Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 14 U 1240/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 3708/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23.08.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Der 1951 geborene Kläger war als Inhaber des Einzelunternehmens "KFZ M. L. " gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) in Verbindung mit der Satzung der Beklagten bei dieser gesetzlich unfallversichert. Im Rahmen dieses Unternehmens betrieb er eine Kfz-Werkstatt und einen Imbissstand auf einem ihm gehörenden Grundstück in Z ... Im März 2011 meldete der Kläger der Stadt E. als Anschrift des Betriebs sein Wohnhaus in der N. in E. (Bl. 41-1R VA), in welchem sich u.a. ein Büroraum befindet. Seine Ehefrau betreibt unter derselben Adresse ein Kosmetikstudio. Bereits am 16.03.2011 erlitt der Kläger einen Arbeitsunfall, bei dem er sich die rechte Schulter verletzte. Seinen Angaben zufolge ruhte der Betrieb in 2014 und er versuchte, das Gewerbegrundstück zu verkaufen bzw. zu vermieten. Im April 2014 wurde beim Kläger eine Tendinose und eine Ringbandstenose des rechten Mittelfingers festgestellt, die er auf einen weiteren Arbeitsunfall vom 24.03.2014 zurückführt, worüber die Beteiligten vor dem Senat ebenfalls streiten (Az.: L 10 U 3724/16). Mit Urteil vom heutigen Tag hat der Senat auch dort die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Der Kläger begab sich am 15.09.2014 wegen Schmerzen im rechten Handgelenk in die Klinik E. , wo er vom Chefarzt Dr. R. behandelt wurde. Laut dessen Notfallbericht an den Hausarzt des Klägers Dr. S. (Bl. 3 VA) gab der Kläger an, dieses Wochenende ein Extensionstrauma erlitten und seither starke Schmerzen bei Ein- und Auswärtsdrehung des Unterarms zu haben. Dr. R. diagnostizierte eine distale Radiusfraktur rechts, die konservativ behandelt wurde und Ende 2014 nur noch Restbeschwerden verursachte (Bl. 29-1 VA). Erst bei seiner Vorstellung am 07.11.2014 gab der Kläger gegenüber Dr. R. einen Arbeitsunfall an (Bl. 15-1 VA).
In seiner Unfallanzeige vom 20.10.2014 (Bl. 1 VA) schilderte der Kläger, er habe am Freitag, den 12.09.2014, in seinem Wohnhaus in E. Büroarbeiten für sein Geschäft in Z. erledigt. Er habe einen großen Apothekerschrank aufgezogen und mit der rechten Hand hineingegriffen. Dabei sei er mit dem rechten Mittelfinger, der seit der Verletzung im März 2014 versteift sei und abstehe, hängengeblieben. Der schwere Apothekerschrank habe sich daraufhin in Gang gesetzt und sein rechtes Handgelenk eingeklemmt. Ferner sei sein rechter Mittelfinger nochmals überdehnt worden.
Die Beklagte beauftragte ihren Mitarbeiter W. , die räumlichen Verhältnisse im Wohnhaus des Klägers zu klären und zu prüfen, ob der Apothekerschrank betriebliche Unterlagen enthält. Nach Prüfung der örtlichen Verhältnisse gab der Mitarbeiter an (Bl. 20 VA), in dem Apothekerschrank befänden sich keine betrieblichen Unterlagen, sondern lediglich die üblichen Küchenutensilien. Ihm gegenüber habe der Kläger mitgeteilt, zum Zeitpunkt des Unfalls Kaffee zubereitet zu haben. Im Rahmen seiner Zeugenvernehmung vor dem Sozialgericht hat der Mitarbeiter ergänzt, der Kläger habe weder gesagt, dass sich in dem Schrank Büromaterialien befänden, noch dass er Wertgegenstände in Lebensmittelpackungen aufbewahre (Bl. 46 f. SG-Akte).
Mit Bescheid vom 17.12.2014 und Widerspruchsbescheid vom 25.03.2015 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen ab. Bei dem Ereignis vom 12.09.2014 handele es sich nicht um einen Arbeitsunfall, da der Kläger zum Unfallzeitpunkt eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit (Zubereitung von Kaffee) ausgeübt habe.
