Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 18 KR 1208/13
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 443/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Zusicherung beamtenähnlicher Altersversorgung bewirkt keine Beitragsfreiehit für die Vergangenheit
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Mai 2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte dem Kläger den Arbeitnehmeranteil der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 01.08.2011 bis 30.06.2012 zu erstatten hat, weil ab dem 01.08.2011 Versicherungsfreiheit eingetreten ist aufgrund Abschluss eines Versorgungsvertrages mit rückwirkender Versorgungszusage.
Der 1967 geborene Kläger ist seit 01.01.1999 bei der Beigeladenen zu 1), einem Bankinstitut in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts, beschäftigt. Arbeitnehmern mit langjähriger Betriebszugehörigkeit hatte die Beigeladene zu 1) in der Vergangenheit bei Vorliegen bestimmter Umstände (z.B. 20 Jahre Dienstzeit im Bank- oder Sparkassenbereich, davon mindestens 10 Jahre bei der Beigeladenen zu 1) einen den Arbeitsvertrag ergänzenden Vertrag über eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen angeboten, der auch einen Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall und Beihilfe sowie einen besonderen Kündigungsschutz umfasste. Mit dem Abschluss eines derartigen Versorgungsvertrages war regelmäßig die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI verbunden, da die Gewährleistung der Versorgungsanwartschaften durch einen allgemeinen Gewährleistungsbescheid der zuständigen obersten Verwaltungsbehörde gesichert war. Zum 31.03.2009 stellte die Beigeladene zu 1) die Vergabe von Versorgungszusagen im Zuge von Umstrukturierungsmaßnahmen zunächst ein.
Mit Urteilen vom 15.05.2012 (Az.: 3 AZR 128/11, 3 AZR 129/11, 3 AZR 281/11, 3 AZR 509/11, 3 AZR 511/11, 3 AZR 610/11, 3 AZR 279/11, 3 AZR 469/11) gab das Bundesarbeitsgericht den Klagen betroffener Arbeitnehmer gegen die Beigeladene zu 1) und andere Bankinstitute, die vergleichbar vorgegangen waren, statt und erklärte die Einstellung der langjährigen Verfahrenspraxis unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung für rechtswidrig. Den jeweiligen Arbeitnehmern wurde ein Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages nach beamtenrechtlichen Grundsätzen rückwirkend zu dem Zeitpunkt zugesprochen, in dem sie die persönlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Versorgungszusage erfüllt hatten.
Daraufhin bot die Beigeladene zu 1) dem Kläger mit Schreiben vom 09.07.2012 eine Versorgungszusage an, nach der ihm und seinen Hinterbliebenen mit Wirkung vom 01.08.2011 hinsichtlich Krankheit, Dienstunfähigkeit und Alter Versorgungsleistungen nach den Regelungen für die bayerischen Staatsbeamten gewährt werden. Dieses Angebot nahm der Kläger im Laufe des Juli 2012 an.
Unter dem 14.01.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge in Höhe der Arbeitnehmeranteile zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 01.08.2011 bis 31.07.2012 mit der Begründung, es sei rückwirkend Versicherungsfreiheit eingetreten, die Beiträge seien daher nicht geschuldet gewesen.
