L 32 AS 1345/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 193 AS 18583/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 1345/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. März 2013 geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 31. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2011 verpflichtet, unter Abänderung des Bescheides vom 2. November 2010 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 26. März 2011 dem Kläger als weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung 746,10 Euro zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu 85 v. H. zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von dem Beklagten für März 2011 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung von 928,31 Euro.

Der 1958 geborene Kläger bewohnt seit Januar 2002 eine 58,97 m2 große Wohnung in der Gstraße in B in einem Gebäude mit einer Gesamtwohnfläche von 3 225 m2, die mit einer Zentralheizung und zentralen Warmwasserversorgung ausgestattet ist. Fällige Nachforderungen aus Betriebskostenabrechnungen sind nach dem Mietvertrag jeweils innerhalb eines Monats nach Vorlage der Abrechnung zu entrichten.

Ab 1. Januar 2005 belief sich die Gesamtmiete auf 425,80 Euro monatlich (310,76 Euro Miete, 63,91 Euro Betriebskostenvorauszahlung, 51,13 Euro Heiz- und Warmwasserkostenvorauszahlung).

Mit Schreiben vom 30. Mai 2007 teilte der Beklagte dem Kläger mit, die Höhe der Mietkosten sei daraufhin zu überprüfen, ob sie angemessen sei. Als Richtwert bei einem Einpersonenhaushalt gälten 360,00 Euro Bruttowarmmiete (inklusive Heizungskosten) als angemessen. Die Prüfung habe ergeben, dass die Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft den angemessenen Umfang überstiegen. Die Kosten der Unterkunft würden für die Dauer eines Jahres ab Beginn des Leistungsbezuges in tatsächlicher Höhe übernommen. Sollte keiner der (in diesem Schreiben im Einzelnen) vorgenannten Gründe zutreffen, ergäbe sich daraus, dass der Kläger die derzeitigen Kosten der Unterkunft künftig senken müsse. Dies könne er in der Weise tun, indem er beispielsweise untervermiete, mit dem Vermieter über eine reduzierte Miete verhandle oder Einkommensfreibeträge einsetze. Es stehe ihm auch frei, sich um neuen, angemessenen Wohnraum zu bemühen. Der Beklagte erklärte sich bereit, die tatsächlichen Kosten der Unterkunft nicht länger als sechs Monate nach Zugang dieses Schreibens zu übernehmen.

Seit 15. November 2007 ist der Kläger bei der W Gstraße in B als Hausmeister mit einem Aushilfslohn von 100,00 Euro monatlich (Brutto = Netto) beschäftigt.

Mit den nachfolgenden Bescheiden vom 23. November 2007, vom 30. Mai 2008 und vom 28. November 2008 hatte der Beklagte dem Kläger Kosten für Unterkunft und Heizung nur noch in Höhe von 360,00 Euro monatlich für die Zeit vom 1. Dezember 2007 bis 31. Mai 2009, mit Änderungsbescheid vom 8. April 2009 unter Bezugnahme auf die Ausführungsvorschriften der Senatsverwaltung Berlin vom 22. Februar 2009 und mit Bescheid vom 9. Juni 2009 für die Zeit vom 1. März 2009 bis 30. November 2009 in Höhe von 378,00 Euro monatlich gewährt.

Mit Bescheid vom 23. November 2009 hatte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. Dezember 2009 bis 31. Mai 2010 in Höhe von 737,00 monatlich (359,00 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts, 378,00 Euro für Unterkunft und Heizung) bewilligt.

Vom 1. Januar 2010 bis 30. September 2010 übte der Kläger neben seiner Beschäftigung als Hausmeister eine Beschäftigung als Maler mit einem monatlichen Bruttogehalt von 2 200,00 Euro und einem Nettogehalt von 1.462,43 Euro, fällig jeweils am Monatsende, aus. Nachdem dies der Kläger am 28. Dezember 2009 angezeigt hatte, war ihm vom Beklagten mit Schreiben vom 30. Dezember 2009 mitgeteilt worden, dass die Leistung zur Vermeidung von Überzahlungen zum 1. Februar 2010 vorerst gestoppt worden sei. Der Bescheid vom 23. November 2009 ist von dem Beklagten bisher nicht geändert oder aufgehoben worden.

Mit Bescheid vom 2. November 2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger auf dessen Antrag Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Oktober 2010 bis 31. März 2011 in Höhe von 737,00 Euro monatlich (359,00 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts, 378,00 Euro für Unterkunft und Heizung). Er wies darauf hin, dass als Kosten der Unterkunft inklusive der Heiz- und Betriebskosten nur 378,00 Euro als angemessen berücksichtigt würden, und nahm insoweit Bezug auf das Schreiben vom 30. Mai 2007.

Am 24. März 2011 beantragte der Kläger unter Vorlage der Betriebskostenabrechnung vom 24. Februar 2011 und der Abrechnung für Heizung und Warmwasser vom 9. März 2011 (jeweils für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2010) deren Übernahme.

Mit Änderungsbescheid vom 26. März 2011 setzte der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 31. März 2011 auf 742,00 Euro monatlich (364,00 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts, 378,00 Euro für Unterkunft und Heizung) fest.

Mit Bescheid vom 31. März 2011 lehnte der Beklagte den Antrag auf Übernahme der Betriebs- und Heizkostenabrechnung für den Abrechnungszeitraum 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2010 ab: Die angemessene Bruttowarmmiete für einen Einpersonenhaushalt betrage 378,00 Euro monatlich. Da sich der Kläger trotz der gegebenen Hinweise nicht dazu entschlossen habe, in eine günstigere Wohnung zu ziehen, komme die Anerkennung eines zusätzlichen Bedarfs an nachträglich vom Vermieter abgerechneten Betriebs- und Heizkosten nicht in Betracht.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, die Begrenzung auf die Angemessenheitsgrenze stelle eine Ungleichbehandlung zu Leistungsempfängern dar, die nur unwesentlich unter dieser Angemessenheitsgrenze Kosten für Unterkunft und Heizung hätten und daher nicht abgesenkt würden. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 33/08 R – sei zudem die Bildung einer Gesamt-angemessenheitsgrenze unzulässig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück: Der Kläger bewohne eine unangemessen teure Wohnung. Die Miete sei daher ab 1. Dezember 2007 auf das nach der den Leistungsträger bindenden AV Wohnen angemessene Maß von 360,00 Euro, ab 1. März 2009 378,00 Euro monatlich festgesetzt worden. Werde nur eine angemessene Miete berücksichtigt, so könnten darüber hinausgehende Kosten nicht übernommen werden.

Dagegen hat der Kläger am 14. Juli 2011 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben.

Er hat sein Begehren weiter verfolgt und darüber hinaus vorgetragen, der Beklagte habe ferner nicht berücksichtigt, dass ihm ein Umzug nicht zumutbar gewesen sei. Er gehe gegenüber seinem Vermieter einer Nebentätigkeit als Hausmeister nach und erziele im Rahmen dieser Tätigkeit ein Erwerbseinkommen in Höhe von 100,00 Euro monatlich. Bei einem Auszug aus der Wohnung würde er diese Tätigkeit nicht mehr ausüben können. Die Nebenkostenabrechnung sei bisher nicht beglichen. Bei der Wohnung handele es sich um eine im Erdgeschoss liegende Ladenwohnung mit einem großen Schaufenster und weiteren Fenstern. Unter der Ladenfläche sei ein unbeheizter Keller. Seine Wohnung werde mit einer Ölzentralheizung beheizt.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 31. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 2. November 2010 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 26. März 2011 abzuändern und ihm weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 1 218,52 Euro für März 2011 zu bewilligen

Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die Heizkosten mit insgesamt 1 835,32 Euro und damit 31,12 Euro je Quadratmeter weit über den als maximal anzusehenden Heizkostenwerten lägen. Der Grenzwert für unangemessenes Heizen liege für das Jahr 2010 bei 17,90 Euro je Quadratmeter (Fernwärme, über 1000 m2 Gesamthausfläche).

