Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 15 KR 160/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 448/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 12.05.2016 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtlichen Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist noch die Versicherungspflicht des Klägers in der Arbeitslosenversicherung im Rahmen einer Nebenbeschäftigung ab Mitte 2014.
Der 1960 geborene Kläger stand vom 01.04.1988 bis zum 30.06.2014 in einem Beamtenverhältnis; zuletzt als kommunaler Wahlbeamter als Beigeordneter (Sozialdezernent) der Stadt N. Seit dem 01.07.2014 bezieht er von der Stadt N beamtenrechtliche Versorgungsbezüge (59,87 % von B 6). Er ist beihilfeberechtigt und es besteht Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung nach § 6 Abs. 1 SGB V. Seine Krankenversicherung ist über die Beihilfe und Absicherung über die private Krankenversicherung abgedeckt.
Seit dem 18.08.2014 übt der Kläger eine Beschäftigung als Professor im Angestelltenverhältnis mit 0,75 und seit dem 01.01.2016 mit 0,8 Stellenanteil bei der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in L aus. Das Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW meldete ihn mit der Beitragsgruppe 0110 an; Beiträge werden zur Renten- und Arbeitslosenversicherung entrichtet. Im Kalenderjahr 2014 entrichtete der Kläger Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 284,72 EUR.
Unter dem 30.01.2015 legte der Kläger Widerspruch gegen die Abführung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung ein und beantragte die Erstattung der 2014 entrichteten Beiträge. Da er von der Stadt N seit dem 01.07.2014 beamtenrechtliche Versorgungsbezüge beziehe und beihilfeberechtigt sei, sei er nach § 6 Abs. 1 Nrn. 2 und 6 SGB V von der Krankenversicherungspflicht befreit, weil die Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung an diejenige in der Krankenversicherung anknüpfe.
Mit Bescheid vom 18.03.2015 lehnte die Beklagte den Antrag auf Erstattung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge ab und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2015 als unbegründet zurück. Aktive Beamte seien im Rahmen ihres Dienstverhältnisses arbeitslosenversicherungsfrei (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Die Versicherungsfreiheit beziehe sich aber nur auf das aktive Dienstverhältnis. Vergleichbare Regelungen für pensionierte Beamte mit Versorgungs-bezügen gebe es nicht. Sofern diese als Arbeitnehmer beschäftigt seien, gebe es bezüglich der Versicherungsfreiheit zur Arbeitslosenversicherung keine Besonderheiten. Die Befreiungsmöglichkeit nach § 28 SGB III scheide ebenfalls aus, da ein Anspruch auf Regelaltersrente im Sinne des SGB VI nicht bestehe.
Dagegen hat der Kläger am 02.06.2015 Klage beim Sozialgericht Aachen erhoben. Er hat auf die Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 16.09.2009 (L 9 KR 282/06) verwiesen, in der ein identisch gelagerter Fall entschieden worden sei, wonach für die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung dieselben Grundsätze zu gelten hätten wie für die Beiträge zur Krankenversicherung. Die sich aus dem Beamtenverhältnis ergebende Anwartschaft auf Ruhegehalt und Beihilfe führe zur Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung. Für die Arbeitslosenversicherung könne nichts anderes gelten, weil in seinem Fall ein Sicherungsbedürfnis gegen die Folgen von Arbeitslosigkeit nicht gegeben sei. Dieses Ergebnis korrespondiere auch mit der Rechtsprechung des für Beitragsangelegenheiten zuständigen 12. Senats des Bundessozialgerichts (BSG). In den Entscheidungen vom 11.10.2001 (B 12 KR 7/01 R) und vom 29.07.2003 (B 12 KR 15/02 R) führe das BSG aus, dass die Anknüpfung der Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung an diejenige in der Krankenversicherung sachlich gerechtfertigt sei. Bestünden Ansprüche auf Gehaltsfortzahlung und Beihilfe nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen, lasse dies auf eine rechtliche Gesamtsituation schließen, die ein Sicherungsbedürfnis gegen die Folgen von Arbeitslosigkeit entfallen lasse.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2015 zu verurteilen, die im Kalenderjahr 2014 gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 284,72 EUR zu erstatten und festzustellen, dass er in seiner Beschäftigung als Professor an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in der Arbeitslosenversicherung beitragsfrei ist.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die vom Kläger zitierten Entscheidungen des BSG sprächen nicht gegen eine Versicherungspflicht des Klägers in der Arbeitslosenversicherung. Bei seiner Beschäftigung als Professor im Angestelltenverhältnis handele es sich nicht um eine Beschäftigung außerhalb des allgemeinen Arbeitsmarktes. § 27 SGB III sehe eine Versicherungsfreiheit für eine solche Beschäftigung nicht vor.
