Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 830/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 926/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 3. Februar 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1965 geborene Klägerin hat in Kroatien in den Zeiträumen vom 10. April 1986 bis 24. Juni 1988 sowie 10. Mai 1997 bis 27. Juni 2002 (jeweils mit Unterbrechungen) Versicherungszeiten (System der Arbeitnehmer, Selbstständigen oder Landwirte) zurückgelegt. In Deutschland war sie vom 4. Mai 1994 bis 28. Februar 1997 (mit Unterbrechungen) sowie vom 21. September 2004 bis 31. März 2007 versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 1. April 2007 bis 30. März 2008 bezog sie Arbeitslosengeld und vom 31. März bis 9. September 2008 Arbeitslosengeld II (mit Arbeitslosigkeit). Vom 10. September bis 3. Dezember 2008 war sie wiederum versicherungspflichtig beschäftigt und bezog im Anschluss bis 10. Februar 2009 Sozialleistungen. Seit 11. Februar 2009 bezieht die Klägerin Arbeitslosengeld II (bis 31. Dezember 2010 mit Arbeitslosigkeit). Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf vom 20. März 2017 verwiesen.
Die Klägerin macht im Wesentlichen Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem sowie - verbunden mit Schmerzen - auf orthopädischem Fachgebiet gelten, auf Grund deren sie erwerbsgemindert sei.
Rentenanträge aus dem Jahr 2007 waren nach medizinischen Ermittlungen (u.a. Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. vom 11. Februar 2008 [reaktive Schlafstörung und Schmerzen, allenfalls geringes psychovegetatives Syndrom, keine zeitliche Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit]) erfolglos geblieben. Aus einer stationären Rehabilitationsbehandlung in der Klinik Hausbaden (3. Juli bis 10. August 2008) war die Klägerin als sechsstündig und mehr leistungsfähig entlassen worden. Ein weiterer Rentenantrag vom 11. Juli 2012 blieb nach Begutachtungen durch den Neurologen und Psychiater Dr. M. vom 15. November 2012 (eine psychiatrische Diagnose [D] im engeren Sinne sei nicht zu stellen, es bestünden schmerzbedingte Schlafstörungen und ein allenfalls geringes psychovegetatives Syndrom; keine rentenrechtlich erhebliche qualitative oder quantitative Leistungsminderung) sowie durch Dr. P. vom 15. November 2012 (D: u.a. Somatisierungsstörung mit depressiven Anteilen, leichte Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule [WS], wiederkehrende Reizerscheinungen des Muskelsehnenmantels der rechten Schulter, leichte Bewegungseinschränkung, chronisch obstruktive Lungenerkrankung bei fortgesetztem Zigarettenrauchen; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig möglich) ebenfalls erfolglos (Bescheid vom 6. Dezember 2012 und Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2013). Im nachfolgenden Klageverfahren, S 9 R 442/13, holte das Sozialgericht Reutlingen (SG), nach Beiziehung ärztlicher Berichte sachverständige Zeugenaussagen sowie eines Sachverständigengutachtens des Orthopäden und Rheumatologen Dr. R. vom 27. November 2013 ein (D: lokales Cervicalsyndrom ohne Funktionseinbußen, geringe Bewegungseinschränkung der rechten Schulter mit geringen Funktionseinbußen, doppelbogige BWS-/LWS-Skoliose ohne wesentliche Funktionseinbußen, geringe Chondropathia patellae beidseits ohne Reizerscheinungen oder Funktionseinbußen, Somatisierungsstörung, beginnende chronische Schmerzerkrankung mit somatischen und psychischen Faktoren im Sinne einer beginnenden Angst- und depressiven Störung; Tätigkeiten mit gelegentlichem Heben und Tragen von fünf bis zehn kg im Stehen, Gehen oder Sitzen - ohne schweres Heben, Zwangshaltungen, überwiegende Überkopfarbeit, besondere Verantwortung [an gefährdenden Maschinen], Akkord und Fließbandarbeiten sowie Witterungseinflüsse - seien sechs Stunden arbeitstäglich möglich). Hierauf nahm die Klägerin die Klage zurück.
Den dem vorliegenden Rechtsstreit zu Grunde liegenden erneuten Rentenantrag vom 11. Oktober 2014, zu dem die Klägerin als leistungseinschränkend u.a. eine schwere Depression, HWS-Beschwerden mit Skoliose, Migräne, Herzrhythmusstörungen, Asthma und Beschwerden an den oberen Extremitäten geltend machte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2015 und Widerspruchsbescheid vom 30. März 2015 ab, da die Klägerin ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne und somit nicht erwerbsgemindert sei.
Grundlage der Entscheidung waren im Wesentlichen ein Befundbericht des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. vom 7. November 2014 (D: Posttraumatische Belastungsstörung [PTBS], depressive Episode, Angststörung) und ein weiteres Gutachten des Dr. M. vom 21. Januar 2015 (die Klägerin berichte im Gespräch mit viel körperlicher Gestik und kräftiger Stimme in engagierter Weise über ihre Situation, die psychiatrische Untersuchung habe deutliche Hinweise für das Vorliegen somatoformer Beschwerden zum einen im Sinne eines anhaltenden somatoformen Schmerzsyndroms, wie auch weiterer Beeinträchtigungen z.B. im Magendarmbereich gezeigt, darüber hinaus würden Ängste berichtet, teilweise Panikattacken sowie auch zeitweise depressive Symptome und Zwangssymptome; die Klägerin suche zwei verschiedene Psychiater gleichzeitig auf, nehme aber verordnete Medikamente derzeit nicht ein, nach ihren Angaben seien ihr Citalopram, Opipramol, Trazodon und Tavor nicht bekommen, eine dringend erforderliche Psychotherapie scheine immer noch nicht stattzufinden; kontrastierend zu den teils sehr heftig geklagten körperlichen Schmerzphänomenen zeige weder die körperliche Untersuchung, noch das spontane Bewegungsverhalten eine adäquate Problematik, auch beim Bericht über alltägliche Abläufe werde deutlich, dass die Klägerin praktisch den ganzen Tag in ihrer Wohnung auf den Beinen sei und diese "picobello" sauber halte und in einer nach ihren Angaben schon zwanghaft zu nennenden Weise für permanente Ordnung und Sauberkeit der Wohnräume sorge; gegenüber der Voruntersuchung sei keine Änderung eingetreten; leichte körperliche Arbeiten - ohne besonderen Zeitdruck, besondere Anforderungen an Reaktions- und Konzentrationsvermögen, Heben und Tragen von Lasten, WS-Zwangshaltungen, Einwirkungen von Nässe, Hitze, Rauch, Gasen und Dämpfen, häufiges Bücken, Heben, Tragen von Lasten, Kälte und besonderen Zeitdruck - seien weiterhin regelmäßig möglich). MD Dr. G., Internist-Sozial-medizin-Betriebsmedizin, hatte eine weitere undatierte Stellungnahme abgegeben (leichte Tätigkeiten - ohne Akkordarbeiten und Nachtschicht, besondere Anforderungen an das Reaktions-und Konzentrationsvermögen sowie Zwangshaltungen - seien sechs Stunden und mehr möglich).
Wegen der die Gewährung von Rente versagenden Entscheidungen hat die Klägerin am 2. April 2015 Klage beim SG erhoben. Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, auch leichte Tätigkeiten seien keine sechs Stunden arbeitstäglich möglich. Insbesondere bestünden Erkrankungen auf psychiatrischem Gebiet. Während ihrer beruflichen Tätigkeiten in der Gastronomie sei sie zweimal mit einer Pistole bedroht und von alkoholisierten Gästen mit einem Stuhl beworfen worden. Auf Grund dieser Ereignisse und schlimmen Kriegserlebnissen, einer Vergewaltigung und diversen Mobbingsituationen bestünden bei ihr eine Angststörung mit ausgeprägten Panikattacken und eine mittelgradige Depression. Sie sei in psychotherapeutischer Behandlung bei dem Dipl.-Psych. S ... Ferner bestünden erhebliche orthopädische Beschwerden. Im April 2016 sei eine Komplettruptur der Supraspinatussehne festgestellt worden. Hierzu hat die Klägerin einen Bericht des Radiologen PD Dr. K. vom 5. April 2016 über ein MR der rechten Schulter (kurzstreckig u-förmige Komplettruptur der Supraspinatussehne unmittelbar am Ansatz von Tuberculum majus loco typico, Zeichen der Bursitis subacromialis/subdeltoidea) vorgelegt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihnen erhobenen Befunde und (z.T.) ihre Einschätzung des Leistungsvermögens haben (teils unter Beifügung von weiteren ärztlichen Äußerungen) der Kardiologe und Internist Dr. A. am 19. Mai 2015 (derzeit keine kardiale Therapienotwendigkeit erkennbar, Nikotinkarenz empfohlen), der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. am 1. Juni 2015 (Vorliegen einer [PTBS] sowie einer depressiven Störung, Angabe entsprechend von Ängsten sowie Konzentrations- und Schlafstörungen; leichte Tätigkeiten drei bis unter sechs Stunden möglich), der Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D.-W. am 10. Juni 2015 (D: PTBS, depressive Episode mittelgradig, anankastische Persönlichkeit; auf Grund der Angststörung denke er nicht, dass die Klägerin sofort sechs Stunden täglich für leichtere Arbeiten leistungsfähig sei, hierfür müsste eine mehrmonatige stufenweise Wiedereingliederung erfolgen) und die Allgemeinmedizinerin Dr. S. am 29. Juni 2015 (PTBS, mittelgradige depressive Episode, anankastische Persönlichkeit, generalisierte Angststörung, chronische WS-Beschwerden, chronisches HWS-BWS-LWS-Syndrom, rezidivierendes Impingement-Syndrom rechts, chronische Epicondylitis humero radialis rechts, myofasziales Schmerzsyndrom; Tätigkeiten von sechs Stunden und mehr täglich seien nach Ansicht des Nervenarztes und des Psychologen ausgeschlossen) berichtet. Im Januar 2017 hat auf Nachfrage hat Dr. C. mitgeteilt, die Klägerin habe sich nach dem 11. Mai 2015 nicht mehr vorgestellt, und Dr. D.-W., die Klägerin habe sich letztmals am 23. Januar 2015 vorgestellt.