Mit Urteil vom 15. März 2013 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 31. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2011 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, den Bescheid vom 2. November 2010 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 26. März 2011 abzuändern und dem Kläger weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 290,21 Euro für März 2011 zu bewilligen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen: Ob dem Kläger ein Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung des einmaligen Bedarfs für Unterkunft und Heizung aus der Heizkostennachforderung zustehe, beurteile sich nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die Nachforderung aus einer Heiz- und Nebenkostenabrechnung sei grundsätzlich als Bedarf für Unterkunft und Heizung in dem Monat ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 22. März 2010 – B 4 AS 62/09 R , juris Rn. 13; Urteil vom 24. November 2011 – B 14 AS 121/10 R , juris Rn. 14 ff.). Da der Beklagte den Kläger bereits im Jahr 2007 zur Senkung seiner Kosten der Unterkunft und Heizung aufgefordert gehabt habe, sei die Nachforderung aus der Heiz- und Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2010 nur insoweit zu berücksichtigen, als diese angemessen gewesen sei. Ob Heizkosten unangemessen hoch seien, könne anhand der Richtwerte, die sich aus der Anwendung repräsentativer kommunaler oder – soweit diese für das Gebiet des jeweiligen Trägers fehlten – bundesweiter Heizspiegel ergeben, ermittelt werden. Dabei indiziere ein Überschreiten der ungünstigsten Verbrauchskategorie des Heizspiegels unangemessene Heizkosten (BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R , juris Rn. 50 ff.). Für die Bestimmung des Richtwertes aufgrund des bundesweiten Heizspiegels seien zunächst der Energieträger und die insgesamt zu beheizende Fläche des Hauses zu ermitteln, in dem die betreffende Wohnung gelegen sei. Vorliegend sei die maximal angemessene Fläche für einen Einpersonenhaushalt von 50 m2 mit dem Grenzwert aus dem Heizspiegel 2011, welcher die Daten des Jahres 2010 abbilde, d. h. 16,70 Euro (für Gebäude mit einer Fläche über 1000 m2 und Ölheizung), zu multiplizieren. Dies ergebe vorliegend einen Betrag von 835,00 Euro. Im vorliegenden Fall bestünden zwar gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Wohnung schlecht zu heizen sei. Sie befinde sich im Parterre (über dem Keller) und verfüge nach den Angaben des Klägers nur über Einfachverglasung. Gleichwohl seien keine Kosten über die abstrakte Angemessenheitsgrenze hinaus zu übernehmen, denn bei der Angemessenheit handele es sich um einen objektiven Maßstab. Ein Vorwurf des unwirtschaftlichen Heizens sei hiermit nicht verbunden und auch nicht erforderlich. Das Überschreiten der angemessenen Unterkunftskosten sei ebenfalls nicht notwendigerweise von dem Leistungsberechtigten zu vertreten. Es seien auch nicht etwa ausnahmsweise unangemessene Heizkosten hinzunehmen, weil es dem Kläger nicht zuzumuten wäre, aus der Wohnung auszuziehen. Soweit der Kläger darauf verweise, dass er seinen Mini Job als Hausmeister verlieren würde, könne dies die Übernahme von weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung über die Grenze der Angemessenheit hinaus in derselben Höhe kaum rechtfertigen. Der Kläger werde sich daher, wenn er in seiner Wohnung verbleiben möchte, um eine Ausweitung der Tätigkeit oder um eine Minderung seiner Miete bei seinem Vermieter bemühen müssen. Von den so ermittelten angemessenen jährlichen Heizkosten in Höhe von 835,00 Euro seien die vom Kläger bereits erbrachten Vorauszahlungen abzuziehen. Diese hätten im Jahr 2010 613,56 Euro (51,13 Euro x 12) betragen. Zu beachten sei hierbei allerdings, dass die Abrechnung die Kosten für Heizung und Warmwasser gemeinsam erfasst habe und keine konkrete Erfassung der Kosten der Warmwasserbereitung erfolgt sei. Die Vorauszahlung des Jahres 2010 umfasste so auch die nach der damaligen Rechtslage bei zentraler Warmwasserversorgung vom Regelsatz umfassten und damit vom Leistungsberechtigten zu tragenden Warmwasserpauschale in Höhe von monatlich 6,47 Euro (= 77,64 Euro). Dieser Betrag sei daher zu dem jährlichen Angemessenheitsgrenzwert, welcher sich ausschließlich auf die Heizkosten, nicht aber die Kosten der Warmwasserbereitung beziehe, hinzuzurechnen. Dies ergebe einen Betrag von 299,08 Euro (835,00 Euro + 77,64 Euro – 613,56 Euro). Dieser Betrag sei nicht um eine etwaige im Abrechnungsjahr erfolgte Überzahlung zu reduzieren. Der Kläger hätte zwar lediglich die im Jahr 2010 angemessene Bruttokaltmiete in Höhe von 308,50 Euro (dazu Schifferdecker/Irgang/Silbermann, Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 2010, Seite 39) zuzüglich der Vorauszahlung für die Heizkosten in Höhe von 51,13 Euro und abzüglich der Warmwasserpauschale in Höhe von 6,47 Euro, also insgesamt 353,16 Euro, beanspruchen können, während ihm tatsächlich 378,00 Euro bewilligt worden seien. Die bewilligenden Bescheide seien zwischenzeitlich jedoch sämtlich bestandskräftig. Neben der teilweisen Berücksichtigung der Neben- und Heizkostenabrechnung in Höhe von 299,08 Euro als einmaligen Bedarf für Unterkunft und Heizung habe der Kläger weiterhin Anspruch auf Berücksichtigung des laufenden Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von 369,12 Euro. Dies entspreche der im März fälligen Miete, soweit dies angemessen gewesen sei. Ob die Aufwendungen für die Wohnung angemessen seien, sei nicht anhand der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung (AV Wohnen) zu bestimmen (Hinweis auf Rechtsprechung des BSG). Die Angemessenheitsprüfung setze vielmehr eine Einzelfallprüfung voraus und habe für die Unterkunftskosten und die Heizkosten getrennt zu erfolgen. Die Kammer sei in der Lage, anhand eines eigenen schlüssigen Konzepts die in Berlin angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung durch Auswertung der Mietspiegeldaten zu bestimmen. Zur Bestimmung des angemessenen Mietzinses stütze sich die Kammer auf den qualifizierten Mietspiegel des Landes Berlin vom Mai 2011 (Amtsblatt für Berlin 2011, Nr. 22 vom 30. Mai 2011). Dabei ergebe sich ein durchschnittlicher, abstrakt angemessener Kaltmietwert für Wohnungen von 40 bis unter 60 m2 von monatlich 4,92 Euro je Quadratmeter. Der Berechnung der kalten Betriebskosten lege die Kammer den in der Anlage 1 zum Mietspiegel genannten Durchschnittswert von 1,44 Euro je Quadratmeter für kalte Betriebskosten zugrunde. Aus dem Produkt von angemessener Wohnfläche und der Summe aus angemessener Kaltmiete und angemessenen kalten Betriebskosten je Quadratmeter ergebe sich eine abstrakt angemessene Bruttokaltmiete pro Monat für eine Person von 50 m2 x 6,36 Euro (4,92 Euro + 1,44 Euro) = 318,00 Euro. Zu der so ermittelten Bruttokaltmiete sei die laufende Vorauszahlung für die Heiz- und Warmwasserkosten in Höhe von 51,13 Euro hinzuzurechnen, so dass insgesamt 369,13 Euro zu berücksichtigen seien. Zuzüglich des Regelbedarfs in Höhe von 359,00 Euro und des einmaligen Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von 299,08 Euro ergebe sich so ein Anspruch auf Leistungen für März 2011 in Höhe von 1 027,21 Euro. Abzüglich der bereits bewilligten und erbrachten Leistungen in Höhe von 737,00 Euro verbleibe ein Anspruch auf weitere Leistungen in Höhe von 290,21 Euro. Soweit der Kläger die Zahlung weiterer 928,31 Euro begehre, sei die Klage abzuweisen.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 23. April 2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 23. Mai 2013 eingelegte Berufung des Klägers, die im Juli 2015 begründet wurde.

Er weist erneut darauf hin, dass er in einer zwei Zimmer großen Ladenwohnung im Erdgeschoss wohne. Der kleinere Wohnraum habe Doppelkastenfenster. Flur und Küche hätten Holzisofenster. Der große Wohnraum sei lediglich einfach verglast (Ladenwohnung mit Vollverglasung). Die Höhe der Heizkosten sei nach den konkreten Umständen des besonderen Einzelfalles angemessen. Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes der Angemessenheit sei insbesondere § 1 SGB II heranzuziehen. Danach solle die Grundsicherung für Arbeitssuchende es den Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspreche. Dazu zähle insbesondere auch gerade die Unterstützung der Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit. Dass dies allein eine Erwerbstätigkeit sei, die zu einer erheblichen Senkung der Leistungen der Leistungsträger führe, habe der Gesetzgeber ausdrücklich nicht vorgeschrieben. Eine Erwerbstätigkeit könne erheblich dazu beitragen, die Erwerbsfähigkeit einer hilfebedürftigen Person zu erhalten. Der ausstehende Anspruch errechne sich aus der Nachzahlung von 1 341,10 Euro abzüglich eines Guthabens in Höhe von 122,58 Euro und der vom Sozialgericht zugesprochenen 290,21 Euro.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. März 2013 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 31. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2011 zu verpflichten, den Bescheid vom 2. November 2010 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 26. März 2011 zu ändern und ihm weitere Leistungen in Höhe von 928,31 Euro zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist auf die überzeugenden Ausführungen im angefochtenen Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten (944 06 BG 0046044), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage, soweit darüber im Berufungsverfahren noch zu entscheiden ist, zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Der Bescheid vom 31. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2011 ist rechtswidrig und verletzt der Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat Anspruch darauf, dass der Beklagte den Bescheid vom 2. November 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. März 2011 ändert und ihm als weitere Leistungen der Unterkunft und Heizung 746,10 Euro gewährt.

Rechtsgrundlage für die Änderung des Bescheides vom 2. November 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. März 2011 ist § 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3 SGB II (in der ab 1. April 2011 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 – BGBl. I 2011 Seite 850) – a. F. – i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB II und § 48 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 3 SGB X.

Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II gilt für das Verfahren nach diesem Buch das Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), wobei nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II die Vorschriften des SGB III über die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Abs. 2, 3 Satz 1 und 4 SGB III) entsprechend anwendbar sind (so auch schon § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung).

§ 330 Abs. 3 SGB III bestimmt: Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben.

Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Wegen § 330 Abs. 3 SGB III ist der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruches geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraums (§ 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X).

Die genannten Voraussetzungen liegen vor.

In den tatsächlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Bescheides vom 2. November 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. März 2011, einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, vorgelegen haben, ist eine wesentliche Änderung eingetreten, denn nach der Betriebskostenabrechnung vom 24. Februar 2011 ist eine Nachzahlung von 122,58 Euro und nach der Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung vom 9. März 2011 ist eine Nachzahlung von 1 341,10 Euro vom Kläger zu zahlen, die nach dem Mietvertrag (§ 4 Ziffer 3 letzter Absatz, § 6 Buchstabe C) innerhalb eines Monats nach Vorlage der Abrechnung, also spätestens im März 2011 fällig wurden. Der Kläger wurde infolge dieser Nachzahlungsbeträge in größerem Umfang als bisher hilfebedürftig. Der Übernahme dieser Nachzahlungsbeträge steht eine Obliegenheit des Klägers zur Kostensenkung nicht entgegen.

Der Kläger erfüllte die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II (also mindestens das 65. Lebensjahr) noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte; als erwerbsfähige Hilfebedürftige in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung des SGB II bezeichnet).

Der 1958 geborene Kläger, der sich damit in den Grenzen der maßgebenden Lebensjahre befand, war erwerbsfähig, wie seine Beschäftigungen als Maler vom 1. Januar 2010 bis 30. September 2010 und als Hausmeister belegen. Der Kläger hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Er war auch nach § 9 Abs. 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 20. Juli 2006 (BGBl. I 2006, 1706) bzw. in der o. g. Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 hilfebedürftig, denn er konnte seinen Lebensunterhalt nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern. Der Senat verweist dazu auf die zutreffende Berechnung im Bescheid vom 2. November 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. März 2011.

Der Kläger hatte damit Anspruch auf Arbeitslosengeld II.

Nach § 19 Abs. 1 Sätze 1 und 3 SGB II in der zum 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes vom 24. März 2011 (BGBl. I 2011, 453) gilt: Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten Arbeitslosengeld II. Die Leistungen umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung.

Der Senat hat allerdings ausschließlich über die Bedarfe für Unterkunft und Heizung zu entscheiden, denn nur deren Überprüfung ist beantragt. Die Beschränkung des Klagebegehrens ist zulässig, denn die Entscheidung über die Kosten der Unterkunft und Heizung stellt (auch weiterhin) eine von der übrigen Regelung im Bescheid über die Gewährung von Arbeitslosengeld II abtrennbare Verfügung im Sinne eines eigenständigen Verwaltungsaktes dar (BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 42/13 R, Rdnr. 10, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 78; BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R, Rdnr. 18, abgedruckt in BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1).

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.

