Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 5119/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3492/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.08.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Kostenerstattung iHv weiteren 5.127,24 EUR für eine vollstationäre Krankenhausbehandlung in einer psychosomatischen Privatklinik.
Die 1979 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Im Juni 2013 trat bei ihr eine akute allgemeine Dekompensation mit extremen Kopfschmerzen, Schwindel und Angstzuständen im Sinne eines Burn-Outs ein. Sie befand sich ab 24.06.2013 in nahezu täglicher Behandlung bei der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. F ... Diese diagnostizierte eine depressive Erschöpfung (F48.0) und Migräne mit Aura (G43.1). Die Ärztin versuchte Plätze für eine stationäre Behandlung zu finden. Die rheumatologische Klinik O. teilte am 26.06.2013 mit, dass eine stationäre Aufnahme am 12.08.2013 möglich sei. Dr. F. überwies die Klägerin an einen Rheumatologen zur Veranlassung einer stationären Behandlung in O ... Am 27.06.2013 vermerkte sie in ihrer Patientenkartei "Klinik am A. Schmerzklinik B. M., Aufnahmetermin wird vorgezogen". Am 05.07.2013 stellte die sie Überweisungen zum Orthopäden und HNO-Arzt aus. Am 16.07.2013 diagnostizierte die Ärztin eine mittelgradige depressive Episode (F32.1) und vereinbarte am 19.07.2013 einen Termin in der Tagesklinik Neurologie S ...
Am 22.07.2013 wurde die Klägerin in der Tagesklinik untersucht. Die Ärzte empfahlen medikamentös eine Dauertherapie zur Behandlung der Migräne. Zudem führten sie aus, sollte sich der Verdacht auf eine depressive Störung erhärten, wäre eine psychiatrische bzw. psychotherapeutische Mitbehandlung empfehlenswert.
Der Ehemann der Klägerin suchte auf eigene Initiative eine Klinik für seine Ehefrau, wurde auf die Akutklinik B. S. aufmerksam und drängte auf eine Einweisung. Am 23.07.2013 stellte Dr. F. eine Verordnung von Krankenhausbehandlung in der psychosomatischen Akutklinik B. S. aus. Bei dieser Klinik handelt es sich um eine Privatklinik, die nicht für Versicherte gesetzlicher Krankenkassen zugelassen ist.
Ebenfalls am 23.07.2013 fand ein persönliches Gespräch des Ehemannes der Klägerin mit einem Mitarbeiter der Beklagten statt. Dabei überreichte der Ehemann Unterlagen für die Aufnahme in der Klinik und beantragte für die Klägerin die Übernahme der Kosten für die Krankenhausbehandlung. Er wurde darauf hingewiesen, dass eine Aufnahme erst nach Genehmigung durch die Beklagte möglich sei und ansonsten diese auf eigenes Risiko geschehe. Zudem wurde der Ehemann über Vertragskliniken informiert und auf bestehende Wartezeiten hingewiesen.
Die Klägerin wurde am 24.07.2013 in der Klinik aufgenommen und befand sich dort bis 13.09.2013 in stationärer Krankenhausbehandlung. Die Krankenhausärzte diagnostizierten unter anderem eine mittelgradige depressive Episode und eine anhaltend somatoforme Schmerzstörung.
Nach Vorlage eines Kostenvoranschlags teilte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 08.08.2013 mit, dass sie sich an den Kosten der stationären Behandlung in der Akutklinik B. S. mit einem Betrag iHv 8.126,80 EUR beteilige. Ausgehend vom Kostenvoranschlag iHv 13.608 EUR betrage der Eigenanteil voraussichtlich 5.481,20 EUR. Zusätzlich falle für jeden Tag der Krankenhausbehandlung die gesetzliche Zuzahlung iHv 10 Euro an, diese begrenzt auf 28 Tage pro Kalenderjahr. Zwar sei das gewählte Krankenhaus nicht für Versicherte gesetzlicher Krankenkassen zugelassen. Im Rahmen einer Satzungsregelung würde sich die Beklagte jedoch in der Höhe an den Kosten, wie sie bei einer vergleichbaren Behandlung der Erkrankung in einem Vertragskrankenhaus angefallen wären, beteiligen.