Ferner hat das SG Sachverständigengutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. L. vom 17. November 2015 mit - auf Einwendungen der Beklagten und des MD Dr. G. vom 4. Dezember 2015 - ergänzender Stellungnahme vom 7. Januar 2016, des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie, Psychosomatische Medizin, Rehabilitationswesen und Geriatrie Dr. S., dem die Klägerin noch einen Bericht der Kreiskliniken E. vom 19. Mai 2016 (stationäre Behandlung einer Rotatorenmanschetten [RM]-Teilruptur der rechten Schulter mittels Arthroskopie) und der Fachkliniken H. vom 19. Juli 2016 (ambulante Behandlung einer RM-Ruptur rechts) vorgelegt hat, vom 26. August 2016 sowie der Orthopädin Dr. B.-S. vom 9. Dezember 2016 eingeholt.
Dr. L. hat die von der Klägerin angegebenen Beschwerden sowie die Angaben zum Tagesablauf, die Ergebnisse der durchgeführten Tests und das Ergebnis seiner sonstigen Befunderhebungen referiert. Wegen der Einzelheuten wird auf das Gutachten verwiesen. Die Klägerin hat u.a. angegeben, sie habe einmal in der Woche Psychotherapie und gehe regelmäßig zur Krankengymnastik. Medikamente nehme sie neben der Psychotherapie nicht, verordnete Psychopharmaka vertrage sie nicht. Es bestehe - so der Sachverständige - auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet eine mittelgradige Depression mit Hoffnungslosigkeit, Ratlosigkeit, pessimistischen Denkstrukturen, deutlichen Schlafstörungen, innerer Unruhe, mäßigem sozialem Rückzug, Weinen im Rahmen der Untersuchung, ängstlichem Gesamteindruck, mäßiger Antriebsminderung und Einengung der affektiven Schwingungsbreite. Testpsychologisch habe sich eine leichte bis mittelgradige bzw. mittelgradige Depression bestätigt. Testpsychologisch und klinisch habe man auch leichte kognitive Störungen sowie eine leichte Verlangsamung des Denktempos und leichtere Konzentrationsstörungen und Gedächtnisstörungen feststellen können. Ein hirnorganisches Psychosyndrom liege nicht vor. Zusätzlich zu berücksichtigen seien ausgeprägte Panikattacken und diffuse Angstzustände. Bei der Exploration sei ein leicht ängstlicher Gesichtsausdruck aufgefallen, zusätzlich eine leichtere somatoforme Schmerzstörung, die allerdings klinisch eher irrelevant sei. Neurologische Störungen seien nicht feststellbar. Es habe ein leichtes bis mäßiges Schmerzsyndrom an der WS ohne Beeinträchtigungen beim Ankleiden und beim Auskleiden und mit nur leichten bis mäßigen Schmerzreaktionen beim Aufrichten und beim Zurückliegen bestanden. Dr. L. hat eine mittelgradige depressive Episode und leichte kognitive Beeinträchtigungen sowie eine deutliche Minderung der Flexibilität und eine mäßige Antriebsminderung, ausgeprägte Panikattacken bei mäßig generalisierter Angststörung, ein mäßiges Schmerzsyndrom entlang der WS bei Skoliose ohne neurologische Komplikation, eine Gonarthrose, eine milde supraventrikuläre Extrasystolie und eine Epicondylitis humeri diagnostiziert. Die Klägerin könne noch berufliche Tätigkeiten (überwiegend) im Gehen und Stehen - ohne häufiges Bücken, Akkord- und Fließbandarbeiten, Nachtschichten übermäßige mentale Belastung und Verantwortlichkeit - mit leicht verlangsamtem Arbeitstempo in Wechselschichten drei bis unter sechs Stunden verrichten. Konkret seien etwa fünf Stunden pro Tag möglich, was sich auf Grund der psychiatrischen Erkrankung ergebe. Zusätzliche Pausen seien nicht notwendig. Ein massives Schmerzsyndrom habe sich nicht nachweisen oder plausibel machen lassen. Allerdings sei die Belastungsfähigkeit durch die Depression mäßig gemindert, insbesondere die Durchhaltefähigkeit und Flexibilität, weswegen eine vollschichtige Belastung nicht möglich sei. Aus dem Tagesablauf ergäben sich mäßige Beeinträchtigungen. Die Klägerin habe angegeben, sie müsse sich immer wieder ausruhen und habe keinen Antrieb. Die Klägerin könne viermal täglich eine Wegstrecke von 500 m innerhalb von 20 Minuten zurücklegen. Es müsse sich um keine Störung mit Dauercharakter handeln. Eine bessere Kooperation bei der Behandlung mit Psychopharmaka sei erforderlich. Leider habe es bislang nur Unverträglichkeiten ergeben, es gebe aber eine Reihe von neuen Medikamenten, die durchaus eingesetzt werden könnten und Erfolgsaussichten hätten. Auch die durchgeführte Psychotherapie könnte die Symptomatik verbessern. Hieran hat der Sachverständige auch auf Einwendungen von Dr. G. festgehalten.
Über ihre Feststellungen haben als Zeugen dann noch der Orthopäde Dr. K. am 8. März 2016 (Epicondylitis humeri radialis rechts bei tendomyogener Verkürzung, PHS rechte Schulter mit intermittierendem Belastungsschmerz; Leistungsbeurteilung nicht möglich) und der Dipl.-Psych. Schmid am 1. April 2016 (PTBS, depressive Episode, gegenwärtig mittelgradig, andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung und Agoraphobie mit Panikstörung; psychotherapeutischen Behandlung seit Mai 2015; eine Arbeitsbelastung von sechs Stunden und mehr liege deutlich über den Belastungsgrenzen der Klägerin) berichtet.
Dr. S. hat in seinem Sachverständigengutachten im Wesentlichen den Akteninhalt, die Angaben der Klägerin zum Tagesablauf und ihren Aktivitäten, zu ihren Beschwerden und zur Lebensgeschichte sowie die auf psychischem und neurologischem Gebiet erhobenen Befunde und den von ihm erhobenen allgemeinen körperlichen Befund referiert. Er hat die Diagnosen rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert, spezifische Phobien und Migräne mit Aura gestellt. Es habe zum Zeitpunkt der Begutachtung keine Depression und auch keine leichte depressive Episode vorgelegen. Er habe weiter spezifische Phobien diagnostiziert und auch in Erwägung gezogen, die Diagnose einer generalisierten Angststörung zu stellen, doch letztlich hätten die Störungen eher spezifischen Phobien entsprochen, vorherrschend vom sogenannten Naturgewaltentyp. Ferner habe er eine Migräne erhoben. Außerdem seien die bekannten orthopädischen Einschränkungen zu berücksichtigen sowie die Operation der rechten Schulter in jüngerer Zeit. Die Klägerin könne unter Berücksichtigung der Gesundheitsstörungen mindestens sechs Stunden täglich einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes - ohne Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten mit besonderer Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung, Zwangshaltung und häufige Überkopfarbeiten und Heben und Tragen größerer Lasten - nachgehen. Schwere und therapieresistente psychische Funktionsstörungen seien nicht feststellbar. Entgegen den Ausführungen von Dr. L. und des Dipl.-Psych. S. habe er - wie schon dazwischen Dr. M. und Dr. R. - bei seiner Begutachtung keine Depression, auch nicht vom Ausmaß einer leichten depressiven Episode feststellen können. Bei seiner Untersuchung habe keine relevante Beeinträchtigung der Stimmung, sondern lediglich themenabhängig eine leichte Missgelauntheit, zu keinem Zeitpunkt eine Deprimiertheit, festgestellt werden können. Beim Bericht über ihre Mutter in Kroatien habe die Klägerin zwar Tränen bekommen, sie sei jedoch schnell und anhaltend ablenkbar gewesen, habe schmunzeln und scherzen können, leuchtende Augen bekommen und uneingeschränkt affektiv mitschwingen können. Sie habe energievoll und lebhaft und vital gewirkt. Eine Antriebsstörung habe nicht einmal ansatzweise bestanden. Eine Depression, auch leichter Ausprägung, sei nicht zu diagnostizieren gewesen. Auch kein noch leichteres Störungsbild wie eine Dysthymia oder Angst und depressive Störung gemischt. Bei der Klägerin sei herauszuarbeiten gewesen, dass eine deutliche Furcht oder Angst vor ganz bestimmten Situationen und Objekten bestehe, beispielsweise der sogenannten Naturgewaltentypen der spezifischen Phobie. Die Annahme eines fünfstündigen Leistungsvermögens durch Dr. L. sei - wie dessen seine diagnostische Zuordnungen - nicht nachzuvollziehen. Zu vermissen sei auch eine Diskussion der zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten. Die Frage der Therapieresistenz habe Dr. L. überhaupt nicht erörtert. Selbst wenn die von ihm angeführten Diagnosen zum Zeitpunkt der Begutachtung so bestanden hätten, hätte er auch feststellen müssen, dass diese de facto unbehandelt gewesen seien und dass die Kriterien zur Feststellung einer Therapieresistenz nicht erfüllt gewesen seien. Dr. M. stimme er in der gesamten Schweregradeinschätzung der Erkrankung zu, ebenfalls dessen Annahme eines mindestens sechsstündigen Leistungsvermögens. Wenn Dr. D.-W. zwar von einem sechsstündigen nicht sofort, jedoch nach einer mehrmonatigen stufenweisen Wiedereingliederung, ausgehe, ergebe sich daraus ebenfalls keine quantitative Leistungsminderung.