Mit Bescheid vom 02.05.2013 bewilligte die Beklagte die Erstattung des Arbeitnehmeranteils der Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 01.07.2012 bis 31.07.2012 in Höhe von 632,80 Euro. Die Erstattung von Beiträgen für den Zeitraum vom 01.08.2011 bis 30.06.2012 lehnte sie ab mit der Begründung, auch bei Abschluss eines Versorgungsvertrages mit rückwirkender Versorgungszusage trete Versicherungsfreiheit erst ein mit Beginn des Monats, in dem die Zusicherung der Anwartschaften vertraglich erfolgt sei. Dies sei erst am 02.07.2012 geschehen.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2013 zurückwies. Zur Begründung führte sie aus, nach § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI sei Versicherungsfreiheit von Beginn des Monats an gegeben, in dem die Zusicherung der Versorgungsanwartschaft vertraglich erfolgt sei. Die Zusage eines dauerhaft gesicherten beamtenrechtlichen Versorgungsstatus wirke nach § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI nur für die Zukunft. Dies gelte ebenso für die Versicherungsfreiheit nach dem SGB III. Die Beiträge für die Zeit vom 01.08.2011 bis 30.06.2012 seien daher zu Recht entrichtet worden.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München erhoben und ausgeführt, dass es für den Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht auf die Annahme des Versorgungsvertrages durch den Kläger ankomme, sondern ausschließlich auf die Gewährleistungsentscheidung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen als der zuständigen obersten Verwaltungsbehörde. Dieses habe am 16.07.2012 bestätigt, dass die davon betroffenen Beschäftigungsverhältnisse rückwirkend von dem Gewährleistungsbescheid vom 11./24.03.1993 erfasst würden. Auch aus der Rechtlichen Arbeitsanweisung der Deutschen Rentenversicherung R7 ergebe sich, dass nur dann ein rückwirkender Eintritt der Rentenversicherungsfreiheit ausgeschlossen sei, wenn die Zusicherung bzw. der Anspruch auf Versorgungsanwartschaften nicht bereits in der Vergangenheit vertraglich erfolgt sei. Die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III seien im Fall des Klägers seit 01.08.2011 erfüllt, da in diesem Zeitpunkt die erforderliche Wartezeit abgelaufen sei. Die Beigeladene zu 1) sei deshalb vom BAG verurteilt worden, den Versorgungsvertrag rückwirkend zum 01.08.2011 abzuschließen.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen mit Urteil vom 21. Mai 2015 und seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt dass eine rückwirkende Versicherungsfreiheit nicht eingetreten sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, welche er im Wesentlichen mit der erstinstanzlich vorgebrachten Argumentation begründet hat.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.05.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.05.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2013 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger ab 01.08.2011 bis 30.06.2012 versicherungsfrei in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung ist, sowie die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger den Arbeitnehmeranteil der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung vom 01.08.2011 bis 30.06.2012 zu erstatten, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist in der Sache nicht erfolgreich. Die streitgegenständliche Entscheidung der Beklagten verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, er hat folglich auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung des Arbeitnehmeranteils der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung in der Zeit vom 01.08.2011 bis zum 30.06.2012.
Grundlage des vom Kläger geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 26 SGB IV. Danach sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten. Der Erstattungsanspruch steht dem zu, der die Beiträge getragen hat (§ 26 Abs. 3 Satz 1 SGB IV).
Die Entrichtung der Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung erfolgte im streitgegenständlichen Zeitraum nicht zu Unrecht, da der Kläger in dieser Zeit versicherungspflichtig war (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Er wäre versicherungsfrei gewesen, wenn ihm nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen eine Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert gewesen wäre, § 5 Abs. 1 SGB VI. Für Personen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VI gilt dies u.a. nur, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Anspruch auf Vergütung und bei Krankheit auf Fortzahlung der Bezüge haben (Nr. 1) oder nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben (Nr. 2). Gem. § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI begründet die Gewährleistung von Anwartschaften die Versicherungsfreiheit von Beginn des Monats an, in dem die Zusicherung der Anwartschaften vertraglich erfolgt.
Zutreffend hat die Beklagte entschieden, dass die Versicherungsfreiheit des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß der Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI zum 01.07.2012 eingetreten ist. Die Zusicherung der Anwartschaft des Klägers erfolgte erst im Juli 2012, als der Kläger das Angebot der Beigeladenen zu 1) vom 02.07.2012 auf Abschluss eines Versorgungsvertrages annahm. Darauf, dass die Versorgungszusage rückwirkend zum 01.08.2011 vereinbart wurde, kommt es nach dem Wortlaut von § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI eindeutig nicht an.
