Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 15 R 370/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 331/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 129/17 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Kläger einen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) hat.
Der am ... 1953 geborene Kläger erlernte nach dem Abschluss der 10. Klasse von 1971 bis 1973 den Beruf des Triebfahrzeugschlossers (Facharbeiterzeugnis vom 31. Juli 1973) und war anschließend bis 1978 als Lokführer (Tagebau) sowie Be- und Entlader tätig. Hiernach war er bis 1996 Kraftfahrer und erwarb in dieser Zeit auch einen Facharbeiterbrief als Berufskraftfahrer (Urkunde vom 30. Juni 1986). Zuletzt war er vom 20. April 1998 bis zum 31. Oktober 2001 Sortierer bei der ... GmbH ( ...). Seit September 2000 ist er arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Am 31. März 2008 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Er leide seit 1993 an Wirbelsäulenbeschwerden, einer Lähmung, chronischem Bluthochdruck und Alkoholentzug. Die Beklagte holte eine Arbeitgeberauskunft der ... ein. Diese teilte mit Schreiben vom 19. August 2008 mit, dass der Kläger als Sortierer von Baustellenabfällen beschäftigt gewesen sei. Es habe sich nicht um eine Tätigkeit gehandelt, die Facharbeiter verrichten. Vielmehr werde diese von betriebsfremden ungelernten Kräften nach kurzer Einweisung verrichtet. Es seien keine Vorkenntnisse erforderlich gewesen. Die Beklagte zog Befundberichte bei, die das Sozialgericht Magdeburg anlässlich eines Verfahrens wegen der Zuerkennung eines Grades der Behinderung (GdB) eingeholt hatte. Dieses Verfahren endete im Mai 2008 mit der Feststellung eines GdB von 40. Die Beklagte zog zudem einen Bericht des ... Klinikums H. - Allgemeine Psychiatrie vom 23. Juli 2008 bei, in dem sich der Kläger vom 6. bis zum 20. Juni 2008 in stationärer Behandlung befunden hatte. Die Ärzte diagnostizierten eine Alkoholkrankheit vom Gamma-Typ, chronische Phase, einen alkoholtoxischen Leberschaden, eine arterielle Hypertonie, degenerative Wirbelsäulenveränderungen und eine Mykose der Füße. Der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten erstattete nach Untersuchung des Klägers am 4. November 2008 das Gutachten vom 10. November 2008 (Fachärztin für Innere Medizin Dr. H. und Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. D.) Die Ärztinnen diagnostizierten ein Schmerzsyndrom und mittelgradige Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule, ein Alkoholabhängigkeitssyndrom, eine Polyneuropathie, eine psychopathologische Verhaltensstörung, eine Meralgia parästhetica rechts sowie eine arterielle Hypertonie. Es seien keine neurologischen Ausfälle festzustellen. Der Kläger könne in körperlicher Hinsicht noch leichte Arbeiten mit der Möglichkeit zum selbstgewählten Positionswechsel von Gehen, Stehen und Sitzen verrichten. Auszuschließen seien häufige Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufiges Bücken, Steigen auf Leitern und Gerüsten, Überkopfarbeiten sowie Arbeiten, die an Gang- und Standsicherheit gebunden seien. Erschütterungen und Vibrationen seien zu vermeiden. In geistiger Hinsicht seien einfache Arbeiten ohne Verantwortung für Personen und Maschinen, ohne Überwachung und Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, ohne besondere Anforderungen an das Konzentrations-, Reaktions-, Umstellungs- und Anpassungsvermögen möglich. In zeitlicher Hinsicht könne der Kläger sechs Stunden und mehr täglich arbeiten. In seiner letzten Tätigkeit als Sortierer sei er aufgrund der einseitigen Körperhaltung nicht mehr einsetzbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er unter Beachtung der genannten Einschränkungen arbeiten. Bei einem Gehstreckentest habe er die Strecke von 500 Metern in 10 Minuten und 49 Sekunden im normalen Gang zurückgelegt.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 24. November 2008 ab. Hiergegen erhob der Kläger unter dem 21. Dezember 2008 Widerspruch und führte aus, sein letzter Arbeitgeber habe ihn nicht im tatsächlichen Sinne als Sortierer, sondern als Vorarbeiter mit Weisungsbefugnissen eingesetzt. Deshalb müsse Berufsschutz berücksichtigt werden. Er leide an einem pathologischen Zustand im Hüft- und Lendenbereich, der nicht ausreichend bewertet worden sei. Der Arbeitsmarkt sei für ihn verschlossen.
Die Ärztinnen Dr. H. und Dr. D. teilten unter dem 4. Februar 2009 ergänzend zu ihrem Gutachten mit, dass der Kläger im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung nicht über Hüftbeschwerden geklagt habe. Auch den Unterlagen ließen sich keine Hüftbeschwerden oder Einschränkungen im Hüftbereich entnehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. April 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger könne noch leichte körperliche Arbeiten mit Einschränkungen sechs Stunden täglich verrichten. Die Arbeitgeberauskunft enthalte keine Angaben zu einer Vorarbeitertätigkeit. Auch im Widerspruchsverfahren seien keine Nachweise über eine solche Vorarbeitertätigkeit eingereicht worden. Es sei daher keine Verweisungstätigkeit zu benennen gewesen.
Der Kläger hat hiergegen am 19. Mai 2009 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben. Er sei als Vorarbeiter beschäftigt und für die Einteilung und Anweisung von Arbeitnehmern zuständig gewesen. Außerdem habe er Bagger, Radlader und Kran gefahren sowie Maschinen instandgehalten und repariert. Auch die Wegezeiten seien unzutreffend. Er könne kaum mehr bis zum 200 bis 300 Meter entfernt liegenden Supermarkt gehen.
Die Beklagte hat einen Rehabilitationsentlassungsbericht der ...-Klinik in R. vom 6. Dezember 2010 übersandt, in der sich der Kläger vom 13. Oktober bis zum 23. November 2010 zu einer Alkoholentwöhnungsbehandlung befunden hat. Die Ärzte haben eine Alkoholabhängigkeit, eine Störung durch Tabakabhängigkeitssyndrom, eine alkoholisch-toxische Polyneuropathie, einen alkoholtoxischen Leberschaden sowie ein Schmerzsyndrom und Einschränkungen der Wirbelsäule diagnostiziert. Der Kläger könne noch täglich sechs Stunden und mehr als Produktionsarbeiter/Mechaniker arbeiten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, zeitweise im Stehen, zeitweise im Gehen und überwiegend im Sitzen verrichten, wobei Einschränkungen im Hinblick auf die geistig/psychische Belastbarkeit, den Bewegungs- und Haltungsapparat und Gefährdungs- und Belastungsfaktoren bestünden.
Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt (Fachärztin für Orthopädie T. vom 8. Februar 2012, Nervenfachärztin Dr. B. vom 13. Februar 2012, Facharzt für Innere Medizin MR Dr. M. vom 4. Mai 2012, Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. S. vom 22. Juli 2012). Die Ärzte haben die bekannten Diagnosen im Wesentlichen bestätigt und teilweise von einer Verschlechterung der Befunde berichtet (vgl. insbesondere Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dipl.-Med. S. vom 22. Juli 2012). Dipl.-Med. S. hat den Kläger an den Facharzt für Chirurgie und Handchirurgie Dr. B. überwiesen. Dieser hat unter dem 27. August 2012 einen Arztbrief vom 16. März 2012 übersandt, wonach der Kläger sich dort am 13. März 2012 wegen eines Ganglions (Überbein) an zwei Fingern vorgestellt hat. Es sei ihm geraten worden, mit einer Exstirpation noch abzuwarten, da spontane Remissionen möglich seien.
Auf Veranlassung des SG hat die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und Fachärztin für Neurologie der Universitätsklinik R. Dr. S. das Gutachten vom 22. April 2013 nach Aktenlage erstellt. Der Kläger hatte sich vom 17. bis 30. Oktober 2011 in dieser Klinik in stationärer Behandlung befunden. Die Ärztin hat eine Alkoholabhängigkeit sowie eine Tabakabhängigkeit festgestellt, wobei insbesondere die Alkoholabhängigkeit die Fähigkeit erheblich beeinträchtige, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Der Kläger könne jedoch aus psychiatrischer Sicht noch Arbeiten mit geistig einfachen Anforderungen sowie geringen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Er sei noch in der Lage, eine leichte Beschäftigung wie leichte Sortier- oder Büroarbeiten überwiegend im Sitzen mit den üblichen Ruhepausen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Über die körperliche Belastbarkeit könne aus psychiatrischer Sicht keine Angabe gemacht werden. Gegebenenfalls solle ein medizinisches Fachgutachten im Bereich der Orthopädie eingeholt werden.
