Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 18 LW 9/04
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 LW 3/05
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Beim Überbrückungsgeld nach § 57 SGB III handelt es sich um Erwerbsersatzeinkommen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 ALG.
I. Die Bescheide vom 24.11.2003 und 19.02.2004 in der Gestalt des Wi-derspruchsbescheids vom 08.10.2004 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Klägerin vom 01.08.2003 bis zum 31.12.2003 von der Versicherungspflicht zur Landwirtschaftlichen Alterskasse befreit war.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Befreiung von der Versicherungspflicht zur Landwirtschaftlichen Alterskasse und über die Rechtmäßigkeit einer Beitragsforderung in Höhe von 664,00 EUR. Die 1958 geborene Klägerin betreibt seit Oktober 2002 auf einer bewirtschafteten Fläche von 5,4 ha eine Pferdezucht und ?haltung als landwirtschaftliches Nebenunternehmen. Bis zum 02.03.2003 bezog sie von der Bundesanstalt für Arbeit Unterhaltsgeld und vom 03.03.2003 bis zum 08.08.2003 Arbeitslosengeld, jeweils in wöchentlicher Höhe von 133,49 EUR. Seit dem 01.08.2003 ist sie hauptberuflich als selbständige Ergotherapeutin in eigener Praxis tätig. Mit Bescheid vom 12.08.2003 bewilligte die Bundesanstalt für Arbeit der Klägerin zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit für den Zeitraum vom 01.08.2003 bis zum 31.01.2004 ein Überbrückungsgeld nach § 57 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Drittes Buch (III) ? Arbeitsförderung ? in Höhe von monatlich 963,99 EUR als Zuschuss. Am 10.09.2003 beantragte die Klägerin unter Vorlage der Bescheide und Leistungsnachweise des Arbeitsamts Bautzen die Befreiung von der Versicherungspflicht wegen des Bezugs außerlandwirt-schaftlicher Einkünfte von über 400,00 EUR im Monat (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Alters-sicherung der Landwirte [ALG]) und nach § 3 Abs. 3 ALG. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 24.11.2003 fest, dass die Klägerin für die Zeit vom 01.01.2003 bis zum 08.08.2003 als Landwirt von der Versicherungspflicht zur Sächsischen Landwirtschaftlichen Alterskasse befreit sei, mit der Folge, dass für die Zeit vom 01.01.2003 bis zum 31.07.2003 keine Beiträge zu entrichten seien. Für die Zeit ab dem 09.08.2003 bestehe als Landwirt Versicherungs-pflicht zur Sächsischen Landwirtschaftlichen Alterskasse, mit der Folge, dass für die Zeit ab dem 01.08.2003 Beiträge zu entrichten seien. Die Versicherungspflicht ab dem 09.08.2003 begründete die Beklagte damit, dass das ab dem 01.08.2003 bewilligte Überbrückungsgeld keinen Befreiungstatbe-stand nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG begründe. Gegen den Bescheid erhob die Klägerin am 29.12.2003 mit Schreiben vom 22.12.2003 Widerspruch, den sie auf die Feststellung der Versicherungspflicht ab dem 01.08.2003 beschränkte. Sie sei gemäß einem Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für An-gestellte vom 12.11.2003 bereits als selbständige Ergotherapeutin rentenversicherungspflichtig. Eine Zahlung von Pflichtbeiträgen sowohl zur Rentenversicherung der Angestellten als auch zur Landwirt-schaftlichen Alterskasse komme nicht in Frage. Mit weiterem Schreiben vom 02.12.2003 hatte die Beklagte den bis dahin aufgelaufenen Beitrags-rückstand mit 830,00 EUR ausgewiesen und die Klägerin nach Verrechnung mit einem Beitragsgut-haben zur Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (102,20 EUR) zur Begleichung des Restbetra-ges von 727,80 EUR aufgefordert. Ein hiergegen unter Hinweis auf den anhängigen Widerspruch gerichtetes Schreiben der Klägerin legte die Beklagte als Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Beitragsforderung aus, den sie mit Bescheid vom 19.02.2004 ablehnte. In der Begründung führte die Beklagte aus, bei dem Überbrückungsgeld handele es sich weder um Erwerbsersatzeinkommen noch um eine vergleichbare Leistung eines Sozialleistungsträgers, da es wegen seines überwiegend fürsor-gerechtlichen Charakters lediglich eine Ausgleichs- bzw. Entschädigungsfunktion erfülle. Auch gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin über ihre anwaltlichen Prozessbevollmächtigten Widerspruch. Die Bewertung des Überbrückungsgeldes stehe im Widerspruch zur Wertung bei anderen Versiche-rungsträgern. Nach Vorlage einer Auskunft der Steuerberaterin der Klägerin vom 05.05.2004, wonach das Ein-kommen aus der freiberuflichen Tätigkeit 2004 und in den folgenden Jahren voraussichtlich mehr als 4.800,00 EUR betragen werde, befreite die Beklagte mit Bescheid vom 24.06.2004 die Klägerin für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2004 von der Versicherungspflicht zur Landwirtschaftlichen Alterskasse. Hinsichtlich des Zeitraums August 2003 bis Dezember 2003 hielt die Klägerin ihren Widerspruch aufrecht. Mit Schreiben vom 11.08.2004 vertraten ihre Bevollmächtigten unter Hinweis auf die Kommentierung bei Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch III: Arbeitsförderung, zu § 57 SGB III die Auffassung, das Überbrückungsgeld sei wie Arbeitslosengeld zu bewerten. Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2004 den Widerspruch gegen die Beschei-de vom 24.11.2003 und vom 19.02.2004 zurück. Das Überbrückungsgeld erfülle überwiegend die Funktion der Förderung der Existenzgründung und ersetze nicht (entgangenes) Erwerbseinkommen. Es handele sich um eine Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen nicht vergleichbare Leistung. Hiergegen richtet sich die am 10.11.2004 beim Sozialgericht Dresden eingegangene Klage. Das Über-brückungsgeld sei in gleicher Höhe wie das zuvor bezogene Arbeitslosengeld ohne Prüfung der wirt-schaftlichen Bedürftigkeit gewährt worden. Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 24.11.2003 und den Bescheid vom 19.02.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.10.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin für die Zeit vom 01.08.2003 bis zum 31.12.2003 Befreiung von der Versicherungspflicht zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie nimmt auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug. Zur Untermauerung stützt sie sich auf das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 21.01.2004, Az. 2 LW 1/03. Die Gewährung von Überbrückungsgeld setze ebenso wie die von Arbeitslosenhilfe Bedürftigkeit voraus. Es handele sich um eine Einkommensergänzung, nicht um Einkommensersatz. Die Beteiligten haben auf Anfrage keine Einwände gegen eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid erhoben. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrens-akte und auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann über den Rechtsstreit gemäß § 105 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten keine Gründe vorgetragen haben, die einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid entgegen stehen würden. Die Klage ist zulässig. Richtige Klageart ist hinsichtlich der angestrebten Befreiung von der Versiche-rungspflicht in entsprechender Anwendung von § 55 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 54 Abs. 4 SGG die verbundene Anfechtungs- und Feststellungsklage; soweit die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf die Feststellung der Befreiung von der Versicherungspflicht hat, ersetzt die Feststellung des Gerichts die Verpflichtung der Beklagten zum Erlass des beantragten Befreiungsbescheids. An die Fassung des im Sinne einer verbundenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage formulierten Klage-antrags ist das Gericht gemäß § 123 SGG nicht gebunden. In der Sache hat die Klage Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht zur Landwirtschaftlichen Alterskasse im Zeitraum vom 01.08.2003 bis zum 31.12.2003 auf Grundlage des § 3 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 ALG. Nach diesen Vorschriften werden Landwirte auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, solange sie regelmäßig Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, vergleichbares Einkommen oder Erwerbsersatzein-kommen beziehen, das ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft jährlich 4.800,00 EUR überschreitet. Erwerbsersatzeinkommen sind Leistungen, die aufgrund oder in entsprechender Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht werden, um Erwerbsein-kommen zu ersetzen. Hierzu zählen unter Anderem insbesondere Krankengeld, Versorgungskranken-geld, Verletztengeld, soweit es nicht nach § 55 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Siebtes Buch (VII) ? Gesetzliche Unfallversicherung ? gewährt wird, oder Übergangsgeld, Arbeitslosengeld oder Unter-haltsgeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen von einem Sozial-leistungsträger. Bei dem der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum gewährten Überbrückungsgeld nach § 57 SGB III handelt es sich um Erwerbsersatzeinkommen, das den in § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ALG genan-ten Arten von Erwerbsersatzeinkommen vergleichbar ist. Der Inhalt des