L 9 R 1825/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 1555/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1825/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. März 2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer großen Witwenrente.

Die 1964 geborene Klägerin begehrt die große Witwenrente aus der Versicherung ihres am 30.09.2015 verstorbenen Ehemannes K. W. (im Folgenden Versicherter).

Der 1961 geborene Versicherte lebte offiziell seit 03.06.2008 gemeinsam mit der Klägerin in einem Haus in N ... Dieses Haus hatten die Klägerin und der Versicherte ausweislich des notariellen Kaufvertrages gemeinsam am 08.05.2005 erworben. Gegenüber der Beklagten hatte der Versicherte in einem auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente gerichteten Verfahren im Jahr 2010 bei einer Begutachtung angegeben, dass er ledig sei und mit einem Partner, den er namentlich nicht nannte, in einem eigenen Haus auf Mietkaufbasis lebe. Bei einer erneuten Begutachtung im Jahr 2011 hatte er erklärt, dass er ledig sei und etwa sechs Jahre zuvor mit einer Bekannten ein ländliches Anwesen übernommen habe. Jeder habe dort sein eigenes Reich und eigene hauswirtschaftliche Versorgung. Da er selbst keine Waschmaschine habe, bringe er seine Wäsche zu seiner Mutter. Man lebe in einer Art Wohngemeinschaft und habe keine besondere freundschaftliche Beziehung zueinander. Die Klägerin hatte ihrerseits in einem eigenen Erwerbsminderungsrentenverfahren im Jahr 2011 angegeben, dass sie alleine lebe.

Ausweislich der vorgelegten medizinischen Unterlagen (vgl. Berichte der Medizinischen Klinik S., Hämatologie, Internistische Onkologie und Palliativmedizin vom 22.08.2014, 03.09.2014, 17.09.2014, 30.09.2014, 26.11.2014, 20.01.2015, 25.02.2015, 25.03.2015, 14.05.2015, 09.06.2015, 08.07.2015, 25.08.2015 und vom 01.09.2015 sowie Bericht der Klinik für Radioonkologie des Universitätsklinikums T. vom 27.04.2015) wurde beim Versicherten im August 2014 die Erstdiagnose eines metastasierenden kleinzelligen Bronchialkarzinoms, retrospektiv ossär metastasiert mit ausgeprägter Lebermetastasierung diagnostiziert. Im Beisein der Klägerin besprach die Medizinische Klinik S. mit dem Versicherten im September 2014 die Erkrankung und das weitere Vorgehen, d.h. die Einleitung einer palliativen Chemotherapie zur Vermeidung eines Leberversagens und der Zunahme der Schmerzsymptomatik (vgl. Bericht vom 17.09.2014). Im November 2014 stellten die dortigen Ärzte eine massive Regredienz des Primärtumors, sowie der mediastinalen Lymphadenopathie und der hepatischen Metastasierung fest. Im März 2015 diagnostizierten diese dann aber eine massive cerebrale Metastasierung mit ausgedehntem hepatischem Progress mit drohendem Leberversagen. Ausweislich der Berichte der Medizinischen Klinik S. wurde umgehend eine Systemtherapie, eine Hirndruck senkende medikamentöse Therapie sowie eine Ganzhirnbestrahlung eingeleitet. Der Allgemeinzustand habe sich stabilisieren lassen, allerdings bestanden laut den Berichten nach wie vor erhebliche Hepatomegalien und eine GGT im vierstelligen Bereich. Im Bericht vom 25.03.2015 wurde festgestellt, dass sich nun ein früher Erkrankungsprogress finde, nachdem zunächst klinisch und laborchemisch eine recht stabile partielle Remission vorgelegen habe. Im Bericht der Strahlenklinik T. vom 27.04.2015 wurde festgehalten, dass der Versicherte im Beisein der Klägerin ausführlich über die Indikation und den Ablauf der geplanten Therapie informiert worden sei und diese sich für eine palliative Radiotherapie entschieden hätten.

Der Versicherte bezog von der Beklagten ab dem 01.09.2014 bis zu seinem Tod eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, zuletzt in Höhe von 441,08 Euro monatlich.

Am 10.07.2015 heirateten die Klägerin und der Versicherte. Am 30.09.2015 erlag der Versicherte im Krankenhaus S. seinem Krebsleiden.

