S 8 R 414/12

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 8 R 414/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 199/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 55/17 B
Datum
Kategorie
Gerichtsbescheid
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für den Kläger als Psychotherapeutin / Praxisassistentin in der Zeit vom 1.1.2012 bis zum 30.6.2014 als abhängige Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterliegt.

Der Kläger betreibt in A-Stadt und in D-Stadt eine Gemeinschaftspraxis für Psychotherapie.

Die Beigeladene zu 1) ist Diplom-Psychiaterin. Sie war bereits im Jahre 2010 und 2011 für den Kläger als Psychotherapeutin / Praxisassistentin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig. Zum 1.1.2012 wurde diese Tätigkeit auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt. Die Tätigkeit für den Kläger erfolgte ohne eigene Niederlassung.

Im Mai 2012 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status in Bezug auf das Dienstverhältnis der Beigeladenen zu 1) für die Zeit ab dem 1.1.2012. In dem Antragsschreiben bzw. im Antragsformular gab der Kläger an, dass die Beigeladene zu 1) bereits im Jahr 2011 für ihn tätig gewesen sei. Er habe dafür Sozialversicherungsbeiträge abgeführt, weil er gedacht habe, dass dies notwendig sei. Von einem Juristen sei er informiert worden, dass dies nicht der Fall sei. Daher habe er ab dem 1.1.2012 mit der Beigeladenen zu 1) einen Vertrag über freie Mitarbeit geschlossen. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) umfasse die selbstständige Durchführung von psychotherapeutischen Behandlungen bei gesetzlich versicherten Patienten, die die Beigeladene zu 1) in eigener Regie organisiere. Feste Arbeitszeiten seien nicht vorgegeben. Eine inhaltliche Weisungsbefugnis bestehe aufgrund der Berufsordnung nicht. Die Therapie werde von der Beigeladenen zu 1) in seiner Praxis durchgeführt. Ihre Schreibarbeiten erledige die Beigeladene zu 1) in ihren eigenen Räumlichkeiten mit eigener EDV. Sie dürfe Patienten ohne Begründungspflicht ablehnen. Darüber hinaus behandle sie privat Versicherte und selbstzahlenden Patienten im Rahmen ihrer Privatpraxis. Die Höhe des Honorars der Beigeladenen zu 1) sei leistungsabhängige vereinbart, aber abhängig von den jeweiligen Gebührenordnungen. Mögliche Regresse würden direkt an die Beigeladene zu 1) weitergereicht, so dass sie ein unternehmerisches Risiko trage. In dem Antragsfragebogen wurde weiter angegeben, dass die Beigeladene zu 1) nicht für mehrere Auftraggeber tätig sei. Die Beigeladene zu 1) müsse mindestens 10 Therapiesitzungen a 50 Minuten pro Woche durchführen. Mehr sei freigestellt. Weisungen würden nicht erteilt. Es wurde beantragt festzustellen, dass eine abhängige Beschäftigung nicht vorliege.

Mit dem Statusfeststellungsantrag wurde der Vertrag des Klägers (im Vertrag bezeichnet als Praxisinhaber) mit der Klägerin (im Vertrag bezeichnet als Praxisassistentin) "über freie Mitarbeit" vorgelegt. Darin heißt es auszugsweise:

§ 1 Gegenstand und Beginn
Zwischen Dipl.-Psych. C. und Dr. A. wird eine freie Mitarbeit in der Praxis für integrative Psychotherapie und Psychosomatik ab dem 1.1.2012 vereinbart.

§ 2 Tätigkeit
Die freie Mitarbeit umfasst die eigenständige Diagnostik und psychotherapeutische Behandlung von Patienten der Praxis. Die Assistentin arbeitet selbstständig und weisungsfrei. Die Inhalte der Betreuung der Patienten orientieren sich an den Verfahrens- und Arbeitsanweisungen der Leitlinien und der Qualitätssicherungsmaßnahmen des Fachgebietes, die im Qualitätsmanagementhandbuch der Praxis niedergelegt sind. Über grundsätzliche Abweichungen in ihrem selbständigen Vorgehen informiert sie den Praxisinhaber. Die Assistentin informiert den Praxisinhaber regelmäßig und auf Wunsch über den Stand der Behandlung. ( ...) Der Praxisinhaber stellt der Assistentin einen entsprechenden Arbeitsplatz und Arbeitsmaterialien zur Verfügung. Eigene Arbeitsmaterialien und -geräte dürfen benutzt werden. Die Assistentin benutzt ein eigenes Notebook/ihren eigenen PC zur Erstellung der Psychotherapieanträge. Die schriftlichen Arbeiten erledigt sie in ihren eigenen Räumlichkeiten. Für eine bessere Erreichbarkeit nutzt sie ein eigenes (Mobil-)Telefon und trägt die entsprechenden Kosten selbst. Für bestimmte Arbeitsschritte kann sie selbst Personal auf eigene Kosten einstellen/beauftragen.

§ 3 Patientenzuteilung, Arbeitszeit, Urlaub, Krankheit
Der Praxisinhaber teilt der Assistentin Patienten zur selbständigen Behandlung zu. Die freie Arzt-/Psychotherapeutenwahl bleibt unberührt: Die Behandlungen dürfen von der Assistentin oder von den Patienten abgelehnt werden. Die Assistentin verpflichtet sich, eine durchschnittliche Wochenstundenzahl von 10 Therapieeinheiten bei 44 Arbeitswochen durchzuführen. Die Arbeitszeit ist frei einteilbar. Über geplante Urlaubszeiten wird der Praxisinhaber informiert. Verhinderungen bei Krankheit oder Unfall werden dem Praxisinhaber unverzüglich mitgeteilt. Die Terminabsage und -neuvereinbarung ihrer betreuten Patienten liegt in der Verantwortung der Assistentin.

§ 4 Honorar, Kostenbeteiligung, andere Auftraggeber
Die Honorarhöhe richtet sich nach den erbrachten Leistungen, dem geltenden EBM und der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ). Als Honorar wird 80,- E bei Privatversicherten, 55,- bei Selbstzahlern und 50,- bei GKV-Patienten pro Therapiestunden vereinbart. Das Honorar kann vom Praxisinhaber jederzeit angepasst werden, wenn sich die Honorarberechnungsgrundlage des EBM und/oder der GOÄ und/oder die Betriebskosten ändern. Wenn bestimmte Leistungen vom Patienten nicht oder nur teilweise bezahlt werden, besteht kein oder nur anteiliger Anspruch auf Honorierung der von der Assistentin erbrachten Leistungen durch den Praxisinhaber. Dies gilt auch für eventuelle Regressforderungen an den Praxisinhaber, wenn diese Leistungen die Assistentin betreffen. In diesem Fall muss die Assistentin zu viel gezahlte Honorare an den Praxisinhaber zurückzahlen. Die Assistentin trägt damit das unternehmerische Risiko für ihre Leistungen. ( ...)

