L 2 R 1264/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 1 R 2703/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 1264/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 1. März 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1959 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt, vom 9. Oktober 1975 bis zuletzt am 31. Dezember 2004 hat sie Pflichtbeitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt (siehe Versicherungsverlauf vom 12. September 2016 - Bl. 11/13 SG-Akte).

Am 30. Juli 2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab zur Begründung an, sie halte sich seit dem 28. Mai 2015 wegen eines diffus großzelligen B-Zell Non-Hodkin-Lymphoms für erwerbsgemindert. Nach Beiziehung ärztlicher Befundberichte kam Dr. P. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten in ihrem Aktengutachten zu dem Ergebnis, dass die Klägerin seit dem 28. Mai 2015 nur noch unter drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen könne.

Mit Bescheid vom 2. Dezember 2015 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab und führte zur Begründung an, die Klägerin sei seit dem 28. Mai 2015 befristet voll erwerbsgemindert. Allerdings seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch -Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) nicht erfüllt. Danach müsse das Versicherungskonto im Zeitraum vom 28. Mai 2010 bis 27. Mai 2015 die Mindestzahl von 36 Monaten Pflichtbeiträgen enthalten. In diesem Zeitraum habe die Klägerin jedoch keinen Monat mit Pflichtbeiträgen belegt. Auch die Voraussetzungen des § 43 Abs. 5 i.V.m.§ 53 SGB VI seien nicht erfüllt, ebenso wenig die Voraussetzungen des § 241 SGB VI, weil in der Zeit vom 1. Januar 1984 bis 30. April 2015 nicht jeder Kalendermonat mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sei.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und führte aus, zutreffend sei, dass sie bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosengeld bezogen habe. Sie sei jedoch ab dem 1. Januar 2005 weiterhin arbeitslos gemeldet gewesen. Die Beklagte wies darauf hin, dass die Klägerin im Kontenklärungsverfahren aus dem Jahr 2010 keine Arbeitslosigkeitszeiten geltend gemacht habe und bat um Vorlage entsprechender Unterlagen. Gleichzeitig forderte die Beklagte von Amts wegen eine Bescheinigung von Zeiten der Arbeitslosigkeit bei der Agentur für Arbeit Ludwigsburg an. Die Agentur für Arbeit teilte am 23. März 2016 mit, dass keinerlei Daten zur Klägerin gespeichert seien. Auch die Klägerin legte im Folgenden keine weiteren Unterlagen vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2016 wies sodann die Beklagte den Widerspruch zurück (Zustellung an die Klägerbevollmächtigten am 25. Juli 2016).

Dagegen hat die Klägerin am 25. August 2016 Klage zum Sozialgericht (SG) Heilbronn erhoben und zur Begründung geltend gemacht, bei ihr liege unstreitig volle Erwerbsminderung vor. Sie leide seit dem Jahr 2013 an einer Tumorerkrankung der Milz, im Mai 2015 sei ein diffus großzelliges B-Zell Non-Hodkin-Lymphom diagnostiziert worden. Die Beklagte habe Pflichtbeitragszeiten bis zum 31. Dezember 2004 berücksichtigt. Unberücksichtigt sei geblieben, dass sich die Klägerin im Anschluss an ihre Pflichtbeitragszeiten arbeitsuchend gemeldet habe. Außerdem sei zu prüfen, ob der Leistungsfall nicht zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten sei.

Die Beklagte ist dem unter Berufung auf ihre Bescheide entgegengetreten. Auf Nachfrage des SG hat die Beklagte unter Vorlage einer Wartezeitaufstellung vom 15. November 2016 (Bl. 26 SG-Akte) dargelegt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmals beim Eintritt der Erwerbsminderung am 31. Oktober 2006 erfüllt wären. Auf entsprechende Aufforderung des SG hat die Klägerin auch im Verfahren vor dem SG keine weiteren Belege vorgelegt.