Anspruchs auf Überbrückungsgeld richtet sich vorliegend für die gesamte Dauer der Leistung (§ 422 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) nach § 57 SGB III in der vom 01.01.2003 bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung des Gesetzes vom 23.12.2002 (BGBl. I S. 4607). Danach können Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, für die Dauer von sechs Monaten zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Überbrückungsgeld erhalten. Das Überbrückungsgeld setzt sich zu-sammen aus einem Betrag, den der Arbeitnehmer als Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe zuletzt bezogen hat oder bei Arbeitslosigkeit hätte beziehen können, und den darauf entfallenden pauschalier-ten Sozialversicherungsbeiträgen. Ob es sich bei einer bestimmten Entgeltersatzleistung um Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ALG handelt oder nicht, richtet sich danach, ob es sich in erster Linie um Ein-kommen handelt, dass Erwerbseinkommen tatsächlich ersetzen soll, oder eher um eine der Arbeitslo-sen- und Sozialhilfe vergleichbare Fürsorgeleistung handelt. In Bezug auf das Überbrückungsgeld trifft das Erstere zu. 1. Es handelt sich beim Überbrückungsgeld ? wie beim Arbeitslosengeld ? um einen aus Beiträgen zumindest mitfinanzierten Zuschuss (vgl. § 340 SGB III in Verbindung mit dem Umkehrschluss aus § 363 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Dieser wird regelmäßig wiederkehrend und ? ebenso wie die anderen in § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ALG genannten Erwerbsersatzeinkommen und anders als Arbeitslosen- oder Sozialhilfe bzw. Ar-beitslosengeld II ? nur für eine von vorn herein begrenzte Anspruchsdauer ausgezahlt. Als Maß-nahme der aktiven Arbeitsförderung dient er dazu, Existenzgründern die Sicherung des Lebensun-terhalts sowie die soziale Sicherung zur ermöglichen (vgl. Bundestags-Drucksache 13/4941 S. 163). Die Auszahlung erfolgt pauschalisiert in Höhe der zuletzt bezogenen ? oder bei nahtlosem Über-gang aus einer Beschäftigung in die Existenzgründung in Höhe der hypothetischen ? Leistung, oh-ne dass eine Prüfung der individuellen Bedürftigkeit im Sinne von § 193 SGB III bzw. § 19 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Zweites Buch (II) ? Grundsicherung für Arbeitssuchende ? zu erfolgen hat. Soweit in § 57 Abs. 1 SGB III der existenzsichernde Zweck der Leistung ausdrücklich genannt ist, handelt es sich nicht um echtes Tatbestandsmerkmal im Sinne fürsorgerechtlicher Bedürftig-keit, sondern um eine Abgrenzung gegenüber anderen Förderinstrumenten ohne Einkommenser-satzfunktion wie etwa Investitionszuschüssen. 2. Zu Unrecht verneint die von der Beklagten für ihre Auffassung in Anspruch genommene Entschei-dung des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 21.01.2004, Az. 2 LW 1/03, den Charakter des Überbrückungsgeld als Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ALG. Dass nach der Entscheidung des Sozialgerichts Dortmund vom 06.12.2002, Az. S 5 AL 131/02, das Überbrückungsgeld nicht gezahlt werden kann, wenn dem Versicherten ausreichend anderwei-tiges Einkommen und Vermögen zur Verfügung steht, ist zwar zutreffend; in diesen Fällen ist das Ermessen dahingehend auszuüben, dass die Leistung dem Grunde nach nicht zu gewähren ist. Letztlich trifft jedoch auf alle echten Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ALG zu, dass diese schon begrifflich nur ein sonst nicht vorhandenes Einkommen ersetzen, also gerade wegen fehlenden anderweitigen Einkommens gezahlt werden. Die entsprechenden leis-tungsrechtlichen Vorschriften treffen deshalb auch Regelungen zur Vermeidung einer Übersiche-rung im Falle des Zusammentreffens mit anderweitigem Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen. Die Auffassung, aus dieser Rechtsprechung sei zu schließen, dass das Überbrückungsgeld wie Ar-beitslosenhilfe Bedürftigkeit voraussetze, verkennt den Begriff der Bedürftigkeit, wie ihn das So-zialgesetzbuch in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung in Bezug auf die Arbeitslosenhilfe in § 193 SGB III verwendet hat. Wird Überbrückungsgeld bewilligt, dann ist es nach der klaren und abschließenden Regelung über die Leistungshöhe in § 57 Abs. 4 SGB III unabhängig von der Höhe der konkreten Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb in Höhe der zuvor oder hypothetisch bezogenen Lohnersatzleistung zuzüglich der Sozialversicherungszuschüsse zu gewähren. Eine Bedürftigkeits-prüfung findet gerade nicht statt. Die in der Entscheidung