Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 71 KA 541/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 64/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Im Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfung stellt eine Beratung ein Minus bzw. eine mildere Maßnahme gegenüber einer Zahlungsverpflichtung (z.B. in Form einer Honorarkürzung oder eines Regresses) dar.
2. Wird einem Widerspruch teilweise stattgegeben, muss die Behörde bei der Kostenentscheidung das Ausmaß des Obsiegens und Unterliegens durch eine Kostenquote zum Ausdruck bringen.
2. Wird einem Widerspruch teilweise stattgegeben, muss die Behörde bei der Kostenentscheidung das Ausmaß des Obsiegens und Unterliegens durch eine Kostenquote zum Ausdruck bringen.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. März 2014 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der nach einem Widerspruchsverfahren zu erstattenden Kosten.
Die Prüfungsstelle setzte gegen den Kläger, der als Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin (Beigeladene zu 1.) tätig ist, mit Bescheid vom 21. November 2008 "wegen der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Arzneimittelverordnung bei Überschreitung der Richtgrößensumme für das Jahr 2006" eine Ersatzverpflichtung i.H.v. 33.005,51 Euro fest und berücksichtigte hierbei Praxisbesonderheiten und nicht richtgrößenrelevante Verordnungskosten i.H.v. insgesamt 651.388,46 Euro. Auf den Widerspruch des Klägers fasste der Beklagte am 31. Mai 2012 folgenden Beschluss, der der Klägerseite am 23. Juli 2012 zugestellt wurde: "Auf den Widerspruch vom 22.12.2008 gegen den Bescheid der Prüfungsstelle für die Wirtschaftlichkeitsprüfung vom 21.11.2008 wird die festgesetzte Ersatzverpflichtung aufgehoben und stattdessen eine mündliche Beratung festgesetzt.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten seitens des Widerspruchsführers war notwendig. Dem Widerspruchsführer sind die durch die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich war."
Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass nach den belegten Verordnungskosten bei Abzug weiterer Praxisbesonderheiten i.H.v. 61.192,10 Euro nicht mehr die obere Interventionsgrenze (Richtgrößensumme plus 25 %), sondern nur noch die untere Interventionsgrenze (Richtgrößensumme plus 15 %) überschritten werde. Eine mündliche Beratung erscheine daher ausreichend, um in Zukunft eine Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise zu erzielen. In der Rechtsbehelfsbelehrung zu diesem Bescheid wird auf die Möglichkeit der Klageerhebung hingewiesen.
Daraufhin beantragte der Kläger (Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 24. Juli 2012, beim Beklagten am folgenden Tag eingegangen), die erstattungsfähigen Kosten wie folgt festzusetzen:
Gegenstandswert: 33.005,51 Euro
2,0 Geschäftsgebühr §§ 2, 13 RVG, Nr. 2300 VV 1.660,00 Euro Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro
Zwischensumme 1.680,00 Euro
Umsatzsteuer (MwSt) Nr. 7008 VV RVG (19,00 %) 319,20 Euro
Endsumme 1.999,20 Euro
Mit Beschluss vom 21. August 2012 setzte der Beklagte die zu erstattenden Kosten auf 1.696,32 Euro fest und lehnte den weitergehenden Antrag ab. Erstattungsfähig sei – so die Begründung des Beklagten – nur der Teil, der erfolgreich gewesen sei, vorliegend 84,85 %. Der "Regelwert für eine Beratung" liege bei 5.000,00 Euro.
Der Kläger hat mit seiner Klage zunächst beantragt, die Entscheidung des Beklagten vom 21. August 2012 aufzuheben und ihn zur Neubescheidung des Kostenfestsetzungsantrags vom 24. Juli 2012 zu verpflichten, später statt letzterem die Verurteilung des Beklagten zur Festsetzung von weiteren zu erstattenden Kosten i.H.v. 302,80 Euro.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 26. März 2014 stattgegeben und den Beklagten unter Abänderung des Beschlusses vom 21. August 2012 verpflichtet, dem Kläger weitere 302,88 Euro zu erstatten. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Beschluss vom 31. Mai 2012 zwar keine wirksame Kostengrundentscheidung enthalte, weil diese mit der bloßen Wiederholung des Gesetzestextes unbestimmt bleibe, anstatt eine konkrete Verteilungsquote zu bilden. Die Kostengrundentscheidung sei jedoch nach Auffassung der Kammer im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss enthalten. Diese sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten, weil dessen Widerspruch insgesamt erfolgreich gewesen sei, so dass eine vollständige Kostenerstattung hätte erfolgen müssen. Die Festsetzung einer Beratung stelle im Vergleich zur Ersatzverpflichtung ein Aliud dar. Anders als beispielsweise eine geringere Ersatzverpflichtung auch in der höheren enthalten sei, könne dies für die Beratung nicht angenommen werden. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Zielsetzung der Beratung im Vergleich zur Ersatzverpflichtung eine andere sei. Zwar könne darin auch eine Sanktionierung gesehen werden. Die Beratung habe letztlich jedoch eine Warnfunktion. Sie solle vielmehr das ärztliche Versorgungsverhalten steuern und dafür sorgen, dass der Arzt künftig wirtschaftlich handele und Regresse nach einer Richtgrößenprüfung deshalb vermieden würden. Die Beratung enthalte für den Arzt damit auch eine begünstigende Komponente, zumal Vertragsärzte im Rahmen der Beratung in begründeten Fällen eine Feststellung der Prüfungsstelle über die Anerkennung von Praxisbesonderheiten beantragen könnten. Die Beratung müsse also von dem betroffenen Arzt nicht zwingend ausschließlich als "das kleinere Übel" im Vergleich zum Regress angesehen werden. Entsprechend sei die Entscheidung, ob man gegen eine Beratung vorgehe, auch von einer anderen Motivation bzw. anderen Erwägungen getragen. Der Widerspruch des Klägers sei vorliegend gegen die Ersatzverpflichtung gerichtet gewesen, die durch den Beklagten vollständig aufgehoben worden sei.
Gegen dieses ihm am 29. April 2014 zugestellte Urteil hat sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten vom 28. Mai 2014 gerichtet, der der Senat mit Beschluss vom 28. Juli 2014 durch Zulassung der Berufung stattgegeben hat.