§ 7 Sonstiges
Von der Möglichkeit des Abschlusses eines Anstellungsvertrages wurde in Anwendung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bewusst keinen Gebrauch gemacht. Die Umgehung von arbeitsrechtlichen und arbeitsgesetzlichen Schutzvorschriften ist nicht beabsichtigt. Vielmehr soll dem freien Mitarbeiter die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung seiner Arbeitskraft belassen werden. Eine über den Umfang dieses Vertrages hinausgehende persönliche, wirtschaftliche oder soziale Abhängigkeit wird nicht begründet.

Die Beklagte hörte mit Schreiben vom 20.6.2012 dazu an, dass beabsichtigt sei festzustellen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als abhängige Beschäftigung zu betrachten sei. Die Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit würden nicht überwiegend. Vielmehr würden die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung überwiegen.

Der Kläger nahm dazu Stellung. Er führte aus, dass der Umstand, dass eine Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung bestehe, jeden Arzt und Psychologen betreffe. Die Delegation psychotherapeutischer Leistungen sei nicht erlaubt. Es seien keine Mindestarbeitszeiten, sondern Mindestbehandlungseinheiten vereinbart. Der Beigeladenen zu 1) sei es überlassen, wie sie ihre 440 Therapieeinheiten pro Jahr aufteile. Die Patienten würden der Beigeladenen zu 1) auch nicht zugewiesen. Er biete der Beigeladenen zu 1) vielmehr Patienten an. Diese könne dann frei entscheiden, ob sie die Patienten behandeln möchte oder ablehnt. Die Beigeladene zu 1) sei auch nicht verpflichtet an Teambesprechung teilzunehmen, auch wenn sie dies tatsächlich tue. Der Urlaub sei auch nicht abzusprechen. Die Beigeladene zu 1) müsse in der Praxis niemanden vertreten. Der Kläger sei lediglich zu informieren. Dass die Tätigkeit in der Praxis ausgeübt werde sei berufsrechtlich vorgegeben. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ein Stundenhonorar für eine abhängige Beschäftigung sprechen solle. Hinsichtlich der Arbeitsmaterialien teilte der Kläger mit, dass nicht alle Materialien zur Verfügung gestellt würden. Die Beigeladene zu 1) nutze eigene Arbeitsmaterialien. Zwar sei es tatsächlich so, dass bei der Behandlung gesetzlich versicherter Patienten der Kläger als Praxisinhaber die Rechnungen stellen würde. Dies könne jedoch nicht für eine abhängige Beschäftigung sprechen. Dass die Beigeladene zu 1) sich an das Qualitätsmanagementhandbuch der Praxis halten müsse und von dem Kläger kontrolliert werde sei nicht entscheidend. Dies spreche nicht für abhängige Beschäftigung.

Die Beklagte erließ am 23.7.2012 den angekündigten Bescheid und stellte fest, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit als Physiotherapeutin in der Praxis des Klägers seit dem 1.1.2012 als abhängig Beschäftigte zu betrachten sei und das Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung sprechen würde, sowie die vertragliche Vereinbarung über zulässige Mindestarbeitseinheiten. Ebenso spreche für eine abhängige Beschäftigung, dass die Patienten ausschließlich durch den Kläger vermittelt werden, dass eine Beteiligung an regelmäßig stattfindenden Teambesprechungen bestehe, dass die Urlaubsplanung abzusprechen sei, dass die Tätigkeit ausschließlich in den Praxisräumen des Klägers durchgeführt werden, dass eine Kostenbeteiligung der Beigeladenen zu 1) nicht erfolge, dass die Vergütung nach Arbeitseinheiten bzw. auf Stundenbasis erfolge, dass die Arbeitsmittel vor Ort kostenfrei durch den Kläger gestellt werden und dass eine Kontrolle durch den Kläger erfolge. Die Beigeladene zu 1) sei in die Arbeitsorganisation des Klägers eingebunden. Ein Unternehmerrisiko bestehe nicht.

Hiergegen legte der Kläger am 30.7.2012 Widerspruch ein. Im Wesentlichen verwies der Kläger auf seine bisherigen Ausführungen. Außerdem wies der Kläger darauf hin, dass die Beigeladene zu 1) als Psychotherapeutin und nicht als Physiotherapeuten tätig sei. Dies habe man in dem Bescheid falsch bezeichnet.

Mit Bescheid vom 15.8.2012 hob die Beklagte ihren Bescheid vom 30.7.2012 auf, weil die im Streit stehende Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) unzutreffend bezeichnet war.

Am 17.8.2012 wurde dann der Bescheid mit neuer Bezeichnung der Tätigkeit erneut erlassen. Es wurde festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit als Psychotherapeutin in der Praxis des Klägers seit dem 1.1.2012 als abhängig Beschäftigte zu betrachten sei und dass Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Die Beklagte wiederholte zur Begründung die bereits zuvor vorgetragenen Argumente.

Der Kläger und die Beigeladene zu 1) erhoben erneut Widerspruch. Es wurde auf die vorangegangenen Ausführungen verwiesen. Ergänzend wurde ausgeführt, dass alle niedergelassenen Ärzte und Psychologen als abhängig Beschäftigte der Krankenkassen zu betrachten seien, wenn die Auffassung der Beklagten zutreffend sei.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 22.11.2012 wurde der Widerspruch des Klägers und der Beigeladenen zu 1) zurückgewiesen. Die Beklagte war der Auffassung, dass eine Einbindung der Beigeladenen zu 1) in die Arbeitsorganisation des Klägers bestehe. Ein unternehmerisches Risiko der Beigeladenen zu 1) sei nicht erkennbar. Der Wille der vertragsschließenden Parteien sei nicht entscheidend dafür, ob eine Tätigkeit als Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit zu definieren ist. Die Abgrenzung erfolge anhand der tatsächlichen Umstände.

Der Kläger hat am 21.12.2012 Klage vor dem Sozialgericht Wiesbaden erhoben.