Die Klägerin beantragte am 22.10.2015 bei der Beklagten die Gewährung einer Hinterbliebenenrente. Hierbei gab sie an, dass der Tod ihres Ehemannes plötzlich eingetreten sei. Sie habe nicht mit dessen Tod gerechnet, die Ärzte hätten sich positiv zum Gesundheitszustand ihres Ehemannes geäußert. Sie führte weiter an, dass sie ihren Ehemann gepflegt habe, da dieser im Frühjahr 2015 gesundheitliche Probleme gehabt habe. Er habe sich beispielsweise nicht mehr alleine baden, eincremen und Schuhe binden können. Alles was mit Bücken zu tun gehabt habe, sei ihm schwer gefallen. Dabei habe sie ihn unterstützt und begleitet.

Mit Schreiben vom 25.11.2015 teilte die Klägerin mit, dass der Versicherte und sie bereits seit 23 Jahren ein Paar gewesen seien. Man habe schon nach dem Hauskauf im Jahr 2005 heiraten wollen, dies jedoch immer wieder verschoben, da andere Dinge wie z.B. Renovierungen oder die Schuldentilgung angestanden hätten. Es sei der ausdrückliche Wunsch ihres Ehemannes gewesen, dass, sollte es ihm irgendwann einmal schlechter gehen, sie ihn versorgen solle, so dass man schließlich am 10.07.2015 geheiratet habe. Man habe auch schon einen notariellen Betreuungsvertrag gehabt. Sie fügte dem Schreiben u.a. eine notariell beurkundete Vollmacht des Versicherten vom 13.05.2015 bei, in der dieser die Klägerin bevollmächtigte, ihn in allen Vermögens-, Renten-, Versorgung-, Steuer- und sonstigen Rechtsangelegenheiten zu vertreten. Die Vollmacht umfasste weiter die Bereiche persönliche Angelegenheiten, insbesondere Gesundheitsfürsorge/ freiheitsbeschränkende Maßnahmen/ Zwangsbehandlungen und Aufenthaltsbestimmungsrecht.

Die Beklagte lehnte nach Einholung einer Stellungnahme ihres ärztlichen Dienstes den Antrag auf Gewährung einer Witwenrente mit Bescheid vom 30.12.2015 ab. Die Ehe habe nur wenige Monate und daher weniger als ein Jahr gedauert. Die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe sei nicht widerlegt. Die schwere Erkrankung des Versicherten sei bekannt gewesen, so dass der Tod innerhalb eines Jahres zu erwarten gewesen sei. Die Klägerin habe zwar angegeben, dass die Heirat zur Sicherung der Betreuung/Pflege erfolgt sei. Allerdings sei ein Nichtvorliegen einer Versorgungsehe auch in diesem Fall nur dann gegeben, wenn der Tod des Ehegatten nicht zu erwarten gewesen sei.

Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch und bezog sich zur Begründung im Wesentlichen auf ihren bisherigen Vortrag. Ergänzend führte sie aus, dass die Ärzte nicht gesagt hätten, dass ihr Ehemann bald sterbe. Auch als er am 27.09.2015 zur Chemotherapie mit Schmerztherapie im Krankenhaus stationär aufgenommen worden sei, hätten sich die Ärzte nicht dahingehend geäußert.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2016 als unbegründet zurück. Nach der Stellungnahme ihres medizinischen Dienstes habe bereits bei der Erstdiagnose im April 2014 eine fortgeschrittene, metastasierte Krebserkrankung beim Versicherten bestanden. Nach Fortschreiten der Erkrankung sei im März 2015 eine Palliativsituation eingetreten gewesen, so dass zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem Ableben des Versicherten zu rechnen gewesen sei. Aus den früher gemachten Angaben ergebe sich zudem gerade 2010 bzw. 2011 noch kein partnerschaftliches Zusammenleben, wie jetzt vorgetragen werde. Auch die Tatsache, dass die Klägerin selbst Arbeitslosengeld II beziehe und der verstorbene Ehemann eine Erwerbsminderungsrente bezogen habe, spreche für das Vorliegen einer Versorgungsehe.