Zur Begründung seiner Berufung trägt der Beklagte vor, das Sozialgericht weiche mit seiner Rechtsauffassung vom Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 5. Juni 2013 (Az.: B 6 KA 40/12 R) ab, wonach es sich bei der Beratung nach der gesetzlichen Konzeption um eine Sanktion im Falle der Überschreitung des Richtgrößenvolumens handele. Diese Sanktion komme also der Ersatzverpflichtung gleich und sei keinesfalls ein "Aliud". Die festgesetzte Beratung stelle – wie im vorliegenden Fall – eine eigene Beschwer dar und sei auch selbständig anfechtbar, weil damit von den betroffenen Ärztinnen und Ärzten geltend gemacht werde, dass durch die Festsetzung einer Beratung im Sinne von § 106 Abs. 5e Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) das Merkmal der "Erstmaligkeit" für die Zukunft entfallen dürfte und damit bereits aus diesem Grunde eine Beschwer vorliege. Daher müssten auch die Kosten für die festgesetzte Beratung bei der Berechnung der Obsiegensquote ihre Berücksichtigung finden. Der Effekt, dass bei einer ursprünglichen Ersatzverpflichtung unter 5.000,00 Euro bei der Festsetzung der Beratung unter Umständen eine Kostenerstattung nicht stattfinde, müsse hingenommen werden.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. März 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und führt ergänzend aus, der Widerspruch sei im vorliegenden Fall erfolgreich gewesen, weil auf ihn hin der Beschluss des Prüfungsausschusses vom 21. November 2008 vollständig aufgehoben worden sei. Die Festsetzung einer Beratung ändere hieran nichts, weil sie nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewesen sei, sondern einen neuen, anderen Verfahrens-/Streitgegenstand darstelle und nicht etwa nur als "Minus" in der Regressfestsetzung enthalten sei. Er – der Kläger – habe sich ausschließlich gegen die festgesetzte Ersatzverpflichtung gewandt und nicht gegen die Festsetzung einer Maßnahme überhaupt. Selbst wenn ein Widerspruchsführer einen Verwaltungsakt nur teilweise angegriffen habe, sei er in vollem Umfang erfolgreich und die Kosten seien in voller Höhe zu erstatten, wenn dem begrenzten Begehren stattgegeben werde.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hätte der Klage nicht stattgeben dürfen. Denn der Bescheid des Beklagten vom 21. August 2012 ist rechtmäßig.
I. Der Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung ergibt sich aus § 63 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch / Zehntes Buch (SGB X). Danach hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Diese Voraussetzung war hier grundsätzlich gegeben. Der Widerspruch war erfolgreich i.S.d. § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X, weil die Beklagte aufgrund des Vorbringens des Klägers im Widerspruchsverfahren die Ersatzverpflichtung aufgehoben hat (zum Erfordernis der Kausalität: BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 6 KA 35/10 R –, juris, m.w.N.). Im Streit steht lediglich der Umfang des klägerischen Obsiegens, weil der Beklagte zugleich eine Beratung festgesetzt hat. Streitgegenstand ist daher nur der Beschluss (Bescheid) des Beklagten vom 21. August 2012.
II. Der Widerspruch des Klägers war nur teilweise erfolgreich, sodass er auch nur eine teilweise Erstattung seiner im Verfahren vor dem Beklagten entstandenen notwendigen Kosten beanspruchen kann. Dies ergibt sich sowohl aus dem Bescheid vom 31. Mai 2012 (hierzu 1.) als auch aus dem materiellen Recht (hierzu 2.).
1. Die dem Kläger entstandenen notwendigen Aufwendungen können nur teilweise erstattet werden, weil seinem Widerspruch nach dem Bescheid vom 31. Mai 2012 nur teilweise stattgegeben wurde.
a. Dies hat der Beklagte im Bescheid mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht. Ein eindeutiger Hinweis für eine nur teilweise Stattgabe findet sich bereits im Einleitungssatz der Begründung, wonach der Widerspruch "teilweise unbegründet" ist. Hiermit korrelierend hat der Beklagte nicht nur die Ersatzverpflichtung (vollständig) aufgehoben, sondern auch "stattdessen eine mündliche Beratung erteilt" und den Beschluss (Bescheid) mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Hätte der Beklagte dem Widerspruch in vollem Umfang stattgeben wollen, wäre keine Beschwer des Klägers mehr verblieben und eine Rechtsbehelfsbelehrung wäre überflüssig gewesen. Hierzu stehen die die Kosten(entscheidung) betreffenden Ausführungen in diesem Bescheid nicht in Widerspruch. Zwar weist das Sozialgericht zutreffend darauf hin, dass der Beklagte im Kostenausspruch des Bescheids sich stark an den Gesetzestext von § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X anlehnt. Allerdings hat der Beklagte nicht das Tempus (Präsens) des Gesetzeswortlauts übernommen ("soweit der Widerspruch erfolgreich ist"), sondern die Vergangenheitsform gewählt ("soweit der Widerspruch erfolgreich war"). Schon dies ist ein Indiz, dass der Beklagte nicht lediglich den Gesetzeswortlaut übernehmen, sondern eine eigenständige Entscheidung treffen wollte. Bei einer vollen Stattgabe hätte darüber hinaus ein Verzicht auf den Halbsatz "soweit der Widerspruch erfolgreich war" in Verbindung mit einer entsprechenden Formulierung, etwa "in vollem Umfang", nahegelegen.
b. Den Bescheid vom 31. Mai 2012 hat der Kläger nicht angefochten.
aa. Gegen diesen Bescheid stand dem Kläger nur der Rechtsbehelf der Klage offen. Auch wenn ein Widerspruchsführer nur die Kostenentscheidung eines Widerspruchsbescheides anfechten will, muss er dies im Wege der Klage tun. Denn die Kostengrundentscheidung ist ein eigenständiger Verfügungssatz (BSG, Urteil vom 06. Mai 2009 – B 6 KA 7/08 R –, juris), der – ggf. auch isoliert – mit der Klage angegriffen werden kann (BVerwG vom 12. August 2014 – 1 C 2/14 –, juris; Becker in: Hauck/Noftz, SGB, Stand 05/17, § 63 SGB X, Rn. 25; Roos, in: von Wulffen/Schütze, 8.A., SGB X § 63, Rn. 33; Feddern in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, Stand 9. Oktober 2017, § 63, Rn.21). Dies gilt insbesondere im Bereich der vertragsarztrechtlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung, weil gegen Entscheidungen des Beschwerdeausschusses grundsätzlich kein Widerspruch eröffnet ist (BSG a.a.O., Becker a.a.O.).