Mit Schreiben vom 02.09.2013 erhob die Klägerin Widerspruch. Sie machte geltend, dass sie sich am 24.07.2013 akut in Behandlung begeben habe müssen, um weitere Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit zu vermeiden. Sie bitte darum, ihren Anteil an dem Aufenthalt zu überdenken bzw zu reduzieren. Zudem übersandte Sie ein Attest von Dr. F. vom 18.09.2013. Darin führte die Ärztin aus, dass die Diagnostik über zahlreiche Fachärzte zu einem V.a. ein Fibromyalgiesyndrom geführt habe. Es sei im Verlauf zu mehreren Hörstürzen gekommen. Die Schmerzsymptomatik habe immer mehr zugenommen. Der Versuch einer Akutaufnahme in der Klinik Dr. R. in C.-H. sei mangels Therapieplatz, der für November in Aussicht gestellt worden sei, gescheitert. Auf Initiative des Ehemanns sei dann die Akutaufnahme in der Akutklinik B. S. erfolgt. Die stationäre Aufnahme in dieser Klinik sei dringend indiziert gewesen, ohne Möglichkeit eines Aufschubs.
Für den Klinikaufenthalt stellte die Klinik der Klägerin für die Zeit vom 24.07.2013 bis 15.08.2013 einen Betrag iHv 5.346 EUR sowie für die Zeit vom 16.08.2013 bis 13.09.2013 iHv 7.047 EUR in Rechnung (das sind insgesamt 12.393 EUR). Die Beklagte erstattete der Klägerin insgesamt 7.265,76 EUR.
Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) mit der Erstellung eines Gutachtens. Dr. M.-J. führte im Gutachten vom 18.11.2013 aus, dass die Notwendigkeit von Krankenhausbehandlung im Einzelfall sehr wahrscheinlich gegeben gewesen sei. Allerdings habe die Aufnahme nicht notfallmäßig erfolgen müssen. Aus nicht näher bekannten Gründen sei hier auf das reguläre Procedere, nämlich die ambulante Vorstellung beim niedergelassenen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie ebenso verzichtet worden, wie auf die Kontaktaufnahme zur lokal zuständigen kassenzugelassenen Fachklinik. Im Rahmen der Vorstellung beim Facharzt wäre es möglich gewesen, zunächst eine Krisenintervention durchzuführen und dann die stationäre Einweisung zu veranlassen. Es habe deshalb keine Notwendigkeit der notfallmäßigen stationären Aufnahme in einer wohnortfern gelegenen Privatklinik bestanden. In einem weiteren Gutachten des MDK vom 06.03.2014 wurde an dieser Auffassung festgehalten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.09.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass nach der Satzung der Beklagten die Kosten bis zur Höhe der vergleichbaren Vertragssätze abzüglich der Zuzahlung getragen werden könnten. Eine solche Kostentragung sei hier möglich und bereits durchgeführt. Ein weiterreichender Anspruch auf Erstattung der privatärztlichen Leistung könne sich aus der Satzungsvorschrift aber nicht ergeben. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 13 Abs. 3 SGB V. Eine Notfallsituation habe nicht vorgelegen.
Hiergegen hat die Klägerin am 14.09.2015 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Sie hat geltend gemacht, dass die Beklagte eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht habe und ihr deshalb die gesamten Kosten zu erstatten seien.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.08.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V nicht erfüllt seien. Eine unaufschiebbare Leistung bzw ein Notfall habe nicht vorgelegen. Eine Notfallbehandlung lasse im Übrigen Vergütungsansprüche nur im Verhältnis zwischen Krankenhaus und Krankenkasse entstehen. Eine Kostenerstattung scheide diesen Fällen von vornherein aus. Da sich die Rechnung der Akutklinik direkt an die Klägerin gerichtet habe, sei davon auszugehen, dass die Klinik selbst ebenfalls nicht von einem Notfall ausgegangen sei. Der Klägerin wäre es möglich gewesen, sich zunächst ambulant beim niedergelassenen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie vorzustellen, hilfsweise mit der zugelassenen Fachklinik Kontakt aufzunehmen. Die subjektiv von der Klägerin als Notfall empfundene Situation könne durch die medizinischen Unterlagen nicht objektiviert werden.