In ihrem Sachverständigengutachten hat Dr. B.-S. als vorliegende Gesundheitsstörungen Schmerzen im Bereich der HWS mit Rotationseinschränkung und Nervenwurzelreizung bei radiologisch geringen degenerativen Veränderungen im Segment C5/C6, Schmerzen im Bereich der BWS ohne Funktionseinschränkung und ohne Nervenwurzelreizung bei radiologisch rechtskonvexer Skoliose ohne degenerative Veränderungen, Schmerzen im Bereich der LWS ohne Funktionseinschränkung und ohne Nervenwurzelreizungen bei geringen degenerativen Veränderungen, Schmerzen im Bereich des rechten und linken Kniegelenks ohne Funktionseinschränkung und ohne Reizerscheinung bei freier Beweglichkeit, radiologisch unauffällig, Schmerzen im Bereich des linken Hüftgelenks mit leichter Rotationseinschränkung, radiologisch unauffällig, Schmerzen im Bereich des rechten Ellbogens bei radiologisch unauffälligem Befund und V.a. Epicondylitis, Schmerzen im Bereich der rechten Schulter bei Z.n. Schulteroperation im Mai 2016 mit Bewegungseinschränkung und Zeichen degenerativer Veränderung der RM, Schmerzen im Bereich der linken Schulter mit Bewegungseinschränkung und radiologischem V.a. degenerative Veränderungen der RM sowie Schmerzen im Bereich der rechten Hand und im rechten Daumen ohne Funktionseinschränkung und radiologisch unauffällig, aufgeführt. Auf Grund der Beschwerden im Bereich der HWS sowie muskulärer Dysbalancen im Bereich von BWS und LWS (ohne erkennbare wesentliche degenerative Veränderungen) und auch auf Grund der Schulterbeschwerden rechts und links seien mittelschwere sowie schwere körperliche Tätigkeiten sowie Überkopfarbeiten nicht mehr zumutbar und Bildschirmarbeit ebenfalls zu meiden. Wirbelsäulenverdrehte Haltungen und eine rein sitzende Tätigkeit sollten vermieden werden. Beschwerden im Bereich der linken Hüfte seien bei der Untersuchung lediglich auf Grund der Rotationseinschränkung nachvollziehbar, radiologisch sei der Befund unauffällig. Eine schwere und mittelschwere körperliche Tätigkeit sei insoweit nicht mehr zumutbar, überwiegendes Stehen und Gehen sei zu vermeiden. Ein Kniegelenksschaden habe bei der Untersuchung nicht nachvollzogen werden können. Heben und Tragen von Lasten über fünf kg müsste vermieden werden. Arbeiten auf Schulterhöhe und Überkopfarbeiten seien nicht mehr zumutbar. Eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit sei von der Epicondylitis her zu sehen. Hier seien Arbeiten mit Bewegen von Lasten über fünf kg zu vermeiden, ebenso Fließbandarbeiten. Eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit von Seiten der Handgelenks- und Handbeschwerden sei auf Grund des klinischen und radiologischen Befundes nicht erkennbar. Unter Berücksichtigung der orthopädischen Leiden sei die Klägerin weiterhin in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen - ohne wirbelsäulenverdrehte Haltungen, Überkopfarbeiten und Arbeiten auf Schulterhöhe sowie Fließbandarbeiten - täglich sechs Stunden zu verrichten.
Die Beklagte hat zum jeweils vorliegenden Ermittlungsergebnis u.a. Stellungnahmen des Internisten und Sozialmediziners sowie Betriebsmediziners Dr. G. vom 4. Dezember 2015, 16. Februar 2016 und 6. September 2016 vorgelegt, der abschließend eine rentenberechtigende Leistungsminderung verneint hat.
Mit Gerichtsbescheid vom 3. Februar 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung eine Rente wegen Erwerbsminderung lägen nicht vor, da die Klägerin ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne und auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorlägen, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen würden. Hierbei hat sich das SG im Wesentlichen auf die Gutachten der Dr. B.-S. und des Dr. S. gestützt. Die Ausführungen von Dr. L. hat das SG nicht als überzeugend angesehen. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin zwar fünf, nicht aber sechs Stunden arbeitstäglich arbeiten könne. Im Übrigen stehe die Klägerin auch nicht in regelmäßiger fachpsychiatrischer Behandlung. Es erfolge keine psychopharmakologische Medikation und es seien in den letzten Jahren auch keine stationären oder teilstationären Behandlungen dokumentiert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.
Gegen den am 3. Februar 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 24. Februar 2017 Berufung eingelegt. Sie trägt im Wesentlichen vor, ihre Beschwerden lägen auf neurologisch-psychiatrischem sowie auf orthopädischem Fachgebiet. Seit vielen Jahren sei sie in regelmäßiger fachärztlicher Behandlung. Sämtliche Behandlungsmethoden seien ausgeschöpft. Die behandelnden Psychiater bzw. Psychologen hätten ein Leistungsvermögen zumindest unter sechs Stunden bestätigt. Trotzdem habe sich das SG den Ausführungen Dr. S. angeschlossen und hierbei verkannt, dass die behandelnden Ärzte auf Grund der langjährigen Behandlungen und Untersuchungen eine aussagekräftigere Beurteilung als Dr. S. abgeben könnten.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 3. Februar 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18. Februar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2015 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2014 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht geltend, eine rentenberechtigende Leistungsminderung sei nicht nachgewiesen. Hierzu hat sie eine sozialmedizinische Stellungnahme der Ärztin für Allgemeinmedizin, Allergologie, Sozialmedizin Dr. B. vom 3. Mai 2017 vorgelegt, nach welcher leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen weiterhin sechs Stunden und mehr täglich möglich seien.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Der Eintritt einer rentenberechtigenden Leistungsminderung muss im Wege des Vollbeweises festgestellt sein, vernünftige Zweifel am Bestehen der Einschränkungen dürfen nicht bestehen. Gemessen daran vermag der Senat nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass bei der Klägerin eine rentenrechtlich relevante qualitative oder eine quantitative Minderung des Leistungsvermögens auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich vorliegt.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids unter Zugrundelegung der vorgenannten rechtlichen Grundlagen zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat, weil sie unter Berücksichtigung aller vorliegenden Gutachten und ärztlichen Äußerungen noch in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung näher aufgeführter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten und auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und keine schwere "spezifische" Leistungsbeeinträchtigung vorliegen. Dem schließt sich der Senat nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend ist festzustellen, dass auch unter Berücksichtigung der Einwendungen der Klägerin im Berufungsverfahren für den Senat die Sachverständigengutachten des Dr. S., das insoweit im Wesentlichen auch in Übereinstimmung steht mit dem im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten des Dr. M. vom 21. Januar 2015 sowie den von der Beklagten vorgelegten und als qualifizierter Beteiligtenvortrag verwertbaren Stellungnahmen von Dr. G., und der Dr. B.-S. schlüssig und überzeugend sind.
Es liegen insofern auf orthopädischem Gebiet lediglich qualitative und keine quantitativen Einschränkungen vor. Bei der Klägerin liegen nach der Untersuchung der Dr. B.-S. und deren Auswertung der in den Akten enthaltenen Befunde Schmerzen im Bereich der HWS mit Rotationseinschränkung und Nervenwurzelreizung bei radiologisch geringen degenerativen Veränderungen im Segment C5/C6, Schmerzen im Bereich der BWS ohne Funktionseinschränkung und ohne Nervenwurzelreizung bei radiologisch rechtskonvexer Skoliose ohne degenerative Veränderungen, Schmerzen im Bereich der LWS ohne Funktionseinschränkung und ohne Nervenwurzelreizungen bei geringen degenerativen Veränderungen, Schmerzen im Bereich des rechten und linken Kniegelenks ohne Funktionseinschränkung und ohne Reizerscheinung bei freier Beweglichkeit, radiologisch unauffällig, Schmerzen im Bereich des linken Hüftgelenks mit leichter Rotationseinschränkung, radiologisch unauffällig, Schmerzen im Bereich des rechten Ellbogens bei radiologisch unauffälligem Befund und V.a. Epicondylitis, Schmerzen im Bereich der rechten Schulter bei Z.n. Schulteroperation im Mai 2016 mit Bewegungseinschränkung und Zeichen degenerativer Veränderung der RM, Schmerzen im Bereich der linken Schulter mit Bewegungseinschränkung und radiologischem V.a. degenerative Veränderungen der RM sowie Schmerzen im Bereich der rechten Hand und im rechten Daumen ohne Funktionseinschränkung und radiologisch unauffällig vor. Das Vorliegen dieser Beschwerden steht für den Senat auf Grund der vorliegenden Berichte und des Gutachtens der Dr. B.-S. fest. Weitergehende dauerhafte Gesundheitsstörungen mit Auswirkungen auf das berufliche Leistungsvermögen im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung sind dagegen nicht feststellbar. Insgesamt handelt es sich um eine Vielzahl von Schmerzangaben, denen großteils ein klinischer oder radiologischer Befund nicht gegenüber steht. Unter Berücksichtigung dieser Erkrankungen kann die Klägerin nach dem schlüssigen und den Senat überzeugenden Gutachten von Dr. B.-S. eine leichte körperliche Tätigkeit im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen - ohne wirbelsäulenverdrehte Haltungen, Überkopfarbeiten und Arbeiten auf Schulterhöhe sowie Fließbandarbeiten - täglich sechs Stunden verrichten.
