L 11 EG 1091/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 EG 1654/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 1091/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22.09.2014 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 19.03.2015 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe des dem Kläger zustehenden Elterngelds für seine am 27.08.2013 geborene Tochter F. R. (im Folgenden F).

Der 1978 geborene Kläger ist verheiratet und lebt zusammen mit seiner Ehefrau und den Kindern H. P. (geboren am 17.06.2011) und F. Für den Sohn H. bezog der Kläger vom 17.06. bis 16.08.2012 Elterngeld. Vor der Geburt von F war er abhängig beschäftigt bei der Firma a. o. ag und nahm zusätzlich ab 16.05.2013 eine selbstständige Tätigkeit auf. Aus dieser erzielte er nach seinen Angaben im Zeitraum 16.05. bis 26.08.2013 einen Gewinn iHv 115,34 EUR.

Auf seinen Antrag vom 19.09.2013 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 27.09.2013 unter Berücksichtigung der Einkünfte des Kalenderjahres 2012 als Bemessungszeitraum vorläufig Elterngeld für den 1. und 7. bis 10. Lebensmonat von F iHv monatlich 1.462,27 EUR und für den 11. bis 13. Lebensmonat (nach Wegfall des Geschwisterbonus) iHv 1.329,34 EUR. Eine Verschiebung des Bemessungszeitraums auf das Kalenderjahr 2011 beantragte der Kläger nach Beratung ausdrücklich nicht.

Mit seinem Widerspruch vom 10.10.2013 forderte der Kläger die Berechnung des Elterngeldes unter Berücksichtigung der letzten zwölf Kalendermonate vor der Geburt von F außerhalb des Elterngeldbezugs in den Monaten Juni bis August 2012.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe vor der Geburt von F Einkommen aus nichtselbstständiger und aus selbstständiger Erwerbstätigkeit bezogen. Als Bemessungszeitraum sei daher der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum heranzuziehen, hier das Kalenderjahr 2012.

Hiergegen richtet sich die am 14.05.2014 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage. Der Kläger verweist darauf, dass das Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit repräsentativ für das vorgeburtliche Einkommen sei, der Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit habe lediglich 115,34 EUR betragen. Es laufe Sinn und Zweck des Gesetzes zuwider, einen Angestellten wie den Kläger derart zu benachteiligen. Im Kalenderjahr 2012 habe sich die selbstständige Tätigkeit nicht einmal in einer Anlaufphase befunden.

Mit Urteil vom 22.09.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf vorläufige Bewilligung von Elterngeld für den 1. und 7. bis 13. Lebensmonat von F unter Berücksichtigung des sich aus § 2b Abs 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für sein Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit ergebenden Bemessungszeitraums. Der Kläger habe vor der Geburt von F am 27.08.2013 sowohl Einkommen aus nichtselbstständiger wie aus selbstständiger Tätigkeit erzielt. Nach den klaren gesetzlichen Vorgaben des § 2b Abs 3 Satz 1 BEEG sei demnach für die Ermittlung des vorgeburtlichen Einkommens der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich, mithin das Jahr 2012. Die Vorschrift enthalte keine Differenzierung hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Einkommens oder des Verhältnisses der beiden Einkommensarten zueinander. Deshalb sei unerheblich, ob eine Einkommensart für die Lebensführung prägend sei. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers teile das SG nicht.

Gegen das seiner Bevollmächtigten am 29.09.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 20.10.2014 eingelegte Berufung des Klägers. Im Hinblick auf ein beim Bundessozialgericht (BSG) anhängiges Musterverfahren zur Frage des Bemessungszeitraums bei Mischeinkünften ist das zunächst unter dem Aktenzeichen L 11 EG 4344/14 geführte Berufungsverfahren mit Beschluss vom 12.06.2015 zum Ruhen gebracht worden.

Mit Schreiben vom 16.03.2017 hat die Bevollmächtigte des Klägers das Verfahren im Hinblick auf die Entscheidung des BSG vom 27.10.2016 (B 10 EG 4/15 R) wieder angerufen. Im dortigen Fall habe das BSG keinen Härtefall angenommen, da der Rationalisierungseffekt zu Gunsten der Verwaltung überwiege. Das treffe auf den Kläger nicht zu. Seine Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit würden überhaupt nicht für die Berechnung herangezogen, sondern nur Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Damit sei kein erhöhter Verwaltungsaufwand verbunden. Die Typisierung treffe den Kläger besonders schwer; die Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit zu nichtselbstständiger Tätigkeit stünden im Verhältnis 1% zu 99%. Die Berechnung nur auf Basis der nichtselbstständigen Einkünfte würde zu ca 3.000 EUR mehr Elterngeld führen.

