Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 KR 1216/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 23/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. Dezember 2014 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 8. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2012 wird aufgehoben, soweit darin ein Ende der Familienversicherung der Beigeladenen für die Zeit vor dem 1. November 2011 verfügt wird. Die Beklagte hat zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers für das gesamte Verfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Mitgliedschaft des beigeladenen Kindes in der Familienversicherung der Beklagten im Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. März 2012.
Die Beigeladene wurde 2006 geboren. Ihr Vater, der Kläger, ist bei der Beklagten krankenversichert. Die Mutter der Beigeladenen war bis zum 31. August 2010 bei der Barmer krankenversichert, danach vom 1. September 2010 bis zum 31. Dezember 2010 bei der Beklagten.
Die Beigeladene war bis zum 31. Mai 2010 über ihre Mutter bei der Barmer familienversichert. Am 21. April 2010 beantragte der Kläger, die Beigeladene mit Wirkung vom 1. Juni 2010 in die Familienversicherung der Beklagten aufzunehmen. Mit Bescheid vom 5. Mai 2010 teilte die Beklagte dem Kläger hierauf mit, dass für die Beigeladene zu 1. ab dem 1. Juni 2010 umfassender Kranken- und Pflegeversicherungsschutz im Rahmen der Familienversicherung bestehe. In dem Bescheid wurde der Kläger unter anderem dazu aufgefordert, alle Änderungen mitzuteilen, die Auswirkungen auf die Familienversicherung haben können, unter anderem jede Änderung des Familienstandes sowie Änderungen in den Einkommensverhältnissen des mitversicherten Angehörigen.
Mit Schreiben vom 30. Januar 2011 teilte die Mutter der Beigeladenen der Beklagten mit, dass sie ihr Versicherungsverhältnis zum 1. Januar 2011 kündige, weil sie aufgrund des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze mit Ablauf des Jahres 2010 aus der Pflichtversicherung der gesetzlichen Krankenversicherung und der Pflegeversicherung ausscheide. Seit dem 1. Januar 2011 war die Mutter der Beigeladenen bei der Debeka privat krankenversichert.
Am 29. Januar 2012 gebar die Mutter der Beigeladenen das Kind L D. Bis einschließlich 1. April 2012 befand die Mutter der Beigeladenen sich in Mutterschutz, für die Zeit vom 2. April 2012 bis zum 31. Juli 2013 nahm sie Elternzeit in Anspruch.
Aufgrund einer routinemäßigen Aufforderung der Beklagten vom 8. Februar 2012 machte der Kläger mit Schreiben vom 12. Februar 2012 Angaben zum Einkommen seiner Ehefrau und erklärte, deren regelmäßige Bruttoeinkünfte betrügen nicht mehr als 50.850 Euro jährlich. Beigefügt waren Entgeltnachweise für die Mutter der Beigeladenen für Januar 2011 (brutto 4.197,04 Euro), für Oktober 2011 (brutto 4.435,88 Euro), für November 2011 (brutto 6.586,87 Euro) und für Januar 2012 (2.490,85 Euro Mutterschaftsgeld). Der im August 2012 für den Kläger und seine Ehefrau erstellte Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2011 wies für den Kläger zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 50.811 Euro (monatlich: 4.234,25 Euro) und für die Mutter der Beigeladenen 54.021 Euro (4.501,75 Euro monatlich) aus.
Auf der Grundlage der Angaben des Klägers in seinem Schreiben vom 12. Februar 2012 teilte die Beklagte dem Kläger durch Bescheid vom 8. März 2012 mit, dass die Familienversicherung der Beigeladenen zum 31. Dezember 2010 ende, weil die Mutter der Beigeladenen nicht in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sei und ihr Einkommen durchschnittlich ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze und zugleich die Einkünfte des Klägers übersteige.
Mit seinem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, die Beklagte sei seit dem Schreiben seiner Ehefrau vom 30. Januar 2011 darüber informiert gewesen, dass diese aufgrund des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze in die private Krankenversicherung gewechselt sei. Zudem überstiegen die Einkünfte der Mutter der Beigeladenen im Jahre 2012 nicht die Jahresarbeitsentgeltgrenze, weil sie bis März lediglich Mutterschaftsgeld erhalte und sich danach in Elternzeit befinde.
