Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 1245/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 2226/17 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 6. Juni 2017 insoweit aufgehoben, als der Antragsgegner dazu verpflichtet worden ist, der Antragstellerin ab 1. Juli 2017 bis längstens 30. November 2017 Leistungen nach dem 12. Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu gewähren und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung insoweit abgelehnt.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin ein Sechstel der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten; im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Gründe:
Die form- und fristgerecht (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß § 172 Abs. 1 SGG statthaft und im noch aufrechterhaltenen Umfang auch begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).
Vorliegend kommt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Wird im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten abgestellt, ist die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, weil etwa eine vollständige Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden unter Berücksichtigung insbesondere der grundrechtlichen Belange der Antragsteller. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 42).
Unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze hat die Beschwerde des Antragsgegners in dem noch aufrechterhaltenen Umfang Erfolg. Nachdem das SG mit Beschluss vom 6. Juni 2017 den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung dazu verpflichtet hat, der Antragstellerin für die Zeit vom 1. Juni 2017 bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den Antrag vom 3. Februar 2017, längstens jedoch bis zum 30. November 2017 Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren und es im Sinne eines diesen Beschluss ergänzenden Beschlusses vom 8. Juni 2017 den Antragsgegner einstweilen dazu verpflichtet hat, der Antragstellerin umgehend 458,08 EUR (auf den Monat Juni 2017 bezogen) zu leisten, hat der Antragsgegner mit Schreiben vom 21. Juni 2017 die Verpflichtung zur umgehenden Leistung der 458,08 EUR aus dem Beschluss vom 8. Juni 2017 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren "akzeptiert" - sie sind inzwischen auch an die Antragstellerin ausbezahlt - und verfolgt mit der Beschwerde (nur noch) das Ziel, die Verpflichtung zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII (dem Grunde nach) vom 1. Juli 2017 bis 30. November 2017 aufheben zu lassen. In diesem Umfang ist die Beschwerde des Antragsgegners begründet.
Insoweit ist nämlich die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung im Sinne der Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) nicht glaubhaft gemacht (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -). Zutreffend ist das SG in seinem nicht mehr angefochtenen Beschluss vom 8. Juni 2017 davon ausgegangen, dass angesichts des Rentenzahlbetrags in Höhe von 566,53 EUR an die Antragstellerin - der Sohn der Klägerin ist nicht Antragsteller - ihr Regel- und Mehrbedarf in Höhe von insgesamt 458,08 EUR mehr als gedeckt ist. Die durch den Aufenthalt im Frauenhaus anfallenden Betreuungskosten begründen von vornherein keinen Anordnungsgrund, zumal der Antragsgegner dies bezüglich klargestellt hat, für diese Kosten aufkommen zu wollen. Soweit als Bedarf der Antragstellerin auch noch Unterkunftskosten wegen des Aufenthalts im Frauenhaus gegeben sein sollten, ist zum einen dem Senat nicht bekannt, ob und in welcher Höhe diese anfallen; darüber hinaus hat die Antragstellerin nicht vorgetragen, dass ihr vom Träger des Frauenhauses aufgrund einer vorübergehenden ganzen oder teilweisen Nichtzahlung von Unterkunftskosten - der Antragstellerin stehen von ihrer Rentenzahlung ab Juli 2017 nach Abzug ihres Regel- und Mehrbedarfs noch 108,45 EUR zur Verfügung - ernsthaft angekündigt worden sei, ihren Aufenthalt im Frauenhaus zu beenden. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass der Rentenzahlbetrag in Höhe von 566,53 EUR monatlich den laufenden Regelbedarf der Antragstellerin und auch ihres Sohnes unter Berücksichtigung des Kindergeldes in Höhe von 192,00 EUR abdeckt. Formal betrachtet ist aber der Bedarf des Sohnes der Antragstellerin außen vor zu lassen, da er nicht Beteiligter dieses einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist.
