Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 1682/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 794/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 03.02.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Kläger trägt die Kosten des auf seinen Antrag gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachtens von Dr. A. vom 18.02.2017 sowie seine baren Auslagen endgültig selbst.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind die Anerkennung weiterer Unfallfolgen sowie die Übernahme der Kosten einer zahnärztlichen Behandlung des Klägers wegen eines anerkannten Arbeitsunfalls streitig.
Der 1947 geborene Kläger stürzte am 22.06.2010 in Ausübung eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses (400 EUR Basis - Bl. 102 VA) bei der Firma T. + Partner Versicherungsmakler GmbH als Gärtner und Baumpfleger von einem Kirschbaum (Leitersturz). Bei der Erstuntersuchung stellte der Durchgangsarzt Dr. S. nach einer radiologischen Untersuchung (Ganzkörper-CT) des Klägers eine Schädelverletzungen mit Einblutung, eine Rippenserienfraktur rechts, eine Fraktur LWK I bis III, Hämatome der rechte Flanke und rechte Hüfte, sowie den Verdacht auf eine basale Belüftungsstörung beidseits, DD Lungenkontusion beidseits fest (Durchgangsarztbericht vom 23.06.2010 - Bl. 1 Verwaltungsakte (VA)). Mit Berichten vom 17.08.2010 (Bl. 143 VA) und 01.09.2010 (Bl. 175 VA) diagnostizierte das S. Klinikum K. insbesondere einen Zustand nach Polytrauma mit schweren Schädel-Hirn-Trauma und Schädelbasisfraktur, eine Kalottenfraktur rechts perietal, eine Felsenbeinlängsfraktur rechts, eine Fraktur des Daches der Keilbeinhöhle bis in das rechte Orbitadach ziehend, ein schmales Subduralhämatom rechts fronto-basal, ein SAB, eine kleine Kontusionsblutung links frontal, ein Hämatotympanon rechts mit Hörminderung, Doppelbilder, eine Rippenserienfraktur 4.-11. Rippe rechts mit Lungenkontusion und Hämatothorax, eine Fraktur des Processus transversus LWK1 bis 3 stabil, eine Hypokaliämie, ein hypovolämischer Schock, eine Hyponatriämie, ein Durchgangssyndrom, Infiltrate links basal sowie eine Pneumonie links basal. Der Kläger wurde im Krankenhaus S. P. erstversorgt (Durchgangsarztbericht vom 23.6.2010) und anschließend im S. Klinikum K. bis 16.07.2010 stationär behandelt (vorläufig Entlassungsbrief vom 16.07.2010 - Bl. 54 VA) mit anschließender Weiterbehandlung. Eine Kontroll-CCT (Craniale Computertomographie) vom 25.06.2010 zeigte im Vergleich mit den Voraufnahmen eine aufgeblühte Kontusionsblutung links frontal und ein Subduralhämatom (SAB) in Resorption (Bericht S. Klinikum K. vom 01.09.2010 - Bl. 175 VA). Eine weitere CCT-Kontrolle am 22.07.2010 zeigte keine wesentlichen Veränderungen (Bericht Kliniken S. vom 15.09.2010- Bl. 203 VA). Die Zahlung von Verletztengeld wurde mit Ablauf des 19.12.2011 (der 78. Woche) eingestellt (Bescheid vom 13.12.2011- Bl. 927 VA).
Die Beklagte nahm weitere medizinische Berichte - insbesondere des Klinikums P. - sowie radiologische Befundberichte (Bericht vom 30.11.2010 des Klinikums P. über ein MRT- Schädel, nativ und KM (Kontrastmittel), vom 29.11.2010 - Bl. 416 VA, Dr. He. vom 27.05.2011 MRT Schädel - Bl. 689 VA) zu den Akten.
Die Beklagte holte die beratungsfachärztliche Stellungnahmen des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Neuroradiologie PD Dr. R. vom 15.12.2010 (Bl. 373 VA) und vom 07.01.2012 (Bl. 900 und 990 VA), des Augenarztes Dr. Z. vom 02.03.2011 (Bl. 475 VA), das Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. E. vom 25.03.2011 (Bl. 529 VA), das neurologisches Gutachten des Prof. Dr. H. vom 05.07.2011 (Bl. 728 VA) mit neuropsychologischem Zusatzgutachten des Diplom-Psychologen Hä. vom 09.07.2011 (Bl. 768 VA), das nervenärztliche Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie H. vom 19.03.2012 (Bl. 1079 VA), das Rentengutachten des Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgie des Dr. O. vom 09.01.2012 (Blatt 1104 VA), das HNO-fachärztliche Gutachten des Prof. Dr. Ha. vom 09.05.2012 (Blatt 1149 VA), das Gutachten des Diplom-Psychologen Wi. (Bl. 1189 VA), das Gutachten des Arztes für Augenheilkunde Prof. Dr. L. vom 08.10.2012 (Bl. 1352 VA), das nervenärztliche Gutachten von Dr. Br./Dr. P. vom 28.12.2012 (Bl. 1423 VA) sowie zu den Gutachten veranlasste beratungsärztliche Stellungnahmen des HNO-Facharztes Dr. J. vom 21.05.2012 (Blatt 1178 VA) und vom 02.03.2013 (Bl. 1530 VA), des PD Dr. R. vom 12.07.2012 (Bl. 1247 VA), 29.08.2012 (Bl. 1291 VA) und 26.01.2013 (Bl. 1493 VA), des Augenarztes Dr. Z. vom 21.01.2013 (Bl. 1481 VA) sowie des Arztes für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. F. vom 07.02.2013 (Bl. 1506 VA) ein.
Mit Bescheid vom 22.04.2013 (Bl. 1557 VA) gewährte die Beklagte dem Kläger Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 60 v.H. ab 20.12.2011. Als Folgen des Versicherungsfalles wurden anerkannt, eine anteilige depressive Reaktion, eine anteilige Belastungsminderung im Bereich der Aufmerksamkeit und der Konzentrationsfähigkeit, eine Gleichgewichtsstörung sowie ein geringfügiger Ausfall des unteren Gesichtsfeldes im Bereich des linken Auges nach Schädel-Hirn-Trauma mit Brüchen der Schädel-Basis, des knöchernen Schädeldaches rechts, des Daches der Keilbeinhöhle rechts, ein Längsbruch des Felsenbeines rechts, ein Bluterguss unterhalb der Hirnhaut (Subduralhämatom) rechts und eine Blutung an der Hirnoberfläche (Subarachnoidalblutung) links. Weiter wurden anerkannt ein anteiliges Ohrensausen (Tinnitus) und Schallleitungsschwerhörigkeit rechts nach Innenohrschädigung (Commotio labyrinthi) mit Blutansammlung im Hohlraum des Mittelohrs (Hämatotympanon), eine Bewegungseinschränkung bei der Seitwärtsneigung der Lendenwirbelsäule und anteilige Belastungsbeschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule nach Brüchen des paarigen Querfortsatzes (Prozessus transversus) des 1. bis 3. Lendenwirbelkörpers. Doppelbilder des linken Auges, der Serienbruch der 4.-11. Rippe rechts mit Lungenquetschung und Ansammlung von Blut im Brustfellraum (Hämatothorax) sowie eine Unterschenkelvenenthrombose links seien ohne wesentliche Folgen ausgeheilt.
Gegen den Rentenbescheid vom 22.04.2013 legte der Kläger Widerspruch ein (Bl. 1567 VA), den er mit Schriftsatz seines damaligen Prozessbevollmächtigten vom 30.07.2013 begründete und eine MdE von 80 v.H. geltend machte (Bl. 1605 VA). Mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2013 (Bl. 1662 VA) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Hiergegen erhob der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage (S 3 U 3721/13), mit dem Ziel, ihm Rente nach einer MdE von mindestens 80 v.H. zu gewähren (Schriftsatz vom 29.04.2014). Im Klageverfahren schlossen die Beteiligten einen gerichtlichen Vergleich dahin, dass sich die Beklagte bereit erklärt, dem Kläger ab Rentenbeginn eine Rente nach einer Gesamt-MdE von 65 v.H. zu gewähren (Beschluss des SG vom 27.04.2015). Mit Ausführungsbescheid vom 06.05.2015 gewährte die Beklagte dem Kläger Rente nach einer MdE von 65 v.H. ab 20.12.2011 (Bl. 2158 VA).
Der Kläger legte der Beklagte ein an ihn adressiertes Schreiben des Zahnarztes Dr. D. vom 03.06.2014 vor, in dem ausgeführt wird, dass dem Kläger am 27.05.2014 die Zähne 22 und 23 aufgrund einer Fraktur entfernt worden seien. Die Fraktur sei sehr wahrscheinlich auf einen Sturz oder Unfall zurückzuführen. Der Kläger merkte zusätzlich an, in den letzten 4 Jahren habe er 4 Zähne gezogen bekommen (Bl. 1884 VA). Auf Anfrage der Beklagten teilte Dr. D. mit Schreiben vom 04.08.2014 mit (Bl. 1905 VA), dem Kläger seien die Zähne 22 und 23 extrahiert worden. Am 09.11.2010 habe er beim Kläger eine Fraktur des OK-Blockes zwischen 21 und 22 festgestellt. Es sei davon auszugehen, dass die Schädigung des OK-Blockes mit Verlust der Zähne aufgrund einer Gewalteinwirkung, durch Sturz, eingetreten sei. Die Beklagte nahm den Heil- und Kostenplan des Dr. D. vom 27.05.2014 (voraussichtlicher Eigenanteil 4.518,22 EUR - Bl. 1918 VA) und vom 03.11.2014 mit Behandlungsplan (voraussichtliche Gesamtkosten 3904,09 EUR - Bl. 2036 VA) sowie einen Karteiblattausdruck der Behandlungen des Klägers durch Dr. D. (Bl. 2040 VA) zu den Akten. Außerdem holte die Beklagte die zahnärztliche Auskunft des Dr. D. vom 14.09.2014 ein (Bl. 1948 bis 1950 VA).
Mit Schreiben vom 15.12.2014 (Bl. 2034 VA) teilte die Beklagte - nach Einholung der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Schü. vom 10.12.2014 (Bl. 2035 VA) - Dr. D. mit, dass die von ihm vorgeschlagene Versorgung nicht übernommen werde. Eine unfallursächliche Ursache für die Neuversorgung des Oberkiefers des Klägers lasse sich nicht feststellen. Weiter teilte die Beklagte dem Kläger unter Übersendung des Schreibens vom 15.12.2014 mit Schreiben vom 07.01.2015 mit, dass die vorgeschlagene Versorgung nicht übernommen werden könne (Bl. 2064).
