Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 3551/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 4978/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1963 geborene Kläger absolvierte Ausbildungen zum Chemielaboranten und zum Krankenpfleger sowie eine Umschulung zum Kaufmann im Gesundheitswesen. Zuletzt war er bis April 2009 versicherungspflichtig beschäftigt als Wohnbereichsleiter einer Behinderteneinrichtung. In der Zeit vom 13. April 2009 bis zum 30. Juni 2011 war der Kläger arbeitsunfähig. Seit Juli 2011 bezieht er Arbeitslosengeld II.
Das Landratsamt B. stellte bei dem Kläger einen Grad der Behinderung in Höhe von 80 seit 28. April 2009 fest.
Am 2. März 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine nervenärztliche Untersuchung. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. K. gelangte in seinem Gutachten vom 22. Juli 2011 - unter Berücksichtigung der Diagnosen chronische Angsterkrankung, soziale Phobie, Panikattacken, asthenische Persönlichkeit, Verdacht auf cerebrales Anfallsleiden - zu der Einschätzung, dass der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ständig im Sitzen in Tagesschicht sechs Stunden und mehr verrichten könne. Daraufhin lehnte die Beklagte den klägerischen Rentenantrag durch Bescheid vom 9. August 2011 ab. Der Widerspruch des Klägers (Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 5. September 2011) hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2012).
Dagegen hat der Kläger am 18. Juli 2012 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung vorgebracht, dass die Beklagte seine orthopädischen Gesundheitseinschränkungen unberücksichtigt gelassen habe. Vor allem wegen seiner neurologisch-psychiatrischen sowie schmerztherapeutischen Gesundheitsbeeinträchtigungen sei er nicht mehr in der Lage, einer regelmäßigen sechsstündigen Tätigkeit nachzugehen. Er - der Kläger - sei Epileptiker mit sogenannten Grand-mal-Anfällen, die ein- bis zweimal monatlich auftreten würden. Bei der epileptischen Erkrankung handele es sich um eine gesicherte Diagnose.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen einvernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Stellungnahmen des HNO-Arztes Dr. K. vom 15. Februar 2013 (Bl. 18/21 der SG-Akten), des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. M. vom 4. März 2013 (Bl. 25/34 der SG-Akten) sowie des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. vom 12. Mai 2013 (Bl. 35/36 der SG-Akten) Bezug genommen.
Weiter hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines neurologischen Gutachtens. Prof. Dr. S., Facharzt für Neurologie und Chefarzt der Epilepsieklinik für Erwachsene der Diakonie K., hat in seinem Gutachten vom 29. November 2013 (Bl. 46/77 der SG-Akten) eine Epilepsie mit dyskognitiven und bilateral konvulsiven Anfällen bei ungeklärter Ätiologie, eine chronische Angsterkrankung mit Panikattacken und sozialer Phobie, eine Persönlichkeitsstörung, ein chronisches Schmerzsyndrom ohne neurologische Ausfälle bei Schmerzen der gesamten Wirbelsäule, schmerzhaft eingeschränkter Beweglichkeit beider Schultern und Gonalgie beidseits, eine chronische epitympanale Otitis media rechts mit pancochlearem Hörverlust rechts sowie kombinierter Schallleitungs- und Schallempfindungsstörung links sowie einen Diabetes mellitus Typ II diagnostiziert. Prof. Dr. S. ist - beruhend allein auf Schilderungen des Klägers - von einer Gefährdungskategorie C (Handlungsunfähigkeit mit/ohne Bewusstseinsstörung bei Verlust der Handlungskontrolle) und einer mittleren Anfallshäufigkeit (Stufe 4: generalisierte Anfälle mit Pausen von Wochen) ausgegangen. Er hat keine genaue zeitliche Festlegung der beruflichen Einsatzfähigkeit des Klägers getroffen, da das Auftreten der epileptischen Anfälle nicht vorhersehbar sei und nicht abgeschätzt werden könne, ob durch eine Therapieoptimierung eine Besserung der Anfallsfrequenz zu erreichen sei. Die epileptischen Anfälle stellten nicht das alleinige Problem des Klägers dar. Unzumutbar seien dem Kläger Arbeiten mit besonderer psychischer oder physischer Belastung, Arbeiten in der Höhe (Leiter/Gerüste), bei schlechten Witterungsverhältnissen, mit Gefahrenstoffen, mit brennbaren Substanzen oder an Maschinen, mit Schichtarbeit sowie Nachtarbeit und mit Publikumsverkehr. Derzeit könne der Kläger nicht mit einem Fahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen. Bezugnehmend allein auf die Epilepsie erscheine eine Tätigkeit unter Berücksichtigung der aufgeführten Einschränkungen über sechs Stunden möglich. Bisher sei weder eine ausführliche Diagnostik noch eine ausschöpfende medikamentöse Therapie bezüglich der Epilepsie erfolgt.
Weiter hat das SG die den Kläger seit 2014 behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Stellungnahmen des Facharztes für Psychotherapeutische Medizin, Neurologie und Psychiatrie Dr. E.vom 24. Juni 2014 (Bl. 99/100 der SG-Akten), des Facharztes für Psychotherapeutische Medizin Dr. B. vom 20. Juni 2014 (Bl. 101 der SG-Akten) und des Orthopäden K. vom 9. August 2014 (Bl. 103/104 der SG-Akten) verwiesen.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 13. Oktober 2015 - gestützt insbesondere auf das Gutachten des Prof. Dr. S. - abgewiesen.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 5. November 2015 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 2. Dezember 2015 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung, mit der er sein Rentenbegehren weiterverfolgt. Prof. Dr. S. habe darauf hingewiesen, dass bei ihm - dem Kläger - eine chronische Schmerzsymptomatik vorliege und die Einholung eines gesonderten Gutachtens empfohlen. Auch seien die behandelnden Ärzte Dr. E.und Dr. B. von einer zeitlichen Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens ausgegangen. Er - der Kläger - leide nach wie vor unter häufigen epileptischen Anfällen, starken Schulterschmerzen mit endgradiger Bewegungseinschränkung, Rückenschmerzen, Sensibilitätsstörungen im rechten Bein, Schlafstörungen, Tinnitus, Angststörungen und Panikattacken.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Oktober 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 9. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juni 2012 zu verurteilen, ihm ab 1. März 2011 eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist zur Begründung auf das angefochtene Urteil des SG.