Gegen den am 19.05.2016 abgesandten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 20.06.2016 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und im Wesentlichen den Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Sie hat nochmals auf die über einjährige Pflege des Ehemannes hingewiesen und mitgeteilt, dass man 23 Jahre zusammen gewesen sei, es jedoch dazwischen immer wieder längere Trennungsphasen gegeben habe. Im Termin zur mündlichen Verhandlung beim SG am 30.03.2017 hat die Klägerin angegeben, dass man in den 23 Jahren immer wieder getrennt gewesen sei. Durchgehend ein Paar sei man etwa seit Dezember 2013 gewesen. Ihr Mann habe sie immer wieder gedrängt, zu heiraten. Nach der Erstdiagnose habe ihr Ehemann mehrfach Chemotherapie bekommen und es sei ihm recht gut gegangen. Kurz vor Ostern 2015 sei es dann zu einer Art Blackout gekommen. Man habe erst an einen Schlaganfall gedacht. Im Krankenhaus habe sich dann herausgestellt, dass er Metastasen im Gehirn habe. Nach der Bestrahlung im Universitätsklinikum T. sei es ihm wieder besser gegangen, er habe wieder mehr gegessen und auch zugenommen. Die Aufnahme im Krankenhaus im September 2015 sei erfolgt, weil man die Schmerzmedikation von Schmerzpflaster auf Methadon habe umstellen wollen.

Das SG hat der Klage mit Urteil vom 30.03.2017 stattgegeben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab dem 01.10.2015 eine große Witwenrente aus der Versicherung des Versicherten zu gewähren. Die Ehe der Klägerin und des Versicherten habe zwar nur weniger als ein Jahr gedauert und der Versicherte habe zum Zeitpunkt der Eheschließung an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten. Gleichwohl sei die Kammer nach Gesamtwürdigung aller Umstände davon überzeugt, dass aus anderen Gründen als aus Versorgungsgründen geheiratet worden sei. So sei der Wunsch des Verstorbenen, sich von seiner Ehefrau versorgt und gepflegt zu wissen, bestimmend für die Eheschließung gewesen. Auch habe die Klägerin darlegen können, dass man schon lange partnerschaftlich verbunden gewesen sei und die davon abweichenden Angaben im Erwerbsminderungsrentenverfahren erklären können. Zudem sei ein erhebliches eigenwirtschaftliches Interesse der Klägerin, der durchaus bewusst sei, dass eine Witwenrente auf die SGB II- Leistungen angerechnet würde, nicht erkennbar. Die in § 46 Abs. 2a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) aufgestellte Vermutung sei daher als widerlegt anzusehen.

Gegen das ihr am 07.04.2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 05.05.2017 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben und zur Begründung vorgetragen, aufgrund der vorliegenden medizinischen Unterlagen sei davon auszugehen, dass der Gesundheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits so schlecht gewesen sei, dass für die Klägerin und ihn erkennbar gewesen sein musste, dass der Versicherte an einer lebensbedrohlichen Krankheit leide. Den Angaben der Klägerin, dass sie und ihr verstorbener Ehemann 23 Jahre ein Paar gewesen seien, widersprächen die Angaben der Klägerin und des Versicherten bei den Begutachtungen im Erwerbsminderungsrentenverfahren.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. März 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hat zunächst auf den Vortrag im Vorverfahren und beim SG verwiesen. Sie hat ausgeführt, dass man in den Jahren "nicht ohne einander, aber auch nicht miteinander" gekonnt habe. Deshalb sei damals eine Eheschließung nicht in Betracht gekommen. Letztlich habe aber dennoch eine partnerschaftliche Beziehung bestanden. Die Vollmacht sei insbesondere auch deshalb ausgestellt worden, weil der verstorbene Ehemann der Klägerin seine Verwandten komplett aus seinem Leben habe heraushalten wollen. Er habe damit ermöglichen wollen, dass die Klägerin sich vollumfänglich und rechtssicher um alle Angelegenheiten kümmern könne. Sie habe ihn insbesondere auch pflegerisch unterstützt. Zuletzt hat die Klägerin nochmals angemerkt, dass lediglich Außendienstberichte bis 2011 vorlägen. Danach habe das Jobcenter die Angaben der Klägerin und ihres verstorbenen Ehemannes nicht mehr überprüft. Man habe den wechselnden Beziehungsstatus auch nicht gegenüber den Ämtern angeben wollen. Der Wunsch zur Eheschließung sei zumindest bei ihrem Ehemann schon lange vorhanden gewesen. Der Entschluss zur Hochzeit und die "Umsetzung" seien dann allerdings erst kurz vor dem Tod des Ehemannes erfolgt.

Nachdem die Klägerin mitgeteilt hat, dass sie auf die Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils vorläufig bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens verzichte, hat die Beklagte den zunächst gestellten Antrag auf vorläufige Aussetzung der Vollstreckung des Urteils gemäß § 199 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückgenommen.