Am 23.04.2015 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben und u.a. vorgetragen, am Unfalltag in seinem Büro einen Kunden empfangen zu haben. Er habe Kaffee gemacht sowie verschiedene Dinge für sein Büro aus dem Apothekerschrank holen wollen. In dem Schrank lagere er nicht nur Lebensmittel, sondern auch Bürobedarf wie Papier, Kugelschreiber, Papierscheren und anderes. Er habe sich daher regelmäßig auch in die Küche bewegt, um Bürobedarf zu holen. Im Rahmen seiner Anhörung durch das Sozialgericht hat der Kläger ausgeführt, dass ihm Name und Adresse des Kunden nicht mehr bekannt seien. Wahrscheinlich habe er - so seine ersten Angaben - einen Zettel mit Informationen zur Pachthöhe des Gewerbegrundstücks in Z. bzw. - so seine späteren Angaben - einen Auszug aus dem Pachtvertrag holen wollen. Aus Sicherheitsgründen lagerten er und seine Ehefrau gewisse Dinge in der Küche. Dabei gehe es um Schriftstücke, die andere nicht sehen sollten. Das Sozialgericht hat die Ehefrau des Klägers als Zeugin vernommen. Diese hat angegeben, dass in der Küche Büromaterialien und wichtige Dinge gelagert würden. In dem Apothekerschrank befänden sich ihre Ordner, Scheckkarten und ihre Schmuckkiste. Der Kläger habe dort teilweise Geschäftsunterlagen, Kontoauszüge und Geld gelagert (Bl. 29 SG-Akte). Was dieser aus dem Apothekerschrank genau habe holen wollen, habe er ihr nicht gesagt (Bl. 49 SG-Akte). Nachdem das Sozialgericht auch den Zeugen W. vernommen hatte (s.o.), hat es die Klage mit Urteil vom 23.08.2016 und mit der Begründung abgewiesen, der Vollbeweis, dass sich der Kläger die Handverletzung bei einer versicherten Tätigkeit zugezogen habe, sei nicht erbracht.
Gegen das ihm am 12.09.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.10.2016 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Er trägt u.a. vor, seine Büroarbeiten im Wohnhaus in E. erledigt zu haben. Dort habe er auch Kunden bzw. Kauf- oder Mietinteressenten zu Gesprächen empfangen. Infolge eines Einbruchs hätten seine Ehefrau und er sich angewöhnt, Wertgegenstände bzw. wichtige Dokumente an Orten aufzubewahren, welche für Einbrecher unverfänglich erschienen, Geld und Schmuckstücke in Paniermehlschachteln, weitere Wertgegenstände bzw. Dokumente auch in Tupperbehältnissen. Dies habe er dem Zeugen W. nicht mitgeteilt, jedoch erwähnt, dass er Büromaterialien geholt habe. Bei der Erstvorstellung bei Dr. R. habe er sich keine Gedanken gemacht, dass es sich um einen Arbeitsunfall handeln könne. Er habe aber angegeben, dass er sich die Verletzung zu Hause zugezogen habe. Bei der Vielzahl an Gesprächen im Zuge des angestrebten Verkaufs bzw. der Vermietung seines Gewerbegrundstücks sei es ihm nicht zu verdenken, dass er im Einzelfall nicht mehr wisse, an welchen Tagen er welche Informationen bzw. Unterlagen aus dem Schrank geholt habe.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Mannheim vom 23.08.2016 und des Bescheides vom 17.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2015 die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 12.09.2014 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die vorgelegten Verwaltungsakten und die beigezogenen Prozessakten des Verfahrens L 10 U 3724/16 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 17.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da die Beklagte zu Recht die Anerkennung eines Arbeitsunfalls am 12.09.2014 ablehnte.
Die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Aufhebung der die Gewährung von Leistungen pauschal ablehnenden Verwaltungsentscheidungen, weil diese im Grunde das Nichtvorliegen eines Arbeitsunfalles regeln und bei Vorliegen eines Arbeitsunfalles einer künftigen Leistungsgewährung entgegenstünden. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 3) auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen (Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 mit weiteren Ausführungen zur Anspruchsgrundlage; speziell zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 8/11 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 20).
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist danach in der Regel erforderlich (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Der Kläger war zum Zeitpunkt des hier streitigen Ereignisses als Unternehmer gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII i.V.m. der Satzung der Beklagten gesetzlich unfallversichert, da jedenfalls auch die Abwicklung des Gewerbebetriebs - hier durch die Suche nach einem Mieter bzw. Käufer des Gewerbegrundstücks - noch zu der Versicherungspflicht begründenden unternehmerischen Tätigkeit des Klägers gehört (vgl. BSG, Urteil vom 26.06.1970, 2 RU 87/66 in SozR Nr. 20 zu § 548 RVO).
Der Senat ist aber nicht überzeugt, dass der Kläger (am 12.09.2014, einem Freitag) das von ihm zuletzt behauptete (Unfall)Ereignis (Einklemmen des rechten Handgelenks in einen Apothekerschrank) bei einer versicherten Tätigkeit (beim Herausholen geschäftlicher Unterlagen) erlitt. Die Zeugin L. hat hierzu - welche Verrichtung zu der Radiusfraktur führte - keine Angaben machen können. Die Angaben des Klägers sind widersprüchlich und nicht glaubhaft.
Der Kläger machte zunächst andere Angaben zum Datum des Unfallereignisses. So schilderte er gegenüber dem erstbehandelnden Arzt Dr. R. als Ursache der Fraktur ein Extensionstrauma am Wochenende, also dem 13. bzw. 14.09.2014.