Der Senat hat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Stellungnahmen des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. C. vom 6. Mai 2016 (Bl. 52/56 der Senatsakten) und des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. M. vom 13. Juni 2016 (Bl. 58/71 der Senatsakten) verwiesen.
Weiter hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens. Der Neurologe und Psychiater Dr. B hat in seinem Gutachten vom 27. Februar 2017 (Bl. 82/101 der Senatsakten) eine Schwerhörigkeit rechts, eine leichtgradige Kompression der Mittelhandnerven beidseits, ein cerebrales Anfallsleiden, eine Besonderheit der Persönlichkeit mit Pseudologia phantastica (pathologisches Lügen) sowie eine Angst- und Panikstörung beschrieben. Eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine fassbare depressive Symptomatik hat er ausgeschlossen. Vor dem Hintergrund der Besonderheiten der Persönlichkeit des Klägers könne nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass das Ausmaß der seelischen Störung vorgetäuscht bzw. verdeutlicht vorgebracht worden sei. Mit zumutbarer Willensanstrengung könne zumindest ein Teil der vom Kläger beschriebenen Einschränkungen überwunden werden. Dem Kläger seien Tätigkeiten mit Verantwortung für Menschen und Maschinen unzumutbar. Tätigkeiten überwiegend im Stehen, auch im Sitzen oder mit der Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung sowie mit Heben und Tragen von Lasten bis zu zehn Kilogramm seien dem Kläger sechs Stunden und mehr möglich. Betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei dem Kläger möglich. Er sei in der Lage, eine Gehstrecke von mindestens 500 Metern ohne Anwendung von Hilfsmitteln innerhalb von 20 Minuten zweimal täglich zurückzulegen bzw. zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines psychiatrischen Gutachtens. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Psychotherapeutische Medizin Dr. D. hat in seinem Gutachten vom 29. November 2017 (Bl. 127/160 der Senatsakten) ein hirnorganisches Anfallsleiden mit dyskognitiven und bilateral konvulsiven Anfällen, eine generalisierte Angsterkrankung mit Panikattacken und sozialer Phobie, eine Dysthymia und ein chronisches Schmerzsyndrom ohne neurologische Ausfälle diagnostiziert. Die Gesundheitsstörungen schränkten die quantitative Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zwingend ein. Grundsätzlich seien leichte bis mittelschwere Arbeiten im Umfang von sechs Stunden und mehr zumutbar. Im Hinblick auf das bestehende Anfallsleiden lägen lediglich qualitative Einschränkungen vor. Die Möglichkeit des Auftretens epileptischer Anfälle hindere nicht an der Ausübung von Tätigkeiten, die mit einer solchen Unfallgefährdung einhergingen, wie sie auch im Alltagsleben bestehen. Es ergäben sich qualitative Einschränkungen bei Tätigkeiten, die mit Eigen- oder Fremdgefährdung durch einen epileptischen Anfall verbunden seien. Nachtschicht solle vermieden werden. Eine Aggravation seitens des Klägers könne nicht ausgeschlossen werden. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht unerlässlich. Eine Einschränkung des Arbeitsweges lasse sich nicht darstellen. Wesentliche Unterschiede in der Befunderhebung und Beurteilung gegenüber den früheren Begutachtungen lägen nicht vor.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie wurde gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt.
2. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Bescheid vom 9. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juni 2012 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. März 2011 abgelehnt hat. Dagegen wendet sich der Kläger statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) und begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit macht er - zu Recht - nicht geltend, weil er am 8. Mai 1963 geboren ist und damit von vornherein nicht zum Kreis der Anspruchsberechtigten dieser Rente gehört (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI)).
3. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zutreffend verneint. Der Bescheid der Beklagten vom 9. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juni 2012 stellt sich als rechtmäßig dar und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
a. Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung (Gesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt (§ 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI). Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn neben den oben genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen eine teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
b. Der Kläger hat die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Der Senat ist jedoch nicht davon überzeugt, dass der Kläger erwerbsgemindert ist. Bei der Beurteilung seiner beruflichen Leistungsfähigkeit stehen im Vordergrund seine Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet, mit denen er sein Klage- und Berufungsbegehren auch vorrangig begründet hat. Diese sind jedoch nicht von einer solchen Schwere, dass sie das Leistungsvermögen des Klägers in zeitlicher Hinsicht einschränken. Vielmehr genügen qualitative Einschränkungen, um dessen Leiden gerecht zu werden. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere auf die bei Dr. B und Dr. D. eingeholten Gutachten, das vom SG bei Prof. Dr. S. eingeholte Gutachten sowie das im Verwaltungsverfahren erstattete Gutachten des Prof. Dr. K ...
Die bei dem Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet rechtfertigen keine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht. Der vom Kläger benannte wahlärztliche Gutachter Dr. D. hat in seinem aktuellen nervenärztlichen Gutachten vom 29. November 2017 ein hirnorganisches Anfallsleiden mit dyskognitiven und bilateral konvulsiven Anfällen, eine generalisierte Angsterkrankung mit Panikattacken und sozialer Phobie, eine Dysthymia sowie ein chronisches Schmerzsyndrom ohne neurologische Ausfälle beschrieben. Eine wesentliche Abweichung von den durch Prof. Dr. K., Prof. Dr. S. und Dr. B erhobenen Befunden und gestellten Diagnosen hat er nicht gesehen. Dr. D. hat einen weitgehend normalen neurologischen und psychiatrischen Befund dargestellt. Bis auf eine Hörminderung links nach Mittelohr-Operation mit Trommelfellplastik hat er keine neurologischen Ausfallerscheinungen festgestellt. Im psychischen Befund hat sich der Kläger bewusstseinsklar, zur Person, zeitlich und örtlich voll orientiert gezeigt und seine Beschwerdesymptomatik deutlich referiert. Eine massive affektive Herabstimmung hat Dr. D. nicht feststellen können. Dr. D. hat überzeugend darauf hingewiesen, dass der Tagesablauf des Klägers ohne strukturierende Arbeitssituation zwar auf eine gewisse Störung der Antriebsstruktur hinweist, diese jedoch seine Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht einschränkt. Im Hinblick auf die nunmehr schon mehr als zehn Jahre bestehende stabile partnerschaftliche Beziehung und die ausreichende Wohnsituation bestehen günstige Ausgangsbedingungen. Im Hinblick auf die bald zehnjährige Arbeitslosigkeit und die gesundheitlichen Beschwerden sowie eine als hypochondrienahe, letztlich einer überdurchschnittlichen Zuwendung auf gesundheitliche Probleme zuzuschreibenden Persönlichkeitsneigung, die durch starke Selbstbezogenheit verhaftete und sich schwerer als im Durchschnitt asthenisch akzentuierte Persönlichkeit, die durch eingeschränktes Selbstbewusstsein, Trennungsängste und depressive Grundstimmung gekennzeichnet ist, ist die Lebensqualität des Klägers beschränkt, ohne dass sich daraus quantitative Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ableiten lassen.