Auf Nachfrage des Senates hat das Landratsamt T., Kommunales Jobcenter, mitgeteilt, dass die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann erst mit Datum der Heirat als Bedarfsgemeinschaft zusammengefasst worden seien. Zuvor habe es zwar Anzeichen für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft gegeben, man sei aber nach Hausbesuchen in den Jahren 2005, 2009 und 2011 sowie auf Grund der Angaben der Klägerin und des Versicherten letztlich von einer Wohngemeinschaft ausgegangen. Es wurden drei Berichte über die durchgeführten Außendienstbesuche vorgelegt. Aus den Berichten ergibt sich insbesondere, dass die Räumlichkeiten im Haus bis auf Küche und Bad getrennt genutzt wurden. So hatte die Klägerin ein Wohnzimmer im Erdgeschoss und ein Schlafzimmer im ersten Obergeschoss. Das Wohnzimmer und das Schlafzimmer des Versicherten befanden sich ebenfalls im ersten Obergeschoss. Zudem hatten die beiden gegenüber dem Außendienstmitarbeiter des Jobcenters im Jahr 2009 bei einer getrennten Befragung angegeben, dass sie getrennt wirtschafteten. Auch gaben sie an, getrennt zu kochen und zu waschen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, der Klägerin ab dem 01.10.2015 eine große Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes zu gewähren. Der Bescheid der Beklagten vom 30.12.2015 und der Widerspruchsbescheid vom 18.05.2016 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf die Gewährung einer Witwenrente gemäß § 46 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) verneint, weil dieser nach § 46 Abs. 2a SGB VI ausgeschlossen ist.

Nach dem hier einschlägigen § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, grundsätzlich dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 47. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des am 30.09.2015 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI erfüllt hatte. Sie hatte im Zeitpunkt des Todes des Versicherten auch das 47. Lebensjahr vollendet und hat nach dessen Tod nicht wieder geheiratet.

Gemäß § 46 Abs. 2a SGB VI (eingeführt mit Wirkung vom 01.01.2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21.03.2001, BGBl I 403), der nach § 242a Abs. 3 SGB VI für alle ab dem 01.01.2002 geschlossenen Ehen gilt, ist der Anspruch auf Witwenrente allerdings ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, nach den besonderen Umständen des Falles ist die Annahme nicht gerechtfertigt, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Versicherten hat vom 10.07.2015 bis zum 30.09.2015 und damit weniger als ein Jahr gedauert, so dass die Vermutungswirkung des § 46 Abs. 2a SGB VI, es liege eine "Versorgungsehe" vor, die den Ausschluss der Witwenrente nach sich zieht, greift. Die Vermutungswirkung ist vorliegend auch nicht durch "besondere Umstände" i.S.d. § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI widerlegt. Die Widerlegung einer gesetzlichen Vermutung erfordert gemäß § 202 SGG i.V.m. § 292 der Zivilprozessordnung den vollen Beweis des Gegenteils (so schon zu § 38 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz: Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 03.09.1986 - 9a RV 8/84 -, SozR 3100 § 38 Nr. 5). Der damit notwendige Vollbeweis ist nur geführt, wenn das Gericht von der zu beweisenden Tatsache mit einer der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit überzeugt ist. Die nur denkbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist erst bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG, Urteil vom 06.02.2003 - B 7 AL 12/02 R -, juris m.w.N.; BSG, Urteil vom 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R -, SozR 3-3900 § 15 Nr. 3 m.w.N.). Wenn eine solche erforderliche Überzeugung nicht vorliegt, treffen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen denjenigen, der aus der Tatsache einen Anspruch begründen will. Dies ist im vorliegenden Fall die Klägerin, da sie sich auf die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung beruft (vgl. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 103 Rn. 6a und § 118 Rn.6 m.w.N.).

Die Rechtsfolge tritt jedoch dann nicht ein, wenn "besondere Umstände" vorliegen, aufgrund derer trotz der kurzen Ehedauer die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

Der gesetzlich nicht näher definierte Begriff der "besonderen Umstände" gemäß § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Beurteilung der richterlichen Kontrolle unterliegt (BSG, Urteil vom 03.09.1986 - 9a RV 8/84 -). Da die Vorschrift des § 46 Abs. 2a SGB VI bewusst den entsprechenden Vorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung nachgebildet ist, kann an die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Begriff der "besonderen Umstände" in diesen Bestimmungen angeknüpft werden (BSG, Urteil vom 05.05.2009 - B 13 R 55/08 R -, SozR 4-2600 § 46 Nr. 6). Daher sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles als "besondere Umstände" im Sinne des § 46 Abs. 2 a SGB VI anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Maßgebend sind die Beweggründe beider Ehegatten, wobei die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe nur dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die Beweggründe sind in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (BSG a.a.O. m.w.N.). Deshalb reicht es aus, wenn lediglich für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht nachweislich nicht maßgebend gewesen ist. Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw. des Zweckes der Heirat darf nicht stattfinden, da dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme eine Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würden. Allerdings sind die von dem hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung einzustellen (BSG, a.a.O.; Gürtner in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 95. EL Juli 2017, Rn. 46b jeweils m.w.N.).