Zur Klagebegründung führt der Kläger aus, dass er weiterhin der Meinung sei, dass die Beigeladene zu 1) als Selbstständige zu betrachten sei. Der Beklagten sei offensichtlich das Berufsbild des Psychotherapeuten nicht geläufig. Die Arbeit des Therapeuten bestehe aus einer umfassenden Diagnostik, auch mittels Auswertungen und Testungen, der Analyse, der Entwicklung einer Therapiestrategie sowie der Umsetzung der Verlaufskontrolle, die wiederum verbunden sei mit Testungen und Analysen. Die Beigeladene zu 1) erbringe nur einen Teil dieser Leistungen in der Praxis des Klägers, nämlich diagnostische und therapeutische Sitzung, bei denen der Patientenkontakt erforderlich sei. Alle übrigen Leistungen könne die Beigeladene zu 1) bei sich zu Hause erledigen, was sie auch überwiegend tue. Dabei sei ihr auch freigestellt, bestimmte Arbeiten von anderen ausführen zu lassen, wie z.B. Anamneseerhebungen, Therapieberichte oder Gutachten tippen zu lassen. Das die Beigeladene zu 1) selbst keine eigenen Beschäftigten habe liege daran, dass sie sich das noch nicht leisten könne. Die Beigeladene zu 1) benutze eigene Arbeitsmittel, nämlich den eigenen Computer und eigene Literatur, einen eigenen Kopierer und einen eigenen Fotoapparat. Dass die Beigeladene zu 1) für den Patientenkontakt die Praxis des Klägers benutze sei unschädlich. Eine Einbindung bestehen im Rahmen der Praxis nicht. Die Beigeladene zu 1) müsse sich selbstverständlich an die Öffnungszeiten der Praxis und an die Besetzung der Behandlungsräume halten. Einen festen zeitlich exakt zu besetzenden Arbeitsplatz gebe es jedoch gerade nicht. Ein selbstständiger Chirurg, der als Belegarzt tätig sei, werde auch nicht zum abhängig Beschäftigten, nur weil er seine Leistungen in den Räumlichkeiten eines Krankenhauses anbiete. Die Beigeladene zu 1) entscheide selbstständig darüber, ob sie Patienten annehmen oder nicht. Daher liege auch keine Eingliederung in den Betrieb des Klägers vor. Die Beigeladene zu 1) trage auch ihr eigenes Unternehmerrisiko. Sie erhalte Honorar nämlich nur, wenn sie die gesetzlich geregelten Leistungen erbringe und wenn die Praxis des Klägers dieses Honorar erhalte. Würden die Krankenkassen das Honorar kürzen oder falle das Honorar aus, so erhalte auch die Beigeladene zu 1) in diesen Fällen weniger oder nichts. Der Kläger legte außerdem eine Übersicht der Zahlungen an die Beigeladene zu 1) seit Januar 2012 vor, die sich überwiegend zwischen 716,- und 3.236,- EUR pro Monat beliefen. Der Kläger meint, dass der Wille der Parteien - also das Prinzip der Vertragsfreiheit - gelte. Es sei der Wille des Klägers und der Beigeladenen zu 1) gewesen ein freies Dienstverhältnis zu begründen. Außerdem meint der Kläger, dass es gegen Europarecht verstoße, wenn die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als abhängige Beschäftigung betrachtet werde. Der Kläger verweist auf einen ausgefüllten Fragebogen, der seine Auffassung stützen soll. Auf BI. 147 153 der Gerichtsakte wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 17.8.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2012 wird aufgehoben. 2. Es wird festgestellt, dass das Mitarbeiterverhältnis der Beigeladenen zu 1) ein freies, ein selbstständiges ist.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Die Beigeladene zu 1) beantragt:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 17.8.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2012 wird aufgehoben. 2. Es wird festgestellt, dass das Mitarbeiterverhältnis der Beigeladenen zu 1) ein freies, ein selbstständiges ist.

Die Beigeladene zu 1) teilt die Auffassung des Klägers. Ergänzend führte sie aus, dass sie nur einen Teil ihrer Dienstleistung in den Praxisräumen des Klägers erbringe, dass sie ein eigenes Unternehmerrisiko trage, nämlich insbesondere das Ausfallrisiko ihrer Honoraransprüche und auch Betriebsvermögen in Form von Büroausstattung, EDV und Literatur einsetze.

Die Beigeladenen zu 2) bis 4) haben sich in der Sache zu dem Rechtsstreit nicht eingelassen.

In der mündlichen Verhandlung am 29.9.2014 wurden die Beteiligten umfangreich angehört. Die Beigeladene zu 1) erklärte, dass sie seit Ende 2010 in der Praxis des Klägers tätig gewesen sei und dass auch in der Zeit zwischen 2010 und dem 01.01.2012 ihre Tätigkeit in der Praxis in der Assistentinnentätigkeit bestanden habe. Seit dem 01.07.2014 sei sie nicht mehr in der Praxis des Klägers tätig. Seit diesem Zeitpunkt habe sie eine eigene Niederlassung. Während der Tätigkeit für den Kläger habe sie keine eigene Niederlassung gehabt. Der Kläger gab an, dass die Patienten in seiner Praxis anrufen. Dort kommen sie dann auf eine Liste. Die Beigeladene zu 1) habe sich dann von der Liste Patienten aussuchen können. Dann habe sie mit den Patienten ein Erstgespräch vereinbaren. In dem Erstgespräch sei dann entschieden worden, ob die Patienten mit der Beigeladenen zu 1) zusammen arbeiten wollen. Wenn dies der Fall gewesen sei, habe ein ganz normaler Therapieprozess in der Psychotherapie begonnen. Die Abrechnung für gesetzlich versicherte Patienten sei dann über die Praxis erfolgt. Bei Privatpatienten habe die Beigeladene zu 1) eigene Rechnungen auf ihren Namen geschrieben. Entgegen der vertragliche Abrede, habe die Beigeladene zu 1) hinsichtlich der Privatversicherten und der Selbstzahler immer Rechnungen auf eigenen Namen ausgestellt. Die Patienten haben dann auch an die Beigeladene zu 1) Zahlungen erbracht. Im Gegenzug habe die Beigeladene zu 1) Zahlungen an den Kläger vorgenommen für etwaige Praxiskosten. Weiter führte der Kläger aus, dass die übrigen für ihn tätigen psychologischen Psychotherapeutinnen in der Praxis teilweise als freie Mitarbeiter und teilweise als abhängig Beschäftigte tätig seien. Im Übrigen wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 29.9.2014 Bezug genommen (BI. 126-130 der Gerichtsakte)

Trotz Aufforderung des Gerichts vom 22.10.2014 und vom 24.11.2014 wurden Nachweise für die behaupteten Abrechnungen der Beigeladenen zu 1) gegenüber Privatpatienten und Selbstzahlern sowie Nachweise für die Zahlung von Praxiskosten an den Kläger durch die Beigeladene zu 1) nicht vorgelegt.

Das Gericht hat mit Verfügung vom 25.3.2015 dazu angehört, dass beabsichtigt ist, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid und ohne weitere mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere auf die Sitzungsniederschrift vom 29.9.2014 und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte durch Gerichtsbescheid ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden. Der Rechtsstreit bietet keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten und der Sachverhalt ist als geklärt anzusehen.

Die Klage ist in der Sache nicht begründet. Die Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Sie verletzen den Kläger und die Beigeladene zu 1) nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit als Psychotherapeutin in der Praxis des Klägers in der Zeit vom 1.1.2012 bis zum 30.6.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat und dass daher Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, in der Pflegeversicherung und der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand. Im Einzelnen:

1. Rechtsgrundlage der Bescheide der Beklagten ist § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Danach können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt (vgl. § 7a Abs. 1 SGB IV). Über den Antrag entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund (vgl. § 7a Abs. 1 S. 3 SGB IV). Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt (vgl. § 7a Abs. 2 SGB IV). Die Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung Bund darf sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht darauf beschränken "eine abhängige Beschäftigung dem Grunde nach" oder nur einzelne Elemente eines Versicherungstatbestandes zu prüfen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 11.3.2009, Az. B 12 R 11/07 R). Es ist daher zunächst zu prüfen, ob die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit für den Kläger als abhängig Beschäftigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV zu betrachten ist und ob sie der Versicherungspflicht unterliegt bzw. ob ein Tatbestand der Versicherungsfreiheit einschlägig ist (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 11.3.2009, Az. B 12 R 11/07 R).

