Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 67/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 407/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Augsburg vom 27.11.2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Klage gegen den Entziehungsbescheid vom 26.11.2002 wird abgewiesen. III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der dem Kläger vom 29.03.2001 bis 30.11.2002 gewährten Verletztenrente und ob ihm über den November 2002 hinaus Verletztenrente zu gewähren ist.
Der 1945 geborene Kläger, selbständiger Radio- und Fernsehmechaniker, fiel am 01.02.2000 aus drei Meter Höhe von einer Leiter und stürzte mit dem Kopf gegen die Leiter. Er erlitt eine Schnittwunde am Kopf, multiple Prellungen an der LWS und am linken Handgelenk und eine Fraktur BMK 12 und LWK 2 laut Bericht des Orthopäden Dr.L. vom 13.04.2000.
Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte mit entsprechenden Röntgenbildern Berichte des Orthopäden Dr.L. vom 13.04.2000, 05.06.2000, 06.07.2000, des Dr.L. vom 10.02.2000 und 03.03.2000, des Dr.W. vom 09.06.2000, des Dr.T. vom 05.06.2000, des Radiologen Dr.S. und hier MR-Tomographien vom 29.09.1997, 21.09.2000, 01.12.2000, Berichte des Neurologen Dr.G. vom 14.10.1997, 07.11.2000, der Unfallklinik M. vom 02.08.2000, des Dr.N. vom 05.09.2000/27.10.2000, des Neurologen Dr.R. vom 16.07.2000, Dr.von L. vom 09.10.2000, 04.08.2000, des Prof.Dr.B. vom 11.10.2000, 20.10.2000, 12.03.2001, einen Arztbericht der S. Klinik in Bad S. vom 15.11.2000 bei und holte ein chirurgisches Gutachten des Prof.Dr.B. vom 12.07.2001 und des Neurologen Dr.N. vom 11.07.2001 ein. Prof.Dr.B. stellte als Unfallfolgen fest: eingeschränkte Beweglichkeit sowie glaubhafte Beschwerden am thorako-lumbalen Übergang bei knöchern in Höhenminderung verheilter BWK 12-Kompressionsfraktur, ventralseitig um 1/3 höhengemindert sowie knöchern verheilte Kompressionsfraktur des 2. LWK, ventralseitig um ¼ höhengemindert, minimaler Deckplatteneinbruch BWK 8 sowie LWK 3, minimal eingeschränkte Beweglichkeit des linken Handgelenks nach Distorsion mit schalenförmiger Absprengung ulnarseitig, reizlos abgeheilte Stirnplatzwunde rechtsseitig, eingeschränkte Beweglichkeit beider Schultergelenke bei degenerativ veränderter Rotatorenmanschette mit Schulterkopfhochstand beidseits, eingeschränkte Beweglichkeit der HWS bei degenerativen Veränderungen der unteren HWS, eingeschränkte Beweglichkeit beider Hüften bei altersentsprechender Abnutzung. Da Dr.N. auf neurologischem Fachgebiet keine Einschränkung sah, schätzte er die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf 20 v.H. Daraufhin gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 06.09.2001 vorläufige Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. ab 23.03.2001.
Auf den Widerspruch des Klägers hin, mit dem er selbst verfasste Gutachten auf chirurgischem und nervenärztlichem Fachgebiet vom 23.10.2001 vorlegte und seine MdE auf chirurgischem Gebiet auf 90 v.H. und auf neurologischem Gebiet auf 20 v.H. schätzte, wies die Beklagte mit Bescheid vom 19.02. 2002 den Widerspruch zurück.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und beantragt, ihm eine höhere Verletztenrente als nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren. Das SG hat einen Befundbericht des Dr.W. vom 16.07.2001/25.07.2002, eine Auskunft der C. Krankenversicherung vom 07.08.2002 und die Akten der LVA Schwaben beigezogen und am 16.10.2002 einen Erörterungstermin abgehalten. Die Vorsitzende hat darauf hingewiesen, dass der Orthopäde Dr.L. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt werde. Der Kläger war jedoch nur bereit, sich von einem Arzt des Amtes für Versorgung und Familienförderung untersuchen zu lassen. Nachdem im Erörterungstermin vom 16.10.2002 keine Einigung erzielt worden war, hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 27.11.2002 die Klage abgewiesen.