Mit im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangenem Urteil vom 12.05.2016 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2015 verurteilt, dem Kläger die im Kalenderjahr 2014 gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 284,72 EUR zu erstatten. Es hat des Weiteren festgestellt, dass der Kläger in seiner Beschäftigung als Professor an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in der Arbeitslosenversicherung beitragsfrei ist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III seien in der Arbeitslosenversicherung Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt seien (versicherungspflichtige Beschäftigung). Obwohl der Kläger als Angestellter grundsätzlich zu diesem Personenkreis gehöre, sei er nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III versicherungsfrei. Er sei als Professor an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in L Beschäftigter des Landes Nordrhein-Westfalen und habe als ehemaliger kommunaler Wahlbeamter Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe. Eine Differenzierung danach, ob diese Ansprüche aus dem aktuellen Beschäftigungsverhältnis oder aber aus einer vorangegangenen Tätigkeit resultieren, treffe § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III nicht.
Die Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung knüpfe damit an diejenige in der Krankenversicherung an. In beiden Vorschriften, sowohl § 6 Abs. 1 SGB V als auch § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III, werde mit den Personen, die Ansprüche auf Gehaltsfortzahlung/Ruhegehalt und Beihilfe nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben, ein bestimmter Personenkreis beschrieben, der nach typisierender Betrachtung des Gesetzgebers weder des Schutzes der gesetzlichen Krankenversicherung noch des Schutzes der Arbeitslosenversicherung bedürfe. Bestünden Ansprüche auf Gehaltsfortzahlung/Ruhegehalt und Beihilfe nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen, lasse dies auf eine rechtliche Gesamtsituation schließen, die ein Sicherungsbedürfnis gegen die Folgen von Arbeitslosigkeit entfallen lasse (Hinweis auf BSG, Urteil vom 11.10.2001 - B 12 KR 7/01 R). Diese Voraussetzungen seien bei dem Kläger gegeben. Er erhalte im Falle der Krankheit im Hinblick auf seine Beschäftigung als kommunaler Wahlbeamter einen Unterhaltsbeitrag nach beamtenrechtlichen Vorschriften aus eigenem Dienstverhältnis in Höhe von 59,87 % der Besoldungsgruppe B 6 des Bundesbesoldungsgesetzes unter Beachtung der Grundsätze des Beamtenversorgungsgesetzes. Der Kläger sei nach beamtenrechtlichen Vorschriften im Falle der Krankheit durch die Fortzahlung eines ungekürzten Unterhaltsbeitrags nach Ablauf der Entgeltfortzahlung sozial abgesichert. Außerdem erhalte er im Krankheitsfall Beihilfe zur Deckung der Krankheits- und Behandlungskosten. Damit bedürfe er auch bei typisierender Betrachtung im Falle der Krankheit weder des Schutzes der gesetzlichen Krankenversicherung noch bei Verlust seiner Anstellung beim Land Nordrhein-Westfalen des Schutzes der Arbeitslosenversicherung.
Der Anspruch auf Erstattung der vom Kläger entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, ergebe sich aus § 26 Abs. 2 i.V.m. § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB IV. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihr am 23.05.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13.06.2016 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht verkenne, dass Beamte sehr wohl zu dem Personenkreis versicherungspflichtiger Beschäftigter zählten. Allerdings würden sie durch die jeweiligen ausdrücklichen gesetzlichen Sondervorschriften von der Versicherungspflicht ausgenommen. Hierauf habe bereits das BSG in seinem Urteil vom 25.10.1976 (12 RK 19/76) hingewiesen. Wegen der grundsätzlichen Versicherungspflicht auch von Beamten müssten die eng auszulegenden Ausnahmevorschriften des SGB III und des SGB V differenziert beurteilt werden. Schon der unterschiedliche Wortlaut von § 6 SGB V und § 27 SGB III deute darauf hin, dass die Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung von der Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung getrennt zu beurteilen sei. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Versicherungsfreiheit aus § 27 SGB III um eine allgemeine Befreiung handeln solle. Während § 6 SGB V eine generelle Versicherungsfreiheit für aktive und im Ruhestand befindliche Beamte anordne, unterscheide § 27 SGB III nach der jeweiligen Beschäftigung. Die Auslegung des § 6 SGB V sei nicht auf § 27 SGB III übertragbar. Ein Beamter, der einer Nebenbeschäftigung nachgehe und noch nicht das Rentenalter erreicht habe, könne durchaus im Falle eines Verlusts der Nebentätigkeit Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen. Die Versicherungsfreiheit beziehe sich nur auf die in § 27 Abs. 1 SGB III genannte Tätigkeit. Die Beihilfe sei eine zusätzliche Voraussetzung, damit in der Beschäftigung als Beamter Beitragsfreiheit bestehe. Die Beihilfe solle lediglich Gesundheitsrisiken abdecken, nicht Arbeitslosigkeit. Insbesondere fehle in § 27 SGB III eine Vorschrift wie § 6 Abs. 3 SGB V. Schließlich gelte die Ausnahmeregelung nicht für pensionierte Beamte. Nirgendwo stehe in der Regelung, dass die Versicherungsfreiheit auch für pensionierte Beamten gelten solle. Vielmehr belege das Wort "in", dass nur aktiv tätige Beamte gemeint seien.