2. Die Beklagte hat nach Auffassung des Gerichts zutreffend festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit für den Kläger ab dem 1.1.2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat.

a) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (vgl. § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.10.2013, Az. B 12 KR 17/11 R)

"setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 17 RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; ferner BSG SozR 4 2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 32400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11)."

Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 28.9.2011, Az. B 12 KR 17/09 R m.w.N.). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der abhängigen Beschäftigung bzw. der selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar gegeneinander abgewogen werden (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 25.4.2012, Az. B 12 KR 24/10 R).

b) Vor dem Hintergrund des dargelegten Prüfungsmaßstabes geht das Gericht davon aus, dass die hier zu bewertende Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für den Kläger in der Zeit vom 1.1.2012 bis zum 30.6.2014 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt wurde. Im Einzelnen:

(1) Zunächst spricht für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1), dass diese in erheblichem Umfang in die Arbeitsorganisation des Klägers eingegliedert war.

Ob eine Eingliederung vorliegt, bestimmt sich danach, inwiefern der Mitarbeiter Glied eines fremden Betriebes ist oder im Mittelpunkt des eigenen Unternehmens steht (vgl. Urteil des Landessozialgericht Sachsen-Anhalt vom 25. April 2013, Az. L 1 R 13/12; jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 7 SGB IV, Rn. 110 m.w.N.). Es kommt also unter anderem darauf an, ob sich die zu beurteilende Tätigkeit im Rahmen einer Eingliederung in eine fremd vorgegebene Arbeitsorganisation vollzieht, innerhalb derer die Tätigkeit in einem "übergeordneten Organismus" erbracht wird (vgl. Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 23.05.2013, Az. L 8 KR 162/11; Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14.03.2013, Az. L 8 KR 102/12 m.w.N.).

Hier ist das Gericht eindeutig der Auffassung, dass die Beigeladene zu 1) in erheblicher Weise in die Arbeitsorganisation des Klägers eingliedert war.

Dafür sprechen bereits die äußeren Umstände. Denn der Kläger ist unter anderem mit der Beigeladene zu 1) nach außen werbend aufgetreten. Die Beigeladene zu 1) wurde auf der Homepage der Praxis des Klägers unter der Rubrik "Praxismitarbeit" aufgeführt und dort als "langjährige Mitarbeiterin der Praxis" dargestellt (vgl. Bl. 136 der Gerichtsakte). Bereits dieser Umstand zeigt, dass die Beigeladene zu 1) nicht im Mittelpunkt des eigenen Unternehmens stand, sondern vielmehr Glied eines fremden Betriebes war.

Dafür sprechen auch die weiteren Umstände. Dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit im Rahmen einer Eingliederung in eine fremd vorgegebene Arbeitsorganisation vollzogen hat, zeigen auch eindeutig die Arbeitsabläufe. Der Kläger und die Beigeladene zu 1) fiaben übereinstimmend ausgeführt, dass die Patienten in seiner Praxis anrufen haben. Dort wurden die Patienten dann auf eine Liste genommen und der Beigeladenen zu 1) wurden dann die Patienten auf der Liste zur Behandlung angeboten bzw. die Beigeladene zu 1) hat sich dann von der Liste Patienten aussuchen können, die sie dann in den Praxisräumen des Klägers im Rahmen der Öffnungszeiten der Praxis und im Rahmen der Besetzung der Behandlungsräume in der Praxis des Klägers - behandelt hat. Dafür sind der Beigeladenen zu 1) vom Kläger ein Arbeitsplatz und Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt worden (vgl. § 2 des Vertrages über freie Mitarbeit). Insbesondere bei gesetzlich Versicherten ist dann auch die Abrechnung der Leistungen über die Zulassung und auf Rechnung des Klägers erfolgt. Vor diesem Hintergrund liegt es für das Gericht auf der Hand, dass die Beigeladene zu 1) im vorliegenden Fall im streitgeg6nständlichen Zeitraum gerade mit der Erbringung der psychotherapeutischen Leistungen beauftragt wurde, die der Kläger gegenüber seinen Patienten zu erbringen hatte. Die Beigeladene zu 1) ist also gerade im Aufgabenbereich des Klägers und auch mit dessen Betriebsmitteln tätig geworden. Denn gerade bei gesetzlich versicherten Patienten war eben der Kläger als zugelassener Leistungserbringer verpflichtet, die Behandlung "seiner Patienten" sicherzustellen. Dafür spricht auch § 2 des Vertrages über freie Mitarbeit, wonach die Beigeladene zu 1) gerade verpflichtet sein sollte, die "Patienten der Praxis" des Klägers zu behandeln. Dies alles spricht ganz stark dafür, dass die Beigeladene zu 1) bereits durch die äußeren Umstände als Glied eines fremden Betriebes erscheinen musste und dass sich ihre Tätigkeit eben gerade im Rahmen einer Eingliederung in eine fremd vorgegebene Arbeitsorganisation vollzog.

Dagegen können sich der Kläger und die Beigeladene zu 1) auch nicht mit Erfolg zur Wehr setzen, wenn sie behaupten, dass - entgegen der vertraglichen Abrede in dem Vertrag über freie Mitarbeit - die Beigeladene zu 1) bei Privatpatienten und bei Selbstzahlern eigene Rechnungen auf ihren Namen geschrieben habe und das die Privatversicherten und Selbstzahler ihre Zahlungen dann direkt an die Beigeladene zu 1) geleistet hätten und dass die Beigeladene zu 1) Zahlungen an den Kläger vorgenommen habe für etwaige Praxiskosten. Dies vermag gleich aus mehreren Gründen nicht zu überzeugen: Denn einerseits betreffen diese Behauptungen ohnehin nur die "Minderheit" der nicht gesetzlich versicherten Patienten, so dass die Bedeutung dieser Behauptungen gering ist. Andererseits ist dieser Vortrag des Klägers und der Beigeladenen zu 1) in keinster Weise nachzuvollziehen. Denn in §§ 2 und 4 des Vertrages über freie Mitarbeit wurde gerade vereinbart, dass die Beigeladene zu 1) die Patienten "der Praxis" des Klägers behandeln solle (und gerade nicht eigene Patienten) und dass die Beigeladene zu 1) auch bei Privatversicherten und bei Selbstzahlern einen festen Stundensatz vom Kläger erhalten soll und dass der Kläger die Leistungen gegenüber den Patienten abrechnet. Sollte die Beigeladene zu 1) darüber hinaus im Rahmen einer "Privatpraxis" eigene Patienten behandelt und gegenüber diesen Leistungen abgerechnet haben, so würde dies für den vorliegenden Fall ohnehin keine Rolle spielen, da es hier nur um die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für den Kläger geht. Schließlich liegen auch keine objektivierbaren Anhaltspunkte vor, dass der Kläger und die Beigeladene zu 1) von ihren vertraglichen Vereinbarungen in der Praxis abgewichen sind. Trotz Aufforderung und Erinnerung des Gerichts konnten der Kläger bzw. die Beigeladene zu 1) keine Nachweise, wie etwa Rechnungen, Kostenabrechnungen, Kontoauszüge oder Zahlungsnachweise dafür vorlegen, dass die Beigeladene zu 1) bei "einigen Patienten" ihre Leistungen direkt mit diesen abgerechnet hat und Kosten für die Nutzung der Praxis des Klägers entrichtet hat. Dies ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Abrechnungsübersichten des Klägers in Bezug auf die Beigeladene zu 1). Denn darin sind nur monatliche Honorare aufgeführt, die an die Beigeladene zu 1) ausgezahlt wurden (vgl. BI. 109 bis 113 der Gerichtsakte).