bb. Klage gegen den Bescheid vom 31. Mai 2012 hat der Kläger nicht erhoben. Sein Antrag auf Kostenfestsetzung vom 25. Juli 2012 kann nicht in eine Klage umgedeutet werden. Dagegen spricht zunächst, dass er damals anwaltlich vertreten war und seinen Verfahrensbevollmächtigten – wie dem Senat aus zahlreichen anderen Verfahren bekannt ist – der Unterschied zwischen einer Klage und einem Kostenfestsetzungsantrag bewusst ist. Zum anderen muss Schreiben, die nicht als Klage bezeichnet, aber in der Sache als solche gemeint sind, zumindest zu entnehmen sein, dass der Bescheidadressat mit dem Inhalt des Bescheids nicht einverstanden ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/B. Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 12.A., § 90, Rn. 4a m.w.N.). Der Antrag vom 25. Juli 2012 beschränkt sich indes auf Ausführungen zur Höhe der geltend gemachten Kosten.
c. Ist der Bescheid vom 31. Mai 2012 somit nicht angefochten, ist er bestandskräftig geworden (§ 77 SGG). Einwände gegen diesen Bescheid kann der Kläger nicht mehr geltend machen. Insbesondere kann er im hiesigen Rechtsstreit nicht mehr geltend machen, der Beklagte hätte ihm einen Anspruch auf volle Kostenerstattung zubilligen müssen.
d. An diesem Ergebnis würde sich auch dann nichts ändern, wenn man hinsichtlich der Kostenquote den Bescheid vom 21. August 2012 als Zweitbescheid zum Bescheid vom 31. Mai 2012 ansähe.
aa. Das Sozialgericht hat allerdings zutreffend festgestellt, dass der Bescheid vom 31. Mai 2012 hinsichtlich der Kostenquote (zu) unbestimmt ist. Grundsätzlich muss die Behörde im Rahmen der Kostengrundentscheidung durch eine Quote auch das Ausmaß von Obsiegen und Unterliegen bestimmen (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 68/12 R –, juris m.w.N.; Beck’scher OnlineKommentar Sozialrecht/Heße, Stand 1. September 2017, SGB X § 63, Rn. 12). Bleibt offen, in welchem Umfang die notwendigen Kosten des Widerspruchsführers erstattet werden, kann dieser nicht entscheiden, ob er gegen die Kostengrundentscheidung vorgehen will.
bb. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte erst im angefochtenen Bescheid vom 21. August 2012 die Obsiegensquote (84,85 %) gebildet. Darin könnte die nachträgliche Änderung bzw. Klarstellung des Bescheids vom 31. Mai 2012 liegen. Unter diesen Voraussetzungen könnte der Bescheid vom 21. August 2012 einen – erneut Rechtsbehelfsmöglichkeiten eröffnenden – Zweitbescheid zum Bescheid vom 31. Mai 2012 darstellen. Aber selbst dann wären Rechtsbehelfe nur hinsichtlich der Quotenhöhe zulässig, nicht aber hinsichtlich der Frage, ob eine Kostenerstattung in vollem Umfang oder nur teilweise zu erfolgen hat. Die konkrete Kostenquote hat der Kläger indes zu keinem Zeitpunkt beanstandet.
II. Unabhängig hiervon ist der Beklagte auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Widerspruch nur teilweise erfolgreich war. Denn nach dem Regelungsgefüge der Wirtschaftlichkeitsprüfung erweist sich die Festsetzung einer Beratung im Verhältnis zur Ersatzverpflichtung als mildere Sanktion.
1. Rechtsgrundlage für Maßnahmen der Prüfeinrichtungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist § 106 SGB V, hier in der im Jahre 2006 geltenden Fassung. Danach galt (soweit hier relevant):
"(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. (1a) In erforderlichen Fällen berät der in Absatz 4 genannte Prüfungsausschuss die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung. (2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird geprüft durch 1. arztbezogene Prüfung ärztlich verordneter Leistungen bei Überschreitung der Richtgrößenvolumina nach § 84 (Auffälligkeitsprüfung), 2. arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen auf der Grundlage von arztbezogenen und versichertenbezogenen Stichproben, die mindestens 2 vom Hundert der Ärzte je Quartal umfassen (Zufälligkeitsprüfung). [ ] (3) Die in Absatz 2 Satz 4 genannten Vertragspartner vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratung nach Absatz 1a und der Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 2 gemeinsam und einheitlich; die Richtlinien nach Absatz 2b sind Inhalt der Vereinbarungen. [ ] (4) Die in Absatz 2 Satz 4 genannten Vertragspartner bilden bei der Kassenärztlichen Vereinigung oder bei einem der in Satz 5 genannten Landesverbände einen gemeinsamen Prüfungs- und einen gemeinsamen Beschwerdeausschuss. [ ] (5) Der Prüfungsausschuss entscheidet, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Dabei sollen gezielte Beratungen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. [ ] (5a) Beratungen nach Absatz 1a bei Überschreitung der Richtgrößenvolumen nach § 84 Abs. 6 und 8 werden durchgeführt, wenn das Verordnungsvolumen eines Arztes in einem Kalenderjahr das Richtgrößenvolumen um mehr als 15 vom Hundert übersteigt und auf Grund der vorliegenden Daten der Prüfungsausschuss nicht davon ausgeht, dass die Überschreitung in vollem Umfang durch Praxisbesonderheiten begründet ist (Vorab-Prüfung). [ ] Bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 vom Hundert hat der Vertragsarzt nach Feststellung durch den Prüfungsausschuss den sich daraus ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Der Prüfungsausschuss soll vor seinen Entscheidungen und Festsetzungen auf eine entsprechende Vereinbarung mit dem Vertragsarzt hinwirken, die eine Minderung des Erstattungsbetrages um bis zu einem Fünftel zum Inhalt haben kann. Die in Absatz 2 Satz 4 genannten Vertragspartner bestimmen in Vereinbarungen nach Absatz 3 die Maßstäbe zur Prüfung der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten. [ ]"
Der Wortlaut der Vorschrift offenbart, dass Beratungen auf zwei voneinander scharf zu trennenden Ebenen erfolgen konnten bzw. mussten: Zum einen standen sie unter der gesetzlichen Überschrift von § 106 SGB V ("Wirtschaftlichkeitsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung") als weitere Aufgabe neben den Prüfungen (§ 106 Absätze 1 und 1a). Zum anderen konnten sie die Rechtsfolge einer unwirtschaftliches Verhalten eines Vertragsarztes feststellenden Prüfung sein (§ 106 Abs. 5 Satz 2 und Abs. 5a Satz 1 i.V.m. Absätze 1a und 3 Satz 1 SGB V); in diesem Fall kam Beratungen als immateriellen Maßnahmen stets der Charakter einer Sanktion zu (BSG, Urteil vom 05. Juni 2013 – B 6 KA 40/12 R –, juris), denn wie alle anderen Maßnahmen in der Wirtschaftlichkeitsprüfung hatten (und haben) sie verhaltenssteuernde Wirkung. Dass Beratungen nur eine – mit sonstigen Maßnahmen nicht verbundene – Warnfunktion zukomme, ist der Rechtsprechung des BSG hingegen nicht zu entnehmen.
