Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 3614/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 107/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23.12.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung zusteht.
Der 1957 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und stammt aus Pakistan. Eine Berufsausbildung absolvierte der Kläger nicht. Er war nach seiner Übersiedlung in das Bundesgebiet - unterbrochen von Zeiten der Arbeitslosigkeit - bis 2004 als ungelernter Fabrikarbeiter, anschließend als selbstständiger Bekleidungshändler und zuletzt als Paketsortierer beim Deutschen Paketdienst tätig. Seit 02.11.2010 bestand Arbeitsunfähigkeit. Beim Kläger wurde vom Landratsamt H. der Grad der Behinderung mit 50 seit 06.08.2014 festgestellt (Bescheid vom 14.10.2014). Seit 01.02.2011 bezieht der Kläger Leistungen nach dem SGB II.
Am 28.01.2015 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte holte medizinische Befundunterlagen ein (insbesondere Reha-Entlassungsbericht S. Gesundheitszentrum Bad W. vom 19.05.2011, Berichte S. -Kliniken H. vom 24.05.2012 und 29.06.2012, Dr. M. vom 02.08.2012, 23.09.2013, 18.03.2014, 17.09.2014 und 10.12.2014, Dr. St. vom 17.12.2014, Praxisklinik für Gefäßerkrankungen H. vom 06.02.2015, Reha-Entlassungsbericht Rehaklinik K. vom 11.02.2014). Außerdem holte die Beklagte das Gutachten des Arztes für Sozialmedizin Dr. G. vom 11.03.2015 ein. Dr. G. diagnostizierte den Verdacht auf symptomatische Epilepsie bei einem einmaligen generalisierten Krampfanfall am 19.05.2012 und weiterhin nur anamnestisch bekannten nächtlichen Anfällen, einen Diabetes mellitus Typ 2, diätetisch und medikamentös behandelt sowie Verdacht auf rezidivierende Hypoglykämien, ein degeneratives LWS-Syndrom mit muskulärer Dysbalance ohne Nervenwurzelreizerscheinungen, eine somatoforme Schmerzstörung mit Aggravationstendenzen, ein Impingementsyndrom der rechten Schulter mit Belastungseinschränkung, einen medikamentös behandelten Bluthochdruck, ein medikamentös behandeltes leichtgradiges Asthma bronchiale sowie Übergewicht bei metabolischem Syndrom. Während der ganzen Untersuchung zeige der Kläger deutliche Somatisierungs- und Aggravationstendenzen. Dr. G. erachtete den Kläger hinsichtlich der Tätigkeit als selbstständiger Bekleidungshändler sowie für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen für jeweils 6 Stunden und mehr leistungsfähig. Möglich seien Tätigkeiten ohne häufiges Heben und Tragen von schweren Lasten, ohne häufige Überkopfarbeiten mit dem rechten Arm, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Absturzgefahr.
Mit Bescheid vom 25.03.2015 entsprach die Beklagte dem Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht, weil die medizinischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.
Hiergegen legte der Kläger am 21.04.2015 Widerspruch ein. Er machte zur Begründung geltend, nach seiner Auffassung sei sein Leistungsvermögen unter 3 Stunden täglich herabgesunken. Soweit ausgeführt werde, er aggraviere, träfe dies nicht zu. Die behandelnden Ärzte hielten sowohl das Anfallsleiden als auch die Schmerzmedikation für glaubhaft. Er nehme Tabletten zur Blutdruckeinstellung und zur Behandlung eines Diabetes ein. Er neige zur Unterzuckerung, könne jedoch Unterzuckerungsattacken von epileptischen Attacken unterscheiden. Epileptische Attacken lägen 2-5 Mal täglich vor. Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen werde eine Unterschenkelphlebothrombose links und vorzunehmender Antikoagulationstherapie bestätigt. Es sei eine Gehstrecke von lediglich 100 m möglich. Er könne ohne Begleitung die Wohnung nicht verlassen und kein Fahrzeug führen. Er sei damit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr leistungsfähig, weshalb im Rente zu bewilligen sei. Der Kläger legte medizinische Unterlagen vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2015 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers wegen Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 30.10.2015 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Er berief sich zur Begründung auf sein Widerspruchsvorbringen. Die Beklagte habe im Widerspruchsverfahren keine weiteren Ermittlungen vorgenommen. Er stimme der Bewertung seines Restleistungsvermögens durch die Beklagte weder in qualitativer noch in quantitativer Hinsicht zu. Die Einholung gerichtlicher Gutachten werde beantragt.
Das SG hörte behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen an. Der Facharzt für Anästhesiologie Dr. H. teilte in seiner Aussage vom 09.03.2016 - unter Vorlage ärztlicher Befundberichte - die Diagnosen sowie den Behandlungsverlauf (einmalig am 02.10.2014) mit. Die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers könne aus seiner Sicht nicht beurteilt werden. Der Neurologe und Psychiater Dr. M. teilte in seiner Aussage vom 09.03.2016 den Behandlungsverlauf mit. Der Kläger leide an einer Epilepsie mit generalisierten zentralen Krampfanfällen, aber wohl auch unter funktionellen Anfällen bei immer wieder auftretenden Panikattacken. Eine Leistungsfähigkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe aufgrund der Erkrankung nicht, zumal ein chronisches Schmerzsyndrom mit Morphineinnahme bekannt sei. Der Orthopäde Dr. S. teilte in seiner Aussage vom 08.03.2016 - unter Vorlage medizinischer Befundberichte - den Behandlungsverlauf, die Befunde und Diagnosen mit. Der Kläger könne eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei Beachtung qualitativer Einschränkungen noch 6 Stunden täglich verrichten.
Die Beklagte trat unter Vorlage der sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. P. vom 03.05.2016 der Klage entgegen.
Die Klage wurde durch das SG in der nichtöffentlichen Sitzung am 30.06.2016 mit den Beteiligten erörtert. Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift vom 30.06.2016 Bezug genommen.
Anschließend holte das SG die ergänzende schriftliche sachverständige Zeugenaussage des Dr. M. vom 12.07.2016 ein. Darin teilte Dr. M. insbesondere mit, seit dem Krampfanfall im Mai 2012 komme es immer wieder zu Anfallsereignissen, die seines Erachtens allerdings funktionell seien, auch mit Panikattacken. Sichere erneute zerebrale Krampfanfälle seien unter antikonvulsiver Behandlung nicht aufgetreten. EEG-Veränderungen hätten keine typischen Krampfpotenziale ergeben. Eine stationäre Abklärung sei nicht diagnosesichernd.
