Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 12 KR 1065/04
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 196/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 20/05 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. Juli 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Fahrkosten zur Methadon-Behandlung zu erstatten.
Die 1957 geborene Klägerin ist freiwilliges Mitglied der Beklagten. Am 30. Januar 2004 beantragte sie die Kostenübernahme für Krankenfahrten zur ambulanten Methadon-Substitution mit öffentlichen Verkehrsmitteln unter Vorlage einer Bescheinigung des Arztes K. der Drogenhilfe N. vom 29. Januar 2004. Mit Bescheid vom 3. Februar 2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da Fahrten zu ambulanten Behandlungen nur in Ausnahmefällen finanziert werden dürften. Die Behandlung der Klägerin werde jedoch nicht von der Ausnahmeregelung erfasst. Mit ihrem Widerspruch vom 11. Februar 2004 legte die Klägerin weitere Bescheinigungen der Drogenhilfe N. (24. Februar 2004, 9. März 2004, 13. April 2004) vor. Die Beklagte veranlasste eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK). Dr. G. führte am 27. April 2004 aus, dass eine zwingende medizinische Notwendigkeit nicht bestehe. Hierauf gestützt, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2004 den Widerspruch zurück und wies nochmals darauf hin, dass ein besonderer Ausnahmefall im Sinne der Krankentransport-Richtlinien nicht vorliege.
Hiergegen hat die Klägerin am 3. Juni 2004 bei dem Sozialgericht Kassel Klage erhoben. Mit Urteil vom 7. Juli 2004 hat das Sozialgericht Kassel die Beklagte verurteilt, der Klägerin aus Anlass ihrer Teilnahme an der Methadon-Substitution Fahrtkosten in gesetzlichem Umfang, mindestens in Höhe von monatlich 36,50 Euro, rückwirkend und laufend über den 31. Dezember 2003 hinaus auch ab 1. Januar 2004 zu zahlen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt: Entgegen der Auffassung der Beklagten und des MDK stelle die Methadon-Substitution der Klägerin einen Ausnahmefall im Sinne der Krankentransportlinien dar. Entscheidend abzustellen sei darauf, dass das alleinige Auswechseln des Opiats durch ein Substitutionsmittel gerade keine geeignete Behandlungsmethode darstelle und von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht umfasst werde und die Substitution allein und überhaupt erst im Rahmen eines umfassenden Behandlungskonzeptes erfolge, das erforderliche begleitende psychiatrische und/oder psychotherapeutische Behandlungs- oder psychosoziale Betreuungsmaßnahmen mit einbeziehe.
Gegen dieses der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 22. Juli 2004 hat sie am 26. Juli 2004 bei dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.
Sie ist weiterhin der Auffassung, dass die Ausnahmeregelungen im Sinne der Krankentransportrichtlinien nicht erfüllt seien. Eine zwingende medizinische Notwendigkeit liege nicht vor.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. Juli 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat von der Drogenhilfe N. eine Auskunft vom 4. März 2005 eingeholt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen sowie auf den der Akten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte durch den Berichterstatter an Stelle des Senats entscheiden, nachdem sich die Beteiligten hiermit übereinstimmend einverstanden erklärt haben (§ 155 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Fahrkosten zur Methadon-Substitution. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 2004 ist nicht zu beanstanden. Das Urteil des Sozialgerichts Kassel war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Nach § 60 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) übernimmt die Krankenkasse Kosten für Fahrten, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Welches Fahrzeug benutzt werden kann, richtet sich nach der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall. Die Krankenkasse übernimmt Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages nur nach vorheriger Genehmigung in besonderen Ausnahmefällen, die der gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 festgelegt hat.
Solche Richtlinien hat der Gemeinsame Bundesausschuss am 22. Januar 2004, in Kraft ab 1. Januar 2004 verabschiedet (Richtlinien über die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransportleistungen und Rettungsfahrten – Krankentransport-Richtlinien).