Mit Bescheid vom 26.11.2002 hat die Beklagte die Verletztenrente des Klägers ab 01.12.2002 entzogen.
Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger Berufung eingelegt. Er hat vorgetragen, die Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheides hätten nicht vorgelegen. Es lägen eine Unzahl von Verfahrensfehlern und groben Formfehlern vor. Der Sachverhalt sei nicht richtig aufgeklärt, es fehle an einer richtigen Beweiswürdigung. Eine Anhörung für den Rentenentzug habe nicht stattgefunden. Es sei gegen das rechtliche Gehör verstoßen worden, es lägen Grundrechtsverstöße vor, er habe einen Herstellungsanspruch, er stelle Anträge nach §§ 86b und 86a SGG. Er legte Berichte des Dr.N. vom 09.05.2005 und 20.08.2001, des Orthopäden T. vom 28.08.2001, des Dr.S. vom 29.01.2003, 15.03.2003, des Dr.H. vom 29.11.2001, des Dr.H. vom 21.09.2001, 19.09.2003, des Dr.W. vom 30.07.2003, des Dr.W. vom 10.12.2001, des Dr.W. vom 16.07.2001, des Dr.W. vom 28.01.2005 sowie ein Gutachten des Dr.N. vom 04.07.2005, ein urodynamisches Gutachten des Dr.S. vom 24.07.2003, ein Gutachten des Orthopäden Dr.B. vom 26.04.2003 für die H. Versicherung, ein unfallchirurgisches Gutachten Dr.K. vom 24.06.2003, Gutachten Dr.V. vom 12.07.2001 für die H. Versicherung, einen Kernspinbericht des Dr.E. vom 12.02.2001 sowie Berichte des Dr.S. vom 21.06.2004, Dr.N. vom 05.04.2002, der Z.klinik vom 02.10.2003 und des Dr.H. vom 22.06.2004 vor.
Der Senat hat die einschlägigen Röntgenaufnahmen der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. und des Krankenhauses F. , einen Bericht der S. Klinik vom 21.01.2005, die Akten des Amtes für Versorgung und Familienförderung und der LVA Schwaben beigezogen und ein Gutachten des Orthopäden Dr.G. , H. Klinik A. , vom 13.10.2005 eingeholt. Dieser hat nach ambulanter Untersuchung des Klägers ausgeführt, dass die Wirbelkörperbrüche des Klägers BWK 12 und LWK 2 ohne statisch wirksamen Achsenknick verheilt seien, ebenso wie die minimalen Deckplattenimpressionen BWK 8 und LWK 3. Die MdE betrage 10 v.H. Sie sei für die Zeit vom 29.03.2001 bis November 2002 nicht nach einer höheren MdE als 20 v.H. zu bewerten.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des SG Augsburg vom 27.11.2002 und Abänderung des Bescheides vom 06.09.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2002 und unter Aufhebung des Entziehungsbescheides vom 26.11.2002 zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer höheren MdE als 20 v.H. auf Dauer zu gewähren, sowie das Gutachten des Dr.M. beizuziehen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt, die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 27.11.2002 zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 26.11.2002 abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten des SG Augsburg S 11 SB 22/03 ER, S 11 SB 862/02 ER, S 11 SB 523/03, S 8 SB 630/01, S 11 SB 859/02, S 8 SB 77/05 ER, die Akten des Bayer. Landessozialgerichts L 2 B 396/02 U, L 3 B 76/03 U ER, die Schwerbehindertenakten des Amtes für Versorgung und Familienförderung A. , die Akten der Beklagten (5 Band) und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 27.11.2002 abgewiesen. Es konnte mit Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG entscheiden, denn die Sache wies nach Belehrung des Klägers im Erörterungstermin vom 16.10.2002 keine besonderen Schwierigkeiten auf. Der Kläger war auf seine Rechte ordnungsgemäß hingewiesen worden ebenso wie auf die möglichen Folgen seiner Weigerung, sich von einem vom Gericht beauftragten Sachverständigen untersuchen zu lassen.