Mit der Einführung des § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI sollte gerade sichergestellt werden, dass nicht beamtenähnliche Versorgungsanwartschaften rückwirkend für Zeiten verliehen werden, in denen die Rentenversicherung ein Versicherungsrisiko getragen und eine beamtenähnliche Versorgungsanwartschaft aus einer "ex ante" Betrachtung heraus tatsächlich nicht bestanden hat (Fichte in: Hauck/Noftz, SGB VI, Stand 4/2014, § 5 Rn. 162; Segebrecht in: Kreikebohm, SGB VI, 4. Auflage, 2013, § 5 Rn. 15; Gürtner in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand Juni 2016, § 5 SGB VI Rn. 27a). Denn in der streitgegenständlichen Zeit hätte der Kläger aufgrund seiner entrichteten Beiträge hypothetisch Leistungen von der Beigeladenen zu 2) beispielsweise in Form von Arbeitslosengeld oder von der Beigeladenen zu 3) beispielsweise in Form einer Rehamaßnahme erhalten können. Dass dies tatsächlich nicht eingetreten ist, ist nicht maßgeblich, es kommt vielmehr darauf an, dass der Kläger in jenem Zeitraum tatsächlich diesen Versicherungsschutz innehatte.
Dass der Kläger in dem streitgegenständlichen Zeitraum noch keine beamtenähnliche Versorgungsanwartschaft besaß, ergibt sich auch aus den Urteilen des BAG vom 15.05.2012 (u.a. Az. 3 AZR 610/11). Das BAG stellte in diesen Fällen lediglich einen Anspruch der betroffenen Arbeitnehmer gegen die Beigeladene zu 1) dahingehend fest, dass diese den Arbeitnehmern den Abschluss eines Versorgungsvertrages anbietet (3 AZR 610/11, Rn. 72, 95). Damit waren die entsprechenden Verträge aber noch nicht zustande gekommen. Hierfür bedurfte es erst eines Angebots durch die Beigeladene zu 1) und die Annahme des Angebots durch den Kläger. Das Angebot datiert vom 02.07.2012, die Annahme erfolgte im Laufe des Monats Juli 2012.
Ebenso wenig kann aus dem Gewährleistungsschreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Finanzen vom 11./24.03.1993 abgeleitet werden, dass der Kläger bereits zum 01.10.2010 eine beamtenähnliche Versorgungsanwartschaft besaß. Zum einen enthält dieses Schreiben keine Aussage zur Frage des Zeitpunkts des Eintritts der Versicherungsfreiheit im Fall einer vereinbarten rückwirkenden Versorgungszusage. Zum anderen besaß das Ministerium nach Einführung des § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI keine Zuständigkeit (mehr), den Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungsfreiheit zu bestimmen (vgl. Fichte, in Hauck/Noftz, SGB VI § 5 Rn. 158).
Dieses Ergebnis findet auch eine Stütze in § 230 Abs. 5 SGB VI. Danach ist § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI nur dann nicht anzuwenden, wenn vor dem 1. Februar 2002 aufgrund einer Entscheidung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 SGB VI bereits Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder 3 SGB VI vorlag. Dies war vorliegend nicht der Fall.
Im Bereich der Arbeitslosenversicherung sind gem. § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III Personen in einer Beschäftigung als Beamtin, Beamter, Richterin, Richter, Soldatin auf Zeit, Soldat auf Zeit, Berufssoldatin oder Berufssoldat der Bundeswehr sowie als sonstige Beschäftigte oder sonstiger Beschäftigter des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, Anstalt, Stiftung oder eines Verbandes öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden versicherungsfrei, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben. Eine § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI vergleichbare Vorschrift kennt das SGB III nicht. Aufgrund der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI entsteht die Versicherungsfreiheit jedoch auch hier erst von Beginn des Monats an, in dem die Zusicherung der Ansprüche auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Unfallfürsorge im Krankheitsfall in entsprechender Anwendung der jeweils für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Regelungen vertraglich erfolgt, hier also ab 01.07.2012.