Nach § 8 Abs. 1 dieser Richtlinien können in besonderen Ausnahmefällen auch Fahrten zur ambulanten Behandlung bei zwingender medizinischer Notwendigkeit von der Krankenkasse übernommen und vom Vertragsarzt verordnet werden. Sie bedürfen der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse. Nach Abs. 2 sind Voraussetzungen für eine Verordnung und eine Genehmigung, - dass der Patient mit einem durch die Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschema behandelt wird, das eine hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum aufweist und - dass diese Behandlung oder der zu dieser Behandlung führende Krankheitsverlauf den Patienten in einer Weise beeinträchtigt, dass eine Beförderung zu Vermeidung von Schaden an Leib und Leben unerlässlich ist.
Diese Voraussetzungen sind in den in Anlage 2 der Richtlinien genannten Ausnahmefällen in der Regel erfüllt. Diese Liste ist nicht abschließend. In der Anlage 2 zu den Krankentransport-Richtlinien sind als Ausnahmefälle aufgeführt: - Dialysebehandlung, - onkologische Strahlentherapie, - onkologische Chemotherapie.
Nach § 8 Abs. 3 kann die Fahrt zur ambulanten Behandlung verordnet und genehmigt werden für Versicherte, die einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen "aG", "Bl" oder "H" oder einen Einstufungsbescheid gemäß SGB XII in die Pflegestufe II oder III bei der Verordnung vorlegen.
Schließlich ist nach § 8 Abs. 4 die zwingende medizinische Notwendigkeit einer Verordnung der Fahrt und des Beförderungsmittels zu begründen. Fahrten zum Abstimmen von Terminen, Erfragen von Befunden, Abholen von Rezepten etc. sind keine Krankenkassenleistungen.
Für einen Ausnahmefall im Sinne von § 8 Abs. 3 der Krankentransport-Richtlinien ergeben sich keine Anhaltspunkte und sind von der Klägerin auch nicht behauptet worden.
Bei der Klägerin liegt jedoch auch kein Ausnahmefall im Sinne der beispielhaft aufgeführten Diagnosen in der Anlage 2 zu § 8 der Krankentransport-Richtlinien vor. Nach der ausdrücklichen Regelung in § 8 Abs. 2 ist die Liste nicht abschließend. Es muss sich für die Annahme einer Ausnahme jedoch um vergleichbare Fälle handeln. Nach der Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 15/1525 vom 8. September 2003, Seite 94) hat der behandelnde Arzt zu entscheiden, ob und inwieweit zwingende medizinische Gründe vorliegen. Fahrten zur ambulanten Behandlung bedürfen der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse und dürfen nur in ganz besonderen Ausnahmefällen von den Krankenkassen übernommen werden.
Eine solche medizinische Notwendigkeit und insbesondere die Voraussetzung, dass eine Beförderung zur Vermeidung von Schaden an Leib und Leben unerlässlich ist, liegt bei der Klägerin nicht vor. Sie hebt vielmehr darauf ab (vgl. insbesondere Schriftsatz vom 11. Mai 2004 im Verfahren S 12 KR 950/04 ER), dass sie als Bezieherin von Hilfe zum Lebensunterhalt und allein erziehende Mutter aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sei, die Kosten zur Methadon-Substitution zu bezahlen. Dies sind zwar nachvollziehbare finanzielle Gründe, jedoch keine zwingenden medizinischen Gründe. In der Stellungnahme vom 27. April 2004 führt Dr. G. vom MDK überzeugend aus, dass es sich bei der Heroinabhängigkeit, die zur Substitutionstherapie geführt hat, nicht um ein Krankheitsbild handelt, das in seiner Schwere mit einem Nierenversagen mit Dialysepflicht oder einem bösartigen Tumor mit onkologischer Therapie vergleichbar sei. Vergleichbar seien Substitutionspatienten vielmehr mit Patienten, die einer dauerhaften medikamentösen Therapie bedürften, wie beispielsweise insulinpflichtige Diabetiker. Auch hier sei eine regelmäßige, mehrfach täglich Therapie notwendig, die allerdings selbständig durch die Patienten erfolge. Eine solche Form der häuslichen Therapie sei medizinisch gesehen auch bei der Substitution möglich. Die Notwendigkeit, die Substitution innerhalb der Praxis durchzuführen, bestehe nämlich nicht aufgrund medizinischer Sachverhalte, sondern werde durch die Richtlinien der Bundesärztekammer i. V. m. der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung begründet. Somit fehle allein deshalb schon die zwingende medizinische Notwendigkeit. Darüber hinaus seien Fahrten zur Abholung von Medikamenten in den Krankentransport-Richtlinien (§ 8 Abs. 4) ausdrücklich ausgeschlossen.