Das SG hat mit Urteil vom 12. Juli 2013 die Klage abgewiesen. Der Kläger könne noch zumindest leichte körperliche Arbeiten mit der Möglichkeit des selbstgewählten Haltungswechsels zwischen Sitzen, Gehen und Stehen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Gutachten der Frau Dr. S., dem Reha-Entlassungsbericht vom 6. Dezember 2010 sowie dem Gutachten der Dres. H. und D. Im Entlassungsbericht sei u.a. ausgeführt, dass ein Beharren auf angeblichen Rentenansprüchen unter dabei hervorgebrachtem Kampfgeist auffällig gewesen sei. Ein orthopädisches Gutachten sei nicht einzuholen gewesen, da nach dem Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten auf orthopädischem Gebiet keine so schweren Einschränkungen beständen, die leichte körperliche Arbeiten ausschlössen. Dies ließe sich auch nicht aus den Befundberichten, insbesondere nicht aus dem Bericht des Orthopäden Dipl.-Med. S. ableiten. Dr. B. habe im Hinblick auf die Ganglione auf eine mögliche Remission hingewiesen. Der Kläger sei auch wegefähig, was sich aus dem Gehtest bei dem Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten ergebe. Ein Berufsschutz bestünde nicht. Zwar habe der Kläger angegeben, dass er als Vorarbeiter tätig gewesen sei, Bagger und Kran gefahren und Maschinen repariert sowie andere Arbeiternehmer eingewiesen habe. Auch bei der Zusammenarbeit von ungelernten Kräften müsse jemand die anderen Kräfte einweisen. Nach den Angaben der ... sei der Kläger in den Bereich der Ungelernten einzugruppieren.
Der Kläger hat gegen das Urteil des SG am 13. August 2013 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, es sei kein orthopädisches Gutachten und auch kein fachübergreifendes Gutachten eingeholt worden. Zwar habe der Arbeitgeber mitgeteilt, dass er, der Kläger, eine ungelernte, einfache Tätigkeit ausgeführt haben solle. Der Arbeitgeber sei jedoch nicht auf den Vorarbeiterstatus eingegangen. Unter Berücksichtigung, dass er, der Kläger, auch Bagger, Radlader und Kran gefahren sei sowie Maschinen instandgehalten und repariert habe, sei nicht von einem Status als einfacher angelernter Arbeiter auszugehen. Zudem liege eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und einer spezifischen Leistungsbehinderung vor. Denn er leide unter einer schmerzhaften Einschränkung der Arm- und Handgelenksbeweglichkeit. Zudem würde die Thematik der Suchterkrankung falsch eingeschätzt. Wenn man einmal alkohol- oder drogensüchtig gewesen sei, bleibe man dies ein Leben lang. Lediglich ein Teil der Patienten könne die Sucht beherrschen. Er sei wegen seiner Schmerzen und der krankheitsbedingten Ermattung nicht in der Lage, vollschichtig tätig zu sein.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Juli 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. November 2008 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 16. April 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. März 2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt ihre Verwaltungsentscheidung und die erstinstanzliche Entscheidung, die durch aktuelle Befundberichte und das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten bestätigt werde.
Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Der Facharzt für Neurochirurgie Dr. S. hat im Juli 2014 Arztbriefe des Dr. S. vom 11. September und 26. April 2012 übersandt. Dr. S. hat eine Lumboischialgie links bei Bandscheibenprotrusion L 4/5 links diagnostiziert. Der Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. S. hat unter dem 29. November 2014 berichtet, dass der Kläger wegen orthopädischer Leiden nur noch leichte körperliche Arbeiten unter drei Stunden täglich verrichten könne. Er sei langjährig in Behandlung wegen Wirbelsäulenbeschwerden, Wirbelsäulenschädigungen mit Nervenreizsymptomatik und sensomotorischen Störungen. Der Facharzt für Innere Medizin MR Dr. M. hat unter dem 17. Mai 2015 berichtet, dass sich die Befunde an der Wirbelsäule erheblich verschlechtert hätten. Zu der unheilbaren Alkoholkrankheit sei eine intervensionspflichtige Durchblutungsstörung des linken Beines hinzugekommen.
Auf Veranlassung des Senats hat der Facharzt für Orthopädie, Spezielle Schmerztherapie, Chirotherapie und Sozialmedizin Dr. V. nach Untersuchung des Klägers am 30. Dezember 2015 das Gutachten vom 7. Januar 2016 erstattet. Der Arzt hat einen guten Allgemeinzustand und Kräftezustand festgestellt. Der Kläger sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Begutachtung angereist und habe sowohl den Weg vom Bahnhof zur Rehaklinik von ca. 500 bis 600 Meter bergan als auch den Weg zur Röntgenuntersuchung im Krankenhaus selbstständig ohne Hilfsmittel bewältigt. Er sei auf alle Fragen orientiert gewesen und habe adäquat antworten können. Der Arzt hat ständige Nackenbeschwerden mit haltungs- und bewegungsabhängiger Schmerzverstärkung sowie linksseitiger Armeinstrahlung bei nachgewiesenen multisegmentalen degenerativen Strukturveränderungen der Halswirbelsäule und einem Zustand nach operativer Versteifung des Segments zwischen 7. Halswirbel und 1. Brustwirbel, ständige Kreuzschmerzen mit haltungs- und belastungsabhängiger Schmerzverstärkungen und linksseitiger Beineinstrahlung sowie sensiblen und motorischen Defiziten im linken Bein bei nachgewiesenen mehrsegmentalen degenerativen Strukturveränderung im Bereich der Lendenwirbelsäule diagnostiziert. Fachfremd hat er eine gegenwärtig nicht abstinente Alkoholkrankheit, einen Zustand nach Stentimplantation im Bereich der Beine bei persistierenden Durchblutungsstörungen sowie ein medikamentös kompensiertes Bluthochdruckleiden diagnostiziert. Der Kläger könne trotz dieser Leiden noch leichte Beschäftigungen, z. B. leichte Sortier- oder Büroarbeiten überwiegend im Sitzen mit den üblichen Ruhepausen täglich sechs Stunden und mehr und auch vollschichtig verrichten. Aufgrund der Ausbildung und des Bildungsstands sowie unter Berücksichtigung der Alkoholkrankheit seien nur mittelschwierige und einfache Arbeiten zumutbar. Bei längeren Geh- und Stehbelastungen sollten leichte körperliche Tätigkeiten zeitweise im Stehen, zeitweise im Gehen und überwiegend im Sitzen ausgeführt werden. Zusätzliche Einschränkungen ergäben sich bei Tätigkeiten in Zwangshaltungen. Tätigkeiten mit häufigem Bücken sollten nur gelegentlichen verrichtet werden. Tätigkeiten mit häufigem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, unter Temperaturschwankungen mit Exposition gegenüber Nässe, Kälte und Zugluft, mit längeren einseitigen Belastungen, Über-Kopf-Arbeiten sowie aufgrund der neurologischen Defizite im linken Bein auch Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an die Gang- und Standsicherheit wie beispielsweise das Ersteigen von Leitern oder Gerüsten sollten vermieden werden. Keine Einschränkungen bestünden bezüglich Tätigkeiten in Wechselschicht und solchen, die die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände erforderten. Keine Einschränkungen ergäben sich auch im Hinblick auf Einwirkungen von Lärm, Staub, Gas, Dampf oder Rauch sowie im Hinblick auf das Seh- oder Hörvermögen. Aufgrund der schmerzhaften Minderbelastung im Bereich der Wirbelsäule könnten Tätigkeiten unter Zeitdruck, im Akkord oder Fließbandarbeiten nur gelegentlich ausgeführt werden. Die Gehfähigkeit sei nicht maßgeblich eingeschränkt. Die vergleichende Beinumfangsmessung deute nicht auf eine wesentliche Minderbelastung oder Minderinnervation der unteren Extremität hin. Der Kläger sei den Weg vom Bahnhof zur Untersuchungseinrichtung und von der Untersuchungseinrichtung zur Röntgenuntersuchung im Krankenhaus zu Fuß gegangen. Es werde empfohlen, zu prüfen, ob das Leistungsvermögen durch die nichtabstinente Alkoholkrankheit über das beschriebene Maß von orthopädischer Seite hinaus eingeschränkt sei.
Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, dass der Kläger im anhängigen Rentenverfahren, im Widerspruchsverfahren und im Klageverfahren bereits mehrfach im Hinblick auf die Alkoholabhängigkeit beurteilt worden sei. Er sei in der Lage gewesen, selbstständig mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu der Begutachtung bei Dr. V. zu reisen. Er sei während der Begutachtung allseits orientiert gewesen und habe adäquate Antworten gegeben. Das alleinige Vorliegen eines Alkoholabhängigkeitssyndroms schließe eine Erwerbstätigkeit nicht aus. Der Kläger sei zum Zeitpunkt der Begutachtung kooperativ und aufgeschlossen gewesen. Daraus sei nicht zu schließen, dass aus dem Abhängigkeitssyndrom quantitative Leistungseinschränkungen abzuleiten wären. Bei einem stabilen Abhängigkeitsniveau bestehe durchaus noch die Leistungsfähigkeit für geistig einfache bis mittelschwierige Anforderungen in einem zeitlichen Umfang von täglich sechs Stunden und mehr. Es bestünde damit keine Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung (Dr. G. und Leitendender Medizinaldirektor D.).