Die Klägerin konnte unter Anwendung dieser Maßstäbe keine besonderen Umstände im Sinne des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI darlegen, die geeignet sind, die Annahme, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen, zu widerlegen.

Eine wichtige Bedeutung kommt hierbei stets dem Gesundheits- bzw. Krankheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung zu. Litt der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit mit ungünstiger Verlaufsprognose, ist in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a SGB VI nicht erfüllt (BSG, Urteil vom 05.05.2009 a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.10.2012 - L 11 R 392/11 -, juris). Auch bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten ist indes der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet (überwiegend oder zumindest gleichwertig) aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung war. Dementsprechend steigt mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit zugleich der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besonderen Umstände, die von diesem für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe bei einem Versterben des versicherten Ehegatten innerhalb eines Jahres nach Eheschließung angeführt werden (BSG, Urteil vom 05.05.2009, a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, a.a.O.).

Vorliegend litt der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits an einer weit fortgeschrittenen lebensbedrohlichen Erkrankung. Im August 2014 war bei ihm ein metastasierenden kleinzelligen Bronchialkarzinoms, retrospektiv ossär metastasiert mit ausgeprägter Lebermetastasierung diagnostiziert worden (vgl. z.B. Bericht der Medizinischen Klinik S., Hämatologie, Internistische Onkologie und Palliativmedizin vom 22.08.2014). Ausweislich des Berichts vom 17.09.2014 wurde mit dem Versicherten im Beisein der Klägerin die Erkrankung und das weitere Vorgehen, d.h. die Einleitung einer palliativen Chemotherapie zur Vermeidung eines Leberversagens und der Zunahme der Schmerzsymptomatik besprochen. Eine palliative Chemotherapie hat nicht das Ziel, den bösartigen Tumor zu beseitigen, sondern das Tumor- oder Metastasenwachstums einzuschränken mit dem Ziel, die Lebensqualität zu verbessern und evtl. die Lebenszeit zu verlängern (vgl. Birkefeld in Pschyrembel online, Stand: 27.04.2017). Schon bereits zu diesem Zeitpunkt muss also dem Versicherten bekannt gewesen sein, dass er an einer lebensbedrohlichen Erkrankung litt. Da auch die Klägerin bei dem Aufklärungsgespräch zur weiteren Behandlung dabei war, war auch sie über die Krankheit des Versicherten informiert. Auch wenn es zwischenzeitlich erfreulicherweise zu einer Regredienz des Primärtumors, sowie der mediastinalen Lymphadenopathie und der hepatischen Metastasierung gekommen war (vgl. Bericht vom 20.11.2014), so wurde im März 2015 eine massive cerebrale Metastasierung mit ausgedehntem hepatischem Progress mit drohendem Leberversagen festgestellt. Nach einem Aufklärungsgespräch, bei dem die Klägerin ebenfalls wieder anwesend war, erfolgte eine Palliativbestrahlung des Gehirns in der Universitätsklinik T ... Eine solche Palliativbestrahlung zielt auf Metastasierungs- und Wachstumsreduzierung bösartiger Tumoren ab, wobei jedoch von vorneherein klar ist, dass eine Heilung des Tumorleidens unmöglich ist (vgl. Volker Birkefeld, a.a.O.). Die behandelnden Onkologen stellten daraufhin fest, dass sich der Allgemeinzustand des Versicherten dadurch habe stabilisieren lassen, allerdings wurden nach wie vor erhebliche Hepatomegalien und eine GGT im vierstelligen Bereich vermerkt (vgl. Bericht vom 25.08.2015). Alles in allem finde sich nun ein früher Erkrankungsprogress. Der Senat ist aufgrund dieser medizinischen Unterlagen überzeugt, dass sowohl dem Versicherten als auch der Klägerin der lebensbedrohliche Gesundheitszustand bekannt war. Der Senat verkennt hierbei nicht, dass die behandelnden Ärzte dem Versicherten nach Angaben der Klägerin immer wieder Mut machten. Denn auch die nachvollziehbare Hoffnung auf Genesung schließt das Wissen um eine tödliche Erkrankung nicht aus (vgl. hierzu auch Bayrisches LSG, Urteil vom 13.07.2011 L 19 R 498/09 -, juris). Aufgrund dieser bereits weit fortgeschrittenen lebensbedrohlichen Erkrankung wären hier also gewichtige Umstände zu fordern, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, von deren Vorliegen der Senat sich indes nicht überzeugen konnte.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zu den "besonderen Umständen" i.S.d. § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI vorgetragen, dass maßgeblich für die Eheschließung gewesen sei, dass ihr verstorbener Ehemann den ausdrücklichen Wunsch gehabt habe, von der Klägerin betreut und vertreten zu werden. Er habe insbesondere auch verhindern wollen, dass seine weiteren Familienangehörigen sich in die Betreuung einmischen, da er Angst gehabt habe, dass diese ihn nicht nach seinen Wünschen versorgen. Die Klägerin machte zudem mehrmals deutlich, dass sie ihn seit der Erstdiagnose im August 2014 gepflegt habe. Auch seien sie und der Versicherte bereits seit 23 Jahren ein Paar gewesen und man habe wiederholt über Heirat nachgedacht, aber es sei immer wieder etwas dazwischen gekommen.