Die Beteiligten äußerten sich ergänzend (Kläger Schriftsätze vom 20.09.2016 und 05.12.2016, Beklagte Schriftsatz vom 14.09.2016 unter Vorlage der sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. P. vom 02.09.2016).
Mit Gerichtsbescheid vom 23.12.2016 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, der Kläger seit dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen und demnach auf den allgemeinen Arbeitsmarkt breit verweisbar. Der Kläger sei noch in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Gefährdung seiner Gesundheit mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Der Kläger leide an verschiedenen Krankheiten, die zu erheblichen qualitativen Einschränkungen führten. Hieraus resultiere aber keine quantitative Einschränkung, die zu einer Rente berechtige. Auf orthopädischem Gebiet resultierten aus den Wirbelsäulenerkrankungen und dem Impingementsyndrom der rechten Schulter Einschränkungen für die Erwerbsfähigkeit des Klägers. Diese Einschränkungen stünden nach der Leistungsbewertung durch Dr. G. und Dr. S. einer zumindest leichten körperlichen Tätigkeit 6 Stunden täglich ohne häufiges Heben und Tragen von schweren Lasten, ohne häufige Überkopfarbeiten mit dem rechten Arm nicht entgegen. Daran änderten die vom Kläger zuletzt geltend gemachten Verschleißerscheinungen der Hüftgelenke und Sprunggelenke, ein chronisches Schmerzsyndrom, eine Hyperurikämie, Übergewicht, Diabetes mellitus und ein Z.n. Unterschenkelthrombose nichts. Das Gericht sehe nicht, wie sich eine Erwerbsfähigkeit von unter 6 Stunden täglich begründen ließe. Dies gelte auch für die Leiden des Klägers auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet. Auf diesem Gebiet habe sich keine zur Erwerbsminderung führende Erkrankung nachweisen lassen. Die nicht Beweisbarkeit gehe zu Lasten des Klägers. Allein aufgrund einer Verdachtsdiagnose könne das Vorliegen der Krankheit nicht festgestellt werden. Die Wegefähigkeit des Klägers sei gegeben.
Gegen den dem Kläger am 29.12.2016 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger am 11.01.2017 eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung ausgeführt, nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des Dr. M. sei er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr leistungsfähig. Über die Leistungsbeurteilung des kompetenden Facharztes hätte sich das SG nicht hinwegsetzen dürfen. Das SG hätte sich gedrängt fühlen müssen, von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten einzuholen. Auch seine Tochter schildere, dass er sich nicht traue, alleine aus dem Haus zu gehen und dass seine Tochter für den Fall, dass er arbeite, ihn zur Arbeit begleiten müsse. Der Kläger legte den Arztbrief des Dr. M. vom 20.12.2016 vor.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23.12.2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.10.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen.
Der Senat hat von Amts wegen das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. S. vom 20.11.2017 eingeholt. Dr. S. diagnostizierte in seinem Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet anamnestisch einen Verdacht auf generalisierten Krampfanfall am 24.05.2012, fand keinen sicheren Anhalt für ein epileptisches Anfallsleiden, beschrieb Beschwerdeaggravation bei Rentenbegehren und diagnostizierte sonst einen medikamentös behandelten Diabetes mellitus Typ II, einen medikamentös behandelnden Bluthochdruck, ein medikamentös behandeltes Asthma bronchiale/COPD, eine medikamentös behandelte Störung des Harnsäurestoffwechsels, ein Krampfaderleiden, anamnestisch frühere Beinvenenthrombose links, sowie Beschwerden des Stütz- und Bewegungsapparates ohne objektivierbares neurologisches Defizit. Dr. S. gelangte zu der Bewertung, dem Kläger seien leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit täglich 6 Stunden und mehr in einer Fünf-Tage-Woche mit der Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung, ohne häufiges Bücken oder Treppensteigen, zu ebener Erde, ohne Nachtarbeiten und ohne inhalative Belastungen möglich. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Dr. S. hat seinem Gutachten vom Kläger zur Untersuchung mitgebrachte medizinische Unterlagen beigefügt (Berichte der S. Kliniken vom 13.07.2017 über eine stationäre Behandlung vom 04.07.2017 bis 13.07.2017 und vom 07.11.2017 über eine stationäre Behandlung vom 30.10.2017 bis 06.11.2017).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 25.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger voll oder teilweise erwerbsgemindert ist, weshalb ihm ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nicht zusteht. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und (Nr. 3) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann und er damit nach dem Wortlaut des § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI ohne Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage an sich nur teilweise erwerbsgemindert ist (sog abstrakte Betrachtungsweise), ihm aber der Teilzeitarbeitsmarkt tatsächlich verschlossen ist (sog konkrete Betrachtungsweise).
Der Eintritt einer rentenberechtigenden Leistungsminderung muss im Wege des Vollbeweises festgestellt sein, vernünftige Zweifel am Bestehen der Einschränkungen dürfen nicht bestehen. Gemessen daran vermag der Senat nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass bei der Klägerin eine rentenrechtlich relevante qualitative oder eine quantitative Minderung des Leistungsvermögens auf weniger als 6 Stunden arbeitstäglich vorliegt.