In der mündlichen Verhandlung vom 09.11.2017 haben die Beteiligten zur teilweisen Erledigung des Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen, in dem sich die Beklagte verpflichtet hat, im Umfang des rechtskräftigen Obsiegens des Klägers die von ihm entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung wieder auszukehren.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 12.05.2016 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Zur Begründung trägt er vor, dass die Entscheidung des Sozialgerichts im Einklang mit den Entscheidungen des 12. Senats des BSG in seinen Urteilen vom 11.10.2001 und 18.12.2003 stehe, ebenso mit der Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg vom 16.09.2009, die exakt den hier zu beurteilenden Fall betroffen habe. Die Frage, ob ein Ruhestandsbeamter im Rahmen einer von ihm ausgeübten privatrechtlichen Tätigkeit Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu zahlen habe, sei im SGB III nicht ausdrücklich geregelt. § 27 SGB III verweise ausdrücklich darauf, ob der Beschäftigte bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe habe. Insoweit komme es darauf an, ob diese Absicherung im Krankheitsfall vorliege oder nicht. Da dies bei ihm der Fall sei, ergebe sich aus der Beitragsfreiheit zur gesetzlichen Krankenversicherung auch die Beitragsfreiheit zur Arbeitslosenversicherung, wie auch aus der Rechtsprechung des BSG folge.
Die Beigeladene zu 1) hält die Rechtsauffassung der Beklagten für zutreffend. Einen Antrag hat sie nicht gestellt.
Der Beigeladene zu 2) hat keine Stellungnahme abgegeben und keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Das Sozialgericht hat zu Unrecht unter Aufhebung des Bescheides vom 18.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2015 festgestellt, dass der Kläger in seiner Beschäftigung als Professor an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in der Arbeitslosenversicherung beitragsfrei (versicherungsfrei) ist. Zutreffend hat die Beklagte eine Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung bejaht.
Die dagegen erhobene Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 Satz 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Im Rahmen seiner Hochschultätigkeit besteht für den Kläger keine Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III (Fassung des Gesetzes vom 10.12.2001 - BGBl I 3443) sind in der Arbeitslosenversicherung Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (versicherungspflichtige Beschäftigung). Als Professor bei der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in L ist der Kläger als Angestellter dem Beigeladenen zu 2) gegen Entgelt beschäftigt und grundsätzlich versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung.
Der Kläger erfüllt keinen Tatbestand der Versicherungsfreiheit. Zu dem Personenkreis der sonstigen versicherungsfreien Personen nach § 28 SGB III gehört der Kläger nicht, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist.
Er ist auch nicht nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 20.12.2011 (BGBl I 2854) als versicherungsfreier Beschäftigter anzusehen. Dabei kann offen bleiben, ob die Auffassung der Beklagten zutreffend ist, dass die Regelung des § 27 SGB III auf pensionierte Beamte keine Anwendung findet, denn der Kläger erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III im Hinblick auf seine Beschäftigung als Professor bei der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung ohnehin nicht. Nach dieser Bestimmung sind u.a. Personen in einer Beschäftigung als Beamte oder sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft versicherungsfrei, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben.
Zwar scheint der Kläger nach dem Wortlaut der Bestimmung des § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III dessen Voraussetzungen zu erfüllen, weil er nach beamtenrechtlichen Vorschriften im Falle der Krankheit durch die Fortzahlung eines ungekürzten Unterhaltsbeitrags nach Ablauf der Entgeltfortzahlung sozial abgesichert ist sowie im Krankheitsfall Beihilfe zur Deckung der Krankheits- und Behandlungskosten erhält und (daneben) auch Beschäftigter eines Landes ist; gleichwohl folgt für ihn aus diesen Umständen keine Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung, weil diese soziale Sicherung des Klägers nicht auf seiner hier zu beurteilenden Tätigkeit beruht und § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III lediglich eine relative Versicherungsfreiheit für die Tätigkeit gewährt, aus der die soziale Sicherung folgt (allgemeine Meinung, vgl. Brand, SGB III, 7. Aufl., § 27 Rn. 3; Reinhard in LPK-SGB III, 2. Aufl., § 27 Rn. 3; Rolfs in Eicher/Spellbrink, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 29 Rn. 112; Scheidt in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, Großkommentar zum SGB III, 6. Auflage, § 27 Rn. 6; Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, § 27 Rn. 9; vgl. auch BSG, Urteil vom 29.07.2003 - B 12 KR 15/02 R, SozR 4-4100 § 169 Nr. 1 Rn. 19 = juris; BSG, Urteil vom 18.12.2003 - B 11 AL 25/03 R, SozR 4-4300 § 142 Nr. 2 Rn. 17 = juris; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.09.2009 - L 9 KR 282/06, juris). Dies folgt sowohl aus der Entstehungsgeschichte als auch aus Sinn und Zweck der Regelung des § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III.