Der Rentenentziehungsbescheid vom 26.11.2002 war gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens geworden, denn beim Erlass des Gerichtsbescheides am 27.11.2002 war er dem Kläger noch nicht wirksam bekannt gegeben. Über ihn war auf Klage hin zu entscheiden (Meyer-Ladwewig, SGG, 8. Auflage, § 96 Anm.7). Er ist nach Anhörung des Klägers gemäß § 24 SGB X mit Schreiben vom 04.11.2002 zu Recht ergangen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Verletztenrente über den November 2002 hinaus und keinen Anspruch auf Zahlung einer höheren Verletztenrente als nach eine MdE von 20 v.H. für die Zeit vom 29.03.2001 bis November 2002.
Nach § 56 Abs.1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII haben Versicherte Anspruch auf eine Rente, deren Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Dabei richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs.3 Satz 1 SGB VII). Bei der Beurteilung der MdE haben die ärztlichen Sachverständigen die von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE bilden. Bei einer Vielzahl von Unfallfolgen haben sich im Laufe der Zeit für die Schätzung der MdE Erfahrungswerte herausgebildet, die in Form von Rententabellen oder Empfehlungen zusammengefasst sind und als Anhaltspunkte für die MdE-Einschätzung im Einzelnen dienen (vgl. Schönberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung). Die in den Tabellen und Empfehlungen enthaltenen Richtwerte bilden die Basis für einen Vorschlag, den die medizinischen Sachverständigen zur Höhe der MdE unterbreiten und gewährleisten, dass alle Betroffenen bei der Begutachtung nach einheitlichen Kriterien beurteilt werden (BSGE 43, 54).
Im vorliegenden Fall hält es der Senat unter Zugrundelegung der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr.G. im Gutachten vom 13.10.2005 weder für gerechtfertigt, beim Kläger über den November 2002 hinaus eine MdE in Höhe von 20 v.H. noch für die Rentenbezugszeit vom 29.03.2001 bis 30.11.2002 eine höhere MdE als 20 v.H. anzunehmen. Beim Kläger sind die Wirbelkörperbrüche BWK 12 und LWK 2 und die Deckplattenimpressionen BWK 8 und LWK 3, die er bei dem Unfallereignis vom 11.02.2000 erlitten hat, verheilt und ein statisch wirksamer Achsknick liegt ebenso wenig vor wie neurologische Defizite vorliegen. Wenn gleich noch eine Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule und auch glaubhafte Beschwerden hieraus resultieren, so wird eine MdE von 20 v.H. nicht mehr erreicht. Für die vorherige Zeit ergibt sich nicht, dass die MdE höher als 20 v.H. gewesen ist. Diese Auffassung des Dr.G. orientiert sich an der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung (Schönberger-Mehrtens-Valentin, 8. Auflage, S.536).
Die Beschwerden des Klägers im Bereich der HWS, der Schultern und der Hüftgelenke mit einer geringen Bewegungseinschränkung sind nicht unfallbedingt und können daher bei der Festsetzung der im vorliegenden Rechtsstreit streitigen MdE keine Berücksichtigung finden. Die verheilte Kopfplatzwunde und die Distorsion im linken Handgelenk, die zu einer geringen Bewegungseinschränkung führt, sind zwar unfallbedingt, jedoch nicht so erheblich, dass sie sich bei der Schätzung der MdE erhöhend niederschlagen.
Weitere Unfallfolgen sind nicht bewiesen. Insbesondere sah sich der Senat nicht veranlasst, den unzähligen vom Kläger aufgeführten Krankheitsbildern nachzugehen, denn ein überzeugender Befundbericht der Anlass für eine weitere Aufklärung gegeben hätte, lag nicht vor. Insbesondere war das Gutachten des Kardiologen Dr.N. vom 04.07.2005, das der Kläger selbst in Auftrag gegeben hat und das er in der mündlichen Verhandlung besonders hervor hob, für weitere Erkenntnisse unbrauchbar. Dr.N. befasste sich zum einen mit für ihn fachfremden Gebieten und zum anderen orientierte er sich nicht an den Kriterien für die gesetzliche Unfallversicherung.
Das vom OLG München durch Beschluss vom 14.03.2005 bestellte Gutachten des Neurochirurgen Dr.M. ist noch nicht erstellt. Der Eingang war vom Senat nicht abzuwarten, da maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Begründetheit der vorliegenden Verpflichtungsklage die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung - also der heutige Tag - ist (Meyer-Ladewig, 8. Auflage, § 54 Anm.34). Der Senat hat daher dem Beweisantrag des Klägers nicht entsprochen.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Die Klage gegen den Entziehungsbescheid vom 26.11.2002 wird abgewiesen. III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der dem Kläger vom 29.03.2001 bis 30.11.2002 gewährten Verletztenrente und ob ihm über den November 2002 hinaus Verletztenrente zu gewähren ist.