2. Trotz unterschiedlicher Teilregelungen für den Bereich der Richtgrößenprüfung (§ 106 Abs. 5a SGB V) einerseits und sonstiger Prüfungen (§ 106 Abs. 5 SGB V) andererseits erwiesen sich Beratungen, die die Prüfeinrichtungen zu Lasten eines Vertragsarztes festgesetzt hatten, jeweils als Minus bzw. mildere Maßnahmen gegenüber Zahlungsverpflichtungen (wie Honorarkürzungen oder Regressen).
a. Bei der Durchführung von Richtgrößenprüfungen ergab sich das Stufenverhältnis zwischen Beratung (§ 106 Abs. 5a Satz 1 SGB V) und Mehraufwandserstattung (§ 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V) aus dem Ausmaß, in dem das Verordnungsvolumen eines Vertragsarztes sein Richtgrößenvolumen überstieg (vgl. auch Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB, Stand: 08/14, § 106 SGB V, Rn. 200): bei einer Überschreitung um mehr als 25 % war eine Erstattung des nicht durch Praxisbesonderheiten begründeten Mehraufwands, bei einer Überschreitung um mehr als 15 % und bis zu 25 % war eine Beratung festzusetzen (vgl. auch BSG a.a.O.). Eine Beratung war demnach als Sanktion ausgeschlossen, wenn der Vertragsarzt wegen einer höheren Überschreitung des Richtgrößenvolumens zur Erstattung des Mehraufwands zu verpflichten war. Ein Wahlrecht zwischen beiden Maßnahmearten bestand für die Prüfeinrichtungen nicht.
b. Für die übrigen Bereiche der Wirtschaftlichkeitsprüfung, d.h. insbesondere Einzelverordnungsregresse und Zufälligkeitsprüfungen auf statistischer Grundlage, sollten gezielte Beratungen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen (§ 106 Abs. 5 Satz 2 SGB V), wobei nach der Rechtsprechung des BSG das Fehlen einer vorangehenden Beratung bei offensichtlichem Missverhältnis zum Vergleichsgruppendurchschnitt sowie bei "Basis"-Mängeln, etwa der fehlenden Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels, unschädlich war (ständige Rechtsprechung seit BSG, Urteil vom 19. Juni 1996 – 6 RKa 40/95 – bzw. Urteil vom 06. Mai 2009 – B 6 KA 3/08 R –, juris). Gleichwohl kommt im Erfordernis eines "Vorangehens" ein Stufenverhältnis zwischen Beratung als primärer Maßnahme einerseits und – bei deren erwiesener oder unterstellter Erfolglosigkeit – Zahlungsverpflichtung andererseits zum Ausdruck. Ein Wahlrecht zwischen Beratung und Zahlungsverpflichtung bestand auch insoweit nicht.
c. Das – für jedes Sanktionssystem typische – Stufenverhältnis zwischen unterschiedlichen Sanktionsmaßnahmen schließt es aus, eine Beratung im Verhältnis zur Festsetzung einer Zahlungsverpflichtung als Aliud anzusehen. Es ist auch ohne Bedeutung, ob aus Sicht des Klägers eine Beratung Gegenstand des Widerspruchsverfahrens war. Denn kommt aufgrund des Vorbringens eines Widerspruchsführers eine zunächst festgesetzte Zahlungsverpflichtung nicht mehr in Betracht, muss der Beschwerdeausschuss aufgrund des Stufenverhältnisses regelhaft prüfen, ob dem Vertragsarzt stattdessen eine Beratung aufzuerlegen ist, ohne dass der Widerspruchsführer dies verhindern könnte. Aus dem Schweigen des Klägers zu einer möglichen Beratung konnte nicht geschlossen werden, dass er eine solche akzeptieren würde. Dies hätte er ausdrücklich bekunden müssen.
3. Auf der Grundlage eines Stufenverhältnisses zwischen Beratung und Zahlungsverpflichtung hat der Beklagte die Höhe der zu erstattenden Kosten zutreffend berechnet. Fehler in der Berechnung sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Bei einer Beratung auf den Auffangstreitwert von 5.000.- Euro zurückzugreifen, ist mangels anderer Anhaltspunkte sachgerecht und entspricht der hierzu ergangenen Rechtsprechung (SG Marburg, Beschluss vom 16. Dezember 2013 – S 12 KA 565/13 ER –, bestätigt durch Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 11. August 2014 – L 4 KA 10/14 B ER –; SG Dresden, Urteil vom 20. Juni 2012 – S 11 KA 142/09 –; SG Hannover, Urteil vom 19. Oktober 2016 – S 78 KA 191/15 –; jeweils juris). Der Senat verkennt nicht, dass dieses Ergebnis für den Fall, dass die zunächst festgesetzte Zahlungsverpflichtung weniger als 5.000.- Euro beträgt, als unbefriedigend empfunden werden könnte. Ob es – wie der Beklagte meinte – gleichwohl hinzunehmen ist oder ob in solchen Fällen der Auffangstreitwert zur Vermeidung von Unbilligkeiten zu reduzieren ist (so Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 07. September 1998 – L 12 B 350/97 KA –, juris), muss der Senat an dieser Stelle nicht entscheiden. Er weist aber darauf hin, dass zur vergleichbaren Problematik im vertragsärztlichen Disziplinarrecht ein konsistentes Streitwertmodell existiert, welches für jegliche Disziplinarmaßnahme einen Grundbetrag von 5.000.- Euro als Streitwert zugrunde legt, der ggf. um die Höhe einer Geldbuße aufzustocken ist (BSG, Beschluss vom 06. Dezember 2016 – B 6 KA 59/16 B –; Beschluss vom 05. Juni 2013 – B 6 KA 7/13 B –, m.w.N.; jeweils juris).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht ersichtlich sind.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der nach einem Widerspruchsverfahren zu erstattenden Kosten.
