L 9 R 2517/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 1311/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2517/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. April 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Der 1961 geborene Kläger war zuletzt als Vertriebsmitarbeiter im Außendienst versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 30.11.2010 bis 11.01.2011 gewährte die Beklagte dem Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme im Reha-Zentrum Bad D., aus der er mit den Diagnosen schwere depressive Episode und kombinierte Persönlichkeitsstörung arbeitsunfähig entlassen wurde. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Vertriebsmitarbeiter im Außendienst sei ihm nur noch unter drei Stunden täglich zumutbar. Bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr. Da der Kläger vor seiner Ver-triebstätigkeit in einem sehr speziellen Bereich der Technik gearbeitet habe, benötige er Leistungen zur Teilhabe, um auf den heutigen Stand der Technik zu kommen. Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben wurden ausdrücklich empfohlen.

Mit Bescheid vom 17.05.2011 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am 03.05.2011 ab. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien nicht erfüllt, da durch diese die Erwerbsfähigkeit nicht wesentlich gebessert, wiederhergestellt oder deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden könne. Vorrangig seien therapeutische Maßnahmen indiziert.

Zur Begründung seines hiergegen am 21.06.2011 eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, sein Gesundheitszustand habe sich zuletzt auch durch eine Umstellung der Medikation positiv verändert.

Nach Beiziehung eines Befundberichts des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 19.04.2012 eine medizinisch-berufliche Rehabilitationsleistung in Form einer Belastungserprobung, die vom 13.06.2012 bis 25.07.2012 bei der S. GmbH in K. durchgeführt wurde. Im Entlassungsbericht vom 06.08.2012 wurden die Diagnosen mittelgradige depressive Episode und kombinierte Persönlichkeitsstörung mit zwanghaften und narzisstischen Anteilen angegeben. Es werde ein berufliches Training zur Steigerung der Belastbarkeit mit begleitenden oder vorangestellten medizinisch-therapeutischen Maßnahmen empfohlen.

Mit Bescheid vom 16.10.2012 bewilligte die Beklagte dem Kläger dem Grunde nach Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Hinsichtlich Art und Umfang der Leistungen wurde der Kläger gebeten, zunächst ein Beratungsgespräch mit dem Reha-Fachberatungsdienst der Beklagten wahrzunehmen.

Hiergegen legte der Kläger am 19.11.2012 Widerspruch ein, den er auch nach Aufforderung der Beklagten nicht begründete.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.04.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte zur Begründung aus, mit seinem Widerspruch begehre der Kläger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Dem Begehren könne nicht entsprochen werden. Nachdem der Kläger den Widerspruch nicht begründet und keine neuen Tatsachen vorgetragen habe, sei eine Überprüfung nur nach Aktenlage möglich; hiernach sei der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden.

Hiergegen hat der Kläger am 06.05.2013 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Der Widerspruchsbescheid sei sachlich unrichtig. Dort werde ausgeführt, dass er mit seinem Widerspruch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben begehre und diesem Begehren nicht entsprochen werden könne. Diese Aussage sei falsch. Offenbar handle es sich nur um einen Textbaustein, der ungeprüft verschickt worden sei.

Auf wiederholte Nachfrage des SG hat der Kläger nicht mitgeteilt, warum er gegen den Bewilligungsbescheid vom 16.10.2012 Widerspruch eingelegt hat.

Mit Urteil vom 25.04.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte sei das Begehren des Klägers so auszulegen, dass er die Aufhebung des angefochtenen Bescheids begehre. Ein Leistungsbegehren habe er nicht geäußert. Er habe sich vielmehr lediglich gegen die Begründung des Widerspruchsbescheids gewandt. Die Anfechtungsklage sei unzulässig, da keine Klagebefugnis bestehe. Durch die Bewilligung der beantragten Leistung könne der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt worden sein. Die fehlerhafte Begründung des Widerspruchsbescheids ändere daran nichts. Der Verfügungssatz des Widerspruchsbescheids, nämlich die Zurückweisung des Widerspruchs, sei korrekt. Auf das Zutreffen oder Nichtzutreffen der Begründung dieses Verfügungssatzes komme es nicht an.

Gegen das ihm am 09.05.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.06.2014, dem Dienstag nach Pfingstmontag, Berufung eingelegt. Obwohl alle Stellen seine schwere Erkrankung bestätigten, tue die Beklagte so, als sei er völlig gesund, nur, weil er die damalige Belastungserprobung mitgemacht habe. Dass er kurz danach schon wieder Probleme gehabt habe, die in einem völligen Zusammenbruch Anfang 2013 gipfelten, werde nicht zur Kenntnis genommen. Erst Ende 2012 habe ihm die Beklagte die Leistungen bewilligt. Ergebnis sei ein inhaltsloser bzw. nicht substantiierter Bescheid gewesen. Auch seine Bemühungen (S.) seine nicht hoffnungsvoll gewesen; demnach hätte er frühestens Mitte 2013 dort tatsächlich einen Platz erhalten können.

Die Beteiligten haben im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt.

Die Beteiligten sind wiederholt, zuletzt mit Schreiben vom 02.05.2017 und 31.05.2017 darauf hingewiesen worden, das eine Entscheidung über die Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht komme; ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält. Zuletzt mit Schreiben vom 02.05.2017 und 31.05.2017 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Der Senat schließt sich den Ausführungen des SG nach eigener Prüfung uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.

Der Kläger hat auch im Berufungsverfahren nicht konkret vorgetragen, warum er sich gegen die angefochtenen Bescheide wendet, mit denen ihm die beantragten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach bewilligt wurden. Zwar ist die Begründung des Widerspruchsbescheides, wonach dem auf die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe gerichteten Begehren nicht entsprochen werden könne, falsch, eine zusätzliche selbständige Beschwer, die eine isolierte Anfechtung des Widerspruchsbescheids ermöglichen würde (vgl. dazu B. S. in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 12. Aufl., § 95 Rdnr. 3a, m.w.N.), enthält der Widerspruchsbescheid jedoch nicht. Wie das SG dargelegt hat, ist maßgeblich der Verfügungssatz des Widerspruchsbescheids, mit dem der Widerspruch zurückgewiesen wurde. Die weiteren Ausführungen sind bloßes Begründungselement, denen keine eigenständige Regelung zukommt. Aus der Fehlerhaftigkeit des Widerspruchsbescheids ergibt sich auch nicht zwangsläufig, dass er deswegen aufgehoben werden müsste (BSG, Urteil vom 14.12.1978, 1 RJ 54/78, Juris). Der Kläger hat hinsichtlich der Aufhebung des Widerspruchsbescheids allein wegen der fehlerhaften Begründung, die weder eine Ermessens- noch eine Zweckmäßigkeitsentscheidung betrifft (vgl. dazu B. S., a.a.O., § 95 Rdnr. 3e, m.w.N.), kein Rechtsschutzbedürfnis.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Saved