In der vom Senat eingeholten Auskunft der Drogenhilfe N. vom 4. März 2005 teilt der Arzt K. zunächst mit, dass die psychosoziale Betreuung vom 1. Oktober 1998 bis 13. Oktober 2004 angedauert habe. Zur zwingenden medizinischen Notwendigkeit nimmt er trotz Aufforderung des Senats im Schreiben vom 24. Januar 2005 keine Stellung, sondern führt zusammenfassend lediglich aus, dass die Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr der Klägerin ermöglicht habe, sich sowohl der Interferon-Behandlung bei Dr. M. als auch der Substitutionsbehandlung mit Methadon zu unterziehen. Im Übrigen ist er der Auffassung, dass die Krankentransport-Richtlinien nicht anwendbar seien. Diese Ausführungen sind nicht geeignet, eine zwingende medizinische Notwendigkeit der Fahrten zur Drogenhilfe zu begründen (zur Fahrtkostenerstattung bei Methadon-Behandlung vgl. auch Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 29. April 2004 – 7 B 1907/04 und Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt vom 31. August 2004 – 4 L 2124/04.NW).
Nachdem bei der Klägerin kein vergleichbarer Ausnahmefall im Sinne der Anlage 2 der Krankentransport-Richtlinien vorliegt, ist die Beklagte nicht zur Kostenübernahme verpflichtet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Zulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Fahrkosten zur Methadon-Behandlung zu erstatten.
Die 1957 geborene Klägerin ist freiwilliges Mitglied der Beklagten. Am 30. Januar 2004 beantragte sie die Kostenübernahme für Krankenfahrten zur ambulanten Methadon-Substitution mit öffentlichen Verkehrsmitteln unter Vorlage einer Bescheinigung des Arztes K. der Drogenhilfe N. vom 29. Januar 2004. Mit Bescheid vom 3. Februar 2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da Fahrten zu ambulanten Behandlungen nur in Ausnahmefällen finanziert werden dürften. Die Behandlung der Klägerin werde jedoch nicht von der Ausnahmeregelung erfasst. Mit ihrem Widerspruch vom 11. Februar 2004 legte die Klägerin weitere Bescheinigungen der Drogenhilfe N. (24. Februar 2004, 9. März 2004, 13. April 2004) vor. Die Beklagte veranlasste eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK). Dr. G. führte am 27. April 2004 aus, dass eine zwingende medizinische Notwendigkeit nicht bestehe. Hierauf gestützt, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2004 den Widerspruch zurück und wies nochmals darauf hin, dass ein besonderer Ausnahmefall im Sinne der Krankentransport-Richtlinien nicht vorliege.
Hiergegen hat die Klägerin am 3. Juni 2004 bei dem Sozialgericht Kassel Klage erhoben. Mit Urteil vom 7. Juli 2004 hat das Sozialgericht Kassel die Beklagte verurteilt, der Klägerin aus Anlass ihrer Teilnahme an der Methadon-Substitution Fahrtkosten in gesetzlichem Umfang, mindestens in Höhe von monatlich 36,50 Euro, rückwirkend und laufend über den 31. Dezember 2003 hinaus auch ab 1. Januar 2004 zu zahlen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt: Entgegen der Auffassung der Beklagten und des MDK stelle die Methadon-Substitution der Klägerin einen Ausnahmefall im Sinne der Krankentransportlinien dar. Entscheidend abzustellen sei darauf, dass das alleinige Auswechseln des Opiats durch ein Substitutionsmittel gerade keine geeignete Behandlungsmethode darstelle und von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht umfasst werde und die Substitution allein und überhaupt erst im Rahmen eines umfassenden Behandlungskonzeptes erfolge, das erforderliche begleitende psychiatrische und/oder psychotherapeutische Behandlungs- oder psychosoziale Betreuungsmaßnahmen mit einbeziehe.
