L 10 R 1514/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 3993/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1514/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 10.03.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung streitig.

Der am.1954 geborene Kläger durchlief eine Ausbildung zum Landwirt und war bis 1982 als selbständiger Landwirt tätig. Nachfolgend war er zunächst als Maschinenbediener, anschließend als Hausmeister und schließlich bis Dezember 2009 als Kraftfahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend war der Kläger arbeitslos bzw. arbeitsunfähig. Nach seinen Angaben bezieht der Kläger seit 01.03.2017 Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Wegen chronischer Hüftgelenksbeschwerden wurde beim Kläger im August 2011 rechtsseitig eine zementfreie Hüft-Totalendoprothese (TEP) implantiert. Aus der nachfolgend vom 01. bis 22.09.2011 durchgeführten stationären Rehabilitationsmaßnahme (Diagnosen: Coxarthrose rechts mehr als links, Z.n. Hüft-TEP, Karpaltunnelsyndrom beidseits bei Spaltung 2010, NPP L3/4 mit degenerativer Lendenwirbelsäulen[LWS]-Veränderung und linksradikulärer Ausfallsymptomatik, Adipositas) wurde der Kläger bei weiter komplikationslosem Heilungsverlauf mit einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Vermeidung von Zwangshaltungen für die Hüftgelenke (bspw. Arbeiten in tiefer Hocke, übergeneigte Körperhaltung mit gleichzeitiger Gewichtsbelastung) und häufig auftretenden Stauch- und Stoßbelastungen entlassen.

Am 03.05.2012 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Seinen Antrag begründete er mit Hüft-, Halswirbelsäulen(HWS)-, LWS- und Schulterproblemen, Bluthochdruck, Herzproblemen sowie einem Knoten in der Schilddrüse. Die Beklagte veranlasste die Gutachten des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. S. und des Internisten Dr. S. , die den Kläger im Juni 2012 untersuchten. Dr. S. beschrieb eine Coxarthrose rechts (Z.n. Implantation einer zementfreien Hüft-TEP 8/2011), eine beginnende Coxarthrose links, eine Funktionseinschränkung der LWS mit multietageren Bandscheibenprotrusionen ohne Radikulopathie bei Z.n. NPP L3/L4 und eine Bewegungseinschränkung beider Schultern und hielt den Kläger für in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen vollschichtig zu verrichten. Der Internist Dr. S. , der auf seinem Fachgebiet einen Bluthochdruck und eine Fettstoffwechselstörung (jeweils gut behandelt) diagnostizierte und internistisch begründete Leistungseinschränkungen verneinte, führte zusammenfassend aus, dass der Kläger leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne häufig wiederkehrende Überkopfarbeiten, ohne Arbeiten im Knien oder Hocken sowie ohne längere Gehstrecken und auf unebenem Gelände sechs Stunden und mehr verrichten könne.

Mit Bescheid vom 29.06.2012 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers daraufhin mit der Begründung ab, er könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein, weshalb im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder volle noch teilweise Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit, vorliege. Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger die Bestätigung des Facharztes für Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapie Prof. Dr. R. vor, wonach er wegen einer Depression in seiner Behandlung stehe. Hierauf veranlasste die Beklagte das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. H. , der den Kläger im Oktober 2012 untersuchte. Diagnostisch ging er von einer Anpassungsstörung, einer kombinierten Persönlichkeitsvariante, Wirbelsäulenbeschwerden, einem Z.n. Karpaltunnelsyndrom-Operation sowie einem Übergewicht aus. Er verneinte eine für das Leistungsvermögen relevante depressive Symptomatik und verwies u.a. auf hierfür untypische massive Verschwielungen, Gebrauchsspuren und Verschmutzungen an den Händen. Er erachtete den Kläger für in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne erhöhten Zeitdruck und ohne Nachtschicht sechs Stunden und mehr zu verrichten. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2012 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Am 05.12.2012 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, nicht mehr über ein zumindest sechsstündiges berufliches Leistungsvermögen zu verfügen.

Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Der Facharzt für Allgemeinmedizin M. hat einen Auszug aus seiner Patientendokumentation vorgelegt, der neben Vorstellungen wegen den bereits erwähnten sowie akuten Erkrankungen die Diagnose eines Diabetes mellitus Typ II ausweist. Den Schwerpunkt der Beeinträchtigungen hat er auf orthopädischem Fachgebiet gesehen und den Kläger noch für in der Lage erachtet, leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung zwei bis drei Stunden täglich zu verrichten; längere Arbeitszeiten führten zur Zunahme der Schmerzsymptomatik. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S. hat über eine Lumbalgie mit Lumboischialgie bei degenerativer LWS und Spinalkanalstenose, eine Hüft-TEP rechts bei Coxarthrose und initiale Coxarthrose links sowie eine Cervikobrachialgie bei degenerativer Veränderung der HWS mit Spondylose C5/6 und C6/7 berichtet und die Ausübung leichter körperlicher Tätigkeiten sechs Stunden täglich für möglich erachtet. Zu vermeiden seien dabei Zwangshaltungen, ohne längere Gehstrecken, Arbeiten auf Gerüsten und Gehen auf unebenem Untergrund. Prof. Dr. R. hat von Vorstellungen seit Juli 2012 und der Diagnose einer depressiven Episode berichtet. Der Kläger könne derzeit keine berufliche Tätigkeit verrichten; er sei seit August 2011 arbeitsunfähig erkrankt, und zwar im Wesentlichen wegen seiner Schmerzen in der Hüfte. Nervenärztliche Behandlung sei erforderlich, weil sich die Schmerzsymptomatik verselbständigt bzw. chronifiziert habe. Das SG hat sodann das Gutachten des Orthopäden Dr. K. auf Grund Untersuchung des Klägers im Mai 2013 eingeholt, der einen Z.n. Hüft-TEP rechts, eine Coxarthrose links, ein degeneratives HWS- und Lumbalsyndrom sowie darüber hinaus Depressionen diagnostiziert hat. Die Ausübung leichter beruflicher Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, jedoch überwiegend sitzend, hat er drei bis sechs Stunden täglich für zumutbar erachtet. Längeres Sitzen über eine Stunde ohne Positionswechsel sei jedoch nicht möglich und die Steh- und Gehfähigkeit sei auf maximal 30 Minuten beschränkt. Zu vermeiden seien im Übrigen regelmäßiges Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, Arbeiten in gebückter Haltung sowie Arbeiten in Zwangshaltung. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG darüber hinaus das Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. H. eingeholt, der den Kläger im Januar 2014 untersucht hat. Der Sachverständige hat auf seinem Fachgebiet einen Zustand nach Hüft-TEP rechts, einen persistierenden Reizzustand des Tractus iliotibialis rechts, eine Coxarthrose Grad II bis III links, einen Kapselreizzustand an der linken Hüfte, ein degeneratives HWS-Syndrom, eine intermittierende Cervikobrachialgie, eine Protrusion C4 bis C7, eine foraminale Enge C5/6 und C6/7 links, ein degeneratives LWS-Syndrom bei fortgeschrittenen degenerativen LWS-Veränderungen sowie einen Z.n. Schulterkontusion mit Rotatorenmanschettensyndrom rechts diagnostiziert und den Verdacht auf ein Impingementsyndrom rechts und eine Rotatorenläsion rechts geäußert. Hierdurch hat er lediglich noch leichte Tätigkeiten im Wechsel vom Sitzen und Stehen für möglich erachtet, wobei die Stehfähigkeit auf maximal 30 Minuten beschränkt sei. Zu vermeiden seien darüber hinaus Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, Arbeiten in Zwangshaltung und gebückter Haltung sowie Überkopfarbeiten. Das Arbeitspensum sollte sechs Stunden täglich nicht überschreiten, aktuell liege das Leistungsvermögen unter sechs Stunden täglich.

Mit Urteil vom 10.03.2015 hat das SG die Klage gestützt auf die Gutachten des Dr. S. sowie der Sachverständigen Dr. K. und Dr. H. abgewiesen. Der Kläger sei zwar durch gravierende Erkrankungen, die zu qualitativen Leistungseinschränkungen führten, eingeschränkt, so insbesondere für körperlich anstrengendere Berufe, bei denen er nicht überwiegend sitzen könne. Jedoch seien leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, die überwiegend sitzend ausgeübt werden können, wie beispielsweise eine Pförtnertätigkeit, noch sechs Stunden täglich möglich. Wesentliche funktionelle Einschränkungen gingen von der von Prof. Dr. R. diagnostizierten Depression nicht aus und die im Übrigen vorliegenden internistischen Gesundheitsstörungen bedingten keine funktionellen Einschränkungen.