Ferner sind die Ausführungen des Klägers im Laufe des Verwaltungs- und Klageverfahrens in sich widersprüchlich und nicht plausibel.
So gab der Kläger im Rahmen der Erstbehandlung am 15.09.2014 keinen Bezug des Ereignisses zu seiner gewerblichen Tätigkeit (Unfall beim Heraussuchen geschäftlicher Unterlagen) an, worauf das Sozialgericht bereits zutreffend hingewiesen hat. Zwar hat der Kläger ausgeführt (Bl. 13 LSG-Akte), sich bei Dr. R. zunächst keine Gedanken darüber gemacht zu haben, ob ein Arbeitsunfall vorliegt, sich hierüber vielmehr erst im Nachhinein bewusst geworden zu sein. Dies ist für den Senat jedoch nicht nachvollziehbar, nachdem dem Kläger auf Grund zweier weiterer als Arbeitsunfall geltend gemachter Ereignisse vom 16.03.2011 und 24.03.2014 bekannt war, dass derartige betriebliche Umstände, wie das Heraussuchen von betrieblichen Unterlagen maßgebend für die Anerkennung als Arbeitsunfall sind. Dies gilt umso mehr, als in Bezug auf den behaupteten Arbeitsunfall am 24.03.2014 die gleiche Problematik bestand und die Beklagte im dortigen Verwaltungsverfahren bereits im Juli 2014 entsprechende Nachweise forderte.
Die Unfallanzeige erfolgte dabei mehr als einen Monat nach dem geltend gemachten Ereignis (Bl. 1 VA), wobei der Kläger lediglich angab, in seinem Haus in E. Büroarbeiten für das Gewerbe in Z. erledigt zu haben. Ausführungen, wonach er im Zusammenhang mit einem Kundengespräch geschäftliche Unterlagen aus dem Apothekerschrank habe holen wollen, fehlten auch zu diesem Zeitpunkt, worauf ebenfalls das Sozialgericht in seiner Entscheidung zutreffend hingewiesen hat.
Der Zeuge W. , der gezielt von der Beklagten damit beauftragt wurde zu klären, ob der Apothekerschrank betriebliche Unterlagen enthielt (vgl. den Auftrag Bl. 11-1 VA), fand solche nicht vor. Ihm gegenüber gab der Kläger vielmehr an, dass sich der Unfall ereignete, als er Kaffee zubereiten wollte. Dies stellte der Kläger im Rahmen seines Widerspruchs nicht in Abrede, sondern vielmehr zur Begründung eines Versicherungsschutzes darauf ab, dass sein gesamtes Anwesen Betriebsstätte seiner gewerblichen Tätigkeit sei und er in seinem Büroraum keine Möglichkeit habe, Speisen und Getränke zuzubereiten (Bl. 38, 42 VA).
Im Klageverfahren hat der Kläger seine Ausführungen zum Unfallereignis geändert und angegeben, er habe Kundenbesuch gehabt und - neben Kaffee aus der Küche für den Kunden und sich - aus dem Apothekerschrank verschiedene Dinge für sein Büro holen wollen (Bl. 2 SG-Akte). Er hat mithin erstmals dargelegt, sich die Hand nicht im Zusammenhang mit dem Zubereiten von Kaffee, sondern dem Entnehmen von verschiedenen Dingen für sein Büro aus dem Apothekerschrank eingeklemmt zu haben. Erstmals im Klageverfahren wird auch ein Kundenbesuch erwähnt, während zuvor, in der Unfallmeldung, von Büroarbeiten die Rede war. Dabei hat der Kläger nicht dargelegt, weshalb er diese neuen Umstände bislang nicht offenlegte, was auch das Sozialgericht zutreffend beanstandet hat. Gerade weil der Kläger zunächst gegenüber dem Zeugen W. auf das Zubereiten des Kaffees als zum Unfall führende Verrichtung hinwies und dies auch nochmals im Widerspruchsverfahren bestätigte, ist für den Senat nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger nunmehr eine gänzlich andere Verrichtung zum Unfallzeitpunkt - Entnehmen von Unterlagen aus dem Apothekerschrank - behauptet hat. Schon deshalb sind die Angaben des Klägers nicht glaubhaft.
Der Vortrag des Klägers ist auch in der Folgezeit nicht plausibel. Nachdem er erläutert hat, dass sich in dem Apothekerschrank Bürobedarf wie Papier, Kugelschreiber, Papierscheren u.a. befände (Bl. 22 SG-Akte), hat der Kläger in der Folgezeit dargelegt, dass er wahrscheinlich einen "Zettel gebraucht" habe, auf dem sich Angaben zur jeweiligen Höhe der Pacht seines Gewerbegrundstücks befunden hätten bzw. einen Auszug aus einem Pachtvertrag habe holen wollen. Nicht plausibel ist, weshalb sich diese "Dinge" in dem Apothekerschrank befunden haben sollen, nachdem dort nach den ursprünglichen Angaben des Kläger lediglich Bürobedarf aufbewahrt worden sein soll.