Die Prüfungsstelle setzte gegen den Kläger, der als Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin (Beigeladene zu 1.) tätig ist, mit Bescheid vom 21. November 2008 "wegen der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Arzneimittelverordnung bei Überschreitung der Richtgrößensumme für das Jahr 2006" eine Ersatzverpflichtung i.H.v. 33.005,51 Euro fest und berücksichtigte hierbei Praxisbesonderheiten und nicht richtgrößenrelevante Verordnungskosten i.H.v. insgesamt 651.388,46 Euro. Auf den Widerspruch des Klägers fasste der Beklagte am 31. Mai 2012 folgenden Beschluss, der der Klägerseite am 23. Juli 2012 zugestellt wurde: "Auf den Widerspruch vom 22.12.2008 gegen den Bescheid der Prüfungsstelle für die Wirtschaftlichkeitsprüfung vom 21.11.2008 wird die festgesetzte Ersatzverpflichtung aufgehoben und stattdessen eine mündliche Beratung festgesetzt.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten seitens des Widerspruchsführers war notwendig. Dem Widerspruchsführer sind die durch die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich war."
Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass nach den belegten Verordnungskosten bei Abzug weiterer Praxisbesonderheiten i.H.v. 61.192,10 Euro nicht mehr die obere Interventionsgrenze (Richtgrößensumme plus 25 %), sondern nur noch die untere Interventionsgrenze (Richtgrößensumme plus 15 %) überschritten werde. Eine mündliche Beratung erscheine daher ausreichend, um in Zukunft eine Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise zu erzielen. In der Rechtsbehelfsbelehrung zu diesem Bescheid wird auf die Möglichkeit der Klageerhebung hingewiesen.
Daraufhin beantragte der Kläger (Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 24. Juli 2012, beim Beklagten am folgenden Tag eingegangen), die erstattungsfähigen Kosten wie folgt festzusetzen:
Gegenstandswert: 33.005,51 Euro
2,0 Geschäftsgebühr §§ 2, 13 RVG, Nr. 2300 VV 1.660,00 Euro Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro
Zwischensumme 1.680,00 Euro
Umsatzsteuer (MwSt) Nr. 7008 VV RVG (19,00 %) 319,20 Euro
Endsumme 1.999,20 Euro
Mit Beschluss vom 21. August 2012 setzte der Beklagte die zu erstattenden Kosten auf 1.696,32 Euro fest und lehnte den weitergehenden Antrag ab. Erstattungsfähig sei – so die Begründung des Beklagten – nur der Teil, der erfolgreich gewesen sei, vorliegend 84,85 %. Der "Regelwert für eine Beratung" liege bei 5.000,00 Euro.
Der Kläger hat mit seiner Klage zunächst beantragt, die Entscheidung des Beklagten vom 21. August 2012 aufzuheben und ihn zur Neubescheidung des Kostenfestsetzungsantrags vom 24. Juli 2012 zu verpflichten, später statt letzterem die Verurteilung des Beklagten zur Festsetzung von weiteren zu erstattenden Kosten i.H.v. 302,80 Euro.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 26. März 2014 stattgegeben und den Beklagten unter Abänderung des Beschlusses vom 21. August 2012 verpflichtet, dem Kläger weitere 302,88 Euro zu erstatten. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Beschluss vom 31. Mai 2012 zwar keine wirksame Kostengrundentscheidung enthalte, weil diese mit der bloßen Wiederholung des Gesetzestextes unbestimmt bleibe, anstatt eine konkrete Verteilungsquote zu bilden. Die Kostengrundentscheidung sei jedoch nach Auffassung der Kammer im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss enthalten. Diese sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten, weil dessen Widerspruch insgesamt erfolgreich gewesen sei, so dass eine vollständige Kostenerstattung hätte erfolgen müssen. Die Festsetzung einer Beratung stelle im Vergleich zur Ersatzverpflichtung ein Aliud dar. Anders als beispielsweise eine geringere Ersatzverpflichtung auch in der höheren enthalten sei, könne dies für die Beratung nicht angenommen werden. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Zielsetzung der Beratung im Vergleich zur Ersatzverpflichtung eine andere sei. Zwar könne darin auch eine Sanktionierung gesehen werden. Die Beratung habe letztlich jedoch eine Warnfunktion. Sie solle vielmehr das ärztliche Versorgungsverhalten steuern und dafür sorgen, dass der Arzt künftig wirtschaftlich handele und Regresse nach einer Richtgrößenprüfung deshalb vermieden würden. Die Beratung enthalte für den Arzt damit auch eine begünstigende Komponente, zumal Vertragsärzte im Rahmen der Beratung in begründeten Fällen eine Feststellung der Prüfungsstelle über die Anerkennung von Praxisbesonderheiten beantragen könnten. Die Beratung müsse also von dem betroffenen Arzt nicht zwingend ausschließlich als "das kleinere Übel" im Vergleich zum Regress angesehen werden. Entsprechend sei die Entscheidung, ob man gegen eine Beratung vorgehe, auch von einer anderen Motivation bzw. anderen Erwägungen getragen. Der Widerspruch des Klägers sei vorliegend gegen die Ersatzverpflichtung gerichtet gewesen, die durch den Beklagten vollständig aufgehoben worden sei.
Gegen dieses ihm am 29. April 2014 zugestellte Urteil hat sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten vom 28. Mai 2014 gerichtet, der der Senat mit Beschluss vom 28. Juli 2014 durch Zulassung der Berufung stattgegeben hat.