Soweit die Klägerin hier auf den Wunsch des Verstorbenen nach umfassender Pflege und Betreuung durch sie hinweist, ist zu beachten, dass es sich nach der Rechtsprechung des BSG um eine sog. Pflegeehe handeln kann, wenn die Heirat zur Sicherung der zu Lebzeiten erforderlichen Betreuung bzw. Pflege des ständig auf Pflege angewiesenen Versicherten erfolgt. Eine solche Pflegeehe kann nicht ohne Weiteres mit einer Versorgungsehe gleichgesetzt werden (BSG, Urteil vom 03.09.1986 - 9a RV 8/84 - Rn. 18, juris; Steiner, SGb 2015, 589, 593). Das BSG begründet dies mit dem vorrangigen Wunsch eines Pflegebedürftigen, mit der Heirat seine persönliche Situation zu verbessern (BSG, a.a.O.). Der zu Pflegende erlange mit der Eheschließung und der Begründung einer ehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne des § 1353 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unschätzbare Vorteile, da Ehegatten einander zu Beistand in allen Lebenslagen – so auch zu gegenseitiger Pflege – verpflichtet sind. Im Vergleich mit einer zur Verfügung stehenden fremden Pflegekraft unterliege die Pflege durch den Ehepartner keiner bestimmten zeitlichen Beschränkung, sei auch in Notfällen rund um die Uhr sichergestellt und unterliege auch hinsichtlich der Aufgabenzuweisung keinen Begrenzungen. Bereits diese legitime Intention des Pflegebedürftigen genüge, um zu widerlegen, dass alleiniger bzw. überwiegender Zweck der Eheschließung die Hinterbliebenenversorgung war. Hier kann aber keine solche "Pflegeehe" angenommen werden. Unabhängig davon, dass es im Nachhinein schwer sein dürfte, die Motive des Verstorbenen für die Heirat zu ermitteln, scheitert das Vorliegen einer solchen Pflegeehe bereits daran, dass unabdingbare Voraussetzung für die Annahme sog. Pflegeehe ist, dass die Zeitspanne der ehebedingt geschuldeten Pflege nicht von vorneherein gänzlich unbedeutend erscheinen darf. Im Zeitpunkt der Eheschließung dürfen deshalb die tödlichen Folgen einer Krankheit nicht bereits vorhersehbar gewesen sein (vgl. BSG, a.a.O.). Dies war hier gerade nicht der Fall. Hier waren spätestens im Frühjahr 2015 mit der festgestellten Ausbreitung der Erkrankung auch auf das Gehirn und damit auch zum Zeitpunkt der Eheschließung im Juli 2015 die tödlichen Folgen der Erkrankung des Versicherten vorhersehbar.