In Ansehung dieser Maßstäbe liegt beim Kläger weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Zur Überzeugung des Senats steht vielmehr fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Auf nervenärztlichem Gebiet ist das Leistungsvermögen des Klägers nicht quantitativ auf unter sechs Stunden täglich herabgesetzt. Nach dem vom Senat eingeholten Gutachten des Dr. S. vom 20.11.2017 ergibt sich beim Kläger kein Anhalt für eine Erkrankung auf dem psychiatrischen Fachgebiet etwa im Sinne einer affektiven Störung. Vielmehr liegt eine Beschwerdeaggravation bei Rentenbegehren vor. So weist der Kläger nach den Beschreibungen im Gutachten von Dr. S. eine ausreichende geistige Flexibilität auf. Kognitive Defizite relevanten Ausmaßes liegen nicht vor. Es zeigt sich keine Antriebsminderung oder psychomotorische Hemmung. Eine soziale Phobie liegt nicht vor. Es besteht keine soziale Desintegration. Der Kläger besitzt die erforderliche Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, um sich innerhalb von 3 Monaten in eine neue Berufstätigkeit einarbeiten zu können. Einschränkungen der Handlungsfähigkeit liegen nicht vor. Die Urteilskraft und die Kritik- und Einsichtsfähigkeit zur eigenen Person und zum sozialen Umfeld sind nicht eingeschränkt. Für die Annahme einer Einschränkung des Durchhaltevermögens bei Berücksichtigung der Einschränkungen im qualitativen Leistungsbild gibt es keinen Grund. Die kognitiven Funktionen sind nicht leistungsrelevant eingeschränkt. Einschränkungen der Psychomotorik bestehen nicht. Der Kläger ist bei zumutbarer Willensanstrengung in der Lage, seinen Tagesablauf angemessen bzw. den Anforderungen entsprechend zu strukturieren. Es bestehen keine Einschränkungen des Zeitmanagements. Auch liegen keine nachvollziehbaren, bzw. hinreichend objektivierbaren relevanten Störungen der sozialen Kompetenzen und der Alltagskompetenzen vor. Eine weitgehende, objektivierbare bzw. ausreichend begründbare Einschränkung der Fähigkeit zur Teilhabe an den Aktivitäten des täglichen Lebens, beispielsweise im Bereich der Mobilität, Selbstversorgung liegt beim Kläger nicht vor. Eine organisch bedingte vermehrte Erschöpfbarkeit besteht nicht. Eine auffallende Erschöpfbarkeit war in der Gutachtenssituation nicht erkennbar. Eine relevante Störung der (Fein-)Motorik der Hände/Finger besteht nicht. Ein Anhalt für eine Erkrankung des psychiatrischen Fachgebietes hat Dr. S. beim Kläger nicht feststellen können. Auch auf neurologischem Fachgebiet hat beim Kläger nach den Beschreibungen im Gutachten von Dr. S. eine Funktionsbeeinträchtigung nicht objektiviert werden können. Eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens wegen psychischer oder neurologischer Leiden des Klägers auf unter 6 Stunden täglich kann nach diesen Befunden nicht festgestellt werden. Hiervon geht auch Dr. S. in seinem Gutachten nachvollziehbar und überzeugend aus.
Ein Anfallsleiden (Epilepsie) des Klägers kann zur Überzeugung des Senates nicht festgestellt werden. Zwar ist es beim Kläger (möglicherweise) im Jahr 2012 zu einem epileptischen Anfall gekommen. Die Diagnose einer Epilepsie ist beim Kläger jedoch nicht gesichert, wie Dr. G. in dem von der Beklagten eingeholten Gutachten vom 11.03.2015 mit überzeugenden Gründen dargelegt hat, und wovon auch Dr. S. in seinem Gutachten überzeugend ausgeht. Nach dem Gutachten von Dr. S. konnten beim Kläger keine epilepsietypischen Potenziale identifiziert werden. Auch Dr. M. hat in seiner ergänzenden schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 12.07.2016 die Diagnose einer Epilepsie als nicht sicher bestätigt, sondern von funktionellen Anfällen gesprochen, nachdem auch EEG-Veränderungen keine typischen Krampfpotenziale ergeben haben. Eine stationäre Abklärung der Diagnose einer Epilepsie in einer Spezialklinik ist seines Erachtens nicht weiter diagnosesichernd. Dem entspricht auch die Bewertung im Reha-Entlassungsbericht der Rehaklinik K. vom 11.02.2014. Dass beim Kläger ein rentenrechtlich relevantes sonstiges Anfallsleiden (funktionelle Anfälle) vorliegt, wovon Dr. M. ausgeht, kann nicht festgestellt werden. Nach den Beschreibungen von Dr. S. in seinem Gutachten würde beim Kläger (laut Angaben der Ehefrau) fast jeden Tag ein epileptischer Anfall auftreten, nach dem Widerspruchsvorbringen des Klägers sogar 2-5 Anfälle täglich. Dass beim Kläger ein solches Anfallsleiden tatsächlich vorliegt, ist für den Senat nicht glaubhaft. In den vom Kläger bei der Begutachtung durch Dr. S. vorgelegten medizinischen Unterlagen der S. Kliniken vom 13.07.2017 bzw. 07.11.2017 über mehrtägige stationäre Behandlungen des Klägers werden Anfälle des Klägers nicht beschrieben. Entsprechendes gilt auch hinsichtlich des Reha-Entlassungsberichtes der Reha-Klinik K. vom 11.02.2014, in dem beschrieben wird, dass - unter medikamentöser Therapie - im Rahmen des Heilverfahrens vom 17.12.2013 bis 05.01.2014 sich keine Hinweise auf eine vermehrte Anfallsbereitschaft ergeben haben, wobei ein Anfall des Klägers auch nicht beschrieben wird, was dagegen spricht, dass beim Kläger tatsächlich (gehäuft) Anfälle auftreten. Dass Anfälle des Klägers durch die S. Kliniken bzw. die Reha-Klinik K. im Rahmen der stationären Behandlung des Klägers unbeobachtet und deshalb in den Berichten unerwähnt geblieben sind, ist fernliegend.
Auch aufgrund der vom Kläger zur Untersuchung bei Dr. S. vorgelegten Berichte der S. Kliniken kann eine rentenrechtlich relevante Leistungsminderung des Klägers nicht festgestellt werden, wie Dr. S. in seinem Gutachten nachvollziehbar und überzeugend dargelegt hat. Dass es beim Kläger durch die stationäre Behandlung vom 04.07.2017 bis 13.07.2017 im S. Klinikum P. zu keiner Besserung gekommen ist, erklärt sich nach den überzeugenden Darlegungen von Dr. S. durch das beim Kläger bestehende ausgeprägte Rentenbegehren. Die stationäre Behandlung des Klägers vom 30.10.2017 bis 06.11.2017 im Klinikum P. erfolgte wegen einer exacerbierten COPD, wobei nach dem Bericht vom 07.11.2017 durch die erfolgte Behandlung eine deutliche Besserung der Beschwerden erzielt wurde.
Sonstige Gesundheitsstörungen, die das Leistungsvermögen des Klägers auf unter 6 Stunden täglich herabsetzen, liegen beim Kläger insbesondere auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet nicht vor, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend begründet hat (Seite 9 Abs. 2). Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen zur Begründung seiner eigenen Entscheidungen auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Einwendungen hiergegen hat der Kläger im Übrigen im Berufungsverfahren nicht erhoben.