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten am 15.08.2016 zugestellten Gerichtsbescheid haben diese am 15.09.2016 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.
Der Senat hat die Krankenakte von Dr. F. beigezogen und diese Ärztin schriftlich befragt. Dr. F. hat ausgeführt, dass diverse Versuche unternommen worden seien, eine Akutaufnahme in einer zugelassenen Klinik zu erreichen. Es seien noch nicht sämtliche Kontaktversuche schriftlich dokumentiert worden. Die Schmerzsituation sei bei der Klägerin derartig eskaliert, dass ständig im Rahmen der hausärztlichen Sprechstunde akut habe interveniert werden müssen. Eine Wartezeit sei unter den gegebenen Umständen nicht mehr zumutbar gewesen. Eine suizidale Gefährdung sei in der zugespitzten Akutsituation nicht sicher auszuschließen gewesen. Die Indikation zur Einweisung in eine geschlossene Abteilung der Psychiatrie habe jedoch zu keinem Zeitpunkt bestanden.
Auch hat der Senat die Akutklinik B. S. schriftlich im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Notfall und zur Unaufschiebbarkeit einer Leistung befragt. Der ärztliche Direktor der Klinik hat ausgeführt, bei Aufnahme habe davon ausgegangen werden müssen, dass ein weiteres Zuwarten ohne kausale psychosomatische Behandlung mit intensiver Psychotherapie zu einer weiteren Dekompensation der Symptomatik mit krisenhaftem Charakter geführt hätte. Es habe zwar kein Notfall im Sinne des § 76 Abs 1 S 2 SGB V bestanden, jedoch hätte eine unaufschiebbare Aufnahme vorgelegen.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass im Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus ein akuter Notfall vorgelegen habe. Die Notsituation hätte mit ambulanten Behandlungen nicht behoben werden können. Sie habe sich über ihren Ehemann rechtzeitig an die Beklagte gewandt. Von dort sei ihr mitgeteilt worden, dass längere Wartezeiten für Vertragskliniken bestehen würden. Sie sei nicht auf die Akutklinik in B. S. fixiert gewesen. Die Beklagte habe nicht rechtzeitig eine Behandlung in einer anderen Klinik zur Verfügung gestellt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.08.2016 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 08.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.09.2015 abzuändern sowie ihr die weiteren Kosten für die stationäre Krankenbehandlung in der Akutklinik B. S. in der Zeit vom 24.07.2013 bis zum 13.09.2013 in Höhe von 5.127,24 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass kein Notfall vorgelegen habe. In diesem Fall wäre sie über die Notfallambulanz auch in einer zugelassenen Klinik aufgenommen worden. Die Klägerin habe sich selbst entschieden, die weiter entfernt liegende Akutklinik B. S. aufzusuchen.
Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 03.07.2017 erörtert. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 08.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.09.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung weiterer Kosten für die stationäre Behandlung in der Akutklinik B. S ...
Der Senat sieht von einer weiteren eingehenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab, weil er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs 2 SGG).
Der Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren und die vom Senat durchgeführten Ermittlungen stützen die vom SG vertretene Auffassung, dass es der Klägerin möglich gewesen wäre, sich zunächst ambulant beim niedergelassenen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie vorzustellen, hilfsweise mit der zugelassenen Fachklinik Kontakt aufzunehmen. Es mag durchaus sein, dass eine Indikation für eine Einweisung in eine geschlossene Abteilung der Psychiatrie nicht vorgelegen hat, wie Dr. F. schreibt. Doch verfügt das für die Klägerin nächstgelegene Fachkrankenhaus, das Klinikum N., Zentrum für Psychiatrie in C.-H., über mehrere Abteilungen (ua eine Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie), die für die Behandlung der bei der Klägerin diagnostizierten Gesundheitsstörungen (mittelgradige depressive Störung, somatoforme Schmerzstörung) geeignet sind. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass sie oder ihre Ärztin sich auch bei dieser Klink um einen stationären Aufenthalt bemüht hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Kostenerstattung iHv weiteren 5.127,24 EUR für eine vollstationäre Krankenhausbehandlung in einer psychosomatischen Privatklinik.