Bereits Dr. B hatte in seinem Gutachten vom 27. Februar 2017 lediglich eine Einschränkung der Beweglichkeit der Wirbelsäule, Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule und der Schultergelenke sowie der kleinen Fingermittel- und Fingerendgelenke sowie einen weitgehend unauffälligen neurologischen Befund dokumentiert. Dr. B hat im Rahmen seiner Untersuchung am 7. Februar 2017 folgenden psychischen Befund erhoben: pünktlich, alters- und situationsentsprechend gepflegt gekleidet, unauffälliger Antrieb, Kontaktaufnahme ohne Angst und Verunsicherung, spontan, selbstsicher, in allen Qualitäten orientiert, im Laufe der Untersuchung ausgreifende, detailreiche Schilderung der biographischen Besonderheiten und Erlebnisse, erschwerte Klärung von Inkonsistenzen in den biographischen Angaben, Bedürfnis nach positiver Selbstdarstellung, nicht klärbare Widersprüche in der Darstellung der Häufigkeit der Anfälle, der erfolgten Diagnostik und laufenden Therapie, formal geordneter Gedankengang, weitschweifiger Denkablauf, Pseudologia phantastica, keine inhaltlichen Denkstörungen, kein Hinweis auf abnorme Erlebnisweisen, nicht herabgestimmt, erkennbar auslenkbar bei Zuwendung, auflebend bei Aufmerksamkeit, Empathie einfordernd, etwas weitschweifig. In Einklang mit diesem Befund hat Dr. B zutreffend eine schwerwiegende psychiatrische Erkrankung ausgeschlossen. Im EEG haben sich - wie bereits im Rahmen der Untersuchungen durch Prof. Dr. K. und Prof. Dr. S. - kein Herdbefund, keine Krampfpotentiale und keine Zeichen einer latent erhöhten Krampfbereitschaft gefunden. Dr. B hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Angaben des Klägers zu den cerebralen Anfällen nicht konsistent sind und die durchgeführte Diagnostik und Therapie gegen häufige Anfälle sprechen. Gegenüber Dr. D. hat der Kläger eingestanden, dass generalisierte Krampfanfälle "nicht mehr oft" auftreten würden. Bereits der behandelnde Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. hatte im Mai 2013 berichtet, dass zu Beginn der Behandlung 1996 die Epilepsie im Vordergrund gestanden hat und im Laufe der Zeit die teils depressive Symptomatik mit Ängsten in den Vordergrund getreten ist. Lediglich ein EEG im Dezember 2002 war ausweislich der Angaben des Dr. G. eindeutig pathologisch im Sinne einer erhöhten Anfallsbereitschaft. Diesem gegenüber hatte der Kläger von einer Anfallsfreiheit in der Zeit von 2003 bis 2007 berichtet. Nach mehrjähriger Unterbrechung der fachneurologischen Behandlung hat sich der Kläger erst wieder im Februar 2013 bei Dr. G. vorgestellt, dabei jedoch nicht vom Auftreten erneuter Anfälle berichtet. Im Rahmen seiner Untersuchung im Oktober 2013 hat Prof. Dr. S. auch keine Narben im Bereich der Zunge festgestellt, die auf einen stattgehabten Zungenbiss hinweisen könnten. Auch der vom Kläger im Januar 2013 aufgesuchte Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. und der den Kläger seit März 2014 behandelnde Facharzt für Psychotherapie, Neurologie und Psychiatrie Dr. E.haben ihn ausschließlich psychiatrisch behandelt und den Schwerpunkt der Beeinträchtigungen auf psychiatrischem Gebiet gesehen. Dr. C., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, der den Kläger als Praxisnachfolger des Dr. E.seit Januar 2016 behandelt, hat ihn lediglich fachpsychiatrisch betreut. Neurologische Befunde hat er nicht erhoben. Gegenüber Dr. C. hat er eingestanden, dass "seit einigen Monaten" keine Grand-Mal-Anfälle mehr aufgetreten seien. Der behandelnde Hausarzt Dr. M. hat im Juni 2016 berichtet, dass der Kläger nie genaue Angaben zur Verlaufsform der Anfälle gemacht, sich zuletzt vor drei Jahren in neurologischer Behandlung befunden und in letzter Zeit keine Angaben über einen erneuten epileptischen Anfall gemacht hat. Bereits Prof. Dr. S. hat überzeugend darauf hingewiesen, dass bezüglich der vom Kläger beklagten Beschwerden aufgrund einer epileptischen Erkrankung weder eine ausreichende Diagnostik noch eine adäquate Behandlung stattgefunden hat. Vielmehr befindet sich der Kläger seit Jahren nicht in fachneurologischer Behandlung. Unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung der durch Dr. B herausgearbeiteten Inkonsistenzen in der Darstellung der Beschwerden sowie der durch Dr. D. beschriebenen Aggravation ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger jedenfalls seit Rentenantragstellung im März 2011 anfallsfrei ist. Der Senat folgt den überzeugenden Leistungseinschätzungen der Gutachter Prof. Dr. K., Prof. Dr. S., Dr. B und Dr. D., nach denen der Kläger jedenfalls leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (ausgeschlossen sind Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über zehn Kilogramm, mit besonderer psychischer oder physischer Belastung, auf Leitern und Gerüsten, bei schlechten Witterungsverhältnissen, mit Gefahrenstoffen, mit brennbaren Substanzen oder an Maschinen, mit Schichtarbeit sowie Nachtarbeit, mit Publikumsverkehr) ausüben kann.