Im Ergebnis bleibt es somit dabei, dass die Beigeladene zu 1) nach Auffassung des Gerichts ganz erheblich in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) eingegliedert gewesen ist.

(2) Des Weiteren ist hier zu berücksichtigen, dass die Beigeladene zu 1) ohne die Praxis des Klägers ihre Leistungen gar nicht hätte erbringen können. Denn der Kläger hat selbst ausgeführt, dass für den Patientenkontakt eine Tätigkeit in der Praxis erforderlich war. Auch dies spricht als Indiz eindeutig für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1). Insoweit verweist das Gericht auch beispielhaft auf die Ausführungen des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen im Urteil vom 24.9.2014 (Az. L 1 KR 351/12), die - obwohl zur Tätigkeit von Physiotherapeuten ergangen - sich auch auf den vorliegenden Fall übertragen lassen:

"Physiotherapeuten, die ihre Leistungen in einer fremden, zur Leistungserbringung nach § 124 SGB V zugelassenen Praxis erbringen, sind in der Regel abhängig beschäftigt (vgl. so auch Bayrisches LSG, Beschluss vom 13. Februar 2014 - L 5 R 1180/13 B ER; zum abhängigen Beschäftigungsverhältnis eines Physiotherapeuten auch Bayrisches LSG, Urteil vom 24. Januar 2006 - L 5 KR 185/04 - Nichtzulassungsbeschwerde verworfen: BSG, Beschluss vom 21. September 2006 - B 12 KR 24/06 B -; Bayr. LSG, Urteil vom 11. August 2008 L 5 R 210/09; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18. Juli 2012 - L 2 R 115/12)."

Nichts anderes gilt im vorliegenden Fall, in dem die Beigeladene zu 1) ihre Leistungen im streitgegenständlichen Zeitraum im Rahmen einer fremden, zur Leistungserbringung zugelassenen Praxis - nämlich in der Praxis des Klägers - erbracht hat. Dies ist ein weiteres Indiz für eine abhängige Beschäftigung.

(3) Demgegenüber können sich der Kläger und die Beigeladene zu 1) nicht mit Erfolg darauf berufen, dass in § 2 des Vertrages über freie Mitarbeit vereinbart war, dass die Beigeladene zu 1) bei der Erfüllung ihrer Tätigkeit als "Assistentin" vollkommen selbstständig und weisungsfrei gewesen sei, dass sie die Betreuung der Patienten in eigener Verantwortung durchführt habe und das sie Patienten habe ablehnen können.

Dies spricht - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht entscheidend für eine selbstständige Tätigkeit. Daher vermag das Gericht der Argumentation des Klägers nicht zu folgen. Denn hier ist zu berücksichtigen, dass das Ausmaß und auch die genauere Ausprägung des Weisungsrechts von der geschuldeten Tätigkeit abhängen. So ist insbesondere die inhaltliche oder fachliche Weisungsbefugnis bei hoch qualifizierten Tätigkeiten eingeschränkt oder mangels eigener Fachkompetenz theoretisch weisungsberechtigter Personen überhaupt nicht vorhanden (vgl. jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 7 SGB IV, Rn. 100). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts tritt hier nämlich die Eingebundenheit in den fremden Betrieb und die so genannte funktionsgerecht dienende Teilhabe in den Vordergrund, so dass auch bei einem völligen Fehlen inhaltlicher oder fachlicher Weisungsbefugnisse ein Beschäftigungsverhältnis vorliegen kann (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.04.2013, Az. B 12 KR 19/11 R; jurisPraxiskonnmentar, 2. Auflage, § 7 SGB IV, Rn. 100 m.w.N.). Darauf hat auch die Beklagte zu Recht hingewiesen. Daher können sich der Kläger und die Beigeladene zu 1) hier auf Freiräume bei der Ausgestaltung der Behandlung der Patienten gerade nicht mit Erfolg berufen (vgl. dazu auch Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9.7.2014, Az. L 9 KR 134/12; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18.6.2014, Az. L 8 R 1052/12; Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 4.9.2013, Az. L 5 KR 1253). Zwar ist das Gericht davon überzeugt, dass der Vortrag des Klägers und der Beigeladenen zu 1) zutrifft, dass die Beigeladene zu 1) hinsichtlich der Betreuung der Patienten erhebliche Freiräume hatte. Jedoch ist dies nach Auffassung der Kammer nicht ausreichend um eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) anzunehmen. Denn erhebliche Freiräume sind auch im Rahmen von Tätigkeiten bei abhängig Beschäftigten nicht außergewöhnlich, wie auch das Sozialgericht Dortmund im Urteil vom 20.2.2015 (Az. S 34 R 2153/13) für die Tätigkeit von Ärzten zutreffend dargelegt hat:

"Schließlich ist nicht entscheidend, dass die Beigeladenen zu 1) bis 4) in ihrer ärztlichen Tätigkeit weitgehend weisungsfrei arbeiten konnten. Fehlende Einzelweisungen und die Möglichkeit, die Arbeitszeit im Rahmen der betrieblichen Erfordernisse frei zu gestalten, sind bei höher qualifizierten Tätigkeiten üblich, ohne Anhaltspunkte für eine Selbständigkeit zu bieten."

Diese zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Dortmund lassen sich - aus den dargelegten Gründen - auch auf den vorliegenden Fall übertragen, so dass auch diese Umstände für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) sprechen.

Nur ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass eine vollkommene Weisungsfreiheit der Beigeladenen zu 1) darüber hinaus auch nicht ersichtlich ist. Denn es war gerade vereinbart, dass die Beigeladene zu 1) sich an den Vorgaben des Qualitätshandbuches der Praxis des Klägers orientieren musste, ebenso wie an die Öffnungszeiten der Praxis und die Besetzung der Behandlungsräume. Außerdem wurde die Beigeladene zu 1) von dem Kläger kontrolliert bzw. musste ihm auf Wunsch Auskunft über die Behandlung der Patienten geben (vgl. § 2 des Vertrages über freie Mitarbeit). Darüber hinaus war ein Mindestarbeitsumfang ausdrücklich vereinbart worden, so dass im Ergebnis auch nicht von einer vollkommenen Weisungsfreiheit die Rede sein kann. Aus all dem ergibt sich vielmehr, dass die Beigeladene zu 1) hinsichtlich der Gestaltung ihrer Tätigkeit nicht unerheblichen erheblichen Einschränkungen unterworfen war.