Mit Schreiben vom 20.01.2015 legte der Kläger gegen die Ablehnung der medizinisch-zahnärztlichen Versorgung vom 07.01.2015 Widerspruch ein (Bl. 2073 VA), den er mit Schreiben vom 23.02.2015 begründete (Bl. 2095 VA). Er machte geltend, er habe seit dem Arbeitsunfall Probleme und Schmerzen in 4 Zähnen, die durch den Unfall geschädigt worden seien. Der Unfall habe für ihn gravierende Folgen gehabt. Nach dem Unfall habe er vieles vergessen, auch dass er prothesierte Zähne gehabt habe. Diese hätten behandelt werden müssen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.04.2015 (Bl. 2145 VA) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Verwaltungsakt vom 07.01.2015 über die Ablehnung der Kostenübernahme einer zahnärztlichen prothetischen Neuversorgung des Oberkiefers zurück. Leistungen für eine zahnärztliche prothetische Neuversorgung seien nicht zu erbringen, weil diese in keinem hinreichend wahrscheinlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 22.06.2010 stehe.
Hiergegen erhob der Kläger am 22.05.2015 beim SG Klage (S 4 U 1682/15). Er machte zur Begründung geltend, bei dem anerkannten Arbeitsunfall am 22.06.2010, bei dem er sich erhebliche gesundheitliche Einschränkungen zugezogen habe, sei es auch zu einer Fraktur der damals getragenen Zahnprothese gekommen, weshalb die ausgewiesene zahnmedizinische Behandlung erforderlich sei. Der Kläger berief sich auf die Mitteilungen des Zahnarztes Dr. D ... Halte man sich vor Augen, dass durch den Sturz am 22.06.2010 zahlreiche Schädelverletzungen (Frakturen im Kopf- und Gesichtsbereich) festgestellt worden seien, und berücksichtige man weiter, dass es danach bei ihm keine weiteren Stürze oder Frakturen gegeben habe, spreche die überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass auch der von Dr. D. am 09.11.2010 festgestellte und damit belegte Bruch des OK-Blockes zwischen den Zähnen 21 und 22 bei dem Sturz am 22.06.2010 eingetreten sei. In der Folgezeit sei versucht worden, mittels Wiederbefestigung eine befriedigende Lösung zu erzielen, was jedoch gescheitert sei, weshalb im Mai 2014 eine Extraktion notwendig geworden sei. Vernünftige Zweifel, die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprächen, lägen nicht vor. Es gebe keine plausible Erklärung, was sonst die Fraktur hätte hervorrufen können. Der Kläger äußerte sich mit Schreiben vom 30.12.2015 ergänzend. Er machte insbesondere geltend, erst nach einem Koma und einem längeren Schockzustand sei sein Gedächtnis zum Teil wieder zurückgekommen und er habe sich an die Zahnprothesen erinnert. Danach habe er immer Probleme gehabt, die Prothesen raus und reinzumachen. Seine Hoffnung auf Besserung hätte sich nicht bestätigt, vielmehr sei eine Verschlechterung eingetreten und die Zahnschmerzen hätten zugenommen. Dann habe er Dr. D. aufgesucht. Nach langem hin und her hätten die Wurzeln der 4 Zähne im Mai 2014 gezogen werden müssen. Das ganze Problem habe erst mit dem Unfall angefangen. Er vermute, dass auch die Zähne einen Schlag oder Risse durch den Unfall bekommen hätten.
Das SG hörte Dr. D. schriftlich als sachverständigen Zeugen an. Dieser teilte in seiner Aussage vom 01.10.2015 mit, durch den Arbeitsunfall vom 22.06.2010 könnte eine Fraktur der Oberkiefer- Frontkronen zwischen 22 und 21 verursacht worden sein. Da der Kläger jedoch nicht unmittelbar danach in seiner Praxis erschienen sei, könne das nicht mit 100 %iger Wahrscheinlichkeit behauptet werden. Frakturen dieser Art entstünden meistens durch äußere Gewalteinwirkung. Mehr könne er dazu leider nicht sagen. Dr. D. legte Unterlagen zur Behandlung des Klägers (insbesondere Karteiblattausdrucke) vor.
Der Kläger beantragte die ergänzende Befragung des Dr. D. sowie gemäß § 109 SGG vom Zahnarzt Dr. T. ein Gutachten einzuholen. Dr. T. gab den vom SG erteilten Gutachtensauftrag zurückgab, da er aktuell nicht als Gutachter tätig sei (Schreiben vom 09.12.2015). Der Kläger beantragte anschließend, Dr. A. mit der Erstattung eines Gutachtens nach § 109 SGG zu beauftragen.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.02.2016 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, für die Zeit unmittelbar nach dem Unfall vom 22.06.2010 lägen keinerlei Nachweise für eine Verletzung des Oberkiefers des Klägers im geltend gemachten Sinn vor. Die Beklagte stütze ihre ablehnenden Bescheide zu Recht auf die Bewertung des beratenden Zahnarztes Dr. Schü ... Auch der zeitliche Ablauf lege einen Unfallzusammenhang nicht nahe. Zwar erscheine der Unfall prinzipiell geeignet, die geltend gemachte Verletzung verursacht zu haben. Nach der ausführlichen Diagnose der Verletzungen des Klägers erscheine es jedoch nicht als wahrscheinlich, dass ein solcher Befund übersehen worden wäre. Es seien in der Zwischenzeit zahlreiche andere private Ereignisse als mögliche Auslöser für den Jahre später geltend gemachten Behandlungsbedarf denkbar. Die sachverständige Zeugenaussage des Dr. D. führe zu keiner anderen Bewertung. Der Umstand alleine, dass die Beklagte keine berufsfremden Ursachen für eine bestimmte schädigende Entwicklung benennen könne, führe nicht zu einer Beweislastumkehr oder Beweiserleichterung für den Kläger. Eine Verpflichtung der Kammer, dem Antrag auf eine weitere Begutachtung nach § 109 SGG nachzukommen, bestehe nicht.
Gegen den dem vormaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 08.02.2016 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger am 01.03.2016 durch seinen vormaligen Prozessbevollmächtigten eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung sein bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholt und ergänzend ausgeführt, dem SG sei zwar zuzustimmen, dass der von ihm erlittene Sturz aus 3,5 m Höhe durchaus auch die hier in Streit stehende Oberkieferfraktur habe hervorrufen können. Halte man sich den gesundheitlichen Zustand des Klägers nach dem Arbeitsunfall vor Augen, sei durchaus nachvollziehbar, dass die hier eingetretenen Zahnprobleme zunächst in den Hintergrund getreten seien. In diesem Zusammenhang sei daher auch der zeitliche Ablauf durchaus geeignet, die kausale Verursachung zu belegen. Die starke Krafteinwirkung beim Unfall im Gesichtsbereich spreche mehr für einen ursächlichen Zusammenhang der erlittenen Fraktur mit dem Unfallereignis als dagegen. Soweit das SG darauf abstelle, dass es zahlreiche andere private Ereignisse als Auslöser für die Fraktur gegeben haben könne, habe es hierzu Feststellungen nicht getroffen. Es handele sich offenbar nur um Mutmaßungen. Zum Beweis der Tatsache, dass es zwischen dem 22.06.2010 und 09.11.2010 keine weiteren Stürze oder Traumata im Gesichtsbereich gegeben habe, hat der Kläger seine Ehefrau als Zeugin benannt. Soweit Dr. D. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage eine 100 %ige Wahrscheinlichkeit nicht hat angeben können, spreche dies nicht gegen die Bejahung des Kausalzusammenhangs. Auch die weiteren Argumente des SG, hinsichtlich einer umfangreichen Diagnostik und Behandlung wäre die Fraktur des Kieferknochens sicherlich festgestellt worden, verfingen im Hinblick auf die sonst festgestellten Verletzungen nicht. Auch hier handelt es sich nur um Mutmaßungen des SG. Zu Unrecht habe das SG einen Antrag auf ergänzende Befragung des Dr. D. unberücksichtigt gelassen und den Antrag nach § 109 SGG fälschlicherweise nicht weiter verfolgt. Das SG sei zu Unrecht davon ausgegangen, er habe einen Antrag nach § 109 SGG aufgrund grober Nachlässigkeit nicht rechtzeitig gestellt. Der Kläger hat die ergänzende Befragung des Dr. D. beantragt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, die begehrte Zahnbehandlung sei noch nicht vorgenommen worden.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 03.02.2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 07.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.04.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Fraktur des Oberkieferblocks zwischen Regio 21 und 22 als Folge des Arbeitsunfalls vom 22.06.2010 anzuerkennen sowie die zahnärztliche Behandlung entsprechend dem Heil- und Kostenplan vom 27.05.2014 als Heilbehandlung zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Weder röntgenologisch, zeitlich (Zahnarztbesuch) noch traumatologisch (Schädelbruch rechts) könne ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall vom 22.06.2010 und der Fraktur des OK-Blockes bzw. der Neuversorgung des Oberkiefers festgestellt werden.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers erstattete Gutachten des Zahnarztes Dr. A. vom 18.02.2017 eingeholt. Dr. A. gelangte zu den Bewertungen, bei dem Unfall am 22.06.2010 sei kein Schaden des Kronenblocks 15 bis 23 im Oberkiefer eingetreten. Eine Fraktur des Kronenblocks 15 bis 23 sei am 09.11.2010 nicht dokumentiert. Eine Panoramaschichtaufnahme (PSA) am 06.07.2011 von der Praxis Dr. D. zeige einen unversehrten Kronenblock 15 bis 23 im Oberkiefer. Eine Fraktur sei höchstwahrscheinlich erst am 06.07.2011 bemerkt worden. Eine Fraktur des Blockes zwischen den Kronen 21 und 22 werde auch hier nicht dokumentiert. Dr. A. stimmte der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Schü. in vollem Umfang zu.
Der Kläger hat sich zum Gutachten des Dr. A. geäußert (zwei Schreiben vom 13.03.2017 an seinen vormaligen Prozessbevollmächtigten, die dem Senat vorgelegt worden sind, wiederholt mit Schreiben vom 01.06.2017 an den Senat).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Gerichtsakte des SG S 3 U 3721/13 sowie auf 12 Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig.
Soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten begehrt, eine Fraktur des Oberkieferblocks zwischen Regio 21 und 22 als Folge des Arbeitsunfalls vom 22.06.2010 anzuerkennen, ist statthafte Klageart die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG (vgl. BSG 05.07.2011 -B 2 U 17/10 R-, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R -). Entsprechendes gilt für das Begehren des Klägers, die Beklagte zu verurteilen, die zahnärztliche Behandlung entsprechend dem Heil- und Kostenplan vom 27.05.2014 zu übernehmen, die nach der Angabe des Klägers in der mündlichen Verhandlung noch nicht vorgenommen worden ist. Im streitgegenständlichen Bescheid hat die Beklagte abgelehnt, die geltend gemachte Zahnbehandlung zu übernehmen. Damit ist eine anfechtbare Entscheidung zur begehrten Feststellung von Unfallfolgen und Übernahme einer Heilbehandlung ergangen.
Der im Klageverfahren S 3 U 3721/13 durch Beschluss des SG vom 27.04.2015 zwischen den Beteiligten geschlossene Vergleich steht der vorliegenden der Klage nicht entgegen. Gegenstand des Vergleichsbeschlusses des SG vom 27.04.2015 war die Höhe der dem Kläger zu gewährenden Rente (MdE). Das vorliegend streitige Begehren des Klägers wird davon nicht betroffen. Dem entspricht auch, dass die Beklagte insoweit ein gesondertes Verwaltungsverfahren durchgeführt und in der Sache entschieden hat.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Der Berufung ist nicht bereits deswegen unbegründet, weil der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Heilbehandlung durch Übernahme der Krankenkasse bereits gemäß § 107 Abs. 1 SGB X erfüllt wäre. Streitgegenstand ist nach dem Heil- und Kostenplan vom 27.05.2014 der dem Kläger verbleibende Eigenanteil (in Höhe von 4.518,22 EUR), weshalb für den Kläger ein rechtsschutzwürdiges Interesse an einem auf Gewährung von Heilbehandlung bzw. Behandlungskostenübernahme gerichteten Verfahren bestehen (vgl. Urteil des Senats vom 30.09.2016 - L 8 U 228/16 -).
Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 07.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Anerkennung einer Fraktur des Oberkieferblocks zwischen Regio 21 und 22 als Folge des Arbeitsunfalls vom 22.06.2010 sowie auf die Übernahme der zahnärztlichen Behandlung entsprechend dem Heil- und Kostenplan des Dr. D. vom 27.05.2014. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 03.02.2016 ist nicht zu beanstanden.
Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII). Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Der Anspruch auf Heilbehandlung nach §§ 1 Nr. 2, 26 ff. SGB VII, die Grundlage des vom Kläger geltend gemachten Kostenübernahmeanspruchs ist, setzt voraus, dass der Versicherte wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles bzw. einer Berufskrankheit der Heilbehandlung bedarf. Dieser Anspruch wird durch die Erbringung von Sachleistungen bzw. die Verschaffung von Sachleistungen gegenüber dem Versicherten erfüllt.
Ein Anspruch des Klägers auf die begehrte zahnärztliche Behandlung entsprechend dem Heil- und Kostenplan vom 27.05.2014 besteht damit dann, wenn die geltend gemachte zahnärztliche Behandlung wegen der (unmittelbaren oder mittelbaren) Folgen des von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 22.06.2010 erforderlich ist. Dies kann jedoch nicht festgestellt werden, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid ausgeführt hat. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zutreffend ausgeführt, dass für die Zeit unmittelbar nach dem Unfall vom 22.06.2010 keine Nachweise für eine Verletzung des Oberkiefers des Klägers im geltend gemachten Sinn vorlägen. Auch der zeitliche Ablauf lege einen Unfallzusammenhang nicht nahe. Zwar erscheine der Unfall prinzipiell geeignet, die geltend gemachte Verletzung verursacht zu haben. Nach der ausführlichen Diagnose der Verletzungen des Klägers erscheine es jedoch nicht wahrscheinlich, dass ein solcher Befund übersehen worden wäre. Die sachverständige Zeugenaussage des Dr. D. führe zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Der Umstand alleine, dass die Beklagte keine berufsfremden Ursachen für eine bestimmte schädigende Entwicklung benennen könne, führe nicht zu einer Beweislastumkehr oder Beweiserleichterung für den Kläger. Der Senat gelangt nach eigener Prüfung zum selben Ergebnis. Er nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsverfahren bleibt auszuführen:
Auch der Senat kann nicht feststellen, dass beim Kläger eine Fraktur des Oberkieferblocks zwischen Regio 21 und 22 oder von Zähnen, wie er in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, eingetreten ist, die auf das Unfallgeschehen vom 22.06.2010 zurückzuführen und damit versicherte Unfallfolge ist.
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15, jeweils RdNr 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R und B 2 U 26/04 R - a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die vorliegend vom Kläger geltend gemachte Gesundheitsstörung nicht vor. Allein der Umstand, dass das Unfallgeschehen geeignet war, die geltend gemachte Gesundheitsstörung zu verursachen, rechtfertigt die Annahme einer unfallbedingten Kausalität noch nicht.
Dr. A. gelangt - in Übereinstimmung mit dem SG und der Beklagten - in seinem vom Senat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten vom 18.02.2017 zu der Bewertung, dass bei dem Unfall am 22.06.2010 eine Schädigung des Kronenblocks 15 bis 23 im Oberkiefer nicht eingetreten ist. Dr. A. hat in seinem Gutachten für den Senat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass zum Zeitpunkt des Unfalls mittels eines Polytrauma-CT beim Kläger keine Schäden im Zahn-, Mund- und Kieferbereich dokumentiert sind. Dies gilt auch hinsichtlich eines Kontroll-CCT vom 25.06.2010. Auch die von Dr. D. am 06.07.2011 (ca. ein Jahr nach dem Unfall) gefertigten drei Panoramaschichtaufnahmen (PSA) zeigten einen intakten Kronenblock der Zähne 15 bis 23 ohne eine sichtbare Fraktur des Blocks zwischen den Zähnen 21 und 22. Bereits nach diesen radiologischen (bildgebenden) Befunden kann ausgeschlossen werden, dass die vom Kläger geltend machte Fraktur des Oberkieferblocks zwischen Regio 21 und 22 durch den Arbeitsunfall vom 22.06.2010 (unmittelbar) verursacht wurde, wie der Kläger geltend macht.
Gegen einen Ursachenzusammenhang der geltend gemachten Zahnbeschwerden mit dem Unfallereignis vom 22.06.2010 spricht auch, dass der Kläger erst im Juni 2014 Zahnprobleme als Unfallfolge bei der Beklagten geltend gemacht hat. Dabei verkennt der Senat nicht, dass im Hinblick auf die schweren Verletzungen des Klägers bei dem Unfall am 22.06.2010 plausibel erscheint, dass Zahnprobleme für ihn zunächst - für eine gewisse Zeit - in den Hintergrund getreten sein können, wie er geltend macht. Dies erklärt jedoch nicht plausibel, dass der Kläger erst 4 Jahre nach dem Unfall Zahnprobleme als Unfallfolge geltend macht. Bei den zahlreichen Begutachtungen zur Feststellung der Höhe der Verletztenrente (MdE), auch zuletzt im Dezember 2012, hat der Kläger nie Zahnprobleme als Unfallfolge genannt, wie sich aus den Beschreibungen der Beschwerdeangaben in den von der Beklagten eingeholten - zahlreichen - Gutachten und den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen ergibt. Auch in dem durch Vergleichsbeschluss des SG vom 27.04.2015 beendeten Klageverfahren SG S 3 U 3721/13 hat der Kläger Zahnprobleme als Unfallfolge nicht geltend gemacht, was aber nahe gelegen hätte, diese zumindest vorzutragen. Danach entsteht für den Senat der Eindruck, dass der Kläger wegen des verbliebenen Eigenanteils der erforderlich gewordenen zahnärztliche Neuversorgung im Oberkieferbereich im Juni 2014 lediglich versucht, den Eigenanteil der Neuversorgung auf die Beklagte "abzuwälzen".
Der Bewertung von Dr. D. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 01.10.2015, der eine Fraktur der Oberkiefer-Frontkronen zwischen 21 und 22 als (mögliche) Unfallursache angenommen hat, kann der Senat nicht folgen. Seine Mitteilung an die Beklagten vom 04.08.2014, er habe am 09.11.2010 beim Kläger eine Fraktur des OK-Blockes zwischen 21 und 22 festgestellt und seine sinngemäß gleiche Zeugenaussage vom 01.10.2015 an das SG stehen nicht in Übereinstimmung mit den von ihm zu den Akten gereichten Behandlungsunterlagen und Röntgenaufnahmen, weshalb seine Aussage den Senat nicht überzeugen. Bei der zahnärztlichen Untersuchung am 09.11.2010 hat Dr. D. ausweislich der von ihm zusammen mit seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 01.10.2015 vorgelegten Behandlungsunterlagen (Karteikartenausdruck) keine Schäden an dem Kronenblock 15 bis 23 im Oberkiefer festgehalten bzw. dokumentiert. Dr. A. verweist in seinem Gutachten ausdrücklich darauf, dass die ärztliche Dokumentation der Behandlung am 09.11.2010 "im Gegensatz zu dem Schreiben von Dr. K. H. D. vom 01.10.2015 steht", er habe eine Fraktur des OK-Blockes zwischen 21 und 22 festgestellt. Weiter lässt sich die Angabe des Dr. D. bezüglich einer Fraktur des OK-Blockes zwischen 21 und 22 nicht mit den von Dr. D. am 06.07.2011 gefertigten PSA vereinbaren, das einen intakten Kronen Block der Zähne 15 bis 23 ohne eine sichtbare Fraktur des Blockes zwischen den Zähnen 21 und 22 zeigt, wie Dr. A. in seinem Gutachten beschrieben hat. Der Senat kann danach, entgegen der Ansicht des Klägers, nicht festzustellen, dass bereits am 09.11.2010 eine Fraktur des OK Blockes zwischen 21 und 22 vorgelegen hat. Zudem reicht die bloße Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs, wovon Dr. D. letztlich ausgeht, entgegen der Ansicht des Klägers auch bei unterstellter Geeignetheit des Unfallereignisses, den geltend gemachten Schaden zu verursachen, für die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs mit einem Unfallereignis nicht aus.