Diesem Vortrag widersprechend hat der Kläger in der Folgezeit ausgeführt, dass in dem Apothekerschrank aus "Sicherheitsgründen" gewisse Sachen in der Küche deponiert werden, wie "Schriftstücke, die andere Leute nicht sehen sollen" (Bl. 28 SG-Akte). Der Senat hat schon erhebliche Zweifel, dass die Höhe der bisherigen Pachtforderungen des Klägers eine Information darstellt, die anderen Personen nicht zur Kenntnis gelangen soll und besonderer Verwahrung bedarf, nachdem der Büroraum in E. eigentlich "nur" für die "eigenen geschäftlichen Unterlagen gedacht ist" (Bl. 45 SG-Akte) und der Kläger selbst das Dokument ursprünglich - insoweit eine geringe Bedeutung beimessend - als Zettel bezeichnet hat. Soweit er die Aufbewahrung diverser Gegenstände damit begründet hat, dass bei ihm vor einigen Jahren eingebrochen worden ist, erschließt sich dem Senat auch insoweit nicht, weshalb der Zettel mit Informationen zur Pachthöhe oder, wie der Kläger später vorgetragen hat, der Auszug aus dem Pachtvertrag (Bl. 45 SG-Akte), in dem Apothekerschrank in der Küche aufbewahrt worden sein soll, da der Einbruch nach seinen Ausführungen nur dazu geführt hat, dass Wertgegenstände, wie Schlüssel, Karten etc., mithin interessante Objekte für Einbrecher, in dem Apothekerschrank gelagert worden sind (Bl. 45 SG-Akte). Letzteres hat auch die Zeugin L. bestätigt (Wertsachen und Unterlagen, wie KFZ-Briefe und Notarurkunden, Bl. 29, 49 SG-Akte). Weder ein Auszug aus einem Pachtvertrag noch ein Zettel mit Informationen über die Pachthöhe stellt jedoch einen Wertgegenstand in diesem Sinne dar. Dass in dem Schrank auch weitere, weniger sensible Unterlagen aufbewahrt werden, ist angesichts des dort nur beschränkt vorhandenen Platzes wenig plausibel, zumal auch der Kläger angeben hat, dass der Büroraum in E. für die geschäftlichen Unterlagen vorgesehen ist.
Schließlich hat der Kläger auch nicht plausibel erläutert, wo das Gewerbe betreffende Dokumente in dem Apothekerschrank gelagert worden sein sollen. Auch die Zeugin L. hat lediglich erläutert, wo sich ihre Ordner und ihre Schmuckkiste befunden haben (Bl. 29 SG-Akte).
Soweit der Kläger schließlich dargelegt hat, man könne es ihm nicht zum Vorwurf machen, dass er nicht mehr wisse, was er aus dem Apothekerschrank habe holen wollen, führt gerade dies dazu, dass sich ein betrieblicher Zusammenhang nicht begründen lässt. Im Übrigen ist die nun angegebene Erinnerungslücke wiederum kaum nachvollziehbar. Immerhin hat der Kläger hinsichtlich des von ihm geltend gemachten Unfalls vom 24.03.2014 ausgeführt, die Verletzung sei so einschneidend gewesen, dass er sich sogar an das konkrete Ereignisdatum erinnern konnte (Bl. 44 SG-Akte). Obwohl er vorliegend eine Radiusfraktur erlitt, mithin eine ähnlich einschneidende Verletzung, sind dem Kläger hier nähere Umstände im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Unfallereignis nicht mehr bekannt, egal, ob es sich hierbei darum handelt, was er zum Zeitpunkt des angegebenen Unfallereignisses konkret machte (Kaffeezubereitung, Besorgen von Büromaterial oder Unterlagen), oder ob es um den am 12.09.2014 nach seinen Angaben anwesenden Kunden geht. Weshalb sich der Kläger dessen Namen, der ihm auf Grund der Einladung in sein Büro in E. sicherlich bekannt gewesen war, trotz der erheblichen und schmerzhaften Verletzung nicht merkte oder notierte, ist für den Senat wiederum nicht nachvollziehbar. Immerhin wusste der Kläger um die Konsequenz von Beweisschwierigkeiten aus den Vorgängen um den behaupteten Arbeitsunfall vom März 2014 (insbesondere den Anfragen der Beklagten).
