subjektiven Ausrichtung des objektiven konkreten Handelns des Verletzten wird auch als "Handlungstendenz" bezeichnet. Wenn das beobachtbare objektive Verhalten allein noch keine abschließende Subsumtion unter den jeweiligen Tatbestand der versicherten Tätigkeit erlaubt, diese aber auch nicht ausschließt, kann die finale Ausrichtung des Handelns auf die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes, soweit die Intention objektiviert ist (sog. objektivierte Handlungstendenz), die Subsumtion tragen. Die bloße Absicht einer Tatbestandserfüllung reicht hingegen nicht (BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 8/11 R - juris-Rn. 21 ff).

Dem Unfallereignis selbst lässt sich eine betriebliche Handlungstendenz nicht objektiv entnehmen. Unmittelbar vor dem schädigenden Ereignis befuhr der Kläger mit seinem Motorrad als Teilnehmer einer Motorradtour mit dem Zeugen H und Herrn N1 die Bundesstraße 256 im Westerwald. Diese Tätigkeit gehörte nicht zu seinen betrieblichen Aufgaben. Da der Kläger als Fremdgeschäftsführer der P GmbH tätig war - für einen Zusammenhang der Motorradfahrt mit seiner Tätigkeit für die T GmbH bietet der Sachvortrag keinerlei Anhaltspunkte - und sein Aufgabenkreis nach seinen Angaben darin bestand, die wirtschaftlich angeschlagene GmbH wieder "auf die Höhe der Zeit zu bringen", lässt das Motorradfahren als objektiv von außen beobachtbare Handlung aus sich heraus nicht die Ausübung der versicherten Tätigkeit des Klägers in dieser Funktion erkennen.

Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht ohne weiteres aus dem Vortrag des Klägers, aufgrund seiner Organstellung nach § 35 GmbH-Gesetz und der sich daraus ergebenden Pflichten habe er, um Schaden von der P GmbH abzuwenden, am Unfalltag an der Motorradtour teilgenommen, so dass sich schon allein hieraus der Bezug zu seiner versicherten Tätigkeit ergebe. Das ist nicht der Fall. Maßgeblich für die Beurteilung des Versicherungsschutzes ist nicht allein seine rechtliche Stellung als Fremdgeschäftsführer der GmbH. Vielmehr kommt es darauf an - und daran fehlt es hier im Bezug auf die Motorradfahrt - dass nach den konkreten Umständen des Einzelfalls eine direkte inhaltliche Einbindung in eine objektiv bestehende betriebliche Ablauforganisation festgestellt und damit ein Bezug zur versicherten Tätigkeit hergestellt und geprüft werden kann. Andernfalls wäre es in Belieben des jeweiligen Versicherten gestellt, durch Abreden jedweder Art einen Versicherungsschutz "rund um die Uhr" für sich herzuleiten (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 18.6.2013 - B 2 U 7/12 R - juris-Rn. 22). Das ist jedoch nicht Sinn und Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung. Diese schützt die Versicherten gegen solche Gefahren, denen sie im Wesentlichen wegen ihrer versicherten Tätigkeit ausgesetzt sind. Damit werden zugleich die Unternehmen von möglichen Schadensersatzansprüchen ihrer Beschäftigten freigestellt. Der Beschäftigte ist gegen Gefahren aus dem Bereich seines Arbeitsplatzes versichert, wenn er sich im Wesentlichen wegen seiner versicherten Beschäftigung dort aufhält und sich eine spezifische Gefahr verwirklicht, der der Versicherte durch seine Eingliederung in den Betrieb ausgesetzt ist. Wenn der Versicherte dagegen im Wesentlichen durch eine private Tätigkeit und ohne wesentliche Mitwirkung einer Störung in gefährlichen betrieblichen Einrichtungen oder gefährlicher betrieblicher Vorgänge einen Unfall erleidet, fehlt der Zusammenhang zwischen seiner versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis (BSG, Urteil vom 12.5.2009 - B 2 U 12/08 R - juris-Rn. 31 mwN). Eine beliebige Ausweitung des Versicherungsschutzes ist damit nicht vereinbar.