Die als Unfallfolge vom Kläger geltend gemachte Fraktur des Oberkieferblocks kann auch nicht als mittelbare Folge des Arbeitsunfalles vom 22.06.2010 festgestellt werden. Nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. D. an das SG bleibt als einzige Möglichkeit einer mittelbaren Unfallfolge, dass der Kläger nach dem Arbeitsunfall vom 22.06.2010 wegen unfallursächlich bestehender Folgen gestürzt wäre. Dass dies der Fall ist, kann jedoch nicht festgestellt werden. Dem steht bereits das eigene (durch Vernehmung seiner Ehefrau unter Beweis gestellte) Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren entgegen, wonach es zwischen dem 22.06.2010 und 09.11.2010 keinen weiteren Sturz oder Traumata im Gesichtsbereich gegeben hat. Ein Sturz oder Trauma mit Beteiligung des Gesichts/Schädels ist auch sonst nicht ersichtlich. Zwar stürzte der Klägers - wegen Gangunsicherheit - am 15.09.2014, wobei sich jedoch keine Kopfverletzung zuzog (Durchgangsarztbericht PD Dr. M. vom 16.10.204 - Bl. 1974 VA, Bericht H. Klinikum P. vom 15.09.2014 - Bl. 1989 VA). Ein Frakturhinweis ist darüber hinaus schon zu einem früheren Zeitpunkt den Akten zu entnehmen, weshalb der Sturz 2014 auch als Ursache ausscheidet. Auf das Vorliegen einer mittelbaren Unfallfolge hat sich der Kläger auch nicht berufen.
Außerdem ist zur Überzeugung des Senates davon auszugehen, dass die vom Kläger als Unfallfolge geltend gemachte Fraktur des Oberkieferblocks zwischen Regio 21 und 22 und die erforderlich Neuversorgung im Oberkieferbereich auf eine körpereigene / innere Ursache zurückzuführen ist. Dies kann der Senat aufgrund des von Dr. A. im Gutachten - auf der Grundlage der von Dr. D. vorgelegten Behandlungsunterlagen und Röntgenaufnahmen - beschriebenen Behandlungsverlaufs insbesondere seit dem Unfall vom 22.06.2010 feststellen. Danach machte eine am 18.07.2011 wegen einer Schmerzsymptomatik erforderliche Zahnwurzelbehandlung die Entfernung der Kronen 22 und 23 notwendig. Dabei zeigte sich erstmals in gefertigten Röntgenbildern vom 18.07.2011 und 19.07.2011 ein Hinweis für eine Fraktur der Zähne 22 und 23. Die Kronen der Zähne 22 und 23 wurden entfernt und die Wurzelkanäle endodontisch behandelt. Der Zahnstumpf von 23 hatte eine Querfraktur der klinischen Krone auf der Höhe des Kronenrandes bzw. des Zahnfleischniveaus. Die Fraktur der klinischen Krone von 23 hatte zur Lockerung des Kronenblocks auf der linken Seite geführt. Wegen exzentrischer Kaubelastung des Prothesensattels über das Geschiebe auf dem nicht mehr abgestützten linkeren äußeren Teil des Kronenblocks kam es zur Spannung und zu einem Ermüdungsbruch des Metalls an der schmalsten Verbindungsstelle zwischen den Kronen 21 und 22. Die klinische Krone des Zahns 22 hatte eine reduzierte klinische Krone nach der Trepanation. Der Zahn 22 hatte eine Entzündung des lebenden Nerven durch Karies, so dass der Nerv zur Schmerzbeseitigung entfernt werden musste. Nach der Einbringung von Wurzelstiften wurden für die Zähne 22 und 23 zwei neue miteinander verblockt Kronen hergestellt und diese am 09.08.2011 fest eingegliedert. Eine PSA vom 13.08.2012 zeigt nach der Beschreibung von Dr. A. im Gutachten den verkürzten Kronenblock 15 bis 21 im Oberkiefer und die beiden verblockten Kronen 22 und 23 mit sichtbarer Trennstelle zwischen den Kronen 21 und 22. Am 27.08.2013 war wegen Lockerung eine erneute Zementierung der beiden Kronen 22 und 23 notwendig. Am 27.05.2014 mussten die Wurzeln der Zähne 22 und 23 entfernt werden, weil sie zerstört und nicht mehr erhaltungswürdig waren. Dieser Behandlungsverlauf lässt darauf schließen, dass ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 22.06.2010 nicht besteht, sondern durch körpereigene/innere Ursachen verursacht ist. Hiervon geht auch Dr. A. in seinem Gutachten aus, der die Schäden an den Zähnen durch Karies verursacht beschreibt, die zudem erst nach dem Unfall entstanden sind.
Den Einwendungen des Klägers gegen das Gutachten des Dr. A. kann nicht gefolgt werden. Ein Hinweis dafür, dass sich Dr. A. nicht an die vorhandenen Gutachterstandards (Leitlinien) und Richtlinien gehalten habe, dass er zu alt sei und die neueste medizinische Kenntnisse verschlafen habe, wie der Kläger mutmaßt, findet sich nicht. Berechtigte Einwendungen gegen das Gutachten des Dr. A. sind auch wegen der vom Kläger als veraltet erachteten Einrichtung ("Seine Praxis sei ein Sperrmüll von Möbeln und Einrichtung. Da war seit 40 bis 50 Jahre nichts Neues erworben worden, nicht Medizingeräte, nicht Möbel.") nicht nachvollziehbar dargelegt. Dass das Gutachten nicht der Erwartung des Klägers entspricht, bedeutet nicht, dass es mit Mängeln behaftet ist.
Damit ist festzustellen, dass die vom Kläger geltend gemachte Fraktur des Oberkieferblocks zwischen Regio 21 und 22 und damit auch die zahnärztliche Neuversorgung im Oberkieferbereich, deren Kostenübernahme der Kläger durch die Beklagte beansprucht, auch ohne das Unfallereignis vom 22.06.2010 erforderlich ist, weshalb ein ursächlicher Zusammenhang (bereits im Sinne der conditio sine qua non) mit dem Unfallereignis vom 22.06.2010 nicht besteht. Dem entspricht auch die Bewertung des Dr. A. im Gutachten vom 18.02.2017, der der Beurteilung in der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Schü. inhaltlich in vollem Umfang zugestimmt und einen Unfallzusammenhang verneint hat.
Kann die Neuversorgung im Oberkieferbereich nicht als durch den Unfallfolge vom 22.06.2010 verursacht festgestellt werden, steht dem Kläger damit auch kein Anspruch auf Heilbehandlung in Form der zahnärztlichen Behandlung entsprechend dem Heil- und Kostenplan vom 27.05.2014 gegen die Beklagte zu, auch wenn Dr. A. in seinem Gutachten die im Heil- und Kostenplan vorgesehene Behandlung als notwendig und wirtschaftlich bestätigt.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der Senat sieht sich insbesondere nicht dazu veranlasst, entsprechend dem Antrag die Ehefrau des Klägers zu vernehmen. Der Antrag wird abgelehnt. Der Senat hat die vom Kläger unter Beweis gestellte Tatsache, dass es zwischen dem 22.06.2010 und 09.11.2010 keinerlei weitere Stürze oder Traumata im Gesichtsbereich gegeben hat, als zutreffend festgestellt, weshalb es hierzu keiner Vernehmung der Ehefrau des Klägers bedarf. Der Senat sieht sich auch zu einer weiteren ergänzenden Anhörung des Dr. D. als sachverständigen Zeugen nicht veranlasst. Der Antrag, Dr. D. zu der Frage ergänzend zu befragen, "ob er im Hinblick darauf, dass Frakturen, wie sie der Kläger erlitten hat nur durch äußere Gewalteinwirkung eintreten können und es keine weiteren Traumata im Gesichtsbereich in der Zeit zwischen dem Arbeitsunfall vom 22.06.2010 und der Feststellung der OK-Blockfraktur (09.12.2010) gegeben hat, nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einem kausalen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der festgestellten Fraktur des OK-Blocks ausgehen muss", wird ebenfalls abgelehnt. Dr. D. ist vom SG bereits schriftlich als sachverständiger Zeuge angehört worden (Aussage vom 01.10.2015). Dabei hat sich Dr. D. zum Entstehungsgrund der Fraktur (meist durch äußere Gewalteinwirkung) abschließend geäußert, in dem er darauf hingewiesen hat, dazu nicht mehr sagen zu können. Entsprechendes gilt auch hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit eines kausalen Zusammenhangs (kann nicht mit 100 %iger Wahrscheinlichkeit behauptet werden). Dass es in der Zeit zwischen dem Arbeitsunfall vom 22.06.2010 und dem 09.12.2010 (richtig 09.11.2010) zu keinem weiteren Trauma im Gesichtsbereich des Klägers gekommen ist, hat der Senat, wie bereits ausgeführt, als zutreffend festgestellt; im Übrigen hat der Kläger auch nicht aufgezeigt, dass Dr. D. hierzu verlässliche Angaben machen kann. Dem Antrag des Klägers auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG hat der Senat entsprochen.
Die Berufung des Klägers war nach alledem zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Die Kosten des gemäß § 109 SGG im Berufungsverfahren eingeholten Gutachtens des Dr. A. vom 18.02.2017 sowie die baren Auslagen des Klägers, über die als Gerichtskosten der Senat in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens von Amts wegen auch im Urteil entscheiden kann (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg L 1 U 3854/06 KO-B, juris; Urteil des Senats vom 23.11.2012 - L 8 U 3868/11 -, unveröffentlicht), werden nicht auf die Staatskasse übernommen. Der Kläger hat diese endgültig selbst zu tragen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung von wesentlicher Bedeutung war und zu seiner Erledigung beigetragen bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht hat. Es muss sich, gemessen an dem Prozessziel des Klägers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben und dementsprechend die Entscheidung des Rechtsstreits (oder die sonstige Erledigung) maßgeblich gefördert haben. Durch die Anbindung an das Prozessziel wird verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sach-verhalts durch das Gutachten nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist. Vielmehr muss sich die Förderung der Sachaufklärung auf den Streitgegenstand beziehen (Kühl in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage, § 109 RdNr. 11). Hiervon ausgehend ist es nicht gerechtfertigt, die Kosten des Gutachtens von Dr. A. auf die Staatskasse zu übernehmen. Das Gutachten hat den Rechtsstreit nicht objektiv gefördert und nicht zu seiner Erledigung beigetragen, wie sich aus dem oben Ausgeführten ergibt. Insbesondere hat Dr. A. in seinem Gutachten keine neuen Gesichtspunkte aufgezeigt, die für die gerichtliche Entscheidung von wesentlicher Bedeutung waren, sondern er hat der vorangegangenen beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Schü. zustimmend den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten sowie den angefochtenen Gerichtsbescheid des SG bestätigt.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Kläger trägt die Kosten des auf seinen Antrag gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachtens von Dr. A. vom 18.02.2017 sowie seine baren Auslagen endgültig selbst.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind die Anerkennung weiterer Unfallfolgen sowie die Übernahme der Kosten einer zahnärztlichen Behandlung des Klägers wegen eines anerkannten Arbeitsunfalls streitig.