Der Kläger beantragt (teilweise sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22.09.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 19.03.2015 zu verurteilen, dem Kläger für den 1. und 7. bis 13. Lebensmonat seiner am 27.08.2013 geborenen Tochter Elterngeld unter Berücksichtigung des sich aus § 2b Abs 1 BEEG für sein Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit ergebenden Bemessungszeitraums zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die endgültige Festsetzung des Elterngelds mit Bescheid vom 19.03.2015, nachdem das vor- und nachgeburtliche Einkommen des Klägers habe festgestellt werden können. Inzwischen habe das BSG in mehreren Entscheidungen zur Frage der Festlegung des Bemessungszeitraums bei Mischeinkünften Stellung genommen. Es habe eindeutig festgestellt, dass die Verlagerung des Bemessungszeitraums auf den letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum rechtmäßig sei. Dabei komme es weder auf die Höhe der erzielten Einkünfte noch den Umfang der selbstständigen Tätigkeit an. Dies gelte sogar, wenn nur Verluste aus der selbstständigen Tätigkeit erzielt würden. Die typisierende Regelung von § 2b Abs 3 BEEG erweise sich auch insoweit nicht als verfassungswidrig, als sie auch in solchen atypischen Konstellationen greife, in denen einerseits nur sehr geringe Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit erzielt würden und andererseits der Elterngeldanspruch gerade durch Verlagerung des Bemessungszeitraums auf den letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum erheblich niedriger ausfalle als bei Zugrundelegung des Zwölfmonatszeitraums vor der Geburt. Warum der Kläger vorliegend im Vergleich zu dem vom BSG entschiedenen Fall besonders schwer getroffen sein sollte, sei weder vorgetragen noch nachvollziehbar.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet, hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm höheres Elterngeld auf der Grundlage eines anderen Bemessungszeitraums als des Kalenderjahres 2012 gewährt. Zu entscheiden ist allein über den Bescheid vom 19.03.2015, weil dieser als endgültiger Verwaltungsakt die vorläufige Festsetzung des Elterngeldes im Bescheid vom 27.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2014 ersetzt hat (§ 39 Abs 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)). Der Bescheid ist nach § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden (vgl BSG 20.12.2012, B 10 EG 19/11 R, SozR 4-7837 § 3 Nr 1). Mit diesem Bescheid hat die Beklagte dem Kläger nach Anhörung (Schreiben vom 12.02.2015) endgültig Elterngeld für den 1. und 7. bis 10. Lebensmonat von F iHv monatlich 1.429.09 EUR und für den 11. bis 13. Lebensmonat iHv 1.299,17 EUR bewilligt. Ein Anspruch auf höheres Elterngeld steht dem Kläger nicht zu.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach dem BEEG (Gesetz vom 05.12.2006, BGBl I 2006, S 2748ff in der bis 31.12.2014 gültigen Fassung vom 15.02.2013, BGBl I 2013, S 254 ff). Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 BEEG für einen Anspruch dem Grunde nach sind erfüllt. Der Kläger hat seinen Wohnsitz in Deutschland, er lebt mit F in einem Haushalt, betreute und erzog das Kind und übte im Bezugszeitraum 27.08. bis 26.09.2013 und 27.02. bis 26.09.2014 nur eine Erwerbstätigkeit aus, die weniger als 30 Wochenstunden umfasste (§ 1 Abs 6 BEEG). Er beantragte das Elterngeld schriftlich am 19.09.2013 und damit innerhalb von drei Monaten nach der Geburt von F (§ 7 Abs 1 BEEG).

Gemäß § 2 Abs 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 bis 65 % des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f BEEG aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 3 EStG, die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b BEEG oder in Monaten der Bezugszeit nach § 2 Abs 3 BEEG erzielt hat (§ 2 Abs 1 Satz 3 BEEG).