des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg als Argument für ei-nen fürsorgerechtlichen Charakter des Überbrückungsgeldes herangezogene Systematik und Ter-minologie des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch ist für die Bestimmung des Begriffs des Erwerbser-satzeinkommens im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ALG ohne Aussagekraft. Das ergibt sich schon daraus, dass es sich sowohl beim Arbeitslosengeld als auch bei der Arbeitslosenhilfe begriff-lich um Entgeltersatzleistungen im Sinne des Arbeitsförderungsrechts handelt, obwohl die Eigen-schaft als Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ALG in dem einen Fall bejaht und im anderen Fall verneint wird. Kann mithin schon aus der gemeinsamen Verankerung dieser beiden Leistungsarten im Achten Abschnitt des Vierten Kapitels des Dritten Buchs Sozial-gesetzbuch ("Erwerbsersatzeinkommen") kein Rückschluss auf die Qualifizierung als Erwerbser-satzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ALG gezogen werden, so ist es abwegig, ge-nau einen solchen Rückschluss daraus ziehen zu wollen, dass die Vorschrift über das Überbrü-ckungsgeld nicht im Achten, sondern im Vierten Abschnitt des Vierten Kapitels ("Förderung der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit") steht. Unvereinbar mit dem Sprachgebrauch ist schließlich das Argument, ein Erwerbsersatzeinkommen könne nicht erzielt werden, wenn der Leistungsempfänger tatsächlich erwerbstätig sei. Der Wort-bestandteil "Ersatz" in "Erwerbsersatzeinkommen" bezieht sich nicht auf "Erwerb", sondern auf "Einkommen". Erwerbsersatzeinkommen ist ein Erwerbseinkommens-Ersatz und kein Erwerbser-satz-Einkommen. Der Begriff wird also durch ein auszugleichendes Einkommensdefizit definiert, nicht durch Erwerbslosigkeit. Schon aus der Gleichstellung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit und Erwerbsersatzeinkommen in § 3 ALG wird ersichtlich, dass es für den Zweck des Gesetzes, auf eine zusätzliche Alterssicherung bei ausreichendem außerlandwirtschaftlichen Einkommen zu verzichten, keine Rolle spielt, ob der Landwirt zur Erzielung dieses Einkommens erwerbstätig ist oder nicht. Dass der Leistungsempfänger keinerlei Erwerbstätigkeit nachgehen oder überhaupt kein Erwerbseinkommen erzielen dürfte, ist im Übrigen für keine der als Erwerbsersatzeinkommen in Frage kommenden Leistungen Voraussetzung. 4. Der Beklagten ist zwar einzuräumen, dass das Überbrückungsgeld insoweit weder mit Arbeitslo-sengeld noch Arbeitslosenhilfe bzw. Arbeitslosengeld II vergleichbar ist, als es keine Arbeitslosig-keit voraussetzt, sondern ein noch nicht in ausreichendem Maße zufließendes Einkommen aus ei-ner tatsächlichen Erwerbstätigkeit ersetzt bzw. im Wege der Subventionierung aufstockt. Hierbei handelt es sich aber um einen für die Befreiung von der Versicherungspflicht im Allgemeinen und für die Differenzierung zwischen echten und uneigentlichen Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ALG im Besonderen unwesentlichen Umstand. Tatsächlich spielt es keine Rolle, ob das Überbrückungsgeld eher dem Arbeitslosengeld oder der Arbeitslosenhilfe äh-nelt. Auf die Vergleichbarkeit mit diesen Surrogaten kommt es nicht an, weil beim Überbrü-ckungsgeld die Vergleichbarkeit mit den primären Befreiungstatbeständen in den Vordergrund tritt. Gerade wegen seines Bezugs zu einer konkreten, selbständigen Erwerbstätigkeit weist das Über-brückungsgeld eine besondere Vergleichbarkeit mit tatsächlichem Arbeitseinkommen auf. Der Be-zug solchen Arbeitseinkommens erfüllt den primären Befreiungstatbestand nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG. Wenn schon der Bezug von Erwerbsersatzeinkommen wie Arbeitslosen- und Krankengeld in Abgrenzung zu sozialfürsorgerischen Leistungen wie Arbeitslosen- und Sozialhilfe bzw. Arbeits-losengeld II und Sozialgeld die Befreiung von der Versicherungspflicht rechtfertigt, dann muss bei vergleichender Betrachtung der in § 3 ALG geregelten Befreiungsmöglichkeiten der Bezug von Überbrückungsgeld erst recht zur Befreiung von der Versicherungspflicht führen. Lagen die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht somit im streitgegen-ständlichen Zeitraum vor, sind mit der Feststellung der Befreiung die entgegenstehende Feststellun-gen der Beklagten im Ausgangsbescheid vom 24.11.2003 aufzuheben. Der zur Vollziehung dieser Feststellungen erlassene Bescheid vom 19.02.2004 ist damit gegenstandslos und wegen des Zusam-menhangs mit dem Bescheid vom 24.11.2003 der Rechtsklarheit halber mit aufzuheben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 und § 193 Abs. 1 SGG. Die Zulässigkeit der Berufung er-gibt sich aus der Höhe der Beitragslast von insgesamt 830,00 EUR, die mit einer Versicherungspflicht im streitgegenständlichen Zeitraum einher gehen würde.