Der 1945 geborene Kläger, selbständiger Radio- und Fernsehmechaniker, fiel am 01.02.2000 aus drei Meter Höhe von einer Leiter und stürzte mit dem Kopf gegen die Leiter. Er erlitt eine Schnittwunde am Kopf, multiple Prellungen an der LWS und am linken Handgelenk und eine Fraktur BMK 12 und LWK 2 laut Bericht des Orthopäden Dr.L. vom 13.04.2000.
Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte mit entsprechenden Röntgenbildern Berichte des Orthopäden Dr.L. vom 13.04.2000, 05.06.2000, 06.07.2000, des Dr.L. vom 10.02.2000 und 03.03.2000, des Dr.W. vom 09.06.2000, des Dr.T. vom 05.06.2000, des Radiologen Dr.S. und hier MR-Tomographien vom 29.09.1997, 21.09.2000, 01.12.2000, Berichte des Neurologen Dr.G. vom 14.10.1997, 07.11.2000, der Unfallklinik M. vom 02.08.2000, des Dr.N. vom 05.09.2000/27.10.2000, des Neurologen Dr.R. vom 16.07.2000, Dr.von L. vom 09.10.2000, 04.08.2000, des Prof.Dr.B. vom 11.10.2000, 20.10.2000, 12.03.2001, einen Arztbericht der S. Klinik in Bad S. vom 15.11.2000 bei und holte ein chirurgisches Gutachten des Prof.Dr.B. vom 12.07.2001 und des Neurologen Dr.N. vom 11.07.2001 ein. Prof.Dr.B. stellte als Unfallfolgen fest: eingeschränkte Beweglichkeit sowie glaubhafte Beschwerden am thorako-lumbalen Übergang bei knöchern in Höhenminderung verheilter BWK 12-Kompressionsfraktur, ventralseitig um 1/3 höhengemindert sowie knöchern verheilte Kompressionsfraktur des 2. LWK, ventralseitig um ¼ höhengemindert, minimaler Deckplatteneinbruch BWK 8 sowie LWK 3, minimal eingeschränkte Beweglichkeit des linken Handgelenks nach Distorsion mit schalenförmiger Absprengung ulnarseitig, reizlos abgeheilte Stirnplatzwunde rechtsseitig, eingeschränkte Beweglichkeit beider Schultergelenke bei degenerativ veränderter Rotatorenmanschette mit Schulterkopfhochstand beidseits, eingeschränkte Beweglichkeit der HWS bei degenerativen Veränderungen der unteren HWS, eingeschränkte Beweglichkeit beider Hüften bei altersentsprechender Abnutzung. Da Dr.N. auf neurologischem Fachgebiet keine Einschränkung sah, schätzte er die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf 20 v.H. Daraufhin gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 06.09.2001 vorläufige Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. ab 23.03.2001.
Auf den Widerspruch des Klägers hin, mit dem er selbst verfasste Gutachten auf chirurgischem und nervenärztlichem Fachgebiet vom 23.10.2001 vorlegte und seine MdE auf chirurgischem Gebiet auf 90 v.H. und auf neurologischem Gebiet auf 20 v.H. schätzte, wies die Beklagte mit Bescheid vom 19.02. 2002 den Widerspruch zurück.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und beantragt, ihm eine höhere Verletztenrente als nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren. Das SG hat einen Befundbericht des Dr.W. vom 16.07.2001/25.07.2002, eine Auskunft der C. Krankenversicherung vom 07.08.2002 und die Akten der LVA Schwaben beigezogen und am 16.10.2002 einen Erörterungstermin abgehalten. Die Vorsitzende hat darauf hingewiesen, dass der Orthopäde Dr.L. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt werde. Der Kläger war jedoch nur bereit, sich von einem Arzt des Amtes für Versorgung und Familienförderung untersuchen zu lassen. Nachdem im Erörterungstermin vom 16.10.2002 keine Einigung erzielt worden war, hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 27.11.2002 die Klage abgewiesen.