Der Kläger hat hierzu unter dem 11. April 2016 mitgeteilt, dass er mehr als 30 Minuten bergauf zur Begutachtung gegangen sei und ihm dieser Weg erheblich zu schaffen gemacht habe. Ihm sei im Klinikum R. "eine Bandscheibe in der HWS entfernt" worden und "drei weitere Bandscheiben" müssten operiert werden. Er könne derzeit die linke Hand nicht nutzen.
Der Berichterstatter hat daraufhin nachgefragt, ob es sich bei der Operation im Klinikum R. um eine aktuelle Maßnahme gehandelt hat und um weitere Informationen zu dem Krankenhausaufenthalt gebeten. Zudem hat er nachgefragt, ob der Kläger diesbezüglich in fachärztlicher Behandlung sei. Beide Nachfragen vom 2. Mai 2016 hat der Kläger unbeantwortet gelassen. Der Berichterstatter hat am 28. Juli 2016 in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers angerufen und um Rückruf gebeten. Dieser ist nicht erfolgt.
Mit Schreiben vom 29. Juni 2016 hat der Senat um Einverständnis mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter gebeten. Hierauf hat der Kläger ebenfalls nicht reagiert.
Mit Verfügung vom 27. Juli 2016 hat der Senat den Kläger im Hinblick auf eine Entscheidung gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört, den Gesetzeswortlaut dieser Norm mitgeteilt und eine Frist bis zum 23. August 2016 gesetzt. Der Kläger hat auch hierauf nicht reagiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
II.
Der Senat durfte eine Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 SGG treffen, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Weil das SG mit Urteil und nicht mit Gerichtsbescheid entschieden hat, liegt ein Fall des § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG nicht vor. Die Beteiligten sind gehört worden.
Die nach § 143 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil die ablehnende Verwaltungsentscheidung der Beklagten rechtmäßig ist und den Kläger nicht im Sinne der §§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Er hat für die Zeit seit der Rentenantragstellung keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1.
Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte, wenn die entsprechenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind. Dies erfordert gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, dass sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat auch, wer auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, unter den Voraussetzungen einer sog. Arbeitsmarktrente (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19. Oktober 2011, B 13 R 78/09 R).
Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte, wenn die entsprechenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind. Dies erfordert gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI, dass sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger seit Rentenantragstellung noch in der Lage war und ist, täglich mindestens sechs Stunden körperlich zumindest leichte Tätigkeiten zu verrichten. Die Tätigkeiten müssen einfachen Anforderungen genügen und geringe Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit erfordern. Tätigkeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände erfordern, sind durchführbar. Bei längeren Geh- und Stehbelastungen sollten leichte körperliche Tätigkeiten zeitweise im Stehen, zeitweise im Gehen und überwiegend im Sitzen ausgeführt werden. Tätigkeiten mit häufigem Bücken sollten nur gelegentlich verrichtet werden. Tätigkeiten mit häufigem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel sollten ebenso vermieden werden wie solche unter Temperaturschwankungen mit Exposition gegenüber Nässe, Kälte und Zugluft. Daneben sollten Tätigkeiten mit längeren einseitigen Belastungen, Über-Kopf-Arbeiten sowie - aufgrund der neurologischen Defizite im linken Bein - auch Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an die Gang- und Standsicherheit, wie beispielsweise das Ersteigen von Leitern oder Gerüsten, vermieden werden. Keine Einschränkungen bestehen bezüglich Tätigkeiten in Wechselschicht, im Hinblick auf Einwirkungen von Lärm, Staub, Gas, Dampf oder Rauch sowie im Hinblick auf das Seh- oder Hörvermögen. Aufgrund der schmerzhaften Minderbelastung im Bereich der Wirbelsäule können Tätigkeiten unter Zeitdruck, im Akkord oder Fließbandarbeiten nur gelegentlich ausgeführt werden. Bei der Bestimmung dieses Leistungsbildes folgt der Senat den im Wesentlichen im Hinblick auf die rentenrelevante Leistungsfähigkeit übereinstimmenden, überzeugenden Beurteilungen der Gutachter Dr. S. und Dr. V. Diese stehen im Einklang mit dem Rehabilitationsentlassungsbericht vom 6. Dezember 2010.
Der Senat legt ausgehend von den vorgenannten Gutachten folgende rentenrelevante Gesundheitsstörungen zugrunde:
- Alkoholabhängigkeit
- Tabakabhängigkeit
- Polyneuropathie
- ständige Nackenbeschwerden mit haltungs- und bewegungsabhängiger Schmerzverstärkung sowie linksseitiger Armeinstrahlung bei multisegmentalen degenerativen Strukturveränderungen der Halswirbelsäule und einem Zustand nach operativer Versteifung des Segments zwischen 7. Halswirbel und 1. Brustwirbel, sowie anamnestisch Zustand nach Entfernung einer Bandscheibe in der Halswirbelsäule,
- ständige Kreuzschmerzen mit haltungs- und belastungsabhängiger Schmerzverstärkung und linksseitiger Beineinstrahlung sowie sensiblen und motorischen Defiziten im linken Bein bei mehrsegmentalen degenerativen Strukturveränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule
- Zustand nach Stentimplantation im Bereich der Beine bei persistierenden Durchblutungsstörungen sowie ein
- medikamentös kompensiertes Bluthochdruckleiden.
Auf psychiatrischem Gebiet bezieht sich der Senat auf die Einschätzung der Gutachterin Dr. S. Zwar ist das Gutachten nach Aktenlage erstellt worden, der Kläger befand sich jedoch stationär vom 17. bis zum 30. Oktober 2011 in der Klinik der Gutachterin. Dr. S. hat überzeugend begründet, dass der Kläger trotz seiner Alkohol- und Tabakabhängigkeit noch in der Lage ist, Arbeiten unter Berücksichtigung des o. g. Anforderungsprofils auszuführen. Sie hat ausgeführt, dass nach ihrer Einschätzung bei dem Kläger offensichtlich ein Rentenbegehren im Vordergrund stehe, welches er immer wieder mit viel Energie und Bestimmtheit vortrage. Es bestehe eine deutliche Aggravationstendenz und eine fehlende Compliance, was die Suchterkrankung angehe. Der Senat folgt auch vor dem Hintergrund der ähnlichen Einschätzung der Ärztinnen Dr. H. und Dr. D. (Gutachten im Verwaltungsverfahren) und des Rehabilitationsentlassungsberichts vom 6. Dezember 2010 der Wertung der Frau Dr. S. Es lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger aus psychiatrischer Sicht wegen seiner Suchterkrankung nicht mehr erwerbsfähig im o. g. Sinne wäre.
Auch auf orthopädischem Gebiet geht der Senat nicht von einer rentenrelevanten Minderung des Leistungsvermögens aus. Insoweit schließt er sich der Einschätzung des Facharztes für Orthopädie Dr. V. in dessen Gutachten vom 7. Januar 2016 an. Der Arzt hat unter Auswertung der vorliegenden Befunde und eigener ärztlicher Untersuchungen eine nachvollziehbare Einschätzung abgegeben. Insbesondere hat er ausgeführt, dass der Kläger in gutem Allgemein- und Kräftezustand erschienen und selbstständig bergauf zur Fachklinik gelaufen sei. Dies ließ sich auch anhand der ärztlichen Befunde nachweisen. Insbesondere hat der Arzt Bewegungs- und Umfangsmaße der unteren Extremitäten genommen. Der neurologische Status ist ebenfalls bewertet worden. Der Arzt hat auch berücksichtigt, dass sich Durchblutungsstörungen in den Beinen vorliegen.
Soweit der Facharzt Dr. V. ausgeführt hat, es solle von fachkompetenter Seite erneut bewertet werden, ob die nichtabstinente Alkoholkrankheit eine weitere Einschränkung des Leistungsvermögens bedingte, folgt der Senat der Einschätzung der Ärzte des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten (Dr. G. und D.). Der Kläger ist seit November 2008 wegen des Alkoholmissbrauchs in Behandlung und hat mehrfach Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlungen absolviert. Er ist während dieser Zeit von den Ärzten des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten (Dr. H. und Dr. D. sowie von Frau Dr. S. im Hinblick auf die Suchterkrankungen begutachtet worden. Die Ärzte sind übereinstimmend davon ausgegangen, dass er unter Berücksichtigung des o. g. Leistungsbildes jedenfalls noch leichte körperliche Arbeiten verrichten könne. Dies ergibt sich auch aus dem Rehabilitationsentlassungsbericht vom 6. Dezember 2010. Es besteht kein Anlass aufgrund des Hinweises des orthopädischen Gutachters Dr. V. von einer anderen Einschätzung auszugehen.