Angesichts der dargelegten Widersprüche und Ungereimtheiten in den Angaben des Klägers gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass der Kläger sich die in Rede stehende Radiusfraktur nicht anlässlich einer versicherten Verrichtung zuzog, er vielmehr einen Versicherungsschutz zu konstruieren versucht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Der 1951 geborene Kläger war als Inhaber des Einzelunternehmens "KFZ M. L. " gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) in Verbindung mit der Satzung der Beklagten bei dieser gesetzlich unfallversichert. Im Rahmen dieses Unternehmens betrieb er eine Kfz-Werkstatt und einen Imbissstand auf einem ihm gehörenden Grundstück in Z ... Im März 2011 meldete der Kläger der Stadt E. als Anschrift des Betriebs sein Wohnhaus in der N. in E. (Bl. 41-1R VA), in welchem sich u.a. ein Büroraum befindet. Seine Ehefrau betreibt unter derselben Adresse ein Kosmetikstudio. Bereits am 16.03.2011 erlitt der Kläger einen Arbeitsunfall, bei dem er sich die rechte Schulter verletzte. Seinen Angaben zufolge ruhte der Betrieb in 2014 und er versuchte, das Gewerbegrundstück zu verkaufen bzw. zu vermieten. Im April 2014 wurde beim Kläger eine Tendinose und eine Ringbandstenose des rechten Mittelfingers festgestellt, die er auf einen weiteren Arbeitsunfall vom 24.03.2014 zurückführt, worüber die Beteiligten vor dem Senat ebenfalls streiten (Az.: L 10 U 3724/16). Mit Urteil vom heutigen Tag hat der Senat auch dort die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Der Kläger begab sich am 15.09.2014 wegen Schmerzen im rechten Handgelenk in die Klinik E. , wo er vom Chefarzt Dr. R. behandelt wurde. Laut dessen Notfallbericht an den Hausarzt des Klägers Dr. S. (Bl. 3 VA) gab der Kläger an, dieses Wochenende ein Extensionstrauma erlitten und seither starke Schmerzen bei Ein- und Auswärtsdrehung des Unterarms zu haben. Dr. R. diagnostizierte eine distale Radiusfraktur rechts, die konservativ behandelt wurde und Ende 2014 nur noch Restbeschwerden verursachte (Bl. 29-1 VA). Erst bei seiner Vorstellung am 07.11.2014 gab der Kläger gegenüber Dr. R. einen Arbeitsunfall an (Bl. 15-1 VA).
In seiner Unfallanzeige vom 20.10.2014 (Bl. 1 VA) schilderte der Kläger, er habe am Freitag, den 12.09.2014, in seinem Wohnhaus in E. Büroarbeiten für sein Geschäft in Z. erledigt. Er habe einen großen Apothekerschrank aufgezogen und mit der rechten Hand hineingegriffen. Dabei sei er mit dem rechten Mittelfinger, der seit der Verletzung im März 2014 versteift sei und abstehe, hängengeblieben. Der schwere Apothekerschrank habe sich daraufhin in Gang gesetzt und sein rechtes Handgelenk eingeklemmt. Ferner sei sein rechter Mittelfinger nochmals überdehnt worden.
Die Beklagte beauftragte ihren Mitarbeiter W. , die räumlichen Verhältnisse im Wohnhaus des Klägers zu klären und zu prüfen, ob der Apothekerschrank betriebliche Unterlagen enthält. Nach Prüfung der örtlichen Verhältnisse gab der Mitarbeiter an (Bl. 20 VA), in dem Apothekerschrank befänden sich keine betrieblichen Unterlagen, sondern lediglich die üblichen Küchenutensilien. Ihm gegenüber habe der Kläger mitgeteilt, zum Zeitpunkt des Unfalls Kaffee zubereitet zu haben. Im Rahmen seiner Zeugenvernehmung vor dem Sozialgericht hat der Mitarbeiter ergänzt, der Kläger habe weder gesagt, dass sich in dem Schrank Büromaterialien befänden, noch dass er Wertgegenstände in Lebensmittelpackungen aufbewahre (Bl. 46 f. SG-Akte).
Mit Bescheid vom 17.12.2014 und Widerspruchsbescheid vom 25.03.2015 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen ab. Bei dem Ereignis vom 12.09.2014 handele es sich nicht um einen Arbeitsunfall, da der Kläger zum Unfallzeitpunkt eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit (Zubereitung von Kaffee) ausgeübt habe.