Unabhängig davon war beim Kläger nach den Ausführungen von Dr. S. im Gutachten eine ausreichende Kooperation bei der (neurologischen) Untersuchung nicht gegeben. Es ergaben sich mehrfach deutliche Hinweise für eine Aggravation bzw. Simulation. So ließ sich der Kläger bei der Prüfung des Fingerkuppen-Boden-Abstandes bei nur marginaler Vorbeugung nach vorne auf den Boden fallen. Bewegungsmuster waren teilweise eindeutig nicht mit Erkrankungen vereinbar, wie z.B. die bei Prüfung des Gangbildes demonstrierte Einschränkung nicht mit einer neurogenen Gangstörung zu erklären war. Es zeigten sich auch Inkonsistenzen bei mehrfacher Wiederholung von bestimmten Bewegungen wie bei der Prüfung des Finger-Nase-Versuchs. Auch wirkten sie zeitweilig eindeutig bizarr, so der demonstrierte Seiltänzergang. Auch nach den Ausführungen im Reha-Entlassungsberichten des S. Gesundheitszentrums Bad W. vom 19.05.2011 über eine stationäre Maßnahme vom 27.04.2011 bis 18.05.2011 fielen bei der Untersuchung des Klägers erhebliche Verdeutlichungstendenzen bzw. Symptomausweitung auf, weshalb objektivierbare Befunde schwer zu erheben waren. Es ergaben sich zwischen den subjektiven Angaben des Klägers und den Befunden auffällige Widersprüche. Nach dem Reha-Entlassungsbericht der Rehaklinik K. vom 11.02.2011 bestanden auch hinsichtlich der stationären Maßnahme vom 17.12.2013 bis 05.01.2014 beim Kläger deutliche Aggravationstendenzen und Hinweise für Demonstration. Eine Inkonsistenz der Beschwerdeangaben war auffällig. Auch bei der Begutachtung durch Dr. G. zeigten sich nach den Beschreibungen im Gutachten vom 11.03.2015 während der Untersuchung des Haltungs- und Bewegungsapparats des Klägers Verdeutlichungs- und Aggravationstendenzen bzw. inadäquate Schmerzäußerungen, weshalb auch hier Aggravation anzunehmen ist, wie Dr. G. in seinem Gutachten ausgeführt hat. Durch die über einen längeren Zeitraum wiederholt dokumentierte Aggravation und Simulation des Klägers wird die Beurteilbarkeit tatsächlich vorhandener Funktionsbeeinträchtigungen bedeutsam eingeschränkt und die Authentizität der anamnestischen Angaben des Klägers in Frage gestellt, worauf auch Dr. S. in seinem Gutachten hinweist. Da das Ausmaß der Aggravation (Simulation) durch den Kläger nicht abgrenzbar messbar ist, bleibt letztendlich offen, in welchem Ausmaß der Kläger tatsächlich konkret beeinträchtigt ist (vgl. auch LSG Bad.-Württ., Urt. vom 19.06.2008 - L 6 R 3419/07 -). Der Senat sieht sich deshalb nicht gedrängt, von Amts wegen den medizinischen Sachverhalt durch Einholung eines (insbesondere orthopädischen) Gutachtens weiter aufzuklären.
Ein Rentenanspruch ergibt sich auch nicht ausnahmsweise daraus, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts wegen eines nur eine Teilzeit erlaubenden Erwerbsvermögens oder wegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung keine Tätigkeit finden kann (vgl. dazu nur BSG (GS), Urt. v. 19.12.1996 - GS 2/95, BSGE 80, S. 24 ff. -; Urt. v. 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R -, Breith. 2005, S. 309 ff; Bay. LSG, Urt. v. 14.05.2009 - L 14 R 377/08 -, juris, alle m. w. N.). Ein Summationseffekt der Beschwerden bedingt durch Leiden verschiedener Fachgebiete untereinander in einem Ausmaß, dass das zeitliche Leistungsvermögen des Klägers auf unter 6 Stunden täglich eingeschränkt wäre, ist beim Kläger nicht festzustellen, wie auch Dr. S. in seinem Gutachten überzeugend dargelegt hat. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit dabei insbesondere auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die dem Versicherten dies nicht erlaubt, stellt eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz eines vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist (BSG GS 19.12.1996 - GS 2/95 - juris). Eine Erwerbsminderung setzt danach grundsätzlich voraus, dass ein Versicherter nicht vier Mal am Tag Wegstrecken von über 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und ferner zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Entsprechende Einschränkungen sind beim Kläger nicht festzustellen. Dies hat Dr. S. in seinem Gutachten nachvollziehbar und überzeugend dargestellt. Hiervon gehen auch die sachverständige Zeugen Dr. M. und Dr. S. aus.
Mit dem vom Senat festgestellten quantitativen und qualitativen Leistungsvermögen hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 und 2 SGB VI), da die medizinischen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind. Bestehende Einschränkungen des Leistungsvermögens des Klägers kann durch die Berücksichtigung des qualitativen Leistungsbildes (Tätigkeiten mit der Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung, ohne häufiges Bücken oder Treppensteigen, ohne häufiges Heben und Tragen von schweren Lasten, zu ebener Erde, ohne häufige Überkopfarbeiten mit dem rechten Arm, ohne Nachtarbeiten und ohne inhalative Belastungen sowie ohne besonderen Zeitdruck und ohne Absturzgefahr), wie Dr. G. im Gutachten vom 11.03.2015 sowie Dr. S. im Gutachten vom 20.11.2017 nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt haben, dem der Senat folgt. Auch im den Reha-Entlassungsberichten des S. Gesundheitszentrums Bad W. vom 19.05.2011 sowie der Rehaklinik K. vom 11.02.2014 wird das Leistungsvermögen des Klägers auf täglich 6 Stunden und mehr eingestuft. Der abweichenden Bewertung des Leistungsvermögens durch den sachverständigen Zeugen Dr. M. kann nicht gefolgt werden. Dr. M. stützt seine Bewertung auf ein Anfallsleiden mit Panikattacken des Klägers, die für den Senat nach dem oben Ausgeführten nicht hinreichend belegt sind.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Berufsschutz steht dem Kläger nicht zu, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend begründet hat. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung auch insoweit zum selben Ergebnis und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen zur Begründung seiner eigenen Entscheidungen auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Einwendungen hiergegen hat der Kläger im Übrigen im Berufungsverfahren nicht erhoben.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinisch festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für Beurteilung des quantitativen und qualitativen Leistungsvermögens.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung zusteht.