Eine geforderte Nachzahlung aus einer Heiz- und/oder Nebenkostenabrechnung zählt zu den Kosten der Unterkunft und Heizung. Es handelt sich dabei zwar nicht um eine laufende, sondern um eine einmalige Leistung. § 22 Abs. 1 SGB II erfasst jedoch auch solche einmaligen Kosten für Unterkunft und Heizung. Die geforderte Nachzahlung stellt auch übernahmefähige Aufwendungen für Unterkunft und Heizung dar, obwohl sie vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit tatsächlich entstanden waren: Besteht das Mietverhältnis noch, gehören danach auch Nebenkostennachforderungen für Unterkunft und Heizung, die vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit tatsächlich entstanden sind, aber erst nach deren Eintritt fällig werden, zu den übernahmefähigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 – B 14 AS 40/14 R, Rdnr. 16, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 83).

Soweit einzelne Nebenkosten, wie bei einer geforderten Nachzahlung, in einer Summe fällig werden, sind sie als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 22. März 2010 – B 4 AS 62/09 R, Rdnr. 13, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4 4200 § 22 Nr. 38). Eines gesonderten Antrages bedarf es nicht, denn mit der Vorlage der Heiz- und/oder Betriebskostenabrechnung konkretisiert der Leistungsberechtige lediglich die Höhe seines bereits gestellten Antrags auf Leistungen nach dem SGB II (BSG, Urteil vom 22. März 2010 – B 4 AS 62/09 R, Rdnr. 14).

Die Übernahme einer geforderten Nachzahlung aus einer Heiz- und/oder Nebenkostenabrechnung als Teil der Bedarfe für Unterkunft und Heizung setzt mithin ebenso voraus, dass diese ihrer Höhe nach angemessen sind.

Aus der Zuordnung des Bedarfs zum Bewilligungszeitraum der Fälligkeit der geforderten Nachzahlung folgt allerdings nicht, dass auch die Angemessenheit der Unterkunfts- und Heizkosten nach den Verhältnissen im Fälligkeitsmonat zu beurteilen ist. Vielmehr beurteilt sich die Rechtslage nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Zeitraums, dem die fragliche Forderung nach ihrer Entstehung im tatsächlichen Sinne zuzuordnen ist. Für eine derartige Auslegung spricht schon die Überlegung, dass der Leistungsberechtigte allein in diesem Zeitraum die Unterkunfts- und Heizungskosten im Sinne seiner Obliegenheit zur Kostensenkung beeinflussen konnte. Nur eine derartige Auslegung des § 22 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II wird ferner der den Vorschriften innewohnenden Schutzfunktion gerecht (BSG, Urteil vom 06. April 2011 – B 4 AS 12/10 R, Rdnr. 17, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 45).

Vorliegend geht es um eine geforderte Nachzahlung für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2010. Es sind daher die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse dieses Zeitraums zur Bestimmung der Angemessenheit maßgebend.

Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ist die Angemessenheit nicht lediglich bezüglich der Kosten der Heizung zu ermitteln, denn die geforderte Nachzahlung betrifft sowohl die Betriebskosten als auch die Heizkosten. Hinsichtlich der Betriebskosten ist nämlich kein Guthaben von 122,58 Euro entstanden, wie die Betriebskostenabrechnung vom 24. Februar 2011 zeigt. Danach entfielen auf die Wohnung des Klägers 889,50 Euro Betriebskosten, während seine gezahlten Vorschüsse 766,92 Euro (12 x 63,91 Euro) betrugen.

Die Ermittlung der Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung erfordert eine Einzelfallprüfung. Diese hat für die Unterkunftskosten und die Heizkosten getrennt zu erfolgen (BSG, Urteil vom 2. Juli 2009, B 14 AS 36/08 R, Rdnr. 18, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 23).

Die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft ist unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie festzustellen (grundlegend: BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 R, Rdnr. 20, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3). Diese stellt auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard (als Summe von angemessener Kaltmiete je Quadratmeter und angemessenen kalten Betriebskosten) ab, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt. Der abstrakt angemessene Quadratmeterpreis für die Unterkunft (Bruttokaltmiete) setzt sich damit aus der Nettokaltmiete und den kalten Betriebskosten zusammen (BSG, Urteil vom 18. November 2014 – B 4 AS 9/14 R, Rdnr. 33, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 81).

Die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft ist dabei in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren: 1. ist die angemessene Wohnungsgröße zu ermitteln. 2. ist der maßgebliche örtliche Vergleichsraum festzulegen. 3. ist unter Berücksichtigung des angemessenen einfachen Wohnungsstandards festzustellen, welche Nettokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Vergleichsraums zu zahlen ist, um die nach der Produkttheorie angemessene Nettokaltmiete zu ermitteln. 4. sind zu der Nettokaltmiete sind noch die kalten Betriebskosten hinzuzurechnen (BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 15, zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 20, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 42). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Im Streitfall ist das der Bestimmung der Kosten zugrunde liegende Konzept damit von den Gerichten in vollem Umfang zu überprüfen und ggf. ein solches Konzept durch eigene Ermittlungen zu ergänzen (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 20).

Anschließend ist - falls insofern Einwände vorgebracht werden - zu prüfen, ob in dem örtlichen Vergleichsraum eine Wohnung zu dieser abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft auch tatsächlich angemietet werden kann. Soweit die Aufwendungen des Hilfebedürftigen für die Unterkunft, also die von ihm zu zahlende Nettokaltmiete plus kalte Betriebskosten, die abstrakt angemessene Leistung für die Unterkunft des Hilfebedürftigen übersteigen, sind erstere nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II solange zu berücksichtigen, wie es ihm nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel längstens für sechs Monate (BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 13, m. w. N.).

Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist auf die anerkannte Wohnraumgröße für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen. Hinsichtlich der Überlassung von gefördertem Mietwohnungsraum gilt § 27 Abs. 1 bis 5 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) i. V. m. § 5 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG). Wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße verweist § 27 Abs. 4 WoFG (als Nachfolgeregelung zu § 5 Abs. 2 WoBindG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung) auf die nach § 10 WoFG von den Ländern festgelegten Wohnungsgrößen (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 22, m. w. N.; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 17).

Das Land Berlin hat allerdings zu § 10 WoFG keine Ausführungsvorschriften erlassen. Zu § 5 WoBindG und § 27 WoFG liegen nur (unveröffentlichte) Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004 vor, die wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße an die zuvor ergangenen Bekanntmachungen anknüpfen. Danach darf entsprechend der Bekanntmachung der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen vom 20. Oktober 1995 (Amtsblatt für Berlin 1995, 4462) an Einzelpersonen Wohnraum bis zu 50 qm und an Zwei-Personen-Haushalte Wohnraum bis zu 60 qm überlassen werden. An diese Regelungen ist auch für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 1 SGB II anzuknüpfen. Die weitergehenden Differenzierungen nach der Raumzahl sind für die Auslegung des § 22 Abs. 1 SGB II unbeachtlich (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 22; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 18).

Soweit die landesrechtlichen Bestimmungen an die Personenzahl in einem Haushalt anknüpfen, ist Ausgangspunkt für die Berechnung der Wohnfläche die Zahl der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Insgesamt können Kosten der Unterkunft nur in einer Höhe beansprucht werden, wie sie Partnern in einer gemeinsamen Wohnung zustehen (so und wegen der Besonderheiten trotz Fortbestehens der Bedarfsgemeinschaft in Fällen eines nicht im Vorhinein auf unter sechs Monate beschränkten dauerhaften auswärtigen Aufenthalts: BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 23).

Ausgangspunkt für die Bestimmung des Vergleichsraumes zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft ist zunächst der Wohnort des Hilfebedürftigen. Bei dem Vergleichsraum muss es sich um einen ausreichend großen Raum der Wohnbebauung handeln, der aufgrund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur und insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet. Maßgebender Gesichtspunkt kann damit die Ausrichtung des öffentliche Nahverkehrs auf ein bestimmtes Kerngebiet sein, das auch von den Randlagen aus in Fahrzeiten erreichbar ist, wie sie erwerbstätigen Pendlern zugemutet werden (vgl. § 121 Abs. 4 Satz 2 SGB III), sofern innerhalb dieses Raumes auch einfache Wohnlagen, an deren Mietniveau sich die Referenzmieten orientieren, vorhanden sind, sodass die Bildung eines engeren Vergleichsraums, die das Risiko der Gettoisierung in sich birgt, nicht erforderlich erscheint (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 24).

Für Hilfebedürftige innerhalb Berlins ist damit maßgeblicher Vergleichsraum das gesamte Stadtgebiet von Berlin (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 19).

Ausgehend von diesem räumlichen Vergleichsmaßstab bestimmt sich der den Wohnungsstandard widerspiegelnde angemessene Quadratmeterpreis (die Angemessenheitsgrenze) wie folgt: Zugrunde zu legen ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard. Die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen. Die festgestellte angemessene Referenzmiete oder die Mietobergrenze muss mithin so gewählt werden, dass es dem Hilfebedürftigen möglich ist, im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anzumieten. Die Mietobergrenze ist nach der Rechtsprechung des BSG auf Grundlage eines diese Vorgaben beachtenden schlüssigen Konzepts zu ermitteln (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 25, m. w. N.; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 21).

Die Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz des Landes Berlin vom 7. Juni 2005 (Amtsblatt für Berlin 2005, 3743), geändert mit Verwaltungsvorschriften vom 30. Mai 2006 (Amtsblatt für Berlin 2006, 2062) - AV-Wohnen -, bei denen es sich um bloße Verwaltungsvorschriften handelt, die keine unmittelbare Rechtswirkung für die Betroffenen entfalten, sind zur Bewertung angemessener Wohnkosten ungeeignet, weil sie eine Bruttowarmmiete ausweisen, obwohl die Beurteilung von Unterkunftskosten von der Beurteilung der Heizkosten unabhängig zu erfolgen hat (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 26), ihnen also kein schlüssiges Konzept i. S. der Rechtsprechung des BSG zugrunde liegt (BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 22).