Mit Bescheid vom 11. April 2012 teilte die Beklagte der Beigeladenen mit, dass diese in der Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 1. April 2012 versicherungspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung sei. In Anwendung der gesetzlichen Mindestbemessungsgrundlage sei für diesen Zeitraum ein Beitragsrückstand in Höhe von 2.169,36 Euro entstanden. Über den hiergegen erhobenen Widerspruch ist noch nicht entschieden.
Mit Bescheid vom 12. April 2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Beigeladene und ihr Bruder ab dem 2. April 2012 (Beginn der Elternzeit der Mutter) wieder im Rahmen der Familienversicherung bei der Beklagten kranken- und pflegeversichert seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 8. März 2012 zurück. Kinder seien nicht im Rahmen der Familienversicherung pflichtversichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte des Mitgliedes nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sei, wenn sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteige und wenn das Gesamteinkommen regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds sei. All diese Voraussetzungen lägen im Falle der Beigeladenen vor: Ihre Mutter sei ab 1. Januar 2011 nicht mehr Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse gewesen, ihre monatlichen Einkünfte hätten über einem Zwölftel (4.125 Euro) der Jahresentgeltgrenze gelegen und seien auch höher als die Einkünfte des Klägers gewesen. Unter Berücksichtigung der Einmalzahlung im November 2011 habe das monatliche Einkommen der Mutter der Beigeladenen 4.376,29 Euro betragen, dasjenige des Klägers dagegen 4.234,25 Euro. Über diese Umstände habe der Kläger die Beklagte erst durch Vorlage der Gehaltsabrechnungen der Mutter der Beigeladenen im März 2012 informiert. Seiner Mitwirkungspflicht habe er damit nicht genügt. Sein Hinweis, dass die Beklagte über den Wechsel der Mutter der Beigeladenen in die private Krankenversicherung informiert gewesen sei, führe nicht weiter, weil die Versicherungsdaten der Mutter der Beigeladenen nicht auf eine Familienversicherung der Beigeladenen über den Kläger hinwiesen. Mit dem Schreiben der Mutter der Beigeladenen vom 30. Januar 2011 sei das Bestehen einer Familienversicherung über den Kläger nicht ersichtlich gewesen. Die rückwirkende Aufhebung der Familienversicherung der Beigeladenen beruhe auf § 48 Abs. 1 Nr. 2 SGB X, denn der Kläger sei einer gesetzlich vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen der Verhältnisse nicht nachgekommen. Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen angeführt, das Jahreseinkommen seiner Ehefrau für das Jahr 2011 sei ihm erst im Jahr 2012 bekannt geworden, weil erst zu diesem Zeitpunkt die gesamten Gehaltsbescheinigungen und die Lohnsteuerbescheinigungen vorgelegen hätten. Das Gesamteinkommen seiner Ehefrau sei weder Anfang 2011 noch zu einem späteren Zeitpunkt genau ersichtlich gewesen. Zum 1. Januar 2011 habe er eine neue Beschäftigung aufgenommen und daraus im Jahre 2011 ein gleichbleibendes monatliches Einkommen erzielt (4.234,25 Euro). Weihnachtszuwendungen oder Urlaubsgeld habe er nicht erhalten. Frühestens ab Erhalt eines Einkommenssteuerbescheides für das abgelaufene Jahr sei eine Beendigung der Familienversicherung in Betracht zu ziehen, weil erst ab diesem Zeitpunkt die relevanten Einkünfte bekannt seien. Ein Pflichtverstoß, der nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 SGB V zu einer rückwirkenden Aufhebung der Familienversicherung führen könne, liege gerade nicht vor.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat angeführt, die Ehefrau des Klägers habe bereits im Jahre 2010 die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten. Nach Prüfung des Arbeitgebers sei dies prognostisch auch für das Jahr 2011 der Fall gewesen, weil es ansonsten nicht zum Eintreten der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung gekommen wäre. Die Mutter der Beigeladenen habe auch die Gelegenheit genutzt, zum 1. Januar 2011 in die private Krankenversicherung zu wechseln. Der Kläger hätte ohne weiteres erkennen können, dass das Gesamteinkommen seiner Ehefrau höher als sein eigenes gewesen sei.