Die 1979 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Im Juni 2013 trat bei ihr eine akute allgemeine Dekompensation mit extremen Kopfschmerzen, Schwindel und Angstzuständen im Sinne eines Burn-Outs ein. Sie befand sich ab 24.06.2013 in nahezu täglicher Behandlung bei der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. F ... Diese diagnostizierte eine depressive Erschöpfung (F48.0) und Migräne mit Aura (G43.1). Die Ärztin versuchte Plätze für eine stationäre Behandlung zu finden. Die rheumatologische Klinik O. teilte am 26.06.2013 mit, dass eine stationäre Aufnahme am 12.08.2013 möglich sei. Dr. F. überwies die Klägerin an einen Rheumatologen zur Veranlassung einer stationären Behandlung in O ... Am 27.06.2013 vermerkte sie in ihrer Patientenkartei "Klinik am A. Schmerzklinik B. M., Aufnahmetermin wird vorgezogen". Am 05.07.2013 stellte die sie Überweisungen zum Orthopäden und HNO-Arzt aus. Am 16.07.2013 diagnostizierte die Ärztin eine mittelgradige depressive Episode (F32.1) und vereinbarte am 19.07.2013 einen Termin in der Tagesklinik Neurologie S ...
Am 22.07.2013 wurde die Klägerin in der Tagesklinik untersucht. Die Ärzte empfahlen medikamentös eine Dauertherapie zur Behandlung der Migräne. Zudem führten sie aus, sollte sich der Verdacht auf eine depressive Störung erhärten, wäre eine psychiatrische bzw. psychotherapeutische Mitbehandlung empfehlenswert.
Der Ehemann der Klägerin suchte auf eigene Initiative eine Klinik für seine Ehefrau, wurde auf die Akutklinik B. S. aufmerksam und drängte auf eine Einweisung. Am 23.07.2013 stellte Dr. F. eine Verordnung von Krankenhausbehandlung in der psychosomatischen Akutklinik B. S. aus. Bei dieser Klinik handelt es sich um eine Privatklinik, die nicht für Versicherte gesetzlicher Krankenkassen zugelassen ist.
Ebenfalls am 23.07.2013 fand ein persönliches Gespräch des Ehemannes der Klägerin mit einem Mitarbeiter der Beklagten statt. Dabei überreichte der Ehemann Unterlagen für die Aufnahme in der Klinik und beantragte für die Klägerin die Übernahme der Kosten für die Krankenhausbehandlung. Er wurde darauf hingewiesen, dass eine Aufnahme erst nach Genehmigung durch die Beklagte möglich sei und ansonsten diese auf eigenes Risiko geschehe. Zudem wurde der Ehemann über Vertragskliniken informiert und auf bestehende Wartezeiten hingewiesen.
Die Klägerin wurde am 24.07.2013 in der Klinik aufgenommen und befand sich dort bis 13.09.2013 in stationärer Krankenhausbehandlung. Die Krankenhausärzte diagnostizierten unter anderem eine mittelgradige depressive Episode und eine anhaltend somatoforme Schmerzstörung.
Nach Vorlage eines Kostenvoranschlags teilte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 08.08.2013 mit, dass sie sich an den Kosten der stationären Behandlung in der Akutklinik B. S. mit einem Betrag iHv 8.126,80 EUR beteilige. Ausgehend vom Kostenvoranschlag iHv 13.608 EUR betrage der Eigenanteil voraussichtlich 5.481,20 EUR. Zusätzlich falle für jeden Tag der Krankenhausbehandlung die gesetzliche Zuzahlung iHv 10 Euro an, diese begrenzt auf 28 Tage pro Kalenderjahr. Zwar sei das gewählte Krankenhaus nicht für Versicherte gesetzlicher Krankenkassen zugelassen. Im Rahmen einer Satzungsregelung würde sich die Beklagte jedoch in der Höhe an den Kosten, wie sie bei einer vergleichbaren Behandlung der Erkrankung in einem Vertragskrankenhaus angefallen wären, beteiligen.