Die angemessene Referenzmiete kann allerdings auf der Grundlage eines Mietspiegels ermittelt werden. Es ergeben sich aus der Funktion von einfachen und qualifizierten Mietspiegeln im Anwendungsbereich des Mieterhöhungsverfahrens nach §§ 558 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zwar einige Vorgaben, die für die Ermittlung der grundsicherungsrelevanten Vergleichsmiete nicht in gleichem Maße Bedeutung haben. Vor allem dürfen bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 558 Abs. 2 BGB, zu deren Darstellung Mietspiegel dienen, nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt werden, bei denen die Miete in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder, von Veränderungen der Betriebskosten nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden ist. Daran orientiert sollen nur solche Wohnungen zur Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels herangezogen werden (vgl. Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Berlin 2002, S 17). Zudem darf bei der Erstellung eines Mietspiegels Wohnraum nicht berücksichtigt werden, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist, denn §§ 558 ff BGB finden nur auf frei vermieteten Wohnraum Anwendung. Aus diesem Grund kann gegen die Heranziehung einfacher und qualifizierter Mietspiegel im Anwendungsbereich des § 22 SGB II vor allem eingewandt werden, sie bildeten das Mietniveau hinsichtlich der Bestandsmieten im einfachen Marktsegment nur teilweise, nämlich lediglich bezogen auf sog Neuvertragswohnungen und geänderte Bestandswohnungen auf dem freien Wohnungsmarkt ab. Allerdings ist bei der Prüfung nach § 22 Abs. 1 SGB II letztlich entscheidend, ob im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung für den Fall anzumieten wäre, dass die Bestandswohnung unangemessen teuer ist. (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 27, m. w. N.).

Damit kann der Berliner Mietspiegel 2009 (vom 3. Juni 2009; Amtsblatt für Berlin 2009 Nr. 27 vom 24. Juni 2009) als qualifizierter Mietspiegel Grundlage der Bestimmung der Referenzmiete nach § 22 Abs. 1 SGB II sein.

Sollen aus Daten eines qualifizierten Mietspiegels grundsicherungsrelevante Schlüsse abgeleitet werden, ist eine Beschränkung auf Daten bestimmter Bauklassen grundsätzlich nicht zulässig, es sei denn es liegt statistisch valides Material vor, das eine Aussage darüber zulässt, welche Bauklassen in welchem Umfang tatsächlich den gesamten Vergleichsraum - und nicht lediglich ganz bestimmte, als sozial problematisch einzuschätzende Teile hiervon - prägen (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 28; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 24).

Solche Daten zu Bauklassen liegen für den Berliner Mietspiegel 2009 nicht vor. Allerdings weist der Berliner Mietspiegel in den Spalten 1 und 3 innerhalb der Bauklassen bis 1918 und bis 1949 Wohnungen mit besonders niedrigem Ausstattungsgrad (Wohnungen ohne Sammelheizung und/oder ohne (Dusch)-Bad sowie andererseits oder kumulativ Wohnungen ohne Bad (mit Innen-WC)) gesondert aus. Zur Bildung eines grundsicherungsrelevanten Mietwertes sind diese Werte sowie die in den Fußnoten zur Mietspiegeltabelle ausgewiesenen Abschläge auf die Spalten 1, 3, 5 und 6 für weit unterdurchschnittliche Ausstattungen nicht mit heranzuziehen, denn auf Wohnungen mit diesem untersten Ausstattungsgrad können Hilfebedürftige bei der Wohnungssuche grundsätzlich nicht verwiesen werden (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 29).

Die Bildung eines arithmetischen Mittelwerts aus den (verbleibenden) Mittelwerten der Bauklassen als abschließenden Schritt zur Berechnung einer grundsicherungsrelevanten Nettokalt-Vergleichsmiete erfüllt die Anforderungen an ein mathematisch-statistisch nachvollziehbares Konzept nicht. Die sog Tabellenmethode, nach der der Berliner Mietspiegel erstellt ist, stellt die Daten als Mietspannen nach den einzelnen Wohnwertmerkmalen (hier Bauklassen, Größe der Wohnungen und Lage) in Rasterfeldern zusammen. Zwischen den einzelnen (insgesamt 107 besetzten) Rasterfeldern bestehen keine Beziehungen. Sie spiegeln allein die Datenerhebung in dem einzelnen, mit den drei Parametern beschriebenen Teilmietmarkt wider. Einzelne Felder haben also je nach der Anzahl von Wohnungen, die in diesem Segment vertreten sind, eine unterschiedliche Aussagekraft für den Gesamtmarkt. Weil die Rasterfelder nicht (im Sinne einer gleichmäßigen Verteilung der hier wiedergegebenen Mietpreise) aufeinander aufbauen, bleiben arithmetische Mittelwerte mit einem hohen Grad an Zufälligkeit belastet, besonders wenn einzelne Werte - wie vorliegend der Wert für Neubauwohnungen der letzten 15 Jahre - stark von den übrigen Werten abweichen. Das arithmetische Mittel für sich genommen bietet damit nicht die Gewähr, dass das einfache Mietsegment realistisch abgebildet wird (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 30). Soweit sich insoweit weitergehende Schlüsse insbesondere aus den Grundlagendaten eines qualifizierten Mietspiegels ziehen lassen, können diese Daten zugrunde gelegt werden (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 31). Ergeben sich daraus keine Anhaltspunkte dafür, dass eine bestimmte Baualtersklasse statistisch nachvollziehbar über alle Bezirke hinweg so häufig vorhanden ist und zugleich den einfachen Standard nachvollziehbar abbildet, dass allein auf diesen Wert (ggf. um einen Aufschlag erhöht) zurückzugreifen ist, bietet es sich an, einen gewichteten arithmetischen Mittelwert nach Verteilung der in der Grundgesamtheit abgebildeten Wohnungen in den jeweiligen Bauklassen zu bilden. Ein solcher Mittelwert bietet die Gewähr, dass ein einzelner Wert für eine bestimmte Baualtersklasse entsprechend seiner tatsächlichen Häufigkeit auf dem Markt in einen grundsicherungsrelevanten Mittelwert einfließt. Dabei ist zulässigerweise dieser Wert auf Grundlage der jeweiligen Mittelwerte der Rasterfelder zu bilden (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 32, unter Hinweis auf Schifferdecker/Irgang/Silbermann, Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 2010, 28; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 26).

Die angemessene Nettokaltmiete ist also ausgehend davon unter Heranziehung der Grundlagendaten zum Berliner Mietspiegel 2009 ("Grundlagendaten für den empirischen Mietspiegel – Endbericht zum Berliner Mietspiegel 2009", www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/mietspiegel/de/download/mietspigel2009 endbericht.pdf) aus den genannten verbliebenen Wohnungen (mit den jeweiligen Wohnflächen, Wohnlage einfach) ausgehend von den Mittelwerten zu ermitteln und ihrem Verhältnis zur Gesamtzahl der herangezogenen Wohnungen zu gewichten.

Die angemessene Nettokaltmiete beträgt mithin bei einer Wohnfläche von 40 qm bis unter 60 qm (Ein- und Zwei-Personen-Haushalt) 4,76 Euro/qm.

Neben der Nettokaltmiete sind auch die angemessenen Betriebskosten i. S. des § 556 BGB - mit Ausnahme der Heizkosten - abstrakt zu bestimmen und als Faktor in das Produkt mit einzubeziehen sind. Eine vertragliche Vereinbarung über die Umlage der Betriebskosten auf den Mieter erfolgt bei Abschluss eines Mietvertrages nahezu ausnahmslos, denn ohne eine solche Regelung können die in § 556 BGB genannten Betriebskosten vom Vermieter nicht auf den Mieter umgelegt werden (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 33). Eine Umlagevereinbarung bei der Miete über Wohnraum muss die in § 556 Abs. 1 und 2 BGB i. V. m. der Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche, über die Aufhebung von Betriebskosten und zur Änderung anderer Verordnungen (BetrKV; vom 25. November 2003, BGBl I 2346) normierten Vorgaben beachten. Wegen der abstrakt angemessenen Kosten i. S. des § 22 Abs. 1 SGB II sind die dort genannten Betriebskosten maßgebend. Auch insoweit erscheint es zulässig, zur Erstellung eines Konzepts auf bereits vorliegende Daten aus Betriebskostenübersichten zurückzugreifen, im Ausgangspunkt allerdings auf örtliche Übersichten und insoweit auf die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte. Insbesondere bei Ver- und Entsorgungsdienstleistungen ergeben sich regional deutliche Unterschiede, auf die Rücksicht genommen werden muss. Eine weitergehende Gewichtung scheint dagegen nicht notwendig, da nicht erkennbar ist, welche zuverlässigen (weitergehenden) Aussagen sich hieraus ableiten lassen sollten. Neben den (nichtamtlichen) Übersichten in Mietspiegeln kommen auch Übersichten der örtlichen Interessenverbände in Betracht, die an der Anerkennung des Mietspiegels beteiligt waren. Soweit die örtlich erfassten Werte nicht aktuell sind, liegt es nahe, vom Träger der Grundsicherung entsprechende Rückfragen bei den örtlichen Interessenverbänden durchführen zu lassen bzw. die Werte an die allgemeine Preisentwicklung anzupassen. Nur wenn sich konkret Anhaltspunkte dafür ergeben, dass vom Deutschen Mieterbund für das gesamte Bundesgebiet aufgestellte Übersichten gerade das örtliche Niveau besser abbilden, kann auf diese zurückgegriffen werden. Solche Gründe, weshalb die Werte des Deutschen Mieterbundes ein realistischeres Bild des örtlichen Preisniveaus von Berlin abgeben sollten, sind bislang nicht ersichtlich (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 34; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 28).

Zur Prüfung, ob in dem örtlichen Vergleichsraum eine Wohnung zu dieser abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft auch tatsächlich angemietet werden kann, ist darauf hinzuweisen, dass beim Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels mit entsprechend wissenschaftlich gesicherten Feststellungen zum Wohnungsbestand davon ausgegangen werden kann, dass es eine Wohnung zu dem nach dem Mietspiegel angemessenen Quadratmeterpreis gibt. Diese Tatsachenvermutung kann aber erschüttert werden (BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 29). Eine objektive Unmöglichkeit, eine Wohnung zu einem solchen angemessenen Quadratmeterpreis zu finden, hat das BSG grundsätzlich verneint, weil es in Deutschland derzeit keine allgemeine Wohnungsnot gibt und allenfalls in einzelnen Regionen Mangel an ausreichendem Wohnraum besteht (BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 106/10 R, Rdnr. 30, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 46 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R, abgedruckt in BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 19). Dies gilt zumindest dann an, wenn ein qualifizierter Mietspiegel, der in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt wurde, der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete zugrunde liegt und entweder der Durchschnittswert dieses Mietspiegels angewandt wird oder dem Mietspiegel Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden können (BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 106/10 R, Rdnr. 30).

Die angemessenen kalten Betriebskosten sind daher ausgehend davon ebenfalls unter Heranziehung der Grundlagendaten zum Berliner Mietspiegel 2009 ("Grundlagendaten für den empirischen Mietspiegel – Endbericht zum Berliner Mietspiegel 2009", a.a.O., Tabelle 5; a.a.O.) aber mit allen Wohnflächen und allen Wohnlagen mit Ausnahme der bereits oben genannten Wohnungen, auf die Hilfebedürftige nicht verwiesen werden dürfen, zu ermitteln, denn für die kalten Betriebskosten weist die Tabelle 5 insoweit keine Differenzierung nach Wohnflächen und Wohnlage aus, und ihrem Verhältnis zur Gesamtzahl der herangezogenen Wohnungen zu gewichten.