Zur Begründung seiner Berufung trägt der Beklagte vor, das Sozialgericht weiche mit seiner Rechtsauffassung vom Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 5. Juni 2013 (Az.: B 6 KA 40/12 R) ab, wonach es sich bei der Beratung nach der gesetzlichen Konzeption um eine Sanktion im Falle der Überschreitung des Richtgrößenvolumens handele. Diese Sanktion komme also der Ersatzverpflichtung gleich und sei keinesfalls ein "Aliud". Die festgesetzte Beratung stelle – wie im vorliegenden Fall – eine eigene Beschwer dar und sei auch selbständig anfechtbar, weil damit von den betroffenen Ärztinnen und Ärzten geltend gemacht werde, dass durch die Festsetzung einer Beratung im Sinne von § 106 Abs. 5e Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) das Merkmal der "Erstmaligkeit" für die Zukunft entfallen dürfte und damit bereits aus diesem Grunde eine Beschwer vorliege. Daher müssten auch die Kosten für die festgesetzte Beratung bei der Berechnung der Obsiegensquote ihre Berücksichtigung finden. Der Effekt, dass bei einer ursprünglichen Ersatzverpflichtung unter 5.000,00 Euro bei der Festsetzung der Beratung unter Umständen eine Kostenerstattung nicht stattfinde, müsse hingenommen werden.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. März 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und führt ergänzend aus, der Widerspruch sei im vorliegenden Fall erfolgreich gewesen, weil auf ihn hin der Beschluss des Prüfungsausschusses vom 21. November 2008 vollständig aufgehoben worden sei. Die Festsetzung einer Beratung ändere hieran nichts, weil sie nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewesen sei, sondern einen neuen, anderen Verfahrens-/Streitgegenstand darstelle und nicht etwa nur als "Minus" in der Regressfestsetzung enthalten sei. Er – der Kläger – habe sich ausschließlich gegen die festgesetzte Ersatzverpflichtung gewandt und nicht gegen die Festsetzung einer Maßnahme überhaupt. Selbst wenn ein Widerspruchsführer einen Verwaltungsakt nur teilweise angegriffen habe, sei er in vollem Umfang erfolgreich und die Kosten seien in voller Höhe zu erstatten, wenn dem begrenzten Begehren stattgegeben werde.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hätte der Klage nicht stattgeben dürfen. Denn der Bescheid des Beklagten vom 21. August 2012 ist rechtmäßig.
I. Der Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung ergibt sich aus § 63 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch / Zehntes Buch (SGB X). Danach hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Diese Voraussetzung war hier grundsätzlich gegeben. Der Widerspruch war erfolgreich i.S.d. § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X, weil die Beklagte aufgrund des Vorbringens des Klägers im Widerspruchsverfahren die Ersatzverpflichtung aufgehoben hat (zum Erfordernis der Kausalität: BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 6 KA 35/10 R –, juris, m.w.N.). Im Streit steht lediglich der Umfang des klägerischen Obsiegens, weil der Beklagte zugleich eine Beratung festgesetzt hat. Streitgegenstand ist daher nur der Beschluss (Bescheid) des Beklagten vom 21. August 2012.
II. Der Widerspruch des Klägers war nur teilweise erfolgreich, sodass er auch nur eine teilweise Erstattung seiner im Verfahren vor dem Beklagten entstandenen notwendigen Kosten beanspruchen kann. Dies ergibt sich sowohl aus dem Bescheid vom 31. Mai 2012 (hierzu 1.) als auch aus dem materiellen Recht (hierzu 2.).
1. Die dem Kläger entstandenen notwendigen Aufwendungen können nur teilweise erstattet werden, weil seinem Widerspruch nach dem Bescheid vom 31. Mai 2012 nur teilweise stattgegeben wurde.
a. Dies hat der Beklagte im Bescheid mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht. Ein eindeutiger Hinweis für eine nur teilweise Stattgabe findet sich bereits im Einleitungssatz der Begründung, wonach der Widerspruch "teilweise unbegründet" ist. Hiermit korrelierend hat der Beklagte nicht nur die Ersatzverpflichtung (vollständig) aufgehoben, sondern auch "stattdessen eine mündliche Beratung erteilt" und den Beschluss (Bescheid) mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Hätte der Beklagte dem Widerspruch in vollem Umfang stattgeben wollen, wäre keine Beschwer des Klägers mehr verblieben und eine Rechtsbehelfsbelehrung wäre überflüssig gewesen. Hierzu stehen die die Kosten(entscheidung) betreffenden Ausführungen in diesem Bescheid nicht in Widerspruch. Zwar weist das Sozialgericht zutreffend darauf hin, dass der Beklagte im Kostenausspruch des Bescheids sich stark an den Gesetzestext von § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X anlehnt. Allerdings hat der Beklagte nicht das Tempus (Präsens) des Gesetzeswortlauts übernommen ("soweit der Widerspruch erfolgreich ist"), sondern die Vergangenheitsform gewählt ("soweit der Widerspruch erfolgreich war"). Schon dies ist ein Indiz, dass der Beklagte nicht lediglich den Gesetzeswortlaut übernehmen, sondern eine eigenständige Entscheidung treffen wollte. Bei einer vollen Stattgabe hätte darüber hinaus ein Verzicht auf den Halbsatz "soweit der Widerspruch erfolgreich war" in Verbindung mit einer entsprechenden Formulierung, etwa "in vollem Umfang", nahegelegen.
b. Den Bescheid vom 31. Mai 2012 hat der Kläger nicht angefochten.
aa. Gegen diesen Bescheid stand dem Kläger nur der Rechtsbehelf der Klage offen. Auch wenn ein Widerspruchsführer nur die Kostenentscheidung eines Widerspruchsbescheides anfechten will, muss er dies im Wege der Klage tun. Denn die Kostengrundentscheidung ist ein eigenständiger Verfügungssatz (BSG, Urteil vom 06. Mai 2009 – B 6 KA 7/08 R –, juris), der – ggf. auch isoliert – mit der Klage angegriffen werden kann (BVerwG vom 12. August 2014 – 1 C 2/14 –, juris; Becker in: Hauck/Noftz, SGB, Stand 05/17, § 63 SGB X, Rn. 25; Roos, in: von Wulffen/Schütze, 8.A., SGB X § 63, Rn. 33; Feddern in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, Stand 9. Oktober 2017, § 63, Rn.21). Dies gilt insbesondere im Bereich der vertragsarztrechtlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung, weil gegen Entscheidungen des Beschwerdeausschusses grundsätzlich kein Widerspruch eröffnet ist (BSG a.a.O., Becker a.a.O.).