Im Ergebnis kann sich der Kläger bzw. die Beigeladene zu 1) nach Auffassung des Gerichts nicht mit Erfolg auf Freiräume der Beigeladenen zu 1) bei der Ausgestaltung der Tätigkeit für den Kläger berufen.

(4) Des Weiteren spricht die hier vereinbarte Vergütung nach festen (Therapie )Stundensätzen für eine abhängige Beschäftigung (vgl. jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 7 SGB IV, Rn. 116; Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.11.1980, Az. 12 RK 76/79; Urteil des Bayrischen Landessozialgerichts vom 28.5.2013, Az. L 5 R 863/12). Soweit der Kläger und die Beigeladene zu 1) demgegenüber meinen, dass eine Vergütung nach Stunden gesetzlich vorgeschrieben sei und dies nicht für eine abhängige Beschäftigung sprechen könne, so verkennen sie, dass gesetzliche Vergütungsvorschrift - wie die GOÄ und der EBM - hier nur denjenigen betreffen, der die Leistungen auch tatsächlich gegenüber den Patienten oder gegenüber den Krankenkassen nach diesen Vorschriften abrechnen. Dies ist hier jedoch gerade nicht die Beigeladene zu 1), sondern der Kläger. Diese Argumentation des Klägers greift hier also nicht. Aber selbst wenn eine Vergütung nach Stunden zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) gesetzlich vorgegeben wäre, so wäre dies trotzdem kein geeignetes Gegenargument. Denn der Kläger verkennt bei seiner Argumentation, dass Umstände bei der Bewertung gerade nicht aufgrund ihrer "Eigenart" in den Hintergrund treten (vgl. dazu: Urteil des Bundessozialgerichts vom 11.03.2009, Az. B 12 KR 21/07 R), nur etwa weil sie gesetzlich vorgegeben sind. Die Argumentation des Klägers bzw. der Beigeladenen zu 1) kann somit gleich aus mehreren Gründen nicht überzeugen.

(5) Außerdem ist hier zu berücksichtigen, dass der Kläger und die Beigeladene zu 1) in der mündlichen Verhandlung am 29.9.2014 selbst angegeben haben, dass der Kläger die psychotherapeutischen Leistungen - zu denen er gegenüber seinen Patienten verpflichtet war - auch von abhängig Beschäftigten ausführen lässt bzw. dass die Beigeladene zu 1) ihrer Tätigkeit auch in den Jahren 2010 und 2011 bereits als abhängig Beschäftigte für den Kläger erbracht hat, ohne dass ersichtlich ist, dass sich die Tätigkeit als "frei Mitarbeiterin" maßgeblich von der Tätigkeit einer abhängig Beschäftigten unterschieden hat. Relevante Unterschiede konnte der Kläger bzw. die Beigeladene zu 1) demgegenüber jedenfalls nicht vortragen. Im Gegenteil: Die Beigeladene zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung am 29.9.2014 sogar zu Protokoll gegeben, dass sie auch vor dem 1.1.2012 als "Assistentin" für den Kläger tätig gewesen ist (vgl. S. 2 der Niederschrift vom 29.9.2014). Dies spricht eindeutig für eine abhängige Beschäftigung (vgl. dazu etwa: Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 4.9.2013, Az. L 5 KR 1253; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18.6.2014, Az. L 8 R 1052/12; Urteil des Bayrischen Landessozialgerichts vom 28.5.2013, Az. L 5 R 863/12).

Das Gegenargument des Klägers, dass er sich auf "Vertragsfreiheit" stützen könne, da es eben der Wille von ihm und der Beigeladenen zu 1) gewesen sei, ab dem 1.1.2012 eine selbstständige Tätigkeit zu vereinbaren, vermag nicht zu überzeugen. Denn dabei übersieht der Kläger, dass es sich beim Sozialversicherungsrecht - im Gegensatz zum von der Vertragsfreiheit geprägten Privatrecht - um öffentliches Recht handelt, dass gerade nicht zur Disposition der am Geschäftsleben Beteiligten steht, so dass diese auch nicht über den Eintritt oder Nichteintritt sozialrechtlicher Rechtsfolgen verfügen können (vgl. jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 7 SGB IV, Rn. 116). Der Wille der Beteiligten vermag somit gerade nicht das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses auszuschließen, wenn - wie hier - die objektiven Voraussetzungen einer abhängigen Beschäftigung vorliegen (vgl. jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 7 SGB IV, Rn. 116; Urteil des Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 19.12.2012, Az. L 4 R 761/11). Auch der Verweis des Klägers auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 29.5.2002 (Az. 5 AZR 161/01) geht daher fehl, zumal der dieser Entscheidung zugrunde liegende Fall eines Volkshochschuldozenten auch in tatsächlicher Hinsicht mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar ist.

(6) Ebenso spricht hier der Umstand, dass die Beigeladene zu 1) ihre Arbeitsleistungen höchstpersönlich erbracht hat, für eine abhängige Beschäftigung (vgl. Urteil des Bayrischen Landessozialgerichts vom 28.5.2013, Az. L 5 R 863/12; jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 7 SGB IV, Rn. 116).

(7) Im Ergebnis liegen im vorliegenden Fall somit vor dem dargelegten Hintergrund zahlreiche Merkmale vor, die ganz stark für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) sprechen.

Hingegen sind die typischen Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) sprechen könnten, eher schwach ausgeprägt bzw. liegen zum Teil gar nicht vor. Denn:

(a) Die Beigeladene zu 1) hat gerade nicht im nennenswerten Umfang eigene Betriebsmittel für ihre Tätigkeit eingesetzt. Zwar mag es sein, dass die Beigeladene zu 1) auch eigene Arbeitsmittel verwendet hat, wie etwa ein eigenes Notebook bzw. ihren eigenen PC zur Erstellung der Psychotherapieanträge oder eigene Literatur oder das sie zur besseren Erreichbarkeit ein eigenes Mobiltelefon unterhielt. Dies ist jedoch ein Einsatz von eigenen Arbeitsmitteln, wie er auch häufig bei abhängig Beschäftigten vorkommt, die etwa im Rahmen ihres "Home-Office" einen eigenen PC oder ein eigenes Telefon verwenden. Daraus kann nicht auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden. Vielmehr ist hier maßgeblich, dass es gerade der Kläger war, der die entscheidenden Betriebsmittel unterhalten hat, wie etwa einen Arbeitsplatz in der Praxis und die Praxisräumlichkeiten (in denen die Patienten anrufen und sich behandeln lassen konnten).

Es ist für das Gericht somit nicht ersichtlich, dass die Beigeladene zu 1) in erheblichem Umfang eigene Betriebsmittel eingesetzt hat, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen könnten.

(b) Und insbesondere fehlt es bei der Beigeladenen zu 1) an dem für eine selbstständige Tätigkeit wichtigen Kriterium des Unternehmerrisikos. Ein solches Unternehmerrisiko ist bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Kläger nicht ersichtlich.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gilt, dass für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos maßgeblich ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.10.2013, Az. B 12 KR 17/11 R; Urteil des Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 19.12.2012, Az. L 4 R 761/11; Kasseler Kommentar, Band 1, § 7 SGB IV, Rn. 61; jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 7 SGB IV, Rn. 117m.w.N.).