Soweit die Klägerin weiterhin mehrfach betont hat, dass es dem Verstorbenen neben der Pflege vor allem wichtig gewesen sei, durch die Heirat sicherzustellen, dass sie ihn betreue und vertrete und er seine Verwandten bewusst aus der Betreuung habe heraus halten wollen, so wäre eine Heirat hierfür nicht erforderlich gewesen. Diesen Wunsch hat der Versicherte nämlich schon vor der Heirat realisiert, indem er seiner späteren Ehefrau, der Klägerin, bereits im Mai 2015 eine (umfassende) Vorsorgevollmacht erteilt hat, die diese nicht nur dazu berechtigte, den Versicherten in vermögensrechtlichen Angelegenheiten zu vertreten, sondern auch im Bereich der Gesundheitsfürsorge. Schon hierdurch war sichergestellt, dass die Klägerin sich umfassend um die Angelegenheiten des Verstorbenen kümmern konnte. Es bestand deshalb weder für die Klägerin noch für den Versicherten eine Notwendigkeit, allein aus diesem Grund die Ehe einzugehen (vgl. zum ähnlich gelagerten Vorbringen, durch die Heirat besser Auskunftsrechte gegenüber Ärzten zu erlangen, Hessisches LSG, Urteil vom 17.11.2006 - L 5 R 19/06 - Rn. 47, juris).

Die Annahme einer Versorgungsehe lässt sich vorliegend auch nicht durch langjährige Heirats-absicht entkräften. Langjährige Heiratsabsichten können nur dann die Vermutung der Versorgungsehe widerlegen, wenn sie hinreichend konkret sind und sich als die konsequente Verwirklichung einer schon vor Bekanntwerden der Erkrankung gefassten Heiratsabsicht darstellen (Hes-sisches LSG, Urteil vom 16.09.2014 - L 2 R 140/13 -; Bayerisches LSG, Urteil vom 23.07.2003 - L 2 U 360/01 - und vom 20.02.2013 - L 1 R 304/11 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2010 - L 11 R 1116/08 -; jeweils in juris). Lediglich abstrakte Pläne zur Heirat ohne entsprechende Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin reichen nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.10.2012 - L 11 R 392/11 -). Vorliegend konnte sich der Senat schon nicht von abstrakten Plänen zur Heirat überzeugen. Die Klägerin hat zwar vorgetragen, dass man bereits über 23 Jahre ein Paar gewesen sei und man schon zuvor den Wunsch gehegt habe, zu heiraten. Auf der anderen Seite haben sowohl sie als auch ihr verstorbenen Ehemann bei den Begutachtungen durch die Beklagte im Jahr 2010 bzw. 2011 ein partnerschaftliches Zusammenleben gerade nicht berichtet, sondern vielmehr ausdrücklich verneint. Auch gegenüber dem Kommunalen Jobcenter des Landkreises Tuttlingen, von welchem beide Leistungen bezogen haben, wurde der andere jeweils nicht als (eheähnlicher) Partner angegeben. Bei den vom Jobcenter in den Jahren 2005, 2009 und 2011 durchgeführten Hausbesuchen lagen weder objektive Anzeichen (Aufteilung und Nutzung der Wohnung) noch Angaben der beiden vor, die das Bestehen einer partnerschaftlichen Beziehung hätten belegen können. Vielmehr haben die Klägerin und der Versicherte hier betont, dass man nicht als Paar, sondern als Wohngemeinschaft zusammenlebe und auch getrennt wirtschafte und sich getrennt versorge. Beide haben dann über Jahre hinweg jeweils die Leistungen für Alleinstehende bezogen. Die Klägerin hat zu diesen Unstimmigkeiten erklärt, dass es immer wieder Phasen der Trennung gegeben habe. Man habe nicht voneinander lassen können, aber auch nicht miteinander gekonnt. Damit erscheint allerdings die Behauptung konkreter Heiratspläne bereits nach dem Hauskauf 2005 als widerlegt. Auch hätte dieses Zusammenleben im Rahmen des Leistungsbezuges nach dem SGB II berücksichtigt werden müssen. Somit lassen sich hieraus gerade noch keine so konkreten Heiratspläne ableiten als dass die nun vollzogene Hochzeit lediglich die Verwirklichung dieser Pläne gewesen wäre. Wenn es jemals zuvor solche Pläne gab, sind sie jeweils zwischenzeitlich wieder endgültig aufgegeben worden. Vielmehr dürften die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann in der Vergangenheit gerade nicht die Absicht gehabt haben, in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammenzuleben und "wie in einer Ehe füreinander einzustehen". Dies spricht vielmehr dafür, dass die Hochzeit konkret erst mit der Erkrankung des Versicherten ins Auge gefasst wurde. Dies hat die Klägerin letztlich in ihrem am 07.11.2017 vorgelegten Schreiben bestätigt, in dem sie angegeben hat, dass - auch wenn der Wunsch zu heiraten zumindest bei ihrem Ehemann bereits länger bestanden habe - man den Entschluss zur Hochzeit erst kurz vor dem Tod getroffen habe. Die Klägerin hat auch keinen außenstehenden Dritten, z.B. aus dem sozialen Umfeld der Klägerin und des Versicherten benannt, um konkrete Heiratspläne zu bestätigen. Sonstige Beweismittel (schriftliche Zeugnisse des Versicherten, Schriftverkehr mit Behörden über eine beabsichtigte Eheschließung o.ä.) liegen ebenfalls nicht vor. Auch der Text der notariell beurkundeten Vorsorgevollmacht des Versicherten im Mai 2015 nimmt keinen Bezug auf mögliche Heiratspläne. Es gibt also außer den eigenen Angaben der Klägerin keine objektiven Beweismittel, aus denen sich der Senat eine Überzeugung im Sinne des klägerischen Vortrags hätte bilden können.