Gegen dieses der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 22. Juli 2004 hat sie am 26. Juli 2004 bei dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.
Sie ist weiterhin der Auffassung, dass die Ausnahmeregelungen im Sinne der Krankentransportrichtlinien nicht erfüllt seien. Eine zwingende medizinische Notwendigkeit liege nicht vor.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. Juli 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat von der Drogenhilfe N. eine Auskunft vom 4. März 2005 eingeholt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen sowie auf den der Akten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte durch den Berichterstatter an Stelle des Senats entscheiden, nachdem sich die Beteiligten hiermit übereinstimmend einverstanden erklärt haben (§ 155 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Fahrkosten zur Methadon-Substitution. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 2004 ist nicht zu beanstanden. Das Urteil des Sozialgerichts Kassel war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Nach § 60 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) übernimmt die Krankenkasse Kosten für Fahrten, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Welches Fahrzeug benutzt werden kann, richtet sich nach der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall. Die Krankenkasse übernimmt Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages nur nach vorheriger Genehmigung in besonderen Ausnahmefällen, die der gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 festgelegt hat.
Solche Richtlinien hat der Gemeinsame Bundesausschuss am 22. Januar 2004, in Kraft ab 1. Januar 2004 verabschiedet (Richtlinien über die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransportleistungen und Rettungsfahrten – Krankentransport-Richtlinien).
Nach § 8 Abs. 1 dieser Richtlinien können in besonderen Ausnahmefällen auch Fahrten zur ambulanten Behandlung bei zwingender medizinischer Notwendigkeit von der Krankenkasse übernommen und vom Vertragsarzt verordnet werden. Sie bedürfen der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse. Nach Abs. 2 sind Voraussetzungen für eine Verordnung und eine Genehmigung, - dass der Patient mit einem durch die Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschema behandelt wird, das eine hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum aufweist und - dass diese Behandlung oder der zu dieser Behandlung führende Krankheitsverlauf den Patienten in einer Weise beeinträchtigt, dass eine Beförderung zu Vermeidung von Schaden an Leib und Leben unerlässlich ist.
Diese Voraussetzungen sind in den in Anlage 2 der Richtlinien genannten Ausnahmefällen in der Regel erfüllt. Diese Liste ist nicht abschließend. In der Anlage 2 zu den Krankentransport-Richtlinien sind als Ausnahmefälle aufgeführt: - Dialysebehandlung, - onkologische Strahlentherapie, - onkologische Chemotherapie.
Nach § 8 Abs. 3 kann die Fahrt zur ambulanten Behandlung verordnet und genehmigt werden für Versicherte, die einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen "aG", "Bl" oder "H" oder einen Einstufungsbescheid gemäß SGB XII in die Pflegestufe II oder III bei der Verordnung vorlegen.
Schließlich ist nach § 8 Abs. 4 die zwingende medizinische Notwendigkeit einer Verordnung der Fahrt und des Beförderungsmittels zu begründen. Fahrten zum Abstimmen von Terminen, Erfragen von Befunden, Abholen von Rezepten etc. sind keine Krankenkassenleistungen.
Für einen Ausnahmefall im Sinne von § 8 Abs. 3 der Krankentransport-Richtlinien ergeben sich keine Anhaltspunkte und sind von der Klägerin auch nicht behauptet worden.