Am 23.04.2015 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben und u.a. vorgetragen, am Unfalltag in seinem Büro einen Kunden empfangen zu haben. Er habe Kaffee gemacht sowie verschiedene Dinge für sein Büro aus dem Apothekerschrank holen wollen. In dem Schrank lagere er nicht nur Lebensmittel, sondern auch Bürobedarf wie Papier, Kugelschreiber, Papierscheren und anderes. Er habe sich daher regelmäßig auch in die Küche bewegt, um Bürobedarf zu holen. Im Rahmen seiner Anhörung durch das Sozialgericht hat der Kläger ausgeführt, dass ihm Name und Adresse des Kunden nicht mehr bekannt seien. Wahrscheinlich habe er - so seine ersten Angaben - einen Zettel mit Informationen zur Pachthöhe des Gewerbegrundstücks in Z. bzw. - so seine späteren Angaben - einen Auszug aus dem Pachtvertrag holen wollen. Aus Sicherheitsgründen lagerten er und seine Ehefrau gewisse Dinge in der Küche. Dabei gehe es um Schriftstücke, die andere nicht sehen sollten. Das Sozialgericht hat die Ehefrau des Klägers als Zeugin vernommen. Diese hat angegeben, dass in der Küche Büromaterialien und wichtige Dinge gelagert würden. In dem Apothekerschrank befänden sich ihre Ordner, Scheckkarten und ihre Schmuckkiste. Der Kläger habe dort teilweise Geschäftsunterlagen, Kontoauszüge und Geld gelagert (Bl. 29 SG-Akte). Was dieser aus dem Apothekerschrank genau habe holen wollen, habe er ihr nicht gesagt (Bl. 49 SG-Akte). Nachdem das Sozialgericht auch den Zeugen W. vernommen hatte (s.o.), hat es die Klage mit Urteil vom 23.08.2016 und mit der Begründung abgewiesen, der Vollbeweis, dass sich der Kläger die Handverletzung bei einer versicherten Tätigkeit zugezogen habe, sei nicht erbracht.
Gegen das ihm am 12.09.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.10.2016 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Er trägt u.a. vor, seine Büroarbeiten im Wohnhaus in E. erledigt zu haben. Dort habe er auch Kunden bzw. Kauf- oder Mietinteressenten zu Gesprächen empfangen. Infolge eines Einbruchs hätten seine Ehefrau und er sich angewöhnt, Wertgegenstände bzw. wichtige Dokumente an Orten aufzubewahren, welche für Einbrecher unverfänglich erschienen, Geld und Schmuckstücke in Paniermehlschachteln, weitere Wertgegenstände bzw. Dokumente auch in Tupperbehältnissen. Dies habe er dem Zeugen W. nicht mitgeteilt, jedoch erwähnt, dass er Büromaterialien geholt habe. Bei der Erstvorstellung bei Dr. R. habe er sich keine Gedanken gemacht, dass es sich um einen Arbeitsunfall handeln könne. Er habe aber angegeben, dass er sich die Verletzung zu Hause zugezogen habe. Bei der Vielzahl an Gesprächen im Zuge des angestrebten Verkaufs bzw. der Vermietung seines Gewerbegrundstücks sei es ihm nicht zu verdenken, dass er im Einzelfall nicht mehr wisse, an welchen Tagen er welche Informationen bzw. Unterlagen aus dem Schrank geholt habe.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Mannheim vom 23.08.2016 und des Bescheides vom 17.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2015 die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 12.09.2014 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die vorgelegten Verwaltungsakten und die beigezogenen Prozessakten des Verfahrens L 10 U 3724/16 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 17.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da die Beklagte zu Recht die Anerkennung eines Arbeitsunfalls am 12.09.2014 ablehnte.
Die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Aufhebung der die Gewährung von Leistungen pauschal ablehnenden Verwaltungsentscheidungen, weil diese im Grunde das Nichtvorliegen eines Arbeitsunfalles regeln und bei Vorliegen eines Arbeitsunfalles einer künftigen Leistungsgewährung entgegenstünden. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 3) auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen (Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 mit weiteren Ausführungen zur Anspruchsgrundlage; speziell zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 8/11 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 20).
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist danach in der Regel erforderlich (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Der Kläger war zum Zeitpunkt des hier streitigen Ereignisses als Unternehmer gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII i.V.m. der Satzung der Beklagten gesetzlich unfallversichert, da jedenfalls auch die Abwicklung des Gewerbebetriebs - hier durch die Suche nach einem Mieter bzw. Käufer des Gewerbegrundstücks - noch zu der Versicherungspflicht begründenden unternehmerischen Tätigkeit des Klägers gehört (vgl. BSG, Urteil vom 26.06.1970, 2 RU 87/66 in SozR Nr. 20 zu § 548 RVO).
Der Senat ist aber nicht überzeugt, dass der Kläger (am 12.09.2014, einem Freitag) das von ihm zuletzt behauptete (Unfall)Ereignis (Einklemmen des rechten Handgelenks in einen Apothekerschrank) bei einer versicherten Tätigkeit (beim Herausholen geschäftlicher Unterlagen) erlitt. Die Zeugin L. hat hierzu - welche Verrichtung zu der Radiusfraktur führte - keine Angaben machen können. Die Angaben des Klägers sind widersprüchlich und nicht glaubhaft.
Der Kläger machte zunächst andere Angaben zum Datum des Unfallereignisses. So schilderte er gegenüber dem erstbehandelnden Arzt Dr. R. als Ursache der Fraktur ein Extensionstrauma am Wochenende, also dem 13. bzw. 14.09.2014.