Auch die übrigen Gesundheitsstörungen begründen keine Leistungseinschränkungen in quantitativer Hinsicht. Bei dem Kläger liegen ausweislich der Stellungnahme des HNO-Arztes Dr. K. vom 15. Februar 2013 eine chronische Mittelohrentzündung sowie eine kombinierte Schallleitungs- und Schallempfindungsschwerhörigkeit links vor. Jedoch ist ausweislich der Feststellungen der Sachverständigen eine Verständigung mit ihm problemlos möglich gewesen. Weiterhin liegt bei ihm ein Diabetes mellitus Typ II vor (vgl. zuletzt Stellungnahme des Dr. M. vom 13. Juni 2016), ohne dass diese Erkrankung das berufliche Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht einschränkt. Schließlich begründen auch die vom Kläger beklagten Schmerzen in den Schultergelenken, im Bereich der Wirbelsäule und der unteren Extremitäten keine Leistungseinschränkung in zeitlicher Hinsicht. Der Orthopäde Dr. V. hat einen unauffälligen Befund der Kniegelenke erhoben; die vorgeschlagene Schmerztherapie hat der Kläger abgelehnt (Befundbericht vom 18. April 2012). Dr. M. (Stellungnahmen vom 4. März 2013 und 13. Juni 2016), Dr. V. (Befundbericht vom 10. Oktober 2013), Prof. Dr. S. und der Orthopäde K. (Stellungnahme vom 9. August 2014) haben lediglich eine eingeschränkte Beweglichkeit beider Schultergelenke festgestellt, die allenfalls Überkopfarbeiten, nicht jedoch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausschließt. Neurologische Ausfälle haben Prof. Dr. S., Dr. B (bis auf eine leichtgradige Kompression der Mittelhandnerven) und Dr. D. verneint. Der Orthopäde K. ist hinsichtlich der vom Kläger beklagten Wirbelsäulenbeschwerden lediglich von einer geringgradigen Spondylarthrose im Bereich L4/5 und L5/S1 ausgegangen und hat keine Hinweise für einen Bandscheibenvorfall, eine Spinalkanalstenose oder eine Foraminalstenose gesehen. Er hat den Kläger für vollschichtig (sechs Stunden und mehr) leistungsfähig erachtet. Das zuletzt von Dr. D. diagnostizierte chronische Schmerzsyndrom ist bereits auf nervenärztlichem Fachgebiet berücksichtigt und begründet - wie dargelegt - keine Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats - in Übereinstimmung mit der Einschätzung aller Gutachter (Prof. Dr. K., Prof. Dr. S., Dr. B, Dr. D.) und der behandelnden Ärzte Dr. G. und K. - fest, dass der Kläger in der Lage ist, noch mindestens sechs Stunden täglich jedenfalls eine körperlich leichte Tätigkeit zu verrichten. Die gesundheitlichen Einschränkungen sind weder in ihrer Art noch in ihrer Summe geeignet, die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen. Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der nach seinem verbliebenen Restleistungsvermögen noch körperlich leichte Tätigkeiten (wenn auch mit qualitativen Einschränkungen; vorliegend für Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über zehn Kilogramm, mit besonderer psychischer oder physischer Belastung, auf Leitern und Gerüsten, bei schlechten Witterungsverhältnissen, mit Gefahrenstoffen, mit brennbaren Substanzen oder an Maschinen, mit Schichtarbeit sowie Nachtarbeit, mit Publikumsverkehr sowie Überkopfarbeiten) in wechselnder Körperhaltung mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den üblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn dem Versicherten ist es mit diesem Leistungsvermögen in der Regel möglich, diejenigen Verrichtungen auszuführen, die in ungelernten Tätigkeiten in der Regel gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Urteile vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 79/09 R - BSGE 109, 189 - und 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - juris Rdnr. 26 ff.). In der Rechtsprechung des BSG werden hierbei als Fallgruppen Einschränkungen genannt aufgrund schwerer spezifischer Leistungsbehinderung wie z. B. Einarmigkeit bei gleichzeitiger Einäugigkeit (SozR 2200 § 1246 Nr. 30), der Notwendigkeit von zwei zusätzlich erforderlichen Arbeitspausen von je 15 Minuten (SozR 2200 § 1246 Nr. 136) oder von drei zusätzlich erforderlichen Arbeitspausen von zehn Minuten je Arbeitstag (BSG, Urteil vom 20. August 1997 - 13 RJ 39/96 -), Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen, Erforderlichkeit eines halbstündigen Wechsels vom Sitzen zum Gehen (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8) oder Einschränkungen aufgrund regelmäßig einmal in der Woche auftretender Fieberschübe (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 14). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist dagegen insbesondere nicht erforderlich im Falle des Ausschlusses von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder ständiges Sitzen erfordern, in Nässe oder Kälte oder mit häufigem Bücken zu leisten sind, besondere Fingerfertigkeiten erfordern oder mit besonderen Unfallgefahren verbunden sind, bei Ausschluss von Arbeiten im Akkord, im Schichtdienst, an laufenden Maschinen, bei Ausschluss von Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das Seh-, Hör- oder Konzentrationsvermögen stellen, sowie bei Ausschluss von Tätigkeiten, die häufiges Bücken erfordern (vgl. zu allem BSG Großer Senat SozR 3–2600 § 44 Nr. 8 m.w.N.; vgl. weiter Senatsurteil vom 23. April 2011 - L 7 R 5711/11 -). Der Senat ist der Überzeugung, dass das Restleistungsvermögen des Klägers es diesem erlaubt, die oben genannten Verrichtungen oder Tätigkeiten, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, auszuüben. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass er über die für die Ausübung einer ungelernten Tätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen, geistige Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz nicht verfügt (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R -BSGE 109, 189 - juris Rdnr. 29). Auch das bei ihm diagnostizierte Anfallsleiden steht nicht einer Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes entgegen, weil er seit mehreren Jahren unter antikonvulsivem Schutz und bei fehlenden Hinweisen auf eine latent erhöhte Krampfbereitschaft ohne Anfall gewesen ist und daher keine Beeinträchtigungen für eine regelmäßige Erwerbstätigkeit zu erwarten sind (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2006 - B 13 R 27/06 R - juris Rdnrn. 13, 18).
Der Senat ist mit den Sachverständigen Prof. Dr. S., Dr. B und Dr. D. sowie dem Verwaltungsgutachter Prof. Dr. K. weiter davon überzeugt, dass bei dem Kläger die erforderliche Wegefähigkeit (vgl. dazu bspw. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 79/11 R - BSGE 110, 1 -) vorliegt und er keiner betriebsunüblichen Pausen bedarf. Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI. Unbeachtlich ist, ob der Kläger noch einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz erhalten kann. Denn das Risiko, keinen Arbeitsplatz erhalten, ist nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen und vermag einen Rentenanspruch wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht zu begründen.