Auch auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet liegen lediglich qualitative und keine quantitativen Einschränkungen vor. Gemäß dem schlüssigen und überzeugenden Sachverständigengutachten des Dr. S. haben die in den Akten enthaltenen Befunde und dessen Untersuchung eine rezidivierende depressive Störung, bei der Begutachtung remittiert, spezifische Phobien und eine Migräne mit Aura ergeben. Es hat zum Zeitpunkt der Begutachtung keine Depression und auch keine leichte depressive Episode vorgelegen. Hinsichtlich der spezifischen Phobien hat der Sachverständige auch in Erwägung gezogen, die Diagnose einer generalisierten Angststörung zu stellen, doch letztlich hätten die Störungen eher spezifischen Phobien entsprochen, vorherrschend vom sogenannten Naturgewaltentyp. Außerdem hat der Sachverständige die bekannten orthopädischen Einschränkungen berücksichtigt sowie die Operation der rechten Schulter in jüngerer Zeit vor seiner Untersuchung. Die zum Teil behauptete PTBS (Dr. Coenen 2014) lässt sich demgegenüber nicht feststellen, insbesondere sind nicht die typischen Befunde und Symptome, die diese Diagnose rechtfertigen könnten beschrieben oder gar nachgewiesen. Unter Berücksichtigung dessen hat der Sachverständige für den Senat schlüssig und überzeugend dargelegt, dass die Klägerin unter Beachtung der Gesundheitsstörungen mindestens sechs Stunden täglich einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes - ohne Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten mit besonderer Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung, Zwangshaltung und häufige Überkopfarbeiten und Heben und Tragen größerer Lasten - nachgehen kann. Schwere und therapieresistente psychische Funktionsstörungen sind nicht feststellbar. Diese Einschätzung überzeugt den Senat auch unter Einbeziehung der Angaben der Klägerin bei dem Sachverständigen und unter Berücksichtigung des von diesem erhobenen psychischen Befundes. Bei ihm hat die Klägerin angegeben, sie stehe zu unterschiedlichen Zeiten auf: Tagsüber koche sie und putze sie und esse auch mal mit der Nachbarin. Zum Einkaufen könne sie ganz in der Nähe gehen. Momentan kehre eine Nachbarin für sie, da sie an der Schulter operiert sei. Tagsüber höre sie Radio und lese gern. Sie spreche Deutsch und verstehe die Sprache, aber mit dem Lesen falle ihr das Kroatische leichter. Abends schaue sie Fernsehen und gehe dann zu unterschiedlichen Zeiten zu Bett. Sie habe einen Führerschein und ein Fahrzeug, mit dem sie sogar in Kroatien gewesen sei. Sie sei zuletzt zu Ostern sieben Tage bei der Mutter gewesen. Seit ein paar Jahren fahre sie nicht mehr selbst mit dem Auto nach Kroatien, sondern mit dem Bus, da sie da dazwischen aufstehen und umhergehen könne. Daraus ergibt sich ein strukturierter Tagesablauf und kann auch ein erhebliches soziales Rückzugsverhalten, sei es auf Grund einer behaupteten Phobie oder aus sonstigen psychiatrischen Leiden, nicht abgeleitet werden. Aus der Wiedergabe des psychischen Befundes bei Dr. S. ergibt sich, dass die Klägerin, die sauber und ordentlich gekleidet erschienen ist, zunächst mit der rechten Hand einen Igelball geknetet hat. Sie hat mit kräftiger und unauffällig modulierter Stimme berichtet. Die Gestik ist dabei lebhaft und situationsadäquat gewesen. Sie hat offen gewirkt, auch spontan in ihren Schilderungen und auch nicht nur auf Fragen geantwortet. Sie hat entspannt gesessen und man hat lediglich auf ihren Wunsch eine Zigarettenpause eingelegt. Sie hat zu keinem Zeitpunkt schmerzgeplagt oder leidend gewirkt. Die Gesprächsatmosphäre ist entspannt geblieben und die Klägerin hat dem Gespräch problemlos folgen können. Sie ist bewusstseinsklar und orientiert gewesen, hat lebhaft, energievoll und vital gewirkt. Anfänglich ist sie etwas missgelaunt erschienen, keinesfalls deprimiert. Themenabhängig, z.B. Thema Mutter, sind einige Tränen gekommen, sie ist jedoch nicht in ihrer dann etwas missgelaunten Stimmung erstarrt. Die Klägerin ist schnell und anhaltend auflockerbar gewesen, hat schmunzeln und lächeln können, leuchtende Augen bekommen und scherzen können. Das affektive Schwingungsvermögen ist ungestört gewesen. Störungen des formalen Denkens haben sich nicht gefunden. Es hat sich kein Wahn gezeigt, keine klaren zwangshaften, jedoch phobische Denkinhalte vor der Dunkelheit und Unwettern und Blitzeinschlag. Wahrnehmungsstörungen und Ichstörungen haben sich nicht gefunden. Intellektuell haben sich keine Einschränkungen ergeben. Während der Begutachtung ist das Konzentrationsvermögen und die Aufmerksamkeit vollkommen ungestört gewesen. Es hat sich eine Fähigkeit zur durchaus strukturierten Alltagsgestaltung im Rahmen der Anforderungen gezeigt. Die Klägerin hat ein körperliches Krankheitsgefühl gezeigt, ein tiefergehendes psychiatrisches Krankheitsgefühl ist nicht zu fassen gewesen, auch kein weitergehender Leidensdruck und keine echte Therapie- und Veränderungsmotivation. Die Beschwerdeschilderung und -darstellung sind Dr. S. insgesamt glaubhaft erschienen bei einer leichten Verdeutlichungsneigung. Angesichts dessen und der Tatsache, dass eine adäquate Therapie nicht stattgefunden hat und auch weder eine angemessene bzw. optimale Psychopharmaka-Behandlung oder gar stationäre Behandlung erfolgt ist, hat der Senat keine Zweifel daran, dass das Ergebnis des Gutachtens von Dr. S. auch hinsichtlich der Leistungseinschätzung zutreffend ist.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Aussagen der behandelnden Ärzte auch unter Berücksichtigung aller Befunde und Begründungen nicht überzeugender und aussagekräftiger, als die Einschätzung des Dr. S ... Diese lassen weder eine gutachterlich-kritische Distanz, noch ein kritisches Hinterfragen der Angaben der Klägerin erkennen, weswegen sie den Senat nicht zu überzeugen vermögen.
Soweit von Dr. S. und Dr. M. abweichend Dr. L. zur Einschätzung gelangt ist, die Klägerin könne lediglich fünf Stunden täglich einer beruflichen Tätigkeit nachgehen, fehlt es für den Senat ebenfalls an einer überzeugenden und nachvollziehbaren Begründung. Insbesondere besteht kein Anhalt für die von Dr. L. angenommene Therapieresistenz und sind die von ihm zu Grunde gelegten Diagnosen nicht hinreichend durch Befunde gesichert, was Dr. S. für den Senat ebenso wie Dr. G. überzeugend dargelegt hat. Auch der von Dr. L. beschriebene psychische Befund macht dessen Annahme einer Leistungsminderung auf nur fünf Stunden arbeitstäglich nicht so plausibel, dass dies mit der erforderlichen Gewissheit festgestellt werden könnte. Zum psychischen Befund hat Dr. L. ausgeführt, vom äußeren Erscheinungsbild wirke die Klägerin mäßig depressiv und sichtlich erschöpft. Der Blickkontakt werde bisweilen gemieden, die Klägerin wirke wie abwesend und weine auch bisweilen. Bewusstseinslage und Vigilanz seien regelrecht, Aufmerksamkeit und Konzentration im Rahmen einer mittelgradigen Depression leicht beeinträchtigt. Die Orientiertheit sei regelgerecht. Interaktion und Kontakt seien gemindert, der Antrieb mäßig gemindert. Eine erhebliche innere Unruhe sei erkennbar. Die Sprechweise sei leise, bisweilen dem Weinen nahe und auch von Weinen durchbrochen. Kontrolle und Steuerung seien regelrecht. Denkabläufe seien leicht verlangsamt und ambivalent, Denkinhalte auf Körperbeschwerden und Angstattacken beschränkt. Geklagt werde über heftige Panikattacken mit körperlicher Begleitsymptomatik und auch über diffuse Angstzustände. Intelligenz und intellektuelles Niveau seien durchschnittlich. Das Neu- und Altgedächtnis sei diskret gemindert. Gestimmtheit und Affektivität seien durchgehend bedrückt, depressiv, pessimistisch und ratlos. Eine Ablenkbarkeit bestehe nicht. Die affektive Resonanz sei leicht bis mäßig eingeschränkt, Empfindung und Wahrnehmung auf somatoforme Beschwerden zentriert. Es fänden sich keine psychotischen Denkinhalte. Primär bestehe eine zur depressiven Verarbeitung neigende Persönlichkeitsstruktur. Insofern hat Dr. L. eine allenfalls mäßige depressive Störung gesehen. Angesichts dessen ist es nicht erkennbar, warum die Klägerin zwar fünf, aber keine sechs Stunden arbeiten können soll. Dem Gutachten ist insofern allenfalls zu entnehmen, dass Dr. L. hierbei die Angaben der Klägerin selbst zu ihrem Leistungsvermögen in den Vordergrund gestellt hat, ohne dies mit Befunden zu belegen und ohne Berücksichtigung, dass es an einer optimalen Therapie fehlt. Im Übrigen ergibt sich daraus auch, dass Dr. L. keine einer Erwerbstätigkeit grundsätzlich entgegenstehende phobische Störung festgestellt hat.
Auch auf anderen medizinischen Fachgebieten liegen - von vorübergehenden Gesundheitsstörungen abgesehen - keine Gesundheitsstörungen vor, die für die Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung relevant wären und dauerhaft das quantitative Leistungsvermögen (auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich) oder wesentlich das qualitative Leistungsvermögen (über die o.g. Einschränkungen hinaus) begrenzen würden. Entsprechende Leiden und Einschränkungen ergeben sich insbesondere auch nicht aus den Berichten uns Aussagen der behandelnden Ärzte.
Unter Berücksichtigung der gesamten Beweislage ist es mithin nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellbar, dass die Klägerin in rentenberechtigendem Ausmaß in ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist.