Mit Urteil vom 3. Dezember 2014 hat das Sozialgericht Berlin der Klage stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 8. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 2012 aufgehoben. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte hätte bei Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht auf erst im Jahre 2012 bekannt gewordene Erkenntnisse zurückgreifen dürfen, sondern hätte sich an den Verhältnissen im Januar 2011 orientieren müssen. Zumindest in diesem Monat habe das Einkommen des Klägers mit 4.234,25 Euro dasjenige seiner Ehefrau (4.197,04 Euro) überstiegen. Für den Kläger sei zu diesem Zeitpunkt nicht ersichtlich gewesen, dass das Gesamteinkommen seiner Ehefrau im Jahre 2011 auf jeden Fall höher sein werde als sein eigenes. Einer Aufhebung der Familienversicherung für die Vergangenheit stünden auch Vertrauensschutzerwägungen entgegen.
Gegen das ihr am 17. Dezember 2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 15. Januar 2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie an, das Einkommen der Mutter der Beigeladenen, bei der es sich nicht um eine Selbständige handele, sondern um eine Angestellte in einer Senatsverwaltung, habe keinen starken Schwankungen unterlegen, sondern sei klar vorhersehbar und festgeschrieben gewesen. In solch einem Fall dürfe eine Änderung der Verhältnisse nicht erst mit Vorlage eines Einkommenssteuerbescheides angenommen werden. Weil ihr erst im Jahre 2012 mitgeteilt worden sei, dass die Mutter der Beigeladenen privat krankenversichert und ihr Einkommen regelmäßig höher als das des Klägers sei, sei sie verpflichtet gewesen, die Familienversicherung rückwirkend zu beenden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. Dezember 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Die Voraussetzungen einer rückwirkenden Aufhebung der Familienversicherung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X hätten nicht vorgelegen. Erst mit dem Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2011 vom August 2012 habe sich herausgestellt, dass die Ehefrau des Klägers ein höheres Einkommen als dieser erzielt habe. Zu Beginn des Jahres 2011 sei dies noch nicht absehbar gewesen. Zudem sei der Kläger zu Beginn des Jahres 2011 davon ausgegangen, dass sein vertraglich vereinbartes Arbeitsentgelt nach einem halben Jahr steigen werde und es damit nicht bei einem Einkommen von 4.234,25 Euro bleiben werde. Schon gar nicht könne ihm vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung angelastet werden. Am 23. November 2017 hat der Berichterstatter den Rechtsstreit mit den Beteiligten erörtert. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung des Berichterstatters über die Berufung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten durfte der Berichterstatter über die Berufung an Stelle des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§§ 155 Abs. 3, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat aber nur im tenorierten Umfang Erfolg. Für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Oktober 2011 hat das Sozialgericht Berlin der Klage zu Recht stattgegeben, denn der angefochtene Bescheid ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten; für die Zeit ab 1. November 2011 dagegen durfte die Beklagte nachträglich die Beendigung der Familienversicherung der Beigeladenen verfügen.
Rechtsgrundlage der rückwirkenden Aufhebung der Familienversicherung der Beigeladenen ist hier § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. "Grob fahrlässig" handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X. Dies ist in Bezug auf die Unterlassung der Mitteilung der Veränderung dann der Fall, wenn der Betroffene einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und deshalb nicht beachtet hat, was im gegebenen Falle jedem einleuchten muss (vgl. Brandenburg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 48 SGB X, Rdnr. 132 mit Hinweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Februar 1986, 7 RAr 55/84, zitiert nach juris, dort Rdnr. 17).