2. Der demnach aus der Motorradfahrt allein nicht herstellbare notwendige Sachbezug lässig sich auch nicht mit der Überlegung begründen, dass der Kläger im Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, weil er sich auf einem Betriebsweg befunden hat. Betriebswege sind für einen Arbeitnehmer alle Wege, die er im Auftrag des Unternehmers oder im Interesse des Betriebes unternimmt (Nehls in Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, Stand März 2017, 085 Seite 1). Sie unterscheiden sich von anderen Wegen dadurch, dass sie im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt werden und nicht - wie Wege nach und von dem Ort der Tätigkeit im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII - der versicherten Tätigkeit lediglich vorausgehen oder sich ihr anschließen (BSG, Urteil vom 12.01.2010 - B 2 U 35/08 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 36 Rn.16 und vom 09.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4 - 2700 § 8 Nr. 39 Rn. 20). Entscheidend für die Beurteilung, ob ein Weg im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wird und deswegen im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, ist die objektivierte Handlungstendenz des Versicherten, ob also der Versicherte eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (BSG, Urteil vom 10.10.2006 - B 2 U 20/05 R -SozR 4-2700 § 8 Nr. 19 Rn. 14).

Daran fehlt es hier. Als objektive Umstände, die Rückschlüsse auf die Handlungstendenz zulassen, ist beim Zurücklegen von Wegen insbesondere von Bedeutung, ob und inwieweit Ausgangspunkt, Ziel, Streckenführung und ggf. das gewählte Verkehrsmittel durch betriebliche Vorgaben geprägt werden (BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 39 Rn. 20 und Urteil vom 18.06.2013, B 2 U 7/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 48 Rn. 13). Keiner dieser vier Prüfpunkte objektiviert die Handlungstendenz des Klägers, durch das Fahren mit seinem Motorrad für die P GmbH tätig werden zu wollen, denn keines von ihnen lässt objektiv einen sachlichen Zusammenhang der unfallbringenden Motorradfahrt am 10.04.2009 mit dem betrieblichen Interesse der Arbeitgeberin des Klägers erkennen. Geht man mit dem Kläger davon aus, dass er durch das Fahren mit seinem Motorrad den Ort erreichen wollte, an dem er ein geschäftlich veranlasstes Gespräch mit dem Zeugen H führen wollte, so mangelt es hierbei bereits an einem Ziel dafür. Ein bestimmter Ort, an dem das Gespräch geführt werden sollte, war überhaupt nicht vereinbart worden und stand demzufolge auch nicht fest. Vielmehr handelte es sich bei der Motorradtour um eine Rundfahrt, die am Ausgangspunkt endete und auf deren Streckenverlauf der Kläger keinen Einfluss hatte, weil die Tour zwischen dem Zeugen H und Herrn N1 bereits zuvor vereinbart worden war, dem Kläger hier gleichsam nur die Möglichkeit geboten wurde, mitzufahren. Der Streckenverlauf war damit keineswegs an den betrieblichen Belangen der P GmbH ausgerichtet. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, geschäftliche Besprechungen hätten häufig an beliebigen, dritten Orten stattgefunden, weil dort die erforderliche Ruhe vorhanden gewesen sei. Zwar unterfällt es der Dispositionsfreiheit der Beteiligten, den Ort eines Gesprächs auszuwählen, der Umstand, dass dieser jedoch im Vorfeld nicht vereinbart wurde, vielmehr eine beliebige Pause auf der Motorradtour genutzt werden sollte, um das Gespräch zu führen, macht deutlich, dass es nur anlässlich des Motorradfahrens geführt werden sollte, also eine untergeordnete Bedeutung hatte und damit das Motorradfahren eindeutig im Vordergrund stand. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Wahl des benutzten Verkehrsmittels "Motorrad" einer betrieblichen Notwendigkeit bzw. Vorgabe der P GmbH entsprochen hätte.