Diese Regelung knüpft an die Bestimmung des § 169 AFG in seiner bis zum 31. 12.1997 geltenden Fassung des Altersteilzeitgesetzes vom 20.12.1988 (BGBl I 2343) an. Danach waren beitragsfrei Arbeitnehmer in einer Beschäftigung, insbesondere als Beamter, Richter, Berufssoldat, in der sie die in § 6 Abs. 1 Nr. 2, 4, 5 oder 7 SGB V genannten Voraussetzungen für die Krankenversicherungsfreiheit erfüllten. Nicht in Bezug genommen ist in dieser Regelung dagegen § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 SGB V, wonach die nach Abs. 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen auch dann versicherungsfrei bleiben, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Aus dieser fehlenden Bezugnahme folgt aber, dass die in § 6 SGB V geregelte weitestgehende Versicherungsfreiheit des Beamten nicht auf das Arbeitsförderungsrecht übertragen worden ist, sondern dort die Versicherungsfreiheit rein statusbezogen eintritt (vgl. BSG, Urteil vom 29.07.2003, a.a.O. Rn. 16). Der Gesetzgeber wollte insoweit auch keine Erweiterung der Versicherungsfreiheit mit der Einführung des § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III erreichen, sondern das geltende Recht nur fortschreiben (vgl. BT-Drucks. 13/4941 S. 158; BSG wie zuvor Rn. 17). Die gegenteilige Auffassung des LSG Berlin-Brandenburg (a.a.O Rn. 24) verkennt, dass es nicht allein auf die fortbestehende Absicherung im Krankheitsfall des (Ruhestands-)Beamten ankommt, sondern die Versicherungsfreiheit nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III allein maßgeblich auf die ausgeübte Tätigkeit bezogen ist. Auch Sinn und Zweck der Regelung rechtfertigen die Einbeziehung der weiteren Tätigkeit des (früheren) Beamten in die Arbeitslosenversicherung. Die Versicherungsfreiheit des Beamten nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III begründet sich allein aus dem Gedanken, dass dessen soziale Sicherung im Fall der Krankheit typischerweise durch Sondersysteme gedeckt ist bzw. ein bestimmtes Sicherungsbedürfnis wie das der Arbeitslosigkeit aufgrund der gesamten dienstrechtlichen Stellung typischerweise nicht auftritt (BSG, Urteil vom 11.10.2001 - B 12 KR 7/01, SozR 3-4100 § 169 Nr. 7 Rn. 20 = juris; Wehrhahn, a.a.O. Rn. 12). Dies gilt aber nicht für eine neben der statusbegründenden Beschäftigung ausgeübte weitere Tätigkeit. Wird z.B. aus dieser ein sehr viel höherer Verdienst und eine bessere Sicherung im Krankheitsfall erzielt, besteht ein erhebliches Interesse im Falle des Verlustes dieses Einkommens und der entsprechenden Sicherung über die Arbeitslosenversicherung einen Ausgleich zur Wahrung des Lebensstandards zu erhalten. Allein der Umstand, dass dies für den Kläger im Hinblick auf die Höhe seiner Unterhaltsbezüge und der infolgedessen nicht realisierbaren Ansprüche auf Arbeitslosengeld wegen der Ruhensbestimmung des § 156 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b) SGB III nicht gilt, rechtfertigt keine andere Betrachtung, weil der Gesetzgeber insoweit eine typisierende Regelung geschaffen hat.
Auch aus der vom Kläger in Anspruch genommen höchstrichterlichen Rechtsprechung folgt nichts Gegenteiliges.
Der der Entscheidung des BSG vom 11.10.2001 (a.a.O.) zu Grunde liegende Sachverhalt betrifft keine neben einer Tätigkeit im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III ausgeübte Beschäftigung, sondern lediglich die Ausübung eines öffentlichen Amtes (Notarassessor), bei dem zudem kein Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe nach beamtenrechtlichen Grundsätzen bestand.
Die weitere vom Kläger angeführte Entscheidung des BSG vom 29.07.2003 (a.a.O.) spricht für die Auffassung des Senats. Das BSG hat es nämlich ausdrücklich als ausgeschlossen angesehen, dass eine bestehende Krankenversicherungs- und damit auch Beitragsfreiheit in der Beschäftigung als Berufssoldat (entsprechend eines Beamten) auf eine gleichzeitige private Beschäftigung erstreckt werden kann, weil der Paradigmenwechsel des SGB V hinsichtlich der Erstreckung der Versicherungsfreiheit auf andere Sachverhalte in § 6 SGB V durch das AFG nicht nachvollzogen worden ist, wie aus der fehlenden Bezugnahme des § 169 AFG auf § 6 Abs. 3 Satz 1 SGB V folgt (BSG, a.a.O. Rn. 19). Auch in § 27 SGB III fehlt weiterhin eine solche Verweisung, die eine abweichende Entscheidung rechtfertigen könnte.
Da der Kläger in seiner Tätigkeit als Hochschullehrer des Landes Nordrhein-Westfalen von dem Beigeladenen zu 2) im Krankheitsfall keine Fürsorgeleistungen erhält, kommt die Anwendung des § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III auf diese Beschäftigung daher nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind insbesondere im Hinblick auf die vorliegende höchstrichterliche Rechtsprechung nicht gegeben (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tatbestand:
Streitig ist noch die Versicherungspflicht des Klägers in der Arbeitslosenversicherung im Rahmen einer Nebenbeschäftigung ab Mitte 2014.