Rückblickend hat die Beklagte in Analyse des gesamten Jahres 2011 richtig erkannt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Familienversicherung des beigeladenen Kindes nicht mehr vorlagen. Nach dem in § 10 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geregelten Ausnahmetatbestand sind Kinder nämlich nicht familienversichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist. Das Gesetz geht in diesen Fällen davon aus, dass das höhere Einkommen des nicht gesetzlich versicherten Ehegatten die wirtschaftliche Grundlage der Familie bildet. Deshalb soll der Krankenversicherungsschutz des Kindes nicht durch eine beitragsfreie Anbindung an die Stammversicherung des geringer verdienenden, gesetzlich versicherten Stammmitglieds, sondern durch eine private Absicherung erfolgen; die Regelung soll auch eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Familienversicherung vermeiden (vgl. Felix in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 10 SGB V, Rdnr. 25). Die Anwendung des § 10 Abs. 3 SGB V erfordert damit eine konkrete Überprüfung der Einkommensverhältnisse beider Ehegatten, die nach Maßgabe der §§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) und § 10 Abs. 6 Satz 1 SGB V zur Mitwirkung verpflichtet sind (vgl. Felix. a.a.O., Rdnr. 29).
Der "Ehegatte des Mitglieds", die Mutter der Beigeladenen, war seit dem 1. Januar 2011 nicht mehr Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse. Ihr Gesamteinkommen im Jahr 2011 überstieg mit insgesamt 54.021,- Euro (monatlich 4.501,75 Euro) die Jahresarbeitsentgeltgrenze (49.500,- Euro, monatlich 4.125,-Euro) und war auch höher als das Einkommen des Klägers (Jahreseinkommen 50.811,- Euro, monatlich 4.234,25 Euro).
Allerdings hat die Beurteilung der Regelmäßigkeit des Gesamteinkommens zukunftsbezogen zu erfolgen (Gerlach in: Hauck/Noftz, SGB, 06/16, § 10 SGB V Rdnr. 169). Daher war im Januar 2011 noch davon auszugehen, dass das Einkommen des Klägers nicht niedriger sein würde als dasjenige seiner Ehefrau, denn im Januar 2011 betrug sein Einkommen 4.234,25 Euro und war damit höher als dasjenige seiner Ehefrau (Januar 2011: 4.197,04 Euro). Dass das Einkommen seiner Ehefrau im Jahre 2011 "regelmäßig" höher sein würde als dasjenige des Klägers dürfte erst im weiteren Verlaufe des Jahres zu erkennen gewesen sein, zumal der Kläger, wie er im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter glaubhaft versicherte, zu Beginn des Jahres 2011 im Rahmen eines neuen Beschäftigungsverhältnisses wesentlich höhere Einkommenserwartungen für das Jahr 2011 hatte, die aber später enttäuscht wurden. Zur Überzeugung des Gerichts musste aber spätestens ab November 2011 klar sein, dass das Einkommen der Ehefrau "regelmäßig" höher war als dasjenige des Klägers, denn sie erhielt in jenem Monat ein Gehalt einschließlich Sonderzahlung in Höhe von 6.586,87 Euro, während für den Kläger erkennbar geworden war, dass sein monatliches Einkommen für das gesamte Jahr 2011 auf dem Niveau der Januarzahlung stagnierte.
Daraus folgt zugleich, dass der Kläger bis einschließlich Oktober 2011 seine Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse jedenfalls nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat. Denn bei nahezu identischem Monatseinkommen ist es besonders schwierig zu erkennen, wann die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 SGB V erfüllt sind. Zur Überzeugung des Gerichts, die wesentlich auch auf dem Eindruck beruht, den der um korrektes Verhalten gegenüber der Beklagten bemühte Kläger im Erörterungstermin hinterlassen hat, hat der Kläger erst ab Anfang November 2011 die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt. Jetzt musste sich ihm aufdrängen, dass das Einkommen seiner Ehefrau höher war als prognostiziert und sein eigenes "regelmäßig" überstieg. Diesen Überlegungen zu den in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X enthaltenen subjektiven Anforderungen hat die Beklagte sich durchweg verschlossen.