Gegen das seinen Bevollmächtigten am 26.03.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.04.2015 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, ein Vergleich der von Dr. K. und nachfolgend von Dr. H. erhobenen Befunde zeige eine Verschlimmerung seiner Beeinträchtigungen auf, was sich auch in der abweichenden Leistungsbeurteilung des Dr. H. widerspiegele, der von einem unter sechsstündigen Leistungsvermögen ausgegangen sei. Ihm stehe daher schon auf Grund der orthopädischen Beeinträchtigungen Rente wegen voller Erwerbsminderung zu. Nicht ausreichend berücksichtigt sei zudem die von Prof. Dr. R. beschriebene Schmerzerkrankung und die daraus resultierende depressive Erkrankung, die medikamentös und mit Gesprächstherapie behandelt werde.

Der Kläger beantragt (Schriftsatz vom 07.08.2017),

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 10.03.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.12.2012 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung vom 01.05.2012 bis 28.02.2017 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Der Senat hat Dr. S. und Prof. Dr. R. ergänzend sowie darüber hinaus den Chirurgen W. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. S. hat von einer letzten Vorstellung des Klägers im Februar 2013 berichtet, wobei das therapeutische Vorgehen hinsichtlich der zuvor im Krankenheus Bietigheim diagnostizierten Reizung des Tractus iliotibialis rechts besprochen worden sei und er die Infiltration des Trochanders empfohlen habe, worauf der Kläger sich aber nicht mehr vorgestellt habe. Der Chirurg W. hat von einer Arthroskopie der rechten Schulter wegen einer Rotatorenmanschettenruptur im März 2014 und der Implantation einer zementfreien Hüft-TEP links im November 2015 sowie über zahlreiche ambulante Vorstellungen, u.a. auch wegen Schmerzen in der LWS mit Ausstrahlungen, berichtet. Prof. Dr. R. hat von Vorstellungen des Klägers in vier- bis sechswöchigen Abständen berichtet, wobei der Kläger auch nach seiner Auskunft gegenüber dem SG weiterhin depressiv gewesen sei. Eine Besserung habe sich nicht eingestellt, so dass sich die Schmerzsymptomatik quasi verselbständigt habe. Der Senat hat sodann das Gutachten des Facharztes für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. H. eingeholt, der den Kläger im März 2017 untersucht hat. Der Sachverständige hat eine schmerzhafte Funktionsstörung beider Hüftgelenke nach endoprothetischem Hüftgelenksersatz bei fortgeschrittener Arthrose ohne Anzeichen einer Hüft-TEP-Lockerung oder -Infektion, eine schmerzhafte Funktionsstörung der LWS bei ungewöhnlich ausgeprägten degenerativen Bandscheibenschäden in den unteren vier lumbalen Etagen mit Zeichen einer diskreten Nervenwurzelreizung L5 links (Verlust der Fußreflexe) bei intraforaminalem Bandscheibenvorfall L5/S1 links, eine schmerzhafte Funktionsstörung der HWS bei degenerativen Veränderungen, insbesondere zwischen dem 3. und 4. und 6. und 7. Halswirbel ohne Zeichen einer dadurch bedingten Nervenwurzelschädigung oder Rückenmarksschädigung sowie eine schmerzhafte Funktionsstörung der linken Schulter bei Zeichen einer chronischen Reizung des Sehnen- und Sehnengleitgewebes links ("Impingement") beschrieben und hierdurch die Belastbarkeit der Wirbelsäule deutlich eingeschränkt gesehen. Er hat lediglich noch überwiegend körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung mit gelegentlichem Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung oder von 5 kg in Rumpfvor- oder -seitneigung für zumutbar erachtet. Zu vermeiden seien im Übrigen Arbeiten auf vibrierenden Fahrzeugen, langes Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Akkord- und Fließbandarbeiten sowie Arbeiten mit ständigem Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen. Derartige Tätigkeiten seien dem Kläger im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich zumutbar.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheidet, ist zulässig; die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 29.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen nicht voll und auch nicht teilweise erwerbsgemindert, auf Grund seines beruflichen Werdegangs auch nicht bei Berufsunfähigkeit. Ihm steht daher weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit, zu.

Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die rechtlichen Grundlagen für die vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Kläger diese Voraussetzungen trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht erfüllt, weil er leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (wechselnde Körperhaltung, aber überwiegend im Sitzen, jedoch ohne Sitzen über mehr als eine Stunde ohne Positionswechsel) noch sechs Stunden täglich zumutbar verrichten kann, mit diesem Leistungsvermögen weder volle noch teilweise Erwerbsminderung gemäß § 43 SGV VI vorliegt und Berufsunfähigkeit zu verneinen ist, weil der Kläger in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Kraftfahrer keinen Berufsschutz genießt. Der Senat sieht insoweit deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Zu ergänzen sind die qualitativen Einschränkungen um die von den Sachverständigen Dr. K. und Dr. H. zusätzlich aufgeführten Tätigkeiten (regelmäßiges Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, Arbeiten in gebückter Haltung, Arbeiten in Zwangshaltung, Arbeiten auf vibrierenden Fahrzeugen, Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten mit ständigem Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen).

Ebenso wie das SG geht auch der Senat davon aus, dass der Kläger in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit in erster Linie durch Erkrankungen von orthopädischer Seite eingeschränkt ist, die Beeinträchtigungen von nervenärztlicher Seite sich nicht wesentlich zusätzlich nachteilig auswirken und die von internistischer Seite bestehenden Gesundheitsstörungen keine funktionellen Einschränkungen bedingen.

Die orthopädischen Beeinträchtigungen des Klägers sind gekennzeichnet durch Schmerzen im Bereich der Lenden-Becken-Hüft-Region, die sich - so der Sachverständige Dr. H. - über viele Jahre hinweg entwickelten und anfangs auf ein lumbales degeneratives Bandscheibenleiden zurückgeführt wurden. Später zeichnete sich eine fortschreitende Hüftarthrose beidseits ab, weshalb im August 2011 rechtsseitig und im November 2015 linksseitig ein endoprothetischer Hüftersatz implantiert wurde. Dabei besserten sich die Hüftbeschwerden rechtsseitig spürbar und anhaltend, wenn auch der Kläger nicht vollständig beschwerdefrei wurde und variable, belastungsabhängige und ziehende Schmerzen im rechten Oberschenkel verblieben. Auch linksseitig ist es im Hinblick auf den vorbestehenden Hüftschmerz zu einer deutlichen Schmerzlinderung gekommen, wobei sich auch insoweit - allerdings ausgeprägter als rechtsseitig - ziehende Schmerzen im Oberschenkel entwickelt haben, die sich bei mechanischer Belastung vorübergehend verstärken. Hinweise auf eine Prothesenlockerung oder Protheseninfektion haben jedoch zu keinem Zeitpunkt gezeigt. Daneben bestehen im Bereich der Wirbelsäule ausgeprägte degenerative Veränderungen der unteren vier lumbalen Etagen mit Bandscheibendegenerationen und Bandscheibenvorwölbungen bis hin zu einem Bandscheibenvorfall, wobei der Bewegungsumfang der Lendenwirbelsäule in allen Richtungen endgradig schmerzhaft eingeschränkt ist. Auch im Bereich der HWS finden sich degenerative Veränderungen und klinisch zeigt sich eine leichte Einschränkung der Kopfdrehung. Nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. sind dauerhafte Gefühlsstörungen, Muskelschwächen oder Lähmungen in Zusammenhang mit den Rückenproblemen bisher nicht aufgetreten, so dass Hinweise auf eine Nervenwurzelschädigung oder eine Rückenmarksschädigung nicht vorliegen. Auffällig ist lediglich gewesen - so Dr. H. -, dass anlässlich seiner Untersuchung im Bereich der unteren Gliedmaße die Fußreflexe rechts nur schwach und links nicht sicher auslösbar gewesen sind. Dies hat der Sachverständige als Zeichen einer diskreten Nervenwurzelreizung L5 links bei intraforaminalem Bandscheibenvorfall L5/S1 interpretiert. Soweit sich beim Kläger nach einem Sturz Ende 2013 Schmerzen in der rechten Schulter entwickelt haben, die auf eine degenerative Entzündung des Sehnen- und Sehnengleitgewebes der Rotatorenmanschette zurückzuführen waren, ist im März 2014 ein operativer Eingriff mit Abtragung von Knochen- und Weichteilgewebe unter dem knöchernen Schulterdach durchgeführt worden, der eine deutliche Besserung der vorbestehenden Schulterschmerzen erbracht hat.