Die angemessenen kalten Betriebskosten betragen mithin 1,41 Euro/qm.

Dies ergibt zusammen als angemessene Bruttokaltmiete 6,17 Euro/qm. Daraus folgt für einen 1-Personen-Haushalt bei einer angemessenen Wohnfläche von 50 qm eine angemessene Bruttokaltmiete von 308,50 Euro (50 qm x 6,17 Euro/qm).

Demgegenüber betrug die Bruttokaltmiete für den Kläger 374,67 Euro/qm. Diese resultiert daraus, dass der Kläger bei einer Wohnfläche mit 58,97 qm in einer zu großen Wohnung wohnt, so dass bereits die Nettokaltmiete von 310,76 Euro den angemessenen Betrag der Nettokaltmiete von 238,00 Euro (50 qm x 4,76 Euro) deutlich übersteigt; auch die reinen Betriebskosten von 74,13 Euro (889,50 Euro: 12) sind mit 1,48 Euro/qm (74,13 Euro: 50 qm) nicht angemessenen.

Der Anspruch auf Leistungen für die Heizung besteht grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten Aufwendungen, soweit sie angemessen sind.

Von unangemessen hohen Heizkosten ist auszugehen, wenn bestimmte Grenzwerte überschritten werden, die den von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten "Kommunalen Heizspiegeln" bzw. dem "Bundesweiten Heizspiegel" zu entnehmen sind. Solange der jeweils örtlich zuständige Träger der Grundsicherung keine differenzierte Datenermittlung für den konkreten Vergleichsraum durchgeführt hat, die zuverlässige Schlüsse auf einen Wert für grundsicherungsrechtlich angemessene Heizkosten in seinem Zuständigkeitsbereich zulassen, ist die Heranziehung eines Grenzwertes aus Gründen der Praktikabilität geboten. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass der hohe Grenzwert der energiepolitischen Zielsetzung eines Heizspiegels zuwiderläuft. Solche Zielsetzungen sind im Anwendungsbereich des SGB II aber nach den gesetzgeberischen Vorgaben unbeachtlich (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R, Rdnr. 22, m. w. N., zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 69).

Dem Grenzwert aus einem (bundesweiten oder kommunalen) Heizkostenspiegel kommt nicht die Funktion einer Quadratmeterhöchstgrenze zu mit der Folge, dass bei unangemessen hohen Heizkosten die Aufwendungen für Heizung bis zu dieser Höhe, aber nur diese übernommen werden müssten. Auch diesem Wert liegt nämlich keine Auswertung von Daten zugrunde, die den Schluss zuließe, es handele sich insoweit um angemessene Kosten. Der Grenzwert markiert nicht angemessene Heizkosten, sondern gibt einen Hinweis darauf, dass von unangemessenen Heizkosten auszugehen ist; das Überschreiten des Grenzwertes kann lediglich als Indiz für die fehlende Angemessenheit angesehen werden ("im Regelfall"). Dies hat im Streitfall zur Folge, dass es dem Leistungsberechtigten obliegt vorzutragen, warum seine Aufwendungen gleichwohl als angemessen anzusehen sind. Insofern führt das Überschreiten des Grenzwertes zu einem Anscheinsbeweis zu Lasten des Leistungsberechtigten dahin, dass von unangemessen hohen Kosten auszugehen ist. Lässt sich nicht feststellen, dass im Einzelfall höhere Aufwendungen gleichwohl angemessen sind, treffen ihn die Folgen im Sinne der materiellen Beweislast (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R, Rdnr. 23, m. w. N.).

Der Grenzwert errechnet sich aus der abstrakt angemessenen Wohnfläche (und nicht aus der Wohnfläche der konkret innegehabten Wohnung) und, wenn ein kommunaler Heizspiegel - wie vorliegend für Berlin - nicht existiert, den entsprechenden Werten der Spalte "zu hoch" für Heizöl, Erdgas bzw. Fernwärme des "Bundesweiten Heizspiegels", der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlicht war. Bei Wohnungen, die mit einer Etagenheizung beheizt werden, erscheint es sachgerecht, zugunsten der Leistungsberechtigten den Wert für eine Gebäudefläche von 100 bis 250 qm zugrunde zu legen, weil diese den Verbrauchswerten einer Einzelheizanlage am nächsten kommen. Schließlich liegt nahe, für Energieträger, die im Heizspiegel nicht gesondert aufgeführt sind (Strom, Holz, Solarenergie o. ä.), den jeweils kostenaufwändigsten Energieträger des Heizspiegels vergleichend zugrunde zu legen (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R, Rdnr. 25).

Maßgebend sind vorliegend der Bundesweite Heizspiegel 2009 vom 1. Oktober 2009 und der Bundesweite Heizspiegel 2010 vom 18. Mai 2010 und nicht, wie das Sozialgericht angenommen hat, der Bundesweite Heizspiegel 2011 vom 12. Oktober 2011, denn letztgenannter Heizspiegel war - ungeachtet dessen, dass er bei Erlass des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2011 noch nicht veröffentlicht war – für den maßgebenden Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2010 nicht wesentlich.

Welcher Grenzwert angesichts dessen, dass nach dem Vorbringen des Klägers die Wohnung mittels Heizöls beheizt wird, während die Heizkostenabrechnung vom 9. März 2011 eine Beheizung mittels Fernwärme ausweist, zugrunde zulegen ist, kann dahin stehen, denn in jedem Fall überschreiten die Kosten der Heizung beim weitem den maßgebenden Grenzwert.

Nach dem Bundesweiten Heizspiegel 2009 gilt:

Der Grenzwert bei der Beheizung einer Wohnung mit Fernwärme bei einer Gebäudefläche von über 1.000 qm liegt bei 15,90 Euro/qm/Jahr.

Daraus errechnen sich bei einer abstrakt angemessenen Wohnfläche von 50 qm für einen Ein-Personen-Haushalt 795 Euro/Jahr.

Der Grenzwert bei der Beheizung einer Wohnung mit Heizöl bei einer Gebäudefläche von über 1.000 qm liegt bei 16,40 Euro/qm/Jahr.

Daraus errechnen sich bei einer abstrakt angemessenen Wohnfläche von 50 qm für einen Ein-Personen-Haushalt 820 Euro/Jahr.

Nach dem Bundesweiten Heizspiegel 2010 gilt:

Der Grenzwert bei der Beheizung einer Wohnung mit Fernwärme bei einer Gebäudefläche von über 1.000 qm liegt bei 17,90 Euro/qm/Jahr.

Daraus errechnen sich bei einer abstrakt angemessenen Wohnfläche von 50 qm für einen Ein-Personen-Haushalt 895 Euro/Jahr.

Der Grenzwert bei der Beheizung einer Wohnung mit Heizöl bei einer Gebäudefläche von über 1.000 qm liegt bei 12,10 Euro/qm/Jahr.

Daraus errechnen sich bei einer abstrakt angemessenen Wohnfläche von 50 qm für einen Ein-Personen-Haushalt 605 Euro/Jahr.

Demgegenüber ermitteln sich an tatsächlichen Kosten unter Berücksichtigung der Heiz- und Warmwasserkostenvorauszahlung von 613,56 Euro (51,13 Euro x 12) und der geforderten Nachzahlung für Heiz- und Warmwasserkosten von 1.341,10 Euro insgesamt 1.954,66 Euro. Davon sind allerdings die Kosten für Warmwasser in Abzug zu bringen.

Die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst nach § 20 Abs. 1 SGB II a. F. insbesondere die Haushaltsenergie, ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile, so dass Kosten der Warmwassererzeugung, soweit sie in der Gesamtmiete enthalten sind, nicht zusätzlich berücksichtigt werden können. Diese Warmwasserkostenpauschale betrug ab Juli 2009 6,47 Euro (wegen der Höhe vergl. grundlegend: BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/11b AS 15/07 R Rdnrn. 24 bis 26, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 5: 6,22 Euro vervielfältigt mit der jeweiligen Dynamisierung der Regelleistung, also um 0,58 v. H. zum 1. Juli 2007 auf 6,26 Euro, um 1,14 v. H. zum 1. Juli 2008 auf 6,33 Euro und um 2,23 v. H ...zum 1. Juli 2009 auf 6,47 Euro). Die Warmwasserkostenpauschale ist jedoch dann nicht zu berücksichtigen, wenn technische Vorrichtungen vorhanden sind, mit denen die Kosten für die Warmwasserbereitung separat erfasst werden können. In diesem Fall sind die tatsächlichen Kosten hierfür von den gesamten Kosten für Heizung und Warmwasser getrennt berechenbar und in Abzug zu bringen (BSG, Urteil vom 06. April 2011 – B 4 AS 16/10 R, Rdnr. 15, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 43, m w. N.).

Die Kosten der Warmwassererzeugung sind im zum 1. Januar 2002 geschlossenen Mietvertrag enthalten. Die Kosten für Warmwasser sind jedoch in der Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung vom 9. März 2011 gesondert, nämlich mit 119,34 Euro aufgrund eines Warmwasserzählers berechnet und erfasst, so dass dieser Betrag von den Gesamtkosten von 1.954,66 Euro abzuziehen ist, woraus 1.835,32 Euro als Kosten der Heizung verbleiben.

Diese Kosten der Heizung von 1.835,32 Euro überschreiten bei weitem den Grenzwert sowohl nach dem Bundesweiten Heizspiegel 2009 als auch nach dem Bundesweiten Heizspiegel 2010. Danach ergeben sich grenzwertüberschreitende Kosten von a. nach dem Bundesweiten Heizspiegel 2009 bei der Beheizung mit Fernwärme: 1.040,32 Euro (1.835,32 - 795 Euro) bei der Beheizung mit Heizöl: 1.015,32 Euro (1.835,32 - 820 Euro) b. nach dem Bundesweiten Heizspiegel 2010 bei der Beheizung mit Fernwärme: 940,32 Euro (1.835,32 - 895 Euro) bei der Beheizung mit Heizöl: 1.230,32 Euro (1.835,32 - 605 Euro).

