L 5 RS 38/16

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 19 RS 662/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RS 38/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien in einer Mindesthöhe von einem Drittel des durchschnittlichen Monatsverdienstes
Nach Ausschöpfung aller im konkreten Einzelfall gebotenen Ermittlungen kommt in Konstellationen der Glaubhaftmachung des Zuflusses von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien die Glaubhaftmachung von Jahresendprämien in einer Mindesthöhe von einem Drittel des durchschnittlichen
Monatsverdienstes des einzelnen Beschäftigten in Betracht. Dies gilt nur für die Zeit von Juli 1968 bis Dezember 1982 und damit für die Planjahre von 1968 bis 1982.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 30. Dezember 2015 abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2014 verurteilt, den Bescheid vom 29. November 2002 in der Fassung des Bescheides vom 18. November 2010 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1973 bis 1983 weitere Arbeitsentgelte des Klägers wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe wie folgt festzustellen sind: Für das Jahr: 1973 270,83 Mark 1974 283,33 Mark 1975 282,20 Mark 1976 278,41 Mark 1977 284,10 Mark 1978 282,08 Mark 1979 313,12 Mark 1980 334,95 Mark 1981 338,89 Mark 1982 330,56 Mark 1983 343,52 Mark Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten zu zwei Dritteln.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten – im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens – über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1973 bis 1990 (Zuflussjahre) in Form von Jahresendprämien festzustellen.

Dem 1944 geborenen Kläger wurde, nach einem Hochschulstudium in der Fachrichtung Sozialistische Betriebswirtschaft (Fachstudienrichtung: Elektrotechnik) an der Technischen Universität Z ... in der Zeit von September 1965 bis September 1970, mit Ur-kunde vom 15. Oktober 1970 der akademische Grad "Diplom-Ingenieur-Ökonom" verliehen. Er war vom 19. Oktober 1970 bis 31. Dezember 1971 als Problemanalytiker im volkseigenen Betrieb (VEB) Kombinat Robotron Y ... sowie vom 1. Januar 1972 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Programmierer, Organisator, Projektant, Leiter EDV-Programmierung, Gruppenleiter Informationssysteme und Projektant im Deutschen Brennstoffinstitut A ... (Betrieb des VEB Gaskombinat Schwarze Pumpe) beschäftigt. Er erhielt keine Versorgungszusage und war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.

Auf den Antrag des Klägers vom 10. Januar 2002 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 29. November 2002 die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 19. Oktober 1970 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest.

Am 8. Juli 2010 beantragte der Kläger beim Rentenversicherungsträger (Deutsche Rentenversicherung Knappschaft, Bahn, See) die Einbeziehung von zusätzlichen Belohnungen für Beschäftigte der Energiewirtschaft und für Werktätige im Bergbau als Arbeitsentgelt. Seinem Antrag fügte er Zahlungsnachweise für die zusätzliche Belohnung, die er je-weils zum Tag des Bergmanns und des Energiearbeiters erhielt, in Höhe von zehn Prozent für die Jahre 1988 in Höhe von 1.655 Mark und 1989 in Höhe von 1.730 Mark, eine eigene Berechnung für die Jahre 1974 bis 1989 und Verdienstbescheinigungen der Deutschen Brennstoffinstitut A ... GmbH vom 25. September 1992 und 28. Juni 1995 bei. Der Rentenversicherungsträger leitete dieses Schreiben am 12. Juli 2010 an die Beklagte weiter, die es als Überprüfungsantrag wertete und behandelte. Mit Schreiben vom 18. Oktober 2010 forderte die Beklagte bei der Deutschen Brennstoffinstitut A ... GmbH Lohnbescheinigungen hinsichtlich der vom Kläger erzielten Arbeitsentgelte, unter Einbeziehung von gezahlten zusätzlichen Belohnungen für im Bergbau Beschäftigte, an. Die Deutsche Brennstoffinstitut A ... GmbH übersandte mit Schreiben vom 2. November 2010 eine Lohnbescheinigung für den Zeitraum vom 19. Oktober 1970 bis 30. Juni 1990 und wies darauf hin, dass eine Bescheinigung über die Höhe der gezahlten Jahresendprämien und Bergmannstreueprämien nicht erstellt werden könne, da die Zahlung in bar erfolgt sei und die Aufbewahrungsfrist für Kassenbelege lediglich zehn Jahre betragen habe. Im Archiv befänden sich deshalb keinerlei Nachweise zu deren Zahlung.

Mit Bescheid vom 18. November 2010 stellte die Beklagte das Vorliegen der Vorausset-zungen von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 19. Oktober 1970 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, unter Berücksichtigung höherer Arbeitsentgelte für die Jahre 1988 und 1989 wegen nachgewiesener zusätzlicher Belohnungen für Werktätige im Bergbau fest. Zugleich hob sie den bisherigen Bescheid, soweit er entgegenstand, auf.

Den hiergegen vom Kläger mit Schreiben vom 23. November 2010 erhobenen Widerspruch, mit dem er die Anerkennung der zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau auch für die Jahre 1974 bis 1987 begehrte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 2011 zurück. Die hiergegen am 24. Oktober 2011 erhobene Klage wies das Sozialgericht Chemnitz (im Verfahren S 17 RS 1674/11) mit Gerichtsbescheid vom 27. Januar 2014 ab. Auf die hiergegen am 26. Februar 2014 eingelegte Berufung änderte das Sächsisches Landessozialgericht (im Verfahren L 5 RS 166/14) mit Urteil vom 5. Juli 2016 den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 27. Januar 2014 ab und verurteilte die Beklagte, den Bescheid vom 29. November 2002 in der Fassung des Bescheides vom 18. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2011 dahingehend abzuändern, dass weitere Arbeitsentgelte des Klägers für die Jahre 1979 bis 1987 wegen zu berücksichtigender zusätzlicher Belohnungen für Werktätige im Bergbau im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe in bestimmter Höhe zu berücksichtigen sind. Im Übrigen wies es die Berufung zurück. Das Urteil wurde rechtskräftig.

Mit (weiterem), bei der Beklagten am 3. Januar 2014 eingegangenem, Überprüfungsantrag (bereits) vom 20. Dezember 2013 begehrte der Kläger die Berücksichtigung von Jahresendprämien in Höhe von 70 Prozent des Entgelts des jeweils vorangegangenen Kalenderjahres als glaubhaft gemachtes Arbeitsentgelt und reichte eine gemeinsame schriftliche Erklärung der Zeugen Prof. Dr. W ... und V ... vom 14. bzw. 17. Dezember 2007 ein. Diese gaben an, das Deutsche Brennstoffinstitut A ... habe als Kombinatsbetrieb des VEB Gaskombinat Schwarze Pumpe im Zeitraum von 1971 bis 1990 durchgängig Jahresendprämien an seine Mitarbeiter gezahlt; die Prämien hätten jährlich leistungsabhängig etwa 80 bis 100 Prozent des durchschnittlichen Bruttomonatsgehalts betragen; schriftliche personenbezogene Nachweise dieser Zahlungen lägen nicht mehr vor, da die Aufbewahrungsfrist für diese Unterlagen überschritten und die Kassation bereits erfolgt sei.

Den Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Februar 2014 ab. Den hiergegen am 18. März 2014 erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Zufluss der begehrten weiteren Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Die Zeugen hätten keine konkreten Angaben zu den Höhen der Prämien tätigen können. Die Höhe der Jahresendprämien des Einzelnen sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen werden könnten. Eine pauschale Berücksichtigung der Prämien könne daher nicht erfolgen.