Der Sachverhalt ist auch umfassend geklärt, sodass kein Anhalt für weiteren Ermittlungsbedarf besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1965 geborene Klägerin hat in Kroatien in den Zeiträumen vom 10. April 1986 bis 24. Juni 1988 sowie 10. Mai 1997 bis 27. Juni 2002 (jeweils mit Unterbrechungen) Versicherungszeiten (System der Arbeitnehmer, Selbstständigen oder Landwirte) zurückgelegt. In Deutschland war sie vom 4. Mai 1994 bis 28. Februar 1997 (mit Unterbrechungen) sowie vom 21. September 2004 bis 31. März 2007 versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 1. April 2007 bis 30. März 2008 bezog sie Arbeitslosengeld und vom 31. März bis 9. September 2008 Arbeitslosengeld II (mit Arbeitslosigkeit). Vom 10. September bis 3. Dezember 2008 war sie wiederum versicherungspflichtig beschäftigt und bezog im Anschluss bis 10. Februar 2009 Sozialleistungen. Seit 11. Februar 2009 bezieht die Klägerin Arbeitslosengeld II (bis 31. Dezember 2010 mit Arbeitslosigkeit). Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf vom 20. März 2017 verwiesen.
Die Klägerin macht im Wesentlichen Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem sowie - verbunden mit Schmerzen - auf orthopädischem Fachgebiet gelten, auf Grund deren sie erwerbsgemindert sei.
Rentenanträge aus dem Jahr 2007 waren nach medizinischen Ermittlungen (u.a. Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. vom 11. Februar 2008 [reaktive Schlafstörung und Schmerzen, allenfalls geringes psychovegetatives Syndrom, keine zeitliche Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit]) erfolglos geblieben. Aus einer stationären Rehabilitationsbehandlung in der Klinik Hausbaden (3. Juli bis 10. August 2008) war die Klägerin als sechsstündig und mehr leistungsfähig entlassen worden. Ein weiterer Rentenantrag vom 11. Juli 2012 blieb nach Begutachtungen durch den Neurologen und Psychiater Dr. M. vom 15. November 2012 (eine psychiatrische Diagnose [D] im engeren Sinne sei nicht zu stellen, es bestünden schmerzbedingte Schlafstörungen und ein allenfalls geringes psychovegetatives Syndrom; keine rentenrechtlich erhebliche qualitative oder quantitative Leistungsminderung) sowie durch Dr. P. vom 15. November 2012 (D: u.a. Somatisierungsstörung mit depressiven Anteilen, leichte Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule [WS], wiederkehrende Reizerscheinungen des Muskelsehnenmantels der rechten Schulter, leichte Bewegungseinschränkung, chronisch obstruktive Lungenerkrankung bei fortgesetztem Zigarettenrauchen; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig möglich) ebenfalls erfolglos (Bescheid vom 6. Dezember 2012 und Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2013). Im nachfolgenden Klageverfahren, S 9 R 442/13, holte das Sozialgericht Reutlingen (SG), nach Beiziehung ärztlicher Berichte sachverständige Zeugenaussagen sowie eines Sachverständigengutachtens des Orthopäden und Rheumatologen Dr. R. vom 27. November 2013 ein (D: lokales Cervicalsyndrom ohne Funktionseinbußen, geringe Bewegungseinschränkung der rechten Schulter mit geringen Funktionseinbußen, doppelbogige BWS-/LWS-Skoliose ohne wesentliche Funktionseinbußen, geringe Chondropathia patellae beidseits ohne Reizerscheinungen oder Funktionseinbußen, Somatisierungsstörung, beginnende chronische Schmerzerkrankung mit somatischen und psychischen Faktoren im Sinne einer beginnenden Angst- und depressiven Störung; Tätigkeiten mit gelegentlichem Heben und Tragen von fünf bis zehn kg im Stehen, Gehen oder Sitzen - ohne schweres Heben, Zwangshaltungen, überwiegende Überkopfarbeit, besondere Verantwortung [an gefährdenden Maschinen], Akkord und Fließbandarbeiten sowie Witterungseinflüsse - seien sechs Stunden arbeitstäglich möglich). Hierauf nahm die Klägerin die Klage zurück.
Den dem vorliegenden Rechtsstreit zu Grunde liegenden erneuten Rentenantrag vom 11. Oktober 2014, zu dem die Klägerin als leistungseinschränkend u.a. eine schwere Depression, HWS-Beschwerden mit Skoliose, Migräne, Herzrhythmusstörungen, Asthma und Beschwerden an den oberen Extremitäten geltend machte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2015 und Widerspruchsbescheid vom 30. März 2015 ab, da die Klägerin ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne und somit nicht erwerbsgemindert sei.
Grundlage der Entscheidung waren im Wesentlichen ein Befundbericht des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. vom 7. November 2014 (D: Posttraumatische Belastungsstörung [PTBS], depressive Episode, Angststörung) und ein weiteres Gutachten des Dr. M. vom 21. Januar 2015 (die Klägerin berichte im Gespräch mit viel körperlicher Gestik und kräftiger Stimme in engagierter Weise über ihre Situation, die psychiatrische Untersuchung habe deutliche Hinweise für das Vorliegen somatoformer Beschwerden zum einen im Sinne eines anhaltenden somatoformen Schmerzsyndroms, wie auch weiterer Beeinträchtigungen z.B. im Magendarmbereich gezeigt, darüber hinaus würden Ängste berichtet, teilweise Panikattacken sowie auch zeitweise depressive Symptome und Zwangssymptome; die Klägerin suche zwei verschiedene Psychiater gleichzeitig auf, nehme aber verordnete Medikamente derzeit nicht ein, nach ihren Angaben seien ihr Citalopram, Opipramol, Trazodon und Tavor nicht bekommen, eine dringend erforderliche Psychotherapie scheine immer noch nicht stattzufinden; kontrastierend zu den teils sehr heftig geklagten körperlichen Schmerzphänomenen zeige weder die körperliche Untersuchung, noch das spontane Bewegungsverhalten eine adäquate Problematik, auch beim Bericht über alltägliche Abläufe werde deutlich, dass die Klägerin praktisch den ganzen Tag in ihrer Wohnung auf den Beinen sei und diese "picobello" sauber halte und in einer nach ihren Angaben schon zwanghaft zu nennenden Weise für permanente Ordnung und Sauberkeit der Wohnräume sorge; gegenüber der Voruntersuchung sei keine Änderung eingetreten; leichte körperliche Arbeiten - ohne besonderen Zeitdruck, besondere Anforderungen an Reaktions- und Konzentrationsvermögen, Heben und Tragen von Lasten, WS-Zwangshaltungen, Einwirkungen von Nässe, Hitze, Rauch, Gasen und Dämpfen, häufiges Bücken, Heben, Tragen von Lasten, Kälte und besonderen Zeitdruck - seien weiterhin regelmäßig möglich). MD Dr. G., Internist-Sozial-medizin-Betriebsmedizin, hatte eine weitere undatierte Stellungnahme abgegeben (leichte Tätigkeiten - ohne Akkordarbeiten und Nachtschicht, besondere Anforderungen an das Reaktions-und Konzentrationsvermögen sowie Zwangshaltungen - seien sechs Stunden und mehr möglich).
Wegen der die Gewährung von Rente versagenden Entscheidungen hat die Klägerin am 2. April 2015 Klage beim SG erhoben. Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, auch leichte Tätigkeiten seien keine sechs Stunden arbeitstäglich möglich. Insbesondere bestünden Erkrankungen auf psychiatrischem Gebiet. Während ihrer beruflichen Tätigkeiten in der Gastronomie sei sie zweimal mit einer Pistole bedroht und von alkoholisierten Gästen mit einem Stuhl beworfen worden. Auf Grund dieser Ereignisse und schlimmen Kriegserlebnissen, einer Vergewaltigung und diversen Mobbingsituationen bestünden bei ihr eine Angststörung mit ausgeprägten Panikattacken und eine mittelgradige Depression. Sie sei in psychotherapeutischer Behandlung bei dem Dipl.-Psych. S ... Ferner bestünden erhebliche orthopädische Beschwerden. Im April 2016 sei eine Komplettruptur der Supraspinatussehne festgestellt worden. Hierzu hat die Klägerin einen Bericht des Radiologen PD Dr. K. vom 5. April 2016 über ein MR der rechten Schulter (kurzstreckig u-förmige Komplettruptur der Supraspinatussehne unmittelbar am Ansatz von Tuberculum majus loco typico, Zeichen der Bursitis subacromialis/subdeltoidea) vorgelegt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihnen erhobenen Befunde und (z.T.) ihre Einschätzung des Leistungsvermögens haben (teils unter Beifügung von weiteren ärztlichen Äußerungen) der Kardiologe und Internist Dr. A. am 19. Mai 2015 (derzeit keine kardiale Therapienotwendigkeit erkennbar, Nikotinkarenz empfohlen), der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. am 1. Juni 2015 (Vorliegen einer [PTBS] sowie einer depressiven Störung, Angabe entsprechend von Ängsten sowie Konzentrations- und Schlafstörungen; leichte Tätigkeiten drei bis unter sechs Stunden möglich), der Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D.-W. am 10. Juni 2015 (D: PTBS, depressive Episode mittelgradig, anankastische Persönlichkeit; auf Grund der Angststörung denke er nicht, dass die Klägerin sofort sechs Stunden täglich für leichtere Arbeiten leistungsfähig sei, hierfür müsste eine mehrmonatige stufenweise Wiedereingliederung erfolgen) und die Allgemeinmedizinerin Dr. S. am 29. Juni 2015 (PTBS, mittelgradige depressive Episode, anankastische Persönlichkeit, generalisierte Angststörung, chronische WS-Beschwerden, chronisches HWS-BWS-LWS-Syndrom, rezidivierendes Impingement-Syndrom rechts, chronische Epicondylitis humero radialis rechts, myofasziales Schmerzsyndrom; Tätigkeiten von sechs Stunden und mehr täglich seien nach Ansicht des Nervenarztes und des Psychologen ausgeschlossen) berichtet. Im Januar 2017 hat auf Nachfrage hat Dr. C. mitgeteilt, die Klägerin habe sich nach dem 11. Mai 2015 nicht mehr vorgestellt, und Dr. D.-W., die Klägerin habe sich letztmals am 23. Januar 2015 vorgestellt.