Hier hat die Beigeladene zu 1) für ihre Tätigkeit als Assistentin bzw. Psychotherapeutin feste Bezüge in Höhe von 80,- EUR pro Therapiestunde bei Privatversicherten, von 55,- EUR bei Selbstzahlern und von 50,- EUR bei GKV-Patienten erhalten. Demgegenüber ist ein nennenswerter Einsatz von Kapital oder Material durch die Beigeladene zu 1) - wie bereits dargestellt - gerade nicht ersichtlich. Es ist somit gerade nicht nachvollziehbar, dass die Beigeladene zu 1) ihre Arbeitskraft für den Kläger mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt hat. Ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1) liegt somit nicht vor (vgl. dazu auch: Urteil des Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 19.12.2012, Az. L 4 R 761/11; Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9.7.2014, Az. L 9 KR 134/12; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18.6.2014, Az. L 8 R 1052/12).

Die von dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) vorgebrachten Gegenargumente vermögen hingegen nicht zu überzeugen. Im Einzelnen:

Soweit der Kläger demgegenüber darauf abstellt, dass das Risiko der Beigeladenen zu 1) darin bestanden habe, keine oder nur eine reduzierte Vergütung zu erhalten, wenn die Patienten die Rechnungen nicht zahlen oder dass im Falle von Regressforderungen an den Praxisinhaber zu viel gezahlte Honorare an den Praxisinhaber zurückzahlen werden müssen, reicht dies für ein Unternehmerrisiko im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV nicht aus. Ein echtes Unternehmerrisiko liegt nur dann vor, wenn nicht nur kein Einkommen erzielt wird, sondern zusätzlich auch Kosten für betriebliche Investitionen oder Arbeitnehmer anfallen oder früher getätigte Investitionen brachliegen (vgl. jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 7 SGB IV, Rn. 117). Das dies bei der Beigeladenen zu 1) der Fall gewesen ist, ist jedoch aus den dargelegten Gründen gerade nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung des Klägers und der Beigeladenen zu 1) begründet auch ein vermeintlicher Ausfall der Lohnzahlung oder der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gerade kein hinreichendes unternehmerisches Risiko. Denn solche Vertragsgestaltungen (wie etwa Ausschluss von Lohnfortzahlung) sind als typisch anzusehen, wenn es beiden Vertragsseiten gerade darum geht, eine selbstständige freie Mitarbeit vereinbaren zu wollen. Letztlich ist dies aber nicht entscheidend, sondern nur Ausdruck der unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Beschäftigungsverhältnisses (vgl. dazu auch: Urteil des Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 19.12.2012, Az. L 4 R 761/11; Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9.7.2014, Az. L 9 KR 134/12; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18.6.2014, Az. L 8 R 1052/12).

Im Ergebnis liegt nach Auffassung des Gerichts ein unternehmerisches Risiko der Beigeladenen zu 1) nicht vor.

(8) Auch die weiteren Argumente des Klägers und der Beigeladenen zu 1) können nicht überzeugen.

Wie bereits dargestellt, kommt es auf den Willen des Klägers und der Beigeladenen zu 1) eine selbständige Tätigkeit zu vereinbaren hier nicht maßgeblich an, da es sich beim Sozialversicherungsrecht um öffentliches Recht handelt, dass auch nicht mittelbar zur Disposition der am Geschäftsleben Beteiligten steht (vgl. jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 7 SGB IV, Rn. 116).

Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Umstand, dass der Kläger und die Beigeladene zu 1) vereinbart haben, dass die Beigeladene zu 1) die von ihr zu erbringenden Leistungen nicht alle persönlich ausführen müsse und dass sich die Beigeladene zu 1) in gewissem Umfang auch der Hilfe von Erfüllungsgehilfen bedienen könne. Denn in der Delegationsmöglichkeit der eigenen Arbeitsleistung liegt nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gerade kein entscheidendes Merkmal für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit, wenn diese Möglichkeit tatsächlich nur selten nutzt wird und damit die persönliche Arbeitsleistung die Regel ist (vgl. etwa Urteil des Bundessozialgerichts vom 11.3.2009, Az. B 12 KR 21/07 R). Hier hat die Beigeladene zu 1) aber gerade die geschuldete Leistung höchstpersönlich erbracht. Weder der Kläger noch die Beigeladene zu 1) haben konkrete Beispiele substantiiert vorgetragen, dass die Klägerin tatsächlich Aufgabe delegiert hat, geschweige denn, dass es sogar um ein prägendes Element der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) gehandelt habe (vgl. dazu: Urteil des Bundessozialgerichts vom 11.3.2009, Az. B 12 KR 21/07 R). Im Gegenteil: Der Kläger hat im Rahmen des Verwaltungsverfahrens sogar ausgeführt, dass allenfalls administrative Tätigkeiten delegiert werden können und dass eine Delegation psychotherapeutischer Leistungen nicht möglich sei. Auch dies steht der Argumentation der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) entgegen.

Ebenso wenig können sich der Kläger und die Beigeladene zu 1) mit Erfolg darauf berufen, dass die Beigeladene zu 1) alle Tätigkeiten, bei denen kein Patientenkontakt erforderlich war auch außerhalb der Praxis hätten ausgeführt werden können. Dies spricht nicht für eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1), da auch bei abhängig Beschäftigten das Arbeiten von zu Hause, etwa im Home Office, nicht ungewöhnlich ist.

Ohne Erfolg stützt sich der Kläger auch darauf, dass die Beigeladene zu 1) nach § 3 des Vertrages über freie Mitarbeit berechtigt gewesen sei, die Behandlung einzelner Patienten abzulehnen. Denn einerseits kann es auch Arbeitnehmern möglich sein konkrete Arbeitsangebote abzulehnen (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20.7.2011, Az. L 8 R 534/10; Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 10.12.2012, Az. L 2 R 13/09; Urteil des SG Kassel vom 20.2.2013, Az. S 12 KR 69/12) und außerdem ist nicht ersichtlich, dass dieser Umstand in der Praxis hier eine wesentliche Bedeutung zugekommen wäre (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18.6.2014, Az. L 8 R 1052/12).

Schließlich vermag auch die vom Kläger vorgelegte "Checkliste" zur Abgrenzung von Selbstständigen und Arbeitnehmern keine andere Einschätzung des Gerichts begründen, zumal die darin gemachten Angaben im "Ankreuzverfahren" mit "Ja/Nein" vollkommen unsubstantiiert und teilweise sogar widersprüchlich sind und mit dem Vortrag des Klägers im Verwaltungsverfahren bzw. in der mündlichen Verhandlung am 29.9.2014 teilweise nicht in Einklang zu bringen sind (so etwa das entsprechende Tätigkeiten nicht auch durch fest angestellte Personen durchgeführt würden - Antwort Cl, was der Kläger selbst in der mündlichen Verhandlung ganz anders geschildert hat / oder das durch den Kläger kein Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt worden sei - Antwort D18, was sowohl der Kläger und die Beigeladene zu 1) sowohl im Rahmen des Verfahrens ganz anders dargestellt als auch im Vertrag über freie Mitarbeit ganz anders vereinbart haben - vgl. § 2).