Der 1947 geborene Kläger stürzte am 22.06.2010 in Ausübung eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses (400 EUR Basis - Bl. 102 VA) bei der Firma T. + Partner Versicherungsmakler GmbH als Gärtner und Baumpfleger von einem Kirschbaum (Leitersturz). Bei der Erstuntersuchung stellte der Durchgangsarzt Dr. S. nach einer radiologischen Untersuchung (Ganzkörper-CT) des Klägers eine Schädelverletzungen mit Einblutung, eine Rippenserienfraktur rechts, eine Fraktur LWK I bis III, Hämatome der rechte Flanke und rechte Hüfte, sowie den Verdacht auf eine basale Belüftungsstörung beidseits, DD Lungenkontusion beidseits fest (Durchgangsarztbericht vom 23.06.2010 - Bl. 1 Verwaltungsakte (VA)). Mit Berichten vom 17.08.2010 (Bl. 143 VA) und 01.09.2010 (Bl. 175 VA) diagnostizierte das S. Klinikum K. insbesondere einen Zustand nach Polytrauma mit schweren Schädel-Hirn-Trauma und Schädelbasisfraktur, eine Kalottenfraktur rechts perietal, eine Felsenbeinlängsfraktur rechts, eine Fraktur des Daches der Keilbeinhöhle bis in das rechte Orbitadach ziehend, ein schmales Subduralhämatom rechts fronto-basal, ein SAB, eine kleine Kontusionsblutung links frontal, ein Hämatotympanon rechts mit Hörminderung, Doppelbilder, eine Rippenserienfraktur 4.-11. Rippe rechts mit Lungenkontusion und Hämatothorax, eine Fraktur des Processus transversus LWK1 bis 3 stabil, eine Hypokaliämie, ein hypovolämischer Schock, eine Hyponatriämie, ein Durchgangssyndrom, Infiltrate links basal sowie eine Pneumonie links basal. Der Kläger wurde im Krankenhaus S. P. erstversorgt (Durchgangsarztbericht vom 23.6.2010) und anschließend im S. Klinikum K. bis 16.07.2010 stationär behandelt (vorläufig Entlassungsbrief vom 16.07.2010 - Bl. 54 VA) mit anschließender Weiterbehandlung. Eine Kontroll-CCT (Craniale Computertomographie) vom 25.06.2010 zeigte im Vergleich mit den Voraufnahmen eine aufgeblühte Kontusionsblutung links frontal und ein Subduralhämatom (SAB) in Resorption (Bericht S. Klinikum K. vom 01.09.2010 - Bl. 175 VA). Eine weitere CCT-Kontrolle am 22.07.2010 zeigte keine wesentlichen Veränderungen (Bericht Kliniken S. vom 15.09.2010- Bl. 203 VA). Die Zahlung von Verletztengeld wurde mit Ablauf des 19.12.2011 (der 78. Woche) eingestellt (Bescheid vom 13.12.2011- Bl. 927 VA).
Die Beklagte nahm weitere medizinische Berichte - insbesondere des Klinikums P. - sowie radiologische Befundberichte (Bericht vom 30.11.2010 des Klinikums P. über ein MRT- Schädel, nativ und KM (Kontrastmittel), vom 29.11.2010 - Bl. 416 VA, Dr. He. vom 27.05.2011 MRT Schädel - Bl. 689 VA) zu den Akten.
Die Beklagte holte die beratungsfachärztliche Stellungnahmen des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Neuroradiologie PD Dr. R. vom 15.12.2010 (Bl. 373 VA) und vom 07.01.2012 (Bl. 900 und 990 VA), des Augenarztes Dr. Z. vom 02.03.2011 (Bl. 475 VA), das Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. E. vom 25.03.2011 (Bl. 529 VA), das neurologisches Gutachten des Prof. Dr. H. vom 05.07.2011 (Bl. 728 VA) mit neuropsychologischem Zusatzgutachten des Diplom-Psychologen Hä. vom 09.07.2011 (Bl. 768 VA), das nervenärztliche Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie H. vom 19.03.2012 (Bl. 1079 VA), das Rentengutachten des Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgie des Dr. O. vom 09.01.2012 (Blatt 1104 VA), das HNO-fachärztliche Gutachten des Prof. Dr. Ha. vom 09.05.2012 (Blatt 1149 VA), das Gutachten des Diplom-Psychologen Wi. (Bl. 1189 VA), das Gutachten des Arztes für Augenheilkunde Prof. Dr. L. vom 08.10.2012 (Bl. 1352 VA), das nervenärztliche Gutachten von Dr. Br./Dr. P. vom 28.12.2012 (Bl. 1423 VA) sowie zu den Gutachten veranlasste beratungsärztliche Stellungnahmen des HNO-Facharztes Dr. J. vom 21.05.2012 (Blatt 1178 VA) und vom 02.03.2013 (Bl. 1530 VA), des PD Dr. R. vom 12.07.2012 (Bl. 1247 VA), 29.08.2012 (Bl. 1291 VA) und 26.01.2013 (Bl. 1493 VA), des Augenarztes Dr. Z. vom 21.01.2013 (Bl. 1481 VA) sowie des Arztes für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. F. vom 07.02.2013 (Bl. 1506 VA) ein.
Mit Bescheid vom 22.04.2013 (Bl. 1557 VA) gewährte die Beklagte dem Kläger Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 60 v.H. ab 20.12.2011. Als Folgen des Versicherungsfalles wurden anerkannt, eine anteilige depressive Reaktion, eine anteilige Belastungsminderung im Bereich der Aufmerksamkeit und der Konzentrationsfähigkeit, eine Gleichgewichtsstörung sowie ein geringfügiger Ausfall des unteren Gesichtsfeldes im Bereich des linken Auges nach Schädel-Hirn-Trauma mit Brüchen der Schädel-Basis, des knöchernen Schädeldaches rechts, des Daches der Keilbeinhöhle rechts, ein Längsbruch des Felsenbeines rechts, ein Bluterguss unterhalb der Hirnhaut (Subduralhämatom) rechts und eine Blutung an der Hirnoberfläche (Subarachnoidalblutung) links. Weiter wurden anerkannt ein anteiliges Ohrensausen (Tinnitus) und Schallleitungsschwerhörigkeit rechts nach Innenohrschädigung (Commotio labyrinthi) mit Blutansammlung im Hohlraum des Mittelohrs (Hämatotympanon), eine Bewegungseinschränkung bei der Seitwärtsneigung der Lendenwirbelsäule und anteilige Belastungsbeschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule nach Brüchen des paarigen Querfortsatzes (Prozessus transversus) des 1. bis 3. Lendenwirbelkörpers. Doppelbilder des linken Auges, der Serienbruch der 4.-11. Rippe rechts mit Lungenquetschung und Ansammlung von Blut im Brustfellraum (Hämatothorax) sowie eine Unterschenkelvenenthrombose links seien ohne wesentliche Folgen ausgeheilt.
Gegen den Rentenbescheid vom 22.04.2013 legte der Kläger Widerspruch ein (Bl. 1567 VA), den er mit Schriftsatz seines damaligen Prozessbevollmächtigten vom 30.07.2013 begründete und eine MdE von 80 v.H. geltend machte (Bl. 1605 VA). Mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2013 (Bl. 1662 VA) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Hiergegen erhob der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage (S 3 U 3721/13), mit dem Ziel, ihm Rente nach einer MdE von mindestens 80 v.H. zu gewähren (Schriftsatz vom 29.04.2014). Im Klageverfahren schlossen die Beteiligten einen gerichtlichen Vergleich dahin, dass sich die Beklagte bereit erklärt, dem Kläger ab Rentenbeginn eine Rente nach einer Gesamt-MdE von 65 v.H. zu gewähren (Beschluss des SG vom 27.04.2015). Mit Ausführungsbescheid vom 06.05.2015 gewährte die Beklagte dem Kläger Rente nach einer MdE von 65 v.H. ab 20.12.2011 (Bl. 2158 VA).
Der Kläger legte der Beklagte ein an ihn adressiertes Schreiben des Zahnarztes Dr. D. vom 03.06.2014 vor, in dem ausgeführt wird, dass dem Kläger am 27.05.2014 die Zähne 22 und 23 aufgrund einer Fraktur entfernt worden seien. Die Fraktur sei sehr wahrscheinlich auf einen Sturz oder Unfall zurückzuführen. Der Kläger merkte zusätzlich an, in den letzten 4 Jahren habe er 4 Zähne gezogen bekommen (Bl. 1884 VA). Auf Anfrage der Beklagten teilte Dr. D. mit Schreiben vom 04.08.2014 mit (Bl. 1905 VA), dem Kläger seien die Zähne 22 und 23 extrahiert worden. Am 09.11.2010 habe er beim Kläger eine Fraktur des OK-Blockes zwischen 21 und 22 festgestellt. Es sei davon auszugehen, dass die Schädigung des OK-Blockes mit Verlust der Zähne aufgrund einer Gewalteinwirkung, durch Sturz, eingetreten sei. Die Beklagte nahm den Heil- und Kostenplan des Dr. D. vom 27.05.2014 (voraussichtlicher Eigenanteil 4.518,22 EUR - Bl. 1918 VA) und vom 03.11.2014 mit Behandlungsplan (voraussichtliche Gesamtkosten 3904,09 EUR - Bl. 2036 VA) sowie einen Karteiblattausdruck der Behandlungen des Klägers durch Dr. D. (Bl. 2040 VA) zu den Akten. Außerdem holte die Beklagte die zahnärztliche Auskunft des Dr. D. vom 14.09.2014 ein (Bl. 1948 bis 1950 VA).
Mit Schreiben vom 15.12.2014 (Bl. 2034 VA) teilte die Beklagte - nach Einholung der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Schü. vom 10.12.2014 (Bl. 2035 VA) - Dr. D. mit, dass die von ihm vorgeschlagene Versorgung nicht übernommen werde. Eine unfallursächliche Ursache für die Neuversorgung des Oberkiefers des Klägers lasse sich nicht feststellen. Weiter teilte die Beklagte dem Kläger unter Übersendung des Schreibens vom 15.12.2014 mit Schreiben vom 07.01.2015 mit, dass die vorgeschlagene Versorgung nicht übernommen werden könne (Bl. 2064).