Auf die hiergegen am 15. Mai 2014 erhobene Klage hat das Sozialgericht Chemnitz, nach Einholung von schriftlichen Auskünften der Zeugen V ... vom 21. Oktober 2015 und Prof. Dr. W ... vom 30. Oktober 2015, mit Gerichtsbescheid vom 30. Dezember 2015 den Bescheid der Beklagten vom 27. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2014 teilweise aufgehoben und die Beklagte verurteilt, für die Jahre 1971 bis einschließlich 1989 weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen jeweils in Höhe von fünf Sechsteln von 70 Prozent des durchschnittlichen Jahresbruttoverdienstes zu berücksichtigen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger habe den Zufluss der begehrten Jahresendprämien für die Beschäftigungsjahre 1971 bis 1989 dem Grunde nach glaubhaft gemacht. Deren Höhe könne geschätzt werden. Zur Begründung hat es sich umfänglich und teilweise wortwörtlich auf die Entscheidung des Sächsischen Landessozialgerichts vom 4. Februar 2014 (im Verfahren L 5 RS 462/13) gestützt.

Gegen den am 5. Januar 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 14. Januar 2016 Berufung eingelegt, mit der sie die vollständige Klageabweisung weiterverfolgt. Das Sozialgericht habe sich lediglich auf die neuere Rechtsprechung des 5. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts gestützt, die nicht zutreffend sei. Die Schätzung der Höhe von Jahresendprämien sei nicht zulässig, erfolge willkürlich und verfahrensfehlerhaft. Der Zufluss müsse vielmehr bewiesen werden.

Die Beklagte beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 30. Dezember 2015 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Das Gericht hat eine schriftliche Auskunft des Zeugen Dr. C ... im Dezember 2016 eingeholt, die notariell beglaubigte Erklärung des ehemaligen Generaldirektors Dr. U ..., des ehemaligen ökonomischen Direktors Dr. T ..., des ehemaligen stellvertretenden Hauptbuchhalters S ... und des ehemaligen Direktors für Arbeiter-versorgung und Sozialökonomie R ... des ehemaligen VEB Gaskombinat Schwarze Pumpe vom 26. Januar 2009 beigezogen sowie vom Kläger bereits im Verfahren L 5 RS 166/14 angeforderte und von ihm vorgelegte arbeitsvertragliche Unterlagen zum Verfahren genommen.

Mit Schriftsätzen vom 7. August 2017 (Kläger) und vom 18. September 2017 (Beklagte) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

II. Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Teilweise zu Unrecht hat das Sozialgericht Chemnitz dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Feststellung zusätzlicher, in den Jahren 1972 bis 1989 "erwirtschafteter" und in den Jahren 1973 bis 1990 zugeflossener weiterer Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen (teilweise) stattgegeben; teilweise hat es solche hingegen zu Recht zugesprochen. Die vom Sozialgericht Chemnitz zudem für die Jahre 1971 und 1972 zugesprochenen Jahresendprämien hat der Kläger gar nicht begehrt, weil er erst ab 1. Januar 1972 im Deutschen Brennstoffinstitut A ... beschäftigt war und ein Zufluss erst ab dem Jahr 1973 möglich war. Insoweit ist das Sozialgericht Chemnitz bereits über das Klagebegehren des Klägers hinausgegangen, sodass der Gerichtsbescheid insoweit ohnehin keinen Bestand haben kann (vgl. § 123 SGG).

Der Kläger hat lediglich in dem tenorierten Umfang Anspruch auf Feststellung zusätzlicher, ihm in den Jahren 1973 bis 1983 zugeflossener, weiterer Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits mit Bescheid vom 29. November 2002 in der Fassung des Bescheides vom 18. November 2010 (in der Fassung des rechtskräftigen Urteils des Sächsischen Landessozialgerichts [im Verfahren L 5 RS 166/14] vom 5. Juli 2016) festgestellten Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben. Soweit er darüber hinausgehend noch höhere als die tenorierten Arbeitsentgelte sowie solche für die Zuflussjahre 1984 bis 1990 begehrt, ist die Klage unbegründet, weshalb sie im Übrigen zurückzuweisen war. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 27. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), weil mit ihm das Recht unrichtig angewandt bzw. von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch [SGB X]). Deshalb war der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 30. Dezember 2015 (teilweise) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 29. November 2002 in der Fassung des Bescheides vom 18. November 2010 (in der Fassung des rechtskräftigen Urteils des Sächsischen Landessozialgerichts [im Verfahren L 5 RS 166/14] vom 5. Juli 2016) dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1973 bis 1983 weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, wie tenoriert, festzustellen sind.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Diese Voraussetzungen liegen vor, denn der Feststellungsbescheid vom 29. November 2002 in der Fassung des Bescheides vom 18. November 2010 ist teilweise rechtswidrig.

Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren (§ 149 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch [SGB VI]) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat die Beklagte mit dem Feststellungsbescheid vom 6. März 2002 Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Jahresendprämien hat sie jedoch zu Unrecht teilweise nicht berücksichtigt.

Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlten Jahresendprämien dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt, dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig war (so: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 13). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) unter anderen das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten. Sie waren im Regelfall mit dem Betriebsergebnis verknüpft und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren "Formen der Verteilung nach Arbeitsleistung" (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 192f.). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung mussten in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR [nachfolgend: DDR-AGB] vom 16. Juni 1977 [DDR-GBl. I 1977, Nr. 18, S. 185]) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 DDR-AGB). Die Jahresendprämie diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie. Nach § 117 Abs. 1 DDR-AGB bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebs war. Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger die Voraussetzungen der §§ 117, 118 DDR-AGB erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast (sog. Feststellungslast im sozialgerichtlichen Verfahren, vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend und diese Beweislast, unter Ablehnung einer Schätzungsmöglichkeit, betonend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14).

Daraus wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Der Kläger hat, um eine Feststellung zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen, also tatsächlich gezahlt, worden ist.

Gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht dabei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Neben dem Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, ist auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden. Danach wird, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.

Im vorliegenden konkreten Einzelfall hat der Kläger den Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach zwar nicht nachgewiesen, jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter 1.). Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die zur Auszahlung an ihn gelangten, hat er zwar nicht nachgewiesen, zum Teil allerdings, und zwar für die Planjahre 1972 bis 1982, und damit für die Zuflussjahre 1973 bis 1983, in einer Mindesthöhe glaubhaft machen können; eine Schätzung hingegen, wie sie das Sozialgericht Chemnitz im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 30. Dezember 2015 vorgenommen hat, ist nicht möglich (dazu nachfolgend unter 2.).

1. Der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach ist im vorliegenden Fall zwar nicht nachgewiesen (dazu nachfolgend unter a), jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter b):

a) Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine Unterlagen, mit denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst ausführte.

Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor. Dies ergibt sich aus dem Schreiben der Deutschen Brennstoffinstitut GmbH A ... vom 2. November 2010 sowie aus den schriftlichen Auskünften der Zeugen Prof. Dr. W ... und V ... vom 14. bzw. 17. Dezember 2007, die mitgeteilt hatten, dass die Aufbewahrungsfrist für diese Unterlagen überschritten ist und die Kassation bereits erfolgte.

Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien liegen auch im Übrigen nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. § 28f Abs. 5 SGB IV). Weitere Ermittlungen sind demnach nicht mehr möglich.

b) Der Zufluss von Prämienzahlungen dem Grunde nach konkret an den Kläger ist aber im vorliegenden Fall glaubhaft gemacht.

Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen (vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14), überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dieser Beweismaßstab ist zwar durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss also nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die "gute Möglichkeit" aus, das heißt es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer Tatsache reicht deshalb nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. dazu dezidiert: BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 5).

Dies zu Grunde gelegt, hat der Kläger im konkreten Einzelfall glaubhaft gemacht, dass die drei rechtlichen Voraussetzungen (§ 117 Abs. 1 DDR-AGB) für den Bezug einer Jahresendprämie in den geltend gemachten Jahren vorlagen und er jeweils eine Jahresendprämie erhalten hat:

aa) Der Kläger war in den Jahren 1972 bis 1989 während des gesamten Planjahres Angehöriger des Deutschen Brennstoffinstituts A ... (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 3 DDR-AGB), wie sich aus den vorgelegten Arbeits- und Änderungsverträgen vom 22. Dezember 1971, 20. September 1972, 22. September 1972, 25. März 1975, 22. März 1976, 29. September 1977, 17. April 1979, 11. August 1980, 2. Mai 1983, 12. Juni 1985, 3. Juli 1985, 27. Januar 1986, 25. September 1986, 31. März 1987 und 18. Januar 1989 (Bl. 64-80 der Gerichtsakte), aus den Beschäftigungsbescheinigungen vom 25. September 1992, 28. Juni 1995 (Bl. 10-11 der Verwaltungsakte) und 2. November 2010 (Bl. 16 der Verwaltungsakte und Bl. 104 der Gerichtsakte) sowie aus den Eintragungen in seinen Ausweisen für Arbeit und Sozialversicherung (Bl. 94-103 der Gerichtsakte) ergibt.

bb) Mindestens glaubhaft gemacht ist darüber hinaus auch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv, dem der Kläger angehörte, jeweils in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart war (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 1 DDR-AGB). Denn der Abschluss eines Betriebskollektivvertrages zwischen dem Betriebsleiter und der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung war nach § 28 Abs. 1 DDR-AGB zwingend vorgeschrieben. Die Ausarbeitung des Betriebskollektivvertrages erfolgte jährlich, ausgehend vom Volkswirtschaftsplan; er war bis zum 31. Januar des jeweiligen Planjahres abzuschließen (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 111). Ebenso zwingend waren nach § 118 Abs. 1 DDR-AGB in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Satz 3 DDR-AGB die Voraussetzungen und die Höhe der Jahresendprämie in dem (jeweiligen) Betriebskollektivvertrag zu regeln. Konkretisiert wurde diese zwingende Festlegung der Voraussetzungen zur Gewährung von Jahresendprämien im Betriebskollektivvertrag in den staatlichen Prämienverordnungen: So legten die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1972) vom 12. Januar 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 5, S. 49) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 70, S. 810) sowie in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1973) vom 21. Mai 1973 (DDR-GBl. I 1973, Nr. 30, S. 293), mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, sowie die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1982) vom 9. September 1982 (DDR-GBl. I 1982, Nr. 34, S. 595) jeweils staatlicherseits fest, dass die Verwendung des Prämienfonds, die in den Betrieben zur Anwendung kommenden Formen der Prämierung und die dafür vorgesehenen Mittel im Betriebskollektivvertrag festzulegen waren (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Prämienfond-VO 1982). Dabei war, ohne dass ein betrieblicher Ermessens- oder Beurteilungsspielraum bestand, in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren bzw. festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982).

Damit kann in der Regel für jeden Arbeitnehmer in der volkseigenen Wirtschaft, sofern nicht besondere gegenteilige Anhaltspunkte vorliegen sollten, davon ausgegangen werden, dass ein betriebskollektivvertraglich geregelter Jahresendprämienanspruch dem Grunde nach bestand (vgl. dazu auch: Lindner, "Die ‚leere Hülle‘ ist tot – wie geht es weiter?", RV [= Die Rentenversicherung] 2011, 101, 104), auch wenn die Betriebskollektivverträge als solche nicht mehr vorgelegt oder anderweitig vom Gericht beigezogen werden können. Vor diesem Hintergrund ist der von der Beklagten in anderen Verfahren erhobene Einwand, die Betriebskollektivverträge seien anspruchsbegründend, zwar zutreffend, verhindert eine Glaubhaftmachung jedoch auch dann nicht, wenn diese im konkreten Einzelfall nicht eingesehen werden können.

cc) Ausgehend von den schriftlichen Auskünften der Zeugen Prof. Dr. W ..., V ... und Dr. C ... sowie den sonstigen Hinweistatsachen ist zudem glaubhaft gemacht, dass der Kläger und das Arbeitskollektiv, dem er angehörte, die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatten (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 2 DDR-AGB).

Die Zeugen Prof. Dr. W ... (Institutsdirektors des Deutschen Brennstoffinstituts A ... von 1977 bis 1990 und Geschäftsführer der Nachfolge-GmbH von 1991 bis 1996) und V ... (Hauptbuchhalter des Deutschen Brennstoffinstituts A ... von 1981 bis 1990 und kaufmännischer Leiter der Nachfolge-GmbH von 1991 bis 1996) gaben in ihrer gemeinsamen schriftlichen Erklärung vom 14. bzw. 17. Dezember 2007 (Bl. 168 der Gerichtsakte) an, dass das Deutsche Brennstoffinstitut A ... als Kombinatsbetrieb des VEB Gaskombinat Schwarze Pumpe im Zeitraum von 1971 bis 1990 durchgängig Jahresendprämien an seine Mitarbeiter zahlte. Vom Sozialgericht mit Schreiben vom 14. Oktober 2015 nach konkretisierenden Angaben befragt, teilte der Zeuge V ... mit Schreiben vom 21. Oktober 2015 (Bl. 30-33 der Gerichtsakte) mit, dass er seit 1963 im Deutschen Brennstoffinstitut A ... beschäftigt war und im Betrieb selbst für die Festsetzung der Höhe sowie die Auszahlung bzw. Überweisung der Jahresendprämien für alle Beschäftigten des Instituts im Rahmen der von der Institutsleitung vorgegebenen Kriterien verantwortlich war. Er bestätigte, dass auch der Kläger jährlich Jahresendprämien erhielt. Auch der vom Sozialgericht mit Schreiben vom 21. Oktober 2015 nach konkretisierenden Angaben befragte Zeuge Prof. Dr. W ..., teilte mit Schreiben vom 30. Oktober 2015 (Bl. 34-36 der Gerichtsakte) mit, dass die Jahresendprämien jährlich an alle Mitarbeiter gezahlt wurden. Die für die Prämienhöhe maßgebende Leistungseinschätzung wurde vom jeweiligen direkten Vorgesetzten und dem zuständigen Fachdirektor verfasst; für den Kläger sei dies der Leiter des Rechenzentrums gewesen.