Bei der Klägerin liegt jedoch auch kein Ausnahmefall im Sinne der beispielhaft aufgeführten Diagnosen in der Anlage 2 zu § 8 der Krankentransport-Richtlinien vor. Nach der ausdrücklichen Regelung in § 8 Abs. 2 ist die Liste nicht abschließend. Es muss sich für die Annahme einer Ausnahme jedoch um vergleichbare Fälle handeln. Nach der Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 15/1525 vom 8. September 2003, Seite 94) hat der behandelnde Arzt zu entscheiden, ob und inwieweit zwingende medizinische Gründe vorliegen. Fahrten zur ambulanten Behandlung bedürfen der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse und dürfen nur in ganz besonderen Ausnahmefällen von den Krankenkassen übernommen werden.
Eine solche medizinische Notwendigkeit und insbesondere die Voraussetzung, dass eine Beförderung zur Vermeidung von Schaden an Leib und Leben unerlässlich ist, liegt bei der Klägerin nicht vor. Sie hebt vielmehr darauf ab (vgl. insbesondere Schriftsatz vom 11. Mai 2004 im Verfahren S 12 KR 950/04 ER), dass sie als Bezieherin von Hilfe zum Lebensunterhalt und allein erziehende Mutter aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sei, die Kosten zur Methadon-Substitution zu bezahlen. Dies sind zwar nachvollziehbare finanzielle Gründe, jedoch keine zwingenden medizinischen Gründe. In der Stellungnahme vom 27. April 2004 führt Dr. G. vom MDK überzeugend aus, dass es sich bei der Heroinabhängigkeit, die zur Substitutionstherapie geführt hat, nicht um ein Krankheitsbild handelt, das in seiner Schwere mit einem Nierenversagen mit Dialysepflicht oder einem bösartigen Tumor mit onkologischer Therapie vergleichbar sei. Vergleichbar seien Substitutionspatienten vielmehr mit Patienten, die einer dauerhaften medikamentösen Therapie bedürften, wie beispielsweise insulinpflichtige Diabetiker. Auch hier sei eine regelmäßige, mehrfach täglich Therapie notwendig, die allerdings selbständig durch die Patienten erfolge. Eine solche Form der häuslichen Therapie sei medizinisch gesehen auch bei der Substitution möglich. Die Notwendigkeit, die Substitution innerhalb der Praxis durchzuführen, bestehe nämlich nicht aufgrund medizinischer Sachverhalte, sondern werde durch die Richtlinien der Bundesärztekammer i. V. m. der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung begründet. Somit fehle allein deshalb schon die zwingende medizinische Notwendigkeit. Darüber hinaus seien Fahrten zur Abholung von Medikamenten in den Krankentransport-Richtlinien (§ 8 Abs. 4) ausdrücklich ausgeschlossen.
In der vom Senat eingeholten Auskunft der Drogenhilfe N. vom 4. März 2005 teilt der Arzt K. zunächst mit, dass die psychosoziale Betreuung vom 1. Oktober 1998 bis 13. Oktober 2004 angedauert habe. Zur zwingenden medizinischen Notwendigkeit nimmt er trotz Aufforderung des Senats im Schreiben vom 24. Januar 2005 keine Stellung, sondern führt zusammenfassend lediglich aus, dass die Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr der Klägerin ermöglicht habe, sich sowohl der Interferon-Behandlung bei Dr. M. als auch der Substitutionsbehandlung mit Methadon zu unterziehen. Im Übrigen ist er der Auffassung, dass die Krankentransport-Richtlinien nicht anwendbar seien. Diese Ausführungen sind nicht geeignet, eine zwingende medizinische Notwendigkeit der Fahrten zur Drogenhilfe zu begründen (zur Fahrtkostenerstattung bei Methadon-Behandlung vgl. auch Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 29. April 2004 – 7 B 1907/04 und Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt vom 31. August 2004 – 4 L 2124/04.NW).
Nachdem bei der Klägerin kein vergleichbarer Ausnahmefall im Sinne der Anlage 2 der Krankentransport-Richtlinien vorliegt, ist die Beklagte nicht zur Kostenübernahme verpflichtet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Zulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
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