Somit hat die Berufung keinen Erfolg.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn.1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1963 geborene Kläger absolvierte Ausbildungen zum Chemielaboranten und zum Krankenpfleger sowie eine Umschulung zum Kaufmann im Gesundheitswesen. Zuletzt war er bis April 2009 versicherungspflichtig beschäftigt als Wohnbereichsleiter einer Behinderteneinrichtung. In der Zeit vom 13. April 2009 bis zum 30. Juni 2011 war der Kläger arbeitsunfähig. Seit Juli 2011 bezieht er Arbeitslosengeld II.
Das Landratsamt B. stellte bei dem Kläger einen Grad der Behinderung in Höhe von 80 seit 28. April 2009 fest.
Am 2. März 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine nervenärztliche Untersuchung. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. K. gelangte in seinem Gutachten vom 22. Juli 2011 - unter Berücksichtigung der Diagnosen chronische Angsterkrankung, soziale Phobie, Panikattacken, asthenische Persönlichkeit, Verdacht auf cerebrales Anfallsleiden - zu der Einschätzung, dass der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ständig im Sitzen in Tagesschicht sechs Stunden und mehr verrichten könne. Daraufhin lehnte die Beklagte den klägerischen Rentenantrag durch Bescheid vom 9. August 2011 ab. Der Widerspruch des Klägers (Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 5. September 2011) hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2012).
Dagegen hat der Kläger am 18. Juli 2012 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung vorgebracht, dass die Beklagte seine orthopädischen Gesundheitseinschränkungen unberücksichtigt gelassen habe. Vor allem wegen seiner neurologisch-psychiatrischen sowie schmerztherapeutischen Gesundheitsbeeinträchtigungen sei er nicht mehr in der Lage, einer regelmäßigen sechsstündigen Tätigkeit nachzugehen. Er - der Kläger - sei Epileptiker mit sogenannten Grand-mal-Anfällen, die ein- bis zweimal monatlich auftreten würden. Bei der epileptischen Erkrankung handele es sich um eine gesicherte Diagnose.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen einvernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Stellungnahmen des HNO-Arztes Dr. K. vom 15. Februar 2013 (Bl. 18/21 der SG-Akten), des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. M. vom 4. März 2013 (Bl. 25/34 der SG-Akten) sowie des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. vom 12. Mai 2013 (Bl. 35/36 der SG-Akten) Bezug genommen.
Weiter hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines neurologischen Gutachtens. Prof. Dr. S., Facharzt für Neurologie und Chefarzt der Epilepsieklinik für Erwachsene der Diakonie K., hat in seinem Gutachten vom 29. November 2013 (Bl. 46/77 der SG-Akten) eine Epilepsie mit dyskognitiven und bilateral konvulsiven Anfällen bei ungeklärter Ätiologie, eine chronische Angsterkrankung mit Panikattacken und sozialer Phobie, eine Persönlichkeitsstörung, ein chronisches Schmerzsyndrom ohne neurologische Ausfälle bei Schmerzen der gesamten Wirbelsäule, schmerzhaft eingeschränkter Beweglichkeit beider Schultern und Gonalgie beidseits, eine chronische epitympanale Otitis media rechts mit pancochlearem Hörverlust rechts sowie kombinierter Schallleitungs- und Schallempfindungsstörung links sowie einen Diabetes mellitus Typ II diagnostiziert. Prof. Dr. S. ist - beruhend allein auf Schilderungen des Klägers - von einer Gefährdungskategorie C (Handlungsunfähigkeit mit/ohne Bewusstseinsstörung bei Verlust der Handlungskontrolle) und einer mittleren Anfallshäufigkeit (Stufe 4: generalisierte Anfälle mit Pausen von Wochen) ausgegangen. Er hat keine genaue zeitliche Festlegung der beruflichen Einsatzfähigkeit des Klägers getroffen, da das Auftreten der epileptischen Anfälle nicht vorhersehbar sei und nicht abgeschätzt werden könne, ob durch eine Therapieoptimierung eine Besserung der Anfallsfrequenz zu erreichen sei. Die epileptischen Anfälle stellten nicht das alleinige Problem des Klägers dar. Unzumutbar seien dem Kläger Arbeiten mit besonderer psychischer oder physischer Belastung, Arbeiten in der Höhe (Leiter/Gerüste), bei schlechten Witterungsverhältnissen, mit Gefahrenstoffen, mit brennbaren Substanzen oder an Maschinen, mit Schichtarbeit sowie Nachtarbeit und mit Publikumsverkehr. Derzeit könne der Kläger nicht mit einem Fahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen. Bezugnehmend allein auf die Epilepsie erscheine eine Tätigkeit unter Berücksichtigung der aufgeführten Einschränkungen über sechs Stunden möglich. Bisher sei weder eine ausführliche Diagnostik noch eine ausschöpfende medikamentöse Therapie bezüglich der Epilepsie erfolgt.
Weiter hat das SG die den Kläger seit 2014 behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Stellungnahmen des Facharztes für Psychotherapeutische Medizin, Neurologie und Psychiatrie Dr. E.vom 24. Juni 2014 (Bl. 99/100 der SG-Akten), des Facharztes für Psychotherapeutische Medizin Dr. B. vom 20. Juni 2014 (Bl. 101 der SG-Akten) und des Orthopäden K. vom 9. August 2014 (Bl. 103/104 der SG-Akten) verwiesen.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 13. Oktober 2015 - gestützt insbesondere auf das Gutachten des Prof. Dr. S. - abgewiesen.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 5. November 2015 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 2. Dezember 2015 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung, mit der er sein Rentenbegehren weiterverfolgt. Prof. Dr. S. habe darauf hingewiesen, dass bei ihm - dem Kläger - eine chronische Schmerzsymptomatik vorliege und die Einholung eines gesonderten Gutachtens empfohlen. Auch seien die behandelnden Ärzte Dr. E.und Dr. B. von einer zeitlichen Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens ausgegangen. Er - der Kläger - leide nach wie vor unter häufigen epileptischen Anfällen, starken Schulterschmerzen mit endgradiger Bewegungseinschränkung, Rückenschmerzen, Sensibilitätsstörungen im rechten Bein, Schlafstörungen, Tinnitus, Angststörungen und Panikattacken.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Oktober 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 9. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juni 2012 zu verurteilen, ihm ab 1. März 2011 eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist zur Begründung auf das angefochtene Urteil des SG.