Der vom Berufungsgericht mit Schreiben vom 21. November 2016 (Bl 166 der Gerichtsakte) ergänzend befragte Zeuge Dr. C ..., der als Leiter des Rechenzentrum der unmittelbare Vorgesetzte des Klägers im Rechenzentrum des Deutschen Brennstoffinstituts A ... war, teilte mit Schreiben von Dezember 2016 (Bl. 169-171 der Gerichtsakte) mit, dass der Kläger regelmäßig und jedes Jahr aufgrund seiner sehr guten Arbeit ständig Jahresendprämien im Betrieb erhalten hat. Basis der Jahresendprämien war die Summe der Jahresdurchschnittsverdienste, geteilt durch zwölf. Gemäß der Planerfüllung des Instituts und den Anteilen der Bereiche an der Planerfüllung wurden die Beträge den Forschungsbereichen mitgeteilt. In diesen erfolgte die Verteilung auf die Struktureinheiten und weiter auf die einzelnen Kollegen entsprechend der gezeigten Leistungen in dem jeweils betreffenden Jahr. Im Rechenzentrum des Deutschen Brennstoffinstituts A ... wurden jährlich die Plankennziffern erfüllt. Die Auszahlung der Jahresendprämien erfolgte über namentliche Listen in bar; die Empfänger quittierten den Erhalt des Jahresendprämienbetrages auf der Liste mit ihrer Unterschrift. Die Auszahlung erfolgte in der jeweiligen Abteilung. Der Zeuge kontrollierte als Leiter die unterschriebenen Auszahlungslisten. Alle Mitarbeiter erhielten wegen der Erfüllung der jährlichen Plankennziffern Jahresendprämien. Auch im Kollektiv des Klägers wurden die Plankennziffern erfüllt und teilweise sogar überboten. Die Auszahlung der Jahresendprämien erfolgte in der Regel im Februar des Folgejahres für das vorangegangene Planjahr.

Die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugen wird unterstrichen durch die Angaben, die in der notariell beglaubigten Erklärung des ehemaligen Generaldirektors Dr. U ..., des ehemaligen ökonomischen Direktors Dr. T ..., des ehemaligen stellvertretenden Hauptbuchhalters S ... und des ehemaligen Direktors für Arbeiterversorgung und Sozialökonomie R ... des ehemaligen VEB Gaskombinat Schwarze Pumpe vom 26. Januar 2009 (Bl. 172-173 der Gerichtsakte) enthalten sind. Auch in dieser Erklärung wird ausgeführt, dass in den Jahren von 1969 bis 1989 in allen Kombinatsbetrieben des VEB Gaskombinat Schwarze Pumpe, zu denen das Deutsche Brennstoffinstitut A ... als ausdrücklich benannter Kombinatsbetrieb zählte, Jahresendprämien an jeden Beschäftigten jährlich zusätzlich zu seinem Jahresbruttogehalt in Höhe eines durchschnittlichen Monatsbruttogehaltes gezahlt wurden. Die Zahlung der Jahresendprämien wurde dabei nur in betrieblichen Listen und nicht in persönlichen Dokumenten der Beschäftigten erfasst. Die Zahlung der Jahresendprämien für alle Werktätigen des ehemaligen VEB Gaskombinat Schwarze Pumpe wurde auf der Grundlage betrieblicher Vereinbarungen (Rahmenkollektivvertrag über die Arbeits- und Lohnbedingungen der Werktätigen in den sozialistischen Betrieben der Kohleindustrie vom 1./27. Februar 1967 und seiner Nachträge vom 19. April 1967, 15. August 1967, 27. April 1970, 2. Februar 1971 und 17. Mai 1973) getroffen. Soweit die Beklagte in einem anderen Verfahren zum gleichen Kombinat (L 5 RS 965/15) mit Schriftsatz vom 1. Juni 2016, unter Beifügung von schriftlichen Erklärungen der Zeugen Dr. U ... vom 13. April 2016, Dr. T ... vom 14. April 2016 und R ... vom 17. April 2016 (aus dem Verfahren L 22 R 181/15 des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg), meint, die Unterzeichner der Erklärung vom 26. Januar 2009 würden nicht mehr hinter dem Inhalt ihrer eigenen Erklärung stehen und sich von ihr distanzieren, ist darauf hinzuweisen, dass sich dies aus den Stellungnahmen des Jahres 2016 nicht ergibt. Denn zum einen weist Dr. U ... in seiner schriftlichen Erklärung vom 13. April 2016 ausdrücklich auf die notarielle Erklärung vom 26. Januar 2009 hin und nimmt diese in Bezug. Zum anderen wurden die Zeugen ausweislich des Inhalts ihrer Angaben gar nicht danach befragt, ob sie noch hinter ihrer Erklärung aus dem Jahr 2009 stehen würden, sondern vielmehr danach, ob sie Angaben zur Jahresendprämienhöhe eines Beschäftigten namens Schreiber machen können. Was die Beklagte in die Erklärungen hineininterpretiert ist lediglich eine subjektive Wunschvorstellung.

Unzulänglichkeiten des Klägers, die gegebenenfalls eine Kürzung oder Nichtzahlung der Jahresendprämie zur Folge hätten haben können, ergeben sich auch nicht aus anderweitigen Indizien oder Hinweistatsachen. Im Gegenteil: Die Angaben der Zeugen Prof. Dr. W ..., V ... und Dr. C ... sind vor dem Hintergrund der beigezogenen Leistungsbeurteilungen und Arbeitseinschätzungen des Betriebes über den Kläger plausibel und bestätigen die berechtigte Annahme, dass der Kläger die individuellen Leistungskennziffern konkret erfüllte. Aus den vom Kläger bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten Leistungseinschätzungen des Betriebes über den Kläger für die Jahre 1976 bis 1988 (Bl. 38-42 der Verwaltungsakte) ergibt sich, dass der Kläger seine Arbeitsaufgaben stets hervorragend, ausgezeichnet, initiativreich, in guter Qualität, eigenständig und fachlich fundiert verrichtete. Er war maßgeblich an der Erfüllung und Übererfüllung der Planvorgaben und Betriebskennziffern beteiligt und fungierte insoweit als Vorbild im Kollektiv. Zusammenfassend wird dem Kläger damit insgesamt bescheinigt, dass er die ihm übertragenen Aufgaben stets hervorragend erledigte. Er wurde vom Betrieb für hervorragende Leistungen ausgezeichnet und erhielt darüber jeweils seine Leistungen anerkennende Urkunden, beispielsweise: - in Anerkennung des persönlichen Einsatzes bei der Erfüllung der Planaufgaben des Jahre 1973 und des Plananlaufs im Jahr 1974 im Mai 1974 (Bl. 16 der Gerichtsakte), - für vorbildliche Leistungen im sozialistischen Wettbewerb im April 1975 (Bl. 19 der Gerichtsakte), - für vorbildliche Leistungen und hohe Einsatzbereitschaft im Mai 1977, sog. Bestenurkunde des Brennstoffinstituts (Bl. 21 der Gerichtsakte), - für gute Leistungen und persönliche Einsatzbereitschaft im zweiten Halbjahr 1979 (Bl. 22 der Gerichtsakte), - für sehr gute Leistungen im zweiten Halbjahr 1982, sog. Bestenurkunde des Direktionsbereichs Wissenschaftsentwicklung des Deutschen Brennstoffinstituts A ... (Bl. 23 der Gerichtsakte), - für gute Leitungen und persönliche Einsatzbereitschaft im zweiten Halbjahr 1984 (Bl. 24 der Gerichtsakte) und - für vorbildliche Arbeitsleistungen im Oktober 1989, sog. Bestenurkunde des Brennstoffinstituts (Bl. 25 der Gerichtsakte). Unterstrichen wird diese vorbildliche und weder zu Kritik noch Tadel Anlass gebende Arbeitsweise des Klägers durch die ihm verliehenen Auszeichnungen als Mitglied eines "Kollektivs der sozialistischen Arbeit" in den Jahren 1973 bis 1976 (Bl. 17, 18, 20 der Gerichtsakte). Mit dieser Auszeichnung wurden unter anderem beispielgebende Arbeitsleistungen des Kollektivs und jedes einzelnen Mitglieds des Kollektivs im sozialistischen Wettbewerb, also konkret auch des Klägers, gewürdigt (vgl. dazu: § 1 der "Ordnung über die Verleihung und Bestätigung der erfolgreichen Verteidigung des Ehrentitels ‚Kollektiv der sozialistischen Arbeit‘", die Bestandteil der "Bekanntmachung der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen" vom 28. Juni 1978 [DDR-GBl. Sonderdruck Nr. 952, S. 1 ff.] war).

2. Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die für die geltend gemachten Planjahre (1972 bis 1989) zu Beginn der darauffolgenden Zuflussjahre (1973 bis 1990) zur Auszahlung an den Kläger gelangten, konnte er zwar nicht nachweisen (dazu nachfolgend unter a), jedoch für die Zuflussjahre 1973 bis 1983 zum Teil, nämlich in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft machen (dazu nachfolgend unter b). Die Höhe einer dem Grunde nach lediglich glaubhaft gemachten Jahresendprämie darf – entgegen der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats des Sächsischen Landessozialgerichts, auf die sich das Sozialgericht im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 30. Dezember 2015 gestützt hat – allerdings nicht geschätzt werden (dazu nachfolgend unter c).

a) Die dem Kläger in den Planjahren 1972 bis 1989 zu Beginn des darauffolgenden Jahres (1973 bis 1990) zugeflossenen Jahresendprämienbeträge sind der Höhe nach nicht nachgewiesen:

Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine Unterlagen, mit denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst ausführte.

Auszahlungs- bzw. Quittierungslisten oder Anerkennungsschreiben der Abteilung des Betriebes konnten auch die Zeugen Prof. Dr. W ..., V ... und Dr. C ... nicht vorlegen.

Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor. Dies ergibt sich aus dem Schreiben der Deutschen Brennstoffinstitut GmbH A ... vom 2. November 2010 sowie aus den schriftlichen Auskünften der Zeugen Prof. Dr. W ... und V ... vom 14. bzw. 17. Dezember 2007, die mitgeteilt hatten, dass die Aufbewahrungsfrist für diese Unterlagen überschritten ist und die Kassation bereits erfolgte.

Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien liegen auch im Übrigen nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. § 28f Abs. 5 SGB IV). Weitere Ermittlungen sind demnach nicht mehr möglich.

Auch die, den Beteiligten bekannte, in einem anderen Berufungsverfahren (L 5 RS 965/15) durchgeführte, ergänzende gerichtliche Anfrage vom 4. April 2017 beim Bundesarchiv lieferte keine konkreten Hinweistatsachen. Das Bundesarchiv konnte mit Schreiben vom 20. April 2017 lediglich statistische Durchschnittwerte der im VEB Gaskombinat Schwarze Pumpe gezahlten durchschnittlichen Jahresendprämienbeträge pro Vollbeschäftigteneinheit aus verschiedenen Jahren mitteilen, die keinerlei Rückschluss auf die individuelle Höhe der an den Kläger in seinem konkreten Kombinatsbetrieb (Deutsches Brennstoffinstitut A ...) gezahlten Jahresendprämien erlauben.

b) Die konkrete Höhe der an den Kläger für die Planjahre 1972 bis 1989 in den Zuflussjahren 1973 bis 1990 ausgezahlten Jahresendprämienbeträge ist zwar ebenfalls nicht glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter aa). Allerdings sind die für die Planjahre 1972 bis 1982 in den Zuflussjahren 1973 bis 1983 ausgezahlten Jahresendprämienbeträge zumindest zum Teil, nämlich in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter bb):

aa) Den Angaben des Klägers und der Zeugen Prof. Dr. W ..., V ... und Dr. C ... kann lediglich entnommen werden, dass sich die Jahresendprämie leistungsabhängig etwa im Bereich eines Monatslohnes oder darunter bewegte. Die Zeugen Prof. Dr. W ... und V ... gaben in ihrer gemeinsamen schriftlichen Erklärung vom 14. bzw. 17. Dezember 2007 (Bl. 168 der Gerichtsakte) an, dass die Prämien jährlich leistungsabhängig 80 bis 100 Prozent des durchschnittlichen Bruttomonatsgehalts betrugen. Der Zeuge Dr. C ... gab in seiner schriftlichen Zeugenerklärung von Dezember 2016 (Bl. 169-171 der Gerichtsakte) an, dass die Jahresendprämien im Rechenzentrum des Deutschen Brennstoffinstituts, in dem der Kläger arbeitete, etwa 90 bis 95 Prozent des durchschnittlichen Monatsgehalts betrugen. Bei den Angaben der Zeugen hinsichtlich der Höhe der an den Kläger gezahlten Jahresendprämienbeträge handelt es sich jedoch insoweit lediglich um Mutmaßungen, die im Ergebnis auf eine – vom BSG inzwischen abschließend als nicht möglich dargelegte (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.) – Schätzung hinauslaufen und damit nicht zu Grunde gelegt werden können. Denn sämtliche Zeugen fügten bei ihren Erklärungen hinzu, dass sie sich an konkrete Details infolge des langen Zeitablaufs nicht mehr erinnern können und deshalb konkrete Aussagen, insbesondere zur Höhe der Jahresendprämienzahlungen, nicht treffen können.

Auch soweit der Kläger selbst mittels einer sog. als "eidesstattlichen Versicherung" titulierten Erklärung vom 27. September 2015 (Bl. 14 der Gerichtsakte) ausführte, er "habe Jahresendprämien für die Jahre von 1973 bis zum ersten Halbjahr 1990 (Jahr des Zuflusses) mindestens in Höhe von 70 Prozent des monatlichen Durchschnittsverdienstes des vorangegangenen Kalenderjahres erhalten", genügt auch dies nicht zur Glaubhaftmachung einer bestimmten oder bestimmbaren Höhe, da jegliche nachvollziehbaren Grundlagen und Hinweistatsachen fehlen, die ausgerechnet diese "versicherte" Höhe überwiegend wahrscheinlich werden lassen. Auch bei der eidesstattlich versicherten Mindesthöhe des Klägers handelt es sich damit im Ergebnis um eine reine Mutmaßung, die im Ergebnis auf eine – vom BSG inzwischen abschließend als nicht möglich dargelegte (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.) – Schätzung hinausläuft und damit nicht zu Grunde gelegt werden kann. Konkretere oder präzisierende Angaben konnten nämlich gerade weder von den Zeugen noch vom Kläger getätigt werden.