Eine andere Wertung ergibt sich auch nicht aus den eingeholten Befundberichten im Berufungsverfahren. Hier haben die Ärzte insbesondere orthopädische Leiden als verschlechtert beschrieben (MR Dr. M., Befundbericht vom 17. Mai 2015 und der Orthopäde Dipl.-Med. S. vom 29. November 2014). Dipl.-Med. S. hat eingeschätzt, dass der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten könne. Dies überzeugt jedoch vor dem Hintergrund der späteren Untersuchung und Beurteilung durch Dr. V. nicht. Denn Dipl.-Med. S. hat sich zur Begründung seiner Leistungseinschätzung nur pauschal auf langjährig vorliegende Wirbelsäulenbeschwerden und -schädigungen bezogen, die alltagsrelevante Belastungseinschränkungen ergäben. Konkrete Leistungseinschränkungen hat er nicht benannt. Hiernach hat jedoch der Facharzt für Orthopädie Dr. V. den Kläger untersucht und ist zu der nachvollziehbaren Einschätzung gekommen, dass aus orthopädischer Sicht das o.g. Leistungsvermögen noch besteht. Auch aus den Arztbriefen des Neurochirurgen Dr. S. vom 26. April und 11. September 2012 ergibt sich keine andere Einschätzung.
Es liegt keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Das Restleistungsvermögen reicht nämlich noch für leichte körperliche Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählung in dem Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996, GS 2/95, BSGE 80, 24, 33 f.; in der Anwendbarkeit auf die aktuelle Rechtslage bestätigt in BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011, B 13 R 78/09 R).
Der Kläger ist nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. Er kann viermal arbeitstäglich mindestens 500 Meter am Stück ohne unzumutbare Beschwerdezustände in jeweils längstens 20 Minuten zurücklegen. Alle Gutachter und insbesondere auch der orthopädische Gutachter Dr. V. haben eingeschätzt, dass der Kläger noch wegefähig im o. g. Sinne ist. Dr. H. und Dr. D. haben diesbezüglich einen Gehtest durchführen lassen, der diese Einschätzung bestätigt hat (500 Meter in knapp 11 Minuten). Der Kläger ist selbstständig zu der Begutachtung bei Dr. V. angereist und ist vom Bahnhof aus bis zur Klinik bergauf gelaufen.
Der Senat hatte keinen Anlass, im Hinblick auf die Kritik am Gutachten Dr. V. weiter zu ermitteln. Zwar hat der Kläger mitteilen lassen, dass ihm eine Bandscheibe in der Halswirbelsäule entfernt worden sei. Diesbezüglich hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers trotz schriftlicher und fernmündlicher Nachfrage allerdings keine weiteren Angaben gemacht. Es dürfte sich um die bereits bekannte und von Dr. V. mitberücksichtigte Wirbelsäulenversteifung handeln, die nach Angaben des Klägers im Juni 2015 nach einer zunächst erfolglosen Foraminotomie durchgeführt wurde.
2.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach §§ 43 Abs. 1, 240 Abs. 1 SGB VI. Danach haben Versicherte bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie vor dem 2. Januar 1961 – wie hier der Versicherte – geboren und berufsunfähig sind.
Nach der Rechtsprechung des BSG ist bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit vom bisherigen Beruf des Klägers auszugehen. Es ist zu prüfen, ob er diesen Beruf ohne wesentliche Einschränkungen weiterhin ausüben kann. Ist er hierzu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufs dafür maßgebend, auf welche Tätigkeiten der Versicherte verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 1994 – 4 RA 35/93 – SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41; Urteil vom 16. November 2000 – B 13 RJ 79/99 R – SozR 3-2600 § 43 Nr. 23, S. 78). Bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Dabei ist nicht unbedingt auf die letzte Berufstätigkeit abzustellen, sondern auf diejenige, die bei im Wesentlichen ungeschwächter Arbeitskraft nicht nur vorübergehend eine nennenswerte Zeit ausgeübt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 1985 – 4a RJ 53/84 – SozR 2200 § 1246 Nr. 130).
Bisheriger Beruf des Klägers ist der eines Sortierers, den er zuletzt versicherungspflichtig bei der Fa ... ausübte. Diese Tätigkeit kann der Kläger nach Auffassung des Senats seit der Rentenantragstellung nicht mehr ausüben. Dies ergibt sich bereits aus der diesbezüglichen Einschätzung der Gutachterinnen Dr. H. und Dr. D., der sich auch die Beklagte angeschlossen hat.
Auf welche Berufstätigkeiten ein Versicherter nach seinem fachlichen und gesundheitlichen Leistungsvermögen noch zumutbar verwiesen werden kann, beurteilt das BSG nach einem von ihm entwickelten Mehrstufenschema, das auch der Senat seinen Entscheidungen zugrunde legt. Dieses gliedert die Berufe hierarchisch in vier Gruppen mit verschiedenen Leitberufen. An oberster Stelle steht die Gruppe der Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion und der besonders qualifizierten Facharbeiter. Es folgen die Facharbeiter in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei bis drei Jahren, danach die angelernten Arbeiter mit einer Ausbildungszeit von bis zu zwei Jahren. Zuletzt folgen die so genannten Ungelernten, auch mit einer erforderlichen Einarbeitungs- oder Einweisungszeit von bis zu drei Monaten. Eine von dem Versicherten sechsstündig ausübbare Tätigkeit ist ihm zumutbar im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI, wenn er irgendwelche Tätigkeiten der eigenen Qualifikationsstufe oder aber der nächst niedrigeren Stufe spätestens nach einer Einarbeitung und Einweisung von drei Monaten zum Erwerb der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vollwertig ausüben kann. Dabei muss dem Versicherten allerdings grundsätzlich ein konkreter Verweisungsberuf benannt und zugeordnet werden können, anhand dessen sich die Zumutbarkeit seiner Ausübung beurteilen lässt. Kann ein anderer Beruf nicht konkret in Betracht gezogen werden, liegt bei der Unfähigkeit der Ausübung des bisherigen Berufs Berufsunfähigkeit vor.
Eine Ausnahme vom Erfordernis der konkreten Benennung eines Verweisungsberufs besteht aber dann, wenn dem Versicherten fachlich-qualitativ ungelernte Tätigkeiten und jedenfalls leichte körperliche, seelische und geistige Belastungen zumutbar sind. Es gibt eine Vielzahl von ungelernten Berufen im inländischen Erwerbsleben; sie stellen gerade keine besonderen Anforderungen an Kenntnisse, fachliche Fähigkeiten, Ausbildung und Berufserfahrung. Einem Versicherten ist die Ausübung einer ungelernten Arbeitstätigkeit grundsätzlich zuzumuten, wenn sein bisheriger Beruf entweder dem Leitberuf des angelernten Arbeiters oder dem des ungelernten Arbeiters zuzuordnen ist (Kasseler Komm., Stand Dezember 2014, § 240 SGB VI, Rn. 101 m.w.N).
Ausweislich der Arbeitgeberauskunft der ... vom 19. August 2008 war der Kläger als Sortierer eingestellt und hat Tätigkeiten verrichtet, die keine Vorkenntnisse erforderten und von betriebsfremden ungelernten Kräften nach kurzer Einweisung verrichtet werden konnten. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, warum die Arbeitgeberauskunft sachlich unzutreffend sein sollte. Der Kläger hat selbst im Fragebogen beim SG unter dem 23. September 2010 noch angegeben, dass er bei der ... als Sortierer tätig gewesen sei. Insoweit er abweichend hiervon hinzufügt, dass er auch Vorarbeiterfunktionen wahrgenommen und Bagger bzw. Maschinen bedient habe, kann dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls kann vor dem Hintergrund seiner Angaben und der eindeutigen Arbeitgeberauskunft nicht davon ausgegangen werden, dass seine Tätigkeit als eine angelernte Tätigkeit mit einer Ausbildungszeit von über einem bis zu zwei Jahren einzustufen wäre. Nur dann wäre nach obigen Grundsätzen eine Verweisungstätigkeit zu benennen. Das SG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass auch in der Zusammenarbeit von ungelernten Kräften jemand die anderen Kräfte einweisen muss. Dies allein führt jedoch nicht dazu, dass dieser einem Mitarbeiter mit einer bis zu zweijährigen Ausbildung gleichgestellt werden müsste. Vor dem Hintergrund dieser Einstufung war der Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Kläger einen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) hat.