Mit Schreiben vom 20.01.2015 legte der Kläger gegen die Ablehnung der medizinisch-zahnärztlichen Versorgung vom 07.01.2015 Widerspruch ein (Bl. 2073 VA), den er mit Schreiben vom 23.02.2015 begründete (Bl. 2095 VA). Er machte geltend, er habe seit dem Arbeitsunfall Probleme und Schmerzen in 4 Zähnen, die durch den Unfall geschädigt worden seien. Der Unfall habe für ihn gravierende Folgen gehabt. Nach dem Unfall habe er vieles vergessen, auch dass er prothesierte Zähne gehabt habe. Diese hätten behandelt werden müssen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.04.2015 (Bl. 2145 VA) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Verwaltungsakt vom 07.01.2015 über die Ablehnung der Kostenübernahme einer zahnärztlichen prothetischen Neuversorgung des Oberkiefers zurück. Leistungen für eine zahnärztliche prothetische Neuversorgung seien nicht zu erbringen, weil diese in keinem hinreichend wahrscheinlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 22.06.2010 stehe.
Hiergegen erhob der Kläger am 22.05.2015 beim SG Klage (S 4 U 1682/15). Er machte zur Begründung geltend, bei dem anerkannten Arbeitsunfall am 22.06.2010, bei dem er sich erhebliche gesundheitliche Einschränkungen zugezogen habe, sei es auch zu einer Fraktur der damals getragenen Zahnprothese gekommen, weshalb die ausgewiesene zahnmedizinische Behandlung erforderlich sei. Der Kläger berief sich auf die Mitteilungen des Zahnarztes Dr. D ... Halte man sich vor Augen, dass durch den Sturz am 22.06.2010 zahlreiche Schädelverletzungen (Frakturen im Kopf- und Gesichtsbereich) festgestellt worden seien, und berücksichtige man weiter, dass es danach bei ihm keine weiteren Stürze oder Frakturen gegeben habe, spreche die überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass auch der von Dr. D. am 09.11.2010 festgestellte und damit belegte Bruch des OK-Blockes zwischen den Zähnen 21 und 22 bei dem Sturz am 22.06.2010 eingetreten sei. In der Folgezeit sei versucht worden, mittels Wiederbefestigung eine befriedigende Lösung zu erzielen, was jedoch gescheitert sei, weshalb im Mai 2014 eine Extraktion notwendig geworden sei. Vernünftige Zweifel, die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprächen, lägen nicht vor. Es gebe keine plausible Erklärung, was sonst die Fraktur hätte hervorrufen können. Der Kläger äußerte sich mit Schreiben vom 30.12.2015 ergänzend. Er machte insbesondere geltend, erst nach einem Koma und einem längeren Schockzustand sei sein Gedächtnis zum Teil wieder zurückgekommen und er habe sich an die Zahnprothesen erinnert. Danach habe er immer Probleme gehabt, die Prothesen raus und reinzumachen. Seine Hoffnung auf Besserung hätte sich nicht bestätigt, vielmehr sei eine Verschlechterung eingetreten und die Zahnschmerzen hätten zugenommen. Dann habe er Dr. D. aufgesucht. Nach langem hin und her hätten die Wurzeln der 4 Zähne im Mai 2014 gezogen werden müssen. Das ganze Problem habe erst mit dem Unfall angefangen. Er vermute, dass auch die Zähne einen Schlag oder Risse durch den Unfall bekommen hätten.
Das SG hörte Dr. D. schriftlich als sachverständigen Zeugen an. Dieser teilte in seiner Aussage vom 01.10.2015 mit, durch den Arbeitsunfall vom 22.06.2010 könnte eine Fraktur der Oberkiefer- Frontkronen zwischen 22 und 21 verursacht worden sein. Da der Kläger jedoch nicht unmittelbar danach in seiner Praxis erschienen sei, könne das nicht mit 100 %iger Wahrscheinlichkeit behauptet werden. Frakturen dieser Art entstünden meistens durch äußere Gewalteinwirkung. Mehr könne er dazu leider nicht sagen. Dr. D. legte Unterlagen zur Behandlung des Klägers (insbesondere Karteiblattausdrucke) vor.
Der Kläger beantragte die ergänzende Befragung des Dr. D. sowie gemäß § 109 SGG vom Zahnarzt Dr. T. ein Gutachten einzuholen. Dr. T. gab den vom SG erteilten Gutachtensauftrag zurückgab, da er aktuell nicht als Gutachter tätig sei (Schreiben vom 09.12.2015). Der Kläger beantragte anschließend, Dr. A. mit der Erstattung eines Gutachtens nach § 109 SGG zu beauftragen.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.02.2016 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, für die Zeit unmittelbar nach dem Unfall vom 22.06.2010 lägen keinerlei Nachweise für eine Verletzung des Oberkiefers des Klägers im geltend gemachten Sinn vor. Die Beklagte stütze ihre ablehnenden Bescheide zu Recht auf die Bewertung des beratenden Zahnarztes Dr. Schü ... Auch der zeitliche Ablauf lege einen Unfallzusammenhang nicht nahe. Zwar erscheine der Unfall prinzipiell geeignet, die geltend gemachte Verletzung verursacht zu haben. Nach der ausführlichen Diagnose der Verletzungen des Klägers erscheine es jedoch nicht als wahrscheinlich, dass ein solcher Befund übersehen worden wäre. Es seien in der Zwischenzeit zahlreiche andere private Ereignisse als mögliche Auslöser für den Jahre später geltend gemachten Behandlungsbedarf denkbar. Die sachverständige Zeugenaussage des Dr. D. führe zu keiner anderen Bewertung. Der Umstand alleine, dass die Beklagte keine berufsfremden Ursachen für eine bestimmte schädigende Entwicklung benennen könne, führe nicht zu einer Beweislastumkehr oder Beweiserleichterung für den Kläger. Eine Verpflichtung der Kammer, dem Antrag auf eine weitere Begutachtung nach § 109 SGG nachzukommen, bestehe nicht.
Gegen den dem vormaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 08.02.2016 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger am 01.03.2016 durch seinen vormaligen Prozessbevollmächtigten eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung sein bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholt und ergänzend ausgeführt, dem SG sei zwar zuzustimmen, dass der von ihm erlittene Sturz aus 3,5 m Höhe durchaus auch die hier in Streit stehende Oberkieferfraktur habe hervorrufen können. Halte man sich den gesundheitlichen Zustand des Klägers nach dem Arbeitsunfall vor Augen, sei durchaus nachvollziehbar, dass die hier eingetretenen Zahnprobleme zunächst in den Hintergrund getreten seien. In diesem Zusammenhang sei daher auch der zeitliche Ablauf durchaus geeignet, die kausale Verursachung zu belegen. Die starke Krafteinwirkung beim Unfall im Gesichtsbereich spreche mehr für einen ursächlichen Zusammenhang der erlittenen Fraktur mit dem Unfallereignis als dagegen. Soweit das SG darauf abstelle, dass es zahlreiche andere private Ereignisse als Auslöser für die Fraktur gegeben haben könne, habe es hierzu Feststellungen nicht getroffen. Es handele sich offenbar nur um Mutmaßungen. Zum Beweis der Tatsache, dass es zwischen dem 22.06.2010 und 09.11.2010 keine weiteren Stürze oder Traumata im Gesichtsbereich gegeben habe, hat der Kläger seine Ehefrau als Zeugin benannt. Soweit Dr. D. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage eine 100 %ige Wahrscheinlichkeit nicht hat angeben können, spreche dies nicht gegen die Bejahung des Kausalzusammenhangs. Auch die weiteren Argumente des SG, hinsichtlich einer umfangreichen Diagnostik und Behandlung wäre die Fraktur des Kieferknochens sicherlich festgestellt worden, verfingen im Hinblick auf die sonst festgestellten Verletzungen nicht. Auch hier handelt es sich nur um Mutmaßungen des SG. Zu Unrecht habe das SG einen Antrag auf ergänzende Befragung des Dr. D. unberücksichtigt gelassen und den Antrag nach § 109 SGG fälschlicherweise nicht weiter verfolgt. Das SG sei zu Unrecht davon ausgegangen, er habe einen Antrag nach § 109 SGG aufgrund grober Nachlässigkeit nicht rechtzeitig gestellt. Der Kläger hat die ergänzende Befragung des Dr. D. beantragt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, die begehrte Zahnbehandlung sei noch nicht vorgenommen worden.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 03.02.2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 07.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.04.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Fraktur des Oberkieferblocks zwischen Regio 21 und 22 als Folge des Arbeitsunfalls vom 22.06.2010 anzuerkennen sowie die zahnärztliche Behandlung entsprechend dem Heil- und Kostenplan vom 27.05.2014 als Heilbehandlung zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Weder röntgenologisch, zeitlich (Zahnarztbesuch) noch traumatologisch (Schädelbruch rechts) könne ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall vom 22.06.2010 und der Fraktur des OK-Blockes bzw. der Neuversorgung des Oberkiefers festgestellt werden.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers erstattete Gutachten des Zahnarztes Dr. A. vom 18.02.2017 eingeholt. Dr. A. gelangte zu den Bewertungen, bei dem Unfall am 22.06.2010 sei kein Schaden des Kronenblocks 15 bis 23 im Oberkiefer eingetreten. Eine Fraktur des Kronenblocks 15 bis 23 sei am 09.11.2010 nicht dokumentiert. Eine Panoramaschichtaufnahme (PSA) am 06.07.2011 von der Praxis Dr. D. zeige einen unversehrten Kronenblock 15 bis 23 im Oberkiefer. Eine Fraktur sei höchstwahrscheinlich erst am 06.07.2011 bemerkt worden. Eine Fraktur des Blockes zwischen den Kronen 21 und 22 werde auch hier nicht dokumentiert. Dr. A. stimmte der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Schü. in vollem Umfang zu.
Der Kläger hat sich zum Gutachten des Dr. A. geäußert (zwei Schreiben vom 13.03.2017 an seinen vormaligen Prozessbevollmächtigten, die dem Senat vorgelegt worden sind, wiederholt mit Schreiben vom 01.06.2017 an den Senat).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Gerichtsakte des SG S 3 U 3721/13 sowie auf 12 Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig.
Soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten begehrt, eine Fraktur des Oberkieferblocks zwischen Regio 21 und 22 als Folge des Arbeitsunfalls vom 22.06.2010 anzuerkennen, ist statthafte Klageart die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG (vgl. BSG 05.07.2011 -B 2 U 17/10 R-, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R -). Entsprechendes gilt für das Begehren des Klägers, die Beklagte zu verurteilen, die zahnärztliche Behandlung entsprechend dem Heil- und Kostenplan vom 27.05.2014 zu übernehmen, die nach der Angabe des Klägers in der mündlichen Verhandlung noch nicht vorgenommen worden ist. Im streitgegenständlichen Bescheid hat die Beklagte abgelehnt, die geltend gemachte Zahnbehandlung zu übernehmen. Damit ist eine anfechtbare Entscheidung zur begehrten Feststellung von Unfallfolgen und Übernahme einer Heilbehandlung ergangen.
Der im Klageverfahren S 3 U 3721/13 durch Beschluss des SG vom 27.04.2015 zwischen den Beteiligten geschlossene Vergleich steht der vorliegenden der Klage nicht entgegen. Gegenstand des Vergleichsbeschlusses des SG vom 27.04.2015 war die Höhe der dem Kläger zu gewährenden Rente (MdE). Das vorliegend streitige Begehren des Klägers wird davon nicht betroffen. Dem entspricht auch, dass die Beklagte insoweit ein gesondertes Verwaltungsverfahren durchgeführt und in der Sache entschieden hat.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Der Berufung ist nicht bereits deswegen unbegründet, weil der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Heilbehandlung durch Übernahme der Krankenkasse bereits gemäß § 107 Abs. 1 SGB X erfüllt wäre. Streitgegenstand ist nach dem Heil- und Kostenplan vom 27.05.2014 der dem Kläger verbleibende Eigenanteil (in Höhe von 4.518,22 EUR), weshalb für den Kläger ein rechtsschutzwürdiges Interesse an einem auf Gewährung von Heilbehandlung bzw. Behandlungskostenübernahme gerichteten Verfahren bestehen (vgl. Urteil des Senats vom 30.09.2016 - L 8 U 228/16 -).
Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 07.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Anerkennung einer Fraktur des Oberkieferblocks zwischen Regio 21 und 22 als Folge des Arbeitsunfalls vom 22.06.2010 sowie auf die Übernahme der zahnärztlichen Behandlung entsprechend dem Heil- und Kostenplan des Dr. D. vom 27.05.2014. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 03.02.2016 ist nicht zu beanstanden.
Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII). Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Der Anspruch auf Heilbehandlung nach §§ 1 Nr. 2, 26 ff. SGB VII, die Grundlage des vom Kläger geltend gemachten Kostenübernahmeanspruchs ist, setzt voraus, dass der Versicherte wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles bzw. einer Berufskrankheit der Heilbehandlung bedarf. Dieser Anspruch wird durch die Erbringung von Sachleistungen bzw. die Verschaffung von Sachleistungen gegenüber dem Versicherten erfüllt.
Ein Anspruch des Klägers auf die begehrte zahnärztliche Behandlung entsprechend dem Heil- und Kostenplan vom 27.05.2014 besteht damit dann, wenn die geltend gemachte zahnärztliche Behandlung wegen der (unmittelbaren oder mittelbaren) Folgen des von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 22.06.2010 erforderlich ist. Dies kann jedoch nicht festgestellt werden, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid ausgeführt hat. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zutreffend ausgeführt, dass für die Zeit unmittelbar nach dem Unfall vom 22.06.2010 keine Nachweise für eine Verletzung des Oberkiefers des Klägers im geltend gemachten Sinn vorlägen. Auch der zeitliche Ablauf lege einen Unfallzusammenhang nicht nahe. Zwar erscheine der Unfall prinzipiell geeignet, die geltend gemachte Verletzung verursacht zu haben. Nach der ausführlichen Diagnose der Verletzungen des Klägers erscheine es jedoch nicht wahrscheinlich, dass ein solcher Befund übersehen worden wäre. Die sachverständige Zeugenaussage des Dr. D. führe zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Der Umstand alleine, dass die Beklagte keine berufsfremden Ursachen für eine bestimmte schädigende Entwicklung benennen könne, führe nicht zu einer Beweislastumkehr oder Beweiserleichterung für den Kläger. Der Senat gelangt nach eigener Prüfung zum selben Ergebnis. Er nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsverfahren bleibt auszuführen:
Auch der Senat kann nicht feststellen, dass beim Kläger eine Fraktur des Oberkieferblocks zwischen Regio 21 und 22 oder von Zähnen, wie er in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, eingetreten ist, die auf das Unfallgeschehen vom 22.06.2010 zurückzuführen und damit versicherte Unfallfolge ist.
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15, jeweils RdNr 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R und B 2 U 26/04 R - a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die vorliegend vom Kläger geltend gemachte Gesundheitsstörung nicht vor. Allein der Umstand, dass das Unfallgeschehen geeignet war, die geltend gemachte Gesundheitsstörung zu verursachen, rechtfertigt die Annahme einer unfallbedingten Kausalität noch nicht.
Dr. A. gelangt - in Übereinstimmung mit dem SG und der Beklagten - in seinem vom Senat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten vom 18.02.2017 zu der Bewertung, dass bei dem Unfall am 22.06.2010 eine Schädigung des Kronenblocks 15 bis 23 im Oberkiefer nicht eingetreten ist. Dr. A. hat in seinem Gutachten für den Senat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass zum Zeitpunkt des Unfalls mittels eines Polytrauma-CT beim Kläger keine Schäden im Zahn-, Mund- und Kieferbereich dokumentiert sind. Dies gilt auch hinsichtlich eines Kontroll-CCT vom 25.06.2010. Auch die von Dr. D. am 06.07.2011 (ca. ein Jahr nach dem Unfall) gefertigten drei Panoramaschichtaufnahmen (PSA) zeigten einen intakten Kronenblock der Zähne 15 bis 23 ohne eine sichtbare Fraktur des Blocks zwischen den Zähnen 21 und 22. Bereits nach diesen radiologischen (bildgebenden) Befunden kann ausgeschlossen werden, dass die vom Kläger geltend machte Fraktur des Oberkieferblocks zwischen Regio 21 und 22 durch den Arbeitsunfall vom 22.06.2010 (unmittelbar) verursacht wurde, wie der Kläger geltend macht.
Gegen einen Ursachenzusammenhang der geltend gemachten Zahnbeschwerden mit dem Unfallereignis vom 22.06.2010 spricht auch, dass der Kläger erst im Juni 2014 Zahnprobleme als Unfallfolge bei der Beklagten geltend gemacht hat. Dabei verkennt der Senat nicht, dass im Hinblick auf die schweren Verletzungen des Klägers bei dem Unfall am 22.06.2010 plausibel erscheint, dass Zahnprobleme für ihn zunächst - für eine gewisse Zeit - in den Hintergrund getreten sein können, wie er geltend macht. Dies erklärt jedoch nicht plausibel, dass der Kläger erst 4 Jahre nach dem Unfall Zahnprobleme als Unfallfolge geltend macht. Bei den zahlreichen Begutachtungen zur Feststellung der Höhe der Verletztenrente (MdE), auch zuletzt im Dezember 2012, hat der Kläger nie Zahnprobleme als Unfallfolge genannt, wie sich aus den Beschreibungen der Beschwerdeangaben in den von der Beklagten eingeholten - zahlreichen - Gutachten und den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen ergibt. Auch in dem durch Vergleichsbeschluss des SG vom 27.04.2015 beendeten Klageverfahren SG S 3 U 3721/13 hat der Kläger Zahnprobleme als Unfallfolge nicht geltend gemacht, was aber nahe gelegen hätte, diese zumindest vorzutragen. Danach entsteht für den Senat der Eindruck, dass der Kläger wegen des verbliebenen Eigenanteils der erforderlich gewordenen zahnärztliche Neuversorgung im Oberkieferbereich im Juni 2014 lediglich versucht, den Eigenanteil der Neuversorgung auf die Beklagte "abzuwälzen".
Der Bewertung von Dr. D. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 01.10.2015, der eine Fraktur der Oberkiefer-Frontkronen zwischen 21 und 22 als (mögliche) Unfallursache angenommen hat, kann der Senat nicht folgen. Seine Mitteilung an die Beklagten vom 04.08.2014, er habe am 09.11.2010 beim Kläger eine Fraktur des OK-Blockes zwischen 21 und 22 festgestellt und seine sinngemäß gleiche Zeugenaussage vom 01.10.2015 an das SG stehen nicht in Übereinstimmung mit den von ihm zu den Akten gereichten Behandlungsunterlagen und Röntgenaufnahmen, weshalb seine Aussage den Senat nicht überzeugen. Bei der zahnärztlichen Untersuchung am 09.11.2010 hat Dr. D. ausweislich der von ihm zusammen mit seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 01.10.2015 vorgelegten Behandlungsunterlagen (Karteikartenausdruck) keine Schäden an dem Kronenblock 15 bis 23 im Oberkiefer festgehalten bzw. dokumentiert. Dr. A. verweist in seinem Gutachten ausdrücklich darauf, dass die ärztliche Dokumentation der Behandlung am 09.11.2010 "im Gegensatz zu dem Schreiben von Dr. K. H. D. vom 01.10.2015 steht", er habe eine Fraktur des OK-Blockes zwischen 21 und 22 festgestellt. Weiter lässt sich die Angabe des Dr. D. bezüglich einer Fraktur des OK-Blockes zwischen 21 und 22 nicht mit den von Dr. D. am 06.07.2011 gefertigten PSA vereinbaren, das einen intakten Kronen Block der Zähne 15 bis 23 ohne eine sichtbare Fraktur des Blockes zwischen den Zähnen 21 und 22 zeigt, wie Dr. A. in seinem Gutachten beschrieben hat. Der Senat kann danach, entgegen der Ansicht des Klägers, nicht festzustellen, dass bereits am 09.11.2010 eine Fraktur des OK Blockes zwischen 21 und 22 vorgelegen hat. Zudem reicht die bloße Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs, wovon Dr. D. letztlich ausgeht, entgegen der Ansicht des Klägers auch bei unterstellter Geeignetheit des Unfallereignisses, den geltend gemachten Schaden zu verursachen, für die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs mit einem Unfallereignis nicht aus.