Mit Bescheid vom 26.11.2002 hat die Beklagte die Verletztenrente des Klägers ab 01.12.2002 entzogen.
Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger Berufung eingelegt. Er hat vorgetragen, die Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheides hätten nicht vorgelegen. Es lägen eine Unzahl von Verfahrensfehlern und groben Formfehlern vor. Der Sachverhalt sei nicht richtig aufgeklärt, es fehle an einer richtigen Beweiswürdigung. Eine Anhörung für den Rentenentzug habe nicht stattgefunden. Es sei gegen das rechtliche Gehör verstoßen worden, es lägen Grundrechtsverstöße vor, er habe einen Herstellungsanspruch, er stelle Anträge nach §§ 86b und 86a SGG. Er legte Berichte des Dr.N. vom 09.05.2005 und 20.08.2001, des Orthopäden T. vom 28.08.2001, des Dr.S. vom 29.01.2003, 15.03.2003, des Dr.H. vom 29.11.2001, des Dr.H. vom 21.09.2001, 19.09.2003, des Dr.W. vom 30.07.2003, des Dr.W. vom 10.12.2001, des Dr.W. vom 16.07.2001, des Dr.W. vom 28.01.2005 sowie ein Gutachten des Dr.N. vom 04.07.2005, ein urodynamisches Gutachten des Dr.S. vom 24.07.2003, ein Gutachten des Orthopäden Dr.B. vom 26.04.2003 für die H. Versicherung, ein unfallchirurgisches Gutachten Dr.K. vom 24.06.2003, Gutachten Dr.V. vom 12.07.2001 für die H. Versicherung, einen Kernspinbericht des Dr.E. vom 12.02.2001 sowie Berichte des Dr.S. vom 21.06.2004, Dr.N. vom 05.04.2002, der Z.klinik vom 02.10.2003 und des Dr.H. vom 22.06.2004 vor.
Der Senat hat die einschlägigen Röntgenaufnahmen der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. und des Krankenhauses F. , einen Bericht der S. Klinik vom 21.01.2005, die Akten des Amtes für Versorgung und Familienförderung und der LVA Schwaben beigezogen und ein Gutachten des Orthopäden Dr.G. , H. Klinik A. , vom 13.10.2005 eingeholt. Dieser hat nach ambulanter Untersuchung des Klägers ausgeführt, dass die Wirbelkörperbrüche des Klägers BWK 12 und LWK 2 ohne statisch wirksamen Achsenknick verheilt seien, ebenso wie die minimalen Deckplattenimpressionen BWK 8 und LWK 3. Die MdE betrage 10 v.H. Sie sei für die Zeit vom 29.03.2001 bis November 2002 nicht nach einer höheren MdE als 20 v.H. zu bewerten.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des SG Augsburg vom 27.11.2002 und Abänderung des Bescheides vom 06.09.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2002 und unter Aufhebung des Entziehungsbescheides vom 26.11.2002 zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer höheren MdE als 20 v.H. auf Dauer zu gewähren, sowie das Gutachten des Dr.M. beizuziehen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt, die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 27.11.2002 zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 26.11.2002 abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten des SG Augsburg S 11 SB 22/03 ER, S 11 SB 862/02 ER, S 11 SB 523/03, S 8 SB 630/01, S 11 SB 859/02, S 8 SB 77/05 ER, die Akten des Bayer. Landessozialgerichts L 2 B 396/02 U, L 3 B 76/03 U ER, die Schwerbehindertenakten des Amtes für Versorgung und Familienförderung A. , die Akten der Beklagten (5 Band) und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 27.11.2002 abgewiesen. Es konnte mit Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG entscheiden, denn die Sache wies nach Belehrung des Klägers im Erörterungstermin vom 16.10.2002 keine besonderen Schwierigkeiten auf. Der Kläger war auf seine Rechte ordnungsgemäß hingewiesen worden ebenso wie auf die möglichen Folgen seiner Weigerung, sich von einem vom Gericht beauftragten Sachverständigen untersuchen zu lassen.