Das Überschreiten des Grenzwertes hat zunächst zur Folge, dass der Leistungsberechtigte die Gründe dafür vorbringen muss, dass seine Aufwendungen im Einzelfall gleichwohl als angemessen anzusehen sind. Als solche kommen personenbedingte Gründe (z. B. Bettlägerigkeit eines Angehörigen der Haushaltsgemeinschaft, Zugehörigkeit kleiner Kinder zur Bedarfsgemeinschaft o. ä.) in Betracht (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R, Rdnr. 26, m. w. N.), die geeignet sind, einen erhöhten Heizbedarf zu erklären. Der ungünstige energetische Standard einer Wohnung ist für sich genommen kein Grund im Einzelfall, der den Träger der Grundsicherung zur dauerhaften Übernahme von hohen Heizkosten als "angemessene" Aufwendungen verpflichtet. Auch unangemessen hohe (und damit unwirtschaftliche) Kosten, die der hilfebedürftige Leistungsempfänger nicht beeinflussen kann, berechtigten den Träger der Grundsicherung im Grundsatz nicht anders als bei überhöhten Unterkunftskosten Kostensenkungsmaßnahmen einzufordern (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R, Rdnr. 27).

Wenn in einem Abrechnungszeitraum trotz eines vorangegangenen Hinweises eine maßgebliche Kostensenkung durch Energieeinsparung nicht erzielt wird, kommt bei unangemessen hohen Aufwendungen für Heizung - wie bei überhöhten Kosten der Unterkunft auch - vor allem der in § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II ausdrücklich genannte Wohnungswechsel als Maßnahme zur Kostensenkung in Betracht. Denn eine Kostensenkung durch Energieeinsparung ist dann entweder vom hilfebedürftigen Leistungsberechtigten nicht ernsthaft gewollt (und kann aber vom Träger der Grundsicherung nicht im Einzelfall "kontrolliert" und durchgesetzt werden) oder ist in der Wohnung aufgrund gebäude- und/oder wohnungsspezifischer Faktoren objektiv nicht zu erreichen oder macht Investitionen vor allem des Vermieters notwendig, die der hilfebedürftige Leistungsberechtigte als Mieter nicht erzwingen kann (und die überdies zu einer Erhöhung der Miete führen können). Der Wohnungswechsel als Kostensenkungsmaßnahme wegen überhöhter Heizkosten ist aber nur zumutbar, wenn in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt keine höheren Kosten als bisher anfallen (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R, Rdnrn. 29 und 30).

Es ist daher zu prüfen, welche Vergleichskosten für Unterkunft und Heizung sich auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt ergeben, die der Leistungsträger nach einem Wohnungswechsel als angemessen zu zahlen hätte. Neben dem Wert, der sich für die Kosten der Unterkunft als abstrakt angemessen ergibt, kann wegen der Kosten der Heizung im Ausgangspunkt auf als angemessen angesehene (durchschnittliche) Heizkosten zurückgegriffen werden. Solche erscheinen mit rund 1 Euro pro qm und Monat insbesondere im Vergleich mit Durchschnittskosten aus den Betriebskostenübersichten des Deutschen Mieterbundes (0,84 Euro Kosten für Heizung (ohne Warmwasser) im Bundesdurchschnitt für das der streitigen Kostensenkung vorangegangene Abrechnungsjahr 2009) nicht unrealistisch niedrig. Die Werte des Heizspiegels, die nicht das tatsächliche Preisniveau auf dem Wohnungsmarkt widerspiegeln, sind bei dieser Prüfung nicht heranzuziehen. Bei zutreffender Ermittlung eines abstrakt angemessenen Wertes für die Unterkunftskosten kann davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu dieser abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete im örtlichen Vergleichsraum gibt. Solange aber ein Umzug wegen der Höhe der Kosten der Heizung notwendig wird und die vom Leistungsträger als angemessen angesehenen Heizkosten (mangels entsprechend differenzierter Datenerhebung) einen abstrakt angemessenen Wert nicht wiedergeben, kann diese Vermutung nicht gelten. Es bleibt dem kommunalen Träger überlassen, eine Datenermittlung zur Bestimmung eines differenzierten abstrakt angemessenen Wertes der Heizkosten im in Bezug zu nehmenden Wohnsegment durchzuführen oder entsprechende Wohnungen nachzuweisen (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R, Rdnrn. 32 und 33). Der Zustand der im Erdgeschoss liegenden Ladenwohnung des Klägers mit einem großen Schaufenster, das einfach verglast ist, und mit einem unter der Ladenfläche befindlichen ungeheizten Keller mag zwar dazu führen, dass erhöhte Heizkosten notwendig sind. Dabei handelt es sich jedoch um einen ungünstigen energetischen Standard einer Wohnung, der nach der Rechtsprechung des BSG zur Übernahme von hohen Heizkosten nicht verpflichtet.

Personenbedingte Gründe, die einen erhöhten Heizbedarf erklären, liegen nicht vor. Der Umstand, dass der Kläger als Hausmeister für seine Hausverwaltung tätig war (und ist), ist ersichtlich nicht kausal für höhere Heizkosten, denn diese Kosten entstünden auch ohne seine Hausmeistertätigkeit, insbesondere für jede andere Person, die diese Wohnung bewohnen würde.

§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB II führen zu keinem anderen Ergebnis.

Danach soll die Grundsicherung für Arbeitsuchende es Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, stärken und dazu beitragen, dass sie ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können. Sie soll erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen und den Lebensunterhalt sichern, soweit sie ihn nicht auf andere Weise bestreiten können.

Diese Regelungen dienen entgegen der Ansicht des Klägers nicht der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes der Angemessenheit der Unterkunft und Heizung, denn die Vorschrift des § 1 SGB II definiert nur die Aufgaben und Ziele der Grundsicherung für Arbeitsuchende, während die Leistungen und deren (angemessene) Höhe nach den einzelnen Normen des SGB II bestimmt werden. Dementsprechend erlaubt § 1 SGB II auch nicht eine Auslegung solcher einzelner Normen, die dem Gesetzeszweck der jeweiligen einzelnen Norm widerspricht. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II knüpft die Angemessenheit der Unterkunft und Heizung ausschließlich an die Wohnung und den mit dieser Wohnung verbundenen Bedarf. Dieser Bedarf wird nicht durch eine Beschäftigung geprägt, auch wenn diese Beschäftigung (oder selbständige Tätigkeit) gerade in dieser Wohnung ausgeübt wird. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II stellt keine Rechtsgrundlage zur Übernahme von Kosten für beruflich genutzte Räume dar (BSG, Urteil vom 06. April 2011 – B 4 AS 119/10 R, Rdnr. 36, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr. 21; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 35, zitiert nach juris). Angesichts dessen kann, da eine darüber hinausgehende Auslegung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II dem Normzweck nicht entsprechen würde, die in § 1 Abs. 2 Satz 2 SGB II erwähnte Unterstützung bei der Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit nicht darin bestehen, eine nicht angemessene Wohnung zu finanzieren. Eine Erwerbstätigkeit, selbst wenn diese dazu beiträgt, den Lebensunterhalt teilweise unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln zu bestreiten, führt nicht dazu, dass unangemessen hohe Aufwendungen für eine Wohnung zu angemessenen Aufwendungen werden. Dies gilt erst recht, wenn eine Erwerbstätigkeit aufgrund ihres geringfügigen Umfanges nicht einmal geeignet ist, die Leistungen der Grundsicherung zu verringern.

Vorliegend ist allerdings schon weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger seine Beschäftigung als Hausmeister in der von ihm bewohnten Wohnung ausübt.

Damit kommt jedoch für den Kläger vornehmlich ein Wohnungswechsel als Maßnahme zur Kostensenkung in Betracht. Dabei ist vorliegend nicht zu prüfen, welche Vergleichskosten für Unterkunft und Heizung sich auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt ergäben, die der Leistungsträger nach einem Wohnungswechsel als angemessen zu zahlen hätte, denn der gebotene Umzug ist nicht allein wegen der Höhe der Kosten der Heizung, sondern schon deswegen geboten, weil auch die Kosten der Unterkunft, wie dargelegt, nicht angemessen sind.

Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung warenallerdings vorübergehend, nämlich für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis 30. September 2010, anzuerkennen.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II gilt: Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Diese Vorschrift begründet eine Obliegenheit des Leistungsberechtigten zur Kostensenkung, wenn die tatsächlichen Kosten höher als die angemessenen Kosten sind (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R, Rdnr. 30, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 19). Kostensenkungsmaßnahmen sind dem Leistungsberechtigten aber nur dann subjektiv möglich, wenn er Kenntnis von dieser Obliegenheit hat. Bevor er nicht von dem zuständigen Leistungsträger darauf aufmerksam gemacht worden ist, dass nach dessen Auffassung die tatsächlichen Aufwendungen der gemieteten Wohnung unangemessen hoch sind, ist es ihm subjektiv nicht möglich, Kostensenkungsmaßnahmen zu ergreifen. Dem steht nicht entgegen, dass § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II kein Erfordernis einer Kostensenkungsaufforderung enthält, denn der Hinweis auf die Rechtslage hat allein Aufklärungs- und Warnfunktion. Bezweckt werden soll damit, dass der Leistungsberechtigte Klarheit über die aus Sicht des Leistungsträgers angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft erhält. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II normiert damit keine umfassende Beratungs- und Aufklärungspflicht des Beklagten über die Obliegenheiten des Leistungsempfängers bei der Suche nach einer anderen, angemessenen Unterkunft. Die Vorschrift stellt auch keine sonstigen erhöhten inhaltlichen oder formellen Anforderungen an diese Erklärung. Allerdings erfordert die Aufklärungs- und Warnfunktion, dass zumindest die Angabe des angemessenen Mietpreises erfolgt, da dieser nach der Produkttheorie der entscheidende Maßstab zur Beurteilung der Angemessenheit ist. Diese Mindestanforderung an die Kostensenkungsaufforderung folgt aus der der Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II auch innewohnenden Schutzfunktion. Mit der Zumutbarkeitsregelung soll verhindert werden, dass der Leistungsberechtigte sofort bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit gezwungen wird, seine bisherige Wohnung aufzugeben. Ihm soll eine Übergangszeit verbleiben, in der er sich um Kostensenkungsmaßnahmen bemühen kann. Ist ein Umzug erforderlich, etwa um eine Wohnung zu einem angemessenen Mietpreis anzumieten, besteht eine "Schonzeit" nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II von in der Regel längstens sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Kenntnis des Erfordernisses von Kostensenkungsmaßnahmen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 19/09 R, Rdnrn. 15 und 16, m. w. N., zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 105, 188 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 28). Die Sechs-Monatsfrist ist jedoch kein starrer Zeitraum; vielmehr sind Abweichungen nach oben und nach unten zulässig, wie schon dem Wortlaut der Norm zu entnehmen ist (BSG, Urteil vom 16. April 2013 – B 14 AS 28/12 R, Rdnr. 20, zitiert nach juris; abgedruckt in SozR 4 4200 § 22 Nr. 67).