Die als Unfallfolge vom Kläger geltend gemachte Fraktur des Oberkieferblocks kann auch nicht als mittelbare Folge des Arbeitsunfalles vom 22.06.2010 festgestellt werden. Nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. D. an das SG bleibt als einzige Möglichkeit einer mittelbaren Unfallfolge, dass der Kläger nach dem Arbeitsunfall vom 22.06.2010 wegen unfallursächlich bestehender Folgen gestürzt wäre. Dass dies der Fall ist, kann jedoch nicht festgestellt werden. Dem steht bereits das eigene (durch Vernehmung seiner Ehefrau unter Beweis gestellte) Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren entgegen, wonach es zwischen dem 22.06.2010 und 09.11.2010 keinen weiteren Sturz oder Traumata im Gesichtsbereich gegeben hat. Ein Sturz oder Trauma mit Beteiligung des Gesichts/Schädels ist auch sonst nicht ersichtlich. Zwar stürzte der Klägers - wegen Gangunsicherheit - am 15.09.2014, wobei sich jedoch keine Kopfverletzung zuzog (Durchgangsarztbericht PD Dr. M. vom 16.10.204 - Bl. 1974 VA, Bericht H. Klinikum P. vom 15.09.2014 - Bl. 1989 VA). Ein Frakturhinweis ist darüber hinaus schon zu einem früheren Zeitpunkt den Akten zu entnehmen, weshalb der Sturz 2014 auch als Ursache ausscheidet. Auf das Vorliegen einer mittelbaren Unfallfolge hat sich der Kläger auch nicht berufen.
Außerdem ist zur Überzeugung des Senates davon auszugehen, dass die vom Kläger als Unfallfolge geltend gemachte Fraktur des Oberkieferblocks zwischen Regio 21 und 22 und die erforderlich Neuversorgung im Oberkieferbereich auf eine körpereigene / innere Ursache zurückzuführen ist. Dies kann der Senat aufgrund des von Dr. A. im Gutachten - auf der Grundlage der von Dr. D. vorgelegten Behandlungsunterlagen und Röntgenaufnahmen - beschriebenen Behandlungsverlaufs insbesondere seit dem Unfall vom 22.06.2010 feststellen. Danach machte eine am 18.07.2011 wegen einer Schmerzsymptomatik erforderliche Zahnwurzelbehandlung die Entfernung der Kronen 22 und 23 notwendig. Dabei zeigte sich erstmals in gefertigten Röntgenbildern vom 18.07.2011 und 19.07.2011 ein Hinweis für eine Fraktur der Zähne 22 und 23. Die Kronen der Zähne 22 und 23 wurden entfernt und die Wurzelkanäle endodontisch behandelt. Der Zahnstumpf von 23 hatte eine Querfraktur der klinischen Krone auf der Höhe des Kronenrandes bzw. des Zahnfleischniveaus. Die Fraktur der klinischen Krone von 23 hatte zur Lockerung des Kronenblocks auf der linken Seite geführt. Wegen exzentrischer Kaubelastung des Prothesensattels über das Geschiebe auf dem nicht mehr abgestützten linkeren äußeren Teil des Kronenblocks kam es zur Spannung und zu einem Ermüdungsbruch des Metalls an der schmalsten Verbindungsstelle zwischen den Kronen 21 und 22. Die klinische Krone des Zahns 22 hatte eine reduzierte klinische Krone nach der Trepanation. Der Zahn 22 hatte eine Entzündung des lebenden Nerven durch Karies, so dass der Nerv zur Schmerzbeseitigung entfernt werden musste. Nach der Einbringung von Wurzelstiften wurden für die Zähne 22 und 23 zwei neue miteinander verblockt Kronen hergestellt und diese am 09.08.2011 fest eingegliedert. Eine PSA vom 13.08.2012 zeigt nach der Beschreibung von Dr. A. im Gutachten den verkürzten Kronenblock 15 bis 21 im Oberkiefer und die beiden verblockten Kronen 22 und 23 mit sichtbarer Trennstelle zwischen den Kronen 21 und 22. Am 27.08.2013 war wegen Lockerung eine erneute Zementierung der beiden Kronen 22 und 23 notwendig. Am 27.05.2014 mussten die Wurzeln der Zähne 22 und 23 entfernt werden, weil sie zerstört und nicht mehr erhaltungswürdig waren. Dieser Behandlungsverlauf lässt darauf schließen, dass ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 22.06.2010 nicht besteht, sondern durch körpereigene/innere Ursachen verursacht ist. Hiervon geht auch Dr. A. in seinem Gutachten aus, der die Schäden an den Zähnen durch Karies verursacht beschreibt, die zudem erst nach dem Unfall entstanden sind.
Den Einwendungen des Klägers gegen das Gutachten des Dr. A. kann nicht gefolgt werden. Ein Hinweis dafür, dass sich Dr. A. nicht an die vorhandenen Gutachterstandards (Leitlinien) und Richtlinien gehalten habe, dass er zu alt sei und die neueste medizinische Kenntnisse verschlafen habe, wie der Kläger mutmaßt, findet sich nicht. Berechtigte Einwendungen gegen das Gutachten des Dr. A. sind auch wegen der vom Kläger als veraltet erachteten Einrichtung ("Seine Praxis sei ein Sperrmüll von Möbeln und Einrichtung. Da war seit 40 bis 50 Jahre nichts Neues erworben worden, nicht Medizingeräte, nicht Möbel.") nicht nachvollziehbar dargelegt. Dass das Gutachten nicht der Erwartung des Klägers entspricht, bedeutet nicht, dass es mit Mängeln behaftet ist.
Damit ist festzustellen, dass die vom Kläger geltend gemachte Fraktur des Oberkieferblocks zwischen Regio 21 und 22 und damit auch die zahnärztliche Neuversorgung im Oberkieferbereich, deren Kostenübernahme der Kläger durch die Beklagte beansprucht, auch ohne das Unfallereignis vom 22.06.2010 erforderlich ist, weshalb ein ursächlicher Zusammenhang (bereits im Sinne der conditio sine qua non) mit dem Unfallereignis vom 22.06.2010 nicht besteht. Dem entspricht auch die Bewertung des Dr. A. im Gutachten vom 18.02.2017, der der Beurteilung in der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Schü. inhaltlich in vollem Umfang zugestimmt und einen Unfallzusammenhang verneint hat.
Kann die Neuversorgung im Oberkieferbereich nicht als durch den Unfallfolge vom 22.06.2010 verursacht festgestellt werden, steht dem Kläger damit auch kein Anspruch auf Heilbehandlung in Form der zahnärztlichen Behandlung entsprechend dem Heil- und Kostenplan vom 27.05.2014 gegen die Beklagte zu, auch wenn Dr. A. in seinem Gutachten die im Heil- und Kostenplan vorgesehene Behandlung als notwendig und wirtschaftlich bestätigt.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der Senat sieht sich insbesondere nicht dazu veranlasst, entsprechend dem Antrag die Ehefrau des Klägers zu vernehmen. Der Antrag wird abgelehnt. Der Senat hat die vom Kläger unter Beweis gestellte Tatsache, dass es zwischen dem 22.06.2010 und 09.11.2010 keinerlei weitere Stürze oder Traumata im Gesichtsbereich gegeben hat, als zutreffend festgestellt, weshalb es hierzu keiner Vernehmung der Ehefrau des Klägers bedarf. Der Senat sieht sich auch zu einer weiteren ergänzenden Anhörung des Dr. D. als sachverständigen Zeugen nicht veranlasst. Der Antrag, Dr. D. zu der Frage ergänzend zu befragen, "ob er im Hinblick darauf, dass Frakturen, wie sie der Kläger erlitten hat nur durch äußere Gewalteinwirkung eintreten können und es keine weiteren Traumata im Gesichtsbereich in der Zeit zwischen dem Arbeitsunfall vom 22.06.2010 und der Feststellung der OK-Blockfraktur (09.12.2010) gegeben hat, nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einem kausalen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der festgestellten Fraktur des OK-Blocks ausgehen muss", wird ebenfalls abgelehnt. Dr. D. ist vom SG bereits schriftlich als sachverständiger Zeuge angehört worden (Aussage vom 01.10.2015). Dabei hat sich Dr. D. zum Entstehungsgrund der Fraktur (meist durch äußere Gewalteinwirkung) abschließend geäußert, in dem er darauf hingewiesen hat, dazu nicht mehr sagen zu können. Entsprechendes gilt auch hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit eines kausalen Zusammenhangs (kann nicht mit 100 %iger Wahrscheinlichkeit behauptet werden). Dass es in der Zeit zwischen dem Arbeitsunfall vom 22.06.2010 und dem 09.12.2010 (richtig 09.11.2010) zu keinem weiteren Trauma im Gesichtsbereich des Klägers gekommen ist, hat der Senat, wie bereits ausgeführt, als zutreffend festgestellt; im Übrigen hat der Kläger auch nicht aufgezeigt, dass Dr. D. hierzu verlässliche Angaben machen kann. Dem Antrag des Klägers auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG hat der Senat entsprochen.
Die Berufung des Klägers war nach alledem zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Die Kosten des gemäß § 109 SGG im Berufungsverfahren eingeholten Gutachtens des Dr. A. vom 18.02.2017 sowie die baren Auslagen des Klägers, über die als Gerichtskosten der Senat in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens von Amts wegen auch im Urteil entscheiden kann (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg L 1 U 3854/06 KO-B, juris; Urteil des Senats vom 23.11.2012 - L 8 U 3868/11 -, unveröffentlicht), werden nicht auf die Staatskasse übernommen. Der Kläger hat diese endgültig selbst zu tragen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung von wesentlicher Bedeutung war und zu seiner Erledigung beigetragen bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht hat. Es muss sich, gemessen an dem Prozessziel des Klägers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben und dementsprechend die Entscheidung des Rechtsstreits (oder die sonstige Erledigung) maßgeblich gefördert haben. Durch die Anbindung an das Prozessziel wird verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sach-verhalts durch das Gutachten nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist. Vielmehr muss sich die Förderung der Sachaufklärung auf den Streitgegenstand beziehen (Kühl in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage, § 109 RdNr. 11). Hiervon ausgehend ist es nicht gerechtfertigt, die Kosten des Gutachtens von Dr. A. auf die Staatskasse zu übernehmen. Das Gutachten hat den Rechtsstreit nicht objektiv gefördert und nicht zu seiner Erledigung beigetragen, wie sich aus dem oben Ausgeführten ergibt. Insbesondere hat Dr. A. in seinem Gutachten keine neuen Gesichtspunkte aufgezeigt, die für die gerichtliche Entscheidung von wesentlicher Bedeutung waren, sondern er hat der vorangegangenen beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Schü. zustimmend den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten sowie den angefochtenen Gerichtsbescheid des SG bestätigt.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
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