Der 1957 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und stammt aus Pakistan. Eine Berufsausbildung absolvierte der Kläger nicht. Er war nach seiner Übersiedlung in das Bundesgebiet - unterbrochen von Zeiten der Arbeitslosigkeit - bis 2004 als ungelernter Fabrikarbeiter, anschließend als selbstständiger Bekleidungshändler und zuletzt als Paketsortierer beim Deutschen Paketdienst tätig. Seit 02.11.2010 bestand Arbeitsunfähigkeit. Beim Kläger wurde vom Landratsamt H. der Grad der Behinderung mit 50 seit 06.08.2014 festgestellt (Bescheid vom 14.10.2014). Seit 01.02.2011 bezieht der Kläger Leistungen nach dem SGB II.
Am 28.01.2015 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte holte medizinische Befundunterlagen ein (insbesondere Reha-Entlassungsbericht S. Gesundheitszentrum Bad W. vom 19.05.2011, Berichte S. -Kliniken H. vom 24.05.2012 und 29.06.2012, Dr. M. vom 02.08.2012, 23.09.2013, 18.03.2014, 17.09.2014 und 10.12.2014, Dr. St. vom 17.12.2014, Praxisklinik für Gefäßerkrankungen H. vom 06.02.2015, Reha-Entlassungsbericht Rehaklinik K. vom 11.02.2014). Außerdem holte die Beklagte das Gutachten des Arztes für Sozialmedizin Dr. G. vom 11.03.2015 ein. Dr. G. diagnostizierte den Verdacht auf symptomatische Epilepsie bei einem einmaligen generalisierten Krampfanfall am 19.05.2012 und weiterhin nur anamnestisch bekannten nächtlichen Anfällen, einen Diabetes mellitus Typ 2, diätetisch und medikamentös behandelt sowie Verdacht auf rezidivierende Hypoglykämien, ein degeneratives LWS-Syndrom mit muskulärer Dysbalance ohne Nervenwurzelreizerscheinungen, eine somatoforme Schmerzstörung mit Aggravationstendenzen, ein Impingementsyndrom der rechten Schulter mit Belastungseinschränkung, einen medikamentös behandelten Bluthochdruck, ein medikamentös behandeltes leichtgradiges Asthma bronchiale sowie Übergewicht bei metabolischem Syndrom. Während der ganzen Untersuchung zeige der Kläger deutliche Somatisierungs- und Aggravationstendenzen. Dr. G. erachtete den Kläger hinsichtlich der Tätigkeit als selbstständiger Bekleidungshändler sowie für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen für jeweils 6 Stunden und mehr leistungsfähig. Möglich seien Tätigkeiten ohne häufiges Heben und Tragen von schweren Lasten, ohne häufige Überkopfarbeiten mit dem rechten Arm, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Absturzgefahr.
Mit Bescheid vom 25.03.2015 entsprach die Beklagte dem Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht, weil die medizinischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.
Hiergegen legte der Kläger am 21.04.2015 Widerspruch ein. Er machte zur Begründung geltend, nach seiner Auffassung sei sein Leistungsvermögen unter 3 Stunden täglich herabgesunken. Soweit ausgeführt werde, er aggraviere, träfe dies nicht zu. Die behandelnden Ärzte hielten sowohl das Anfallsleiden als auch die Schmerzmedikation für glaubhaft. Er nehme Tabletten zur Blutdruckeinstellung und zur Behandlung eines Diabetes ein. Er neige zur Unterzuckerung, könne jedoch Unterzuckerungsattacken von epileptischen Attacken unterscheiden. Epileptische Attacken lägen 2-5 Mal täglich vor. Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen werde eine Unterschenkelphlebothrombose links und vorzunehmender Antikoagulationstherapie bestätigt. Es sei eine Gehstrecke von lediglich 100 m möglich. Er könne ohne Begleitung die Wohnung nicht verlassen und kein Fahrzeug führen. Er sei damit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr leistungsfähig, weshalb im Rente zu bewilligen sei. Der Kläger legte medizinische Unterlagen vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2015 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers wegen Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 30.10.2015 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Er berief sich zur Begründung auf sein Widerspruchsvorbringen. Die Beklagte habe im Widerspruchsverfahren keine weiteren Ermittlungen vorgenommen. Er stimme der Bewertung seines Restleistungsvermögens durch die Beklagte weder in qualitativer noch in quantitativer Hinsicht zu. Die Einholung gerichtlicher Gutachten werde beantragt.
Das SG hörte behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen an. Der Facharzt für Anästhesiologie Dr. H. teilte in seiner Aussage vom 09.03.2016 - unter Vorlage ärztlicher Befundberichte - die Diagnosen sowie den Behandlungsverlauf (einmalig am 02.10.2014) mit. Die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers könne aus seiner Sicht nicht beurteilt werden. Der Neurologe und Psychiater Dr. M. teilte in seiner Aussage vom 09.03.2016 den Behandlungsverlauf mit. Der Kläger leide an einer Epilepsie mit generalisierten zentralen Krampfanfällen, aber wohl auch unter funktionellen Anfällen bei immer wieder auftretenden Panikattacken. Eine Leistungsfähigkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe aufgrund der Erkrankung nicht, zumal ein chronisches Schmerzsyndrom mit Morphineinnahme bekannt sei. Der Orthopäde Dr. S. teilte in seiner Aussage vom 08.03.2016 - unter Vorlage medizinischer Befundberichte - den Behandlungsverlauf, die Befunde und Diagnosen mit. Der Kläger könne eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei Beachtung qualitativer Einschränkungen noch 6 Stunden täglich verrichten.
Die Beklagte trat unter Vorlage der sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. P. vom 03.05.2016 der Klage entgegen.
Die Klage wurde durch das SG in der nichtöffentlichen Sitzung am 30.06.2016 mit den Beteiligten erörtert. Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift vom 30.06.2016 Bezug genommen.
Anschließend holte das SG die ergänzende schriftliche sachverständige Zeugenaussage des Dr. M. vom 12.07.2016 ein. Darin teilte Dr. M. insbesondere mit, seit dem Krampfanfall im Mai 2012 komme es immer wieder zu Anfallsereignissen, die seines Erachtens allerdings funktionell seien, auch mit Panikattacken. Sichere erneute zerebrale Krampfanfälle seien unter antikonvulsiver Behandlung nicht aufgetreten. EEG-Veränderungen hätten keine typischen Krampfpotenziale ergeben. Eine stationäre Abklärung sei nicht diagnosesichernd.