Diese Beeinträchtigungen bedingen eine erhebliche Minderbelastbarkeit des Halte- und Bewegungsapparates, weshalb für den Kläger Tätigkeiten, die mit dem regelmäßigen Heben und Tragen von Lasten über 5 kg verbunden sind, nicht mehr leidensgerecht sind. Hiervon gehen übereinstimmend sämtliche am Verfahren beteiligten Sachverständigen aus. Einigkeit besteht auch insoweit, als leidensgerechte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mit zeitweiligem Stehen und Gehen ausgeübt werden sollen, da die Steh- und Gehfähigkeit des Klägers angesichts der verbliebene Beschwerdesymptomatik nach dem endoprothetischen Hüftgelenksersatz deutlich eingeschränkt ist. Die Steh- und Gehfähigkeit im Rahmen des Positionswechsels haben die Sachverständigen Dr. K. und Dr. H. dabei auf maximal 30 Minuten eingeschätzt. In diesem Sinne hat sich auch der Sachverständige Dr. H. geäußert, der im Rahmen seines zuletzt erstatteten Gutachtens allerdings den Zustand nach zwischenzeitlich beidseitigem endoprothetischen Hüftgelenksersatz beurteilt hat. Im Hinblick auf die Beeinträchtigungen von Seiten der LWS haben die Sachverständigen es im Übrigen für notwendig erachtet, dass der Kläger die Möglichkeit hat, die Körperhaltung immer wieder zu verändern, weshalb Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Akkord- und Fließbandarbeiten sowie Arbeiten in gebückter Haltung nicht mehr leidensgerecht sind. Nachteilig sind zudem - hierauf hat der Sachverständige Dr. H. hingewiesen - Arbeiten mit einem ständigen Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen sowie Arbeiten auf vibrierenden Fahrzeugen, so dass bspw. auch das Führen von Baustellenfahrzeugen den Erkrankungen des Klägers nicht mehr Rechnung trägt. Übereinstimmend sind die Sachverständigen auch davon ausgegangen, dass dem Kläger leidensgerechte Tätigkeiten der beschriebenen Art sechs Stunden täglich zugemutet werden können, wobei Dr. K. und Dr. H. als leidensgerecht beispielhaft eine Tätigkeit als Pförtner aufgeführt haben. Dr. H. hat sogar die Ausübung einer mehr als sechsstündigen Tätigkeit für möglich erachtet, weil er nicht die Gefahr gesehen hat, dass sich das bestehende Krankheitsbild durch die höhere zeitliche Belastung richtungsweisend verschlimmern würde.

Soweit der Kläger davon ausgegangen ist, dass Dr. H. seine Leistungsfähigkeit mit weniger als sechs Stunden täglich bewertet habe, trifft dies in dieser Allgemeinheit nicht zu. Vielmehr hat der Sachverständige diese Beurteilung vor dem Hintergrund der zum Zeitpunkt seiner Untersuchung im Januar 2014 vorhanden gewesenen akuten Beschwerdesituation im Bereich der rechten Schulter getroffen ("im Hinblick auf die aktuelle Situation allenfalls unter sechs Stunden"), weil der Kläger hierdurch "auch für leichte Tätigkeiten hochgradig eingeschränkt" gewesen sei (vgl. Bl. 89 SG-Akte). Unabhängig von dieser Akutsituation hat er jedoch "ein Arbeitspensum von 6 Stunden" täglich für möglich gehalten, wobei dieses allerdings nicht überschritten werden sollte (vgl. Bl. 90 SG-Akte). Da die seinerzeit vorhanden gewesenen Schulterbeschwerden durch die nachfolgend im März 2014 arthroskopisch erfolgte subacromiale Dekompression erfolgreich behandelt worden ist, lässt sich mit den in Rede stehenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. eine quantitative Leistungsminderung nicht begründen. Auf die insoweit eingetretene Besserung der Beschwerdesymptomatik hat sowohl der Chirurg W. in seiner dem Senat erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge hingewiesen als auch der Sachverständige Dr. H ... Insgesamt gehen somit sämtliche am Verfahren beteiligten Gutachter und Sachverständigen, namentlich Dr. S. , Dr. K. , Dr. H. und Dr. H. von einem (wenigstens) sechsstündigen Leistungsvermögen für die beschriebenen leichten beruflichen Tätigkeiten aus. Schließlich hat sich auch Dr. S. in diesem Sinne gegenüber dem SG geäußert.