Der 1960 geborene Kläger stand vom 01.04.1988 bis zum 30.06.2014 in einem Beamtenverhältnis; zuletzt als kommunaler Wahlbeamter als Beigeordneter (Sozialdezernent) der Stadt N. Seit dem 01.07.2014 bezieht er von der Stadt N beamtenrechtliche Versorgungsbezüge (59,87 % von B 6). Er ist beihilfeberechtigt und es besteht Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung nach § 6 Abs. 1 SGB V. Seine Krankenversicherung ist über die Beihilfe und Absicherung über die private Krankenversicherung abgedeckt.
Seit dem 18.08.2014 übt der Kläger eine Beschäftigung als Professor im Angestelltenverhältnis mit 0,75 und seit dem 01.01.2016 mit 0,8 Stellenanteil bei der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in L aus. Das Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW meldete ihn mit der Beitragsgruppe 0110 an; Beiträge werden zur Renten- und Arbeitslosenversicherung entrichtet. Im Kalenderjahr 2014 entrichtete der Kläger Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 284,72 EUR.
Unter dem 30.01.2015 legte der Kläger Widerspruch gegen die Abführung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung ein und beantragte die Erstattung der 2014 entrichteten Beiträge. Da er von der Stadt N seit dem 01.07.2014 beamtenrechtliche Versorgungsbezüge beziehe und beihilfeberechtigt sei, sei er nach § 6 Abs. 1 Nrn. 2 und 6 SGB V von der Krankenversicherungspflicht befreit, weil die Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung an diejenige in der Krankenversicherung anknüpfe.
Mit Bescheid vom 18.03.2015 lehnte die Beklagte den Antrag auf Erstattung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge ab und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2015 als unbegründet zurück. Aktive Beamte seien im Rahmen ihres Dienstverhältnisses arbeitslosenversicherungsfrei (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Die Versicherungsfreiheit beziehe sich aber nur auf das aktive Dienstverhältnis. Vergleichbare Regelungen für pensionierte Beamte mit Versorgungs-bezügen gebe es nicht. Sofern diese als Arbeitnehmer beschäftigt seien, gebe es bezüglich der Versicherungsfreiheit zur Arbeitslosenversicherung keine Besonderheiten. Die Befreiungsmöglichkeit nach § 28 SGB III scheide ebenfalls aus, da ein Anspruch auf Regelaltersrente im Sinne des SGB VI nicht bestehe.
Dagegen hat der Kläger am 02.06.2015 Klage beim Sozialgericht Aachen erhoben. Er hat auf die Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 16.09.2009 (L 9 KR 282/06) verwiesen, in der ein identisch gelagerter Fall entschieden worden sei, wonach für die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung dieselben Grundsätze zu gelten hätten wie für die Beiträge zur Krankenversicherung. Die sich aus dem Beamtenverhältnis ergebende Anwartschaft auf Ruhegehalt und Beihilfe führe zur Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung. Für die Arbeitslosenversicherung könne nichts anderes gelten, weil in seinem Fall ein Sicherungsbedürfnis gegen die Folgen von Arbeitslosigkeit nicht gegeben sei. Dieses Ergebnis korrespondiere auch mit der Rechtsprechung des für Beitragsangelegenheiten zuständigen 12. Senats des Bundessozialgerichts (BSG). In den Entscheidungen vom 11.10.2001 (B 12 KR 7/01 R) und vom 29.07.2003 (B 12 KR 15/02 R) führe das BSG aus, dass die Anknüpfung der Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung an diejenige in der Krankenversicherung sachlich gerechtfertigt sei. Bestünden Ansprüche auf Gehaltsfortzahlung und Beihilfe nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen, lasse dies auf eine rechtliche Gesamtsituation schließen, die ein Sicherungsbedürfnis gegen die Folgen von Arbeitslosigkeit entfallen lasse.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2015 zu verurteilen, die im Kalenderjahr 2014 gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 284,72 EUR zu erstatten und festzustellen, dass er in seiner Beschäftigung als Professor an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in der Arbeitslosenversicherung beitragsfrei ist.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die vom Kläger zitierten Entscheidungen des BSG sprächen nicht gegen eine Versicherungspflicht des Klägers in der Arbeitslosenversicherung. Bei seiner Beschäftigung als Professor im Angestelltenverhältnis handele es sich nicht um eine Beschäftigung außerhalb des allgemeinen Arbeitsmarktes. § 27 SGB III sehe eine Versicherungsfreiheit für eine solche Beschäftigung nicht vor.