Die Beteiligten äußerten sich ergänzend (Kläger Schriftsätze vom 20.09.2016 und 05.12.2016, Beklagte Schriftsatz vom 14.09.2016 unter Vorlage der sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. P. vom 02.09.2016).
Mit Gerichtsbescheid vom 23.12.2016 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, der Kläger seit dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen und demnach auf den allgemeinen Arbeitsmarkt breit verweisbar. Der Kläger sei noch in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Gefährdung seiner Gesundheit mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Der Kläger leide an verschiedenen Krankheiten, die zu erheblichen qualitativen Einschränkungen führten. Hieraus resultiere aber keine quantitative Einschränkung, die zu einer Rente berechtige. Auf orthopädischem Gebiet resultierten aus den Wirbelsäulenerkrankungen und dem Impingementsyndrom der rechten Schulter Einschränkungen für die Erwerbsfähigkeit des Klägers. Diese Einschränkungen stünden nach der Leistungsbewertung durch Dr. G. und Dr. S. einer zumindest leichten körperlichen Tätigkeit 6 Stunden täglich ohne häufiges Heben und Tragen von schweren Lasten, ohne häufige Überkopfarbeiten mit dem rechten Arm nicht entgegen. Daran änderten die vom Kläger zuletzt geltend gemachten Verschleißerscheinungen der Hüftgelenke und Sprunggelenke, ein chronisches Schmerzsyndrom, eine Hyperurikämie, Übergewicht, Diabetes mellitus und ein Z.n. Unterschenkelthrombose nichts. Das Gericht sehe nicht, wie sich eine Erwerbsfähigkeit von unter 6 Stunden täglich begründen ließe. Dies gelte auch für die Leiden des Klägers auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet. Auf diesem Gebiet habe sich keine zur Erwerbsminderung führende Erkrankung nachweisen lassen. Die nicht Beweisbarkeit gehe zu Lasten des Klägers. Allein aufgrund einer Verdachtsdiagnose könne das Vorliegen der Krankheit nicht festgestellt werden. Die Wegefähigkeit des Klägers sei gegeben.
Gegen den dem Kläger am 29.12.2016 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger am 11.01.2017 eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung ausgeführt, nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des Dr. M. sei er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr leistungsfähig. Über die Leistungsbeurteilung des kompetenden Facharztes hätte sich das SG nicht hinwegsetzen dürfen. Das SG hätte sich gedrängt fühlen müssen, von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten einzuholen. Auch seine Tochter schildere, dass er sich nicht traue, alleine aus dem Haus zu gehen und dass seine Tochter für den Fall, dass er arbeite, ihn zur Arbeit begleiten müsse. Der Kläger legte den Arztbrief des Dr. M. vom 20.12.2016 vor.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23.12.2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.10.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen.
Der Senat hat von Amts wegen das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. S. vom 20.11.2017 eingeholt. Dr. S. diagnostizierte in seinem Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet anamnestisch einen Verdacht auf generalisierten Krampfanfall am 24.05.2012, fand keinen sicheren Anhalt für ein epileptisches Anfallsleiden, beschrieb Beschwerdeaggravation bei Rentenbegehren und diagnostizierte sonst einen medikamentös behandelten Diabetes mellitus Typ II, einen medikamentös behandelnden Bluthochdruck, ein medikamentös behandeltes Asthma bronchiale/COPD, eine medikamentös behandelte Störung des Harnsäurestoffwechsels, ein Krampfaderleiden, anamnestisch frühere Beinvenenthrombose links, sowie Beschwerden des Stütz- und Bewegungsapparates ohne objektivierbares neurologisches Defizit. Dr. S. gelangte zu der Bewertung, dem Kläger seien leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit täglich 6 Stunden und mehr in einer Fünf-Tage-Woche mit der Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung, ohne häufiges Bücken oder Treppensteigen, zu ebener Erde, ohne Nachtarbeiten und ohne inhalative Belastungen möglich. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Dr. S. hat seinem Gutachten vom Kläger zur Untersuchung mitgebrachte medizinische Unterlagen beigefügt (Berichte der S. Kliniken vom 13.07.2017 über eine stationäre Behandlung vom 04.07.2017 bis 13.07.2017 und vom 07.11.2017 über eine stationäre Behandlung vom 30.10.2017 bis 06.11.2017).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 25.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger voll oder teilweise erwerbsgemindert ist, weshalb ihm ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nicht zusteht. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und (Nr. 3) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann und er damit nach dem Wortlaut des § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI ohne Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage an sich nur teilweise erwerbsgemindert ist (sog abstrakte Betrachtungsweise), ihm aber der Teilzeitarbeitsmarkt tatsächlich verschlossen ist (sog konkrete Betrachtungsweise).
Der Eintritt einer rentenberechtigenden Leistungsminderung muss im Wege des Vollbeweises festgestellt sein, vernünftige Zweifel am Bestehen der Einschränkungen dürfen nicht bestehen. Gemessen daran vermag der Senat nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass bei der Klägerin eine rentenrechtlich relevante qualitative oder eine quantitative Minderung des Leistungsvermögens auf weniger als 6 Stunden arbeitstäglich vorliegt.