Aus alldem folgt zugleich, dass die Beigeladene für die Zeit vom 1. November 2011 bis zum 1. April 2012 auf der Grundlage von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V versicherungspflichtig war und die Beitragsnachforderung auf diesen Zeitraum zu beschränken ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Mitgliedschaft des beigeladenen Kindes in der Familienversicherung der Beklagten im Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. März 2012.
Die Beigeladene wurde 2006 geboren. Ihr Vater, der Kläger, ist bei der Beklagten krankenversichert. Die Mutter der Beigeladenen war bis zum 31. August 2010 bei der Barmer krankenversichert, danach vom 1. September 2010 bis zum 31. Dezember 2010 bei der Beklagten.
Die Beigeladene war bis zum 31. Mai 2010 über ihre Mutter bei der Barmer familienversichert. Am 21. April 2010 beantragte der Kläger, die Beigeladene mit Wirkung vom 1. Juni 2010 in die Familienversicherung der Beklagten aufzunehmen. Mit Bescheid vom 5. Mai 2010 teilte die Beklagte dem Kläger hierauf mit, dass für die Beigeladene zu 1. ab dem 1. Juni 2010 umfassender Kranken- und Pflegeversicherungsschutz im Rahmen der Familienversicherung bestehe. In dem Bescheid wurde der Kläger unter anderem dazu aufgefordert, alle Änderungen mitzuteilen, die Auswirkungen auf die Familienversicherung haben können, unter anderem jede Änderung des Familienstandes sowie Änderungen in den Einkommensverhältnissen des mitversicherten Angehörigen.
Mit Schreiben vom 30. Januar 2011 teilte die Mutter der Beigeladenen der Beklagten mit, dass sie ihr Versicherungsverhältnis zum 1. Januar 2011 kündige, weil sie aufgrund des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze mit Ablauf des Jahres 2010 aus der Pflichtversicherung der gesetzlichen Krankenversicherung und der Pflegeversicherung ausscheide. Seit dem 1. Januar 2011 war die Mutter der Beigeladenen bei der Debeka privat krankenversichert.
Am 29. Januar 2012 gebar die Mutter der Beigeladenen das Kind L D. Bis einschließlich 1. April 2012 befand die Mutter der Beigeladenen sich in Mutterschutz, für die Zeit vom 2. April 2012 bis zum 31. Juli 2013 nahm sie Elternzeit in Anspruch.
Aufgrund einer routinemäßigen Aufforderung der Beklagten vom 8. Februar 2012 machte der Kläger mit Schreiben vom 12. Februar 2012 Angaben zum Einkommen seiner Ehefrau und erklärte, deren regelmäßige Bruttoeinkünfte betrügen nicht mehr als 50.850 Euro jährlich. Beigefügt waren Entgeltnachweise für die Mutter der Beigeladenen für Januar 2011 (brutto 4.197,04 Euro), für Oktober 2011 (brutto 4.435,88 Euro), für November 2011 (brutto 6.586,87 Euro) und für Januar 2012 (2.490,85 Euro Mutterschaftsgeld). Der im August 2012 für den Kläger und seine Ehefrau erstellte Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2011 wies für den Kläger zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 50.811 Euro (monatlich: 4.234,25 Euro) und für die Mutter der Beigeladenen 54.021 Euro (4.501,75 Euro monatlich) aus.
Auf der Grundlage der Angaben des Klägers in seinem Schreiben vom 12. Februar 2012 teilte die Beklagte dem Kläger durch Bescheid vom 8. März 2012 mit, dass die Familienversicherung der Beigeladenen zum 31. Dezember 2010 ende, weil die Mutter der Beigeladenen nicht in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sei und ihr Einkommen durchschnittlich ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze und zugleich die Einkünfte des Klägers übersteige.
Mit seinem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, die Beklagte sei seit dem Schreiben seiner Ehefrau vom 30. Januar 2011 darüber informiert gewesen, dass diese aufgrund des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze in die private Krankenversicherung gewechselt sei. Zudem überstiegen die Einkünfte der Mutter der Beigeladenen im Jahre 2012 nicht die Jahresarbeitsentgeltgrenze, weil sie bis März lediglich Mutterschaftsgeld erhalte und sich danach in Elternzeit befinde.