In der Gesamtbetrachtung sind die Angaben des Klägers und der Zeugen Prof. Dr. W ..., V ... und Dr. C ... zur Höhe der an den Kläger geflossenen Jahresendprämienbeträge insgesamt zum einen vage und beruhen zum anderen allein auf dem menschlichen Erinnerungsvermögen, das mit der Länge des Zeitablaufs immer mehr verblasst und deshalb insbesondere in Bezug auf konkrete, jährlich differierende Beträge kaum einen geeigneten Beurteilungsmaßstab im Sinne einer "guten Möglichkeit" gerade des vom Kläger und den Zeugen angegebenen Prozentsatz eines Bruttomonatslohns abzugeben geeignet ist.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass es im Ergebnis grundsätzlich (zu den Ausnahmen nachfolgend unter bb) an einem geeigneten Maßstab fehlt, an dem die konkrete Höhe der dem Grunde nach bezogenen Jahresendprämie beurteilt werden kann und der vom Kläger und den Zeugen behauptete Maßstab, nämlich der durchschnittliche Bruttomonatslohn, nach den rechtlichen Koordinaten des DDR-Rechts gerade nicht der Basis-, Ausgangs- oder Grundwert zur Berechnung einer Jahresendprämie war:

Nicht der Durchschnittslohn des Werktätigen war Ausgangsbasis für die Festlegung der Höhe der Jahresendprämie, sondern die Erfüllung der konkreten Leistungs- und Planzielvorgaben (vgl. dazu deutlich: Gottfried Eckhardt u.a., "Lohn und Prämie – Erläuterungen zum 5. Kapitel des Arbeitsgesetzbuches der DDR" [Heft 4 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 1989, S. 112; Langanke "Wirksame Leistungsstimulierung durch Jahresendprämie", NJ 1984, 43, 44). Aus diesem Grund zählte zu den betriebsbezogenen, in einem Betriebskollektivvertrag festgelegten Regelungen über die Bedingungen der Gewährung einer Jahresendprämie auch die Festlegung und Beschreibung der Berechnungsmethoden, aus denen dann individuelle Kennziffern für den einzelnen Werktätigen zur Berechnung der Jahresendprämie abgeleitet werden konnten.

Dies verdeutlichen auch sonstige rechtliche Regelungen unterhalb des DDR-AGB: So legten die Prämienfond-VO 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 und in der Fassung der 2. Prämienfond-VO 1973 sowie die Prämienfond-VO 1982 fest, wie die Jahresendprämie wirksamer zur Erfüllung und Übererfüllung der betrieblichen Leistungsziele beitragen konnte (§ 7 Prämienfond-VO 1972, § 9 Prämienfond-VO 1982). Danach waren den Arbeitskollektiven und einzelnen Werktätigen Leistungskennziffern vorzugeben, die vom Plan abgeleitet und beeinflussbar waren, die mit den Schwerpunkten des sozialistischen Wettbewerbs übereinstimmten und über das Haushaltsbuch oder durch andere bewährte Methoden zu kontrollieren und abzurechnen waren (§ 7 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Prämienfond-VO 1982). Die durchschnittliche Jahresendprämie je Beschäftigten war in der Regel in der gleichen Höhe wie im Vorjahr festzulegen, wenn der Betrieb mit der Erfüllung und Übererfüllung seiner Leistungsziele die erforderlichen Prämienmittel erarbeitet hatte; für den Betrieb war dieser Durchschnittsbetrag grundsätzlich beizubehalten (§ 9 Abs. 2 Prämienfond-VO 1982). Hervorzuheben ist dabei, dass der Werktätige und sein Kollektiv die ihnen vorgegebenen Leistungskriterien jeweils erfüllt haben mussten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972), die Leistungskriterien kontrollfähig und abrechenbar zu gestalten waren (§ 6 Abs. 1 Satz 2 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" [nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1972]vom 24. Mai 1972 [DDR-GBl. II 1972, Nr. 34, S. 379]) und bei der Differenzierung der Höhe der Jahresendprämie von den unterschiedlichen Leistungsanforderungen an die Abteilungen und Bereiche im betrieblichen Reproduktionsprozess auszugehen war (§ 6 Abs. 3 Spiegelstrich 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972). Außerdem war geregelt, dass die Jahresendprämien für Arbeitskollektive und einzelne Werktätige nach der Leistung unter besonderer Berücksichtigung der Schichtarbeit zu differenzieren waren (§ 7 Abs. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 3 Spiegelstrich 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Satz 1 Prämienfond-VO 1982), wobei hinsichtlich der Kriterien für die Zulässigkeit der Erhöhung der durchschnittlichen Jahresendprämie im Betrieb konkrete Festlegungen nach Maßgabe des § 6 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend 1. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 9. September 1982 (DDR-GBl. I 1982, Nr. 34, S. 598) in der Fassung der "Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 3. Februar 1986 (DDR-GBl. I 1986, Nr. 6, S. 50) zu treffen waren. Danach spielte zum Beispiel der Anteil der Facharbeiter sowie der Hoch- und Fachschulkader in den Betrieben und deren "wesentliche Erhöhung" sowie die "Anerkennung langjähriger Betriebszugehörigkeit" eine Rolle (§ 6 Abs. 2 Satz 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die konkreten Festlegungen erfolgten in betrieblichen Vereinbarungen (§ 6 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die endgültige Festlegung der Mittel zur Jahresendprämierung für die einzelnen Bereiche und Produktionsabschnitte einschließlich ihrer Leiter erfolgte nach Vorliegen der Bilanz- und Ergebnisrechnung durch die Direktoren der Betriebe mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitungen, die entsprechend der im Betriebskollektivvertrag getroffenen Vereinbarung abhängig vom tatsächlich erwirtschafteten Prämienfonds durch den Betrieb und von der Erfüllung der den Bereichen und Produktionsabschnitten vorgegebenen Bedingungen war (§ 8 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 5 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982).

Weder zu den individuellen Leistungskennziffern des Klägers noch zu den sonstigen, die Bestimmung der Jahresendprämienhöhe maßgeblichen Faktoren konnten der Kläger oder die Zeugen nachvollziehbare Angaben tätigen.

Die Kriterien, nach denen eine hinreichende Glaubhaftmachung erfolgt, sind demnach im konkreten Fall nicht erfüllt. Die bloße Darstellung eines allgemeinen Ablaufs und einer allgemeinen Verfahrensweise wie auch der Hinweis, dass in anderen Fällen Jahresendprämien berücksichtigt worden sind – etwa weil dort anderweitige Unterlagen vorgelegt werden konnten –, genügen nicht, um den Zufluss von Jahresendprämien in einer bestimmten oder berechenbaren Höhe konkret an den Kläger glaubhaft zu machen. Denn hierfür wäre – wie ausgeführt – erforderlich, dass in jedem einzelnen Jahr des vom Kläger geltend gemachten Zeitraumes eine entsprechende Jahresendprämie nachgewiesen worden wäre, und zwar nicht nur hinsichtlich des Zeitraumes, sondern auch hinsichtlich der Erfüllung der individuellen Leistungskennziffern, um eine konkrete Höhe als berechenbar erscheinen zu lassen.

bb) Allerdings kommt für die Zeiträume der Geltung - der "Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1968) vom 26. Juni 1968 (DDR-GBl. II 1968, Nr. 67, S. 490) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1968) vom 10. Dezember 1969 (DDR-GBl. II 1969, Nr. 98, S. 626), - der "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für das Jahr 1971" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1971) vom 20. Januar 1971 (DDR-GBl. II 1971, Nr. 16, S. 105) und - der Prämienfond-VO 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 sowie in der Fassung der 2. Prämienfond-VO 1973, mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, von Juli 1968 bis Dezember 1982 (also bis zum Inkrafttreten der Prämienfond-VO 1982 am 1. Januar 1983) eine Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien in einer Mindesthöhe in Betracht.