In Ansehung dieser Maßstäbe liegt beim Kläger weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Zur Überzeugung des Senats steht vielmehr fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Auf nervenärztlichem Gebiet ist das Leistungsvermögen des Klägers nicht quantitativ auf unter sechs Stunden täglich herabgesetzt. Nach dem vom Senat eingeholten Gutachten des Dr. S. vom 20.11.2017 ergibt sich beim Kläger kein Anhalt für eine Erkrankung auf dem psychiatrischen Fachgebiet etwa im Sinne einer affektiven Störung. Vielmehr liegt eine Beschwerdeaggravation bei Rentenbegehren vor. So weist der Kläger nach den Beschreibungen im Gutachten von Dr. S. eine ausreichende geistige Flexibilität auf. Kognitive Defizite relevanten Ausmaßes liegen nicht vor. Es zeigt sich keine Antriebsminderung oder psychomotorische Hemmung. Eine soziale Phobie liegt nicht vor. Es besteht keine soziale Desintegration. Der Kläger besitzt die erforderliche Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, um sich innerhalb von 3 Monaten in eine neue Berufstätigkeit einarbeiten zu können. Einschränkungen der Handlungsfähigkeit liegen nicht vor. Die Urteilskraft und die Kritik- und Einsichtsfähigkeit zur eigenen Person und zum sozialen Umfeld sind nicht eingeschränkt. Für die Annahme einer Einschränkung des Durchhaltevermögens bei Berücksichtigung der Einschränkungen im qualitativen Leistungsbild gibt es keinen Grund. Die kognitiven Funktionen sind nicht leistungsrelevant eingeschränkt. Einschränkungen der Psychomotorik bestehen nicht. Der Kläger ist bei zumutbarer Willensanstrengung in der Lage, seinen Tagesablauf angemessen bzw. den Anforderungen entsprechend zu strukturieren. Es bestehen keine Einschränkungen des Zeitmanagements. Auch liegen keine nachvollziehbaren, bzw. hinreichend objektivierbaren relevanten Störungen der sozialen Kompetenzen und der Alltagskompetenzen vor. Eine weitgehende, objektivierbare bzw. ausreichend begründbare Einschränkung der Fähigkeit zur Teilhabe an den Aktivitäten des täglichen Lebens, beispielsweise im Bereich der Mobilität, Selbstversorgung liegt beim Kläger nicht vor. Eine organisch bedingte vermehrte Erschöpfbarkeit besteht nicht. Eine auffallende Erschöpfbarkeit war in der Gutachtenssituation nicht erkennbar. Eine relevante Störung der (Fein-)Motorik der Hände/Finger besteht nicht. Ein Anhalt für eine Erkrankung des psychiatrischen Fachgebietes hat Dr. S. beim Kläger nicht feststellen können. Auch auf neurologischem Fachgebiet hat beim Kläger nach den Beschreibungen im Gutachten von Dr. S. eine Funktionsbeeinträchtigung nicht objektiviert werden können. Eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens wegen psychischer oder neurologischer Leiden des Klägers auf unter 6 Stunden täglich kann nach diesen Befunden nicht festgestellt werden. Hiervon geht auch Dr. S. in seinem Gutachten nachvollziehbar und überzeugend aus.
Ein Anfallsleiden (Epilepsie) des Klägers kann zur Überzeugung des Senates nicht festgestellt werden. Zwar ist es beim Kläger (möglicherweise) im Jahr 2012 zu einem epileptischen Anfall gekommen. Die Diagnose einer Epilepsie ist beim Kläger jedoch nicht gesichert, wie Dr. G. in dem von der Beklagten eingeholten Gutachten vom 11.03.2015 mit überzeugenden Gründen dargelegt hat, und wovon auch Dr. S. in seinem Gutachten überzeugend ausgeht. Nach dem Gutachten von Dr. S. konnten beim Kläger keine epilepsietypischen Potenziale identifiziert werden. Auch Dr. M. hat in seiner ergänzenden schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 12.07.2016 die Diagnose einer Epilepsie als nicht sicher bestätigt, sondern von funktionellen Anfällen gesprochen, nachdem auch EEG-Veränderungen keine typischen Krampfpotenziale ergeben haben. Eine stationäre Abklärung der Diagnose einer Epilepsie in einer Spezialklinik ist seines Erachtens nicht weiter diagnosesichernd. Dem entspricht auch die Bewertung im Reha-Entlassungsbericht der Rehaklinik K. vom 11.02.2014. Dass beim Kläger ein rentenrechtlich relevantes sonstiges Anfallsleiden (funktionelle Anfälle) vorliegt, wovon Dr. M. ausgeht, kann nicht festgestellt werden. Nach den Beschreibungen von Dr. S. in seinem Gutachten würde beim Kläger (laut Angaben der Ehefrau) fast jeden Tag ein epileptischer Anfall auftreten, nach dem Widerspruchsvorbringen des Klägers sogar 2-5 Anfälle täglich. Dass beim Kläger ein solches Anfallsleiden tatsächlich vorliegt, ist für den Senat nicht glaubhaft. In den vom Kläger bei der Begutachtung durch Dr. S. vorgelegten medizinischen Unterlagen der S. Kliniken vom 13.07.2017 bzw. 07.11.2017 über mehrtägige stationäre Behandlungen des Klägers werden Anfälle des Klägers nicht beschrieben. Entsprechendes gilt auch hinsichtlich des Reha-Entlassungsberichtes der Reha-Klinik K. vom 11.02.2014, in dem beschrieben wird, dass - unter medikamentöser Therapie - im Rahmen des Heilverfahrens vom 17.12.2013 bis 05.01.2014 sich keine Hinweise auf eine vermehrte Anfallsbereitschaft ergeben haben, wobei ein Anfall des Klägers auch nicht beschrieben wird, was dagegen spricht, dass beim Kläger tatsächlich (gehäuft) Anfälle auftreten. Dass Anfälle des Klägers durch die S. Kliniken bzw. die Reha-Klinik K. im Rahmen der stationären Behandlung des Klägers unbeobachtet und deshalb in den Berichten unerwähnt geblieben sind, ist fernliegend.
Auch aufgrund der vom Kläger zur Untersuchung bei Dr. S. vorgelegten Berichte der S. Kliniken kann eine rentenrechtlich relevante Leistungsminderung des Klägers nicht festgestellt werden, wie Dr. S. in seinem Gutachten nachvollziehbar und überzeugend dargelegt hat. Dass es beim Kläger durch die stationäre Behandlung vom 04.07.2017 bis 13.07.2017 im S. Klinikum P. zu keiner Besserung gekommen ist, erklärt sich nach den überzeugenden Darlegungen von Dr. S. durch das beim Kläger bestehende ausgeprägte Rentenbegehren. Die stationäre Behandlung des Klägers vom 30.10.2017 bis 06.11.2017 im Klinikum P. erfolgte wegen einer exacerbierten COPD, wobei nach dem Bericht vom 07.11.2017 durch die erfolgte Behandlung eine deutliche Besserung der Beschwerden erzielt wurde.
Sonstige Gesundheitsstörungen, die das Leistungsvermögen des Klägers auf unter 6 Stunden täglich herabsetzen, liegen beim Kläger insbesondere auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet nicht vor, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend begründet hat (Seite 9 Abs. 2). Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen zur Begründung seiner eigenen Entscheidungen auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Einwendungen hiergegen hat der Kläger im Übrigen im Berufungsverfahren nicht erhoben.