Mit Bescheid vom 11. April 2012 teilte die Beklagte der Beigeladenen mit, dass diese in der Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 1. April 2012 versicherungspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung sei. In Anwendung der gesetzlichen Mindestbemessungsgrundlage sei für diesen Zeitraum ein Beitragsrückstand in Höhe von 2.169,36 Euro entstanden. Über den hiergegen erhobenen Widerspruch ist noch nicht entschieden.
Mit Bescheid vom 12. April 2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Beigeladene und ihr Bruder ab dem 2. April 2012 (Beginn der Elternzeit der Mutter) wieder im Rahmen der Familienversicherung bei der Beklagten kranken- und pflegeversichert seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 8. März 2012 zurück. Kinder seien nicht im Rahmen der Familienversicherung pflichtversichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte des Mitgliedes nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sei, wenn sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteige und wenn das Gesamteinkommen regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds sei. All diese Voraussetzungen lägen im Falle der Beigeladenen vor: Ihre Mutter sei ab 1. Januar 2011 nicht mehr Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse gewesen, ihre monatlichen Einkünfte hätten über einem Zwölftel (4.125 Euro) der Jahresentgeltgrenze gelegen und seien auch höher als die Einkünfte des Klägers gewesen. Unter Berücksichtigung der Einmalzahlung im November 2011 habe das monatliche Einkommen der Mutter der Beigeladenen 4.376,29 Euro betragen, dasjenige des Klägers dagegen 4.234,25 Euro. Über diese Umstände habe der Kläger die Beklagte erst durch Vorlage der Gehaltsabrechnungen der Mutter der Beigeladenen im März 2012 informiert. Seiner Mitwirkungspflicht habe er damit nicht genügt. Sein Hinweis, dass die Beklagte über den Wechsel der Mutter der Beigeladenen in die private Krankenversicherung informiert gewesen sei, führe nicht weiter, weil die Versicherungsdaten der Mutter der Beigeladenen nicht auf eine Familienversicherung der Beigeladenen über den Kläger hinwiesen. Mit dem Schreiben der Mutter der Beigeladenen vom 30. Januar 2011 sei das Bestehen einer Familienversicherung über den Kläger nicht ersichtlich gewesen. Die rückwirkende Aufhebung der Familienversicherung der Beigeladenen beruhe auf § 48 Abs. 1 Nr. 2 SGB X, denn der Kläger sei einer gesetzlich vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen der Verhältnisse nicht nachgekommen. Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen angeführt, das Jahreseinkommen seiner Ehefrau für das Jahr 2011 sei ihm erst im Jahr 2012 bekannt geworden, weil erst zu diesem Zeitpunkt die gesamten Gehaltsbescheinigungen und die Lohnsteuerbescheinigungen vorgelegen hätten. Das Gesamteinkommen seiner Ehefrau sei weder Anfang 2011 noch zu einem späteren Zeitpunkt genau ersichtlich gewesen. Zum 1. Januar 2011 habe er eine neue Beschäftigung aufgenommen und daraus im Jahre 2011 ein gleichbleibendes monatliches Einkommen erzielt (4.234,25 Euro). Weihnachtszuwendungen oder Urlaubsgeld habe er nicht erhalten. Frühestens ab Erhalt eines Einkommenssteuerbescheides für das abgelaufene Jahr sei eine Beendigung der Familienversicherung in Betracht zu ziehen, weil erst ab diesem Zeitpunkt die relevanten Einkünfte bekannt seien. Ein Pflichtverstoß, der nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 SGB V zu einer rückwirkenden Aufhebung der Familienversicherung führen könne, liege gerade nicht vor.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat angeführt, die Ehefrau des Klägers habe bereits im Jahre 2010 die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten. Nach Prüfung des Arbeitgebers sei dies prognostisch auch für das Jahr 2011 der Fall gewesen, weil es ansonsten nicht zum Eintreten der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung gekommen wäre. Die Mutter der Beigeladenen habe auch die Gelegenheit genutzt, zum 1. Januar 2011 in die private Krankenversicherung zu wechseln. Der Kläger hätte ohne weiteres erkennen können, dass das Gesamteinkommen seiner Ehefrau höher als sein eigenes gewesen sei.