Da die Versicherungsfreiheit des Klägers in der Renten- und Arbeitslosenversicherung erst zum 01.07.2012 eintrat, wurden die Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung für den streitgegenständlichen Zeitraum zu Recht abgeführt. Die Berufung ist deshalb vollumfänglich zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte dem Kläger den Arbeitnehmeranteil der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 01.08.2011 bis 30.06.2012 zu erstatten hat, weil ab dem 01.08.2011 Versicherungsfreiheit eingetreten ist aufgrund Abschluss eines Versorgungsvertrages mit rückwirkender Versorgungszusage.
Der 1967 geborene Kläger ist seit 01.01.1999 bei der Beigeladenen zu 1), einem Bankinstitut in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts, beschäftigt. Arbeitnehmern mit langjähriger Betriebszugehörigkeit hatte die Beigeladene zu 1) in der Vergangenheit bei Vorliegen bestimmter Umstände (z.B. 20 Jahre Dienstzeit im Bank- oder Sparkassenbereich, davon mindestens 10 Jahre bei der Beigeladenen zu 1) einen den Arbeitsvertrag ergänzenden Vertrag über eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen angeboten, der auch einen Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall und Beihilfe sowie einen besonderen Kündigungsschutz umfasste. Mit dem Abschluss eines derartigen Versorgungsvertrages war regelmäßig die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI verbunden, da die Gewährleistung der Versorgungsanwartschaften durch einen allgemeinen Gewährleistungsbescheid der zuständigen obersten Verwaltungsbehörde gesichert war. Zum 31.03.2009 stellte die Beigeladene zu 1) die Vergabe von Versorgungszusagen im Zuge von Umstrukturierungsmaßnahmen zunächst ein.
Mit Urteilen vom 15.05.2012 (Az.: 3 AZR 128/11, 3 AZR 129/11, 3 AZR 281/11, 3 AZR 509/11, 3 AZR 511/11, 3 AZR 610/11, 3 AZR 279/11, 3 AZR 469/11) gab das Bundesarbeitsgericht den Klagen betroffener Arbeitnehmer gegen die Beigeladene zu 1) und andere Bankinstitute, die vergleichbar vorgegangen waren, statt und erklärte die Einstellung der langjährigen Verfahrenspraxis unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung für rechtswidrig. Den jeweiligen Arbeitnehmern wurde ein Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages nach beamtenrechtlichen Grundsätzen rückwirkend zu dem Zeitpunkt zugesprochen, in dem sie die persönlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Versorgungszusage erfüllt hatten.
Daraufhin bot die Beigeladene zu 1) dem Kläger mit Schreiben vom 09.07.2012 eine Versorgungszusage an, nach der ihm und seinen Hinterbliebenen mit Wirkung vom 01.08.2011 hinsichtlich Krankheit, Dienstunfähigkeit und Alter Versorgungsleistungen nach den Regelungen für die bayerischen Staatsbeamten gewährt werden. Dieses Angebot nahm der Kläger im Laufe des Juli 2012 an.
Unter dem 14.01.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge in Höhe der Arbeitnehmeranteile zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 01.08.2011 bis 31.07.2012 mit der Begründung, es sei rückwirkend Versicherungsfreiheit eingetreten, die Beiträge seien daher nicht geschuldet gewesen.