Ferner sind die Ausführungen des Klägers im Laufe des Verwaltungs- und Klageverfahrens in sich widersprüchlich und nicht plausibel.
So gab der Kläger im Rahmen der Erstbehandlung am 15.09.2014 keinen Bezug des Ereignisses zu seiner gewerblichen Tätigkeit (Unfall beim Heraussuchen geschäftlicher Unterlagen) an, worauf das Sozialgericht bereits zutreffend hingewiesen hat. Zwar hat der Kläger ausgeführt (Bl. 13 LSG-Akte), sich bei Dr. R. zunächst keine Gedanken darüber gemacht zu haben, ob ein Arbeitsunfall vorliegt, sich hierüber vielmehr erst im Nachhinein bewusst geworden zu sein. Dies ist für den Senat jedoch nicht nachvollziehbar, nachdem dem Kläger auf Grund zweier weiterer als Arbeitsunfall geltend gemachter Ereignisse vom 16.03.2011 und 24.03.2014 bekannt war, dass derartige betriebliche Umstände, wie das Heraussuchen von betrieblichen Unterlagen maßgebend für die Anerkennung als Arbeitsunfall sind. Dies gilt umso mehr, als in Bezug auf den behaupteten Arbeitsunfall am 24.03.2014 die gleiche Problematik bestand und die Beklagte im dortigen Verwaltungsverfahren bereits im Juli 2014 entsprechende Nachweise forderte.
Die Unfallanzeige erfolgte dabei mehr als einen Monat nach dem geltend gemachten Ereignis (Bl. 1 VA), wobei der Kläger lediglich angab, in seinem Haus in E. Büroarbeiten für das Gewerbe in Z. erledigt zu haben. Ausführungen, wonach er im Zusammenhang mit einem Kundengespräch geschäftliche Unterlagen aus dem Apothekerschrank habe holen wollen, fehlten auch zu diesem Zeitpunkt, worauf ebenfalls das Sozialgericht in seiner Entscheidung zutreffend hingewiesen hat.
Der Zeuge W. , der gezielt von der Beklagten damit beauftragt wurde zu klären, ob der Apothekerschrank betriebliche Unterlagen enthielt (vgl. den Auftrag Bl. 11-1 VA), fand solche nicht vor. Ihm gegenüber gab der Kläger vielmehr an, dass sich der Unfall ereignete, als er Kaffee zubereiten wollte. Dies stellte der Kläger im Rahmen seines Widerspruchs nicht in Abrede, sondern vielmehr zur Begründung eines Versicherungsschutzes darauf ab, dass sein gesamtes Anwesen Betriebsstätte seiner gewerblichen Tätigkeit sei und er in seinem Büroraum keine Möglichkeit habe, Speisen und Getränke zuzubereiten (Bl. 38, 42 VA).
Im Klageverfahren hat der Kläger seine Ausführungen zum Unfallereignis geändert und angegeben, er habe Kundenbesuch gehabt und - neben Kaffee aus der Küche für den Kunden und sich - aus dem Apothekerschrank verschiedene Dinge für sein Büro holen wollen (Bl. 2 SG-Akte). Er hat mithin erstmals dargelegt, sich die Hand nicht im Zusammenhang mit dem Zubereiten von Kaffee, sondern dem Entnehmen von verschiedenen Dingen für sein Büro aus dem Apothekerschrank eingeklemmt zu haben. Erstmals im Klageverfahren wird auch ein Kundenbesuch erwähnt, während zuvor, in der Unfallmeldung, von Büroarbeiten die Rede war. Dabei hat der Kläger nicht dargelegt, weshalb er diese neuen Umstände bislang nicht offenlegte, was auch das Sozialgericht zutreffend beanstandet hat. Gerade weil der Kläger zunächst gegenüber dem Zeugen W. auf das Zubereiten des Kaffees als zum Unfall führende Verrichtung hinwies und dies auch nochmals im Widerspruchsverfahren bestätigte, ist für den Senat nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger nunmehr eine gänzlich andere Verrichtung zum Unfallzeitpunkt - Entnehmen von Unterlagen aus dem Apothekerschrank - behauptet hat. Schon deshalb sind die Angaben des Klägers nicht glaubhaft.
Der Vortrag des Klägers ist auch in der Folgezeit nicht plausibel. Nachdem er erläutert hat, dass sich in dem Apothekerschrank Bürobedarf wie Papier, Kugelschreiber, Papierscheren u.a. befände (Bl. 22 SG-Akte), hat der Kläger in der Folgezeit dargelegt, dass er wahrscheinlich einen "Zettel gebraucht" habe, auf dem sich Angaben zur jeweiligen Höhe der Pacht seines Gewerbegrundstücks befunden hätten bzw. einen Auszug aus einem Pachtvertrag habe holen wollen. Nicht plausibel ist, weshalb sich diese "Dinge" in dem Apothekerschrank befunden haben sollen, nachdem dort nach den ursprünglichen Angaben des Kläger lediglich Bürobedarf aufbewahrt worden sein soll.