Der Rentenentziehungsbescheid vom 26.11.2002 war gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens geworden, denn beim Erlass des Gerichtsbescheides am 27.11.2002 war er dem Kläger noch nicht wirksam bekannt gegeben. Über ihn war auf Klage hin zu entscheiden (Meyer-Ladwewig, SGG, 8. Auflage, § 96 Anm.7). Er ist nach Anhörung des Klägers gemäß § 24 SGB X mit Schreiben vom 04.11.2002 zu Recht ergangen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Verletztenrente über den November 2002 hinaus und keinen Anspruch auf Zahlung einer höheren Verletztenrente als nach eine MdE von 20 v.H. für die Zeit vom 29.03.2001 bis November 2002.
Nach § 56 Abs.1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII haben Versicherte Anspruch auf eine Rente, deren Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Dabei richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs.3 Satz 1 SGB VII). Bei der Beurteilung der MdE haben die ärztlichen Sachverständigen die von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE bilden. Bei einer Vielzahl von Unfallfolgen haben sich im Laufe der Zeit für die Schätzung der MdE Erfahrungswerte herausgebildet, die in Form von Rententabellen oder Empfehlungen zusammengefasst sind und als Anhaltspunkte für die MdE-Einschätzung im Einzelnen dienen (vgl. Schönberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung). Die in den Tabellen und Empfehlungen enthaltenen Richtwerte bilden die Basis für einen Vorschlag, den die medizinischen Sachverständigen zur Höhe der MdE unterbreiten und gewährleisten, dass alle Betroffenen bei der Begutachtung nach einheitlichen Kriterien beurteilt werden (BSGE 43, 54).
Im vorliegenden Fall hält es der Senat unter Zugrundelegung der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr.G. im Gutachten vom 13.10.2005 weder für gerechtfertigt, beim Kläger über den November 2002 hinaus eine MdE in Höhe von 20 v.H. noch für die Rentenbezugszeit vom 29.03.2001 bis 30.11.2002 eine höhere MdE als 20 v.H. anzunehmen. Beim Kläger sind die Wirbelkörperbrüche BWK 12 und LWK 2 und die Deckplattenimpressionen BWK 8 und LWK 3, die er bei dem Unfallereignis vom 11.02.2000 erlitten hat, verheilt und ein statisch wirksamer Achsknick liegt ebenso wenig vor wie neurologische Defizite vorliegen. Wenn gleich noch eine Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule und auch glaubhafte Beschwerden hieraus resultieren, so wird eine MdE von 20 v.H. nicht mehr erreicht. Für die vorherige Zeit ergibt sich nicht, dass die MdE höher als 20 v.H. gewesen ist. Diese Auffassung des Dr.G. orientiert sich an der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung (Schönberger-Mehrtens-Valentin, 8. Auflage, S.536).
Die Beschwerden des Klägers im Bereich der HWS, der Schultern und der Hüftgelenke mit einer geringen Bewegungseinschränkung sind nicht unfallbedingt und können daher bei der Festsetzung der im vorliegenden Rechtsstreit streitigen MdE keine Berücksichtigung finden. Die verheilte Kopfplatzwunde und die Distorsion im linken Handgelenk, die zu einer geringen Bewegungseinschränkung führt, sind zwar unfallbedingt, jedoch nicht so erheblich, dass sie sich bei der Schätzung der MdE erhöhend niederschlagen.
Weitere Unfallfolgen sind nicht bewiesen. Insbesondere sah sich der Senat nicht veranlasst, den unzähligen vom Kläger aufgeführten Krankheitsbildern nachzugehen, denn ein überzeugender Befundbericht der Anlass für eine weitere Aufklärung gegeben hätte, lag nicht vor. Insbesondere war das Gutachten des Kardiologen Dr.N. vom 04.07.2005, das der Kläger selbst in Auftrag gegeben hat und das er in der mündlichen Verhandlung besonders hervor hob, für weitere Erkenntnisse unbrauchbar. Dr.N. befasste sich zum einen mit für ihn fachfremden Gebieten und zum anderen orientierte er sich nicht an den Kriterien für die gesetzliche Unfallversicherung.
Das vom OLG München durch Beschluss vom 14.03.2005 bestellte Gutachten des Neurochirurgen Dr.M. ist noch nicht erstellt. Der Eingang war vom Senat nicht abzuwarten, da maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Begründetheit der vorliegenden Verpflichtungsklage die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung - also der heutige Tag - ist (Meyer-Ladewig, 8. Auflage, § 54 Anm.34). Der Senat hat daher dem Beweisantrag des Klägers nicht entsprochen.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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