Der Ausschlusstatbestand des § 46 Abs. 2a SGB VI wird schließlich nicht dadurch widerlegt, dass die Hinterbliebenenrente des SGB VI nur eine geringfügige Höhe ergeben würde und dass diese auf die von der Klägerin derzeit bezogenen Leistungen nach dem SGB II voll angerechnet würden. Zum einen darf das Versorgungsniveau des Hinterbliebenen vor der Eheschließung nur in gradueller Hinsicht von Bedeutung sein, da ansonsten allein dieses entscheidend für die Anwendbarkeit des Ausschlusstatbestandes wäre (Hessisches LSG, Urteil vom 17.11.2006 - L 5 R 19/06 -, Rn. 45, juris). Zum anderen ist aufgrund des Alters der Klägerin (sie ist 1964 geboren) nicht auszuschließen, dass sie - auch wenn sie derzeit Arbeitslosengeld II bezieht - selbst eigene Versorgungsansprüche erworben hat bzw. noch erwerben wird, so dass sie zumindest in Zukunft von einer zu gewährenden Witwenrente profitieren wird. Zu beachten war hier weiter auch, dass § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI nicht alleine auf den Erhalt einer Hinterbliebenenrente nach dem SGB VI abstellt, sondern auf jeglichen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung. Damit kann von einer "Versorgungsehe" bereits dann gesprochen werden, wenn der Hinterbliebene mit solchen privatrechtlichen (z.B. erbrechtlichen, privatversicherungsrechtlichen), sozialrechtlichen oder sonstigen (z.B. öffentlich-rechtlichen, versorgungsrechtlichen) Ansprüchen ausgestattet werden soll, dass dieser nach dem Tod des Versicherten - zumindest in geringem Grad - finanziell versorgt ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.04.2011 - L 13 R 203/11 -, juris). Vorliegend haben die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann gemeinsam im Jahr 2005 das von der Klägerin auch nach dem Tod des Versicherten bewohnte Haus erworben. Durch die Heirat ist die erbrechtliche Stellung der Klägerin bezüglich des Miteigentumsanteils des Versicherten deutlich verbessert worden. Nach Angaben der Klägervertreterin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14.11.2017 ist vorliegend die gesetzliche Erbfolge eingetreten. Damit ist die Klägerin als überlebende Ehefrau nach § 1931 i.V.m. 1926 BGB neben den Eltern des Klägers, der keine eigenen Kinder hat, zur Hälfte als gesetzliche Erbin berufen. Darüber hinaus würden - sollte der Versicherte doch durch ein Testament seine Eltern vom Erbe ausgeschlossen und die Klägerin als Alleinerbin eingesetzt haben - die Pflichtteilsansprüche der Eltern (vgl. § 2303 Abs. 2 BGB) durch die Heirat auf ein Viertel reduziert. Weiter ist die erbrechtliche Stellung im Hinblick auf die Freibeträge für Ehegatten im Erbschaftssteuerrecht nicht unerheblich verbessert worden. Dies ist als Element der Hinterbliebenenversorgung zu berücksichtigen.

Nach alledem konnte im Rahmen einer Gesamtabwägung aller Umstände die Vermutung des § 46 Abs. 2a SGB VI nicht widerlegt werden, so dass es beim Ausschluss des Anspruchs der Klägerin auf eine (große) Witwenrente bleibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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