Der Senat hat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Stellungnahmen des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. C. vom 6. Mai 2016 (Bl. 52/56 der Senatsakten) und des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. M. vom 13. Juni 2016 (Bl. 58/71 der Senatsakten) verwiesen.
Weiter hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens. Der Neurologe und Psychiater Dr. B hat in seinem Gutachten vom 27. Februar 2017 (Bl. 82/101 der Senatsakten) eine Schwerhörigkeit rechts, eine leichtgradige Kompression der Mittelhandnerven beidseits, ein cerebrales Anfallsleiden, eine Besonderheit der Persönlichkeit mit Pseudologia phantastica (pathologisches Lügen) sowie eine Angst- und Panikstörung beschrieben. Eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine fassbare depressive Symptomatik hat er ausgeschlossen. Vor dem Hintergrund der Besonderheiten der Persönlichkeit des Klägers könne nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass das Ausmaß der seelischen Störung vorgetäuscht bzw. verdeutlicht vorgebracht worden sei. Mit zumutbarer Willensanstrengung könne zumindest ein Teil der vom Kläger beschriebenen Einschränkungen überwunden werden. Dem Kläger seien Tätigkeiten mit Verantwortung für Menschen und Maschinen unzumutbar. Tätigkeiten überwiegend im Stehen, auch im Sitzen oder mit der Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung sowie mit Heben und Tragen von Lasten bis zu zehn Kilogramm seien dem Kläger sechs Stunden und mehr möglich. Betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei dem Kläger möglich. Er sei in der Lage, eine Gehstrecke von mindestens 500 Metern ohne Anwendung von Hilfsmitteln innerhalb von 20 Minuten zweimal täglich zurückzulegen bzw. zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines psychiatrischen Gutachtens. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Psychotherapeutische Medizin Dr. D. hat in seinem Gutachten vom 29. November 2017 (Bl. 127/160 der Senatsakten) ein hirnorganisches Anfallsleiden mit dyskognitiven und bilateral konvulsiven Anfällen, eine generalisierte Angsterkrankung mit Panikattacken und sozialer Phobie, eine Dysthymia und ein chronisches Schmerzsyndrom ohne neurologische Ausfälle diagnostiziert. Die Gesundheitsstörungen schränkten die quantitative Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zwingend ein. Grundsätzlich seien leichte bis mittelschwere Arbeiten im Umfang von sechs Stunden und mehr zumutbar. Im Hinblick auf das bestehende Anfallsleiden lägen lediglich qualitative Einschränkungen vor. Die Möglichkeit des Auftretens epileptischer Anfälle hindere nicht an der Ausübung von Tätigkeiten, die mit einer solchen Unfallgefährdung einhergingen, wie sie auch im Alltagsleben bestehen. Es ergäben sich qualitative Einschränkungen bei Tätigkeiten, die mit Eigen- oder Fremdgefährdung durch einen epileptischen Anfall verbunden seien. Nachtschicht solle vermieden werden. Eine Aggravation seitens des Klägers könne nicht ausgeschlossen werden. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht unerlässlich. Eine Einschränkung des Arbeitsweges lasse sich nicht darstellen. Wesentliche Unterschiede in der Befunderhebung und Beurteilung gegenüber den früheren Begutachtungen lägen nicht vor.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie wurde gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt.
2. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Bescheid vom 9. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juni 2012 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. März 2011 abgelehnt hat. Dagegen wendet sich der Kläger statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) und begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit macht er - zu Recht - nicht geltend, weil er am 8. Mai 1963 geboren ist und damit von vornherein nicht zum Kreis der Anspruchsberechtigten dieser Rente gehört (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI)).
3. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zutreffend verneint. Der Bescheid der Beklagten vom 9. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juni 2012 stellt sich als rechtmäßig dar und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
a. Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung (Gesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt (§ 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI). Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn neben den oben genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen eine teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
b. Der Kläger hat die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Der Senat ist jedoch nicht davon überzeugt, dass der Kläger erwerbsgemindert ist. Bei der Beurteilung seiner beruflichen Leistungsfähigkeit stehen im Vordergrund seine Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet, mit denen er sein Klage- und Berufungsbegehren auch vorrangig begründet hat. Diese sind jedoch nicht von einer solchen Schwere, dass sie das Leistungsvermögen des Klägers in zeitlicher Hinsicht einschränken. Vielmehr genügen qualitative Einschränkungen, um dessen Leiden gerecht zu werden. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere auf die bei Dr. B und Dr. D. eingeholten Gutachten, das vom SG bei Prof. Dr. S. eingeholte Gutachten sowie das im Verwaltungsverfahren erstattete Gutachten des Prof. Dr. K ...
Die bei dem Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet rechtfertigen keine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht. Der vom Kläger benannte wahlärztliche Gutachter Dr. D. hat in seinem aktuellen nervenärztlichen Gutachten vom 29. November 2017 ein hirnorganisches Anfallsleiden mit dyskognitiven und bilateral konvulsiven Anfällen, eine generalisierte Angsterkrankung mit Panikattacken und sozialer Phobie, eine Dysthymia sowie ein chronisches Schmerzsyndrom ohne neurologische Ausfälle beschrieben. Eine wesentliche Abweichung von den durch Prof. Dr. K., Prof. Dr. S. und Dr. B erhobenen Befunden und gestellten Diagnosen hat er nicht gesehen. Dr. D. hat einen weitgehend normalen neurologischen und psychiatrischen Befund dargestellt. Bis auf eine Hörminderung links nach Mittelohr-Operation mit Trommelfellplastik hat er keine neurologischen Ausfallerscheinungen festgestellt. Im psychischen Befund hat sich der Kläger bewusstseinsklar, zur Person, zeitlich und örtlich voll orientiert gezeigt und seine Beschwerdesymptomatik deutlich referiert. Eine massive affektive Herabstimmung hat Dr. D. nicht feststellen können. Dr. D. hat überzeugend darauf hingewiesen, dass der Tagesablauf des Klägers ohne strukturierende Arbeitssituation zwar auf eine gewisse Störung der Antriebsstruktur hinweist, diese jedoch seine Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht einschränkt. Im Hinblick auf die nunmehr schon mehr als zehn Jahre bestehende stabile partnerschaftliche Beziehung und die ausreichende Wohnsituation bestehen günstige Ausgangsbedingungen. Im Hinblick auf die bald zehnjährige Arbeitslosigkeit und die gesundheitlichen Beschwerden sowie eine als hypochondrienahe, letztlich einer überdurchschnittlichen Zuwendung auf gesundheitliche Probleme zuzuschreibenden Persönlichkeitsneigung, die durch starke Selbstbezogenheit verhaftete und sich schwerer als im Durchschnitt asthenisch akzentuierte Persönlichkeit, die durch eingeschränktes Selbstbewusstsein, Trennungsängste und depressive Grundstimmung gekennzeichnet ist, ist die Lebensqualität des Klägers beschränkt, ohne dass sich daraus quantitative Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ableiten lassen.