Im Übrigen hat der Antragsgegner im Schreiben vom 21. Juni 2017 mitgeteilt, dass die Antragstellerin am 14. Juni 2017 eine stationäre Kurmaßnahme angetreten hat. Deren Ende ist dem Senat nicht bekannt und eine Rückkehr in das Frauenhaus nach Kenntnisstand des Senats ungewiss. Auch deswegen ist ein Anordnungsgrund mit Blick auf den Aufenthalt im Frauenhaus nicht mehr gegeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin ein Sechstel der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten; im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Gründe:
Die form- und fristgerecht (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß § 172 Abs. 1 SGG statthaft und im noch aufrechterhaltenen Umfang auch begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).
Vorliegend kommt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Wird im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten abgestellt, ist die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, weil etwa eine vollständige Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden unter Berücksichtigung insbesondere der grundrechtlichen Belange der Antragsteller. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 42).
Unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze hat die Beschwerde des Antragsgegners in dem noch aufrechterhaltenen Umfang Erfolg. Nachdem das SG mit Beschluss vom 6. Juni 2017 den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung dazu verpflichtet hat, der Antragstellerin für die Zeit vom 1. Juni 2017 bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den Antrag vom 3. Februar 2017, längstens jedoch bis zum 30. November 2017 Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren und es im Sinne eines diesen Beschluss ergänzenden Beschlusses vom 8. Juni 2017 den Antragsgegner einstweilen dazu verpflichtet hat, der Antragstellerin umgehend 458,08 EUR (auf den Monat Juni 2017 bezogen) zu leisten, hat der Antragsgegner mit Schreiben vom 21. Juni 2017 die Verpflichtung zur umgehenden Leistung der 458,08 EUR aus dem Beschluss vom 8. Juni 2017 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren "akzeptiert" - sie sind inzwischen auch an die Antragstellerin ausbezahlt - und verfolgt mit der Beschwerde (nur noch) das Ziel, die Verpflichtung zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII (dem Grunde nach) vom 1. Juli 2017 bis 30. November 2017 aufheben zu lassen. In diesem Umfang ist die Beschwerde des Antragsgegners begründet.
Insoweit ist nämlich die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung im Sinne der Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) nicht glaubhaft gemacht (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -). Zutreffend ist das SG in seinem nicht mehr angefochtenen Beschluss vom 8. Juni 2017 davon ausgegangen, dass angesichts des Rentenzahlbetrags in Höhe von 566,53 EUR an die Antragstellerin - der Sohn der Klägerin ist nicht Antragsteller - ihr Regel- und Mehrbedarf in Höhe von insgesamt 458,08 EUR mehr als gedeckt ist. Die durch den Aufenthalt im Frauenhaus anfallenden Betreuungskosten begründen von vornherein keinen Anordnungsgrund, zumal der Antragsgegner dies bezüglich klargestellt hat, für diese Kosten aufkommen zu wollen. Soweit als Bedarf der Antragstellerin auch noch Unterkunftskosten wegen des Aufenthalts im Frauenhaus gegeben sein sollten, ist zum einen dem Senat nicht bekannt, ob und in welcher Höhe diese anfallen; darüber hinaus hat die Antragstellerin nicht vorgetragen, dass ihr vom Träger des Frauenhauses aufgrund einer vorübergehenden ganzen oder teilweisen Nichtzahlung von Unterkunftskosten - der Antragstellerin stehen von ihrer Rentenzahlung ab Juli 2017 nach Abzug ihres Regel- und Mehrbedarfs noch 108,45 EUR zur Verfügung - ernsthaft angekündigt worden sei, ihren Aufenthalt im Frauenhaus zu beenden. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass der Rentenzahlbetrag in Höhe von 566,53 EUR monatlich den laufenden Regelbedarf der Antragstellerin und auch ihres Sohnes unter Berücksichtigung des Kindergeldes in Höhe von 192,00 EUR abdeckt. Formal betrachtet ist aber der Bedarf des Sohnes der Antragstellerin außen vor zu lassen, da er nicht Beteiligter dieses einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist.
Im Übrigen hat der Antragsgegner im Schreiben vom 21. Juni 2017 mitgeteilt, dass die Antragstellerin am 14. Juni 2017 eine stationäre Kurmaßnahme angetreten hat. Deren Ende ist dem Senat nicht bekannt und eine Rückkehr in das Frauenhaus nach Kenntnisstand des Senats ungewiss. Auch deswegen ist ein Anordnungsgrund mit Blick auf den Aufenthalt im Frauenhaus nicht mehr gegeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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