Ferner hat das SG Sachverständigengutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. L. vom 17. November 2015 mit - auf Einwendungen der Beklagten und des MD Dr. G. vom 4. Dezember 2015 - ergänzender Stellungnahme vom 7. Januar 2016, des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie, Psychosomatische Medizin, Rehabilitationswesen und Geriatrie Dr. S., dem die Klägerin noch einen Bericht der Kreiskliniken E. vom 19. Mai 2016 (stationäre Behandlung einer Rotatorenmanschetten [RM]-Teilruptur der rechten Schulter mittels Arthroskopie) und der Fachkliniken H. vom 19. Juli 2016 (ambulante Behandlung einer RM-Ruptur rechts) vorgelegt hat, vom 26. August 2016 sowie der Orthopädin Dr. B.-S. vom 9. Dezember 2016 eingeholt.
Dr. L. hat die von der Klägerin angegebenen Beschwerden sowie die Angaben zum Tagesablauf, die Ergebnisse der durchgeführten Tests und das Ergebnis seiner sonstigen Befunderhebungen referiert. Wegen der Einzelheuten wird auf das Gutachten verwiesen. Die Klägerin hat u.a. angegeben, sie habe einmal in der Woche Psychotherapie und gehe regelmäßig zur Krankengymnastik. Medikamente nehme sie neben der Psychotherapie nicht, verordnete Psychopharmaka vertrage sie nicht. Es bestehe - so der Sachverständige - auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet eine mittelgradige Depression mit Hoffnungslosigkeit, Ratlosigkeit, pessimistischen Denkstrukturen, deutlichen Schlafstörungen, innerer Unruhe, mäßigem sozialem Rückzug, Weinen im Rahmen der Untersuchung, ängstlichem Gesamteindruck, mäßiger Antriebsminderung und Einengung der affektiven Schwingungsbreite. Testpsychologisch habe sich eine leichte bis mittelgradige bzw. mittelgradige Depression bestätigt. Testpsychologisch und klinisch habe man auch leichte kognitive Störungen sowie eine leichte Verlangsamung des Denktempos und leichtere Konzentrationsstörungen und Gedächtnisstörungen feststellen können. Ein hirnorganisches Psychosyndrom liege nicht vor. Zusätzlich zu berücksichtigen seien ausgeprägte Panikattacken und diffuse Angstzustände. Bei der Exploration sei ein leicht ängstlicher Gesichtsausdruck aufgefallen, zusätzlich eine leichtere somatoforme Schmerzstörung, die allerdings klinisch eher irrelevant sei. Neurologische Störungen seien nicht feststellbar. Es habe ein leichtes bis mäßiges Schmerzsyndrom an der WS ohne Beeinträchtigungen beim Ankleiden und beim Auskleiden und mit nur leichten bis mäßigen Schmerzreaktionen beim Aufrichten und beim Zurückliegen bestanden. Dr. L. hat eine mittelgradige depressive Episode und leichte kognitive Beeinträchtigungen sowie eine deutliche Minderung der Flexibilität und eine mäßige Antriebsminderung, ausgeprägte Panikattacken bei mäßig generalisierter Angststörung, ein mäßiges Schmerzsyndrom entlang der WS bei Skoliose ohne neurologische Komplikation, eine Gonarthrose, eine milde supraventrikuläre Extrasystolie und eine Epicondylitis humeri diagnostiziert. Die Klägerin könne noch berufliche Tätigkeiten (überwiegend) im Gehen und Stehen - ohne häufiges Bücken, Akkord- und Fließbandarbeiten, Nachtschichten übermäßige mentale Belastung und Verantwortlichkeit - mit leicht verlangsamtem Arbeitstempo in Wechselschichten drei bis unter sechs Stunden verrichten. Konkret seien etwa fünf Stunden pro Tag möglich, was sich auf Grund der psychiatrischen Erkrankung ergebe. Zusätzliche Pausen seien nicht notwendig. Ein massives Schmerzsyndrom habe sich nicht nachweisen oder plausibel machen lassen. Allerdings sei die Belastungsfähigkeit durch die Depression mäßig gemindert, insbesondere die Durchhaltefähigkeit und Flexibilität, weswegen eine vollschichtige Belastung nicht möglich sei. Aus dem Tagesablauf ergäben sich mäßige Beeinträchtigungen. Die Klägerin habe angegeben, sie müsse sich immer wieder ausruhen und habe keinen Antrieb. Die Klägerin könne viermal täglich eine Wegstrecke von 500 m innerhalb von 20 Minuten zurücklegen. Es müsse sich um keine Störung mit Dauercharakter handeln. Eine bessere Kooperation bei der Behandlung mit Psychopharmaka sei erforderlich. Leider habe es bislang nur Unverträglichkeiten ergeben, es gebe aber eine Reihe von neuen Medikamenten, die durchaus eingesetzt werden könnten und Erfolgsaussichten hätten. Auch die durchgeführte Psychotherapie könnte die Symptomatik verbessern. Hieran hat der Sachverständige auch auf Einwendungen von Dr. G. festgehalten.
Über ihre Feststellungen haben als Zeugen dann noch der Orthopäde Dr. K. am 8. März 2016 (Epicondylitis humeri radialis rechts bei tendomyogener Verkürzung, PHS rechte Schulter mit intermittierendem Belastungsschmerz; Leistungsbeurteilung nicht möglich) und der Dipl.-Psych. Schmid am 1. April 2016 (PTBS, depressive Episode, gegenwärtig mittelgradig, andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung und Agoraphobie mit Panikstörung; psychotherapeutischen Behandlung seit Mai 2015; eine Arbeitsbelastung von sechs Stunden und mehr liege deutlich über den Belastungsgrenzen der Klägerin) berichtet.
Dr. S. hat in seinem Sachverständigengutachten im Wesentlichen den Akteninhalt, die Angaben der Klägerin zum Tagesablauf und ihren Aktivitäten, zu ihren Beschwerden und zur Lebensgeschichte sowie die auf psychischem und neurologischem Gebiet erhobenen Befunde und den von ihm erhobenen allgemeinen körperlichen Befund referiert. Er hat die Diagnosen rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert, spezifische Phobien und Migräne mit Aura gestellt. Es habe zum Zeitpunkt der Begutachtung keine Depression und auch keine leichte depressive Episode vorgelegen. Er habe weiter spezifische Phobien diagnostiziert und auch in Erwägung gezogen, die Diagnose einer generalisierten Angststörung zu stellen, doch letztlich hätten die Störungen eher spezifischen Phobien entsprochen, vorherrschend vom sogenannten Naturgewaltentyp. Ferner habe er eine Migräne erhoben. Außerdem seien die bekannten orthopädischen Einschränkungen zu berücksichtigen sowie die Operation der rechten Schulter in jüngerer Zeit. Die Klägerin könne unter Berücksichtigung der Gesundheitsstörungen mindestens sechs Stunden täglich einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes - ohne Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten mit besonderer Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung, Zwangshaltung und häufige Überkopfarbeiten und Heben und Tragen größerer Lasten - nachgehen. Schwere und therapieresistente psychische Funktionsstörungen seien nicht feststellbar. Entgegen den Ausführungen von Dr. L. und des Dipl.-Psych. S. habe er - wie schon dazwischen Dr. M. und Dr. R. - bei seiner Begutachtung keine Depression, auch nicht vom Ausmaß einer leichten depressiven Episode feststellen können. Bei seiner Untersuchung habe keine relevante Beeinträchtigung der Stimmung, sondern lediglich themenabhängig eine leichte Missgelauntheit, zu keinem Zeitpunkt eine Deprimiertheit, festgestellt werden können. Beim Bericht über ihre Mutter in Kroatien habe die Klägerin zwar Tränen bekommen, sie sei jedoch schnell und anhaltend ablenkbar gewesen, habe schmunzeln und scherzen können, leuchtende Augen bekommen und uneingeschränkt affektiv mitschwingen können. Sie habe energievoll und lebhaft und vital gewirkt. Eine Antriebsstörung habe nicht einmal ansatzweise bestanden. Eine Depression, auch leichter Ausprägung, sei nicht zu diagnostizieren gewesen. Auch kein noch leichteres Störungsbild wie eine Dysthymia oder Angst und depressive Störung gemischt. Bei der Klägerin sei herauszuarbeiten gewesen, dass eine deutliche Furcht oder Angst vor ganz bestimmten Situationen und Objekten bestehe, beispielsweise der sogenannten Naturgewaltentypen der spezifischen Phobie. Die Annahme eines fünfstündigen Leistungsvermögens durch Dr. L. sei - wie dessen seine diagnostische Zuordnungen - nicht nachzuvollziehen. Zu vermissen sei auch eine Diskussion der zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten. Die Frage der Therapieresistenz habe Dr. L. überhaupt nicht erörtert. Selbst wenn die von ihm angeführten Diagnosen zum Zeitpunkt der Begutachtung so bestanden hätten, hätte er auch feststellen müssen, dass diese de facto unbehandelt gewesen seien und dass die Kriterien zur Feststellung einer Therapieresistenz nicht erfüllt gewesen seien. Dr. M. stimme er in der gesamten Schweregradeinschätzung der Erkrankung zu, ebenfalls dessen Annahme eines mindestens sechsstündigen Leistungsvermögens. Wenn Dr. D.-W. zwar von einem sechsstündigen nicht sofort, jedoch nach einer mehrmonatigen stufenweisen Wiedereingliederung, ausgehe, ergebe sich daraus ebenfalls keine quantitative Leistungsminderung.