Bereits Dr. B hatte in seinem Gutachten vom 27. Februar 2017 lediglich eine Einschränkung der Beweglichkeit der Wirbelsäule, Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule und der Schultergelenke sowie der kleinen Fingermittel- und Fingerendgelenke sowie einen weitgehend unauffälligen neurologischen Befund dokumentiert. Dr. B hat im Rahmen seiner Untersuchung am 7. Februar 2017 folgenden psychischen Befund erhoben: pünktlich, alters- und situationsentsprechend gepflegt gekleidet, unauffälliger Antrieb, Kontaktaufnahme ohne Angst und Verunsicherung, spontan, selbstsicher, in allen Qualitäten orientiert, im Laufe der Untersuchung ausgreifende, detailreiche Schilderung der biographischen Besonderheiten und Erlebnisse, erschwerte Klärung von Inkonsistenzen in den biographischen Angaben, Bedürfnis nach positiver Selbstdarstellung, nicht klärbare Widersprüche in der Darstellung der Häufigkeit der Anfälle, der erfolgten Diagnostik und laufenden Therapie, formal geordneter Gedankengang, weitschweifiger Denkablauf, Pseudologia phantastica, keine inhaltlichen Denkstörungen, kein Hinweis auf abnorme Erlebnisweisen, nicht herabgestimmt, erkennbar auslenkbar bei Zuwendung, auflebend bei Aufmerksamkeit, Empathie einfordernd, etwas weitschweifig. In Einklang mit diesem Befund hat Dr. B zutreffend eine schwerwiegende psychiatrische Erkrankung ausgeschlossen. Im EEG haben sich - wie bereits im Rahmen der Untersuchungen durch Prof. Dr. K. und Prof. Dr. S. - kein Herdbefund, keine Krampfpotentiale und keine Zeichen einer latent erhöhten Krampfbereitschaft gefunden. Dr. B hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Angaben des Klägers zu den cerebralen Anfällen nicht konsistent sind und die durchgeführte Diagnostik und Therapie gegen häufige Anfälle sprechen. Gegenüber Dr. D. hat der Kläger eingestanden, dass generalisierte Krampfanfälle "nicht mehr oft" auftreten würden. Bereits der behandelnde Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. hatte im Mai 2013 berichtet, dass zu Beginn der Behandlung 1996 die Epilepsie im Vordergrund gestanden hat und im Laufe der Zeit die teils depressive Symptomatik mit Ängsten in den Vordergrund getreten ist. Lediglich ein EEG im Dezember 2002 war ausweislich der Angaben des Dr. G. eindeutig pathologisch im Sinne einer erhöhten Anfallsbereitschaft. Diesem gegenüber hatte der Kläger von einer Anfallsfreiheit in der Zeit von 2003 bis 2007 berichtet. Nach mehrjähriger Unterbrechung der fachneurologischen Behandlung hat sich der Kläger erst wieder im Februar 2013 bei Dr. G. vorgestellt, dabei jedoch nicht vom Auftreten erneuter Anfälle berichtet. Im Rahmen seiner Untersuchung im Oktober 2013 hat Prof. Dr. S. auch keine Narben im Bereich der Zunge festgestellt, die auf einen stattgehabten Zungenbiss hinweisen könnten. Auch der vom Kläger im Januar 2013 aufgesuchte Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. und der den Kläger seit März 2014 behandelnde Facharzt für Psychotherapie, Neurologie und Psychiatrie Dr. E.haben ihn ausschließlich psychiatrisch behandelt und den Schwerpunkt der Beeinträchtigungen auf psychiatrischem Gebiet gesehen. Dr. C., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, der den Kläger als Praxisnachfolger des Dr. E.seit Januar 2016 behandelt, hat ihn lediglich fachpsychiatrisch betreut. Neurologische Befunde hat er nicht erhoben. Gegenüber Dr. C. hat er eingestanden, dass "seit einigen Monaten" keine Grand-Mal-Anfälle mehr aufgetreten seien. Der behandelnde Hausarzt Dr. M. hat im Juni 2016 berichtet, dass der Kläger nie genaue Angaben zur Verlaufsform der Anfälle gemacht, sich zuletzt vor drei Jahren in neurologischer Behandlung befunden und in letzter Zeit keine Angaben über einen erneuten epileptischen Anfall gemacht hat. Bereits Prof. Dr. S. hat überzeugend darauf hingewiesen, dass bezüglich der vom Kläger beklagten Beschwerden aufgrund einer epileptischen Erkrankung weder eine ausreichende Diagnostik noch eine adäquate Behandlung stattgefunden hat. Vielmehr befindet sich der Kläger seit Jahren nicht in fachneurologischer Behandlung. Unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung der durch Dr. B herausgearbeiteten Inkonsistenzen in der Darstellung der Beschwerden sowie der durch Dr. D. beschriebenen Aggravation ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger jedenfalls seit Rentenantragstellung im März 2011 anfallsfrei ist. Der Senat folgt den überzeugenden Leistungseinschätzungen der Gutachter Prof. Dr. K., Prof. Dr. S., Dr. B und Dr. D., nach denen der Kläger jedenfalls leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (ausgeschlossen sind Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über zehn Kilogramm, mit besonderer psychischer oder physischer Belastung, auf Leitern und Gerüsten, bei schlechten Witterungsverhältnissen, mit Gefahrenstoffen, mit brennbaren Substanzen oder an Maschinen, mit Schichtarbeit sowie Nachtarbeit, mit Publikumsverkehr) ausüben kann.