Mit Urteil vom 3. Dezember 2014 hat das Sozialgericht Berlin der Klage stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 8. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 2012 aufgehoben. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte hätte bei Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht auf erst im Jahre 2012 bekannt gewordene Erkenntnisse zurückgreifen dürfen, sondern hätte sich an den Verhältnissen im Januar 2011 orientieren müssen. Zumindest in diesem Monat habe das Einkommen des Klägers mit 4.234,25 Euro dasjenige seiner Ehefrau (4.197,04 Euro) überstiegen. Für den Kläger sei zu diesem Zeitpunkt nicht ersichtlich gewesen, dass das Gesamteinkommen seiner Ehefrau im Jahre 2011 auf jeden Fall höher sein werde als sein eigenes. Einer Aufhebung der Familienversicherung für die Vergangenheit stünden auch Vertrauensschutzerwägungen entgegen.
Gegen das ihr am 17. Dezember 2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 15. Januar 2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie an, das Einkommen der Mutter der Beigeladenen, bei der es sich nicht um eine Selbständige handele, sondern um eine Angestellte in einer Senatsverwaltung, habe keinen starken Schwankungen unterlegen, sondern sei klar vorhersehbar und festgeschrieben gewesen. In solch einem Fall dürfe eine Änderung der Verhältnisse nicht erst mit Vorlage eines Einkommenssteuerbescheides angenommen werden. Weil ihr erst im Jahre 2012 mitgeteilt worden sei, dass die Mutter der Beigeladenen privat krankenversichert und ihr Einkommen regelmäßig höher als das des Klägers sei, sei sie verpflichtet gewesen, die Familienversicherung rückwirkend zu beenden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. Dezember 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Die Voraussetzungen einer rückwirkenden Aufhebung der Familienversicherung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X hätten nicht vorgelegen. Erst mit dem Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2011 vom August 2012 habe sich herausgestellt, dass die Ehefrau des Klägers ein höheres Einkommen als dieser erzielt habe. Zu Beginn des Jahres 2011 sei dies noch nicht absehbar gewesen. Zudem sei der Kläger zu Beginn des Jahres 2011 davon ausgegangen, dass sein vertraglich vereinbartes Arbeitsentgelt nach einem halben Jahr steigen werde und es damit nicht bei einem Einkommen von 4.234,25 Euro bleiben werde. Schon gar nicht könne ihm vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung angelastet werden. Am 23. November 2017 hat der Berichterstatter den Rechtsstreit mit den Beteiligten erörtert. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung des Berichterstatters über die Berufung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten durfte der Berichterstatter über die Berufung an Stelle des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§§ 155 Abs. 3, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat aber nur im tenorierten Umfang Erfolg. Für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Oktober 2011 hat das Sozialgericht Berlin der Klage zu Recht stattgegeben, denn der angefochtene Bescheid ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten; für die Zeit ab 1. November 2011 dagegen durfte die Beklagte nachträglich die Beendigung der Familienversicherung der Beigeladenen verfügen.
Rechtsgrundlage der rückwirkenden Aufhebung der Familienversicherung der Beigeladenen ist hier § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. "Grob fahrlässig" handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X. Dies ist in Bezug auf die Unterlassung der Mitteilung der Veränderung dann der Fall, wenn der Betroffene einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und deshalb nicht beachtet hat, was im gegebenen Falle jedem einleuchten muss (vgl. Brandenburg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 48 SGB X, Rdnr. 132 mit Hinweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Februar 1986, 7 RAr 55/84, zitiert nach juris, dort Rdnr. 17).