Mit Schreiben vom 02.09.2013 erhob die Klägerin Widerspruch. Sie machte geltend, dass sie sich am 24.07.2013 akut in Behandlung begeben habe müssen, um weitere Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit zu vermeiden. Sie bitte darum, ihren Anteil an dem Aufenthalt zu überdenken bzw zu reduzieren. Zudem übersandte Sie ein Attest von Dr. F. vom 18.09.2013. Darin führte die Ärztin aus, dass die Diagnostik über zahlreiche Fachärzte zu einem V.a. ein Fibromyalgiesyndrom geführt habe. Es sei im Verlauf zu mehreren Hörstürzen gekommen. Die Schmerzsymptomatik habe immer mehr zugenommen. Der Versuch einer Akutaufnahme in der Klinik Dr. R. in C.-H. sei mangels Therapieplatz, der für November in Aussicht gestellt worden sei, gescheitert. Auf Initiative des Ehemanns sei dann die Akutaufnahme in der Akutklinik B. S. erfolgt. Die stationäre Aufnahme in dieser Klinik sei dringend indiziert gewesen, ohne Möglichkeit eines Aufschubs.
Für den Klinikaufenthalt stellte die Klinik der Klägerin für die Zeit vom 24.07.2013 bis 15.08.2013 einen Betrag iHv 5.346 EUR sowie für die Zeit vom 16.08.2013 bis 13.09.2013 iHv 7.047 EUR in Rechnung (das sind insgesamt 12.393 EUR). Die Beklagte erstattete der Klägerin insgesamt 7.265,76 EUR.
Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) mit der Erstellung eines Gutachtens. Dr. M.-J. führte im Gutachten vom 18.11.2013 aus, dass die Notwendigkeit von Krankenhausbehandlung im Einzelfall sehr wahrscheinlich gegeben gewesen sei. Allerdings habe die Aufnahme nicht notfallmäßig erfolgen müssen. Aus nicht näher bekannten Gründen sei hier auf das reguläre Procedere, nämlich die ambulante Vorstellung beim niedergelassenen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie ebenso verzichtet worden, wie auf die Kontaktaufnahme zur lokal zuständigen kassenzugelassenen Fachklinik. Im Rahmen der Vorstellung beim Facharzt wäre es möglich gewesen, zunächst eine Krisenintervention durchzuführen und dann die stationäre Einweisung zu veranlassen. Es habe deshalb keine Notwendigkeit der notfallmäßigen stationären Aufnahme in einer wohnortfern gelegenen Privatklinik bestanden. In einem weiteren Gutachten des MDK vom 06.03.2014 wurde an dieser Auffassung festgehalten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.09.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass nach der Satzung der Beklagten die Kosten bis zur Höhe der vergleichbaren Vertragssätze abzüglich der Zuzahlung getragen werden könnten. Eine solche Kostentragung sei hier möglich und bereits durchgeführt. Ein weiterreichender Anspruch auf Erstattung der privatärztlichen Leistung könne sich aus der Satzungsvorschrift aber nicht ergeben. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 13 Abs. 3 SGB V. Eine Notfallsituation habe nicht vorgelegen.
Hiergegen hat die Klägerin am 14.09.2015 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Sie hat geltend gemacht, dass die Beklagte eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht habe und ihr deshalb die gesamten Kosten zu erstatten seien.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.08.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V nicht erfüllt seien. Eine unaufschiebbare Leistung bzw ein Notfall habe nicht vorgelegen. Eine Notfallbehandlung lasse im Übrigen Vergütungsansprüche nur im Verhältnis zwischen Krankenhaus und Krankenkasse entstehen. Eine Kostenerstattung scheide diesen Fällen von vornherein aus. Da sich die Rechnung der Akutklinik direkt an die Klägerin gerichtet habe, sei davon auszugehen, dass die Klinik selbst ebenfalls nicht von einem Notfall ausgegangen sei. Der Klägerin wäre es möglich gewesen, sich zunächst ambulant beim niedergelassenen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie vorzustellen, hilfsweise mit der zugelassenen Fachklinik Kontakt aufzunehmen. Die subjektiv von der Klägerin als Notfall empfundene Situation könne durch die medizinischen Unterlagen nicht objektiviert werden.