Mit im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangenem Urteil vom 12.05.2016 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2015 verurteilt, dem Kläger die im Kalenderjahr 2014 gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 284,72 EUR zu erstatten. Es hat des Weiteren festgestellt, dass der Kläger in seiner Beschäftigung als Professor an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in der Arbeitslosenversicherung beitragsfrei ist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III seien in der Arbeitslosenversicherung Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt seien (versicherungspflichtige Beschäftigung). Obwohl der Kläger als Angestellter grundsätzlich zu diesem Personenkreis gehöre, sei er nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III versicherungsfrei. Er sei als Professor an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in L Beschäftigter des Landes Nordrhein-Westfalen und habe als ehemaliger kommunaler Wahlbeamter Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe. Eine Differenzierung danach, ob diese Ansprüche aus dem aktuellen Beschäftigungsverhältnis oder aber aus einer vorangegangenen Tätigkeit resultieren, treffe § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III nicht.
Die Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung knüpfe damit an diejenige in der Krankenversicherung an. In beiden Vorschriften, sowohl § 6 Abs. 1 SGB V als auch § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III, werde mit den Personen, die Ansprüche auf Gehaltsfortzahlung/Ruhegehalt und Beihilfe nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben, ein bestimmter Personenkreis beschrieben, der nach typisierender Betrachtung des Gesetzgebers weder des Schutzes der gesetzlichen Krankenversicherung noch des Schutzes der Arbeitslosenversicherung bedürfe. Bestünden Ansprüche auf Gehaltsfortzahlung/Ruhegehalt und Beihilfe nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen, lasse dies auf eine rechtliche Gesamtsituation schließen, die ein Sicherungsbedürfnis gegen die Folgen von Arbeitslosigkeit entfallen lasse (Hinweis auf BSG, Urteil vom 11.10.2001 - B 12 KR 7/01 R). Diese Voraussetzungen seien bei dem Kläger gegeben. Er erhalte im Falle der Krankheit im Hinblick auf seine Beschäftigung als kommunaler Wahlbeamter einen Unterhaltsbeitrag nach beamtenrechtlichen Vorschriften aus eigenem Dienstverhältnis in Höhe von 59,87 % der Besoldungsgruppe B 6 des Bundesbesoldungsgesetzes unter Beachtung der Grundsätze des Beamtenversorgungsgesetzes. Der Kläger sei nach beamtenrechtlichen Vorschriften im Falle der Krankheit durch die Fortzahlung eines ungekürzten Unterhaltsbeitrags nach Ablauf der Entgeltfortzahlung sozial abgesichert. Außerdem erhalte er im Krankheitsfall Beihilfe zur Deckung der Krankheits- und Behandlungskosten. Damit bedürfe er auch bei typisierender Betrachtung im Falle der Krankheit weder des Schutzes der gesetzlichen Krankenversicherung noch bei Verlust seiner Anstellung beim Land Nordrhein-Westfalen des Schutzes der Arbeitslosenversicherung.
Der Anspruch auf Erstattung der vom Kläger entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, ergebe sich aus § 26 Abs. 2 i.V.m. § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB IV. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihr am 23.05.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13.06.2016 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht verkenne, dass Beamte sehr wohl zu dem Personenkreis versicherungspflichtiger Beschäftigter zählten. Allerdings würden sie durch die jeweiligen ausdrücklichen gesetzlichen Sondervorschriften von der Versicherungspflicht ausgenommen. Hierauf habe bereits das BSG in seinem Urteil vom 25.10.1976 (12 RK 19/76) hingewiesen. Wegen der grundsätzlichen Versicherungspflicht auch von Beamten müssten die eng auszulegenden Ausnahmevorschriften des SGB III und des SGB V differenziert beurteilt werden. Schon der unterschiedliche Wortlaut von § 6 SGB V und § 27 SGB III deute darauf hin, dass die Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung von der Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung getrennt zu beurteilen sei. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Versicherungsfreiheit aus § 27 SGB III um eine allgemeine Befreiung handeln solle. Während § 6 SGB V eine generelle Versicherungsfreiheit für aktive und im Ruhestand befindliche Beamte anordne, unterscheide § 27 SGB III nach der jeweiligen Beschäftigung. Die Auslegung des § 6 SGB V sei nicht auf § 27 SGB III übertragbar. Ein Beamter, der einer Nebenbeschäftigung nachgehe und noch nicht das Rentenalter erreicht habe, könne durchaus im Falle eines Verlusts der Nebentätigkeit Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen. Die Versicherungsfreiheit beziehe sich nur auf die in § 27 Abs. 1 SGB III genannte Tätigkeit. Die Beihilfe sei eine zusätzliche Voraussetzung, damit in der Beschäftigung als Beamter Beitragsfreiheit bestehe. Die Beihilfe solle lediglich Gesundheitsrisiken abdecken, nicht Arbeitslosigkeit. Insbesondere fehle in § 27 SGB III eine Vorschrift wie § 6 Abs. 3 SGB V. Schließlich gelte die Ausnahmeregelung nicht für pensionierte Beamte. Nirgendwo stehe in der Regelung, dass die Versicherungsfreiheit auch für pensionierte Beamten gelten solle. Vielmehr belege das Wort "in", dass nur aktiv tätige Beamte gemeint seien.
