L 9 AS 744/17 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AS 4575/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 744/17 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die gemäß § 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts (SG) oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), es sei denn, die Berufung betrifft wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Vorliegend bedarf die Berufung der Zulassung, denn zwischen den Beteiligten war in dem vor dem SG anhängigen Klageverfahren die Übernahme eines Abschlages in Höhe von 31,00 Euro durch den Beklagten streitig, welchen das Gasversorgungsunternehmen mittels Lastschrift vom Konto der Klägerin am 09.12.2014 eingezogen hatte. Ausweislich des Bescheides vom 02.02.2016 hat der Beklagte im Rahmen des Ausgleiches der Schlussrechnung des Gasversorgungsunternehmens vom 20.11.2015 mit Bescheid vom 02.02.2016 die Forderung des Gasversorgungsunternehmens für den Zeitraum 02.12.2014 bis 18.11.2015 zuzüglich des für den Monat Dezember 2013 vom Gasversorgungsunternehmen verrechneten Abschlages (31,00 Euro) als Bedarf an Kosten der Unterkunft und Heizung anerkannt und den Betrag erstattet. Die Klägerin begehrt nunmehr im Rahmen eines Fortsetzungsfeststellungsbegehrens im Berufungsverfahren die Feststellung, dass der Bescheid vom 25.11.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.08.2015 rechtswidrig gewesen ist. Das auf die Zahlung von 31,00 Euro gerichtete Begehren der Klägerin hat sich jedoch bereits vor der Entscheidung des SG erledigt, nachdem dieses Urteil nach mündlicher Verhandlung am 17.01.2017 verkündet worden ist. Zu diesem Zeitpunkt war die Anfechtungs- und Leistungsklage der Klägerin bereits unzulässig, weil sie mit dem Bescheid vom 02.02.2016 klaglos gestellt war. Eine Umstellung der Anfechtungs- und Leistungsklage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage erfolgte indes nicht. Dem Gericht wurde die veränderte Sachlage auch nicht mitgeteilt. Den nach § 113 Abs. 1 Satz 3 SGG erforderlichen Antrag hatte die Klägerin nicht gestellt. Es kann offen bleiben, ob die mit der Beschwerde verfolgte Zulassung des Berufungsverfahrens und die mit der Berufung beabsichtigte Fortsetzungsfeststellungsklage damit schon unzulässig ist, weil das SG über diese Klage nicht entschieden hat. Jedenfalls unterfallen auch Feststellungsklagen den Wertgrenzen, wenn das feststellungsbedürftige Rechtsverhältnis – wie hier – auf eine entsprechende ehemals bestehende Leistungspflicht gerichtet ist (Breitkreuz/Schreiber, SGG, 2. Auflage, § 144 Rdnr. 10) und liegen die Zulassungsvoraussetzungen nicht vor.

Gemäß § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn

1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gemessen an diesen Maßstäben ist die Berufung nicht zuzulassen.

Der Kläger beruft sich wegen seines Antrages, die Berufung zuzulassen, auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache stets dann, wenn sie eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 144 Rn. 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht, wenn sie bereits höchstrichterlich entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (Bundessozialgericht [BSG], Beschlüsse vom 30.09.1992 – 11 BAr 47/92 – und vom 30.03.2005 – B 4 RA 257/04 B –, Juris). Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage muss die abstrakte Klärungsfähigkeit, d. h. die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, und die konkrete Klärungsfähigkeit, d.h. die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage, hinzutreten (vgl. dazu BSG, Urteil vom 14.06.1984 – 1 RJ 72/84 –, Juris). Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG, Beschluss vom 26.06.1975 – 12 BJ 12/75 –, Juris).

Eine solche klärungsbedürftige Rechtsfrage hat die Beschwerde nicht aufgezeigt. Die Klärungsbedürftigkeit ist zu verneinen, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich beantwortet oder wenn die Antwort unmittelbar aus dem Gesetz zu ersehen ist, wenn sie so gut wie unbestritten ist, wenn sie praktisch außer Zweifel steht oder wenn sich für die Antwort in anderen höchstrichterlichen Entscheidungen bereits ausreichende Anhaltspunkte ergeben (vgl. hierzu BSG, Beschluss vom 29.06.2015 – B 10 EG 6/15 B –, Juris m.w.N.).

So verhält es sich hier, denn es steht ohne Zweifel fest, dass der Beklagte gemäß § 22 Abs. 1 SGB II Kosten für Unterkunft und Heizung in dem bzw. für den Monat zu erbringen hat, in dem dieser Bedarf anfällt. Leistungen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind grundsätzlich "in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen" zu erbringen. Gemeint sind nach der Rechtsprechung des BSG die (Geld)Aufwendungen, die der Leistungsberechtigte in der Bedarfszeit für die Nutzung/Gebrauchsüberlassung einer bestimmten Unterkunft Dritten gegenüber kraft bürgerlichen oder öffentlichen Rechts aufzubringen hat (Urteil vom 19.10.2010 – B 4 AS 2/10 R –, Juris). Nichts anderes gilt für die Kosten, die für die Versorgung mit Heizenergie aufgewendet werden müssen. Nach § 13 Abs. 1 Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV) bzw. §§ 24, 25 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV) sind die Gasversorger berechtigt ("kann"), für das nach der letzten Abrechnung verbrauchte Gas Abschlagszahlungen verlangen. Diese sind anteilig für den Zeitraum der Abschlagszahlung entsprechend dem Verbrauch im zuletzt abgerechneten Zeitraum zu berechnen. Weitere Vorgaben enthalten die Verordnungen nicht, weshalb die konkrete Geltendmachung von Abschlagszahlungen fälligkeitsbegründend ist. Deshalb war hier lediglich streitentscheidend, ob die Klägerin dem Gasversorgungsunternehmen Abschläge in Höhe von 31,00 Euro geschuldet hat, da von keinem der Beteiligten die Angemessenheit der Aufwendungen bestritten wird. Damit war auch lediglich die Frage zu klären, ob das Gasversorgungsunternehmen berechtigt war, (auch) für den Monat Dezember 2014 Abschlagsforderungen einzuziehen, also, ob dieses von der erteilten Einzugsermächtigung Gebrauch machen durfte. Das allein hat die Klägerin schon nicht substantiiert behauptet, weil in der Jahresabrechnung vom 10.12.2014, die den Zeitraum vom 19.11.2013 bis 01.12.2014 abgerechnet hat, Abschläge für den Folgezeitraum nicht schon ab Dezember 2014, sondern erst ab Januar 2015 festgesetzt wurden. Mit anderen Worten hat das Gasversorgungsunternehmen offensichtlich keine Abschlagsforderung für Dezember fällig gestellt, weshalb diese Lastschrift unberechtigt und der Beklagte deshalb auch nicht verpflichtet gewesen ist, diesen Abschlag als tatsächlich gegenüber dem Gaslieferanten geschuldete Aufwendung zu erstatten. Dass er dies dann im Rahmen der Schlussrechnung dennoch getan hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung, weil dieser tatsächlich gezahlte Betrag nun tatsächlich auf die Schlussrechnung angerechnet wurde und dies im Rahmen des Bedarfsdeckungsgrundsatzes zu berücksichtigen war.

Nachdem andere Zulassungsgründe nicht geltend gemacht sind und solche auch nicht ersichtlich sind, war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).

Das angefochtene Urteil des SG wird hiermit rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
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