Der am ... 1953 geborene Kläger erlernte nach dem Abschluss der 10. Klasse von 1971 bis 1973 den Beruf des Triebfahrzeugschlossers (Facharbeiterzeugnis vom 31. Juli 1973) und war anschließend bis 1978 als Lokführer (Tagebau) sowie Be- und Entlader tätig. Hiernach war er bis 1996 Kraftfahrer und erwarb in dieser Zeit auch einen Facharbeiterbrief als Berufskraftfahrer (Urkunde vom 30. Juni 1986). Zuletzt war er vom 20. April 1998 bis zum 31. Oktober 2001 Sortierer bei der ... GmbH ( ...). Seit September 2000 ist er arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Am 31. März 2008 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Er leide seit 1993 an Wirbelsäulenbeschwerden, einer Lähmung, chronischem Bluthochdruck und Alkoholentzug. Die Beklagte holte eine Arbeitgeberauskunft der ... ein. Diese teilte mit Schreiben vom 19. August 2008 mit, dass der Kläger als Sortierer von Baustellenabfällen beschäftigt gewesen sei. Es habe sich nicht um eine Tätigkeit gehandelt, die Facharbeiter verrichten. Vielmehr werde diese von betriebsfremden ungelernten Kräften nach kurzer Einweisung verrichtet. Es seien keine Vorkenntnisse erforderlich gewesen. Die Beklagte zog Befundberichte bei, die das Sozialgericht Magdeburg anlässlich eines Verfahrens wegen der Zuerkennung eines Grades der Behinderung (GdB) eingeholt hatte. Dieses Verfahren endete im Mai 2008 mit der Feststellung eines GdB von 40. Die Beklagte zog zudem einen Bericht des ... Klinikums H. - Allgemeine Psychiatrie vom 23. Juli 2008 bei, in dem sich der Kläger vom 6. bis zum 20. Juni 2008 in stationärer Behandlung befunden hatte. Die Ärzte diagnostizierten eine Alkoholkrankheit vom Gamma-Typ, chronische Phase, einen alkoholtoxischen Leberschaden, eine arterielle Hypertonie, degenerative Wirbelsäulenveränderungen und eine Mykose der Füße. Der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten erstattete nach Untersuchung des Klägers am 4. November 2008 das Gutachten vom 10. November 2008 (Fachärztin für Innere Medizin Dr. H. und Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. D.) Die Ärztinnen diagnostizierten ein Schmerzsyndrom und mittelgradige Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule, ein Alkoholabhängigkeitssyndrom, eine Polyneuropathie, eine psychopathologische Verhaltensstörung, eine Meralgia parästhetica rechts sowie eine arterielle Hypertonie. Es seien keine neurologischen Ausfälle festzustellen. Der Kläger könne in körperlicher Hinsicht noch leichte Arbeiten mit der Möglichkeit zum selbstgewählten Positionswechsel von Gehen, Stehen und Sitzen verrichten. Auszuschließen seien häufige Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufiges Bücken, Steigen auf Leitern und Gerüsten, Überkopfarbeiten sowie Arbeiten, die an Gang- und Standsicherheit gebunden seien. Erschütterungen und Vibrationen seien zu vermeiden. In geistiger Hinsicht seien einfache Arbeiten ohne Verantwortung für Personen und Maschinen, ohne Überwachung und Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, ohne besondere Anforderungen an das Konzentrations-, Reaktions-, Umstellungs- und Anpassungsvermögen möglich. In zeitlicher Hinsicht könne der Kläger sechs Stunden und mehr täglich arbeiten. In seiner letzten Tätigkeit als Sortierer sei er aufgrund der einseitigen Körperhaltung nicht mehr einsetzbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er unter Beachtung der genannten Einschränkungen arbeiten. Bei einem Gehstreckentest habe er die Strecke von 500 Metern in 10 Minuten und 49 Sekunden im normalen Gang zurückgelegt.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 24. November 2008 ab. Hiergegen erhob der Kläger unter dem 21. Dezember 2008 Widerspruch und führte aus, sein letzter Arbeitgeber habe ihn nicht im tatsächlichen Sinne als Sortierer, sondern als Vorarbeiter mit Weisungsbefugnissen eingesetzt. Deshalb müsse Berufsschutz berücksichtigt werden. Er leide an einem pathologischen Zustand im Hüft- und Lendenbereich, der nicht ausreichend bewertet worden sei. Der Arbeitsmarkt sei für ihn verschlossen.
Die Ärztinnen Dr. H. und Dr. D. teilten unter dem 4. Februar 2009 ergänzend zu ihrem Gutachten mit, dass der Kläger im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung nicht über Hüftbeschwerden geklagt habe. Auch den Unterlagen ließen sich keine Hüftbeschwerden oder Einschränkungen im Hüftbereich entnehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. April 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger könne noch leichte körperliche Arbeiten mit Einschränkungen sechs Stunden täglich verrichten. Die Arbeitgeberauskunft enthalte keine Angaben zu einer Vorarbeitertätigkeit. Auch im Widerspruchsverfahren seien keine Nachweise über eine solche Vorarbeitertätigkeit eingereicht worden. Es sei daher keine Verweisungstätigkeit zu benennen gewesen.
Der Kläger hat hiergegen am 19. Mai 2009 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben. Er sei als Vorarbeiter beschäftigt und für die Einteilung und Anweisung von Arbeitnehmern zuständig gewesen. Außerdem habe er Bagger, Radlader und Kran gefahren sowie Maschinen instandgehalten und repariert. Auch die Wegezeiten seien unzutreffend. Er könne kaum mehr bis zum 200 bis 300 Meter entfernt liegenden Supermarkt gehen.
Die Beklagte hat einen Rehabilitationsentlassungsbericht der ...-Klinik in R. vom 6. Dezember 2010 übersandt, in der sich der Kläger vom 13. Oktober bis zum 23. November 2010 zu einer Alkoholentwöhnungsbehandlung befunden hat. Die Ärzte haben eine Alkoholabhängigkeit, eine Störung durch Tabakabhängigkeitssyndrom, eine alkoholisch-toxische Polyneuropathie, einen alkoholtoxischen Leberschaden sowie ein Schmerzsyndrom und Einschränkungen der Wirbelsäule diagnostiziert. Der Kläger könne noch täglich sechs Stunden und mehr als Produktionsarbeiter/Mechaniker arbeiten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, zeitweise im Stehen, zeitweise im Gehen und überwiegend im Sitzen verrichten, wobei Einschränkungen im Hinblick auf die geistig/psychische Belastbarkeit, den Bewegungs- und Haltungsapparat und Gefährdungs- und Belastungsfaktoren bestünden.
Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt (Fachärztin für Orthopädie T. vom 8. Februar 2012, Nervenfachärztin Dr. B. vom 13. Februar 2012, Facharzt für Innere Medizin MR Dr. M. vom 4. Mai 2012, Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. S. vom 22. Juli 2012). Die Ärzte haben die bekannten Diagnosen im Wesentlichen bestätigt und teilweise von einer Verschlechterung der Befunde berichtet (vgl. insbesondere Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dipl.-Med. S. vom 22. Juli 2012). Dipl.-Med. S. hat den Kläger an den Facharzt für Chirurgie und Handchirurgie Dr. B. überwiesen. Dieser hat unter dem 27. August 2012 einen Arztbrief vom 16. März 2012 übersandt, wonach der Kläger sich dort am 13. März 2012 wegen eines Ganglions (Überbein) an zwei Fingern vorgestellt hat. Es sei ihm geraten worden, mit einer Exstirpation noch abzuwarten, da spontane Remissionen möglich seien.
Auf Veranlassung des SG hat die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und Fachärztin für Neurologie der Universitätsklinik R. Dr. S. das Gutachten vom 22. April 2013 nach Aktenlage erstellt. Der Kläger hatte sich vom 17. bis 30. Oktober 2011 in dieser Klinik in stationärer Behandlung befunden. Die Ärztin hat eine Alkoholabhängigkeit sowie eine Tabakabhängigkeit festgestellt, wobei insbesondere die Alkoholabhängigkeit die Fähigkeit erheblich beeinträchtige, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Der Kläger könne jedoch aus psychiatrischer Sicht noch Arbeiten mit geistig einfachen Anforderungen sowie geringen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Er sei noch in der Lage, eine leichte Beschäftigung wie leichte Sortier- oder Büroarbeiten überwiegend im Sitzen mit den üblichen Ruhepausen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Über die körperliche Belastbarkeit könne aus psychiatrischer Sicht keine Angabe gemacht werden. Gegebenenfalls solle ein medizinisches Fachgutachten im Bereich der Orthopädie eingeholt werden.