In der mündlichen Verhandlung vom 09.11.2017 haben die Beteiligten zur teilweisen Erledigung des Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen, in dem sich die Beklagte verpflichtet hat, im Umfang des rechtskräftigen Obsiegens des Klägers die von ihm entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung wieder auszukehren.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 12.05.2016 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Zur Begründung trägt er vor, dass die Entscheidung des Sozialgerichts im Einklang mit den Entscheidungen des 12. Senats des BSG in seinen Urteilen vom 11.10.2001 und 18.12.2003 stehe, ebenso mit der Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg vom 16.09.2009, die exakt den hier zu beurteilenden Fall betroffen habe. Die Frage, ob ein Ruhestandsbeamter im Rahmen einer von ihm ausgeübten privatrechtlichen Tätigkeit Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu zahlen habe, sei im SGB III nicht ausdrücklich geregelt. § 27 SGB III verweise ausdrücklich darauf, ob der Beschäftigte bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe habe. Insoweit komme es darauf an, ob diese Absicherung im Krankheitsfall vorliege oder nicht. Da dies bei ihm der Fall sei, ergebe sich aus der Beitragsfreiheit zur gesetzlichen Krankenversicherung auch die Beitragsfreiheit zur Arbeitslosenversicherung, wie auch aus der Rechtsprechung des BSG folge.
Die Beigeladene zu 1) hält die Rechtsauffassung der Beklagten für zutreffend. Einen Antrag hat sie nicht gestellt.
Der Beigeladene zu 2) hat keine Stellungnahme abgegeben und keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Das Sozialgericht hat zu Unrecht unter Aufhebung des Bescheides vom 18.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2015 festgestellt, dass der Kläger in seiner Beschäftigung als Professor an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in der Arbeitslosenversicherung beitragsfrei (versicherungsfrei) ist. Zutreffend hat die Beklagte eine Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung bejaht.
Die dagegen erhobene Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 Satz 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Im Rahmen seiner Hochschultätigkeit besteht für den Kläger keine Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III (Fassung des Gesetzes vom 10.12.2001 - BGBl I 3443) sind in der Arbeitslosenversicherung Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (versicherungspflichtige Beschäftigung). Als Professor bei der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in L ist der Kläger als Angestellter dem Beigeladenen zu 2) gegen Entgelt beschäftigt und grundsätzlich versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung.
Der Kläger erfüllt keinen Tatbestand der Versicherungsfreiheit. Zu dem Personenkreis der sonstigen versicherungsfreien Personen nach § 28 SGB III gehört der Kläger nicht, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist.
Er ist auch nicht nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 20.12.2011 (BGBl I 2854) als versicherungsfreier Beschäftigter anzusehen. Dabei kann offen bleiben, ob die Auffassung der Beklagten zutreffend ist, dass die Regelung des § 27 SGB III auf pensionierte Beamte keine Anwendung findet, denn der Kläger erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III im Hinblick auf seine Beschäftigung als Professor bei der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung ohnehin nicht. Nach dieser Bestimmung sind u.a. Personen in einer Beschäftigung als Beamte oder sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft versicherungsfrei, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben.
Zwar scheint der Kläger nach dem Wortlaut der Bestimmung des § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III dessen Voraussetzungen zu erfüllen, weil er nach beamtenrechtlichen Vorschriften im Falle der Krankheit durch die Fortzahlung eines ungekürzten Unterhaltsbeitrags nach Ablauf der Entgeltfortzahlung sozial abgesichert ist sowie im Krankheitsfall Beihilfe zur Deckung der Krankheits- und Behandlungskosten erhält und (daneben) auch Beschäftigter eines Landes ist; gleichwohl folgt für ihn aus diesen Umständen keine Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung, weil diese soziale Sicherung des Klägers nicht auf seiner hier zu beurteilenden Tätigkeit beruht und § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III lediglich eine relative Versicherungsfreiheit für die Tätigkeit gewährt, aus der die soziale Sicherung folgt (allgemeine Meinung, vgl. Brand, SGB III, 7. Aufl., § 27 Rn. 3; Reinhard in LPK-SGB III, 2. Aufl., § 27 Rn. 3; Rolfs in Eicher/Spellbrink, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 29 Rn. 112; Scheidt in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, Großkommentar zum SGB III, 6. Auflage, § 27 Rn. 6; Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, § 27 Rn. 9; vgl. auch BSG, Urteil vom 29.07.2003 - B 12 KR 15/02 R, SozR 4-4100 § 169 Nr. 1 Rn. 19 = juris; BSG, Urteil vom 18.12.2003 - B 11 AL 25/03 R, SozR 4-4300 § 142 Nr. 2 Rn. 17 = juris; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.09.2009 - L 9 KR 282/06, juris). Dies folgt sowohl aus der Entstehungsgeschichte als auch aus Sinn und Zweck der Regelung des § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III.