Dabei ist ohne Belang, dass die Kostensenkungsaufforderung lediglich auf eine nach Ansicht des Leistungsträgers als angemessen erachtete Bruttowarmmiete hinweist, ohne zwischen Grundmiete, "kalten" Nebenkosten und Heizkosten zu differenzieren, und ob die genannte Mietobergrenze sachlich-inhaltlich richtig ist, denn der Streit darüber, ob die vom Leistungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Unterkunftskosten zutreffend ist, ist grundsätzlich bei der Frage auszutragen, welche Aufwendungen i. S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II angemessen sind (BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 41/08 R, Rdnrn 33 und 34, m. w. N., zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R, Rdnr 40). Allein die objektive fehlerhafte Angabe zur Höhe der Referenzmiete führt nur dann zur subjektiven Unmöglichkeit der Kostensenkung mit einem Ausnahmefall, wenn dadurch bewirkt wird, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige seine Suche auf Grund der unzutreffenden Angabe in wesentlichem Umfang beschränkt (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R, Rdnr 40).

Ein Erfordernis zur nochmaligen Information über die Unangemessenheit der Aufwendungen und die Obliegenheit der Kläger zur Kostensenkung besteht ausnahmsweise nur dann, wenn ein objektiver Beobachter auf Empfängerseite bei verständiger Würdigung des Sachverhalts aus einem Verhalten des Leistungsträger hätte schließen dürfen, dass sich der Leistungsträger an eine zuvor erteilte Information nicht mehr festhalten lassen will (BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 41/08 R, Rdnr 35). Sind dem Leistungsberechtigten die maßgeblichen Gesichtspunkte bekannt, bedarf es nicht einmal der Aufklärung (BSG, Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 10/06 R, Rdnr 29, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 2).

Zwar kann bei der Suche von Alternativwohnungen "nichts Unmögliches oder Unzumutbares" verlangt werden. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II sieht jedoch selbst bei Vorliegen von "Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit" vor, dass "in der Regel" spätestens nach sechs Monaten nur noch die Aufwendungen in Höhe der angemessenen Kosten erstattet werden sollen (Regelfall). Damit soll die Übernahme abstrakt überhöhter Kosten der Unterkunft die Ausnahme bleiben, so dass strenge Anforderungen an die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit zu stellen sind. Zu den besonderen Gründen, die es ausnahmsweise unzumutbar erscheinen lassen, das nähere Umfeld oder gar die aktuell genutzte Wohnung zu verlassen (sog subjektiver Unzumutbarkeit) rechnen insbesondere grundrechtsrelevante Sachverhalte oder Härtefälle. Dazu gehört etwa die Rücksichtnahme auf das soziale und schulische Umfeld minderjähriger schulpflichtiger Kinder, die möglichst nicht durch einen Wohnungswechsel zu einem Schulwechsel gezwungen werden sollten; ebenso kann auf Alleinerziehende Rücksicht genommen werden, die zur Betreuung ihrer Kinder auf eine besondere Infrastruktur angewiesen sind, die bei einem Wohnungswechsel in entferntere Ortsteile möglicherweise verloren ginge und im neuen Wohnumfeld nicht ersetzt werden könnte. Ähnliches kann für behinderte oder pflegebedürftige Menschen bzw. für die sie betreuenden Familienangehörigen gelten, die zur Sicherstellung der Teilhabe behinderter Menschen ebenfalls auf eine besondere wohnungsnahe Infrastruktur angewiesen sind. Auch Krankheit kann dazu zählen, soweit ein Verbleiben in der bisherigen Wohnung aus medizinischen Gründen erforderlich und ein Umzug schlechthin ausgeschlossen ist. Demgegenüber können insbesondere alleinstehende erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die solche oder ähnliche Gründe nicht haben, den Tatbestand der subjektiven Unzumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen kaum erfüllen (BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 41/08 R, Rdnrn 36 und 37; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R, Rdnrn 32 und 35).

Eine objektive Unmöglichkeit, eine andere angemessene Unterkunft zu erlangen, liegt in der Regel (abgesehen in seltenen Ausnahmefällen) nicht vor, denn in Deutschland gibt es derzeit keine allgemeine Wohnungsnot (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R, Rdnr 36).

Ausgehend davon genügt das Schreiben des Beklagten vom 30. Mai 2007, mit dem der Kläger darüber informiert wurde, dass seine Kosten für Unterkunft und Heizung die angemessenen Kosten übersteigen, so dass er diese Kosten senken muss, den Anforderungen an eine Kostensenkungsaufforderung mit der erforderlichen Aufklärungs- und Warnfunktion. Der Beklagte hatte zudem in diesem Schreiben angekündigt, dass die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft längstens bis sechs Monate nach Zugang dieses Schreibens berücksichtigt werden. Dementsprechend hatte er mit den o. g. Bescheiden lediglich die nach seiner Ansicht angemessenen Kosten (zunächst 360,00 Euro, ab 1. März 2009 378,00 Euro) übernommen. Mit diesen Bescheiden verwirklichte sich die Aufklärungs- und Warnfunktion im Schreiben des Beklagten vom 30. Mai 2007 bereits konkret für Leistungszeiträume in der Vergangenheit. Der Beklagte hat nachfolgend durch kein entsprechendes Verhalten deutlich gemacht, dass er inzwischen bezüglich der Beurteilung der Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung anderer Ansicht geworden sei. In den tatsächlichen Verhältnissen des Klägers traten seit dem Schreiben des Beklagten vom 30. Mai 2007 auch keine wesentlichen Änderungen bezüglich der Unterkunft, wie eine Änderung der Bewohnerzahl (vgl. dazu BSG, Urteil vom 16. April 2013 – B 14 AS 28/12 R, Rn. 19) oder wie eine Änderung der Wohnungsgröße, den maßgeblichen unterkunftsbezogenen Kriterien für die Bestimmung der angemessenen Bruttokaltmiete, ein, die objektiv oder aus Sicht des Klägers eine grundsätzliche Neubewertung der Angemessenheit hätte rechtfertigen können. Aus dem bloßen Zeitablauf einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung kann jedenfalls dann nichts hergeleitet werden, wenn der Leistungsträger nicht erkennbar gemacht hat, dass er an der Kostensenkungsaufforderung nicht mehr festhält (BSG, Urteil vom 16. April 2016 – B 14 AS 28/12 R, Rn. 41).

Da, wie ausgeführt, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Zeitraums, dem die fragliche Forderung nach ihrer Entstehung im tatsächlichen Sinne zuzuordnen ist, maßgebend sind (BSG, Urteil vom 06. April 2011 – B 4 AS 12/10 R, Rdnr. 17), ist vorliegend die Prüfung der Obliegenheit der Kostensenkung auf den Zeitraum vom 01. Januar 2010 bis 31. Dezember 2010 zu erstrecken. Der erstmalige Zeitpunkt für die Prüfung der Obliegenheit der Kostensenkung ist daher der 1. Januar 2010 als Beginn dieses Zeitraums, zumal vor diesem Zeitpunkt Bescheide des Beklagten nicht im Streit sind. Allerdings war der Kläger zu diesem Zeitpunkt zur Kostensenkung noch nicht verpflichtet. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt trotz seiner zum 1. Januar 2010 aufgenommenen Beschäftigung als Maler noch bis zum 31. Januar 2010 Leistungen bezog. Der Beklagte hat den Bescheid vom 23. November 2009 bisher nicht aufgehoben; die Leistungen waren zum 1. Februar 2010 vorerst gestoppt worden (Schreiben des Beklagten vom 30. Dezember 2009). Dieser Leistungsbezug ist nämlich unbeachtlich.

Die Obliegenheit des Leistungsberechtigten zur Kostensenkung hat zwar ihre Anknüpfung im Leistungsbezug. Sie ist aber auf denjenigen beschränkt, der die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II erfüllt und den nach § 37 Abs. 1 SGB II erforderlichen Antrag stellt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 19/09 R, Rdnr. 19).

Der Kläger erfüllte zum 1. Januar 2010 jedoch nicht mehr die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II, so das er ab 1. Januar 2010 keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II mehr hatte. Sein Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung war ausreichend, um seinen Bedarf zu decken.

Nach § 19 Satz 3 SGB II i. d. F. des Gesetzes vom 20. Juli 2006 (BGBl I 2006, 1706) gilt: Das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen mindert die Geldleistungen der Agentur für Arbeit; soweit Einkommen und Vermögen darüber hinaus zu berücksichtigen ist, mindert es die Geldleistungen der kommunalen Träger.

Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme bestimmter – vorliegend vom Kläger nicht erzielter – Leistungen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 30. Juli 2004, BGBl I 2004, 2014 - a. F.).

Nach § 13 Abs. 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 8. April 2008 (BGBl I 2008, 681) - SGB II a. F. – wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung u. a. zu bestimmen, 3. welche Pauschbeträge für die von dem Einkommen abzusetzenden Beträge zu berücksichtigen sind.

Dies ist durch die Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II /Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-VO 2008 vom 17. Dezember 2007 - BGBl I 2007, 2942 - Alg II-VO) erfolgt.

Bei der Berechnung des Einkommens aus nicht selbständiger Arbeit (§ 14 SGB IV) ist von den Bruttoeinnahmen auszugehen. Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Alg II-VO).

Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 SGB II a. F. sind vom Einkommen die auf das Einkommen entrichteten Steuern sowie Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung abzusetzen (so genanntes Netto-Erwerbseinkommen).

Bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, ist anstelle der Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II ein Betrag von insgesamt 100 Euro monatlich abzusetzen. Beträgt das monatliche Einkommen mehr als 400 Euro, gilt § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige nachweist, dass die Summe der Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II den Betrag von 100 Euro übersteigt (§ 11 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB II a. F.).

Im Übrigen bestimmt § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 SGB II a. F., dass vom Einkommen für Erwerbstätige ferner ein Betrag nach § 30 SGB II a. F. abzusetzen ist

§ 30 Satz 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 14. August 2005 (BGBl I 2005, 2407) – SGB II a. F. - bestimmt: Bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, ist von dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein weiterer Betrag abzusetzen. Dieser beläuft sich 1. für den Teil des monatlichen Einkommens, das 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 800 Euro beträgt, auf 20 v. H. und 2. für den Teil des monatlichen Einkommens, das 800 Euro übersteigt und nicht mehr 1.200 Euro beträgt, auf 10 v. H.

Der Kläger erzielte (allein) aus seiner Beschäftigung als Maler bei einem Bruttoarbeitsentgelt von 2.200 Euro monatlich nach Abzug von Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeiträgen ein Nettoeinkommen von 1.462,43 Euro, fällig jeweils am Monatsende.