Für diese Zeiträume legten - § 9 Abs. 7 Prämienfond-VO 1968, - § 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971 und - § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Prämienfond-VO 1972 nämlich verbindlich fest, dass der Prämienfond (auch) bei leistungsgerechter Differenzierung der Jahresendprämie ermöglichen musste, dass die Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen Werktätigen ein Drittel seines (durchschnittlichen) Monatsverdienstes betrug. Diese Mindesthöhe der an den einzelnen Werktätigen zu zahlenden Jahresendprämie durfte nach § 12 Nr. 6 Satz 2 Prämienfond-VO 1971 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 Prämienfond-VO 1972 nur dann unterschritten werden, wenn der Werktätige nicht während des gesamten Planjahres im Betrieb tätig war und einer der Ausnahmefälle des § 5 Abs. 1 Satz 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 vorlag. Diese Regelungen bestätigen damit, insbesondere durch die Formulierung, dass die für "diese Werktätigen zu zahlende Jahresendprämie die Mindesthöhe von einem Drittel eines monatlichen Durchschnittsverdienstes" nur in Ausnahmefällen unterschreiten konnte, dass die Vorschriften an eine individuelle und nicht an eine generelle Mindesthöhe des Jahresendprämienbetrages des einzelnen Werktätigen anknüpften. Diese maßgeblichen DDR-rechtlichen Regelungen sind im hier vorliegenden Zusammenhang der Jahresendprämienhöhe des einzelnen Werktätigen daher als generelle Anknüpfungstatsachen heranzuziehen (vgl. zu diesem Aspekt beispielsweise: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 2/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19) und bestätigen – im Zeitraum ihrer Geltung – zumindest eine individuelle Mindesthöhe des Jahresendprämienbetrages jedes einzelnen Werktätigen, der die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach erfüllte. Soweit die Beklagte meint, bei dem in den vorbenannten Vorschriften enthaltenen Mindestbetrag der Jahresendprämie habe es sich lediglich um einen statistischen Wert bzw. um eine betriebliche Kennziffer gehandelt, die keine auf den einzelnen Werktätigen bezogene Individualisierung beinhaltet habe, trifft dies ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Regelungen, des systematischen Zusammenhangs der Vorschriften sowie des Sinns und Zwecks der Normen nicht zu. Denn die Regelungen knüpfen nicht an einen "durchschnittlichen Monatsverdienst" bzw. an einen "monatlichen Durchschnittsverdienst" aller Beschäftigten des Betriebes sondern an den "durchschnittlichen Monatsverdienst" bzw. "monatlichen Durchschnittsverdienst" des, also des einzelnen, Werktätigen an (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 Prämienfond-VO 1972) bzw. regeln ausdrücklich, dass "die Mindesthöhe der Jahresendprämie für den einzelnen Werktätigen" ein Drittel des, also des einzelnen, monatlichen Durchschnittsverdientes zu betragen hatte (§ 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971). Zutreffend ist zwar, wie auch die Beklagte vorträgt, dass ein grundsätzlicher Rechtsanspruch des einzelnen Werktätigen auf eine Prämierung in Form von Jahresendprämie nur dann besteht, wenn es der Prämienfonds ermöglichte, mindestens ein Drittel eines durchschnittlichen Monatsverdienstes für diese Form der materiellen Interessiertheit zur Verfügung zu stellen. Zutreffend ist auch, wie die Beklagte weiterhin vorträgt, dass Voraussetzung dafür ist, dass Werktätige einen Rechtsanspruch auf die Leistungsprämienart "Jahresendprämie" dem Grunde nach haben, dass der Betrieb erarbeitete Prämienmittel zumindest in diesem Umfang für die Jahresendprämie bereitstellte. Dass der konkrete betriebliche Prämienfond des Beschäftigungsbetriebes des Klägers in den betroffenen Jahresendprämienjahren diese Voraussetzungen konkret erfüllte, ist im konkreten Fall aber hinreichend tatsächlich glaubhaft gemacht worden, weil der Kläger sämtliche konkrete Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Jahresendprämie in den streitgegenständlichen Jahresendprämienjahren erfüllte. Die Beklagte verwischt mit ihrer Argumentation, dass die Anspruchsvoraussetzungen im konkreten Einzelfall dem Grunde nach vollständig glaubhaft gemacht worden sind, wenn sie meint, eine Glaubhaftmachung der Höhe nach von einem Drittel des durchschnittlichen Monatsverdienstes käme nicht in Betracht, weil unklar geblieben sei, ob der Prämienfond den Mindestbetrag in der Mindesthöhe überhaupt zur Verfügung gestellt habe bzw. ob der Betrieb erarbeitete Prämienmittel im Mindestumfang überhaupt für die Jahresendprämie bereitgestellt habe, mithin, ob der Kläger dem Grunde nach überhaupt Anspruch auf Jahresendprämien gehabt habe. Deshalb beinhaltet die Argumentation der Beklagten einen unzulässigen, und deshalb unbeachtlichen, Zirkelschluss (sog. petitio principii).

Für den Zeitraum ab dem Planjahr 1983 unter Geltung der am 1. Januar 1983 in Kraft getretenen Prämienfond-VO 1982 kann ein derartiges oder ähnliches Ergebnis im Hinblick auf einen individuellen Mindestbetrag einer Jahresendprämie nicht mehr festgestellt werden. Die Prämienfond-VO 1982 legte einen Mindestbetrag oder eine berechenbare Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen Werktätigen nicht mehr fest. § 9 Abs. 3 Satz 5 Prämienfond-VO 1982 bestimmte vielmehr nur noch, dass die einzelnen Werktätigen (bei Erfüllung der für sie festgelegten Leistungskriterien und bei Erfüllung und Übererfüllung der für den einzelnen Betrieb festgelegten Leistungsziele) eine Jahresendprämie annähernd in gleicher Höhe wie im Vorjahr erhalten sollten. Damit wurde in der Prämienfond-VO 1982 abweichend von den bisherigen Regelungen der Prämienfond-VO’en 1968, 1971 und 1972 weder eine Mindesthöhe noch eine zwingende Mindestvorgabe festgeschrieben. Insbesondere die Verwendung des Verbs "sollen" in der vorbezeichneten Vorschrift verdeutlicht, dass zwingende oder aus bundesrechtlicher Sicht "justiziable" Mindestbeträge nicht vorgegeben waren, die als generelle Anknüpfungstatsachen gewertet werden könnten. Auch eine "statische Fortschreibung" der zuletzt im Planjahr 1982 unter der Geltung der Prämienfond-VO 1972 ausgezahlten Jahresendprämie des Einzelnen war damit nicht verbunden.