Mit Bescheid vom 02.05.2013 bewilligte die Beklagte die Erstattung des Arbeitnehmeranteils der Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 01.07.2012 bis 31.07.2012 in Höhe von 632,80 Euro. Die Erstattung von Beiträgen für den Zeitraum vom 01.08.2011 bis 30.06.2012 lehnte sie ab mit der Begründung, auch bei Abschluss eines Versorgungsvertrages mit rückwirkender Versorgungszusage trete Versicherungsfreiheit erst ein mit Beginn des Monats, in dem die Zusicherung der Anwartschaften vertraglich erfolgt sei. Dies sei erst am 02.07.2012 geschehen.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2013 zurückwies. Zur Begründung führte sie aus, nach § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI sei Versicherungsfreiheit von Beginn des Monats an gegeben, in dem die Zusicherung der Versorgungsanwartschaft vertraglich erfolgt sei. Die Zusage eines dauerhaft gesicherten beamtenrechtlichen Versorgungsstatus wirke nach § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI nur für die Zukunft. Dies gelte ebenso für die Versicherungsfreiheit nach dem SGB III. Die Beiträge für die Zeit vom 01.08.2011 bis 30.06.2012 seien daher zu Recht entrichtet worden.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München erhoben und ausgeführt, dass es für den Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht auf die Annahme des Versorgungsvertrages durch den Kläger ankomme, sondern ausschließlich auf die Gewährleistungsentscheidung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen als der zuständigen obersten Verwaltungsbehörde. Dieses habe am 16.07.2012 bestätigt, dass die davon betroffenen Beschäftigungsverhältnisse rückwirkend von dem Gewährleistungsbescheid vom 11./24.03.1993 erfasst würden. Auch aus der Rechtlichen Arbeitsanweisung der Deutschen Rentenversicherung R7 ergebe sich, dass nur dann ein rückwirkender Eintritt der Rentenversicherungsfreiheit ausgeschlossen sei, wenn die Zusicherung bzw. der Anspruch auf Versorgungsanwartschaften nicht bereits in der Vergangenheit vertraglich erfolgt sei. Die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III seien im Fall des Klägers seit 01.08.2011 erfüllt, da in diesem Zeitpunkt die erforderliche Wartezeit abgelaufen sei. Die Beigeladene zu 1) sei deshalb vom BAG verurteilt worden, den Versorgungsvertrag rückwirkend zum 01.08.2011 abzuschließen.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen mit Urteil vom 21. Mai 2015 und seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt dass eine rückwirkende Versicherungsfreiheit nicht eingetreten sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, welche er im Wesentlichen mit der erstinstanzlich vorgebrachten Argumentation begründet hat.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.05.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.05.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2013 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger ab 01.08.2011 bis 30.06.2012 versicherungsfrei in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung ist, sowie die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger den Arbeitnehmeranteil der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung vom 01.08.2011 bis 30.06.2012 zu erstatten, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist in der Sache nicht erfolgreich. Die streitgegenständliche Entscheidung der Beklagten verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, er hat folglich auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung des Arbeitnehmeranteils der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung in der Zeit vom 01.08.2011 bis zum 30.06.2012.
Grundlage des vom Kläger geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 26 SGB IV. Danach sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten. Der Erstattungsanspruch steht dem zu, der die Beiträge getragen hat (§ 26 Abs. 3 Satz 1 SGB IV).
Die Entrichtung der Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung erfolgte im streitgegenständlichen Zeitraum nicht zu Unrecht, da der Kläger in dieser Zeit versicherungspflichtig war (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Er wäre versicherungsfrei gewesen, wenn ihm nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen eine Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert gewesen wäre, § 5 Abs. 1 SGB VI. Für Personen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VI gilt dies u.a. nur, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Anspruch auf Vergütung und bei Krankheit auf Fortzahlung der Bezüge haben (Nr. 1) oder nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben (Nr. 2). Gem. § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI begründet die Gewährleistung von Anwartschaften die Versicherungsfreiheit von Beginn des Monats an, in dem die Zusicherung der Anwartschaften vertraglich erfolgt.
Zutreffend hat die Beklagte entschieden, dass die Versicherungsfreiheit des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß der Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI zum 01.07.2012 eingetreten ist. Die Zusicherung der Anwartschaft des Klägers erfolgte erst im Juli 2012, als der Kläger das Angebot der Beigeladenen zu 1) vom 02.07.2012 auf Abschluss eines Versorgungsvertrages annahm. Darauf, dass die Versorgungszusage rückwirkend zum 01.08.2011 vereinbart wurde, kommt es nach dem Wortlaut von § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI eindeutig nicht an.