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Befreiung von der Versicherungspflicht zur Landwirtschaftlichen Alterskasse und über die Rechtmäßigkeit einer Beitragsforderung in Höhe von 664,00 EUR. Die 1958 geborene Klägerin betreibt seit Oktober 2002 auf einer bewirtschafteten Fläche von 5,4 ha eine Pferdezucht und ?haltung als landwirtschaftliches Nebenunternehmen. Bis zum 02.03.2003 bezog sie von der Bundesanstalt für Arbeit Unterhaltsgeld und vom 03.03.2003 bis zum 08.08.2003 Arbeitslosengeld, jeweils in wöchentlicher Höhe von 133,49 EUR. Seit dem 01.08.2003 ist sie hauptberuflich als selbständige Ergotherapeutin in eigener Praxis tätig. Mit Bescheid vom 12.08.2003 bewilligte die Bundesanstalt für Arbeit der Klägerin zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit für den Zeitraum vom 01.08.2003 bis zum 31.01.2004 ein Überbrückungsgeld nach § 57 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Drittes Buch (III) ? Arbeitsförderung ? in Höhe von monatlich 963,99 EUR als Zuschuss. Am 10.09.2003 beantragte die Klägerin unter Vorlage der Bescheide und Leistungsnachweise des Arbeitsamts Bautzen die Befreiung von der Versicherungspflicht wegen des Bezugs außerlandwirt-schaftlicher Einkünfte von über 400,00 EUR im Monat (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Alters-sicherung der Landwirte [ALG]) und nach § 3 Abs. 3 ALG. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 24.11.2003 fest, dass die Klägerin für die Zeit vom 01.01.2003 bis zum 08.08.2003 als Landwirt von der Versicherungspflicht zur Sächsischen Landwirtschaftlichen Alterskasse befreit sei, mit der Folge, dass für die Zeit vom 01.01.2003 bis zum 31.07.2003 keine Beiträge zu entrichten seien. Für die Zeit ab dem 09.08.2003 bestehe als Landwirt Versicherungs-pflicht zur Sächsischen Landwirtschaftlichen Alterskasse, mit der Folge, dass für die Zeit ab dem 01.08.2003 Beiträge zu entrichten seien. Die Versicherungspflicht ab dem 09.08.2003 begründete die Beklagte damit, dass das ab dem 01.08.2003 bewilligte Überbrückungsgeld keinen Befreiungstatbe-stand nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG begründe. Gegen den Bescheid erhob die Klägerin am 29.12.2003 mit Schreiben vom 22.12.2003 Widerspruch, den sie auf die Feststellung der Versicherungspflicht ab dem 01.08.2003 beschränkte. Sie sei gemäß einem Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für An-gestellte vom 12.11.2003 bereits als selbständige Ergotherapeutin rentenversicherungspflichtig. Eine Zahlung von Pflichtbeiträgen sowohl zur Rentenversicherung der Angestellten als auch zur Landwirt-schaftlichen Alterskasse komme nicht in Frage. Mit weiterem Schreiben vom 02.12.2003 hatte die Beklagte den bis dahin aufgelaufenen Beitrags-rückstand mit 830,00 EUR ausgewiesen und die Klägerin nach Verrechnung mit einem Beitragsgut-haben zur Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (102,20 EUR) zur Begleichung des Restbetra-ges von 727,80 EUR aufgefordert. Ein hiergegen unter Hinweis auf den anhängigen Widerspruch gerichtetes Schreiben der Klägerin legte die Beklagte als Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Beitragsforderung aus, den sie mit Bescheid vom 19.02.2004 ablehnte. In der Begründung führte die Beklagte aus, bei dem Überbrückungsgeld handele es sich weder um Erwerbsersatzeinkommen noch um eine vergleichbare Leistung eines Sozialleistungsträgers, da es wegen seines überwiegend fürsor-gerechtlichen Charakters lediglich eine Ausgleichs- bzw. Entschädigungsfunktion erfülle. Auch gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin über ihre anwaltlichen Prozessbevollmächtigten Widerspruch. Die Bewertung des Überbrückungsgeldes stehe im Widerspruch zur Wertung bei anderen Versiche-rungsträgern. Nach Vorlage einer Auskunft der Steuerberaterin der Klägerin vom 05.05.2004, wonach das Ein-kommen aus der freiberuflichen Tätigkeit 2004 und in den folgenden Jahren voraussichtlich mehr als 4.800,00 EUR betragen werde, befreite die Beklagte mit Bescheid vom 24.06.2004 die Klägerin für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2004 von der Versicherungspflicht zur Landwirtschaftlichen Alterskasse. Hinsichtlich des Zeitraums August 2003 bis Dezember 2003 hielt die Klägerin ihren Widerspruch aufrecht. Mit Schreiben vom 11.08.2004 vertraten ihre Bevollmächtigten unter Hinweis auf die Kommentierung bei Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch III: Arbeitsförderung, zu § 57 SGB III die Auffassung, das Überbrückungsgeld sei wie Arbeitslosengeld zu bewerten. Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2004 den Widerspruch gegen die Beschei-de vom 24.11.2003 und vom 19.02.2004 zurück. Das Überbrückungsgeld erfülle überwiegend die Funktion der Förderung der Existenzgründung und ersetze nicht (entgangenes) Erwerbseinkommen. Es handele sich um eine Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen nicht vergleichbare Leistung. Hiergegen richtet sich die am 10.11.2004 beim Sozialgericht Dresden eingegangene Klage. Das Über-brückungsgeld sei in gleicher Höhe wie das zuvor bezogene Arbeitslosengeld ohne Prüfung der wirt-schaftlichen Bedürftigkeit gewährt worden. Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 24.11.2003 und den Bescheid vom 19.02.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.10.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin für die Zeit vom 01.08.2003 bis zum 31.12.2003 Befreiung von der Versicherungspflicht zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie nimmt auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug. Zur Untermauerung stützt sie sich auf das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 21.01.2004, Az. 2 LW 1/03. Die Gewährung von Überbrückungsgeld setze ebenso wie die von Arbeitslosenhilfe Bedürftigkeit voraus. Es handele sich um eine Einkommensergänzung, nicht um Einkommensersatz. Die Beteiligten haben auf Anfrage keine Einwände gegen eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid erhoben. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrens-akte und auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann über den Rechtsstreit gemäß § 105 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten keine Gründe vorgetragen haben, die einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid entgegen stehen würden. Die Klage ist zulässig. Richtige Klageart ist hinsichtlich der angestrebten Befreiung von der Versiche-rungspflicht in entsprechender Anwendung von § 55 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 54 Abs. 4 SGG die verbundene Anfechtungs- und Feststellungsklage; soweit die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf die Feststellung der Befreiung von der Versicherungspflicht hat, ersetzt die Feststellung des Gerichts die Verpflichtung der Beklagten zum Erlass des beantragten Befreiungsbescheids. An die Fassung des im Sinne einer verbundenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage formulierten Klage-antrags ist das Gericht gemäß § 123 SGG nicht gebunden. In der Sache hat die Klage Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht zur Landwirtschaftlichen Alterskasse im Zeitraum vom 01.08.2003 bis zum 31.12.2003 auf Grundlage des § 3 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 ALG. Nach diesen Vorschriften werden Landwirte auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, solange sie regelmäßig Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, vergleichbares Einkommen oder Erwerbsersatzein-kommen beziehen, das ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft jährlich 4.800,00 EUR überschreitet. Erwerbsersatzeinkommen sind Leistungen, die aufgrund oder in entsprechender Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht werden, um Erwerbsein-kommen zu ersetzen. Hierzu zählen unter Anderem insbesondere Krankengeld, Versorgungskranken-geld, Verletztengeld, soweit es nicht nach § 55 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Siebtes Buch (VII) ? Gesetzliche Unfallversicherung ? gewährt wird, oder Übergangsgeld, Arbeitslosengeld oder Unter-haltsgeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen von einem Sozial-leistungsträger. Bei dem der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum gewährten Überbrückungsgeld nach § 57 SGB III handelt es sich um Erwerbsersatzeinkommen, das den in § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ALG genan-ten Arten von Erwerbsersatzeinkommen vergleichbar ist. Der Inhalt des Anspruchs auf Überbrückungsgeld richtet sich vorliegend für die gesamte Dauer der Leistung (§ 422 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) nach § 57 SGB III in der vom 01.01.2003 bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung des Gesetzes vom 23.12.2002 (BGBl. I S. 4607). Danach können Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, für die Dauer von sechs Monaten zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Überbrückungsgeld erhalten. Das Überbrückungsgeld setzt sich zu-sammen aus einem Betrag, den der Arbeitnehmer als Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe zuletzt bezogen hat oder bei Arbeitslosigkeit hätte beziehen können, und den darauf entfallenden pauschalier-ten Sozialversicherungsbeiträgen. Ob es sich bei einer bestimmten Entgeltersatzleistung um Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ALG handelt oder nicht, richtet sich danach, ob es sich in erster Linie um Ein-kommen handelt, dass Erwerbseinkommen tatsächlich ersetzen soll, oder eher um eine der Arbeitslo-sen- und Sozialhilfe vergleichbare Fürsorgeleistung handelt. In Bezug auf das Überbrückungsgeld trifft das Erstere zu. 1. Es handelt sich beim Überbrückungsgeld ? wie beim Arbeitslosengeld ? um einen aus Beiträgen zumindest mitfinanzierten Zuschuss (vgl. § 340 SGB III in Verbindung mit dem Umkehrschluss aus § 363 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Dieser wird regelmäßig wiederkehrend und ? ebenso wie die anderen in § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ALG genannten Erwerbsersatzeinkommen und anders als Arbeitslosen- oder Sozialhilfe bzw. Ar-beitslosengeld II ? nur für eine von vorn herein begrenzte Anspruchsdauer ausgezahlt. Als Maß-nahme der aktiven Arbeitsförderung dient er dazu, Existenzgründern die Sicherung des Lebensun-terhalts sowie die soziale Sicherung zur ermöglichen (vgl. Bundestags-Drucksache 13/4941 S. 163). Die Auszahlung erfolgt pauschalisiert in Höhe der zuletzt bezogenen ? oder bei nahtlosem Über-gang aus einer Beschäftigung in die Existenzgründung in Höhe der hypothetischen ? Leistung, oh-ne dass eine Prüfung der individuellen Bedürftigkeit im Sinne von § 193 SGB III bzw. § 19 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Zweites Buch (II) ? Grundsicherung für Arbeitssuchende ? zu erfolgen hat. Soweit in § 57 Abs. 1 SGB III der existenzsichernde Zweck der Leistung ausdrücklich genannt ist, handelt es sich nicht um echtes Tatbestandsmerkmal im Sinne fürsorgerechtlicher Bedürftig-keit, sondern um eine Abgrenzung gegenüber anderen Förderinstrumenten ohne Einkommenser-satzfunktion wie etwa Investitionszuschüssen. 2. Zu Unrecht verneint die von der Beklagten für ihre Auffassung in Anspruch genommene Entschei-dung des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 21.01.2004, Az. 2 LW 1/03, den Charakter des Überbrückungsgeld als Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ALG. Dass nach der Entscheidung des Sozialgerichts Dortmund vom 06.12.2002, Az. S 5 AL 131/02, das Überbrückungsgeld nicht gezahlt werden kann, wenn dem Versicherten ausreichend anderwei-tiges Einkommen und Vermögen zur Verfügung steht, ist zwar zutreffend; in diesen Fällen ist das Ermessen dahingehend auszuüben, dass die Leistung dem Grunde nach nicht zu gewähren ist. Letztlich trifft jedoch auf alle echten Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ALG zu, dass diese schon begrifflich nur ein sonst nicht vorhandenes Einkommen ersetzen, also gerade wegen fehlenden anderweitigen Einkommens gezahlt werden. Die entsprechenden leis-tungsrechtlichen Vorschriften treffen deshalb auch Regelungen zur Vermeidung einer Übersiche-rung im Falle des Zusammentreffens mit anderweitigem Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen. Die Auffassung, aus dieser Rechtsprechung sei zu schließen, dass das Überbrückungsgeld wie Ar-beitslosenhilfe Bedürftigkeit voraussetze, verkennt den Begriff der Bedürftigkeit, wie ihn das So-zialgesetzbuch in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung in Bezug auf die Arbeitslosenhilfe in § 193 SGB III verwendet hat. Wird Überbrückungsgeld bewilligt, dann ist es nach der klaren und abschließenden Regelung über die Leistungshöhe in § 57 Abs. 4 SGB III unabhängig von der Höhe der konkreten Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb in Höhe der zuvor oder hypothetisch bezogenen Lohnersatzleistung zuzüglich der Sozialversicherungszuschüsse zu gewähren. Eine Bedürftigkeits-prüfung findet gerade nicht statt. Die in der Entscheidung des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg als Argument für ei-nen fürsorgerechtlichen Charakter des Überbrückungsgeldes herangezogene Systematik und Ter-minologie des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch ist für die Bestimmung des Begriffs des Erwerbser-satzeinkommens