Mit Gerichtsbescheid vom 1. März 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung habe, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung sei u.a., dass in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt seien und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt sei (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 3 SGB VI). Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung, in dem drei Jahre Pflichtbeitragszeiten enthalten sein müssten, verlängere sich u.a. um Zeiten mit Anrechnungszeiten sowie Berücksichtigungszeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt seien, soweit während dieser Zeit eine mehr als nur geringfügige selbstständige Tätigkeit nicht ausgeübt worden sei (§ 43 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB VI). Darüber hinaus seien Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt hätten, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit u.a. mit Beitragszeiten, beitragsfreien Zeiten oder Berücksichtigungszeiten (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt sei oder wenn die Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit vor dem 1. Januar 1984 eingetreten sei, wobei für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig sei, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich sei (§ 241 Abs. 2 SGB VI). Wie die Beklagte unter Vorlage des Versicherungsverlaufs und der Wartezeitaufstellung dargelegt habe, seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Falle der Klägerin letztmals bei einem Eintritt der Erwerbsminderung am 31. Oktober 2006 erfüllt gewesen. Dass bereits zu diesem Zeitpunkt bei der Klägerin Erwerbsminderung eingetreten wäre, sei nicht ersichtlich. Hierfür würden sich weder aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen, noch aus dem Vortrag der Klägerin Hinweise ergeben. Die vorliegenden medizinischen Unterlagen bestätigten eine im Mai 2015 diagnostizierte Erkrankung an einem diffus großzelligen B-Zell Non-Hodkin-Lymphom. Hieraus habe der Ärztliche Dienst der Beklagten schlüssig auf einen Eintritt des Leistungsfalls der Erwerbsminderung im Mai 2015 geschlossen. Selbst wenn zu Gunsten der Klägerin ausgehend von ihrem Vortrag, dass sie seit dem Jahr 2013 an einer Tumorerkrankung der Milz leide, der Eintritt der Erwerbsminderung bereits zu diesem Zeitpunkt unterstellt würde, führe dies nicht dazu, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien, da - wie dargelegt - hierfür ein Leistungsfall spätestens am 31. Oktober 2006 erforderlich wäre. Weitere rentenversicherungsrechtlich relevante Zeiten, die für die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zu berücksichtigen wären, habe die Klägerin nicht nachgewiesen. Insoweit reiche allein die Behauptung, sie habe sich nach dem 31. Dezember 2004 bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet, nicht aus. Denn Zeiten einer Arbeitsuchendmeldung ohne den Bezug von Leistungen seien von der Bundesagentur für Arbeit weder elektronisch zum Versicherungskonto der Klägerin gemeldet worden, noch habe die Bundesagentur für Arbeit auf die Ermittlungen der Beklagten von Amts wegen im Widerspruchsverfahren irgendwelche Daten zur Klägerin feststellen können. Auch die Klägerin selbst habe keinerlei Unterlagen vorgelegt. Damit sei aber der erforderliche Nachweis des Vorliegens weiterer rentenversicherungsrechtlich relevanter Zeiten nicht erbracht. Damit könne der Klägerin im Ergebnis trotz des Vorliegens einer schweren Erkrankung Erwerbsminderungsrente mangels Vorliegen der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht gewährt werden. Zutreffend habe die Beklagte auch in ihren Bescheiden dargelegt, dass die Voraussetzungen für eine vorzeitige Wartezeiterfüllung im Sinne des § 43 Abs. 5 i.V.m.§ 53 SGB VI ebenso wenig erfüllt seien wie die Voraussetzungen des § 241 SGB VI.

Die Klägerin hat gegen den ihrer Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 7. März zugestellten Gerichtsbescheid am 31. März 2017 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Eine weitere Begründung der Berufung erfolgte nicht mehr.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 1. März 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Eintritt des Leistungsfalles zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 15. Mai 2017 und 17. Mai 2017 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Senat konnte aufgrund der Zustimmung der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 SGG statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung verneint.

Zutreffend hat das SG gestützt auf die hier maßgeblichen gesetzlichen Regelungen (§§ 43, 241 SGB VI) und aufgrund des Versicherungsverlaufes der Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung verneint. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im Gerichtsbescheid des SG gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Der Senat kann nur nochmals ausdrücklich darauf verweisen, dass die Klägerin weder im Widerspruchsverfahren, noch im Klageverfahren, noch im Berufungsverfahren Unterlagen hatte vorlegen können, die unter anderem Anwartschaftserhaltungszeiten begründet hätten und damit möglicherweise die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen doch noch hätten erfüllen können, noch irgendwelche medizinischen Unterlagen, aufgrund derer von einem Eintritt des Versicherungsfalles spätestens zum 31. Oktober 2006 hätte ausgegangen werden können.

Damit aber ist die Berufung zurückzuweisen, da ein Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen Erwerbsminderungmangels versicherungsrechtlicher Voraussetzungen nicht in Betracht kommt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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