Mit der Einführung des § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI sollte gerade sichergestellt werden, dass nicht beamtenähnliche Versorgungsanwartschaften rückwirkend für Zeiten verliehen werden, in denen die Rentenversicherung ein Versicherungsrisiko getragen und eine beamtenähnliche Versorgungsanwartschaft aus einer "ex ante" Betrachtung heraus tatsächlich nicht bestanden hat (Fichte in: Hauck/Noftz, SGB VI, Stand 4/2014, § 5 Rn. 162; Segebrecht in: Kreikebohm, SGB VI, 4. Auflage, 2013, § 5 Rn. 15; Gürtner in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand Juni 2016, § 5 SGB VI Rn. 27a). Denn in der streitgegenständlichen Zeit hätte der Kläger aufgrund seiner entrichteten Beiträge hypothetisch Leistungen von der Beigeladenen zu 2) beispielsweise in Form von Arbeitslosengeld oder von der Beigeladenen zu 3) beispielsweise in Form einer Rehamaßnahme erhalten können. Dass dies tatsächlich nicht eingetreten ist, ist nicht maßgeblich, es kommt vielmehr darauf an, dass der Kläger in jenem Zeitraum tatsächlich diesen Versicherungsschutz innehatte.
Dass der Kläger in dem streitgegenständlichen Zeitraum noch keine beamtenähnliche Versorgungsanwartschaft besaß, ergibt sich auch aus den Urteilen des BAG vom 15.05.2012 (u.a. Az. 3 AZR 610/11). Das BAG stellte in diesen Fällen lediglich einen Anspruch der betroffenen Arbeitnehmer gegen die Beigeladene zu 1) dahingehend fest, dass diese den Arbeitnehmern den Abschluss eines Versorgungsvertrages anbietet (3 AZR 610/11, Rn. 72, 95). Damit waren die entsprechenden Verträge aber noch nicht zustande gekommen. Hierfür bedurfte es erst eines Angebots durch die Beigeladene zu 1) und die Annahme des Angebots durch den Kläger. Das Angebot datiert vom 02.07.2012, die Annahme erfolgte im Laufe des Monats Juli 2012.
Ebenso wenig kann aus dem Gewährleistungsschreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Finanzen vom 11./24.03.1993 abgeleitet werden, dass der Kläger bereits zum 01.10.2010 eine beamtenähnliche Versorgungsanwartschaft besaß. Zum einen enthält dieses Schreiben keine Aussage zur Frage des Zeitpunkts des Eintritts der Versicherungsfreiheit im Fall einer vereinbarten rückwirkenden Versorgungszusage. Zum anderen besaß das Ministerium nach Einführung des § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI keine Zuständigkeit (mehr), den Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungsfreiheit zu bestimmen (vgl. Fichte, in Hauck/Noftz, SGB VI § 5 Rn. 158).
Dieses Ergebnis findet auch eine Stütze in § 230 Abs. 5 SGB VI. Danach ist § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI nur dann nicht anzuwenden, wenn vor dem 1. Februar 2002 aufgrund einer Entscheidung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 SGB VI bereits Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder 3 SGB VI vorlag. Dies war vorliegend nicht der Fall.
Im Bereich der Arbeitslosenversicherung sind gem. § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III Personen in einer Beschäftigung als Beamtin, Beamter, Richterin, Richter, Soldatin auf Zeit, Soldat auf Zeit, Berufssoldatin oder Berufssoldat der Bundeswehr sowie als sonstige Beschäftigte oder sonstiger Beschäftigter des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, Anstalt, Stiftung oder eines Verbandes öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden versicherungsfrei, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben. Eine § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI vergleichbare Vorschrift kennt das SGB III nicht. Aufgrund der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI entsteht die Versicherungsfreiheit jedoch auch hier erst von Beginn des Monats an, in dem die Zusicherung der Ansprüche auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Unfallfürsorge im Krankheitsfall in entsprechender Anwendung der jeweils für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Regelungen vertraglich erfolgt, hier also ab 01.07.2012.
Da die Versicherungsfreiheit des Klägers in der Renten- und Arbeitslosenversicherung erst zum 01.07.2012 eintrat, wurden die Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung für den streitgegenständlichen Zeitraum zu Recht abgeführt. Die Berufung ist deshalb vollumfänglich zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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