Rückblickend hat die Beklagte in Analyse des gesamten Jahres 2011 richtig erkannt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Familienversicherung des beigeladenen Kindes nicht mehr vorlagen. Nach dem in § 10 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geregelten Ausnahmetatbestand sind Kinder nämlich nicht familienversichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist. Das Gesetz geht in diesen Fällen davon aus, dass das höhere Einkommen des nicht gesetzlich versicherten Ehegatten die wirtschaftliche Grundlage der Familie bildet. Deshalb soll der Krankenversicherungsschutz des Kindes nicht durch eine beitragsfreie Anbindung an die Stammversicherung des geringer verdienenden, gesetzlich versicherten Stammmitglieds, sondern durch eine private Absicherung erfolgen; die Regelung soll auch eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Familienversicherung vermeiden (vgl. Felix in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 10 SGB V, Rdnr. 25). Die Anwendung des § 10 Abs. 3 SGB V erfordert damit eine konkrete Überprüfung der Einkommensverhältnisse beider Ehegatten, die nach Maßgabe der §§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) und § 10 Abs. 6 Satz 1 SGB V zur Mitwirkung verpflichtet sind (vgl. Felix. a.a.O., Rdnr. 29).
Der "Ehegatte des Mitglieds", die Mutter der Beigeladenen, war seit dem 1. Januar 2011 nicht mehr Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse. Ihr Gesamteinkommen im Jahr 2011 überstieg mit insgesamt 54.021,- Euro (monatlich 4.501,75 Euro) die Jahresarbeitsentgeltgrenze (49.500,- Euro, monatlich 4.125,-Euro) und war auch höher als das Einkommen des Klägers (Jahreseinkommen 50.811,- Euro, monatlich 4.234,25 Euro).
Allerdings hat die Beurteilung der Regelmäßigkeit des Gesamteinkommens zukunftsbezogen zu erfolgen (Gerlach in: Hauck/Noftz, SGB, 06/16, § 10 SGB V Rdnr. 169). Daher war im Januar 2011 noch davon auszugehen, dass das Einkommen des Klägers nicht niedriger sein würde als dasjenige seiner Ehefrau, denn im Januar 2011 betrug sein Einkommen 4.234,25 Euro und war damit höher als dasjenige seiner Ehefrau (Januar 2011: 4.197,04 Euro). Dass das Einkommen seiner Ehefrau im Jahre 2011 "regelmäßig" höher sein würde als dasjenige des Klägers dürfte erst im weiteren Verlaufe des Jahres zu erkennen gewesen sein, zumal der Kläger, wie er im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter glaubhaft versicherte, zu Beginn des Jahres 2011 im Rahmen eines neuen Beschäftigungsverhältnisses wesentlich höhere Einkommenserwartungen für das Jahr 2011 hatte, die aber später enttäuscht wurden. Zur Überzeugung des Gerichts musste aber spätestens ab November 2011 klar sein, dass das Einkommen der Ehefrau "regelmäßig" höher war als dasjenige des Klägers, denn sie erhielt in jenem Monat ein Gehalt einschließlich Sonderzahlung in Höhe von 6.586,87 Euro, während für den Kläger erkennbar geworden war, dass sein monatliches Einkommen für das gesamte Jahr 2011 auf dem Niveau der Januarzahlung stagnierte.
Daraus folgt zugleich, dass der Kläger bis einschließlich Oktober 2011 seine Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse jedenfalls nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat. Denn bei nahezu identischem Monatseinkommen ist es besonders schwierig zu erkennen, wann die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 SGB V erfüllt sind. Zur Überzeugung des Gerichts, die wesentlich auch auf dem Eindruck beruht, den der um korrektes Verhalten gegenüber der Beklagten bemühte Kläger im Erörterungstermin hinterlassen hat, hat der Kläger erst ab Anfang November 2011 die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt. Jetzt musste sich ihm aufdrängen, dass das Einkommen seiner Ehefrau höher war als prognostiziert und sein eigenes "regelmäßig" überstieg. Diesen Überlegungen zu den in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X enthaltenen subjektiven Anforderungen hat die Beklagte sich durchweg verschlossen.
Aus alldem folgt zugleich, dass die Beigeladene für die Zeit vom 1. November 2011 bis zum 1. April 2012 auf der Grundlage von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V versicherungspflichtig war und die Beitragsnachforderung auf diesen Zeitraum zu beschränken ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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