im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ALG ohne Aussagekraft. Das ergibt sich schon daraus, dass es sich sowohl beim Arbeitslosengeld als auch bei der Arbeitslosenhilfe begriff-lich um Entgeltersatzleistungen im Sinne des Arbeitsförderungsrechts handelt, obwohl die Eigen-schaft als Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ALG in dem einen Fall bejaht und im anderen Fall verneint wird. Kann mithin schon aus der gemeinsamen Verankerung dieser beiden Leistungsarten im Achten Abschnitt des Vierten Kapitels des Dritten Buchs Sozial-gesetzbuch ("Erwerbsersatzeinkommen") kein Rückschluss auf die Qualifizierung als Erwerbser-satzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ALG gezogen werden, so ist es abwegig, ge-nau einen solchen Rückschluss daraus ziehen zu wollen, dass die Vorschrift über das Überbrü-ckungsgeld nicht im Achten, sondern im Vierten Abschnitt des Vierten Kapitels ("Förderung der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit") steht. Unvereinbar mit dem Sprachgebrauch ist schließlich das Argument, ein Erwerbsersatzeinkommen könne nicht erzielt werden, wenn der Leistungsempfänger tatsächlich erwerbstätig sei. Der Wort-bestandteil "Ersatz" in "Erwerbsersatzeinkommen" bezieht sich nicht auf "Erwerb", sondern auf "Einkommen". Erwerbsersatzeinkommen ist ein Erwerbseinkommens-Ersatz und kein Erwerbser-satz-Einkommen. Der Begriff wird also durch ein auszugleichendes Einkommensdefizit definiert, nicht durch Erwerbslosigkeit. Schon aus der Gleichstellung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit und Erwerbsersatzeinkommen in § 3 ALG wird ersichtlich, dass es für den Zweck des Gesetzes, auf eine zusätzliche Alterssicherung bei ausreichendem außerlandwirtschaftlichen Einkommen zu verzichten, keine Rolle spielt, ob der Landwirt zur Erzielung dieses Einkommens erwerbstätig ist oder nicht. Dass der Leistungsempfänger keinerlei Erwerbstätigkeit nachgehen oder überhaupt kein Erwerbseinkommen erzielen dürfte, ist im Übrigen für keine der als Erwerbsersatzeinkommen in Frage kommenden Leistungen Voraussetzung. 4. Der Beklagten ist zwar einzuräumen, dass das Überbrückungsgeld insoweit weder mit Arbeitslo-sengeld noch Arbeitslosenhilfe bzw. Arbeitslosengeld II vergleichbar ist, als es keine Arbeitslosig-keit voraussetzt, sondern ein noch nicht in ausreichendem Maße zufließendes Einkommen aus ei-ner tatsächlichen Erwerbstätigkeit ersetzt bzw. im Wege der Subventionierung aufstockt. Hierbei handelt es sich aber um einen für die Befreiung von der Versicherungspflicht im Allgemeinen und für die Differenzierung zwischen echten und uneigentlichen Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ALG im Besonderen unwesentlichen Umstand. Tatsächlich spielt es keine Rolle, ob das Überbrückungsgeld eher dem Arbeitslosengeld oder der Arbeitslosenhilfe äh-nelt. Auf die Vergleichbarkeit mit diesen Surrogaten kommt es nicht an, weil beim Überbrü-ckungsgeld die Vergleichbarkeit mit den primären Befreiungstatbeständen in den Vordergrund tritt. Gerade wegen seines Bezugs zu einer konkreten, selbständigen Erwerbstätigkeit weist das Über-brückungsgeld eine besondere Vergleichbarkeit mit tatsächlichem Arbeitseinkommen auf. Der Be-zug solchen Arbeitseinkommens erfüllt den primären Befreiungstatbestand nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG. Wenn schon der Bezug von Erwerbsersatzeinkommen wie Arbeitslosen- und Krankengeld in Abgrenzung zu sozialfürsorgerischen Leistungen wie Arbeitslosen- und Sozialhilfe bzw. Arbeits-losengeld II und Sozialgeld die Befreiung von der Versicherungspflicht rechtfertigt, dann muss bei vergleichender Betrachtung der in § 3 ALG geregelten Befreiungsmöglichkeiten der Bezug von Überbrückungsgeld erst recht zur Befreiung von der Versicherungspflicht führen. Lagen die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht somit im streitgegen-ständlichen Zeitraum vor, sind mit der Feststellung der Befreiung die entgegenstehende Feststellun-gen der Beklagten im Ausgangsbescheid vom 24.11.2003 aufzuheben. Der zur Vollziehung dieser Feststellungen erlassene Bescheid vom 19.02.2004 ist damit gegenstandslos und wegen des Zusam-menhangs mit dem Bescheid vom 24.11.2003 der Rechtsklarheit halber mit aufzuheben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 und § 193 Abs. 1 SGG. Die Zulässigkeit der Berufung er-gibt sich aus der Höhe der Beitragslast von insgesamt 830,00 EUR, die mit einer Versicherungspflicht im streitgegenständlichen Zeitraum einher gehen würde.
Rechtskraft
Aus
Login
FSS
Saved