Eine rentenbegründende Leistungsminderung lässt sich auch von nervenärztlicher Seite nicht herleiten. Insoweit bestätigte Prof. Dr. R. in seinem Attest vom 25.07.2012 zwar das Vorliegen einer Depression, wobei er nachfolgend in seiner dem SG erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge als Diagnose eine depressive Episode mitgeteilt und gegenüber dem Senat schließlich bestätigt hat, dass der Kläger weiterhin depressiv sei, ohne dass sich im Behandlungsverlauf seit Behandlungsbeginn im Juli 2012 eine wesentliche Änderung ergeben habe. Demgegenüber bieten die Darlegungen des Prof. Dr. R. jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger ein depressives Beschwerdebild in einer Schwere vorliegt, das Auswirkungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit haben könnte. Insoweit hat Dr. H. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme für die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass Dr. H. gerade wegen der von Prof. Dr. R. mitgeteilten Depression mit einer Begutachtung des Klägers beauftragt wurde, eine relevante depressive Symptomatik aber gerade nicht feststellen konnte. Er beschrieb den Kläger als bewusstseinsklar, örtlich, zeitlich und zur Person voll orientiert mit Gedankengängen, die formal und inhaltlich unauffällig waren. Ebenso zeigten sich die mnestischen und intellektuellen Funktionen, die affektive Schwingungsfähigkeit, der Antrieb und die Psychomotorik unauffällig. Es bestand weder eine Agitation noch eine Hemmung. Demgegenüber war der Kläger klagsam, verstimmt, missmutig und selbstbewusst fordernd. Nach den weiteren Ausführungen des Dr. H. empfindet der Kläger auch Freude, interessiert sich bspw. für Fußball und seine Hände wiesen massive Verschwielungen, Gebrauchsspuren und Verschmutzungen auf, wobei all dies nicht auf eine für das Leistungsvermögen relevante depressive Symptomatik hinweist. Schließlich hat Prof. Dr. R. seine Leistungseinschätzung gegenüber dem SG, wonach die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers "gleich Null" sei, auch nicht mit der depressiven Symptomatik begründet, sondern allein mit den seinerzeit vorhanden gewesenen Schmerzen in der Hüfte, derentwegen der Kläger auch seit August 2011 arbeitsunfähig sei. Er hat dabei außerdem Bezug genommen auf eine Vorstellung am 13.02.2013 im Krankenhaus Bietigheim, wobei die untersuchenden Ärzte die geäußerten Beschwerden ausweislich des entsprechenden Arztbriefes vom 13.02.2013 (Bl. 22 Senatsakte) am ehesten im Rahmen einer Reizung des Tractus iliotibialis gesehen haben.

Soweit Prof. Dr. R. Bezug nimmt auf die Schmerzen des Klägers, die sich verselbständigt hätten und chronifiziert seien, handelt es sich um die Auswirkungen der von orthopädischer Seite zu beurteilenden somatischen Erkrankungen im Bereich der Wirbelsäule und der Hüften. Denn die insoweit beklagten Schmerzen lassen sich nach Art und Umfang vollständig durch die orthopädischen Erkrankungen - so überzeugend der Sachverständige Dr. H. - erklären, so dass keine Veranlassung besteht, den Sachverhalt im Hinblick auf eine mögliche psychische Ursache der beklagten Schmerzzustände durch Einholung eines psychiatrischen oder psychosomatischen Gutachtens weiter aufzuklären.

Nach alledem kann die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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