bb. Klage gegen den Bescheid vom 31. Mai 2012 hat der Kläger nicht erhoben. Sein Antrag auf Kostenfestsetzung vom 25. Juli 2012 kann nicht in eine Klage umgedeutet werden. Dagegen spricht zunächst, dass er damals anwaltlich vertreten war und seinen Verfahrensbevollmächtigten – wie dem Senat aus zahlreichen anderen Verfahren bekannt ist – der Unterschied zwischen einer Klage und einem Kostenfestsetzungsantrag bewusst ist. Zum anderen muss Schreiben, die nicht als Klage bezeichnet, aber in der Sache als solche gemeint sind, zumindest zu entnehmen sein, dass der Bescheidadressat mit dem Inhalt des Bescheids nicht einverstanden ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/B. Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 12.A., § 90, Rn. 4a m.w.N.). Der Antrag vom 25. Juli 2012 beschränkt sich indes auf Ausführungen zur Höhe der geltend gemachten Kosten.
c. Ist der Bescheid vom 31. Mai 2012 somit nicht angefochten, ist er bestandskräftig geworden (§ 77 SGG). Einwände gegen diesen Bescheid kann der Kläger nicht mehr geltend machen. Insbesondere kann er im hiesigen Rechtsstreit nicht mehr geltend machen, der Beklagte hätte ihm einen Anspruch auf volle Kostenerstattung zubilligen müssen.
d. An diesem Ergebnis würde sich auch dann nichts ändern, wenn man hinsichtlich der Kostenquote den Bescheid vom 21. August 2012 als Zweitbescheid zum Bescheid vom 31. Mai 2012 ansähe.
aa. Das Sozialgericht hat allerdings zutreffend festgestellt, dass der Bescheid vom 31. Mai 2012 hinsichtlich der Kostenquote (zu) unbestimmt ist. Grundsätzlich muss die Behörde im Rahmen der Kostengrundentscheidung durch eine Quote auch das Ausmaß von Obsiegen und Unterliegen bestimmen (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 68/12 R –, juris m.w.N.; Beck’scher OnlineKommentar Sozialrecht/Heße, Stand 1. September 2017, SGB X § 63, Rn. 12). Bleibt offen, in welchem Umfang die notwendigen Kosten des Widerspruchsführers erstattet werden, kann dieser nicht entscheiden, ob er gegen die Kostengrundentscheidung vorgehen will.
bb. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte erst im angefochtenen Bescheid vom 21. August 2012 die Obsiegensquote (84,85 %) gebildet. Darin könnte die nachträgliche Änderung bzw. Klarstellung des Bescheids vom 31. Mai 2012 liegen. Unter diesen Voraussetzungen könnte der Bescheid vom 21. August 2012 einen – erneut Rechtsbehelfsmöglichkeiten eröffnenden – Zweitbescheid zum Bescheid vom 31. Mai 2012 darstellen. Aber selbst dann wären Rechtsbehelfe nur hinsichtlich der Quotenhöhe zulässig, nicht aber hinsichtlich der Frage, ob eine Kostenerstattung in vollem Umfang oder nur teilweise zu erfolgen hat. Die konkrete Kostenquote hat der Kläger indes zu keinem Zeitpunkt beanstandet.
II. Unabhängig hiervon ist der Beklagte auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Widerspruch nur teilweise erfolgreich war. Denn nach dem Regelungsgefüge der Wirtschaftlichkeitsprüfung erweist sich die Festsetzung einer Beratung im Verhältnis zur Ersatzverpflichtung als mildere Sanktion.
1. Rechtsgrundlage für Maßnahmen der Prüfeinrichtungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist § 106 SGB V, hier in der im Jahre 2006 geltenden Fassung. Danach galt (soweit hier relevant):
"(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. (1a) In erforderlichen Fällen berät der in Absatz 4 genannte Prüfungsausschuss die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung. (2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird geprüft durch 1. arztbezogene Prüfung ärztlich verordneter Leistungen bei Überschreitung der Richtgrößenvolumina nach § 84 (Auffälligkeitsprüfung), 2. arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen auf der Grundlage von arztbezogenen und versichertenbezogenen Stichproben, die mindestens 2 vom Hundert der Ärzte je Quartal umfassen (Zufälligkeitsprüfung). [ ] (3) Die in Absatz 2 Satz 4 genannten Vertragspartner vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratung nach Absatz 1a und der Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 2 gemeinsam und einheitlich; die Richtlinien nach Absatz 2b sind Inhalt der Vereinbarungen. [ ] (4) Die in Absatz 2 Satz 4 genannten Vertragspartner bilden bei der Kassenärztlichen Vereinigung oder bei einem der in Satz 5 genannten Landesverbände einen gemeinsamen Prüfungs- und einen gemeinsamen Beschwerdeausschuss. [ ] (5) Der Prüfungsausschuss entscheidet, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Dabei sollen gezielte Beratungen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. [ ] (5a) Beratungen nach Absatz 1a bei Überschreitung der Richtgrößenvolumen nach § 84 Abs. 6 und 8 werden durchgeführt, wenn das Verordnungsvolumen eines Arztes in einem Kalenderjahr das Richtgrößenvolumen um mehr als 15 vom Hundert übersteigt und auf Grund der vorliegenden Daten der Prüfungsausschuss nicht davon ausgeht, dass die Überschreitung in vollem Umfang durch Praxisbesonderheiten begründet ist (Vorab-Prüfung). [ ] Bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 vom Hundert hat der Vertragsarzt nach Feststellung durch den Prüfungsausschuss den sich daraus ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Der Prüfungsausschuss soll vor seinen Entscheidungen und Festsetzungen auf eine entsprechende Vereinbarung mit dem Vertragsarzt hinwirken, die eine Minderung des Erstattungsbetrages um bis zu einem Fünftel zum Inhalt haben kann. Die in Absatz 2 Satz 4 genannten Vertragspartner bestimmen in Vereinbarungen nach Absatz 3 die Maßstäbe zur Prüfung der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten. [ ]"
Der Wortlaut der Vorschrift offenbart, dass Beratungen auf zwei voneinander scharf zu trennenden Ebenen erfolgen konnten bzw. mussten: Zum einen standen sie unter der gesetzlichen Überschrift von § 106 SGB V ("Wirtschaftlichkeitsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung") als weitere Aufgabe neben den Prüfungen (§ 106 Absätze 1 und 1a). Zum anderen konnten sie die Rechtsfolge einer unwirtschaftliches Verhalten eines Vertragsarztes feststellenden Prüfung sein (§ 106 Abs. 5 Satz 2 und Abs. 5a Satz 1 i.V.m. Absätze 1a und 3 Satz 1 SGB V); in diesem Fall kam Beratungen als immateriellen Maßnahmen stets der Charakter einer Sanktion zu (BSG, Urteil vom 05. Juni 2013 – B 6 KA 40/12 R –, juris), denn wie alle anderen Maßnahmen in der Wirtschaftlichkeitsprüfung hatten (und haben) sie verhaltenssteuernde Wirkung. Dass Beratungen nur eine – mit sonstigen Maßnahmen nicht verbundene – Warnfunktion zukomme, ist der Rechtsprechung des BSG hingegen nicht zu entnehmen.