Das SG hat mit Urteil vom 12. Juli 2013 die Klage abgewiesen. Der Kläger könne noch zumindest leichte körperliche Arbeiten mit der Möglichkeit des selbstgewählten Haltungswechsels zwischen Sitzen, Gehen und Stehen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Gutachten der Frau Dr. S., dem Reha-Entlassungsbericht vom 6. Dezember 2010 sowie dem Gutachten der Dres. H. und D. Im Entlassungsbericht sei u.a. ausgeführt, dass ein Beharren auf angeblichen Rentenansprüchen unter dabei hervorgebrachtem Kampfgeist auffällig gewesen sei. Ein orthopädisches Gutachten sei nicht einzuholen gewesen, da nach dem Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten auf orthopädischem Gebiet keine so schweren Einschränkungen beständen, die leichte körperliche Arbeiten ausschlössen. Dies ließe sich auch nicht aus den Befundberichten, insbesondere nicht aus dem Bericht des Orthopäden Dipl.-Med. S. ableiten. Dr. B. habe im Hinblick auf die Ganglione auf eine mögliche Remission hingewiesen. Der Kläger sei auch wegefähig, was sich aus dem Gehtest bei dem Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten ergebe. Ein Berufsschutz bestünde nicht. Zwar habe der Kläger angegeben, dass er als Vorarbeiter tätig gewesen sei, Bagger und Kran gefahren und Maschinen repariert sowie andere Arbeiternehmer eingewiesen habe. Auch bei der Zusammenarbeit von ungelernten Kräften müsse jemand die anderen Kräfte einweisen. Nach den Angaben der ... sei der Kläger in den Bereich der Ungelernten einzugruppieren.
Der Kläger hat gegen das Urteil des SG am 13. August 2013 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, es sei kein orthopädisches Gutachten und auch kein fachübergreifendes Gutachten eingeholt worden. Zwar habe der Arbeitgeber mitgeteilt, dass er, der Kläger, eine ungelernte, einfache Tätigkeit ausgeführt haben solle. Der Arbeitgeber sei jedoch nicht auf den Vorarbeiterstatus eingegangen. Unter Berücksichtigung, dass er, der Kläger, auch Bagger, Radlader und Kran gefahren sei sowie Maschinen instandgehalten und repariert habe, sei nicht von einem Status als einfacher angelernter Arbeiter auszugehen. Zudem liege eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und einer spezifischen Leistungsbehinderung vor. Denn er leide unter einer schmerzhaften Einschränkung der Arm- und Handgelenksbeweglichkeit. Zudem würde die Thematik der Suchterkrankung falsch eingeschätzt. Wenn man einmal alkohol- oder drogensüchtig gewesen sei, bleibe man dies ein Leben lang. Lediglich ein Teil der Patienten könne die Sucht beherrschen. Er sei wegen seiner Schmerzen und der krankheitsbedingten Ermattung nicht in der Lage, vollschichtig tätig zu sein.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Juli 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. November 2008 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 16. April 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. März 2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt ihre Verwaltungsentscheidung und die erstinstanzliche Entscheidung, die durch aktuelle Befundberichte und das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten bestätigt werde.
Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Der Facharzt für Neurochirurgie Dr. S. hat im Juli 2014 Arztbriefe des Dr. S. vom 11. September und 26. April 2012 übersandt. Dr. S. hat eine Lumboischialgie links bei Bandscheibenprotrusion L 4/5 links diagnostiziert. Der Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. S. hat unter dem 29. November 2014 berichtet, dass der Kläger wegen orthopädischer Leiden nur noch leichte körperliche Arbeiten unter drei Stunden täglich verrichten könne. Er sei langjährig in Behandlung wegen Wirbelsäulenbeschwerden, Wirbelsäulenschädigungen mit Nervenreizsymptomatik und sensomotorischen Störungen. Der Facharzt für Innere Medizin MR Dr. M. hat unter dem 17. Mai 2015 berichtet, dass sich die Befunde an der Wirbelsäule erheblich verschlechtert hätten. Zu der unheilbaren Alkoholkrankheit sei eine intervensionspflichtige Durchblutungsstörung des linken Beines hinzugekommen.
Auf Veranlassung des Senats hat der Facharzt für Orthopädie, Spezielle Schmerztherapie, Chirotherapie und Sozialmedizin Dr. V. nach Untersuchung des Klägers am 30. Dezember 2015 das Gutachten vom 7. Januar 2016 erstattet. Der Arzt hat einen guten Allgemeinzustand und Kräftezustand festgestellt. Der Kläger sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Begutachtung angereist und habe sowohl den Weg vom Bahnhof zur Rehaklinik von ca. 500 bis 600 Meter bergan als auch den Weg zur Röntgenuntersuchung im Krankenhaus selbstständig ohne Hilfsmittel bewältigt. Er sei auf alle Fragen orientiert gewesen und habe adäquat antworten können. Der Arzt hat ständige Nackenbeschwerden mit haltungs- und bewegungsabhängiger Schmerzverstärkung sowie linksseitiger Armeinstrahlung bei nachgewiesenen multisegmentalen degenerativen Strukturveränderungen der Halswirbelsäule und einem Zustand nach operativer Versteifung des Segments zwischen 7. Halswirbel und 1. Brustwirbel, ständige Kreuzschmerzen mit haltungs- und belastungsabhängiger Schmerzverstärkungen und linksseitiger Beineinstrahlung sowie sensiblen und motorischen Defiziten im linken Bein bei nachgewiesenen mehrsegmentalen degenerativen Strukturveränderung im Bereich der Lendenwirbelsäule diagnostiziert. Fachfremd hat er eine gegenwärtig nicht abstinente Alkoholkrankheit, einen Zustand nach Stentimplantation im Bereich der Beine bei persistierenden Durchblutungsstörungen sowie ein medikamentös kompensiertes Bluthochdruckleiden diagnostiziert. Der Kläger könne trotz dieser Leiden noch leichte Beschäftigungen, z. B. leichte Sortier- oder Büroarbeiten überwiegend im Sitzen mit den üblichen Ruhepausen täglich sechs Stunden und mehr und auch vollschichtig verrichten. Aufgrund der Ausbildung und des Bildungsstands sowie unter Berücksichtigung der Alkoholkrankheit seien nur mittelschwierige und einfache Arbeiten zumutbar. Bei längeren Geh- und Stehbelastungen sollten leichte körperliche Tätigkeiten zeitweise im Stehen, zeitweise im Gehen und überwiegend im Sitzen ausgeführt werden. Zusätzliche Einschränkungen ergäben sich bei Tätigkeiten in Zwangshaltungen. Tätigkeiten mit häufigem Bücken sollten nur gelegentlichen verrichtet werden. Tätigkeiten mit häufigem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, unter Temperaturschwankungen mit Exposition gegenüber Nässe, Kälte und Zugluft, mit längeren einseitigen Belastungen, Über-Kopf-Arbeiten sowie aufgrund der neurologischen Defizite im linken Bein auch Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an die Gang- und Standsicherheit wie beispielsweise das Ersteigen von Leitern oder Gerüsten sollten vermieden werden. Keine Einschränkungen bestünden bezüglich Tätigkeiten in Wechselschicht und solchen, die die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände erforderten. Keine Einschränkungen ergäben sich auch im Hinblick auf Einwirkungen von Lärm, Staub, Gas, Dampf oder Rauch sowie im Hinblick auf das Seh- oder Hörvermögen. Aufgrund der schmerzhaften Minderbelastung im Bereich der Wirbelsäule könnten Tätigkeiten unter Zeitdruck, im Akkord oder Fließbandarbeiten nur gelegentlich ausgeführt werden. Die Gehfähigkeit sei nicht maßgeblich eingeschränkt. Die vergleichende Beinumfangsmessung deute nicht auf eine wesentliche Minderbelastung oder Minderinnervation der unteren Extremität hin. Der Kläger sei den Weg vom Bahnhof zur Untersuchungseinrichtung und von der Untersuchungseinrichtung zur Röntgenuntersuchung im Krankenhaus zu Fuß gegangen. Es werde empfohlen, zu prüfen, ob das Leistungsvermögen durch die nichtabstinente Alkoholkrankheit über das beschriebene Maß von orthopädischer Seite hinaus eingeschränkt sei.
Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, dass der Kläger im anhängigen Rentenverfahren, im Widerspruchsverfahren und im Klageverfahren bereits mehrfach im Hinblick auf die Alkoholabhängigkeit beurteilt worden sei. Er sei in der Lage gewesen, selbstständig mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu der Begutachtung bei Dr. V. zu reisen. Er sei während der Begutachtung allseits orientiert gewesen und habe adäquate Antworten gegeben. Das alleinige Vorliegen eines Alkoholabhängigkeitssyndroms schließe eine Erwerbstätigkeit nicht aus. Der Kläger sei zum Zeitpunkt der Begutachtung kooperativ und aufgeschlossen gewesen. Daraus sei nicht zu schließen, dass aus dem Abhängigkeitssyndrom quantitative Leistungseinschränkungen abzuleiten wären. Bei einem stabilen Abhängigkeitsniveau bestehe durchaus noch die Leistungsfähigkeit für geistig einfache bis mittelschwierige Anforderungen in einem zeitlichen Umfang von täglich sechs Stunden und mehr. Es bestünde damit keine Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung (Dr. G. und Leitendender Medizinaldirektor D.).