In ihrem Sachverständigengutachten hat Dr. B.-S. als vorliegende Gesundheitsstörungen Schmerzen im Bereich der HWS mit Rotationseinschränkung und Nervenwurzelreizung bei radiologisch geringen degenerativen Veränderungen im Segment C5/C6, Schmerzen im Bereich der BWS ohne Funktionseinschränkung und ohne Nervenwurzelreizung bei radiologisch rechtskonvexer Skoliose ohne degenerative Veränderungen, Schmerzen im Bereich der LWS ohne Funktionseinschränkung und ohne Nervenwurzelreizungen bei geringen degenerativen Veränderungen, Schmerzen im Bereich des rechten und linken Kniegelenks ohne Funktionseinschränkung und ohne Reizerscheinung bei freier Beweglichkeit, radiologisch unauffällig, Schmerzen im Bereich des linken Hüftgelenks mit leichter Rotationseinschränkung, radiologisch unauffällig, Schmerzen im Bereich des rechten Ellbogens bei radiologisch unauffälligem Befund und V.a. Epicondylitis, Schmerzen im Bereich der rechten Schulter bei Z.n. Schulteroperation im Mai 2016 mit Bewegungseinschränkung und Zeichen degenerativer Veränderung der RM, Schmerzen im Bereich der linken Schulter mit Bewegungseinschränkung und radiologischem V.a. degenerative Veränderungen der RM sowie Schmerzen im Bereich der rechten Hand und im rechten Daumen ohne Funktionseinschränkung und radiologisch unauffällig, aufgeführt. Auf Grund der Beschwerden im Bereich der HWS sowie muskulärer Dysbalancen im Bereich von BWS und LWS (ohne erkennbare wesentliche degenerative Veränderungen) und auch auf Grund der Schulterbeschwerden rechts und links seien mittelschwere sowie schwere körperliche Tätigkeiten sowie Überkopfarbeiten nicht mehr zumutbar und Bildschirmarbeit ebenfalls zu meiden. Wirbelsäulenverdrehte Haltungen und eine rein sitzende Tätigkeit sollten vermieden werden. Beschwerden im Bereich der linken Hüfte seien bei der Untersuchung lediglich auf Grund der Rotationseinschränkung nachvollziehbar, radiologisch sei der Befund unauffällig. Eine schwere und mittelschwere körperliche Tätigkeit sei insoweit nicht mehr zumutbar, überwiegendes Stehen und Gehen sei zu vermeiden. Ein Kniegelenksschaden habe bei der Untersuchung nicht nachvollzogen werden können. Heben und Tragen von Lasten über fünf kg müsste vermieden werden. Arbeiten auf Schulterhöhe und Überkopfarbeiten seien nicht mehr zumutbar. Eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit sei von der Epicondylitis her zu sehen. Hier seien Arbeiten mit Bewegen von Lasten über fünf kg zu vermeiden, ebenso Fließbandarbeiten. Eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit von Seiten der Handgelenks- und Handbeschwerden sei auf Grund des klinischen und radiologischen Befundes nicht erkennbar. Unter Berücksichtigung der orthopädischen Leiden sei die Klägerin weiterhin in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen - ohne wirbelsäulenverdrehte Haltungen, Überkopfarbeiten und Arbeiten auf Schulterhöhe sowie Fließbandarbeiten - täglich sechs Stunden zu verrichten.
Die Beklagte hat zum jeweils vorliegenden Ermittlungsergebnis u.a. Stellungnahmen des Internisten und Sozialmediziners sowie Betriebsmediziners Dr. G. vom 4. Dezember 2015, 16. Februar 2016 und 6. September 2016 vorgelegt, der abschließend eine rentenberechtigende Leistungsminderung verneint hat.
Mit Gerichtsbescheid vom 3. Februar 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung eine Rente wegen Erwerbsminderung lägen nicht vor, da die Klägerin ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne und auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorlägen, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen würden. Hierbei hat sich das SG im Wesentlichen auf die Gutachten der Dr. B.-S. und des Dr. S. gestützt. Die Ausführungen von Dr. L. hat das SG nicht als überzeugend angesehen. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin zwar fünf, nicht aber sechs Stunden arbeitstäglich arbeiten könne. Im Übrigen stehe die Klägerin auch nicht in regelmäßiger fachpsychiatrischer Behandlung. Es erfolge keine psychopharmakologische Medikation und es seien in den letzten Jahren auch keine stationären oder teilstationären Behandlungen dokumentiert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.
Gegen den am 3. Februar 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 24. Februar 2017 Berufung eingelegt. Sie trägt im Wesentlichen vor, ihre Beschwerden lägen auf neurologisch-psychiatrischem sowie auf orthopädischem Fachgebiet. Seit vielen Jahren sei sie in regelmäßiger fachärztlicher Behandlung. Sämtliche Behandlungsmethoden seien ausgeschöpft. Die behandelnden Psychiater bzw. Psychologen hätten ein Leistungsvermögen zumindest unter sechs Stunden bestätigt. Trotzdem habe sich das SG den Ausführungen Dr. S. angeschlossen und hierbei verkannt, dass die behandelnden Ärzte auf Grund der langjährigen Behandlungen und Untersuchungen eine aussagekräftigere Beurteilung als Dr. S. abgeben könnten.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 3. Februar 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18. Februar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2015 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2014 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht geltend, eine rentenberechtigende Leistungsminderung sei nicht nachgewiesen. Hierzu hat sie eine sozialmedizinische Stellungnahme der Ärztin für Allgemeinmedizin, Allergologie, Sozialmedizin Dr. B. vom 3. Mai 2017 vorgelegt, nach welcher leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen weiterhin sechs Stunden und mehr täglich möglich seien.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Der Eintritt einer rentenberechtigenden Leistungsminderung muss im Wege des Vollbeweises festgestellt sein, vernünftige Zweifel am Bestehen der Einschränkungen dürfen nicht bestehen. Gemessen daran vermag der Senat nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass bei der Klägerin eine rentenrechtlich relevante qualitative oder eine quantitative Minderung des Leistungsvermögens auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich vorliegt.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids unter Zugrundelegung der vorgenannten rechtlichen Grundlagen zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat, weil sie unter Berücksichtigung aller vorliegenden Gutachten und ärztlichen Äußerungen noch in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung näher aufgeführter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten und auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und keine schwere "spezifische" Leistungsbeeinträchtigung vorliegen. Dem schließt sich der Senat nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend ist festzustellen, dass auch unter Berücksichtigung der Einwendungen der Klägerin im Berufungsverfahren für den Senat die Sachverständigengutachten des Dr. S., das insoweit im Wesentlichen auch in Übereinstimmung steht mit dem im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten des Dr. M. vom 21. Januar 2015 sowie den von der Beklagten vorgelegten und als qualifizierter Beteiligtenvortrag verwertbaren Stellungnahmen von Dr. G., und der Dr. B.-S. schlüssig und überzeugend sind.
Es liegen insofern auf orthopädischem Gebiet lediglich qualitative und keine quantitativen Einschränkungen vor. Bei der Klägerin liegen nach der Untersuchung der Dr. B.-S. und deren Auswertung der in den Akten enthaltenen Befunde Schmerzen im Bereich der HWS mit Rotationseinschränkung und Nervenwurzelreizung bei radiologisch geringen degenerativen Veränderungen im Segment C5/C6, Schmerzen im Bereich der BWS ohne Funktionseinschränkung und ohne Nervenwurzelreizung bei radiologisch rechtskonvexer Skoliose ohne degenerative Veränderungen, Schmerzen im Bereich der LWS ohne Funktionseinschränkung und ohne Nervenwurzelreizungen bei geringen degenerativen Veränderungen, Schmerzen im Bereich des rechten und linken Kniegelenks ohne Funktionseinschränkung und ohne Reizerscheinung bei freier Beweglichkeit, radiologisch unauffällig, Schmerzen im Bereich des linken Hüftgelenks mit leichter Rotationseinschränkung, radiologisch unauffällig, Schmerzen im Bereich des rechten Ellbogens bei radiologisch unauffälligem Befund und V.a. Epicondylitis, Schmerzen im Bereich der rechten Schulter bei Z.n. Schulteroperation im Mai 2016 mit Bewegungseinschränkung und Zeichen degenerativer Veränderung der RM, Schmerzen im Bereich der linken Schulter mit Bewegungseinschränkung und radiologischem V.a. degenerative Veränderungen der RM sowie Schmerzen im Bereich der rechten Hand und im rechten Daumen ohne Funktionseinschränkung und radiologisch unauffällig vor. Das Vorliegen dieser Beschwerden steht für den Senat auf Grund der vorliegenden Berichte und des Gutachtens der Dr. B.-S. fest. Weitergehende dauerhafte Gesundheitsstörungen mit Auswirkungen auf das berufliche Leistungsvermögen im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung sind dagegen nicht feststellbar. Insgesamt handelt es sich um eine Vielzahl von Schmerzangaben, denen großteils ein klinischer oder radiologischer Befund nicht gegenüber steht. Unter Berücksichtigung dieser Erkrankungen kann die Klägerin nach dem schlüssigen und den Senat überzeugenden Gutachten von Dr. B.-S. eine leichte körperliche Tätigkeit im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen - ohne wirbelsäulenverdrehte Haltungen, Überkopfarbeiten und Arbeiten auf Schulterhöhe sowie Fließbandarbeiten - täglich sechs Stunden verrichten.