2. Trotz unterschiedlicher Teilregelungen für den Bereich der Richtgrößenprüfung (§ 106 Abs. 5a SGB V) einerseits und sonstiger Prüfungen (§ 106 Abs. 5 SGB V) andererseits erwiesen sich Beratungen, die die Prüfeinrichtungen zu Lasten eines Vertragsarztes festgesetzt hatten, jeweils als Minus bzw. mildere Maßnahmen gegenüber Zahlungsverpflichtungen (wie Honorarkürzungen oder Regressen).
a. Bei der Durchführung von Richtgrößenprüfungen ergab sich das Stufenverhältnis zwischen Beratung (§ 106 Abs. 5a Satz 1 SGB V) und Mehraufwandserstattung (§ 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V) aus dem Ausmaß, in dem das Verordnungsvolumen eines Vertragsarztes sein Richtgrößenvolumen überstieg (vgl. auch Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB, Stand: 08/14, § 106 SGB V, Rn. 200): bei einer Überschreitung um mehr als 25 % war eine Erstattung des nicht durch Praxisbesonderheiten begründeten Mehraufwands, bei einer Überschreitung um mehr als 15 % und bis zu 25 % war eine Beratung festzusetzen (vgl. auch BSG a.a.O.). Eine Beratung war demnach als Sanktion ausgeschlossen, wenn der Vertragsarzt wegen einer höheren Überschreitung des Richtgrößenvolumens zur Erstattung des Mehraufwands zu verpflichten war. Ein Wahlrecht zwischen beiden Maßnahmearten bestand für die Prüfeinrichtungen nicht.
b. Für die übrigen Bereiche der Wirtschaftlichkeitsprüfung, d.h. insbesondere Einzelverordnungsregresse und Zufälligkeitsprüfungen auf statistischer Grundlage, sollten gezielte Beratungen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen (§ 106 Abs. 5 Satz 2 SGB V), wobei nach der Rechtsprechung des BSG das Fehlen einer vorangehenden Beratung bei offensichtlichem Missverhältnis zum Vergleichsgruppendurchschnitt sowie bei "Basis"-Mängeln, etwa der fehlenden Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels, unschädlich war (ständige Rechtsprechung seit BSG, Urteil vom 19. Juni 1996 – 6 RKa 40/95 – bzw. Urteil vom 06. Mai 2009 – B 6 KA 3/08 R –, juris). Gleichwohl kommt im Erfordernis eines "Vorangehens" ein Stufenverhältnis zwischen Beratung als primärer Maßnahme einerseits und – bei deren erwiesener oder unterstellter Erfolglosigkeit – Zahlungsverpflichtung andererseits zum Ausdruck. Ein Wahlrecht zwischen Beratung und Zahlungsverpflichtung bestand auch insoweit nicht.
c. Das – für jedes Sanktionssystem typische – Stufenverhältnis zwischen unterschiedlichen Sanktionsmaßnahmen schließt es aus, eine Beratung im Verhältnis zur Festsetzung einer Zahlungsverpflichtung als Aliud anzusehen. Es ist auch ohne Bedeutung, ob aus Sicht des Klägers eine Beratung Gegenstand des Widerspruchsverfahrens war. Denn kommt aufgrund des Vorbringens eines Widerspruchsführers eine zunächst festgesetzte Zahlungsverpflichtung nicht mehr in Betracht, muss der Beschwerdeausschuss aufgrund des Stufenverhältnisses regelhaft prüfen, ob dem Vertragsarzt stattdessen eine Beratung aufzuerlegen ist, ohne dass der Widerspruchsführer dies verhindern könnte. Aus dem Schweigen des Klägers zu einer möglichen Beratung konnte nicht geschlossen werden, dass er eine solche akzeptieren würde. Dies hätte er ausdrücklich bekunden müssen.
3. Auf der Grundlage eines Stufenverhältnisses zwischen Beratung und Zahlungsverpflichtung hat der Beklagte die Höhe der zu erstattenden Kosten zutreffend berechnet. Fehler in der Berechnung sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Bei einer Beratung auf den Auffangstreitwert von 5.000.- Euro zurückzugreifen, ist mangels anderer Anhaltspunkte sachgerecht und entspricht der hierzu ergangenen Rechtsprechung (SG Marburg, Beschluss vom 16. Dezember 2013 – S 12 KA 565/13 ER –, bestätigt durch Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 11. August 2014 – L 4 KA 10/14 B ER –; SG Dresden, Urteil vom 20. Juni 2012 – S 11 KA 142/09 –; SG Hannover, Urteil vom 19. Oktober 2016 – S 78 KA 191/15 –; jeweils juris). Der Senat verkennt nicht, dass dieses Ergebnis für den Fall, dass die zunächst festgesetzte Zahlungsverpflichtung weniger als 5.000.- Euro beträgt, als unbefriedigend empfunden werden könnte. Ob es – wie der Beklagte meinte – gleichwohl hinzunehmen ist oder ob in solchen Fällen der Auffangstreitwert zur Vermeidung von Unbilligkeiten zu reduzieren ist (so Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 07. September 1998 – L 12 B 350/97 KA –, juris), muss der Senat an dieser Stelle nicht entscheiden. Er weist aber darauf hin, dass zur vergleichbaren Problematik im vertragsärztlichen Disziplinarrecht ein konsistentes Streitwertmodell existiert, welches für jegliche Disziplinarmaßnahme einen Grundbetrag von 5.000.- Euro als Streitwert zugrunde legt, der ggf. um die Höhe einer Geldbuße aufzustocken ist (BSG, Beschluss vom 06. Dezember 2016 – B 6 KA 59/16 B –; Beschluss vom 05. Juni 2013 – B 6 KA 7/13 B –, m.w.N.; jeweils juris).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht ersichtlich sind.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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