Auch die übrigen Gesundheitsstörungen begründen keine Leistungseinschränkungen in quantitativer Hinsicht. Bei dem Kläger liegen ausweislich der Stellungnahme des HNO-Arztes Dr. K. vom 15. Februar 2013 eine chronische Mittelohrentzündung sowie eine kombinierte Schallleitungs- und Schallempfindungsschwerhörigkeit links vor. Jedoch ist ausweislich der Feststellungen der Sachverständigen eine Verständigung mit ihm problemlos möglich gewesen. Weiterhin liegt bei ihm ein Diabetes mellitus Typ II vor (vgl. zuletzt Stellungnahme des Dr. M. vom 13. Juni 2016), ohne dass diese Erkrankung das berufliche Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht einschränkt. Schließlich begründen auch die vom Kläger beklagten Schmerzen in den Schultergelenken, im Bereich der Wirbelsäule und der unteren Extremitäten keine Leistungseinschränkung in zeitlicher Hinsicht. Der Orthopäde Dr. V. hat einen unauffälligen Befund der Kniegelenke erhoben; die vorgeschlagene Schmerztherapie hat der Kläger abgelehnt (Befundbericht vom 18. April 2012). Dr. M. (Stellungnahmen vom 4. März 2013 und 13. Juni 2016), Dr. V. (Befundbericht vom 10. Oktober 2013), Prof. Dr. S. und der Orthopäde K. (Stellungnahme vom 9. August 2014) haben lediglich eine eingeschränkte Beweglichkeit beider Schultergelenke festgestellt, die allenfalls Überkopfarbeiten, nicht jedoch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausschließt. Neurologische Ausfälle haben Prof. Dr. S., Dr. B (bis auf eine leichtgradige Kompression der Mittelhandnerven) und Dr. D. verneint. Der Orthopäde K. ist hinsichtlich der vom Kläger beklagten Wirbelsäulenbeschwerden lediglich von einer geringgradigen Spondylarthrose im Bereich L4/5 und L5/S1 ausgegangen und hat keine Hinweise für einen Bandscheibenvorfall, eine Spinalkanalstenose oder eine Foraminalstenose gesehen. Er hat den Kläger für vollschichtig (sechs Stunden und mehr) leistungsfähig erachtet. Das zuletzt von Dr. D. diagnostizierte chronische Schmerzsyndrom ist bereits auf nervenärztlichem Fachgebiet berücksichtigt und begründet - wie dargelegt - keine Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats - in Übereinstimmung mit der Einschätzung aller Gutachter (Prof. Dr. K., Prof. Dr. S., Dr. B, Dr. D.) und der behandelnden Ärzte Dr. G. und K. - fest, dass der Kläger in der Lage ist, noch mindestens sechs Stunden täglich jedenfalls eine körperlich leichte Tätigkeit zu verrichten. Die gesundheitlichen Einschränkungen sind weder in ihrer Art noch in ihrer Summe geeignet, die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen. Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der nach seinem verbliebenen Restleistungsvermögen noch körperlich leichte Tätigkeiten (wenn auch mit qualitativen Einschränkungen; vorliegend für Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über zehn Kilogramm, mit besonderer psychischer oder physischer Belastung, auf Leitern und Gerüsten, bei schlechten Witterungsverhältnissen, mit Gefahrenstoffen, mit brennbaren Substanzen oder an Maschinen, mit Schichtarbeit sowie Nachtarbeit, mit Publikumsverkehr sowie Überkopfarbeiten) in wechselnder Körperhaltung mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den üblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn dem Versicherten ist es mit diesem Leistungsvermögen in der Regel möglich, diejenigen Verrichtungen auszuführen, die in ungelernten Tätigkeiten in der Regel gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Urteile vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 79/09 R - BSGE 109, 189 - und 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - juris Rdnr. 26 ff.). In der Rechtsprechung des BSG werden hierbei als Fallgruppen Einschränkungen genannt aufgrund schwerer spezifischer Leistungsbehinderung wie z. B. Einarmigkeit bei gleichzeitiger Einäugigkeit (SozR 2200 § 1246 Nr. 30), der Notwendigkeit von zwei zusätzlich erforderlichen Arbeitspausen von je 15 Minuten (SozR 2200 § 1246 Nr. 136) oder von drei zusätzlich erforderlichen Arbeitspausen von zehn Minuten je Arbeitstag (BSG, Urteil vom 20. August 1997 - 13 RJ 39/96 -), Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen, Erforderlichkeit eines halbstündigen Wechsels vom Sitzen zum Gehen (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8) oder Einschränkungen aufgrund regelmäßig einmal in der Woche auftretender Fieberschübe (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 14). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist dagegen insbesondere nicht erforderlich im Falle des Ausschlusses von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder ständiges Sitzen erfordern, in Nässe oder Kälte oder mit häufigem Bücken zu leisten sind, besondere Fingerfertigkeiten erfordern oder mit besonderen Unfallgefahren verbunden sind, bei Ausschluss von Arbeiten im Akkord, im Schichtdienst, an laufenden Maschinen, bei Ausschluss von Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das Seh-, Hör- oder Konzentrationsvermögen stellen, sowie bei Ausschluss von Tätigkeiten, die häufiges Bücken erfordern (vgl. zu allem BSG Großer Senat SozR 3–2600 § 44 Nr. 8 m.w.N.; vgl. weiter Senatsurteil vom 23. April 2011 - L 7 R 5711/11 -). Der Senat ist der Überzeugung, dass das Restleistungsvermögen des Klägers es diesem erlaubt, die oben genannten Verrichtungen oder Tätigkeiten, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, auszuüben. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass er über die für die Ausübung einer ungelernten Tätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen, geistige Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz nicht verfügt (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R -BSGE 109, 189 - juris Rdnr. 29). Auch das bei ihm diagnostizierte Anfallsleiden steht nicht einer Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes entgegen, weil er seit mehreren Jahren unter antikonvulsivem Schutz und bei fehlenden Hinweisen auf eine latent erhöhte Krampfbereitschaft ohne Anfall gewesen ist und daher keine Beeinträchtigungen für eine regelmäßige Erwerbstätigkeit zu erwarten sind (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2006 - B 13 R 27/06 R - juris Rdnrn. 13, 18).
Der Senat ist mit den Sachverständigen Prof. Dr. S., Dr. B und Dr. D. sowie dem Verwaltungsgutachter Prof. Dr. K. weiter davon überzeugt, dass bei dem Kläger die erforderliche Wegefähigkeit (vgl. dazu bspw. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 79/11 R - BSGE 110, 1 -) vorliegt und er keiner betriebsunüblichen Pausen bedarf. Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI. Unbeachtlich ist, ob der Kläger noch einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz erhalten kann. Denn das Risiko, keinen Arbeitsplatz erhalten, ist nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen und vermag einen Rentenanspruch wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht zu begründen.
Somit hat die Berufung keinen Erfolg.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn.1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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