Der Kläger hat hierzu unter dem 11. April 2016 mitgeteilt, dass er mehr als 30 Minuten bergauf zur Begutachtung gegangen sei und ihm dieser Weg erheblich zu schaffen gemacht habe. Ihm sei im Klinikum R. "eine Bandscheibe in der HWS entfernt" worden und "drei weitere Bandscheiben" müssten operiert werden. Er könne derzeit die linke Hand nicht nutzen.
Der Berichterstatter hat daraufhin nachgefragt, ob es sich bei der Operation im Klinikum R. um eine aktuelle Maßnahme gehandelt hat und um weitere Informationen zu dem Krankenhausaufenthalt gebeten. Zudem hat er nachgefragt, ob der Kläger diesbezüglich in fachärztlicher Behandlung sei. Beide Nachfragen vom 2. Mai 2016 hat der Kläger unbeantwortet gelassen. Der Berichterstatter hat am 28. Juli 2016 in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers angerufen und um Rückruf gebeten. Dieser ist nicht erfolgt.
Mit Schreiben vom 29. Juni 2016 hat der Senat um Einverständnis mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter gebeten. Hierauf hat der Kläger ebenfalls nicht reagiert.
Mit Verfügung vom 27. Juli 2016 hat der Senat den Kläger im Hinblick auf eine Entscheidung gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört, den Gesetzeswortlaut dieser Norm mitgeteilt und eine Frist bis zum 23. August 2016 gesetzt. Der Kläger hat auch hierauf nicht reagiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
II.
Der Senat durfte eine Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 SGG treffen, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Weil das SG mit Urteil und nicht mit Gerichtsbescheid entschieden hat, liegt ein Fall des § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG nicht vor. Die Beteiligten sind gehört worden.
Die nach § 143 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil die ablehnende Verwaltungsentscheidung der Beklagten rechtmäßig ist und den Kläger nicht im Sinne der §§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Er hat für die Zeit seit der Rentenantragstellung keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1.
Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte, wenn die entsprechenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind. Dies erfordert gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, dass sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat auch, wer auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, unter den Voraussetzungen einer sog. Arbeitsmarktrente (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19. Oktober 2011, B 13 R 78/09 R).
Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte, wenn die entsprechenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind. Dies erfordert gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI, dass sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger seit Rentenantragstellung noch in der Lage war und ist, täglich mindestens sechs Stunden körperlich zumindest leichte Tätigkeiten zu verrichten. Die Tätigkeiten müssen einfachen Anforderungen genügen und geringe Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit erfordern. Tätigkeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände erfordern, sind durchführbar. Bei längeren Geh- und Stehbelastungen sollten leichte körperliche Tätigkeiten zeitweise im Stehen, zeitweise im Gehen und überwiegend im Sitzen ausgeführt werden. Tätigkeiten mit häufigem Bücken sollten nur gelegentlich verrichtet werden. Tätigkeiten mit häufigem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel sollten ebenso vermieden werden wie solche unter Temperaturschwankungen mit Exposition gegenüber Nässe, Kälte und Zugluft. Daneben sollten Tätigkeiten mit längeren einseitigen Belastungen, Über-Kopf-Arbeiten sowie - aufgrund der neurologischen Defizite im linken Bein - auch Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an die Gang- und Standsicherheit, wie beispielsweise das Ersteigen von Leitern oder Gerüsten, vermieden werden. Keine Einschränkungen bestehen bezüglich Tätigkeiten in Wechselschicht, im Hinblick auf Einwirkungen von Lärm, Staub, Gas, Dampf oder Rauch sowie im Hinblick auf das Seh- oder Hörvermögen. Aufgrund der schmerzhaften Minderbelastung im Bereich der Wirbelsäule können Tätigkeiten unter Zeitdruck, im Akkord oder Fließbandarbeiten nur gelegentlich ausgeführt werden. Bei der Bestimmung dieses Leistungsbildes folgt der Senat den im Wesentlichen im Hinblick auf die rentenrelevante Leistungsfähigkeit übereinstimmenden, überzeugenden Beurteilungen der Gutachter Dr. S. und Dr. V. Diese stehen im Einklang mit dem Rehabilitationsentlassungsbericht vom 6. Dezember 2010.
Der Senat legt ausgehend von den vorgenannten Gutachten folgende rentenrelevante Gesundheitsstörungen zugrunde:
- Alkoholabhängigkeit
- Tabakabhängigkeit
- Polyneuropathie
- ständige Nackenbeschwerden mit haltungs- und bewegungsabhängiger Schmerzverstärkung sowie linksseitiger Armeinstrahlung bei multisegmentalen degenerativen Strukturveränderungen der Halswirbelsäule und einem Zustand nach operativer Versteifung des Segments zwischen 7. Halswirbel und 1. Brustwirbel, sowie anamnestisch Zustand nach Entfernung einer Bandscheibe in der Halswirbelsäule,
- ständige Kreuzschmerzen mit haltungs- und belastungsabhängiger Schmerzverstärkung und linksseitiger Beineinstrahlung sowie sensiblen und motorischen Defiziten im linken Bein bei mehrsegmentalen degenerativen Strukturveränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule
- Zustand nach Stentimplantation im Bereich der Beine bei persistierenden Durchblutungsstörungen sowie ein
- medikamentös kompensiertes Bluthochdruckleiden.
Auf psychiatrischem Gebiet bezieht sich der Senat auf die Einschätzung der Gutachterin Dr. S. Zwar ist das Gutachten nach Aktenlage erstellt worden, der Kläger befand sich jedoch stationär vom 17. bis zum 30. Oktober 2011 in der Klinik der Gutachterin. Dr. S. hat überzeugend begründet, dass der Kläger trotz seiner Alkohol- und Tabakabhängigkeit noch in der Lage ist, Arbeiten unter Berücksichtigung des o. g. Anforderungsprofils auszuführen. Sie hat ausgeführt, dass nach ihrer Einschätzung bei dem Kläger offensichtlich ein Rentenbegehren im Vordergrund stehe, welches er immer wieder mit viel Energie und Bestimmtheit vortrage. Es bestehe eine deutliche Aggravationstendenz und eine fehlende Compliance, was die Suchterkrankung angehe. Der Senat folgt auch vor dem Hintergrund der ähnlichen Einschätzung der Ärztinnen Dr. H. und Dr. D. (Gutachten im Verwaltungsverfahren) und des Rehabilitationsentlassungsberichts vom 6. Dezember 2010 der Wertung der Frau Dr. S. Es lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger aus psychiatrischer Sicht wegen seiner Suchterkrankung nicht mehr erwerbsfähig im o. g. Sinne wäre.
Auch auf orthopädischem Gebiet geht der Senat nicht von einer rentenrelevanten Minderung des Leistungsvermögens aus. Insoweit schließt er sich der Einschätzung des Facharztes für Orthopädie Dr. V. in dessen Gutachten vom 7. Januar 2016 an. Der Arzt hat unter Auswertung der vorliegenden Befunde und eigener ärztlicher Untersuchungen eine nachvollziehbare Einschätzung abgegeben. Insbesondere hat er ausgeführt, dass der Kläger in gutem Allgemein- und Kräftezustand erschienen und selbstständig bergauf zur Fachklinik gelaufen sei. Dies ließ sich auch anhand der ärztlichen Befunde nachweisen. Insbesondere hat der Arzt Bewegungs- und Umfangsmaße der unteren Extremitäten genommen. Der neurologische Status ist ebenfalls bewertet worden. Der Arzt hat auch berücksichtigt, dass sich Durchblutungsstörungen in den Beinen vorliegen.
Soweit der Facharzt Dr. V. ausgeführt hat, es solle von fachkompetenter Seite erneut bewertet werden, ob die nichtabstinente Alkoholkrankheit eine weitere Einschränkung des Leistungsvermögens bedingte, folgt der Senat der Einschätzung der Ärzte des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten (Dr. G. und D.). Der Kläger ist seit November 2008 wegen des Alkoholmissbrauchs in Behandlung und hat mehrfach Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlungen absolviert. Er ist während dieser Zeit von den Ärzten des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten (Dr. H. und Dr. D. sowie von Frau Dr. S. im Hinblick auf die Suchterkrankungen begutachtet worden. Die Ärzte sind übereinstimmend davon ausgegangen, dass er unter Berücksichtigung des o. g. Leistungsbildes jedenfalls noch leichte körperliche Arbeiten verrichten könne. Dies ergibt sich auch aus dem Rehabilitationsentlassungsbericht vom 6. Dezember 2010. Es besteht kein Anlass aufgrund des Hinweises des orthopädischen Gutachters Dr. V. von einer anderen Einschätzung auszugehen.