Für die hier allein streitige Höhe des Elterngeldanspruchs des Klägers ist § 2b BEEG in der für die Beurteilung des vorliegend geltend gemachten Anspruchs maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.09.2012 (BGBl I S 1878) und des Gesetzes vom 23.10.2012 (BGBl I S 2246) einschlägig. Dessen Absätze 1 bis 3 lauten wie folgt: (1) Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit iSv § 2c vor der Geburt sind die 12 Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich. Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Satz 1 bleiben Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person 1. ohne Berücksichtigung einer Verlängerung des Auszahlungszeitraums nach § 6 Satz 2 Elterngeld für ein älteres Kindes bezogen hat, 2. während der Schutzfristen nach § 3 Abs 2 oder § 6 Abs 1 des Mutterschutzgesetzes nicht beschäftigt werden durfte oder Mutterschaftsgeld nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch oder nach dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat, 3. eine Krankheit hatte, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war, oder 4. Wehrdienst oder Zivildienst geleistet hat und in den Fällen der Nrn 3 und 4 dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte. (2) Für die Ermittlung des Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit iSv § 2d vor der Geburt sind die jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen. Haben in einem Gewinnermittlungszeitraum die Voraussetzungen des Abs 1 Satz 2 vorgelegen, sind auf Antrag die Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem diesen Ereignissen vorangegangenen abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum zugrunde liegen. (3) Abweichend von Abs 1 ist für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich, der den Gewinnermittlungszeiträumen nach Abs 2 zugrunde liegt, wenn die berechtigte Person in den Zeiträumen nach Abs 1 oder Abs 2 Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte. Haben im Bemessungszeitraum nach S 1 die Voraussetzungen des Abs 1 S 2 vorgelegen, ist Abs 2 S 2 mit der zusätzlichen Maßgabe anzuwenden, dass für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der vorangegangene steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich ist.

Entgegen der Ansicht seiner Bevollmächtigten hat der Kläger keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm Elterngeld gemäß § 2b Abs 1 Satz 1 BEEG nach dem Einkommen bemisst, welches er in den zwölf Monaten vor dem Geburtsmonat von F erzielt hat (unter Berücksichtigung der Verschiebung durch den Elterngeldbezug 17.06 bis 16.08.2012). Aufgrund des ab Mai 2013 erzielten Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit ist als Bemessungszeitraum nach § 2b Abs 3 Satz 1 BEEG iVm § 4a Abs 1 Satz 2 Nr 3 Satz 1 EStG das Kalenderjahr 2012 zugrunde zu legen. Für ein Absehen von dieser Regelung gibt es keine gesetzliche Grundlage. Eine mögliche Vorverlegung des Bemessungszeitraums in das Kalenderjahr 2011 hat der Kläger ausdrücklich nicht beantragt.

Als Bemessungszeitraum für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit iSv § 2c BEEG sind gemäß § 2b Abs 1 Satz 1 BEEG die 12 Kalendermonate vor dem Geburtsmonat des Kindes maßgeblich. Abweichend davon ist nach § 2b Abs 3 Satz 1 BEEG stattdessen der steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich, der den Zeiträumen für die Gewinnermittlung aus selbstständiger Tätigkeit nach § 2b Abs 2 BEEG zugrunde liegt, wenn die berechtigte Person in den Zeiträumen nach Abs 1 oder Abs 2 der Vorschrift Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit hatte.

Diese Voraussetzungen für die Verlagerung des Bemessungszeitraums auf den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes erfüllte der Kläger bereits deshalb, weil er jedenfalls ab Mai 2013 und damit auch in den letzten zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt von F positives Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit iSv § 2d Abs 1 BEEG hatte. Nach § 2b Abs 3 Satz 1 BEEG hat die Beklagte deshalb zutreffend als Bemessungsgrundlage für das Elterngeld des Klägers das Kalenderjahr 2012 herangezogen, das der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes war (§ 4a Abs 1 Satz 2 Nr 3 Satz 1 EStG iVm § 4a Abs 1 Satz 1 EStG).