Diese Regelung knüpft an die Bestimmung des § 169 AFG in seiner bis zum 31. 12.1997 geltenden Fassung des Altersteilzeitgesetzes vom 20.12.1988 (BGBl I 2343) an. Danach waren beitragsfrei Arbeitnehmer in einer Beschäftigung, insbesondere als Beamter, Richter, Berufssoldat, in der sie die in § 6 Abs. 1 Nr. 2, 4, 5 oder 7 SGB V genannten Voraussetzungen für die Krankenversicherungsfreiheit erfüllten. Nicht in Bezug genommen ist in dieser Regelung dagegen § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 SGB V, wonach die nach Abs. 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen auch dann versicherungsfrei bleiben, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Aus dieser fehlenden Bezugnahme folgt aber, dass die in § 6 SGB V geregelte weitestgehende Versicherungsfreiheit des Beamten nicht auf das Arbeitsförderungsrecht übertragen worden ist, sondern dort die Versicherungsfreiheit rein statusbezogen eintritt (vgl. BSG, Urteil vom 29.07.2003, a.a.O. Rn. 16). Der Gesetzgeber wollte insoweit auch keine Erweiterung der Versicherungsfreiheit mit der Einführung des § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III erreichen, sondern das geltende Recht nur fortschreiben (vgl. BT-Drucks. 13/4941 S. 158; BSG wie zuvor Rn. 17). Die gegenteilige Auffassung des LSG Berlin-Brandenburg (a.a.O Rn. 24) verkennt, dass es nicht allein auf die fortbestehende Absicherung im Krankheitsfall des (Ruhestands-)Beamten ankommt, sondern die Versicherungsfreiheit nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III allein maßgeblich auf die ausgeübte Tätigkeit bezogen ist. Auch Sinn und Zweck der Regelung rechtfertigen die Einbeziehung der weiteren Tätigkeit des (früheren) Beamten in die Arbeitslosenversicherung. Die Versicherungsfreiheit des Beamten nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III begründet sich allein aus dem Gedanken, dass dessen soziale Sicherung im Fall der Krankheit typischerweise durch Sondersysteme gedeckt ist bzw. ein bestimmtes Sicherungsbedürfnis wie das der Arbeitslosigkeit aufgrund der gesamten dienstrechtlichen Stellung typischerweise nicht auftritt (BSG, Urteil vom 11.10.2001 - B 12 KR 7/01, SozR 3-4100 § 169 Nr. 7 Rn. 20 = juris; Wehrhahn, a.a.O. Rn. 12). Dies gilt aber nicht für eine neben der statusbegründenden Beschäftigung ausgeübte weitere Tätigkeit. Wird z.B. aus dieser ein sehr viel höherer Verdienst und eine bessere Sicherung im Krankheitsfall erzielt, besteht ein erhebliches Interesse im Falle des Verlustes dieses Einkommens und der entsprechenden Sicherung über die Arbeitslosenversicherung einen Ausgleich zur Wahrung des Lebensstandards zu erhalten. Allein der Umstand, dass dies für den Kläger im Hinblick auf die Höhe seiner Unterhaltsbezüge und der infolgedessen nicht realisierbaren Ansprüche auf Arbeitslosengeld wegen der Ruhensbestimmung des § 156 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b) SGB III nicht gilt, rechtfertigt keine andere Betrachtung, weil der Gesetzgeber insoweit eine typisierende Regelung geschaffen hat.
Auch aus der vom Kläger in Anspruch genommen höchstrichterlichen Rechtsprechung folgt nichts Gegenteiliges.
Der der Entscheidung des BSG vom 11.10.2001 (a.a.O.) zu Grunde liegende Sachverhalt betrifft keine neben einer Tätigkeit im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III ausgeübte Beschäftigung, sondern lediglich die Ausübung eines öffentlichen Amtes (Notarassessor), bei dem zudem kein Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe nach beamtenrechtlichen Grundsätzen bestand.
Die weitere vom Kläger angeführte Entscheidung des BSG vom 29.07.2003 (a.a.O.) spricht für die Auffassung des Senats. Das BSG hat es nämlich ausdrücklich als ausgeschlossen angesehen, dass eine bestehende Krankenversicherungs- und damit auch Beitragsfreiheit in der Beschäftigung als Berufssoldat (entsprechend eines Beamten) auf eine gleichzeitige private Beschäftigung erstreckt werden kann, weil der Paradigmenwechsel des SGB V hinsichtlich der Erstreckung der Versicherungsfreiheit auf andere Sachverhalte in § 6 SGB V durch das AFG nicht nachvollzogen worden ist, wie aus der fehlenden Bezugnahme des § 169 AFG auf § 6 Abs. 3 Satz 1 SGB V folgt (BSG, a.a.O. Rn. 19). Auch in § 27 SGB III fehlt weiterhin eine solche Verweisung, die eine abweichende Entscheidung rechtfertigen könnte.
Da der Kläger in seiner Tätigkeit als Hochschullehrer des Landes Nordrhein-Westfalen von dem Beigeladenen zu 2) im Krankheitsfall keine Fürsorgeleistungen erhält, kommt die Anwendung des § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III auf diese Beschäftigung daher nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind insbesondere im Hinblick auf die vorliegende höchstrichterliche Rechtsprechung nicht gegeben (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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