Dem Kläger stehen als Erwerbstätigem monatlich folgende Freibeträge zu: a) 100 Euro (§ 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II); nicht nachgewiesen ist, dass der Kläger höhere Aufwendungen nach § 11 Satz 1 Nrn. 3 bis 5 SGB II hat (§ 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II). b) 180 Euro (Erwerbstätigenfreibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i. V. m. § 30 SGB II). Bei einem Einkommen von 2.200 Euro errechnet sich dieser zum einen für den mehr als 800 Euro übersteigenden Teil dieses Einkommens aus 20 v. H. des um 100 geminderten Einkommens von 800 Euro, mithin aus 20 v. H. aus 700 Euro und beträgt 140 Euro. Er errechnet sich zum anderen aus dem 800,01 Euro bis 1.200 Euro übersteigenden Teil dieses Einkommens, mithin aus 10 v. H. aus 399,99 Euro (1.200 Euro gemindert um 800,01 Euro) und beträgt 40,00 Euro.

Ausgehend von einem Grundfreibetrag von 100 Euro und einem Erwerbstätigenfreibetrag von 180 Euro verbleibt ein anrechenbares Einkommen von 1182,43 Euro, das ausreicht, um den Bedarf des Klägers nach dem Bescheid vom 23. November 2009 von 737,00 monatlich (359,00 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts, 378,00 Euro für Unterkunft und Heizung) zu decken. Dieses Einkommen ist zudem ausreichend, um neben der Sicherung des Lebensunterhalts (359,00 Euro) auch die tatsächliche Gesamtmiete (425,80 Euro) zu decken (784,80 Euro).

Dies bedeutet: Auch wenn der Kläger vom 1. Dezember 2007 bis 31. Dezember 2009 im Leistungsbezug mit beschränkter Gewährung der Kosten für Unterkunft und Heizung stand, traf ihn keine Obliegenheit, seine Wohnung zum 1. Januar 2010 zu kündigen, um die geforderte Nachzahlung der Betriebs- und der Heizkosten zu vermeiden, denn zum 1. Januar 2010 nahm er eine befristete Beschäftigung zum Maler auf (vgl. den Arbeitsvertrag mit der P GmbH vom 17. Dezember 2009), die er bis zum 30. September 2010 (vgl. den Arbeitsvertrag mit der P GmbH vom 27. Mai 2010 und die Bescheinigung der P GmbH für die Bundesagentur für Arbeit vom 29. September 2010) ausübte. Wegen dieser Beschäftigung hatte er ab 1. Januar 2010 keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II mehr und wurden ab 1. Februar 2010 (bis 31. Mai 2010) folgerichtig Zahlungen aus dem Bescheid vom 23. November 2009 nicht mehr erbracht. Ein erneuter Leistungsbezug trat erst wieder zum 1. Oktober 2010 ein (Bescheid vom 2. November 2010).

Der weitere maßgebliche Zeitpunkt für die Prüfung der Obliegenheit zur Kostensenkung (im Zeitraum bis 31. Dezember 2010) ist vorliegend daher der 1. Oktober 2010 als Beginn des Zeitraums des erneuten Leistungsbezuges. Eine Obliegenheit zur Kostensenkung traf den Kläger somit (erst), seit ein erneuter Leistungsbezug für ihn absehbar war. Dies war aufgrund des Arbeitsvertragesmit der P GmbH vom 27. Mai 2010der Fall. Da dieser Arbeitsvertrag auf den 30. September 2010 befristet war, musste der Kläger damit rechnen, zu diesem Zeitpunkt erneut hilfebedürftig zu werden. Eine Obliegenheit zur Kostensenkung traf den Kläger somit zum 1. Oktober 2010.

Eine Obliegenheit des Leistungsberechtigten zur Kostensenkung besteht zwar nicht für die Zeiten, in denen der Leistungsberechtigte keine Leistungen nach dem SGB II bezieht. Diese Obliegenheit hat vielmehr ihre Anknüpfung allein im Leistungsbezug. Solange damit ein (künftiger) Leistungsberechtigter nicht auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen ist, ist er nicht gehalten, nur auf die bloße Möglichkeit hin, wieder in den Bezug von Arbeitslosengeld II zu geraten, seine Wohnung aufzugeben. Die Obliegenheit ist, wie bereits ausgeführt, auf denjenigen beschränkt, der die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II erfüllt und den nach § 37 Abs. 1 SGB II erforderlichen Antrag stellt, denn nur durch den Antrag begibt sich ein Leistungsberechtigter in das System des SGB II und auch nur nach der Antragstellung bzw. mit Leistungsbeginn unterliegt er dessen Regeln, und zwar auch derjenige, der zum Zeitpunkt der Erstantragstellung bzw. zu Leistungsbeginn bereits eine Wohnung gemietet hatte, hinsichtlich der Kosten dieser Wohnung. Mit der Übernahme der nur angemessenen Mietkosten muss dieser Leistungsberechtigte zwar nicht sogleich rechnen. Dies gilt jedoch nicht, wenn er bereits eine wirksame Kostensenkungsaufforderung erhalten hat und daher "bösgläubig" bezüglich der unangemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 19/09 R, Rdnr. 19). Mithin darf also der (künftige) Leistungsberechtigte, der bereits eine wirksame Kostensenkungsaufforderung erhalten hat, mit Kostensenkungsmaßnahmen nicht zuwarten, wenn ein erneuter Leistungsbezug absehbar ist. Ist ein erneuter Leistungsbezug abzusehen, so hat der (künftige) Leistungsberechtigte seine mit Antragstellung bzw. mit Leistungsbeginn eintretende Obliegenheit nur dann erfüllt, wenn er das ihm Mögliche und Zumutbare zur Kostensenkung so rechtzeitig unternommen hat, dass bei Beginn des Leistungsbezuges die Kosten der Unterkunft und Heizung angemessen sind. Ein Recht, die "Schonzeit" von in der Regel längstens sechs Monaten auszuschöpfen, besteht nicht, da, wie oben bereits dargelegt (BSG, Urteil vom 16. April 2013 – B 14 AS 28/12 R, Rdnr. 20), die Sechs-Monatsfrist Abweichungen nach oben und nach unten zulässt. Die Sechs-Monatsfrist ist nach der Rechtsprechung ohnehin nicht an den Beginn (und die Dauer) des Bezuges von Arbeitslosengeld II, sondern an den Zeitpunkt der Kenntnis des Erfordernisses von Kostensenkungsmaßnahmen geknüpft.

Soweit als Kostensenkungsmaßnahme ein Wohnungswechsel als geboten in Betracht kommt, hat der (zukünftige) Leistungsberechtigte dabei die Kündigungsfristen zu beachten.

§ 573c Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bestimmt: Die Kündigung ist spätestens am 3. Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Die Kündigungsfrist für den Vermieter verlängert sich nach fünf und acht Jahren seit der Überlassung des Wohnraums um jeweils drei Monate. Eine zum Nachteil des Mieters von § 573c Abs. 1 BGB abweichende Vereinbarung ist nach § 573c Abs. 4 BGB unwirksam.

Eine Kündigung des Mietverhältnisses wäre dem Kläger zumutbar gewesen. Aufgrund des auf den 30. September 2010 befristeten Arbeitsvertrages vom 27. Mai 2010 war für den Kläger ein erneuter Leistungsbezug absehbar.

Eine Kündigung des Mietverhältnisses hätte gegenüber dem Vermieter spätestens am 3. Juli 2010, einem Samstag, gegenüber dem Vermieter wirksam erklärt werden können, so dass diese Kündigung zum 1. Oktober 2010 wirksam geworden wäre.

Wäre eine solche Kündigung erfolgt, hätte sich die geforderte Nachzahlung anteilig um drei Monate (Oktober bis Dezember 2010) vermindert. Die geforderte Nachzahlung der Betriebskosten betrug 122,58 Euro. Die geforderte Nachzahlung der Heiz- und Warmwasserkosten betrug 1 341,10 Euro (ermittelt aus 1 835,32 Euro Heizkosten und 119,34 Euro Warmwasserkosten = 1 954,66 Euro Gesamtkosten abzüglich Vorauszahlung von 613,56 Euro). Die geforderte Nachzahlung der Heiz- und Warmwasserkosten ist um den auf die Warmwasserkosten entfallenden Anteil zu reduzieren. Ausgehend von Gesamtkosten mit 1 954,66 Euro beträgt der Anteil der Warmwasserkosten mit 119,34 Euro somit 6,11 v. H. (119,34 Euro x 100 v. H.: 1 954,66 Euro). Um diesen prozentualen Anteil ist die geforderte Nachzahlung der Heiz- und Warmwasserkosten von 1 341,10 Euro, also um 81,94 Euro (1 341,10 x 6,11 v. H.: 100 v. H.) zu reduzieren, so dass als geforderte Nachzahlung der (reinen) Heizkosten 1 259,16 Euro (1 341,10 – 81,94 Euro) verbleiben. Damit ergibt sich eine geforderte Nachzahlung von insgesamt 1 381,74 Euro (122,58 Euro Betriebskosten und 1 259,16 Euro Heizkosten). Wird diese geforderte Nachzahlung von 1 381,74 Euro anteilig um drei Monate (Oktober bis Dezember 2010) vermindert, also um 345,43 Euro (1 381,74 Euro: 12 Monate x 3 Monate), resultiert daraus ein zustehender Anspruch von 1 036,31 Euro.

Das Sozialgericht hat den Beklagten bereits zur Zahlung von 290,21 Euro verurteilt, so dass ein Anspruch von 746,10 Euro (1 036,31 Euro – 290,21 Euro) verbleibt.

Die vom Sozialgericht aufgeworfene Rechtsfrage, ob dieser Betrag um etwaige im Abrechnungsjahr erfolgte Überzahlungen (resultierend aus der Differenz zwischen bewilligter Leistung für Unterkunft und Heizung und tatsächlich zustehender geringeren Leistung für Unterkunft und Heizung) zu reduzieren sei, stellt sich mithin nicht. Für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis 30. September 2010 standen dem Kläger keine Leistungen zu, so dass auch eine Überzahlung in diesem Sinne nicht hat entstehen können. Für die Zeit vom 1. Oktober 2010 bis 31. Dezember 2010 besteht kein Anspruch auf die geforderten Nachzahlungen für Betriebs- und Heizkosten, so dass nichts vorhanden ist, was auf eine Überzahlung anzurechnen wäre.

Die Berufung des Klägers hat somit teilweise Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits. Der Kläger ist mit der geltend gemachten Forderung von 1 218,52 Euro mit insgesamt 1 036,31 Euro erfolgreich gewesen ist.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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