(9) Im Ergebnis ist das Gericht der Auffassung, dass vor dem Hintergrund der dargestellten Umstände und nach Gewichtung der Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen und solcher Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, in der Gesamtschau ein Überwiegen der Merkmale festzustellen ist, die für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) sprechen.

Das Gericht verkennt dabei insbesondere nicht, dass die Beigeladene zu 1) - wie bereits dargestellt - bei der Gestaltung ihrer Tätigkeit erhebliche Freiheiten hatte und dass sie mit dem Kläger eine selbständige Tätigkeit vereinbaren wollte. Jedoch müssen diese eher schwachen Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit hier hinter den starken und besonders gewichtigen Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, zurücktreten, wie etwa die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Klägers, die funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess und den Umstand, dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit für den Kläger vorher in den Jahren 2010 und 2011 als abhängig Beschäftigten durchgeführt hat, ohne das wesentliche Unterschiede im Hinblick auf die Tätigkeit der Beigeladenen zü 1) erkennbar sind. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass hier wichtige Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit, wie etwa ein erkennbares Unternehmerrisiko, bei der Beigeladenen zu 1) gerade nicht vorliegen. Somit überwiegen deutlich die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) sprechen.

Daher geht das Gericht im Ergebnis davon aus, dass die Beklagte zu Recht entschieden hat, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit für den Kläger ab dem 1.1.2012 eine abhängige Beschäftigung ausgeübt hat.

3. Nur ergänzend und ohne das es im Ergebnis entscheidungserheblich darauf ankommt, weist das Gericht darauf hin, dass im vorliegenden Fall Bedenken bestehen, ob eine "selbstständige" Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) in der vorgetragenen Weise berufsrechtlich und krankenversicherungsrechtlich überhaupt zulässig wäre. Denn beispielsweise sieht § 22 Abs. 1 der Hessischen Berufsordnung der Psychotherapeuten ausdrücklich vor, dass die selbstständige Ausübung psychotherapeutischer Behandlungstätigkeit grundsätzlich an die Niederlassung in einer Praxis gebunden ist. Diese Anforderung hat die Beigeladene zu 1) nach ihren eigenen Angaben in der Zeit ihrer Tätigkeit für den Kläger gerade nicht erfüllt. Jedoch kann diese Frage im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, da bereits aus den dargestellten Gründen von einer abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) für den Kläger auszugehen ist, ohne das es auf berufsrechtliche Fragestellungen oder auf zulassungsrechtliche Fragestellungen aus dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ankommt.

4. Schließlich sind die Bescheide der Beklagten auch insoweit nicht zu beanstanden, als dass die Beklagte festgestellt hat, dass die Beigeladene zu 1) als abhängig Beschäftigte ab dem 1.1.2012 der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Denn der Versicherungspflicht in der Kranken , Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch SGB V-, § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - SGB XI § 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -, § 25 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB Ill -).

Das Eingreifen von Ausnahme- bzw. Befreiungsregelungen ist hier nicht ersichtlich und wird von dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) auch nicht behauptet.

5. Im Ergebnis ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage somit unbegründet.

Anhaltspunkte, die das Gericht zu weiteren Ermittlungen drängen müssten (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage, § 103 SGG, Rn. 4ff.), liegen nicht vor. Insbesondere waren im vorliegenden Verfahren keine Zeugen zu vernehmen, da es hier im Wesentlichen um die rechtliche Bewertung der von dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) vorgetragenen "Arbeitsplatzbeschreibung" und um die rechtliche Bewertung des (Vertrags-)Verhältnisses zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) ging. Ein hinreichend bestimmter Beweisantrag des Klägers bzw. der Beigeladenen zu 1), nämlich eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache.(vgl. dazu: Beschluss des Bundessozialgerichts vom 19.11.2007, Az. B 5a/5 R 382/06 B), über den das Gericht entscheiden müsste, liegt nicht vor und ist insbesondere auch nicht in dem Schriftsatz vom 26.9.2014 zu sehen. Weitere Ermittlungen des Gerichts sind jedenfalls nicht geboten, da selbst unter Zugrundelegung der vorgetragenen "Arbeitsplatzbeschreibung" durch den Kläger und der Beigeladenen zu 1) in der rechtlichen Bewertung von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist.

Daher war die Klage abzuweisen.

6. Schließlich war das Verfahren auch nicht auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Voraussetzung eines Vorabentscheidungsersuchens ist nach Art. 267 Abs. 2 AEUV zunächst, dass in einem Prozess vor einem nationalen Gericht eine Frage des Unionsrechts aufgeworfen wird, die nach Auffassung des vorlegenden Gerichts für dessen Entscheidung entscheidungserheblich ist (vgl. Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Auflage, Art. 267 AEUV, Rn. 18ff. m.w.N.). Ob eine Frage des Unionsrechts entscheidungsrelevant ist, beurteilt das nationale Gericht in eigener Verantwortung (vgl. Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Auflage, Art. 267 AEUV, Rn. 18ff. m.w.N.). Eine Vorlage steht im Ermessen des nationalen Gerichts (vgl. Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Auflage, Art. 267 AEUV, Rn. 22 m.w.N.). Über das Ob und Wie einer Vorlage entscheidet das Gericht von Amts wegen. Ein entsprechender Antrag ist weder erforderlich noch bedarf er der förmlichen Bescheidung (vgl. Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Auflage, Art. 267 AEUV, Rn. 18ff. m.w.N.; Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.11.2001, Az. 1 AZR 97/01). Die Verfahrensbeteiligten können ein Vorabentscheidungsersuchen lediglich anregen (vgl. Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Auflage, Art. 267 AEUV, Rn. 23 m.w.N.).

Vor diesem Hintergrund sieht das Gericht im vorliegenden Verfahren keinen Anlass, wie von dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) angeregt, den Europäischen Gerichtshof um eine Vorabentscheidung zu ersuchen. Denn insbesondere eine entscheidungserhebliche Frage des Unionsrechts stellt sich nach Auffassung des Gerichts vorliegend nicht. Der Kläger und die Beigeladene zu 1) haben auch nicht dargelegt, inwieweit hier ein Verstoß gegen Art. 56, 54, 57, 62 AEUV vorliegen soll. Dies ist für das Gericht auch nicht ersichtlich. Insbesondere spielen - wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt - für den vorliegenden Fall weder § 95 Abs. 1a und Abs. 9 SGB V noch § 32b der Ärztezulassungsverordnung eine entscheidungserhebliche Rolle.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG. Nach § 197a Abs. 1 SGG sind im Rahmen der Kostenentscheidung die §§ 154 bis 162 Verwaltungsgerichtsordnung (VwG0) entsprechend anzuwenden, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört. Vorliegend gehören weder der Kläger noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen. Die Kostenentscheidung beruht daher auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwG0. Sie entspricht dem Ausgang des Verfahrens. Daher hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Rechtskraft
Aus
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