Eine andere Wertung ergibt sich auch nicht aus den eingeholten Befundberichten im Berufungsverfahren. Hier haben die Ärzte insbesondere orthopädische Leiden als verschlechtert beschrieben (MR Dr. M., Befundbericht vom 17. Mai 2015 und der Orthopäde Dipl.-Med. S. vom 29. November 2014). Dipl.-Med. S. hat eingeschätzt, dass der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten könne. Dies überzeugt jedoch vor dem Hintergrund der späteren Untersuchung und Beurteilung durch Dr. V. nicht. Denn Dipl.-Med. S. hat sich zur Begründung seiner Leistungseinschätzung nur pauschal auf langjährig vorliegende Wirbelsäulenbeschwerden und -schädigungen bezogen, die alltagsrelevante Belastungseinschränkungen ergäben. Konkrete Leistungseinschränkungen hat er nicht benannt. Hiernach hat jedoch der Facharzt für Orthopädie Dr. V. den Kläger untersucht und ist zu der nachvollziehbaren Einschätzung gekommen, dass aus orthopädischer Sicht das o.g. Leistungsvermögen noch besteht. Auch aus den Arztbriefen des Neurochirurgen Dr. S. vom 26. April und 11. September 2012 ergibt sich keine andere Einschätzung.
Es liegt keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Das Restleistungsvermögen reicht nämlich noch für leichte körperliche Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählung in dem Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996, GS 2/95, BSGE 80, 24, 33 f.; in der Anwendbarkeit auf die aktuelle Rechtslage bestätigt in BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011, B 13 R 78/09 R).
Der Kläger ist nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. Er kann viermal arbeitstäglich mindestens 500 Meter am Stück ohne unzumutbare Beschwerdezustände in jeweils längstens 20 Minuten zurücklegen. Alle Gutachter und insbesondere auch der orthopädische Gutachter Dr. V. haben eingeschätzt, dass der Kläger noch wegefähig im o. g. Sinne ist. Dr. H. und Dr. D. haben diesbezüglich einen Gehtest durchführen lassen, der diese Einschätzung bestätigt hat (500 Meter in knapp 11 Minuten). Der Kläger ist selbstständig zu der Begutachtung bei Dr. V. angereist und ist vom Bahnhof aus bis zur Klinik bergauf gelaufen.
Der Senat hatte keinen Anlass, im Hinblick auf die Kritik am Gutachten Dr. V. weiter zu ermitteln. Zwar hat der Kläger mitteilen lassen, dass ihm eine Bandscheibe in der Halswirbelsäule entfernt worden sei. Diesbezüglich hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers trotz schriftlicher und fernmündlicher Nachfrage allerdings keine weiteren Angaben gemacht. Es dürfte sich um die bereits bekannte und von Dr. V. mitberücksichtigte Wirbelsäulenversteifung handeln, die nach Angaben des Klägers im Juni 2015 nach einer zunächst erfolglosen Foraminotomie durchgeführt wurde.
2.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach §§ 43 Abs. 1, 240 Abs. 1 SGB VI. Danach haben Versicherte bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie vor dem 2. Januar 1961 – wie hier der Versicherte – geboren und berufsunfähig sind.
Nach der Rechtsprechung des BSG ist bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit vom bisherigen Beruf des Klägers auszugehen. Es ist zu prüfen, ob er diesen Beruf ohne wesentliche Einschränkungen weiterhin ausüben kann. Ist er hierzu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufs dafür maßgebend, auf welche Tätigkeiten der Versicherte verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 1994 – 4 RA 35/93 – SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41; Urteil vom 16. November 2000 – B 13 RJ 79/99 R – SozR 3-2600 § 43 Nr. 23, S. 78). Bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Dabei ist nicht unbedingt auf die letzte Berufstätigkeit abzustellen, sondern auf diejenige, die bei im Wesentlichen ungeschwächter Arbeitskraft nicht nur vorübergehend eine nennenswerte Zeit ausgeübt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 1985 – 4a RJ 53/84 – SozR 2200 § 1246 Nr. 130).
Bisheriger Beruf des Klägers ist der eines Sortierers, den er zuletzt versicherungspflichtig bei der Fa ... ausübte. Diese Tätigkeit kann der Kläger nach Auffassung des Senats seit der Rentenantragstellung nicht mehr ausüben. Dies ergibt sich bereits aus der diesbezüglichen Einschätzung der Gutachterinnen Dr. H. und Dr. D., der sich auch die Beklagte angeschlossen hat.
Auf welche Berufstätigkeiten ein Versicherter nach seinem fachlichen und gesundheitlichen Leistungsvermögen noch zumutbar verwiesen werden kann, beurteilt das BSG nach einem von ihm entwickelten Mehrstufenschema, das auch der Senat seinen Entscheidungen zugrunde legt. Dieses gliedert die Berufe hierarchisch in vier Gruppen mit verschiedenen Leitberufen. An oberster Stelle steht die Gruppe der Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion und der besonders qualifizierten Facharbeiter. Es folgen die Facharbeiter in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei bis drei Jahren, danach die angelernten Arbeiter mit einer Ausbildungszeit von bis zu zwei Jahren. Zuletzt folgen die so genannten Ungelernten, auch mit einer erforderlichen Einarbeitungs- oder Einweisungszeit von bis zu drei Monaten. Eine von dem Versicherten sechsstündig ausübbare Tätigkeit ist ihm zumutbar im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI, wenn er irgendwelche Tätigkeiten der eigenen Qualifikationsstufe oder aber der nächst niedrigeren Stufe spätestens nach einer Einarbeitung und Einweisung von drei Monaten zum Erwerb der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vollwertig ausüben kann. Dabei muss dem Versicherten allerdings grundsätzlich ein konkreter Verweisungsberuf benannt und zugeordnet werden können, anhand dessen sich die Zumutbarkeit seiner Ausübung beurteilen lässt. Kann ein anderer Beruf nicht konkret in Betracht gezogen werden, liegt bei der Unfähigkeit der Ausübung des bisherigen Berufs Berufsunfähigkeit vor.
Eine Ausnahme vom Erfordernis der konkreten Benennung eines Verweisungsberufs besteht aber dann, wenn dem Versicherten fachlich-qualitativ ungelernte Tätigkeiten und jedenfalls leichte körperliche, seelische und geistige Belastungen zumutbar sind. Es gibt eine Vielzahl von ungelernten Berufen im inländischen Erwerbsleben; sie stellen gerade keine besonderen Anforderungen an Kenntnisse, fachliche Fähigkeiten, Ausbildung und Berufserfahrung. Einem Versicherten ist die Ausübung einer ungelernten Arbeitstätigkeit grundsätzlich zuzumuten, wenn sein bisheriger Beruf entweder dem Leitberuf des angelernten Arbeiters oder dem des ungelernten Arbeiters zuzuordnen ist (Kasseler Komm., Stand Dezember 2014, § 240 SGB VI, Rn. 101 m.w.N).
Ausweislich der Arbeitgeberauskunft der ... vom 19. August 2008 war der Kläger als Sortierer eingestellt und hat Tätigkeiten verrichtet, die keine Vorkenntnisse erforderten und von betriebsfremden ungelernten Kräften nach kurzer Einweisung verrichtet werden konnten. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, warum die Arbeitgeberauskunft sachlich unzutreffend sein sollte. Der Kläger hat selbst im Fragebogen beim SG unter dem 23. September 2010 noch angegeben, dass er bei der ... als Sortierer tätig gewesen sei. Insoweit er abweichend hiervon hinzufügt, dass er auch Vorarbeiterfunktionen wahrgenommen und Bagger bzw. Maschinen bedient habe, kann dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls kann vor dem Hintergrund seiner Angaben und der eindeutigen Arbeitgeberauskunft nicht davon ausgegangen werden, dass seine Tätigkeit als eine angelernte Tätigkeit mit einer Ausbildungszeit von über einem bis zu zwei Jahren einzustufen wäre. Nur dann wäre nach obigen Grundsätzen eine Verweisungstätigkeit zu benennen. Das SG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass auch in der Zusammenarbeit von ungelernten Kräften jemand die anderen Kräfte einweisen muss. Dies allein führt jedoch nicht dazu, dass dieser einem Mitarbeiter mit einer bis zu zweijährigen Ausbildung gleichgestellt werden müsste. Vor dem Hintergrund dieser Einstufung war der Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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