Für die vorliegende Sachverhaltskonstellation haben diese Regelungen damit für die geltend gemachten Planjahre 1972 bis 1982 in den Zuflussjahren 1973 bis 1983 Bedeutung, weil der Kläger in diesen Jahren den Zufluss von Jahresendprämien, und damit das Vorliegen der Zahlungsvoraussetzungen, dem Grunde nach glaubhaft gemacht hat. Die Mindesthöhe ist auch konkret berechenbar, weil sich der durchschnittliche Monatsverdienst des Klägers, ausgehend von den in den Feststellungsbescheiden der Beklagten vom 29. November 2002 und vom 18. November 2010 enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stelle (Verdienstbescheinigungen der Deutschen Brennstoffinstitut GmbH A ... vom 25. September 1992, 28. Juni 1995 [Bl. 10-11 der Verwaltungsakte] und 2. November 2010 [Bl. 16 der Verwaltungsakte und Bl. 104 der Gerichtsakte]) basierenden Entgelten, hinreichend individualisiert ermitteln lässt. Etwaigen Ungenauigkeiten bei der so zu Grunde gelegten Bestimmung des durchschnittlichen Monatsverdienstes bzw. des monatlichen Durchschnittsverdienstes, der sich nach § 5 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 nach der "Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 1. Durchschnittsentgelt-VO) vom 21. Dezember 1961 (DDR-GBl. II 1961, Nr. 83, S. 551, berichtigt in DDR-GBl. II 1962, Nr. 2, S. 11) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 2. Durchschnittsentgelt-VO) vom 27. Juli 1967 (DDR-GBl. II 1967, Nr. 73, S. 511, berichtigt in DDR-GBl. II 1967, Nr. 118, S. 836) richtete, trägt die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 6 AAÜG hinreichend Rechnung, nach der glaubhaft gemachte Entgelte nur zu fünf Sechsteln zu berücksichtigen sind. Mit dieser Regelung sind Schwankungen die sich aus dem Durchschnittsentgelt nach Maßgabe der vorbenannten Durchschnittsentgeltverordnungen ergeben könnten, hinreichend aufgefangen, zumal diese Verordnungen sowohl für die Berechnung des Brutto- als auch des Nettodurchschnittsverdienstes galten (§ 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO) und der Berechnung des Durchschnittsverdienstes alle Lohn- und Ausgleichszahlungen zu Grunde lagen (§ 3 Abs. 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO), mit Ausnahme von ganz besonderen Zahlungen (§ 3 Abs. 2 der 1. Durchschnittsentgelt-VO), die ohnehin nicht Grundlage des bescheinigten Bruttoarbeitsentgelts waren (unter anderem Überstundenzuschläge, zusätzliche Belohnungen, besondere Lohnzuschläge, bestimmte lohnsteuerfreie Prämien, Untertageprämien, Ausgleichszahlungen bei Teilnahme an Lehrgängen über 14 Kalendertagen, Ausgleichszahlungen infolge ärztlich bescheinigter Arbeitsunfähigkeit sowie Entschädigungen). Anhaltspunkte dafür, dass derartige besondere Zuschläge und Prämien Bestandteil der in den Feststellungsbescheid der Beklagten vom 29. November 2002 und vom 18. November 2010 enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stelle (Verdienstbescheinigungen der Deutschen Brennstoffinstitut GmbH A ... vom 25. September 1992, 28. Juni 1995 [Bl. 10-11 der Verwaltungsakte] und 2. November 2010 [Bl. 16 der Verwaltungsakte und Bl. 104 der Gerichtsakte]) basierenden Entgelte sind, ergeben sich aus keinem zu berücksichtigenden Blickwinkel.

Dies zu Grunde gelegt, sind für den Kläger Jahresendprämienzahlungen für die Planjahre 1972 bis 1982 in den Zuflussjahren 1973 bis 1983 wie folgt zu berücksichtigen: JEP-An-spruchsjahr Jahresarbeits-verdienst Monatsdurch-schnitts-verdienst JEP-Mindest-betrag (= 1/3) davon 5/6 (exakt) JEP-Zuflussjahr 1972 11.700,00 M 975,00 M 325,00 M 270,83 M 1973 1973 12.240,00 M 1.020,00 M 340,00 M 283,33 M 1974 1974 12.191,00 M 1.015,92 M 338,64 M 282,20 M 1975 1975 12.031,00 M 1.002,28 M 334,09 M 278,41 M 1976 1976 12.273,00 M 1.022,75 M 340,92 M 284,10 M 1977 1977 12.186,00 M 1.015,50 M 338,50 M 282,08 M 1978 1978 13.527,00 M 1.127,25 M 375,75 M 313,12 M 1979 1979 14.470,00 M 1.205,83 M 401,94 M 334,95 M 1980 1980 14.640,00 M 1.220,00 M 406,67 M 338,89 M 1981 1981 14.280,00 M 1.190,00 M 396,67 M 330,56 M 1982 1982 14.840,00 M 1.236,67 M 412,22 M 343,52 M 1983

c) Weil der Kläger den Bezug (irgend-)einer Jahresendprämie für die Planjahre 1983 bis 1989, mit Zufluss in den Jahren 1984 bis 1990, dem Grunde nach nur glaubhaft gemacht hat, deren Höhe aber weder nachweisen noch glaubhaft machen konnte, durfte das Sozialgericht die Höhe nicht schätzen (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.). Denn eine weitere Verminderung des Beweismaßstabes im Sinne einer Schätzungswahrscheinlichkeit sieht § 6 AAÜG nicht vor. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzbefugnis schaffen wollen, so hätte er dies gesetzlich anordnen und Regelungen sowohl zu ihrer Reichweite (Schätzung des Gesamtverdienstes oder nur eines Teils davon) als auch zum Umfang der Anrechnung des geschätzten Verdienstes treffen müssen, nachdem er schon für den strengeren Beweismaßstab der Glaubhaftmachung nur die Möglichkeit einer begrenzten Berücksichtigung (zu fünf Sechsteln) ermöglicht hat. Auch aus § 6 Abs. 5 AAÜG in Verbindung mit § 256b Abs. 1 und § 256c Abs. 1 und 3 Satz 1 SGB VI ergibt sich keine materiell-rechtliche Schätzbefugnis. Rechtsfolge einer fehlenden Nachweismöglichkeit des Verdienstes ist hiernach stets die Ermittlung eines fiktiven Verdienstes nach Tabellenwerten, nicht jedoch die erleichterte Verdienstfeststellung im Wege der Schätzung im Sinne einer Überzeugung von der bloßen Wahrscheinlichkeit bestimmter Zahlenwerte. Die prozessuale Schätzbefugnis gemäß § 287 ZPO, die nach § 202 Satz 1 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren lediglich subsidiär und "entsprechend" anzuwenden ist, greift hier von vornherein nicht ein. Denn § 6 Abs. 6 AAÜG regelt als vorrangige und bereichsspezifische Spezialnorm die vorliegende Fallkonstellation (ein Verdienstteil ist nachgewiesen, ein anderer glaubhaft gemacht) abschließend und lässt für die allgemeine Schätzungsvorschrift des § 287 ZPO keinen Raum. Indem § 6 Abs. 6 AAÜG die Höhe des glaubhaft gemachten Verdienstteils selbst pauschal auf fünf Sechstel festlegt, bestimmt er gleichzeitig die mögliche Abweichung gegenüber dem Vollbeweis wie die Rechtsfolge der Glaubhaftmachung selbst und abschließend. Eine einzelfallbezogene Schätzung scheidet damit aus. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzung zulassen wollen, so hätte er das Schätzverfahren weiter ausgestalten und festlegen müssen, ob und gegebenenfalls wie mit dem Abschlag im Rahmen der Schätzung umzugehen ist. Das Fehlen derartiger Bestimmungen belegt im Sinne eines beredten Schweigens zusätzlich den abschließenden Charakter der Ausnahmeregelung in § 6 Abs. 6 AAÜG als geschlossenes Regelungskonzept (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 19). Eine Schätzung ist deshalb nur bei dem Grunde nach nachgewiesenen Zahlungen möglich (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 - B 4 RA 6/99 R - SozR 3-8570 § 8 Nr. 3 = JURIS-Dokument, RdNr. 17).

3. Die (in der Mindesthöhe für die Zuflussjahre 1973 bis 1983 glaubhaft gemachten) Jahresendprämien als Arbeitsentgelt im Sinne der §§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG waren auch nicht nach der am 1. August 1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage (Inkrafttreten des AAÜG) steuerfrei im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV in Verbindung mit § 1 ArEV (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 33-41, ebenso nunmehr: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 13). Es handelt sich vielmehr um gemäß § 19 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wurden).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt anteilig das Verhältnis zwischen Obsiegen und Unterliegen.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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