Die Frage des anwendbaren Bemessungszeitraums bei Mischeinkünften aus selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit vor der Geburt des Kindes ist höchstrichterlich geklärt (BSG 21.06.2016, B 10 EG 8/15 R, SozR 4-7837 § 2b Nr 1; BSG 27.10.2016, B 10 EG 4/15 R, SozR 4-7837 § 2b Nr 2; BSG 27.10.2016, B 10 EG 5/15 R, SozR 4-7837 § 2b Nr 3). Danach ist bei derartigen Einkünften grundsätzlich der letzte steuerliche Veranlagungszeitraum vor der Geburt als Bemessungszeitraum zugrunde zu legen, selbst wenn die berechtigte Person mit ihrer selbstständigen Tätigkeit nur Verluste erzielt hat. Die Regelung des § 2b Abs 3 Satz 1 BEEG ist auch nicht verfassungswidrig. Der Senat schließt sich insoweit nach eigener Überprüfung in vollem Umfang der Rechtsprechung des BSG an (zB BSG 27.10.2016, B 10 EG 4/15 R, SozR 4-7837 § 2b Nr 2 RdNr 22 bis 25).

Der vorliegende Fall bietet entgegen der Auffassung des Klägers unter keinem Aspekt einen Grund, von der dargelegten höchstrichterlichen Rechtsprechung abzuweichen. Soweit der Kläger darauf verweist, dass er im Jahr 2012 nur Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit erzielt hat, trifft dies zwar zu, spielt aber keine Rolle für die Festlegung des Bemessungszeitraums. Insoweit ist allein darauf abzustellen, ob in den letzten zwölf Kalendermonaten vor der Geburt (dem maßgebenden Zeitraum nach § 2b Abs 1 Satz 1 BEEG) auch Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit erzielt wurden. Der Gesetzgeber wollte bei Mischeinkünften eine Deckungsgleichheit der Bemessungszeiträume erreichen und vor allem die Einkommensermittlung und damit den Elterngeldvollzug durch Rückgriff auf die Feststellungen der Steuerbehörden maßgeblich vereinfachen (BT-Drs 17/1221 S 1; BT-Drs 17/9841 S 15f, 21). Nicht entscheidend ist, dass dieser Gedanke der Verwaltungsvereinfachung sich dann nicht konkret auswirkt, wenn im besonderen Einzelfall wie hier die selbstständige Tätigkeit erst kurz vor der Geburt aufgenommen wird und daher im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum noch keine entsprechenden Einkünfte erzielt worden sind. Für die vom Kläger gewünschte Variante, den Bemessungszeitraum nach § 2b Abs 1 BEEG anzuwenden und dabei die in diesem Zeitraum erzielten Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit völlig außer Betracht zu lassen, gibt es keinerlei gesetzliche Grundlage.

Im Übrigen fiel auch in den vom BSG entschiedenen Fällen der Elterngeldanspruch durch die Verschiebung des Bemessungszeitraums erheblich geringer aus als auf der Grundlage des 12-Monatszeitraums vor der Geburt des Kindes. Insoweit erlaubt sich der Senat allerdings den Hinweis, dass die hier vorliegende erhebliche Abweichung im Wesentlichen darauf beruht, dass das ansonsten weitgehend konstante Einkommen des Klägers aus abhängiger Beschäftigung bis einschließlich Juni 2012 nach Steuerklasse I mit einem halben Kinderfreibetrag versteuert wurde und erst ab August 2012 nach Steuerklasse III mit einem vollen Kinderfreibetrag. Für den Bemessungszeitraum 2012 war daher im Rahmen der pauschalierten Berechnung nach § 2e BEEG insgesamt der Steuerabzug nach Steuerklasse I mit einem halben Kinderfreibetrag zu berechnen. Bei einer Bemessung nach dem (modifizierten) Zeitraum von zwölf Kalendermonaten vor der Geburt von F wären dagegen die Steuerklasse III mit einem vollen Kinderfreibetrag maßgeblich. Letztlich beruht die finanzielle Auswirkung der Verschiebung des Bemessungszeitraums damit auf steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten, die dem Kläger erst nach seiner Heirat am 06.06.2012 offenstanden.

Die Beklagte hat somit die Bemessungsgrundlage für das Elterngeld des Klägers zutreffend gewählt. Gegen die auf dieser Grundlage durchgeführte Elterngeldberechnung sind Bedenken ansonsten weder erhoben noch sonst ersichtlich. Damit erweist sich die endgültige Festsetzung des Elterngelds mit Bescheid vom 19.03.2015 insgesamt als rechtmäßig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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