Diesem Vortrag widersprechend hat der Kläger in der Folgezeit ausgeführt, dass in dem Apothekerschrank aus "Sicherheitsgründen" gewisse Sachen in der Küche deponiert werden, wie "Schriftstücke, die andere Leute nicht sehen sollen" (Bl. 28 SG-Akte). Der Senat hat schon erhebliche Zweifel, dass die Höhe der bisherigen Pachtforderungen des Klägers eine Information darstellt, die anderen Personen nicht zur Kenntnis gelangen soll und besonderer Verwahrung bedarf, nachdem der Büroraum in E. eigentlich "nur" für die "eigenen geschäftlichen Unterlagen gedacht ist" (Bl. 45 SG-Akte) und der Kläger selbst das Dokument ursprünglich - insoweit eine geringe Bedeutung beimessend - als Zettel bezeichnet hat. Soweit er die Aufbewahrung diverser Gegenstände damit begründet hat, dass bei ihm vor einigen Jahren eingebrochen worden ist, erschließt sich dem Senat auch insoweit nicht, weshalb der Zettel mit Informationen zur Pachthöhe oder, wie der Kläger später vorgetragen hat, der Auszug aus dem Pachtvertrag (Bl. 45 SG-Akte), in dem Apothekerschrank in der Küche aufbewahrt worden sein soll, da der Einbruch nach seinen Ausführungen nur dazu geführt hat, dass Wertgegenstände, wie Schlüssel, Karten etc., mithin interessante Objekte für Einbrecher, in dem Apothekerschrank gelagert worden sind (Bl. 45 SG-Akte). Letzteres hat auch die Zeugin L. bestätigt (Wertsachen und Unterlagen, wie KFZ-Briefe und Notarurkunden, Bl. 29, 49 SG-Akte). Weder ein Auszug aus einem Pachtvertrag noch ein Zettel mit Informationen über die Pachthöhe stellt jedoch einen Wertgegenstand in diesem Sinne dar. Dass in dem Schrank auch weitere, weniger sensible Unterlagen aufbewahrt werden, ist angesichts des dort nur beschränkt vorhandenen Platzes wenig plausibel, zumal auch der Kläger angeben hat, dass der Büroraum in E. für die geschäftlichen Unterlagen vorgesehen ist.
Schließlich hat der Kläger auch nicht plausibel erläutert, wo das Gewerbe betreffende Dokumente in dem Apothekerschrank gelagert worden sein sollen. Auch die Zeugin L. hat lediglich erläutert, wo sich ihre Ordner und ihre Schmuckkiste befunden haben (Bl. 29 SG-Akte).
Soweit der Kläger schließlich dargelegt hat, man könne es ihm nicht zum Vorwurf machen, dass er nicht mehr wisse, was er aus dem Apothekerschrank habe holen wollen, führt gerade dies dazu, dass sich ein betrieblicher Zusammenhang nicht begründen lässt. Im Übrigen ist die nun angegebene Erinnerungslücke wiederum kaum nachvollziehbar. Immerhin hat der Kläger hinsichtlich des von ihm geltend gemachten Unfalls vom 24.03.2014 ausgeführt, die Verletzung sei so einschneidend gewesen, dass er sich sogar an das konkrete Ereignisdatum erinnern konnte (Bl. 44 SG-Akte). Obwohl er vorliegend eine Radiusfraktur erlitt, mithin eine ähnlich einschneidende Verletzung, sind dem Kläger hier nähere Umstände im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Unfallereignis nicht mehr bekannt, egal, ob es sich hierbei darum handelt, was er zum Zeitpunkt des angegebenen Unfallereignisses konkret machte (Kaffeezubereitung, Besorgen von Büromaterial oder Unterlagen), oder ob es um den am 12.09.2014 nach seinen Angaben anwesenden Kunden geht. Weshalb sich der Kläger dessen Namen, der ihm auf Grund der Einladung in sein Büro in E. sicherlich bekannt gewesen war, trotz der erheblichen und schmerzhaften Verletzung nicht merkte oder notierte, ist für den Senat wiederum nicht nachvollziehbar. Immerhin wusste der Kläger um die Konsequenz von Beweisschwierigkeiten aus den Vorgängen um den behaupteten Arbeitsunfall vom März 2014 (insbesondere den Anfragen der Beklagten).
Angesichts der dargelegten Widersprüche und Ungereimtheiten in den Angaben des Klägers gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass der Kläger sich die in Rede stehende Radiusfraktur nicht anlässlich einer versicherten Verrichtung zuzog, er vielmehr einen Versicherungsschutz zu konstruieren versucht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
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