Unabhängig davon war beim Kläger nach den Ausführungen von Dr. S. im Gutachten eine ausreichende Kooperation bei der (neurologischen) Untersuchung nicht gegeben. Es ergaben sich mehrfach deutliche Hinweise für eine Aggravation bzw. Simulation. So ließ sich der Kläger bei der Prüfung des Fingerkuppen-Boden-Abstandes bei nur marginaler Vorbeugung nach vorne auf den Boden fallen. Bewegungsmuster waren teilweise eindeutig nicht mit Erkrankungen vereinbar, wie z.B. die bei Prüfung des Gangbildes demonstrierte Einschränkung nicht mit einer neurogenen Gangstörung zu erklären war. Es zeigten sich auch Inkonsistenzen bei mehrfacher Wiederholung von bestimmten Bewegungen wie bei der Prüfung des Finger-Nase-Versuchs. Auch wirkten sie zeitweilig eindeutig bizarr, so der demonstrierte Seiltänzergang. Auch nach den Ausführungen im Reha-Entlassungsberichten des S. Gesundheitszentrums Bad W. vom 19.05.2011 über eine stationäre Maßnahme vom 27.04.2011 bis 18.05.2011 fielen bei der Untersuchung des Klägers erhebliche Verdeutlichungstendenzen bzw. Symptomausweitung auf, weshalb objektivierbare Befunde schwer zu erheben waren. Es ergaben sich zwischen den subjektiven Angaben des Klägers und den Befunden auffällige Widersprüche. Nach dem Reha-Entlassungsbericht der Rehaklinik K. vom 11.02.2011 bestanden auch hinsichtlich der stationären Maßnahme vom 17.12.2013 bis 05.01.2014 beim Kläger deutliche Aggravationstendenzen und Hinweise für Demonstration. Eine Inkonsistenz der Beschwerdeangaben war auffällig. Auch bei der Begutachtung durch Dr. G. zeigten sich nach den Beschreibungen im Gutachten vom 11.03.2015 während der Untersuchung des Haltungs- und Bewegungsapparats des Klägers Verdeutlichungs- und Aggravationstendenzen bzw. inadäquate Schmerzäußerungen, weshalb auch hier Aggravation anzunehmen ist, wie Dr. G. in seinem Gutachten ausgeführt hat. Durch die über einen längeren Zeitraum wiederholt dokumentierte Aggravation und Simulation des Klägers wird die Beurteilbarkeit tatsächlich vorhandener Funktionsbeeinträchtigungen bedeutsam eingeschränkt und die Authentizität der anamnestischen Angaben des Klägers in Frage gestellt, worauf auch Dr. S. in seinem Gutachten hinweist. Da das Ausmaß der Aggravation (Simulation) durch den Kläger nicht abgrenzbar messbar ist, bleibt letztendlich offen, in welchem Ausmaß der Kläger tatsächlich konkret beeinträchtigt ist (vgl. auch LSG Bad.-Württ., Urt. vom 19.06.2008 - L 6 R 3419/07 -). Der Senat sieht sich deshalb nicht gedrängt, von Amts wegen den medizinischen Sachverhalt durch Einholung eines (insbesondere orthopädischen) Gutachtens weiter aufzuklären.
Ein Rentenanspruch ergibt sich auch nicht ausnahmsweise daraus, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts wegen eines nur eine Teilzeit erlaubenden Erwerbsvermögens oder wegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung keine Tätigkeit finden kann (vgl. dazu nur BSG (GS), Urt. v. 19.12.1996 - GS 2/95, BSGE 80, S. 24 ff. -; Urt. v. 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R -, Breith. 2005, S. 309 ff; Bay. LSG, Urt. v. 14.05.2009 - L 14 R 377/08 -, juris, alle m. w. N.). Ein Summationseffekt der Beschwerden bedingt durch Leiden verschiedener Fachgebiete untereinander in einem Ausmaß, dass das zeitliche Leistungsvermögen des Klägers auf unter 6 Stunden täglich eingeschränkt wäre, ist beim Kläger nicht festzustellen, wie auch Dr. S. in seinem Gutachten überzeugend dargelegt hat. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit dabei insbesondere auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die dem Versicherten dies nicht erlaubt, stellt eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz eines vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist (BSG GS 19.12.1996 - GS 2/95 - juris). Eine Erwerbsminderung setzt danach grundsätzlich voraus, dass ein Versicherter nicht vier Mal am Tag Wegstrecken von über 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und ferner zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Entsprechende Einschränkungen sind beim Kläger nicht festzustellen. Dies hat Dr. S. in seinem Gutachten nachvollziehbar und überzeugend dargestellt. Hiervon gehen auch die sachverständige Zeugen Dr. M. und Dr. S. aus.
Mit dem vom Senat festgestellten quantitativen und qualitativen Leistungsvermögen hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 und 2 SGB VI), da die medizinischen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind. Bestehende Einschränkungen des Leistungsvermögens des Klägers kann durch die Berücksichtigung des qualitativen Leistungsbildes (Tätigkeiten mit der Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung, ohne häufiges Bücken oder Treppensteigen, ohne häufiges Heben und Tragen von schweren Lasten, zu ebener Erde, ohne häufige Überkopfarbeiten mit dem rechten Arm, ohne Nachtarbeiten und ohne inhalative Belastungen sowie ohne besonderen Zeitdruck und ohne Absturzgefahr), wie Dr. G. im Gutachten vom 11.03.2015 sowie Dr. S. im Gutachten vom 20.11.2017 nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt haben, dem der Senat folgt. Auch im den Reha-Entlassungsberichten des S. Gesundheitszentrums Bad W. vom 19.05.2011 sowie der Rehaklinik K. vom 11.02.2014 wird das Leistungsvermögen des Klägers auf täglich 6 Stunden und mehr eingestuft. Der abweichenden Bewertung des Leistungsvermögens durch den sachverständigen Zeugen Dr. M. kann nicht gefolgt werden. Dr. M. stützt seine Bewertung auf ein Anfallsleiden mit Panikattacken des Klägers, die für den Senat nach dem oben Ausgeführten nicht hinreichend belegt sind.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Berufsschutz steht dem Kläger nicht zu, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend begründet hat. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung auch insoweit zum selben Ergebnis und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen zur Begründung seiner eigenen Entscheidungen auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Einwendungen hiergegen hat der Kläger im Übrigen im Berufungsverfahren nicht erhoben.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinisch festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für Beurteilung des quantitativen und qualitativen Leistungsvermögens.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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