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten am 15.08.2016 zugestellten Gerichtsbescheid haben diese am 15.09.2016 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.
Der Senat hat die Krankenakte von Dr. F. beigezogen und diese Ärztin schriftlich befragt. Dr. F. hat ausgeführt, dass diverse Versuche unternommen worden seien, eine Akutaufnahme in einer zugelassenen Klinik zu erreichen. Es seien noch nicht sämtliche Kontaktversuche schriftlich dokumentiert worden. Die Schmerzsituation sei bei der Klägerin derartig eskaliert, dass ständig im Rahmen der hausärztlichen Sprechstunde akut habe interveniert werden müssen. Eine Wartezeit sei unter den gegebenen Umständen nicht mehr zumutbar gewesen. Eine suizidale Gefährdung sei in der zugespitzten Akutsituation nicht sicher auszuschließen gewesen. Die Indikation zur Einweisung in eine geschlossene Abteilung der Psychiatrie habe jedoch zu keinem Zeitpunkt bestanden.
Auch hat der Senat die Akutklinik B. S. schriftlich im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Notfall und zur Unaufschiebbarkeit einer Leistung befragt. Der ärztliche Direktor der Klinik hat ausgeführt, bei Aufnahme habe davon ausgegangen werden müssen, dass ein weiteres Zuwarten ohne kausale psychosomatische Behandlung mit intensiver Psychotherapie zu einer weiteren Dekompensation der Symptomatik mit krisenhaftem Charakter geführt hätte. Es habe zwar kein Notfall im Sinne des § 76 Abs 1 S 2 SGB V bestanden, jedoch hätte eine unaufschiebbare Aufnahme vorgelegen.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass im Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus ein akuter Notfall vorgelegen habe. Die Notsituation hätte mit ambulanten Behandlungen nicht behoben werden können. Sie habe sich über ihren Ehemann rechtzeitig an die Beklagte gewandt. Von dort sei ihr mitgeteilt worden, dass längere Wartezeiten für Vertragskliniken bestehen würden. Sie sei nicht auf die Akutklinik in B. S. fixiert gewesen. Die Beklagte habe nicht rechtzeitig eine Behandlung in einer anderen Klinik zur Verfügung gestellt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.08.2016 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 08.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.09.2015 abzuändern sowie ihr die weiteren Kosten für die stationäre Krankenbehandlung in der Akutklinik B. S. in der Zeit vom 24.07.2013 bis zum 13.09.2013 in Höhe von 5.127,24 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass kein Notfall vorgelegen habe. In diesem Fall wäre sie über die Notfallambulanz auch in einer zugelassenen Klinik aufgenommen worden. Die Klägerin habe sich selbst entschieden, die weiter entfernt liegende Akutklinik B. S. aufzusuchen.
Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 03.07.2017 erörtert. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 08.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.09.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung weiterer Kosten für die stationäre Behandlung in der Akutklinik B. S ...
Der Senat sieht von einer weiteren eingehenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab, weil er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs 2 SGG).
Der Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren und die vom Senat durchgeführten Ermittlungen stützen die vom SG vertretene Auffassung, dass es der Klägerin möglich gewesen wäre, sich zunächst ambulant beim niedergelassenen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie vorzustellen, hilfsweise mit der zugelassenen Fachklinik Kontakt aufzunehmen. Es mag durchaus sein, dass eine Indikation für eine Einweisung in eine geschlossene Abteilung der Psychiatrie nicht vorgelegen hat, wie Dr. F. schreibt. Doch verfügt das für die Klägerin nächstgelegene Fachkrankenhaus, das Klinikum N., Zentrum für Psychiatrie in C.-H., über mehrere Abteilungen (ua eine Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie), die für die Behandlung der bei der Klägerin diagnostizierten Gesundheitsstörungen (mittelgradige depressive Störung, somatoforme Schmerzstörung) geeignet sind. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass sie oder ihre Ärztin sich auch bei dieser Klink um einen stationären Aufenthalt bemüht hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
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