3. Auch unter der Annahme, es habe sich bei der Motorradfahrt um eine sog. "Tätigkeit mit gemischter Motivationslage" (auch als gespaltene Handlungstendenz bezeichnet: BSG, Urteile vom 12.5.2009 - B 2 U 12/08 R -, vom 18.6.2013 - B 2 U 7/12 R - und vom 26.06.2014 - B 2 U 4/13 R) gehandelt, bestand kein Versicherungsschutz. Dieser Begriff bezeichnet die Konstellation, dass mit ein und derselben Verrichtung zugleich betriebliche und eigenwirtschaftliche/private Zwecke verfolgt werden. Eine betriebliche, den sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit begründende Handlungstendenz des Beschäftigten läge dann vor, wenn der Kläger den Willen hatte, durch die Verrichtung eine seiner Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen oder die Erfüllung von Vor- und Nachbereitungshandlungen die das Gesetz versichert, zu ermöglichen, zu fördern oder zu sichern. Eine Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz steht nur dann im inneren bzw. sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn die konkrete Verrichtung hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns entfallen wäre (BSG, Urteil vom 18.6.2013, a.a.O. Rn. 15), wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der betrieblichen Handlungstendenz findet. Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenz, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt (hierzu schon Senatsurteil vom 29.10.2014 - L 17 U 422/12 -, Juris - Rn. 36 mwN).

Wäre es nur darum gegangen, ein geschäftliches Gespräch mit dem Zeugen H zu führen, hätte man einen bestimmten Treffpunkt dafür vereinbart, zu dem der Kläger dann zu einem in gleicher Weise vereinbarten Zeitpunkt erschienen wäre. Für das Führen eines solchen Gesprächs war es nicht notwendig, an der gesamten ganztätigen Motorradtour teilzunehmen. Ebenso hätte man vereinbaren können, das Gespräch morgens vor Abfahrt von der Volksbank Filiale in P zu führen, was dann für den Kläger die ganze Fahrt überflüssig gemacht hätte. Angesichts dessen ist für den Senat auch nicht erkennbar, aus welchem Grund die Wahl des benutzten Verkehrsmittels eines Motorrades in einer betrieblichen Notwendigkeit bzw. Vorgabe der P GmbH ihre Rechtfertigung finden soll. Gegen eine solche spricht bereits die Tatsache, dass der Kläger im Termin vor dem Sozialgericht am 08.05.2014 vorgetragen hat, wenn er gefragt werde, ob es denn nicht möglich gewesen sei, sich etwa vor der Tour in den geschäftlichen Dingen in der Bank zu besprechen, so könne er dazu nur sagen, dass das vielleicht so gewesen sein mag, ihm sei es jedenfalls völlig egal gewesen. In gleicher Weise hat der Zeuge H ausgesagt, theoretisch sei es durchaus denkbar gewesen, noch am Abend in einer wichtigen Angelegenheit einen Termin auch in der Filiale einzuräumen. An der Richtigkeit dieser Aussage zu zweifeln, bestehen für den Senat keine Anhaltspunkte. Die Behauptung des Klägers, seine Teilnahme an der Motorradtour sei erforderlich gewesen, das Gespräch mit dem Zeugen H zu führen, ist damit widerlegt.

Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen konnte sich der Senat nicht überzeugen. Vorliegend wäre allerdings von einer gemischten Motivationslage auszugehen. Denn einerseits hätte - den entsprechenden Vortrag als wahr unterstellt - die Teilnahme des Klägers an der Fahrt mit ihm die Chance eröffnet, in den Pausen ein durch betriebliche Belange erforderlich gewordenes Gespräch zu führen. Andererseits ist der Senat davon überzeugt, dass die Unfallfahrt zumindest auch eigenwirtschaftlich motiviert war. Denn die konkrete Ausgestaltung der Abläufe am Karfreitag 2009 in Zusammenschau mit dem durch die Beweisaufnahme erwiesenen privaten Interesse des Klägers am Motorradfahren belegt für den Senat eine (zumindest auch) hobbyorientierte Motivation des Klägers. So hat etwa der Zeuge T im Termin am 08.05.2014 angegeben, mit dem Kläger schon einige Sonntagstouren zusammen gefahren zu sein, meistens eher zu dritt, nämlich zusätzlich mit dem Zeugen H oder Herrn N1. Bezüglich dieser Motorradtouren seien sie so etwas wie ein Grüppchen gewesen. Mit dem Zeugen H und Herrn N1 hatte der Kläger bereits eine Dolomitentour gemacht. Mit dem Zeugen H, ist der Kläger nach dessen Angaben auch früher schon gemeinsam gefahren. Auch wenn es letztlich für die Beurteilung nur auf die konkreten Umstände der für Karfreitag verabredeten Motorradtour ankommt, sind dies aus dem Gesamtzusammenhang stammende Indizien, die die vom Kläger behauptete betriebliche Notwendigkeit als einzigen Grund seiner Teilnahme in Frage stellen. Denn sie belegen ein freizeitorientiertes Interesse am Motorradfahren gerade mit den an der Unfallfahrt beteiligten Personen. Vor allem aber gab es keine betriebliche Notwendigkeit für eine ganztägige Motorradfahrt. Wäre es nur darum gegangen, ein geschäftliches Gespräch mit dem Zeugen H zu führen, hätte es näher gelegen, einen Treffpunkt zu vereinbaren, zu dem der Kläger dann zu einem verabredeten Zeitpunkt erschienen wäre. Für das Führen eines nach Angaben des Klägers etwa einstündigen Gesprächs war es nicht notwendig, an der gesamten ganztägigen Motorradtour teilzunehmen. Dagegen spricht schon, dass nach dem übereinstimmenden Vortrag des Klägers und der Aussage des Zeugen H Alternativtermine wohl möglich gewesen wären, sich die Motorradtour lediglich anbot, da sie für Karfreitag ohnehin geplant war. So hat der Kläger selbst im Termin vor dem Sozialgericht am 08.05.2014 angegeben, es sei vielleicht möglich gewesen, sich vor der Tour in den geschäftlichen Dingen in der Bank zu besprechen, ihm sei dies aber völlig egal gewesen. In gleicher Weise hat der Zeuge H ausgesagt, theoretisch sei es durchaus denkbar gewesen, noch am Abend in einer wichtigen Angelegenheit einen Termin auch in der Filiale einzuräumen. An der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln, bestehen für den Senat keine Anhaltspunkte. Die Behauptung des Klägers, seine Teilnahme an der Motorradtour sei erforderlich gewesen, um das Gespräch mit dem Zeugen H führen zu können, ist damit widerlegt. Dies macht deutlich, dass die Freude am Motorradfahren das tragende Motiv für die getroffene Verabredung war (so auch die Angabe des Fahrtteilnehmers N1 telefonisch gegenüber der Beklagten am 19.04.2012), gleichsam das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden wurde. Es belegt hingegen keine betriebliche Notwendigkeit, das Gespräch während der Motorradtour zu führen. Den untergeordneten Stellenwert des vorgesehenen Gesprächs belegt schließlich auch der Umstand, dass der Zeuge H sich nicht daran erinnern konnte, ob vorab ein konkretes Gesprächsthema überhaupt feststand und dass der Mitfahrer N1, der angeblich während des auf eine Stunde angelegten Gesprächs hätte weggeschickt werden sollen, hierüber vorab überhaupt nicht informiert wurde.

Die Behauptung des Klägers, er hätte an diesem Tag das Motorrad ohne den betrieblichen Besprechungsbedarf "nicht angefasst", woraus sich ergeben soll, dass die Teilnahme an der Fahrt mangels privater Motivation unterblieben wäre, hält der Senat deshalb nicht für glaubhaft. Nach den objektiven Umständen steht die Motorradfahrt des Klägers am Unfalltag, wie bereits dargelegt, in keinem nach außen erkennbaren, sachlichen Zusammenhang mit der verrichteten Tätigkeit als Fremdengeschäftsführer der P GmbH. Der einzig für den Zusammenhang in Betracht kommende geschäftliche Kontakt zum Zeugen H und die Notwendigkeit und das Bedürfnis, mit diesem ein Gespräch zu führen, vermag nicht zu erklären, dass das Gespräch in der konkreten Art und Weise auf dem konkreten Weg in der konkreten Zusammensetzung der Teilnehmer vorgenommen werden sollte.

4. Der Kläger hat auch im Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII gestanden, denn Voraussetzung hierfür ist das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Daran fehlt es vorliegend schon allein deshalb, weil überhaupt nicht feststand, an welchem Ort das Gespräch mit dem Zeugen H geführt werden sollte, vielmehr Ausgangs- und Endpunkt der Motorradtour identisch waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Revisionszulassungsgründe sind nicht gegeben (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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