Auch auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet liegen lediglich qualitative und keine quantitativen Einschränkungen vor. Gemäß dem schlüssigen und überzeugenden Sachverständigengutachten des Dr. S. haben die in den Akten enthaltenen Befunde und dessen Untersuchung eine rezidivierende depressive Störung, bei der Begutachtung remittiert, spezifische Phobien und eine Migräne mit Aura ergeben. Es hat zum Zeitpunkt der Begutachtung keine Depression und auch keine leichte depressive Episode vorgelegen. Hinsichtlich der spezifischen Phobien hat der Sachverständige auch in Erwägung gezogen, die Diagnose einer generalisierten Angststörung zu stellen, doch letztlich hätten die Störungen eher spezifischen Phobien entsprochen, vorherrschend vom sogenannten Naturgewaltentyp. Außerdem hat der Sachverständige die bekannten orthopädischen Einschränkungen berücksichtigt sowie die Operation der rechten Schulter in jüngerer Zeit vor seiner Untersuchung. Die zum Teil behauptete PTBS (Dr. Coenen 2014) lässt sich demgegenüber nicht feststellen, insbesondere sind nicht die typischen Befunde und Symptome, die diese Diagnose rechtfertigen könnten beschrieben oder gar nachgewiesen. Unter Berücksichtigung dessen hat der Sachverständige für den Senat schlüssig und überzeugend dargelegt, dass die Klägerin unter Beachtung der Gesundheitsstörungen mindestens sechs Stunden täglich einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes - ohne Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten mit besonderer Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung, Zwangshaltung und häufige Überkopfarbeiten und Heben und Tragen größerer Lasten - nachgehen kann. Schwere und therapieresistente psychische Funktionsstörungen sind nicht feststellbar. Diese Einschätzung überzeugt den Senat auch unter Einbeziehung der Angaben der Klägerin bei dem Sachverständigen und unter Berücksichtigung des von diesem erhobenen psychischen Befundes. Bei ihm hat die Klägerin angegeben, sie stehe zu unterschiedlichen Zeiten auf: Tagsüber koche sie und putze sie und esse auch mal mit der Nachbarin. Zum Einkaufen könne sie ganz in der Nähe gehen. Momentan kehre eine Nachbarin für sie, da sie an der Schulter operiert sei. Tagsüber höre sie Radio und lese gern. Sie spreche Deutsch und verstehe die Sprache, aber mit dem Lesen falle ihr das Kroatische leichter. Abends schaue sie Fernsehen und gehe dann zu unterschiedlichen Zeiten zu Bett. Sie habe einen Führerschein und ein Fahrzeug, mit dem sie sogar in Kroatien gewesen sei. Sie sei zuletzt zu Ostern sieben Tage bei der Mutter gewesen. Seit ein paar Jahren fahre sie nicht mehr selbst mit dem Auto nach Kroatien, sondern mit dem Bus, da sie da dazwischen aufstehen und umhergehen könne. Daraus ergibt sich ein strukturierter Tagesablauf und kann auch ein erhebliches soziales Rückzugsverhalten, sei es auf Grund einer behaupteten Phobie oder aus sonstigen psychiatrischen Leiden, nicht abgeleitet werden. Aus der Wiedergabe des psychischen Befundes bei Dr. S. ergibt sich, dass die Klägerin, die sauber und ordentlich gekleidet erschienen ist, zunächst mit der rechten Hand einen Igelball geknetet hat. Sie hat mit kräftiger und unauffällig modulierter Stimme berichtet. Die Gestik ist dabei lebhaft und situationsadäquat gewesen. Sie hat offen gewirkt, auch spontan in ihren Schilderungen und auch nicht nur auf Fragen geantwortet. Sie hat entspannt gesessen und man hat lediglich auf ihren Wunsch eine Zigarettenpause eingelegt. Sie hat zu keinem Zeitpunkt schmerzgeplagt oder leidend gewirkt. Die Gesprächsatmosphäre ist entspannt geblieben und die Klägerin hat dem Gespräch problemlos folgen können. Sie ist bewusstseinsklar und orientiert gewesen, hat lebhaft, energievoll und vital gewirkt. Anfänglich ist sie etwas missgelaunt erschienen, keinesfalls deprimiert. Themenabhängig, z.B. Thema Mutter, sind einige Tränen gekommen, sie ist jedoch nicht in ihrer dann etwas missgelaunten Stimmung erstarrt. Die Klägerin ist schnell und anhaltend auflockerbar gewesen, hat schmunzeln und lächeln können, leuchtende Augen bekommen und scherzen können. Das affektive Schwingungsvermögen ist ungestört gewesen. Störungen des formalen Denkens haben sich nicht gefunden. Es hat sich kein Wahn gezeigt, keine klaren zwangshaften, jedoch phobische Denkinhalte vor der Dunkelheit und Unwettern und Blitzeinschlag. Wahrnehmungsstörungen und Ichstörungen haben sich nicht gefunden. Intellektuell haben sich keine Einschränkungen ergeben. Während der Begutachtung ist das Konzentrationsvermögen und die Aufmerksamkeit vollkommen ungestört gewesen. Es hat sich eine Fähigkeit zur durchaus strukturierten Alltagsgestaltung im Rahmen der Anforderungen gezeigt. Die Klägerin hat ein körperliches Krankheitsgefühl gezeigt, ein tiefergehendes psychiatrisches Krankheitsgefühl ist nicht zu fassen gewesen, auch kein weitergehender Leidensdruck und keine echte Therapie- und Veränderungsmotivation. Die Beschwerdeschilderung und -darstellung sind Dr. S. insgesamt glaubhaft erschienen bei einer leichten Verdeutlichungsneigung. Angesichts dessen und der Tatsache, dass eine adäquate Therapie nicht stattgefunden hat und auch weder eine angemessene bzw. optimale Psychopharmaka-Behandlung oder gar stationäre Behandlung erfolgt ist, hat der Senat keine Zweifel daran, dass das Ergebnis des Gutachtens von Dr. S. auch hinsichtlich der Leistungseinschätzung zutreffend ist.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Aussagen der behandelnden Ärzte auch unter Berücksichtigung aller Befunde und Begründungen nicht überzeugender und aussagekräftiger, als die Einschätzung des Dr. S ... Diese lassen weder eine gutachterlich-kritische Distanz, noch ein kritisches Hinterfragen der Angaben der Klägerin erkennen, weswegen sie den Senat nicht zu überzeugen vermögen.
Soweit von Dr. S. und Dr. M. abweichend Dr. L. zur Einschätzung gelangt ist, die Klägerin könne lediglich fünf Stunden täglich einer beruflichen Tätigkeit nachgehen, fehlt es für den Senat ebenfalls an einer überzeugenden und nachvollziehbaren Begründung. Insbesondere besteht kein Anhalt für die von Dr. L. angenommene Therapieresistenz und sind die von ihm zu Grunde gelegten Diagnosen nicht hinreichend durch Befunde gesichert, was Dr. S. für den Senat ebenso wie Dr. G. überzeugend dargelegt hat. Auch der von Dr. L. beschriebene psychische Befund macht dessen Annahme einer Leistungsminderung auf nur fünf Stunden arbeitstäglich nicht so plausibel, dass dies mit der erforderlichen Gewissheit festgestellt werden könnte. Zum psychischen Befund hat Dr. L. ausgeführt, vom äußeren Erscheinungsbild wirke die Klägerin mäßig depressiv und sichtlich erschöpft. Der Blickkontakt werde bisweilen gemieden, die Klägerin wirke wie abwesend und weine auch bisweilen. Bewusstseinslage und Vigilanz seien regelrecht, Aufmerksamkeit und Konzentration im Rahmen einer mittelgradigen Depression leicht beeinträchtigt. Die Orientiertheit sei regelgerecht. Interaktion und Kontakt seien gemindert, der Antrieb mäßig gemindert. Eine erhebliche innere Unruhe sei erkennbar. Die Sprechweise sei leise, bisweilen dem Weinen nahe und auch von Weinen durchbrochen. Kontrolle und Steuerung seien regelrecht. Denkabläufe seien leicht verlangsamt und ambivalent, Denkinhalte auf Körperbeschwerden und Angstattacken beschränkt. Geklagt werde über heftige Panikattacken mit körperlicher Begleitsymptomatik und auch über diffuse Angstzustände. Intelligenz und intellektuelles Niveau seien durchschnittlich. Das Neu- und Altgedächtnis sei diskret gemindert. Gestimmtheit und Affektivität seien durchgehend bedrückt, depressiv, pessimistisch und ratlos. Eine Ablenkbarkeit bestehe nicht. Die affektive Resonanz sei leicht bis mäßig eingeschränkt, Empfindung und Wahrnehmung auf somatoforme Beschwerden zentriert. Es fänden sich keine psychotischen Denkinhalte. Primär bestehe eine zur depressiven Verarbeitung neigende Persönlichkeitsstruktur. Insofern hat Dr. L. eine allenfalls mäßige depressive Störung gesehen. Angesichts dessen ist es nicht erkennbar, warum die Klägerin zwar fünf, aber keine sechs Stunden arbeiten können soll. Dem Gutachten ist insofern allenfalls zu entnehmen, dass Dr. L. hierbei die Angaben der Klägerin selbst zu ihrem Leistungsvermögen in den Vordergrund gestellt hat, ohne dies mit Befunden zu belegen und ohne Berücksichtigung, dass es an einer optimalen Therapie fehlt. Im Übrigen ergibt sich daraus auch, dass Dr. L. keine einer Erwerbstätigkeit grundsätzlich entgegenstehende phobische Störung festgestellt hat.
Auch auf anderen medizinischen Fachgebieten liegen - von vorübergehenden Gesundheitsstörungen abgesehen - keine Gesundheitsstörungen vor, die für die Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung relevant wären und dauerhaft das quantitative Leistungsvermögen (auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich) oder wesentlich das qualitative Leistungsvermögen (über die o.g. Einschränkungen hinaus) begrenzen würden. Entsprechende Leiden und Einschränkungen ergeben sich insbesondere auch nicht aus den Berichten uns Aussagen der behandelnden Ärzte.
Unter Berücksichtigung der gesamten Beweislage ist es mithin nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellbar, dass die Klägerin in rentenberechtigendem Ausmaß in ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist.
Der Sachverhalt ist auch umfassend geklärt, sodass kein Anhalt für weiteren Ermittlungsbedarf besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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